Language of document : ECLI:EU:T:2021:660

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

6. Oktober 2021(*)(i)

„Zugang zu Dokumenten – Beschluss 2004/258/EG – Dokumente im Zusammenhang mit der Annahme eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español – Teilweise Verweigerung des Zugangs – Ausnahme hinsichtlich des Schutzes der Vertraulichkeit der Aussprachen der Beschlussorgane der EZB – Dokumente, die das Ergebnis der Aussprachen der Beschlussorgane der EZB widerspiegeln – Begründungspflicht – Ausnahme hinsichtlich des Schutzes der Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats – Ausnahme hinsichtlich des Schutzes der Stabilität des Finanzsystems in der Union oder in einem Mitgliedstaat – Ausnahme hinsichtlich des Schutzes der Vertraulichkeit von Informationen, die als vertrauliche Informationen durch das Unionsrecht geschützt werden – Begriff ‚vertrauliche Informationen‘ – Allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit – Ausnahmen von der Pflicht zur Wahrung von Berufsgeheimnissen – Art. 47 der Charta der Grundrechte“

In der Rechtssache T‑827/17,

Aeris Invest Sàrl mit Sitz in  Luxemburg (Luxemburg), vertreten durch Rechtsanwälte R. Vallina Hoset und E. Galán Burgos,

Klägerin,

gegen

Europäische Zentralbank (EZB), vertreten durch T. Filipova, D. Báez Seara und F. von Lindeiner als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt M. Kottmann,

Beklagte,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier, J. Rius, C. Ehrbar und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

und durch

Banco Santander, SA, mit Sitz in Santander (Spanien), vertreten durch Rechtsanwälte J. Rodríguez Cárcamo und A. Rodríguez Conde,

Streithelferinnen,

betreffend eine Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Beschlüsse LS/MD/17/405, LS/MD/17/406 und LS/MD/17/419 der EZB vom 7. November 2017, mit denen der vollständige Zugang zu bestimmten Dokumenten im Zusammenhang mit der Annahme eines Abwicklungskonzepts für die Banco Popular Español, SA verweigert wird,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. M. Collins, der Richter V. Kreuschitz, Z. Csehi und G. De Baere (Berichterstatter) sowie der Richterin G. Steinfatt,

Kanzler: A. Juhász-Tóth, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2021,

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Abwicklung der Banco Popular Español, SA

1        Die Banco Popular Español, SA (im Folgenden: Banco Popular) war ein Kreditinstitut mit Sitz in Spanien, das nach der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (EZB) (ABl. 2013, L 287, S. 63) der direkten Aufsicht durch die EZB unterlag.

2        Am 6. Juni 2017 nahm die EZB nach Anhörung des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (Single Resolution Board, im Folgenden: SRB) gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) eine Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular (im Folgenden: FOLTF‑Bewertung) vor.

3        Noch am selben Tag teilte der Verwaltungsrat von Banco Popular der EZB mit, dass er zu dem Schluss gelangt sei, dass die Bank wahrscheinlich ausfalle.

4        Ebenfalls noch am selben Tag übermittelte die EZB dem SRB und der Europäischen Kommission gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 die endgültige Fassung der FOLTF‑Bewertung.

5        In der FOLTF‑Bewertung wies die EZB darauf hin, dass sich die Cashflow-Situation von Banco Popular in den letzten Monaten deutlich verschlechtert habe, was in erster Linie auf einen erheblichen Rückgang ihrer Einlagenbasis zurückzuführen sei.

6        Insbesondere unter Berücksichtigung der übermäßig hohen Abflüsse von Einlagen, der Schnelligkeit des Liquiditätsverlusts von Banco Popular und deren Unfähigkeit, zusätzliche Liquidität zu generieren, vertrat die EZB die Auffassung, es lägen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass Banco Popular in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sei, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. Die EZB schloss daraus, dass Banco Popular gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 als ausfallend oder jedenfalls in naher Zukunft wahrscheinlich ausfallend zu betrachten sei.

7        Am 7. Juni 2017 verabschiedete die Präsidiumssitzung des SRB den Beschluss SRB/EES/2017/08 über ein Abwicklungskonzept für Banco Popular gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 (im Folgenden: Abwicklungskonzept). Im Abwicklungskonzept ist der Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria (FROB, Fonds zur geordneten Umstrukturierung der Bankinstitute, Spanien) als Zustellungsempfänger ausgewiesen.

8        Vor der Annahme des Abwicklungskonzepts wurde gemäß Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Bewertung von Banco Popular vorgenommen. Diese Bewertung umfasst einen ersten Bewertungsbericht, der vom 5. Juni 2017 datiert und vom SRB nach Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erstellt wurde, und einen zweiten Bewertungsbericht, der vom 6. Juni 2017 datiert und von einem unabhängigen Sachverständigen gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 verfasst wurde. Beide Bewertungsberichte sind dem Abwicklungskonzept als Anhang beigefügt.

9        Da der SRB der Ansicht war, dass die Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt seien, beschloss er, Banco Popular einem Abwicklungsverfahren zu unterwerfen. So vertrat der SRB erstens die Auffassung, dass Banco Popular ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend sei, zweitens, dass es keine anderen Maßnahmen gebe, die den Ausfall von Banco Popular innerhalb einer angemessenen Frist verhindern könnten, und drittens, dass eine Abwicklungsmaßnahme in Form eines Instruments der Veräußerung des Unternehmens von Banco Popular im öffentlichen Interesse erforderlich sei.

10      Die Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung bestand darin, Aktien an Banco Popular gegen Zahlung eines Kaufpreises von 1 Euro frei von Rechten oder Vorrechten Dritter auf die Banco Santander, SA zu übertragen.

11      Am 7. Juni 2017 erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2017/1246 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular (ABl. 2017, L 178, S. 15) und gab ihn dem SRB bekannt.

12      Noch am selben Tag ergriff der FROB gemäß Art. 29 der Verordnung Nr. 806/2014 die für die Umsetzung des Abwicklungskonzepts erforderlichen Maßnahmen.

13      Der SRB veröffentlichte auf seiner Website eine Mitteilung, in der die Wirkungen des Abwicklungskonzepts zusammengefasst waren. Am 11. Juli 2017 war das Abwicklungskonzept außerdem Gegenstand einer Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2017, C 222, S. 3). In dieser Zusammenfassung wird wegen weiterer Informationen auf die Website des SRB verwiesen und der Link für den Zugriff auf diese Informationen, einschließlich der nicht vertraulichen Fassung des Abwicklungskonzepts, angegeben. Noch am selben Tag wurde der Beschluss 2017/1246 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (ABl. 2017, L 178, S. 15).

14      Mit am 18. September 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob die Klägerin, die Aeris Invest Sàrl, Nichtigkeitsklage gegen das Abwicklungskonzept. Diese Klage wurde unter dem Aktenzeichen T‑628/17 in das Register eingetragen. Am 10. Oktober 2017 verklagte die Klägerin den SRB darüber hinaus aus außervertraglicher Haftung auf Ersatz des infolge der Annahme des Abwicklungskonzepts angeblich erlittenen Schadens. Diese Rechtssache wurde unter dem Aktenzeichen T‑714/17 in das Register eingetragen.

 Anträge der Klägerin auf Zugang zu Dokumenten

15      Vor der Annahme des Abwicklungskonzepts hielt die Klägerin Aktien an Banco Popular.

16      Zwischen dem 19. Juni und dem 2. August 2017 stellte die Klägerin gemäß Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses 2004/258/EG der EZB vom 4. März 2004 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der EZB (ABl. 2004, L 80, S. 42) in der Fassung des Beschlusses 2011/342/EU der EZB vom 9. Mai 2011 (ABl. 2011, L 158, S. 37) einerseits und des Beschlusses (EU) 2015/529 der EZB vom 21. Januar 2015 (ABl. 2015, L 84, S. 64) andererseits drei Anträge auf Zugang zu Dokumenten bei der EZB und zwei Anträge bei der Banco de España (Bank von Spanien, Spanien). Die an die Bank von Spanien gerichteten Anträge, die Dokumente betrafen, die von der EZB erstellt worden waren oder sich in deren Besitz befanden, wurden dieser gemäß Art. 5 Abs. 2 des Beschlusses 2004/258 übermittelt.

17      In Beantwortung der Anträge der Klägerin auf Zugang zu Dokumenten erließ die EZB vier Beschlüsse, nämlich den Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017, den Beschluss LS/PT/2017/77 vom 30. August 2017, den Beschluss LS/PT/2017/71 vom 31. August 2017 und den Beschluss LS/PT/2017/74 vom 1. September 2017.

18      Infolge dieser Beschlüsse stellte die Klägerin gemäß Art. 8 Abs. 2 des Beschlusses 2004/258 einen einzigen Zweitantrag beim Direktorium der EZB (im Folgenden: Zweitantrag), in dem sie alle in den oben in Rn. 17 erwähnten Beschlüssen der EZB genannten Dokumente aufführte, zu denen sie vollständigen Zugang begehrte.

19      So beantragte die Klägerin u. a. Zugang zu folgenden Dokumenten:

–        den geschwärzten Angaben zur Obergrenze für die Notfall-Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assistance, im Folgenden auch: ELA), zur Höhe der tatsächlich bewilligten Notfall-Liquiditätshilfe, zu den von Banco Popular für deren Gewährung gegebenen Garantien (im Folgenden: gegebene Garantien), zur Liquiditätssituation und zur Eigenkapitalquote;

–        der FOLTF‑Bewertung;

–        allen Dokumenten der Bank von Spanien mit Angaben zum (positiven oder negativen) Tagessaldo der Einlagen von Banco Popular, und zwar sowohl der zwischen dem 1. Januar und dem 6. Juni 2017 ausgezahlten als auch der in diesem Zeitraum eingezahlten Beträge, sowie allen diese Informationen ganz oder teilweise enthaltenden Dokumenten;

–        allen Dokumenten der Bank von Spanien, die erstens den (positiven oder negativen) Durchschnittssaldo der Einlagen von Banco Popular, und zwar sowohl der zwischen dem 1. Januar und dem 23. Mai 2017 ausgezahlten als auch der in diesem Zeitraum eingezahlten Beträge, und zweitens den (positiven oder negativen) Tagessaldo der von Banco Popular zwischen dem 1. Januar und dem 23. Mai 2017 getätigten Auszahlungen enthalten;

–        den von Banco Popular im Rahmen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) zwischen dem 1. und dem 6. Juni 2017 an die EZB und die Bank von Spanien übermittelten Dokumenten, die sich auf die Annahme des Abwicklungskonzepts durch den SRB beziehen, insbesondere der von Banco Popular an die EZB gerichteten Korrespondenz vom 6. Juni 2017, hilfsweise des Schreibens, das Banco Popular der EZB am 6. Juni 2017 übermittelt haben soll.

20      Die EZB beantwortete den Zweitantrag mit drei Beschlüssen vom 7. November 2017 (im Folgenden: angefochtene Beschlüsse).

21      Mit dem Beschluss LS/MD/17/405 vom 7. November 2017 (im Folgenden: erster angefochtener Beschluss) verweigerte die EZB den Zugang zu den im dritten und im vierten Gedankenstrich der obigen Rn. 19 genannten Informationen. Das diese Informationen enthaltende Dokument, so die EZB, sei gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258, der die Vertraulichkeit von Informationen schützen solle, die als vertrauliche Informationen durch das Recht der Europäischen Union geschützt würden, von einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit gedeckt.

22      Die EZB wies insoweit darauf hin, dass sie im Rahmen der laufenden Aufsichtstätigkeiten am Ende der Berichtszeiträume Informationen über Einlagen betreffend die von ihr direkt beaufsichtigten Kreditinstitute sammle. Dieses Monitoring erfasse normalerweise weder Informationen über den (positiven oder negativen) Tagessaldo der Einlagen, d. h. sowohl der Abhebungen als auch der Einzahlungen, noch Informationen über die Liquiditätsdeckungskapazität des betreffenden Kreditinstituts. Im Fall von Banco Popular habe die EZB ab dem 3. April 2017 ausnahmsweise mit der Sammlung solcher Informationen begonnen.

23      Das diese Informationen enthaltende Dokument habe sie im Rahmen ihrer Aufgabe der aufsichtsrechtlichen Überwachung vorbereitet, und sein Inhalt sei bei der Vorbereitung der FOLTF‑Bewertung berücksichtigt worden. Das angeforderte Dokument sei daher Teil der Verwaltungsakte, die sich auf die laufende Beaufsichtigung von Banco Popular und das FOLTF‑Verfahren beziehe.

24      Folglich würden für das angeforderte Dokument die in Art. 27 der Verordnung Nr. 1024/2013, den Art. 53 ff. der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. 2013, L 176, S. 338) und in Art. 84 der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) vorgesehenen Pflichten zur Wahrung von Berufsgeheimnissen gelten. Seine Verbreitung könne nicht nur Banco Popular schaden, sondern auch dem Bankwesen im Allgemeinen, da Banken nicht mehr darauf vertrauen könnten, dass von ihnen gelieferte Informationen vertraulich blieben.

25      Mit dem Beschluss LS/MD/17/406 vom 7. November 2017 (im Folgenden: zweiter angefochtener Beschluss) verweigerte die EZB den Zugang zu den im ersten Gedankenstrich der obigen Rn. 19 genannten Informationen. Diese Informationen waren im Rahmen des teilweisen Zugangs, den die EZB der Klägerin auf ihren ersten Zugangsantrag hin gewährt hatte, geschwärzt worden. Der teilweise Zugang betraf folgende vier Dokumente:

–        einen mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Brief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB;

–        einen mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Folgebrief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB;

–        einen mit „Emergency liquidity assistance request from Banco de España“ überschriebenen Vorschlag des Direktoriums vom 5. Juni 2017 an den EZB-Rat;

–        das Protokoll der am 5. Juni 2017 per Telekonferenz abgehaltenen 447. Sitzung des EZB-Rates.

26      Die EZB entschied, dass der vollständige Zugang zu diesen Dokumenten aus mehreren Gründen nicht gewährt werden könne. Erstens fielen die in ihnen enthaltenen Informationen über die Obergrenze für die Notfall-Liquiditätshilfe und den tatsächlich bewilligten Betrag unter die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 hinsichtlich des Schutzes des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Vertraulichkeit der Aussprachen der Beschlussorgane der EZB, in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich dieses Beschlusses hinsichtlich des Schutzes des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats und in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a siebter Gedankenstrich desselben Beschlusses hinsichtlich des Schutzes des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Stabilität des Finanzsystems in der Union oder in einem Mitgliedstaat. Zweitens seien die in den angeforderten Dokumenten enthaltenen Informationen über die gegebenen Garantien auch durch die in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 genannte Ausnahme hinsichtlich des Schutzes der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person geschützt. Drittens seien die Informationen über die Liquiditätssituation und die Eigenkapitalquoten von Banco Popular durch die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 hinsichtlich des Schutzes der Vertraulichkeit von Informationen, die als vertrauliche Informationen durch das Unionsrecht geschützt würden, und in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich desselben Beschlusses hinsichtlich des Schutzes der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person geschützt.

27      Zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA und deren tatsächlich bewilligte Höhe führte die EZB aus, die Weitergabe dieser Informationen könne die Währungspolitik und die finanzielle Stabilität speziell und tatsächlich beeinträchtigen, da das Ermessen der nationalen Zentralbanken hinsichtlich der Begegnung temporärer Liquiditätsengpässe ein wesentliches Element für die finanzielle Stabilität und eine Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit der Währungspolitik darstelle.

28      Die Abwicklung von Banco Popular habe den spanischen Finanzmarkt im Hinblick auf etwaige ähnliche Fälle zusätzlich geschwächt. Das Vertrauen des Marktes, insbesondere in kleinere Finanzinstitute, sei zurückgegangen. Die Weitergabe der Informationen über die Obergrenze für die ELA und deren tatsächlich bewilligte Höhe könne die Spannungen gegenüber den Finanzinstitutionen wieder aufleben lassen oder unbegründeten Spekulationen über die Situation von Banco Santander Tür und Tor öffnen. Aufgrund der Tatsache, dass die Finanzmärkte in hohem Maße miteinander vernetzt seien, könnten negative Entwicklungen in Spanien außerdem Kaskadeneffekte in anderen Mitgliedstaaten haben, was sich letztlich nachteilig auf die finanzielle Stabilität der Union auswirken könnte.

29      Zudem könne die Weitergabe der Informationen über die Obergrenze für die Notfall-Liquiditätshilfe und die Banco Popular tatsächlich bewilligte Höhe dieser Hilfe die Flexibilität der nationalen Zentralbanken bei der Anpassung der Gewährung einer ELA an die besonderen Umstände künftiger Fälle verringern. Darüber hinaus könne die Preisgabe dieser Daten Erwartungen dahin gehend wecken, dass die nationalen Zentralbanken und die EZB immer in der gleichen Art und Weise handelten – auch in Situationen, die einen solchen Ansatz nicht rechtfertigten.

30      In Bezug auf die gegebenen Garantien hob die EZB im Wesentlichen hervor, dass eine Preisgabe dieser Daten die Wirksamkeit der ELA als Instrument zur Erhaltung der finanziellen Stabilität beeinträchtigen könne. Die Banken würden davon abgehalten, zum richtigen Zeitpunkt eine Notfall-Liquiditätshilfe zu beantragen, falls Informationen über die gegebenen Garantien veröffentlicht würden. Eine Weitergabe dieser Informationen könne außerdem – auch im Nachhinein – zu einer Verringerung der Flexibilität der nationalen Zentralbanken führen, ein breites Spektrum möglicher Vermögenswerte zu berücksichtigen, da die Kenntnis des von den Zentralbanken in der Vergangenheit befürworteten Ansatzes Erwartungen hinsichtlich der Art von Garantien wecken würde, die in Zukunft akzeptiert werden könnten. Dies verringere die Möglichkeit, wirksam auf zukünftige Liquiditätsengpässe zu reagieren, und beeinträchtige die Wirksamkeit der ELA als Instrument zur Erhaltung der finanziellen Stabilität.

31      Zu den Informationen über die Liquiditätssituation und die Eigenkapitalquoten von Banco Popular führte die EZB aus, dass diese Informationen unter die Beaufsichtigung fielen und daher durch die einschlägigen Bestimmungen über das Berufsgeheimnis und die Vertraulichkeit in Art. 27 der Verordnung Nr. 1024/2013 in Verbindung mit den Art. 53 ff. der Richtlinie 2013/36 geschützt seien. Eine Preisgabe dieser Daten würde Spekulationen über die Liquiditätsposition und den Finanzierungsbedarf von Banco Santander seitens der Marktteilnehmer verursachen, was unbegründeten finanziellen Druck erzeugen würde. Eine Verbreitung dieser Informationen liefe somit Gefahr, das öffentliche Interesse im Hinblick auf die Stabilität des Finanzsystems Spaniens und der Union einerseits und die geschäftlichen Interessen von Banco Santander andererseits zu beeinträchtigen.

32      Schließlich bestehe kein übergeordnetes öffentliches Interesse, aufgrund dessen sich die Anwendung der Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 umkehren ließe. Das von der Klägerin im vorliegenden Fall geltend gemachte Interesse, nämlich ihr Status als ehemalige Anteilseignerin, stelle ein Privatinteresse dar, das dem durch diese Vorschrift geschützten öffentlichen Interesse nicht vorgehen könne.

33      Mit dem Beschluss LS/MD/17/419 vom 7. November 2017 (im Folgenden: dritter angefochtener Beschluss) verweigerte die EZB den Zugang zu den im zweiten und im fünften Gedankenstrich der obigen Rn. 19 genannten Dokumenten. Die EZB vertrat die Ansicht, diese Dokumente seien von einer allgemeinen, auf die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 hinsichtlich des Schutzes der Vertraulichkeit von Informationen, die als vertrauliche Informationen durch das Unionsrecht geschützt würden, und in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich desselben Beschlusses hinsichtlich des Schutzes der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person gestützten Vermutung der Vertraulichkeit gedeckt.

34      Die EZB erläuterte, dass die vollständige Fassung der FOLTF‑Bewertung und die von Banco Popular gelieferte Dokumentation, nämlich deren Kapital- und Liquiditätssituation, Daten zu den Voraussetzungen für ihre Zulassung sowie der EZB von Banco Popular zwischen dem 1. und dem 6. Juni 2017 übermittelte Kommunikation, Teil der Verwaltungsakten betreffend die laufende aufsichtsrechtliche Überwachung und das Verfahren der FOLTF‑Bewertung seien.

35      Da diese Verwaltungsakten mit der Wahrnehmung der Aufgaben der EZB als Aufsichtsbehörde zusammenhingen, würden sie von den einschlägigen Pflichten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses und der Vertraulichkeit in Art. 27 der Verordnung Nr. 1024/2013, den Art. 53 ff. der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 der Richtlinie 2014/59 erfasst.

36      Eine Verbreitung der angeforderten Dokumente könne nicht nur dem betreffenden Kreditinstitut schaden, sondern auch dem Bankwesen im Allgemeinen, da Banken nicht mehr darauf vertrauen könnten, dass Informationen, die sie der EZB für Aufsichtszwecke vorlegten, vertraulich blieben.

37      Die Bestimmungen über das Berufsgeheimnis und die Vertraulichkeit gestatteten die Weitergabe vertraulicher Informationen nur in zusammengefasster oder allgemeiner Form, damit das betreffende Kreditinstitut nicht identifiziert werden könne. Diese Bestimmungen seien selbst dann weiterhin anwendbar, wenn ein Kreditinstitut abgewickelt worden sei.

38      Sodann enthielten die angeforderten Dokumente auch Informationen über die Marktstellung sowie die Aktiva und Passiva von Banco Popular, deren Weitergabe die geschäftlichen Interessen von Banco Popular und ihres Mutterunternehmens, Banco Santander, beeinträchtigen könne. Insbesondere seien Informationen wie beispielsweise eine Bewertung der Auswirkungen der Liquidität von Banco Popular auf die Finanzierung und die operative Struktur ihrer Tochtergesellschaft Banco Popular Portugal in geschäftlicher Hinsicht sensibel und könnten zu unbegründeten Spekulationen über die Finanz- und Liquiditätssituation der Gruppe führen.

39      Schließlich bestehe kein übergeordnetes öffentliches Interesse, aufgrund dessen sich die Anwendung der Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 umkehren ließe. Das von der Klägerin im vorliegenden Fall geltend gemachte Interesse, nämlich ihr Status als ehemalige Anteilseignerin, stelle ein Privatinteresse dar, das dem durch diese Vorschrift geschützten öffentlichen Interesse nicht vorgehen könne.

II.    Sachverhalt nach Klageerhebung

40      Infolge verschiedener Beschwerden mehrerer ehemaliger Anteilseigner, einschließlich der Klägerin, und Gläubiger von Banco Popular vor dem Beschwerdeausschuss des SRB veröffentlichte dieser einige sich auf die Abwicklung von Banco Popular beziehende Dokumente auf seiner Website.

41      Mit am 6. Februar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob die Klägerin Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Beschwerdeausschusses des SRB vom 28. November 2017, die unter dem Aktenzeichen T‑62/18 in das Register eingetragen wurde.

42      Außerdem erhob die Klägerin am 18. Juli 2018 Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses LS/MD/18/141 der EZB vom 8. Mai 2018, mit dem diese den Zugang zu bestimmten Dokumenten betreffend die Abwicklung von Banco Popular, bei denen es sich nicht um die Dokumente handelt, die Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sind, verweigert hatte. Diese Klage wurde unter dem Aktenzeichen T‑442/18 in das Register eingetragen.

43      Am 14. Juni 2018 übermittelte die Rechtsanwaltskanzlei Deloitte dem SRB den Bericht über die in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bewertung, die vorgenommen worden war, um festzustellen, ob die Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre (im Folgenden: Bewertung 3).

44      Am 6. August 2018 veröffentlichte der SRB auf seiner Website seine Ankündigung vom 2. August 2018 betreffend seine vorläufige Entscheidung SRB/EES/2018/132 darüber, ob Anteilseignern oder Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen betreffend Banco Popular betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss, und die Einleitung einer Anhörung sowie eine nicht vertrauliche Fassung der Bewertung 3. Am 7. August 2018 wurde eine Bekanntmachung in Bezug auf die Ankündigung des SRB vom 2. August 2018 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (ABl. 2018, C 277 I, S. 1).

45      Am 17. März 2020 erließ der SRB den Beschluss SRB/EES/2020/52, mit dem festgelegt wurde, ob den Anteilseignern und Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen betreffend Banco Popular betroffen waren, Entschädigung gewährt werden musste. In diesem auf seiner Website veröffentlichten Beschluss vertrat der SRB die Auffassung, dass die Anteilseigner und Gläubiger, die von der Abwicklung von Banco Popular betroffen gewesen waren, keinen Anspruch auf Entschädigung aus dem Einheitlichen Abwicklungsfonds gemäß Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 hätten. Eine Bekanntmachung in Bezug auf den Beschluss wurde am 20. März 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (ABl. 2020, C 91, S. 2).

III. Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

46      Mit Klageschrift, die am 27. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

47      Mit gesondertem Schriftsatz, der noch am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin beantragt, dass über die vorliegende Klage gemäß Art. 152 der Verfahrensordnung des Gerichts nach einem beschleunigten Verfahren entschieden wird. Die EZB hat zu diesem Antrag fristgerecht Stellung genommen. Mit Beschluss vom 26. Januar 2018 hat das Gericht (Achte Kammer) den Antrag auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens abgelehnt.

48      Mit Schriftsätzen, die am 6. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben Banco Popular und Banco Santander jeweils beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der EZB zugelassen zu werden.

49      Mit Schriftsatz, der am 11. April 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der EZB zugelassen zu werden.

50      Mit Beschluss vom 17. Juli 2018 hat der Präsident der Achten Kammer des Gerichts die Kommission als Streithelferin zugelassen. Diese hat ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht, und die Parteien haben dazu fristgerecht Stellung genommen.

51      Mit Beschlüssen vom 27. Juli 2018 hat der Präsident der Achten Kammer des Gerichts Banco Santander und Banco Popular als Streithelferinnen zugelassen. Diese haben ihre Streithilfeschriftsätze eingereicht, und die Parteien haben dazu fristgerecht Stellung genommen.

52      Mit Schriftsatz, der am 30. Oktober 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Banco Santander dem Gericht mitgeteilt, dass sie mit Wirkung vom 28. September 2018 Gesamtrechtsnachfolgerin von Banco Popular sei und deren Streithilfe zurückgenommen werde.

53      Die Klägerin hat zur Rücknahme der Streithilfe von Banco Popular fristgerecht Stellung genommen. Weder die EZB noch die Kommission haben dazu Stellung genommen.

54      Mit Beschluss vom 5. Februar 2019 hat der Präsident der Achten Kammer des Gerichts die Streithilfe von Banco Popular aus dem Register gestrichen und entschieden, dass Banco Santander ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin im Zusammenhang mit der Streithilfe von Banco Popular trägt. Er hat ferner entschieden, dass die EZB und die Kommission ihre eigenen Kosten tragen.

55      Mit Beschluss des Präsidenten der Achten Kammer vom 1. August 2019 ist das Verfahren nach Anhörung der Parteien gemäß Art. 69 Buchst. b der Verfahrensordnung bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung in der Rechtssache ausgesetzt worden, in der inzwischen das Urteil vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial (Portugal) (C‑442/18 P, EU:C:2019:1117), ergangen ist.

56      Infolge einer Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung ist der Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb verwiesen worden ist.

57      Am 19. Dezember 2019 hat der Gerichtshof das Urteil EZB/Espírito Santo Financial (Portugal) (C‑442/18 P, EU:C:2019:1117), erlassen. Daher ist das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache wieder aufgenommen worden.

58      Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung ist zum einen die Klägerin aufgefordert worden, sich zu den Konsequenzen zu äußern, die ihrer Auffassung nach aus dem Urteil vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial (Portugal) (C‑442/18 P, EU:C:2019:1117), für die vorliegende Rechtssache zu ziehen sind, und sind zum anderen die EZB, die Kommission und Banco Santander aufgefordert worden, zur Antwort der Klägerin Stellung zu nehmen.

59      Im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme nach Art. 89 der Verfahrensordnung sind die Klägerin, die EZB und die Kommission zur schriftlichen Beantwortung von Fragen des Gerichts aufgefordert worden. Sie haben fristgerecht darauf geantwortet.

60      Mit Beweisbeschluss vom 27. November 2020 hat das Gericht der EZB auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union einerseits und von Art. 91 Buchst. c sowie Art. 104 der Verfahrensordnung andererseits aufgegeben, die Dokumente vorzulegen, zu denen der Zugang mit den angefochtenen Beschlüssen verweigert worden war.

61      Auf Vorschlag der Dritten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

62      Mit Schreiben vom 12. Februar 2021 hat Banco Santander darauf hingewiesen, dass sie sich aufgrund der Gesundheitskrise im Zusammenhang mit Covid‑19 für die mündliche Verhandlung nicht nach Luxemburg (Luxemburg) begeben könne, und beantragt, per Videokonferenz verhandeln zu dürfen. Mit Beschluss vom 17. Februar 2021 hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer beschlossen, dem Antrag von Banco Santander stattzugeben.

63      Die Verfahrensbeteiligten haben mündlich verhandelt und in der Sitzung vom 4. März 2021 mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

64      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtenen Beschlüsse für nichtig zu erklären;

–        der EZB die Kosten aufzuerlegen.

65      Die EZB, unterstützt durch die Kommission und Banco Santander, beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

IV.    Rechtliche Würdigung

66      Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe. Der erste Klagegrund wird daraus hergeleitet, dass die EZB in den angefochtenen Beschlüssen gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 verstoßen habe. Im Rahmen des zweiten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die EZB habe im zweiten angefochtenen Beschluss gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 verstoßen. Der dritte Klagegrund ist auf die Nichtigerklärung des zweiten und des dritten angefochtenen Beschlusses wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 gerichtet. Mit dem vierten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) gerügt. Im Rahmen des fünften Klagegrundes, der erstmals in ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen der Kommission und von Banco Santander vorgebracht worden ist, trägt die Klägerin vor, der zweite angefochtene Beschluss sei mit einer Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 behaftet.

67      Bevor die fünf von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe untersucht werden, ist zu prüfen, ob der Streitgegenstand und das Rechtsschutzinteresse der Klägerin weiter vorliegen.

68      Anschließend ist der Wortlaut des zweiten angefochtenen Beschlusses zu untersuchen. Auf der Grundlage dieser Analyse sind in einem ersten Schritt der fünfte und der zweite Klagegrund zu behandeln. In einem zweiten Schritt sollen der erste und gegebenenfalls der dritte Klagegrund sowie schließlich der vierte Klagegrund geprüft werden.

A.      Streitgegenstand und Rechtsschutzinteresse der Klägerin

69      In ihrem Streithilfeschriftsatz weist Banco Santander das Gericht darauf hin, dass einige Dokumente seit Erhebung der vorliegenden Klage im Anschluss an die Entscheidungen des Beschwerdeausschusses des SRB größtenteils auf dessen Website veröffentlicht worden seien oder bald veröffentlicht würden (vgl. insoweit oben Rn. 40 ff.). Nach Ansicht von Banco Santander könnte die Klage durch diesen Umstand gegenstandslos geworden sein.

70      Die EZB und die Klägerin treten dem Vorbringen von Banco Santander entgegen.

71      Wie Banco Santander zu Recht bemerkt, ist entschieden worden, dass ein Streithelfer keine eigenständige Unzulässigkeitseinrede erheben kann und das Gericht somit nicht verpflichtet ist, auf die allein vom Streithelfer vorgebrachten Gründe nicht zwingenden Rechts einzugehen (Urteile vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, EU:C:1993:111, Rn. 22, sowie vom 13. Dezember 2018, Post Bank Iran/Rat, T‑559/15, EU:T:2018:948, Rn. 63).

72      Allerdings kann das Gericht, wenn es feststellt, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist, gemäß Art. 131 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung der Parteien jederzeit von Amts wegen die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

73      Nach ständiger Rechtsprechung muss das Rechtsschutzinteresse eines Klägers im Hinblick auf den Klagegegenstand bei Klageerhebung gegeben sein, andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig. Ebenso wie das Rechtsschutzinteresse muss auch der Streitgegenstand bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen – andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt –, was voraussetzt, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteil vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament, C‑761/18 P, EU:C:2021:52, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Was zum einen den Streitgegenstand angeht, so hat der Gerichtshof in Rn. 33 seines Urteils vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament (C‑761/18 P, EU:C:2021:52), darauf hingewiesen, dass im Bereich des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Organe der Union der Gegenstand des Rechtsstreits nicht wegfällt, solange der Beschluss, mit dem das betreffende Organ den Zugang zum angeforderten Dokument verweigert hat, von diesem Organ nicht formell zurückgenommen worden ist, selbst wenn das angeforderte Dokument von einem Dritten verbreitet wurde.

75      Da die EZB die angefochtenen Beschlüsse nicht formell zurückgenommen hat, ist der Gegenstand der vorliegenden Klage nicht weggefallen.

76      Was zum anderen das Rechtsschutzinteresse der Klägerin betrifft, so ist zu bemerken, dass auf der Website des SRB folgende Dokumente im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Abwicklung von Banco Popular teilweise oder vollständig veröffentlicht worden sind: erstens das Abwicklungskonzept, zweitens der erste, vom SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erstellte Bewertungsbericht vom 5. Juni 2017, drittens der zweite, von einem unabhängigen Sachverständigen gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 verfasste Bewertungsbericht vom 6. Juni 2017, viertens der Abwicklungsplan von 2016, fünftens der Werbebrief vom 6. Juni 2017, sechstens der Beschluss des SRB vom 3. Juni 2017 über die Einleitung des Verfahrens zum Verkauf von Banco Popular, siebtens das Begleitschreiben zum Beschluss des SRB vom 3. Juni 2017 über die Einleitung des Verfahrens zum Verkauf von Banco Popular, achtens die Bewertung 3, neuntens die Ankündigung des SRB vom 2. August 2018 betreffend seine vorläufige Entscheidung darüber, ob Anteilseignern oder Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen betreffend Banco Popular betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss, sowie die Einleitung einer Anhörung, zehntens der Bericht von 2017 über die Daten zu den Verbindlichkeiten, elftens der Bericht von 2017 über die kritischen Funktionen und zwölftens einige von Banco Popular im Rahmen des Privatverkaufsverfahrens erhaltene Schriftstücke.

77      Festzustellen ist, dass zu den oben in Rn. 76 erwähnten Dokumenten nicht die oben in den Rn. 21 bis 25 und 33 aufgeführten Dokumente, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, gehören, was von der Klägerin sowohl schriftlich als auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist.

78      Jedenfalls hat der Gerichtshof bemerkt, dass in einem Fall, in dem der Kläger lediglich Zugang zu dem durch einen Dritten verbreiteten angeforderten Dokument erhalten hat und das betreffende Organ ihm den Zugang zu dem angeforderten Dokument weiterhin verweigert, nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger Zugang zu letzterem Dokument erhalten hat oder dass sein Interesse an der Nichtigerklärung des in Rede stehenden Beschlusses folglich allein aufgrund dieser Verbreitung erloschen ist. In einem solchen Fall bleibt vielmehr ein tatsächliches Interesse des Klägers daran bestehen, Zugang zu einer beglaubigten Fassung des angeforderten Dokuments zu erhalten, wodurch sichergestellt wird, dass dieses Organ dessen Urheber ist und dass dieses Dokument die offizielle Position des Organs zum Ausdruck bringt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament, C‑761/18 P, EU:C:2021:52, Rn. 48).

79      Da die EZB in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, dass sie die angeforderten Dokumente seit Erhebung der vorliegenden Klage nicht verbreitet habe und den Zugang zu ihnen weiterhin verweigere, ist der Schluss zu ziehen, dass das Rechtsschutzinteresse der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens nicht weggefallen ist.

B.      Auslegung des zweiten angefochtenen Beschlusses

80      Einleitend ist festzustellen, dass die Art und Weise, in der die EZB den zweiten angefochtenen Beschluss in ihren beim Gericht eingereichten Schriftsätzen zusammengefasst hat, und der Wortlaut dieses Beschlusses nicht übereinstimmen. Genauer gesagt betrifft die Unstimmigkeit die Frage, auf welche Bestimmungen des Beschlusses 2004/258 sich die EZB im Rahmen des zweiten angefochtenen Beschlusses berufen hat, um den Zugang zu den verschiedenen Arten betroffener Informationen zu verweigern.

81      Zunächst ist zu bemerken, dass sich das Gericht bei der Auslegung des Inhalts des zweiten angefochtenen Beschlusses auf dessen englische Sprachfassung stützen wird. Die spanische Sprachfassung dieses Beschlusses enthält nämlich den Hinweis „Traducción de cortesía (en caso de discrepancia prevalece la versión en inglés)“ (Höflichkeitsübersetzung [im Fall einer Abweichung gilt die englische Sprachfassung]). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die englische Sprachfassung des Beschlusses als rechtsverbindliche Fassung gilt.

82      Sodann sei darauf hingewiesen, dass, wie oben in Rn. 25 dargelegt worden ist, mit dem zweiten angefochtenen Beschluss der teilweise Zugang zu vier Dokumenten, die fünf Kategorien von Informationen enthalten, nämlich Informationen über die Obergrenze für die Notfall-Liquiditätshilfe, die tatsächlich bewilligte Höhe dieser Hilfe, die gegebenen Garantien, die Liquiditätssituation von Banco Popular und deren Kapitalquoten, verweigert worden ist. Auf diese fünf Kategorien von Informationen werden im zweiten angefochtenen Beschluss fünf Ausnahmen vom Zugangsrecht angewandt, die sich je nach Art der in Rede stehenden Information überschneiden.

83      In Beantwortung einer vom Gericht in der mündlichen Verhandlung gestellten Frage hat die EZB erläutert, dass sich der zweite angefochtene Beschluss in Bezug auf die einzelnen fünf Kategorien von Informationen, zu denen der Zugang verweigert worden ist (vgl. oben, Rn. 82), auf die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster, zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 stütze. Diese Auslegung werde durch Anhang B.1 der Klagebeantwortung bestätigt, der eine Tabelle mit den angeforderten Dokumenten und den von ihr geltend gemachten Gründen für die (teilweise) Nichtverbreitung enthalte und fester Bestandteil des zweiten angefochtenen Beschlusses sei.

84      In Beantwortung des Vorbringens der EZB hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, sie gehe von einer Verletzung ihrer Verteidigungsrechte aus, da ihr zum einen Anhang B.1 der Klagebeantwortung nicht mit dem zweiten angefochtenen Beschluss übermittelt worden sei und dessen Text zum anderen nicht die Position der EZB bestätige, wonach die fünf Kategorien von Informationen, zu denen der Zugang verweigert worden sei, durch sämtliche Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster, zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 gedeckt seien.

85      Festzustellen ist, dass erstens der zweite angefochtene Beschluss den Beschluss LS/PT/2017/66 der EZB vom 11. August 2017 zu bestätigen vorgibt. Aus dem Text dieses Beschlusses vom 11. August 2017 geht jedoch hervor, dass nur die Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien unter die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster, zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 fielen, dies bei den Informationen über die Liquiditätssituation und die Kapitalquoten von Banco Popular aber nicht der Fall war.

86      Zweitens führt die EZB im zweiten angefochtenen Beschluss unter der Überschrift „Information on the liquidity situation and the capital ratios of BPE“ (Informationen über die Liquiditätssituation und die Kapitalquoten von BPE) aus: „[i]n your confirmatory application you do not contest the ECB’s reasoning and arguments put forward as justification for the non-disclosure of the liquidity situation and the capital ratios of BPE“ ([i]n Ihrem Zweitantrag treten Sie der Argumentation und dem Vorbringen der EZB, die bzw. das zur Rechtfertigung der Nichtverbreitung der Liquiditätssituation und der Kapitalquoten von BPE vorgebracht bzw. angeführt worden ist, nicht entgegen) und „[t]he Executive Board takes the view that such data are protected under Article 4(1)(c) (‚protected as such under Union law‘) and the first indent of Article 4(2) (‚the commercial interests of a natural or legal person‘) of Decision ECB/2004/3“ (nach Ansicht des Direktoriums werden diese Informationen durch Art. 4 Abs. 1 Buchst. c [‚die als vertrauliche Informationen durch das Unionsrecht geschützt werden‘] und Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich [‚Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person‘] des Beschlusses EZB/2004/3 geschützt). Die vorstehend angeführten Sätze lassen keinen Zweifel daran, dass die Informationen über die Liquiditätssituation und die Kapitalquoten von Banco Popular nicht von den Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster, zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 gedeckt sind.

87      Drittens ist festzustellen, dass die Verfahrensakten entgegen dem Vorbringen der EZB keinen Hinweis enthalten, der die Annahme zuließe, dass Anhang B.1 der Klagebeantwortung der EZB fester Bestandteil des zweiten angefochtenen Beschlusses ist.

88      Zum einen verweist der zweite angefochtene Beschluss nämlich nicht auf irgendeinen ihm beigefügten Anhang. Zum anderen betrifft die in Anhang B.1 enthaltene Tabelle die drei angefochtenen Beschlüsse und nicht nur den zweiten angefochtenen Beschluss, so dass der besagte Anhang wahrscheinlich für die Zwecke des vorliegenden Klageverfahrens vorbereitet worden ist.

89      Vor diesem Hintergrund ist der Schluss zu ziehen, dass sich der zweite angefochtene Beschluss entgegen dem von der EZB in ihren beim Gericht eingereichten Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung angeführten Vorbringen in Bezug auf die einzelnen fünf Kategorien von Informationen, zu denen der Zugang verweigert worden ist, nicht auf die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster, zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 stützt. Insbesondere hat die EZB im zweiten angefochtenen Beschluss auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster, zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 lediglich den Zugang zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien verweigert. Der Zugang zu den Informationen über die gegebenen Garantien ist darüber hinaus auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 verweigert worden. Was die Verweigerung des Zugangs zu den Informationen über die Liquiditätssituation und die Kapitalquoten von Banco Popular angeht, so stützt sich der zweite angefochtene Beschluss hingegen lediglich auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c und Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258.

C.      Fünfter Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 im zweiten angefochtenen Beschluss

90      In ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen der Kommission und von Banco Santander hat die Klägerin einen Klagegrund vorgebracht, mit dem geltend gemacht wird, der zweite angefochtene Beschluss leide an einem Begründungsmangel, da die EZB darin nicht darlege, weshalb sie davon ausgehe, dass die Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien von der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 vorgesehenen Ausnahme hinsichtlich des Schutzes des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Vertraulichkeit der Aussprachen der Beschlussorgane der EZB gedeckt seien einerseits und die Weitergabe dieser Informationen das durch die Ausnahme geschützte Interesse konkret und tatsächlich beeinträchtigen könne andererseits.

91      Zur Stützung dieses Klagegrundes verweist die Klägerin auf das Urteil vom 26. April 2018, Espírito Santo Financial (Portugal)/EZB (T‑251/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:234). In jenem Urteil hat das Gericht entschieden, dass die EZB ihre Begründungspflicht verletzt hatte, indem sie zum einen nicht erläutert hatte, weshalb die im Rahmen jener Rechtssache angeforderten Dokumente in den Bereich fielen, auf den sich die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 vorgesehene Ausnahme bezieht, und zum anderen keine Begründung geliefert hatte, mit der sich verstehen und überprüfen ließ, inwiefern der Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten das geschützte Interesse beeinträchtigt haben soll.

1.      Vorbemerkungen

92      Festzustellen ist, dass die Klägerin den Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht erst in einem bereits weit fortgeschrittenen Verfahrensstadium geltend gemacht hat, nämlich in ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen der Kommission und von Banco Santander.

93      Ein Klagegrund, mit dem die unzulängliche Begründung eines Rechtsakts gerügt wird, stellt im Rahmen einer Nichtigkeitsklage jedoch einen Gesichtspunkt dar, den der Unionsrichter von Amts wegen prüfen kann und sogar prüfen muss, so dass er von den Parteien in jedem Stadium des Verfahrens geltend gemacht werden kann (Urteile vom 20. Februar 1997, Kommission/Daffix, C‑166/95 P, EU:C:1997:73, Rn. 25, vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, EU:T:2001:288, Rn. 125, sowie vom 10. Februar 2021, Şanli/Rat, T‑157/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:75, Rn. 34).

94      Außerdem dient die in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehene und in Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta niedergelegte Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts, die aus dem Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte folgt, nach ständiger Rechtsprechung dem Zweck, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen (vgl. Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. Februar 2021, Şanli/Rat, T‑157/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:75, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95      Nach ebenso ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile vom 30. April 2019, Italien/Rat [Fangquoten für Schwertfisch im Mittelmeer], C‑611/17, EU:C:2019:332, Rn. 40, vom 8. Mai 2019, Landeskreditbank Baden-Württemberg/EZB, C‑450/17 P, EU:C:2019:372, Rn. 85, und vom 27. Januar 2021, KPN/Kommission, T‑691/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:43, Rn. 161).

96      Im vorliegenden Fall genügt es diesen Anforderungen, wie nachstehend dargelegt werden soll, nicht, wenn die EZB auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 den Zugang zu bestimmten Dokumenten verweigert.

2.      Verletzung der Begründungspflicht

a)      Begründungsmangel bei der Verweigerung des Zugangs zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien

97      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass, was den rechtlichen Rahmen für das Recht auf Zugang zu Dokumenten der EZB betrifft, in Art. 1 Abs. 2 EUV der Grundsatz der Offenheit des Entscheidungsprozesses der Union verankert ist. Art. 15 Abs. 1 AEUV stellt insoweit klar, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit handeln, um eine verantwortungsvolle Verwaltung zu fördern und die Beteiligung der Zivilgesellschaft sicherzustellen. Nach Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 AEUV hat jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz in einem Mitgliedstaat vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die nach diesem Absatz festzulegen sind, das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger. Ferner werden gemäß Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 2 AEUV die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung dieses Rechts auf Zugang zu Dokumenten vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union durch Verordnungen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren festgelegt. Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 3 AEUV bestimmt, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen die Transparenz ihrer Tätigkeit gewährleisten und im Einklang mit den in Unterabs. 2 genannten Verordnungen in ihrer Geschäftsordnung Sonderbestimmungen hinsichtlich des Zugangs zu ihren Dokumenten festlegen. Nach Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 4 AEUV gilt dieser Absatz für den Gerichtshof der Europäischen Union, die EZB und die Europäische Investitionsbank (EIB) nur dann, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.

98      Der Beschluss 2004/258 soll, wie sich aus seinen Erwägungsgründen 2 und 3 ergibt, einen umfassenderen Zugang zu den Dokumenten der EZB als unter der Geltung des Beschlusses 1999/284/EG der EZB vom 3. November 1998 über den Zugang der Öffentlichkeit zur Dokumentation und zu den Archiven der EZB (ABl. 1999, L 110, S. 30) gewähren, wobei gleichzeitig die Unabhängigkeit der EZB und der nationalen Zentralbanken sowie die Vertraulichkeit bestimmter Angelegenheiten, die speziell die Erfüllung der Aufgaben der EZB betreffen, geschützt werden sollen.

99      Art. 2 Abs. 1 des Beschlusses 2004/258 verleiht daher jedem Unionsbürger sowie jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat vorbehaltlich der in diesem Beschluss festgelegten Bedingungen und Einschränkungen ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der EZB.

100    Dieses Recht unterliegt aus Gründen des öffentlichen oder privaten Interesses bestimmten Grenzen. Insbesondere sieht Art. 4 des Beschlusses 2004/258 im Einklang mit dessen viertem Erwägungsgrund eine Ausnahmeregelung vor, die es der EZB gestattet, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, durch dessen Verbreitung eines der mit den Abs. 1 und 2 dieses Artikels geschützten Interessen beeinträchtigt würde oder das Stellungnahmen zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb der EZB oder mit den nationalen Zentralbanken enthält.

101    Da mit den Ausnahmen vom Zugangsrecht, wie sie in Art. 4 des Beschlusses 2004/258 geregelt sind, vom Recht auf Zugang zu Dokumenten abgewichen wird, sind sie eng auszulegen und anzuwenden (Urteile vom 29. November 2012, Thesing und Bloomberg Finance/EZB, T‑590/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:635, Rn. 41, sowie vom 12. März 2019, De Masi und Varoufakis/EZB, T‑798/17, EU:T:2019:154, Rn. 17).

102    Sodann ist zu bemerken, dass das Urteil vom 26. April 2018, Espírito Santo Financial (Portugal)/EZB (T‑251/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:234), auf das sich die Klägerin zur Stützung des fünften Klagegrundes berufen hat (vgl. oben, Rn. 91), durch das Urteil vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial (Portugal) (C‑442/18 P, EU:C:2019:1117), aufgehoben worden ist.

103    Im Urteil vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial (Portugal) (C‑442/18 P, EU:C:2019:1117), hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2004/258 in Verbindung mit Art. 10.4 Satz 2 des Protokolls Nr. 4 über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der EZB im Anhang zum EUV und zum AEUV (im Folgenden: Satzung des ESZB und der EZB) angesichts der ausschließlichen Zuständigkeit des EZB-Rates dahin auszulegen ist, dass er die Vertraulichkeit des Ergebnisses der Beratungen des EZB-Rates schützt, ohne dass eine Verweigerung des Zugangs zu den dieses Ergebnis enthaltenden Dokumenten davon abhängen müsste, dass die Offenlegung des Ergebnisses den Schutz des öffentlichen Interesses beeinträchtigt (Urteile vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial [Portugal], C‑442/18 P, EU:C:2019:1117, Rn. 43, und vom 21. Oktober 2020, EZB/Estate of Espírito Santo Financial Group, C‑396/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:845, Rn. 50).

104    Der Gerichtshof hat hinzugefügt, dass der Generaldirektor des Sekretariats der EZB nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich und Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses 2004/258 verpflichtet ist, den Zugang zum Ergebnis der Beratungen des EZB-Rates zu verweigern, es sei denn, der EZB-Rat hat beschlossen, es ganz oder teilweise zu veröffentlichen (Urteile vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial [Portugal], C‑442/18 P, EU:C:2019:1117, Rn. 44, und vom 21. Oktober 2020, EZB/Estate of Espírito Santo Financial Group, C‑396/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:845, Rn. 51).

105    Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass eine Entscheidung über die Verweigerung des Zugangs zum Ergebnis der Beratungen des EZB-Rates bei Dokumenten, die dieses Ergebnis widerspiegeln, in rechtlich hinreichender Weise durch den bloßen Verweis auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 begründet wird (Urteile vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial [Portugal], C‑442/18 P, EU:C:2019:1117, Rn. 46, und vom 21. Oktober 2020, EZB/Estate of Espírito Santo Financial Group, C‑396/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:845, Rn. 53).

106    In Beantwortung der Aufforderung des Gerichts, sich zu den Konsequenzen zu äußern, die aus dem Urteil vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial (Portugal) (C‑442/18 P, EU:C:2019:1117), zu ziehen sind, erkennt die Klägerin an, dass dieses Urteil es der EZB in Anbetracht der sich aus der Satzung des ESZB und der EZB ergebenden besonderen Merkmale der Vertraulichkeit der Aussprachen der Beschlussorgane zu gestatten scheint, von der Pflicht zur Begründung ihrer Entscheidungen abzuweichen. Die Klägerin hebt jedoch hervor, dass die Argumentation des Gerichtshofs allein auf „Dokumente [beschränkt ist], die das Ergebnis der Beratungen der Beschlussorgane der EZB widerspiegeln“.

107    Die EZB, insoweit unterstützt durch die Kommission und Banco Santander, vertritt die Auffassung, der fünfte Klagegrund der Klägerin sei aufgrund der aus dem Urteil vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial (Portugal) (C‑442/18 P, EU:C:2019:1117), zu ziehenden Konsequenzen zurückzuweisen. So ist die EZB der Ansicht, dass sie ihrer Begründungspflicht allein dadurch nachgekommen sei, dass sie sich auf die Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 berufen habe, um den Zugang zu den angeforderten Informationen zu verweigern.

108    Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob die EZB den zweiten angefochtenen Beschluss, soweit mit ihm auf der Grundlage der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 genannten Ausnahme hinsichtlich des Schutzes des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Vertraulichkeit der Aussprachen der Beschlussorgane der EZB der Zugang zu bestimmten Informationen verweigert wird, in rechtlich hinreichender Weise begründet hat.

109    Wie die EZB zutreffend bemerkt, beschränkt sich die Begründung des zweiten angefochtenen Beschlusses auf eine einfache Bezugnahme auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2004/258, um den Zugang zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien zu verweigern.

110    Die Klägerin macht jedoch zu Recht geltend, dass die Zugangsverweigerung, wie aus der oben in den Rn. 103 bis 105 angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, nur in Bezug auf Dokumente, „die das Ergebnis der Beratungen des EZB-Rates widerspiegeln“, einer Begründungspflicht unterliegt, die sich auf einen bloßen Verweis auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 beschränken kann.

111    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die EZB nicht für jede Art von Information, zu der sie gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 den Zugang verweigert, angibt, in welchem Dokument diese Information zu finden ist. Sie führt lediglich allgemein aus, dass die drei Arten von Informationen, zu denen sie auf der Grundlage der von ihr geltend gemachten Ausnahmen den Zugang verweigert, in den vier Dokumenten zu finden seien, zu denen sie einen teilweisen Zugang gewährt habe, nämlich einem mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Brief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB, einem mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Folgebrief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB, einem mit „Emergency liquidity assistance request from Banco de España“ überschriebenen Vorschlag des Direktoriums vom 5. Juni 2017 an den EZB-Rat und dem Protokoll der am 5. Juni 2017 per Telekonferenz abgehaltenen 447. Sitzung des EZB-Rates.

112    Von diesen vier Dokumenten ist das Protokoll der am 5. Juni 2017 per Telekonferenz abgehaltenen 447. Sitzung des EZB-Rates offenkundig das einzige Dokument, das dazu bestimmt ist, das Ergebnis der Beratungen des EZB-Rates festzustellen. Im Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017, der durch den zweiten angefochtenen Beschluss bestätigt wird, hat die EZB insoweit erläutert, dass die Entscheidungen des EZB-Rates, sich der Obergrenze für die ELA nicht zu widersetzen, in den Protokollen der Sitzungen dieses Gremiums, die gemäß Art. 10.4 der Satzung des ESZB und der EZB vertraulich sind, um die Unabhängigkeit der Mitglieder des EZB-Rates und die Wirksamkeit seines Entscheidungsprozesses zu wahren, festgehalten seien.

113    Nach Einsichtnahme der vertraulichen Fassungen der vier betreffenden Dokumente, wie sie von der EZB nach Durchführung der oben in Rn. 60 erwähnten Beweisaufnahme eingereicht worden sind, durfte das Gericht feststellen, dass das besagte Protokoll nur eine der drei Informationen enthält, zu denen auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 der Zugang verweigert worden ist, nämlich die Obergrenze für die ELA. Die Informationen über die tatsächlich bewilligte Höhe der ELA und die gegebenen Garantien sind in den drei anderen Dokumenten enthalten, zu denen die EZB den vollständigen Zugang verweigert hat, nämlich in den beiden Schreiben des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 und im Vorschlag des Direktoriums vom 5. Juni 2017.

114    Daher hat die EZB ihre Verweigerung des Zugangs zur Information über die Obergrenze für die ELA im Einklang mit der oben in den Rn. 103 bis 105 angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs in rechtlich hinreichender Weise begründet, soweit sich die Information im Protokoll der 447. Sitzung des EZB-Rates befindet, da dieses Dokument das Ergebnis der Beratungen des EZB-Rates widerspiegelt.

115    Zu prüfen ist jedoch, ob die EZB auch ihre Verweigerung des Zugangs zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien in rechtlich hinreichender Weise begründet hat, soweit diese Informationen in den drei anderen Dokumenten enthalten sind.

116    Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, hat die EZB ausgeführt, die beiden Schreiben des Gouverneurs der Bank von Spanien und der Vorschlag des Direktoriums seien ihrer Ansicht nach Dokumente, die es dem EZB-Rat ermöglichten, eine informierte Entscheidung zu treffen, so dass sie notwendigerweise eine Verbindung zu den Beratungen dieses Gremiums aufwiesen. Folglich erstrecke sich der Schutz der Vertraulichkeit des Ergebnisses der Aussprachen des EZB-Rates gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 in Verbindung mit Art. 10.4 Satz 2 der Satzung des ESZB und der EZB auf alle für die Zwecke der Beratungen des EZB-Rates vorgelegten vorbereitenden Dokumente. Indem sie den Zugang zur vollständigen Fassung dieser Dokumente durch einen einfachen Verweis auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 verweigert habe, so die EZB, sei sie ihrer Begründungspflicht im Einklang mit der oben in den Rn. 103 bis 105 dargelegten Rechtsprechung des Gerichtshofs nachgekommen.

117    Die Klägerin hat erwidert, dass sie nicht habe nachvollziehen können, weshalb Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 auf die in den Schreiben des Gouverneurs der Bank von Spanien und im Vorschlag des Direktoriums geschwärzten Informationen angewandt worden sei, so dass sie keinen Klagegrund formulieren könne, der eine Überprüfung der Frage erforderlich mache, ob die Anwendung dieser Vorschrift richtig gewesen sei. Insbesondere seien Ausnahmen vom Zugangsrecht eng auszulegen und verstoße die von der EZB vorgeschlagene weite Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 in Verbindung mit Art. 10.4 der Satzung des ESZB und der EZB gegen diese Regel.

118    Festzustellen ist, dass die beiden Schreiben des Gouverneurs der Bank von Spanien und der Vorschlag des Direktoriums aus der Zeit vor der Sitzung des EZB-Rates stammen und somit nicht das Ergebnis der Beratungen dieses Gremiums widerspiegeln. Folglich gilt Art. 10.4 Satz 2 der Satzung des ESZB und der EZB nicht für diese Dokumente, so dass die oben in den Rn. 103 bis 105 dargelegte Argumentation des Gerichtshofs nicht auf sie angewandt werden kann.

119    Überdies hat die EZB eine Begründung zu geben, der sich entnehmen und anhand deren sich überprüfen lässt, ob das angeforderte Dokument tatsächlich in den Bereich der Ausnahmeregelung fällt und ob im Hinblick auf diese Ausnahmeregelung tatsächlich ein Schutzbedarf besteht (Urteile vom 12. September 2013, Besselink/Rat, T‑331/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:419, Rn. 99, und vom 26. März 2020, Bonnafous/Kommission, T‑646/18, EU:T:2020:120, Rn. 24; vgl. auch entsprechend Urteil vom 26. April 2005, Sison/Rat, T‑110/03, T‑150/03 und T‑405/03, EU:T:2005:143, Rn. 61).

120    Insoweit ist hervorzuheben, dass der Beschluss 2004/258 eine Ausnahme vom Recht auf Zugang enthält, nämlich Art. 4 Abs. 3, der sich ausdrücklich auf die Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten bezieht, die die EZB zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb der EZB erstellt oder erhalten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Dezember 2020, De Masi und Varoufakis/EZB, C‑342/19 P, EU:C:2020:1035, Rn. 66 bis 79).

121    Die Tatsache, dass weder im Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017 noch im zweiten angefochtenen Beschluss erläutert wird, weshalb die Verweigerung des vollständigen Zugangs zu den Schreiben des Gouverneurs der Bank von Spanien und zum Vorschlag des Direktoriums – soweit diese Dokumente die Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien enthalten – von der Ausnahme in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 gedeckt war, hat die Klägerin daran gehindert, die Gründe für die Verweigerung des Zugangs zu diesen Informationen zu verstehen und, wie sie vorträgt, einen Klagegrund geltend zu machen, der eine Überprüfung der Frage erforderlich macht, ob die Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 auf die besagten Dokumente richtig war.

122    Wie oben in Rn. 116 dargelegt, hat die EZB erst in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Schreiben des Gouverneurs der Bank von Spanien und der Vorschlag des Direktoriums ihrer Auffassung nach eine notwendige Unterstützung für die Beratungen des EZB-Rates darstellten, weshalb die Verweigerung des Zugangs zu bestimmten in diesen Dokumenten enthaltenen Informationen im Einklang mit der oben in den Rn. 103 bis 105 angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs durch einen einfachen Verweis auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 habe begründet werden können.

123    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Begründung dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nämlich nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 149, vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74, sowie vom 10. September 2019, Trasys International und Axianseu – Digital Solutions/EASA, T‑741/17, EU:T:2019:572, Rn. 53).

124    Somit ist dem Klagegrund einer unzureichenden Begründung des zweiten angefochtenen Beschlusses insoweit stattzugeben, als mit diesem auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 der Zugang zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien – soweit diese Informationen in dem mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Brief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB, dem mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Folgebrief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB und dem mit „Emergency liquidity assistance request from Banco de España“ überschriebenen Vorschlag des Direktoriums vom 5. Juni 2017 an den EZB-Rat enthalten sind – verweigert wird.

125    Vor der Feststellung, welche Folgen diese unzureichende Begründung des zweiten angefochtenen Beschlusses hat, wird jedoch zu prüfen sein, ob die übrigen von der EZB geltend gemachten Ausnahmen, deren Begründetheit von der Klägerin im Rahmen des zweiten Klagegrundes in Frage gestellt wird, die Verweigerung des Zugangs zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien rechtfertigen könnten.

b)      Begründungsmangel bei der Verweigerung des Zugangs zum Ergebnis der Abstimmung im EZB-Rat

126    Bei der Lektüre der vertraulichen Fassung des Protokolls der am 5. Juni 2017 per Telekonferenz abgehaltenen 447. Sitzung des EZB-Rates hat das Gericht festgestellt, dass die EZB den Zugang zu einer in diesem Dokument enthaltenen Information verweigert hatte, die nicht unter eine der fünf Kategorien von Informationen fiel, zu denen der zweite angefochtene Beschluss den Zugang ausdrücklich verweigert (vgl. oben, Rn. 82). Es handelt sich um das Ergebnis der Abstimmung im EZB-Rat. Diese Information betrifft weder die Obergrenze für die Notfall-Liquiditätshilfe noch die tatsächlich bewilligte Höhe dieser Hilfe, die gegebenen Garantien, die Liquiditätssituation von Banco Popular oder deren Kapitalquoten. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die abgegebenen Stimmen eine spezifische Information darstellen, die von den Daten betreffend den Inhalt der Beratungen im Vorfeld der Stimmabgabe zu unterscheiden ist.

127    In der mündlichen Verhandlung zum völligen Fehlen eines Hinweises auf das Ergebnis der Abstimmung befragt, hat die EZB, insoweit unterstützt durch die Kommission, geantwortet, dass sie, obwohl sie nicht ausdrücklich erwähnt habe, auch den Zugang zu dieser Art von Information verweigern zu wollen, davon ausgehe, ihre Zugangsverweigerung in rechtlich hinreichender Weise begründet zu haben, als sie auf die Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 verwiesen habe, um den vollständigen Zugang zum Protokoll der 447. Sitzung des EZB-Rates zu verweigern.

128    Nach dem von der EZB vorgeschlagenen Ansatz würde das, was das „Ergebnis der Beratungen“ des EZB-Rates darstellt, weit ausgelegt, da es automatisch das Ergebnis der Abstimmung dieses Gremiums einschlösse. Bei einer solchen weiten Auslegung wäre es dementsprechend gerechtfertigt, die Begründungspflicht, die der EZB obliegt, wenn sie den Zugang zu einem das Ergebnis der Abstimmung im EZB-Rat enthaltenden Dokument verweigert, im Einklang mit der oben in den Rn. 103 bis 105 dargelegten Rechtsprechung des Gerichtshofs einzuschränken.

129    Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat, verstieße ein solcher Ansatz jedoch offensichtlich gegen den Grundsatz, wonach Ausnahmen vom Recht auf Zugang eng auszulegen sind (vgl. oben, Rn. 101 und 117).

130    Folglich hatte die EZB die Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 auf die Verweigerung des Zugangs zum Ergebnis der Abstimmung im EZB-Rat zu begründen, um der Klägerin die Beurteilung der Richtigkeit dieser Begründung zu ermöglichen.

131    Da der zweite angefochtene Beschluss das Vorliegen der Information über das Ergebnis der Abstimmung im EZB-Rat nicht einmal erwähnt, ist er mit einem Begründungsmangel behaftet und in diesem Punkt für nichtig zu erklären.

D.      Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 im zweiten angefochtenen Beschluss

132    Zur Stützung ihres zweiten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, die EZB habe im zweiten angefochtenen Beschluss gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 betreffend den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats und gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a siebter Gedankenstrich dieses Beschlusses betreffend den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Stabilität des Finanzsystems in der Union oder in einem Mitgliedstaat verstoßen, da sie darin fälschlicherweise behaupte, dass die Weitergabe der Information über die Verwendung der ELA durch Banco Popular in den Tagen vor ihrer Abwicklung sowie der Informationen über den Liquiditätsstatus und die Kapitalquoten die Wirksamkeit der Währungspolitik untergraben und die finanzielle Stabilität der Union oder eines Mitgliedstaats gefährden könne.

133    Die Klägerin erkennt zwar an, dass die EZB bei der Entscheidung, ob das öffentliche Interesse betreffend die Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, macht aber geltend, die EZB habe im vorliegenden Fall einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, da sich die angeforderten Dokumente nicht auf die Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats bezögen.

134    So habe die Klägerin erstens nicht um Informationen über eine allgemeine Politik, sondern lediglich um Informationen zu einem auf ein bestimmtes Finanzinstitut, nämlich Banco Popular, beschränkten Einzelfall während eines bestimmten Zeitraums, nämlich des Zeitraums von deren Abwicklung durch den SRB, ersucht. Nach dem Grundsatz, wonach Ausnahmen vom Recht auf Zugang eng auszulegen seien, dürfe der Zugangsantrag der Klägerin nicht übermäßig weit wie ein Antrag auf Zugang zu Daten zur Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats ausgelegt werden.

135    Zweitens beträfen die von der Klägerin angeforderten Informationen nicht die Union oder einen Mitgliedstaat, sondern den Liquiditätsstatus von Banco Popular.

136    Drittens seien die angeforderten Informationen nicht allgemeiner Natur, sondern im Gegenteil sehr spezifisch. Sie beträfen einen sehr präzisen und begrenzten Zeitraum, nämlich die Tage vor der Abwicklung von Banco Popular, und bezögen sich auf deren besondere Situation. Die im Rahmen des zweiten angefochtenen Beschlusses ausgewerteten Informationen, nämlich die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe, die gegebenen Garantien sowie der Liquiditätsstatus und die Eigenkapitalquoten von Banco Popular, ließen keine allgemeine Politik der Union erkennen. Demnach könne die Weitergabe dieser Informationen nur schwerlich die Wirksamkeit der Währungspolitik und die finanzielle Stabilität der Union beeinträchtigen.

137    Viertens beachte ihr Zugangsantrag den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er sich lediglich auf Informationen beziehe, die es ihr ermöglichten, den angeblichen Liquiditätsengpass von Banco Popular, der zu deren Abwicklung geführt habe, zu verstehen.

138    Die EZB tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

1.      Unschlüssigkeit des zweiten Klagegrundes

139    Die EZB macht geltend, der zweite Klagegrund gehe ins Leere, da die Klageschrift ausdrücklich auf die Ausnahmen von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 abstelle, sich die vorgebrachten Argumente aber lediglich auf den zweiten Gedankenstrich von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2004/258 bezögen.

140    Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Formulierung des zweiten Klagegrundes zwar klarer hätte sein können, um sein Verständnis zu erleichtern. So führt die Klägerin in Rn. 48 der Klageschrift aus, dass sich der zweite angefochtene Beschluss auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 stütze, um den Zugang u. a. zu den Informationen „über den Liquiditätsstatus und die Kapitalquoten“ zu verweigern. Wie oben in Rn. 85 ausgeführt, ist der Zugang zu diesen Informationen jedoch ausschließlich auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c und Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 verweigert worden. Der zweite Klagegrund geht somit ins Leere, soweit er sich auf diese Kategorie von Informationen bezieht, zu denen der zweite angefochtene Beschluss den Zugang verweigert.

141    Was sodann die Frage angeht, ob mit dem zweiten Klagegrund der Klägerin die Anwendung sowohl von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 als auch von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a siebter Gedankenstrich dieses Beschlusses in Frage gestellt werden soll, so ist festzustellen, dass die Argumentation der Klägerin, die u. a. in Rn. 55 der Klageschrift dargelegt wird, eindeutig darauf abzielt, die Tatsache in Zweifel zu ziehen, dass sich die EZB auf zwei Ausnahmen gestützt hat, die eine sehr große politische und geografische Tragweite haben, während die von der Klägerin angeforderten Informationen den sehr spezifischen Fall einer einzigen Bank betreffen sollen. Folglich ist das Argument der EZB, wonach der zweite Klagegrund insoweit ins Leere gehe, zurückzuweisen.

142    Schließlich sei in Erinnerung gerufen, dass der zweite angefochtene Beschluss, wie oben in Rn. 124 festgestellt worden ist, in Bezug auf die Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien nicht in rechtlich hinreichender Weise begründet wird, soweit sich diese Informationen in dem mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Brief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB, dem mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Folgebrief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB und dem mit „Emergency liquidity assistance request from Banco de España“ überschriebenen Vorschlag des Direktoriums vom 5. Juni 2017 an den EZB-Rat befinden. Der zweite Klagegrund geht somit nicht ins Leere, soweit er sich auf die genannten Informationen bezieht.

143    Der zweite Klagegrund geht hingegen insoweit ins Leere, als er die Verweigerung des Zugangs zu der im Protokoll der 447. Sitzung des EZB-Rates enthaltenen Information über die Obergrenze für die ELA betrifft. Da zum einen oben in Rn. 114 festgestellt worden ist, dass der zweite angefochtene Beschluss in Bezug auf die Verweigerung des Zugangs zu dieser Information in rechtlich hinreichender Weise begründet wird, soweit sich die Information im Protokoll der 447. Sitzung des EZB-Rates befindet, und die Klägerin zum anderen keinen Klagegrund geltend gemacht hat, mit dem die Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 durch die EZB in der Sache gerügt werden soll, ist nämlich festzustellen, dass die Verweigerung des Zugangs zu der im Protokoll der 447. Sitzung des EZB-Rates enthaltenen Information über die Obergrenze für die ELA durch diese Ausnahme gerechtfertigt ist. Wie dem auch sei: Der Vollständigkeit halber wird das Gericht die Begründetheit des zweiten Klagegrundes auch in Bezug auf diese Information prüfen.

2.      Begründetheit des zweiten Klagegrundes

144    Der zweite Klagegrund dreht sich im Wesentlichen um zwei Rügen. Im Rahmen der ersten Rüge wirft die Klägerin der EZB vor, dass sie die Auffassung vertreten hat, die angeforderten Informationen fielen in den Anwendungsbereich der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 vorgesehenen Ausnahmen. Mit ihrer zweiten Rüge stellt die Klägerin in Abrede, dass die Weitergabe der angeforderten Informationen, soweit sie lediglich die besondere Situation von Banco Popular betreffen, die Wirksamkeit der Währungspolitik und die finanzielle Stabilität beeinträchtigt.

a)      Erste Rüge: Die angeforderten Informationen fielen nicht in den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258

145    Im Rahmen ihrer ersten Rüge macht die Klägerin geltend, die Ausnahmen vom Recht auf Zugang seien eng auszulegen und anzuwenden, so dass nicht davon auszugehen sei, dass ein Antrag auf Zugang zu Informationen über Banco Popular wie ein Antrag ausgelegt werden müsse, der sich auf die Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats oder auf die Stabilität des Finanzsystems in der Union oder in einem Mitgliedstaat beziehe. So beträfen diese Informationen nicht die Union oder einen Mitgliedstaat, sondern lediglich die Liquiditätssituation eines bestimmten Finanzinstituts, nämlich von Banco Popular. Sie beträfen außerdem lediglich einen sehr begrenzten Zeitraum und bezögen sich auf einen sehr spezifischen Fall. Die Informationen seien somit keiner allgemeinen Politik der Union, sondern lediglich der besonderen Situation von Banco Popular zuzuordnen.

146    Wie die Klägerin zu Recht vorträgt, ist bereits entschieden worden, dass mit den Ausnahmen vom Recht auf Zugang, wie sie in Art. 4 des Beschlusses 2004/258 geregelt sind, vom Recht auf Zugang zu Dokumenten abgewichen wird und sie deshalb eng auszulegen und anzuwenden sind (Urteile vom 29. November 2012, Thesing und Bloomberg Finance/EZB, T‑590/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:635, Rn. 41, vom 27. September 2018, Spiegel-Verlag Rudolf Augstein und Sauga/EZB, T‑116/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:614, Rn. 22, sowie vom 12. März 2019, De Masi und Varoufakis/EZB, T‑798/17, EU:T:2019:154, Rn. 17).

147    Auch wenn es zutrifft, dass mit dem Zweitantrag kein Zugang zu Informationen begehrt wurde, die ausdrücklich die Währungspolitik oder die finanzielle Stabilität der Union oder eines Mitgliedstaats betreffen, lässt sich daraus jedoch nicht ableiten, dass die von der EZB als für diesen Antrag relevant identifizierten Informationen tatsächlich auf die besondere Situation von Banco Popular beschränkt bleiben.

148    Sowohl aus dem Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017 als auch aus dem zweiten angefochtenen Beschluss geht nämlich hervor, dass die Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien in einem sehr spezifischen Regelungskontext stehen, der auf Erwägungen zur Preisstabilität, zur Währungspolitik und zur finanziellen Stabilität der Union beruht, so dass diese Informationen zwangsläufig einen Charakter aufweisen, der über den spezifischen Fall eines einzelnen Kreditinstituts hinausgeht.

149    So wird, was zum einen die Informationen über die Obergrenze für die ELA und deren tatsächlich bewilligte Höhe angeht, im Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017 zunächst der für die Bewilligung geltende Rechtsrahmen relativ ausführlich dargelegt, indem zwischen der Natur eines solchen Kredits und Standardgeldgeschäften unterschieden wird. Die EZB erläutert u. a., dass nach nationalem Recht grundsätzlich allein die nationalen Zentralbanken für die Gewährung einer Notfall-Liquiditätshilfe zuständig seien. Sie weist sodann darauf hin, dass die EZB keine Entscheidungen genehmige oder erlasse, die sich auf die Bewilligung einer ELA bezögen, und sich ihre Befugnis gemäß Art. 14.4 der Satzung des ESZB und der EZB vielmehr auf eine Bewertung beschränke, ob die Bewilligung einer Notfall-Liquiditätshilfe in einem spezifischen Fall möglicherweise mit den Zielen und Aufgaben des Eurosystems kollidiere. Hierzu wird ausgeführt, dass das Eurosystem für die Zwecke der Ausübung dieser Befugnis über ein System zum Austausch von Informationen zwischen den nationalen Zentralbanken und der EZB verfüge. Die EZB weist schließlich darauf hin, dass eine nachträgliche Veröffentlichung der Informationen über die Obergrenze für die ELA und deren tatsächlich bewilligte Höhe die Flexibilität zu verringern drohe, mit der die nationalen Zentralbanken Notfall-Liquiditätshilfen in zukünftigen Fällen an die besonderen Umstände anpassen könnten. Eine solche Veröffentlichung würde nämlich die Erwartung wecken, dass die EZB bei zukünftigen Eingriffen selbst dann entsprechend vorgehen werde, wenn das nicht gerechtfertigt sei. Dies könne zu unbegründeten Spekulationen des Marktes führen, was die Befugnis des EZB-Rates einschränke, zu bewerten, ob eine beabsichtigte Notfall-Liquiditätshilfe mit den Zielen und Aufgaben des Eurosystems kollidiere, da auch berücksichtigt werden müsse, wie sich eine Veröffentlichung auf die finanzielle Stabilität und letztlich die Währungspolitik auswirke.

150    Der zweite angefochtene Beschluss verweist ausdrücklich auf die detaillierte Übersicht über den Rechtsrahmen für die Bewilligung einer Notfall-Liquiditätshilfe, wie er oben in Rn. 149 dargelegt worden ist. Die EZB erläutert sodann, dass die Fähigkeit der nationalen Zentralbanken, vorübergehenden Liquiditätsengpässen von Kreditinstituten zu begegnen, einen wesentlichen Faktor für die finanzielle Stabilität und eine Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit der Währungspolitik darstelle. Sie nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf die systemischen Auswirkungen im Anschluss an die Abwicklung von Banco Popular, die den spanischen Finanzmarkt geschwächt haben, und erläutert, dass eine Veröffentlichung der angeforderten Informationen die Spannungen gegenüber den Finanzinstitutionen wieder aufleben lassen oder zu unbegründeten Spekulationen über Banco Santander führen könne. Diese negativen Auswirkungen in Spanien könnten aufgrund der hohen Vernetzung der Märkte außerdem schädliche Auswirkungen in anderen Mitgliedstaaten haben und letztlich die finanzielle Stabilität der gesamten Union gefährden. Der zweite angefochtene Beschluss verweist zudem auf Art. 127 Abs. 5 AEUV, der vorsieht, dass das Eurosystem zur Stabilität des Finanzsystems beitragen muss. Schließlich übernimmt er die im Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017 enthaltenen Erwägungen zur nachträglichen Veröffentlichung von Informationen über die Obergrenze für die ELA und deren tatsächlich bewilligte Höhe sowie zu den Auswirkungen einer solchen Veröffentlichung auf die Flexibilität, über die die nationalen Zentralbanken und die EZB bei der Steuerung von Notfall-Liquiditätshilfen verfügen müssen.

151    Was zum anderen die gegebenen Garantien betrifft, so heißt es sowohl im Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017 als auch im zweiten angefochtenen Beschluss, dass die Veröffentlichung dieser Informationen die praktische Wirksamkeit von Notfall-Liquiditätshilfen als Instrument zur Erhaltung der finanziellen Stabilität verringern könne. Eine solche Veröffentlichung könne dazu führen, dass Kreditinstitute davon abgehalten würden, sich an geldpolitischen Standardgeschäften zu beteiligen, was mithin den Übertragungsmechanismus, mit dem die Währungspolitik der EZB umgesetzt werde, untergraben könne. Die Veröffentlichung der Informationen über die gegebenen Garantien könne außerdem die Flexibilität verringern, über die die nationalen Zentralbanken verfügen müssten, um wirksam auf Liquiditätskrisen zu reagieren, da eine solche Veröffentlichung Erwartungen hinsichtlich der Art der in Zukunft akzeptierten Garantien wecken würde. Es sei jedoch äußerst wichtig, dass die nationalen Zentralbanken Flexibilität behielten, um ein breites Spektrum möglicher Garantien in Betracht zu ziehen.

152    Unter Berücksichtigung des Inhalts des Beschlusses LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017 und des zweiten angefochtenen Beschlusses hat die EZB, als sie die Klägerin auf die geltende Regelung für die Bewilligung von Notfall-Liquiditätshilfen hingewiesen und die Rolle, die der EZB in diesem Zusammenhang zukommt, erläutert hat, genügend Anhaltspunkte geliefert, mit denen sich verstehen ließ, dass die Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien in einem Kontext generiert und verwendet worden sind, in den Überlegungen einfließen, die nicht auf die besondere Situation von Banco Popular beschränkt sind, sondern sich vor allem auf Erwägungen zur Währungspolitik und zur finanziellen Stabilität der Union und Spaniens beziehen.

153    Die Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien sind nämlich gerade in den betreffenden vier Dokumenten enthalten, damit der EZB-Rat bewerten kann, ob die von der Bank von Spanien beabsichtigte Notfall-Liquiditätshilfe mit den Zielen des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), zu denen gemäß Art. 127 Abs. 1, 2 und 5 AEUV sowie den Art. 2 und 3 der Satzung des ESZB und der EZB die Währungspolitik und die finanzielle Stabilität gehören, kollidiert. Mit anderen Worten liegt die Daseinsberechtigung dieser Dokumente gerade in der Tatsache begründet, dass sich die genannten Informationen auf Erwägungen beziehen, die über die spezifische Situation von Banco Popular hinausgehen. Wie die EZB zu Recht bemerkt, lassen die Informationen über die Obergrenze für die ELA und deren tatsächlich bewilligte Höhe die Position der EZB hinsichtlich des marginalen Betrags der Notfall-Liquiditätshilfe erkennen, der gewährt werden kann, ohne Gefahr zu laufen, die Ziele der Währungspolitik der Union zu untergraben.

154    Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist der Schluss zu ziehen, dass die EZB nicht gegen den Grundsatz der engen Auslegung der im Beschluss 2004/258 vorgesehenen Ausnahmen vom Recht auf Zugang verstoßen hat, als sie der Ansicht gewesen ist, dass Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien in den Anwendungsbereich der Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 fielen.

155    Folglich ist die erste Rüge des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

b)      Zweite Rüge: Die Zugangsverweigerung ziele nicht darauf ab, die in Rede stehenden öffentlichen Interessen tatsächlich und konkret zu schützen

156    Mit ihrer zweiten Rüge wirft die Klägerin der EZB vor, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Frage begangen zu haben, ob die Weitergabe der angeforderten Informationen der Wirksamkeit der Währungspolitik und der finanziellen Stabilität der Union oder eines Mitgliedstaats konkret und tatsächlich schaden könne.

157    Wie die Klägerin zu Recht bemerkt, ist bereits entschieden worden, dass der EZB bei der Feststellung, ob die Verbreitung von Dokumenten aus Bereichen, die durch bestimmte im Beschluss 2004/258 genannte Ausnahmen gedeckt sind, das in Rede stehende öffentliche Interesse beeinträchtigen könnte, ein weiter Ermessensspielraum zuzuerkennen ist.

158    In Bezug auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 ist ein solcher Spielraum nämlich ausdrücklich in mehreren Urteilen, u. a. den Urteilen vom 29. November 2012, Thesing und Bloomberg Finance/EZB (T‑590/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:635, Rn. 43 und 44), vom 4. Juni 2015, Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein/EZB (T‑376/13, EU:T:2015:361, Rn. 53), sowie vom 27. September 2018, Spiegel-Verlag Rudolf Augstein und Sauga/EZB (T‑116/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:614, Rn. 42), anerkannt worden.

159    Zum einen ist dieser weite Ermessensspielraum – analog zur Rechtsprechung zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) – auf die Erwägung gestützt worden, wonach die in Frage stehende, von dem Unionsorgan zu treffende Entscheidung, da die von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2004/258 geschützten Interessen besonders sensibel und wesentlich sind und das Organ nach dem Wortlaut der Vorschrift verpflichtet ist, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, wenn dessen Verbreitung diese Interessen beeinträchtigen würde, einen komplexen und diffizilen Charakter aufweist, der ganz besondere Vorsicht erforderlich macht (Urteil vom 29. November 2012, Thesing und Bloomberg Finance/EZB, T‑590/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:635, Rn. 44; vgl. auch entsprechend Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 35, vom 27. November 2019, Izuzquiza und Semsrott/Frontex, T‑31/18, EU:T:2019:815, Rn. 64, sowie vom 25. November 2020, Bronckers/Kommission, T‑166/19, EU:T:2020:557, Rn. 34).

160    Zum anderen ist die Anerkennung eines weiten Ermessensspielraums der EZB auch damit begründet worden, dass die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2004/258 genannten Kriterien sehr allgemein sind (Urteil vom 29. November 2012, Thesing und Bloomberg Finance/EZB, T‑590/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:635, Rn. 43; vgl. auch entsprechend Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 36).

161    Nach der Rechtsprechung hat die Anerkennung eines solchen Ermessensspielraums der EZB zur Folge, dass sich die darauf bezogene Kontrolle der Rechtmäßigkeit durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränkt, ob die Verfahrensregeln und die Bestimmungen über die Begründung eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt zutrifft, ob bei der Tatsachenwürdigung kein offensichtlicher Fehler vorgekommen ist und ob kein Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. Urteile vom 4. Juni 2015, Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein/EZB, T‑376/13, EU:T:2015:361, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. März 2019, De Masi und Varoufakis/EZB, T‑798/17, EU:T:2019:154, Rn. 54).

162    Zudem kommt der Erfüllung der Verpflichtung der EZB, ihre Entscheidungen hinreichend zu begründen, aufgrund der begrenzten Kontrolle durch den Unionsrichter eine umso größere Bedeutung zu. Denn nur so kann der Unionsrichter überprüfen, ob die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (vgl. Urteile vom 4. Juni 2015, Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein/EZB, T‑376/13, EU:T:2015:361, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. März 2019, De Masi und Varoufakis/EZB, T‑798/17, EU:T:2019:154, Rn. 54).

163    Im vorliegenden Fall kann der EZB nicht vorgeworfen werden, einen offensichtlichen Fehler begangen zu haben, als sie der Ansicht gewesen ist, die Weitergabe der Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien könne die Währungspolitik und die finanzielle Stabilität der Union oder eines Mitgliedstaats tatsächlich und konkret beeinträchtigen.

164    Es ist nämlich festzustellen, dass die EZB sowohl in ihrem Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017 als auch im zweiten angefochtenen Beschluss einen genauen kausalen Zusammenhang zwischen der potenziellen Weitergabe der in Rede stehenden Informationen und der konkreten Beeinträchtigung der geschützten öffentlichen Interessen hergestellt hat.

165    So hat die EZB in Bezug auf die Obergrenze für die ELA und deren tatsächlich bewilligte Höhe erläutert, dass die Weitergabe dieser Informationen die finanzielle Stabilität und die Währungspolitik der Union beeinträchtigen könne, da der spanische Markt infolge der Abwicklung von Banco Popular geschwächt worden sei und eine solche Weitergabe deshalb die Spannungen gegenüber den Finanzinstitutionen wieder aufleben lassen und ungerechtfertigten Spekulationen über die Situation von Banco Santander Tür und Tor öffnen könne. Diese negativen Auswirkungen auf dem spanischen Markt könnten sodann einen Kaskadeneffekt auf den Märkten anderer Mitgliedstaaten haben, was sich nachteilig auf die finanzielle Stabilität der Union auswirken könne. Außerdem habe eine nachträgliche Veröffentlichung der betreffenden Informationen zur Folge, dass die Möglichkeiten der nationalen Zentralbanken und der EZB, Notfall-Liquiditätshilfen in der Zukunft flexibel zu steuern, erheblich verringert würden. Die Kenntnis dieser konkreten Daten auf Seiten der Marktteilnehmer würde nämlich die Erwartung wecken, dass dem gleichen Ansatz in Fällen gefolgt werde, in denen das nicht gerechtfertigt sei. Diese Erwartungen könnten darüber hinaus die Marktteilnehmer dazu bewegen, unbegründete Vermutungen anzustellen, was die Befugnis des EZB-Rates einschränken könne, zu bewerten, ob eine beabsichtigte Notfall-Liquiditätshilfe mit den Zielen und Aufgaben des Eurosystems kollidiere, da der EZB-Rat auch berücksichtigen müsse, wie sich eine Veröffentlichung der Parameter für das betreffende Geschäft möglicherweise in künftigen Fällen auf die finanzielle Stabilität und die Währungspolitik auswirke.

166    Was des Weiteren die gegebenen Garantien betrifft, so hat die EZB erläutert, dass diese Information einen Indikator für den Stress eines Kreditinstituts darstelle, da es sich bei solchen Garantien um Garantien handeln könne, die im Rahmen herkömmlicher geldpolitischer Geschäfte nicht als förderfähig betrachtet würden. Eine etwaige Veröffentlichung dieser Daten könne Kreditinstitute davon abhalten, auf Notfall-Liquiditätshilfen zurückzugreifen oder sie rechtzeitig zu beantragen – aus Angst, auf dem Markt zur Schau gestellt zu werden. Die Marktteilnehmer könnten außerdem versucht sein, für ihre Geschäfte mit dem betreffenden Institut mehr oder andere Garantien zu verlangen, oder aufhören, diesem Institut Geld zu leihen, was eine echte Bedrohung für die finanzielle Stabilität im betreffenden Mitgliedstaat darstellen würde. Selbst eine nachträgliche Weitergabe der Information könne ferner zu einer Verringerung der Möglichkeit der nationalen Zentralbanken führen, auf flexible Weise eine breite Palette möglicher Garantien in Betracht zu ziehen, da die Kenntnis des von ihnen in der Vergangenheit befürworteten Ansatzes Erwartungen hinsichtlich der Art von Garantien wecken würde, die in Zukunft akzeptiert werden könnten. Dies verringere die Möglichkeit, wirksam auf zukünftige Liquiditätsengpässe zu reagieren, und beeinträchtige die Wirksamkeit der Notfall-Liquiditätshilfe als Instrument zur Erhaltung der finanziellen Stabilität.

167    Festzustellen ist, dass die Klägerin keine echten Argumente und erst recht keine Beweismittel vorbringt, die die Stichhaltigkeit der oben in den Rn. 165 und 166 dargelegten Argumentation der EZB in Frage stellen könnten. Indem sie lediglich geltend macht, die angeforderten Informationen hingen ausschließlich mit der Situation von Banco Popular zusammen und beträfen nur einen kurzen, begrenzten Zeitraum, zieht sie die Argumentation der EZB, wonach die Weitergabe der betreffenden Informationen in der Zukunft schädliche Folgen für die finanzielle Stabilität und die Währungspolitik der Union haben könne, nicht in Zweifel.

168    In Anbetracht des Vorstehenden ist festzustellen, dass die EZB keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie davon ausgegangen ist, dass die Weitergabe der Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien das öffentliche Interesse im Hinblick auf die Währungspolitik und die finanzielle Stabilität der Union oder Spaniens konkret und tatsächlich beeinträchtige.

169    Folglich ist die zweite Rüge und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

170    Da die Verweigerung des Zugangs zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien rechtmäßig auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 gestützt wird, rechtfertigt die oben in Rn. 124 getroffene Feststellung, dass der zweite angefochtene Beschluss insoweit nicht in rechtlich hinreichender Weise begründet ist, als mit ihm auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 der Zugang zu den genannten Informationen verweigert wird, soweit diese Informationen in dem mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Brief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB, dem mit „Emergency liquidity assistance“ überschriebenen Folgebrief des Gouverneurs der Bank von Spanien vom 5. Juni 2017 an den Präsidenten der EZB und dem mit „Emergency liquidity assistance request from Banco de España“ überschriebenen Vorschlag des Direktoriums vom 5. Juni 2017 an den EZB-Rat enthalten sind, es nicht, den zweiten angefochtenen Beschluss in diesem Punkt für nichtig zu erklären.

E.      Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 in den angefochtenen Beschlüssen

171    Der erste Klagegrund besteht aus drei Rügen, mit denen erstens geltend gemacht wird, die EZB habe auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 fälschlicherweise eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit angewandt, zweitens, die im Urteil vom 19. Juni 2018, Baumeister (C‑15/16, im Folgenden: Urteil Baumeister, EU:C:2018:464), festgelegten Voraussetzungen seien nicht erfüllt, und drittens, die in Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 vorgesehenen Ausnahmen vom Grundsatz der Vertraulichkeit seien anwendbar.

172    Bevor das im Rahmen des ersten Klagegrundes angeführte Vorbringen geprüft wird, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die EZB in den drei angefochtenen Beschlüssen auf die Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 berufen hat. Im ersten angefochtenen Beschluss hat sich die EZB auf diese Vorschrift berufen, um den Zugang zu dem Dokument zu verweigern, das eine Übersicht über den (positiven oder negativen) Tagessaldo der Einlagen, d. h. sowohl der Abhebungen als auch der Einzahlungen, und Informationen über die Liquiditätsdeckungskapazität von Banco Popular ab dem 3. April 2017 enthält. Im zweiten angefochtenen Beschluss hat die EZB die Informationen über den Liquiditätsstatus und die Kapitalquoten von Banco Popular in den Schreiben des Gouverneurs der Bank von Spanien und dem Vorschlag des Direktoriums u. a. auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 geschwärzt. Im dritten angefochtenen Beschluss wird die Anwendung u. a. der genannten Vorschrift geltend gemacht, um den Zugang zur FOLTF‑Bewertung und zu den Dokumenten zu verweigern, die Banco Popular der EZB und der Bank von Spanien im Rahmen des SSM zwischen dem 1. und dem 6. Juni 2017 übermittelt hat.

173    Klarzustellen ist, dass mit dem zweiten angefochtenen Beschluss außerdem der Zugang zu weiteren Informationen, nämlich der Obergrenze für die Notfall-Liquiditätshilfe, der bewilligten Höhe dieser Hilfe und den gegebenen Garantien, verweigert wird, wobei diese Verweigerung nicht auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 gestützt worden ist. Wie im Rahmen der Prüfung des zweiten Klagegrundes festgestellt worden ist, wird die Verweigerung des Zugangs zu diesen Informationen rechtmäßig auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 gestützt.

1.      Erste Rüge: Die EZB habe auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 fälschlicherweise eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit angewandt

174    Im Rahmen ihrer ersten Rüge trägt die Klägerin vor, die EZB habe sich in den drei angefochtenen Beschlüssen zu Unrecht auf die Anwendung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit gestützt, um den Zugang zu den angeforderten Dokumenten zu verweigern. Eine solche Vermutung, die auf dem Umstand beruhe, dass die angeforderten Dokumente durch eine den Organen der Union obliegende Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses geschützt seien, bestehe im vorliegenden Fall nicht.

175    Auch wenn die Klägerin anerkennt, dass die Rechtsprechung in bestimmten festgelegten Fällen die Anwendung allgemeiner Vermutungen der Vertraulichkeit zugelassen hat, macht sie geltend, diese Rechtsprechung könne nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, da die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gemäß Art. 339 AEUV für alle Organe gelte, so dass, wenn der Logik der EZB gefolgt würde, jedes Dokument eines Unionsorgans stets von einer allgemeinen Vermutung erfasst werde, die sich gerade auf diese Pflicht stütze. Dadurch würden der Grundsatz der Transparenz und das Recht auf Zugang zu Dokumenten, das in Art. 41 der Charta vorgesehen sei, bedeutungslos.

176    Die EZB erwidert, dass im vorliegenden Fall eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gelte. Sie verweist insoweit auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts, die das Bestehen solcher Vermutungen in den Bereichen der staatlichen Beihilfen, der Fusionen und der Kartelle bereits anerkannt hat. Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Logik, nämlich die Notwendigkeit, das ordnungsgemäße Funktionieren der Verfahren in den besagten Bereichen sicherzustellen und zu gewährleisten, dass deren Ziele nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass das Zugangsrecht missbraucht wird, um die besonderen Vorschriften, die einen eingeschränkten Zugang zu den Akten vorsehen, zu umgehen, gilt nach Auffassung der EZB auch für den Bereich der Beaufsichtigung.

177    Im Unterschied zu wettbewerbsrechtlichen Verfahren, die einen Beginn hätten und durch eine Entscheidung abgeschlossen würden, sei die von ihr wahrgenommene Bankenaufsicht kontinuierlich. So würden die verschiedenen Risiken, die die beaufsichtigten Kreditinstitute darstellten, auf der Grundlage der von diesen regelmäßig bereitgestellten Informationen laufend ausgewertet. Während die in anderen Bereichen zugelassenen allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit im Wesentlichen die Integrität der besonderen Verwaltungsverfahren schützten, zielten die der EZB obliegenden Vertraulichkeitsverpflichtungen zudem ferner darauf ab, das Funktionieren des Bankenaufsichtsmechanismus insgesamt und damit die Stabilität der Finanzmärkte zu schützen.

178    Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen vertritt die EZB die Ansicht, Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 sei dahin auszulegen, dass er ihren Überwachungsakten einen Schutz biete, der dem Schutz, den der Gerichtshof im Bereich der Fusionskontrolle anerkannt habe, zumindest gleichwertig sei.

179    In diesem Zusammenhang tritt die EZB dem Argument der Klägerin entgegen, wonach jedes Dokument eines Unionsorgans stets von einer Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses erfasst werde, weil Art. 339 AEUV für alle Organe der Union gelte. Die ihr bei der Wahrnehmung ihrer Beaufsichtigungsaufgaben obliegende Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses spiegele die besondere Natur ihrer Aufsichtstätigkeiten wider. Diese Pflicht sei außerdem klar umrissen und hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs spezifisch. Folglich unterscheide sie sich von der in Art. 339 AEUV niedergelegten allgemeinen Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses. Darüber hinaus schlössen die durch Art. 339 AEUV und Art. 37 der Satzung des ESZB und der EZB auferlegten Pflichten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses nicht jede Verbreitung, sondern lediglich eine unrechtmäßige Weitergabe vertraulicher Informationen aus.

180    Zunächst ist festzustellen, dass die erste Rüge teilweise auf einem verfehlten Verständnis der angefochtenen Beschlüsse beruht. Auch wenn die Klägerin geltend macht, „die“ angefochtenen Beschlüsse verstießen gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258, weil die EZB die Verweigerung des Zugangs zu den angeforderten Dokumenten in diesen Beschlüssen mit der Anwendung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit begründet habe, beruhen in Wirklichkeit nämlich lediglich der erste und der dritte angefochtene Beschluss auf einer solchen Vermutung, was von der EZB in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist.

181    Der zweite angefochtene Beschluss, wie er oben in Rn. 172 in Erinnerung gerufen worden ist, stützt sich auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258, um den Zugang zu den Informationen über die Liquiditätssituation und die Kapitalquoten von Banco Popular zu verweigern. Wie die EZB in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, hat sie keine allgemeine Vermutung angewandt, um den Zugang zu diesen Informationen zu verweigern, sondern eine konkrete und individuelle Prüfung der vier Dokumente, zu denen sie einen teilweisen Zugang gewährt hat, vorgenommen, um festzustellen, ob die Informationen durch die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 vorgesehene Ausnahme geschützt waren. Dieser Ansatz steht im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach der Rückgriff auf eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit eine bloße Option für das betreffende Organ bzw. die betreffende Einrichtung oder sonstige Stelle der Union darstellt, dem bzw. der stets die Möglichkeit bleibt, eine konkrete und individuelle Prüfung der fraglichen Dokumente vorzunehmen (Urteil vom 22. Januar 2020, PTC Therapeutics International/EMA, C‑175/18 P, EU:C:2020:23, Rn. 61).

182    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung, mit der das Bestehen allgemeiner Vermutungen der Vertraulichkeit festgestellt worden ist, auf der Tatsache beruht, dass die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten nicht ohne Berücksichtigung der für den Zugang zu diesen Dokumenten geltenden besonderen Vorschriften ausgelegt werden können, wenn die Dokumente, auf die sich ein Zugangsantrag bezieht, in einen bestimmten Bereich des Unionsrechts fallen. Durch diese allgemeinen Vermutungen kann daher eine kohärente Anwendung rechtlicher Regelungen sichergestellt werden, die unterschiedliche Ziele verfolgen und den Vorrang des einen vor dem anderen nicht ausdrücklich vorsehen (vgl. Urteil vom 19. September 2018, Chambre de commerce et d’industrie métropolitaine Bretagne-Ouest [port de Brest]/Kommission, T‑39/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:560, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

183    Die Anwendung allgemeiner Vermutungen ist wesentlich durch die zwingende Notwendigkeit bedingt, das ordnungsgemäße Funktionieren der fraglichen Verfahren sicherzustellen und zu gewährleisten, dass deren Zweck nicht beeinträchtigt wird. Daher kann die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung darauf gestützt werden, dass der Zugang zu Dokumenten bestimmter Verfahren mit deren ordnungsgemäßem Ablauf unvereinbar ist und diese Verfahren zu beeinträchtigen droht, wobei davon auszugehen ist, dass die allgemeinen Vermutungen die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens ermöglichen, indem sie die Einflussnahme Dritter beschränken (vgl. Urteil vom 28. Mai 2020, Campbell/Kommission, T‑701/18, EU:T:2020:224, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

184    Da allgemeine Vermutungen daher eine Ausnahme von der Verpflichtung des betreffenden Unionsorgans, jedes Dokument, auf das sich ein Zugangsantrag bezieht, konkret und individuell zu prüfen, und ganz allgemein von dem Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu im Besitz der Unionsorgane befindlichen Dokumenten darstellen, sind sie eng auszulegen und anzuwenden (vgl. Urteile vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission, C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 28. Mai 2020, Campbell/Kommission, T‑701/18, EU:T:2020:224, Rn. 39).

185    Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob die EZB zu Recht eine auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 gestützte allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit angewandt hat.

186    Insoweit ist erstens zu bemerken, dass die EZB gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 den Zugang zu einem Dokument verweigern muss, durch dessen Verbreitung der Schutz der Vertraulichkeit von Informationen beeinträchtigt würde, die als vertrauliche Informationen „durch das Unionsrecht“ geschützt werden.

187    In Anbetracht des Wortlauts von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 ist festzustellen, dass eine auf diese Vorschrift gestützte allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit keinen klar und präzise umrissenen Anwendungsbereich hätte.

188    Was den vertraulichen Charakter von Informationen angeht, die es verdienen, als vertrauliche Informationen geschützt zu werden, hat Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258, indem er sich auf das Unionsrecht bezieht, nämlich keinen genauen Inhalt; seine Anwendung hängt von dem Verweis auf andere Rechtsvorschriften der Union ab, die für den Kontext gelten, in dem die Dokumente, für die der Zugang beantragt wird, erstellt worden sind.

189    Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 stellt daher einen Zusammenhang zwischen der Regelung für den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der EZB und den Regelungen über das Berufsgeheimnis her, denen die EZB und ihr Personal nach dem Unionsrecht unterliegen, womit sichergestellt werden soll, dass die EZB ihren Pflichten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses auch im Kontext von Anträgen auf Zugang zu ihren Dokumenten nachkommt.

190    Wird eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit anerkannt, die auf einer Vorschrift beruht, deren Anwendungsbereich nicht klar umrissen ist, genügt dies nicht den Erfordernissen der Rechtssicherheit, die zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört und gebietet, dass Rechtsvorschriften klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sind, damit sich die Betroffenen bei unter das Unionsrecht fallenden Tatbeständen und Rechtsbeziehungen orientieren können (Urteile vom 30. April 2019, Italien/Rat [Fangquoten für Schwertfisch im Mittelmeer], C‑611/17, EU:C:2019:332, Rn. 111, vom 25. November 2020, ACRE/Parlament, T‑107/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:560, Rn. 66, und vom 9. Dezember 2020, Adraces/Kommission, T‑714/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:591, Rn. 37). Die Einhaltung der sich aus diesem Grundsatz ergebenden Anforderungen ist umso wichtiger, wenn die in Rede stehenden Rechtsvorschriften nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. April 2019, Italien/Rat [Fangquoten für Schwertfisch im Mittelmeer], C‑611/17, EU:C:2019:332, Rn. 111, sowie vom 26. März 2020, Hungeod u. a., C‑496/18 und C‑497/18, EU:C:2020:240, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass eine Unionsregelung es den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, und dass sie ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können (Urteil vom 10. März 2009, Heinrich, C‑345/06, EU:C:2009:140, Rn. 44).

191    Die Bejahung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit, die auf eine Vorschrift gestützt wird, deren Anwendungsbereich nicht klar umrissen ist, liefe überdies der oben in Rn. 184 dargelegten Rechtsprechung zuwider, wonach Vermutungen eng auszulegen sind, da sie eine Ausnahme vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs darstellen.

192    Zweitens lässt sich die Anerkennung einer auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 gestützten allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit nicht mit dem Ansatz in Einklang bringen, den der Gerichtshof im Urteil Baumeister befürwortet hat.

193    In jenem Urteil, das nach dem Erlass der Beschlüsse ergangen ist, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, hat der Gerichtshof den in Art. 54 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. 2004, L 145, S. 1) enthaltenen Begriff der vertraulichen Informationen ausgelegt. Insoweit ist zu bemerken, dass Art. 54 der Richtlinie 2004/39 einen allgemeinen Grundsatz aufstellt, wonach die Weitergabe der den zuständigen Behörden vorliegenden vertraulichen Informationen verboten ist, und dass er die speziellen Fälle, in denen dieses allgemeine Verbot ausnahmsweise der Übermittlung oder Verwendung solcher Informationen nicht entgegensteht, abschließend aufführt (Urteil Baumeister, Rn. 38).

194    In Rn. 46 des Urteils Baumeister hat der Gerichtshof entschieden, dass weder alle Informationen, die das überwachte Unternehmen betreffen und von ihm an die zuständige Behörde übermittelt wurden, noch alle in der Überwachungsakte enthaltenen Äußerungen dieser Aufsichtsbehörde, einschließlich ihrer Korrespondenz mit anderen Stellen, ohne weitere Voraussetzungen vertrauliche Informationen darstellen, die von dem in Art. 54 der Richtlinie 2004/39 vorgesehenen Berufsgeheimnis gedeckt sind. Als vertraulich einzustufen sind nach Auffassung des Gerichtshofs hingegen die den zuständigen Behörden vorliegenden Informationen, die einerseits nicht öffentlich zugänglich sind und bei deren Weitergabe andererseits die Gefahr einer Beeinträchtigung der Interessen der natürlichen oder juristischen Person, die sie geliefert hat, oder der Interessen Dritter oder des ordnungsgemäßen Funktionierens des Systems zur Überwachung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen bestünde.

195    Die Parteien bestreiten nicht, dass die vom Gerichtshof im Urteil Baumeister vorgenommene Auslegung von Art. 54 der Richtlinie 2004/39 auf den vorliegenden Fall zu übertragen ist, da diese Vorschrift einen Wortlaut aufweist, der dem Wortlaut der Bestimmungen, auf die sich die EZB hier als das „Unionsrecht“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 berufen hat, nämlich Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 Abs. 3 der Richtlinie 2014/59, sehr ähnelt. Sowohl Art. 54 der Richtlinie 2004/39 als auch Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 Abs. 3 der Richtlinie 2014/59 erlegen den zuständigen Behörden nämlich ein Verbot auf, ihnen vorliegende „vertrauliche Informationen“ weiterzugeben, es sei denn in zusammengefasster oder allgemeiner Form, so dass die einzelnen Unternehmen nicht zu erkennen sind.

196    So setzt die Anwendung von Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/36 und von Art. 84 Abs. 3 der Richtlinie 2014/59 voraus, dass die EZB prüft, ob die beiden im Urteil Baumeister aufgestellten Voraussetzungen in Bezug auf jede Information erfüllt sind, zu der Zugang beantragt wird. Sind diese Voraussetzungen tatsächlich erfüllt, muss die EZB den Zugang zu den fraglichen Informationen verweigern. Die betreffenden Vorschriften belassen insoweit keinerlei Ermessensspielraum, wie der Gerichtshof in Rn. 43 des Urteils Baumeister bestätigt hat. Dieses Vorgehen erfordert notwendigerweise eine konkrete und individuelle Prüfung der einzelnen betroffenen Informationen, die nicht durch Anwendung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit umgangen werden kann.

197    Drittens ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 genannte Ausnahme eine sogenannte „absolute“ Ausnahme darstellt. Im Unterschied zu Ausnahmen, deren Anwendung eine Abwägung der in Rede stehenden Interessen voraussetzt, ist die Anwendung einer absoluten Ausnahme zwingend, sofern die öffentliche Verbreitung des betreffenden Dokuments geeignet ist, die durch Art. 4 Abs. 1 Buchst. c geschützten Interessen zu beeinträchtigen.

198    Nach ständiger Rechtsprechung schließt die Anwendung einer allgemeinen Vermutung nicht die Möglichkeit aus, darzulegen, dass diese Vermutung für ein bestimmtes Dokument, um dessen Verbreitung ersucht wird, nicht gilt, oder dass gemäß Art. 4 Abs. 2 letzter Halbsatz der Verordnung Nr. 1049/2001 ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des betreffenden Dokuments besteht (Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 62; vgl. auch Urteile vom 11. Mai 2017, Schweden/Kommission, C‑562/14 P, EU:C:2017:356, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 28. Mai 2020, Campbell/Kommission, T‑701/18, EU:T:2020:224, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

199    Die Tatsache, dass eine allgemeine Vermutung nach der oben in Rn. 198 angeführten Rechtsprechung durch den Nachweis eines überwiegenden öffentlichen Interesses widerlegt werden kann, steht jedoch im Widerspruch zu der Tatsache, dass die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 genannte Ausnahme eine sogenannte „absolute“ Ausnahme ist und somit keine Abwägung mit einem solchen überwiegenden Interesse vorsieht.

200    Es sei auch darauf hingewiesen, dass der Rückgriff auf eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit, wie oben in Rn. 181 dargelegt worden ist, eine bloße Option für das betreffende Organ bzw. die betreffende Einrichtung oder sonstige Stelle der Union darstellt, dem bzw. der stets die Möglichkeit bleibt, eine konkrete und individuelle Prüfung der fraglichen Dokumente vorzunehmen (Urteil vom 22. Januar 2020, PTC Therapeutics International/EMA, C‑175/18 P, EU:C:2020:23, Rn. 61).

201    Wie die EZB in Rn. 94 der Klagebeantwortung vorträgt, handelt es sich bei den Informationen, zu denen im ersten und im dritten angefochtenen Beschluss der Zugang verweigert worden ist, unter Berücksichtigung der unten in den Rn. 228, 271 und 302 getroffenen Feststellungen im vorliegenden Fall jedenfalls um „vertrauliche Informationen“, die in den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 fallen – unabhängig von der Frage, ob auf diese Informationen eine allgemeine Vermutung angewandt wird oder nicht.

202    Wie die Prüfung der ersten Rüge des ersten Klagegrundes auch immer ausgehen mag: Diese Rüge kann die Rechtmäßigkeit des ersten und des dritten angefochtenen Beschlusses folglich nicht in Frage stellen, da die in Rede stehenden Informationen in Anbetracht der Zurückweisung der zweiten und der dritten Rüge des ersten Klagegrundes gleichwohl von der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 vorgesehenen Ausnahme erfasst werden.

203    Selbst wenn unterstellt wird, dass die EZB im ersten und im dritten angefochtenen Beschluss irrtümlich eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit hat anwenden wollen, muss die erste Rüge des ersten Klagegrundes daher als ins Leere gehend zurückgewiesen werden.

2.      Zweite Rüge: Die angeforderten Informationen seien keine vertraulichen Informationen

204    Im Rahmen der zweiten Rüge wirft die Klägerin der EZB zum einen vor, den Zugang zu Informationen aus dem öffentlichen Bereich verweigert zu haben. Zum anderen macht die Klägerin geltend, die EZB habe den Schaden, den der Zugang zu den angeforderten Dokumenten sowohl für die geschäftlichen Interessen von Banco Popular und von Banco Santander als auch für das ordnungsgemäße Funktionieren des Aufsichtssystems verursachen könne, nicht in rechtlich hinreichender Weise präzisiert.

205    Mit diesem Vorbringen wird im Wesentlichen die Frage aufgeworfen, ob die angeforderten Dokumente vertrauliche Informationen im Sinne von Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 Abs. 3 der Richtlinie 2014/59 enthalten.

206    Somit ist zu prüfen, ob die angeforderten Dokumente vertrauliche Informationen enthalten, nämlich Informationen, die einerseits nicht öffentlich zugänglich sind und bei deren Weitergabe andererseits die Gefahr einer Beeinträchtigung der Interessen der natürlichen oder juristischen Person, die sie geliefert hat, oder der Interessen Dritter oder des ordnungsgemäßen Funktionierens des Aufsichtssystems bestünde (vgl. entsprechend Urteil Baumeister, Rn. 46). Diese beiden Voraussetzungen sollen nacheinander geprüft werden.

a)      Öffentliche Zugänglichkeit der angeforderten Informationen

207    In der Klageschrift trägt die Klägerin vor, dem Markt seien die meisten Informationen über die Abwicklung von Banco Popular in zusammengefasster oder indirekter Form bereits bekannt gewesen, da zum einen Informationen in der Presse erschienen seien und zum anderen die börsennotierten Banken zahlreichen Transparenzverpflichtungen unterlägen. So habe der Markt bereits gewusst, dass Banco Popular Liquiditätsprobleme gehabt habe, die zu ihrer Abwicklung geführt hätten. Die Angabe von Einzelheiten zur Abwicklung ändere nicht die Wahrnehmung des Marktes von den Geschehnissen.

208    In ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen der Kommission und von Banco Santander nimmt die Klägerin auf zahlreiche Presseartikel Bezug und legt mehrere Artikel über die von Banco Popular beantragte Notfall-Liquiditätshilfe und ihren Liquiditätsstatus vor, die beweisen sollen, dass diese Daten öffentlich zugänglich sind.

209    In derselben Stellungnahme stellt die Klägerin im Wesentlichen fest, dass Banco Santander die angeforderten Informationen selbst nicht als vertraulich ansehe. Die Klägerin macht insoweit geltend, Banco Popular habe in ihren Jahres- und Quartalsberichten bestimmte Daten zu den kurzfristigen Kennzahlen und auch das Kredit-Einlagen-Verhältnis, das einer der Indikatoren für ihre Liquidität sei, veröffentlicht. Außerdem habe die Asociación Española de Banca (spanischer Bankenverband, im Folgenden: AEB) die Vermögensbilanz der einzelnen Banken, in der die Höhe der Einlagen und die Höhe der Kredite enthalten seien, monatlich veröffentlicht. Diese Daten ermöglichten eine Berechnung des Kredit-Einlagen-Verhältnisses. Banco Santander erläutere nicht, weshalb die Daten öffentlich zugänglich sein könnten, während andere Liquiditätsindikatoren, zu denen sie Zugang beantragt habe, vertraulich bleiben müssten.

210    Nach Auffassung der EZB ist dieses Vorbringen unzulässig oder zumindest unbegründet. Die EZB bestreitet, dass die Informationen, zu denen sie auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 den Zugang verweigert hat, zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse zum öffentlichen Bereich gehörten. Darüber hinaus macht sie geltend, der Klägerin sei es nicht gelungen, die Informationen zu identifizieren, auf die sich ihr Vorbringen beziehe.

211    In Beantwortung des Vortrags der EZB hat die Klägerin ihr Vorbringen präzisiert und weitere Dokumente zu dessen Stützung vorgelegt. So verweist die Klägerin – was die Dokumente angeht, auf die sich der dritte angefochtene Beschluss bezieht – erstens auf einen Anhang, der Presseartikel enthält, in denen von der Existenz und vom Inhalt des Schreibens die Rede ist, das Banco Popular der EZB am 6. Juni 2017 übersandt hat. Zweitens stellt die Klägerin in Bezug auf die Dokumente „über die Liquidität von Banco Popular“, die Gegenstand des ersten angefochtenen Beschlusses sind, fest, dass diese Informationen entweder im Jahres- und im Quartalsbericht von Banco Popular oder innerhalb des AEB, der Banco Popular angehöre, zur Publikation veröffentlicht worden seien. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf die Dokumente, die sie ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz der Kommission beigefügt hat. Drittens bezieht sich die Klägerin – was die Daten über die Bewilligung der Notfall-Liquiditätshilfe betrifft, die Gegenstand des zweiten angefochtenen Beschlusses sind – auf die Anhänge, die sie mit ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen der Kommission und von Banco Santander vorgelegt hatte, und hat weitere Presseartikel beigefügt, die ihrer Ansicht nach die öffentliche Zugänglichkeit dieser Daten untermauern.

212    Als Erstes ist zu bemerken, dass sich die EZB zur Begründung ihrer Verweigerung des Zugangs zu den Informationen über die Obergrenze für die ELA, deren tatsächlich bewilligte Höhe und die gegebenen Garantien nicht auf die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 vorgesehene Ausnahme berufen hat (vgl. insoweit oben, Rn. 89). Sofern sich das im Rahmen der vorliegenden Rüge angeführte Vorbringen der Klägerin auf diese Informationen bezieht, muss es als ins Leere gehend zurückgewiesen werden.

213    Als Zweites sei darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung gemäß Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung die Klageschrift eine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten muss. Diese Darstellung muss so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Grund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Verfahrensordnung nicht entspricht. Entsprechende Anforderungen gelten für ein zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachtes Argument (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juni 2018, Winkler/Kommission, T‑369/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:334, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 13. Mai 2020, Peek & Cloppenburg/EUIPO – Peek & Cloppenburg [Peek & Cloppenburg], T‑446/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:187, Rn. 29).

214    Zwar kann der Text der Klageschrift zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach den oben genannten Vorschriften in der Klageschrift enthalten sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

215    Daher ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, da diese eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion haben (vgl. Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 24. Februar 2021, Universität Koblenz-Landau/EACEA, T‑606/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:105, Rn. 61).

216    In Anbetracht der vorstehend angeführten Rechtsprechung ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin nicht genügen kann, um den Vortrag der EZB, wonach die angeforderten Informationen zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse nicht zum öffentlichen Bereich gehörten, wirksam in Frage zu stellen. Die Klägerin hat nämlich nichts Konkretes vorgetragen, das geeignet wäre, ihr Vorbringen zu untermauern, so dass das Gericht nicht in der Lage ist, dessen Richtigkeit zu überprüfen. So präzisiert die Klägerin im Text ihrer Schriftsätze nicht, welche Informationen genau sie für öffentlich zugänglich hält, und beschränkt sich auf einen allgemeinen Verweis auf etwa zehn Anhänge, die insgesamt mehr als 1 000 Seiten ausmachen. Die Klägerin gibt nicht an, welche Passagen in den Anhängen konkret den Nachweis ermöglichen sollen, dass eine der angeforderten Informationen zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse öffentlich zugänglich war.

217    Als Drittes ist festzuhalten, dass, wie die EZB zu Recht vorträgt, diese nicht verpflichtet sein kann, die von den betreffenden Kreditinstituten, den zuständigen nationalen Behörden oder der Presse unternommenen Initiativen zur Veröffentlichung zu überwachen.

218    So hat der Gerichtshof in Rn. 56 seines Urteils vom 19. Dezember 2019, EZB/Espírito Santo Financial (Portugal) (C‑442/18 P, EU:C:2019:1117), im Wesentlichen ausgeführt, dass die Vertraulichkeit bestimmter Informationen geltend gemacht werden kann, sofern die EZB diese Informationen nicht veröffentlicht hat, und der Umstand, dass Dritte ungefähre Informationen veröffentlicht haben, als solcher nicht geeignet ist, eine Pflicht der EZB zur Mitteilung dieser Informationen zu begründen. Selbst wenn die von der Klägerin erwähnten Presseartikel Informationen enthielten, die den in den angeforderten Dokumenten enthaltenen Informationen stark ähnelten, würde dieser Umstand folglich keine Verpflichtung der EZB mit sich bringen, Zugang zu ihnen zu gewähren.

219    Außerdem kann die unerlaubte Weitergabe eines Dokuments nicht zur Folge haben, dass ein Dokument, das unter eine der in Art. 4 des Beschlusses 2004/258 vorgesehenen Ausnahmen fällt, öffentlich zugänglich gemacht wird (vgl. entsprechend Urteil vom 25. Oktober 2013, Beninca/Kommission, T‑561/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:558, Rn. 55).

220    Als Viertes lässt eine Lektüre der angeforderten Dokumente den Schluss zu, dass die darin enthaltenen Informationen nur einer beschränkten Zahl von Personen bekannt und daher nicht öffentlich zugänglich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Mai 2006, Bank Austria Creditanstalt/Kommission, T‑198/03, EU:T:2006:136, Rn. 71).

221    Was erstens die FOLTF‑Bewertung angeht, so erlaubt die Lektüre ihrer vollständigen Fassung die Feststellung, dass die Auszüge, zu denen der Zugang verweigert worden ist, im Wesentlichen Finanzinformationen über die Kapital- und Liquiditätssituation von Banco Popular in den Wochen vor Abfassung der FOLTF‑Bewertung enthalten. Wie die EZB in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, handelt es sich um Daten, die weder vom betreffenden Kreditinstitut noch von der nationalen Zentralbank oder der EZB regelmäßig oder üblicherweise veröffentlicht werden, sondern vielmehr um Informationen, nach denen speziell gesucht worden ist, um zu prüfen, ob das beaufsichtigte Kreditinstitut die in der Richtlinie 2013/36 vorgesehenen Zulassungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt.

222    Was zweitens das Schreiben betrifft, das Banco Popular der EZB am 6. Juni 2017 übersandt hat, so macht die Klägerin geltend, dass die Existenz und der Inhalt dieses Schreibens in den von ihr vorgelegten Presseartikeln zwar erwähnt würden, die Angaben aber sehr allgemein seien und keine im Schreiben enthaltenen Daten offenlegten.

223    Was drittens das Dokument angeht, das Gegenstand des ersten angefochtenen Beschlusses ist, nämlich die Übersicht über den Tagessaldo der Einlagen von Banco Popular ab dem 3. April 2017, so ist festzustellen, dass es, wie die EZB in besagtem Beschluss erläutert, Informationen enthält, die ihr üblicherweise nicht übermittelt werden, sie aber am 3. April 2017 ausnahmsweise mit der Sammlung dieser Informationen begonnen hat. Die EZB fügt hinzu, dass das Dokument im Kontext der Beaufsichtigung von Banco Popular im Hinblick auf die Vorbereitung der FOLTF‑Bewertung präpariert worden sei.

224    Nichts in der Argumentation der Klägerin lässt den Schluss zu, dass diese von der EZB ausnahmsweise gesammelten Informationen zum Zeitpunkt des Erlasses des ersten angefochtenen Beschlusses öffentlich zugänglich waren. Die Klägerin macht lediglich geltend, Banco Popular und der AEB hätten bestimmte Daten veröffentlicht, die eine Berechnung „der Indikatoren für die Liquidität von Banco Popular“ ermöglichten. Sie frage sich jedoch, weshalb „andere Indikatoren, für die [sie] um Zugang ersucht, vertraulich sind“. Weit davon entfernt, einen Anfangsbeweis dafür zu erbringen, dass die Informationen, zu denen sie Zugang begehrt, öffentlich zugänglich sind, bestätigt die Klägerin somit vielmehr, dass sich diese Informationen nicht im öffentlichen Bereich befinden.

225    Was viertens die Informationen betrifft, zu denen die EZB im zweiten angefochtenen Beschluss auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 den Zugang verweigert hat, nämlich die Informationen über den Liquiditätsstatus und die Kapitalquoten von Banco Popular, so ist festzustellen, dass die drei Dokumente, die diese Informationen enthalten, zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen innerhalb des EZB-Rates bestimmt sind. Sie sind daher naturgemäß dazu bestimmt, nur einer beschränkten Zahl von Personen bekannt zu sein.

226    Als Fünftes kann die Klägerin auch aus dem Vorbringen nichts herleiten, wonach Banco Santander selbst eingeräumt habe, dass die angeforderten Informationen nicht vertraulich seien, da sich diese Bank in ihren Kontakten mit den Organen lediglich der Weitergabe bestimmter spezifischer Informationen, die ihren geschäftlichen Interessen schaden könnten, nämlich von Kundendaten und Daten zu den Folgen des Abwicklungskonzepts für die Joint-Venture-Vereinbarungen sowie über die Einzelheiten und die Bewertung der Politik zur Bilanzierung der rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit Banco Popular vom 6. Juni 2017, widersetzt hat.

227    Wie Banco Santander in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, haben die in Bezug genommenen Kontakte nämlich im Rahmen von Verfahren für den Zugang zu Dokumenten vor dem SRB stattgefunden und sollen nicht die im Besitz der EZB befindlichen und von dieser verwendeten Informationen betreffen. Außerdem macht Banco Santander in ihrem Streithilfeschriftsatz entgegen dem Vorbringen der Klägerin ausdrücklich geltend, sie gehe davon aus, dass die im vorliegenden Fall angeforderten Informationen zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse vertraulich gewesen seien.

228    Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist der Schluss zu ziehen, dass den Akten kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen ist, dass die Informationen, zu denen auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 der Zugang verweigert worden ist, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse zum öffentlichen Bereich gehörten.

b)      Gefahr einer Beeinträchtigung der Interessen der natürlichen oder juristischen Person, die die angeforderten Informationen geliefert hat, oder der Interessen Dritter oder des ordnungsgemäßen Funktionierens des Aufsichts- und Abwicklungssystems

229    Nach der zweiten Voraussetzung, die der Gerichtshof im Urteil Baumeister für die Anerkennung der Vertraulichkeit bestimmter Informationen aufgestellt hat, muss geprüft werden, ob bei deren Weitergabe die Gefahr einer Beeinträchtigung der Interessen der natürlichen oder juristischen Person, die sie geliefert hat, oder der Interessen Dritter oder des ordnungsgemäßen Funktionierens des Aufsichts- und Abwicklungssystems bestünde (Urteil Baumeister, Rn. 46). Das Vorbringen der Klägerin zu dieser Voraussetzung lässt sich in zwei Teile einteilen.

1)      Erster Teil: Die Verbreitung der angeforderten Dokumente beeinträchtige nicht die Interessen der Person, die die darin enthaltenen Informationen geliefert habe, oder die Interessen Dritter

230    Als Erstes macht die Klägerin geltend, aufgrund der Art der angeforderten Informationen könne deren Weitergabe weder die geschäftlichen Interessen von Banco Popular noch die von Banco Santander spürbar beeinträchtigen.

231    Insoweit stellt die Klägerin zunächst fest, dass die in Rede stehenden Informationen der Vergangenheit angehörten. Einem der Klageschrift als Anhang beigefügten Wirtschaftsbericht zufolge seien für den Markt und die Finanzmarktinstitute jedoch nur aktuelle und zukünftige Daten relevant. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Finanzsektors, in dem sich Informationen schnell übertragen ließen und die Wirtschaftsteilnehmer schnell Schlussfolgerungen aus dem zögen, was sie für relevante Informationen hielten, seien Informationen rasch veraltet und daher für den Markt nutzlos. Dies sei gerade bei den Informationen über die gegebenen Garantien, den Liquiditätsstatus und die Kapitalquoten von Banco Popular sowie deren Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall der Fall. Auch wenn diese Informationen in geschäftlicher Hinsicht normalerweise sensibel seien, hätten sie für den Finanzmarkt oder die Wettbewerber keine Bedeutung mehr, da sie aus der Zeit vor der Abwicklung von Banco Popular stammten und somit nicht mehr deren gegenwärtige Situation widerspiegelten. Alle zeitlich früheren Informationen seien daher nicht mehr aktuell und könnten nicht als vertraulich angesehen werden.

232    Die Klägerin macht darüber hinaus geltend, die Rechtsprechung folge bei der Prüfung des historischen Charakters von Informationen einem kasuistischen Ansatz. Auch wenn im Urteil Baumeister eine widerlegbare Vermutung für den historischen Charakter bestimmter mehr als fünf Jahre alter Informationen aufgestellt worden sei, könne aus diesem Urteil nicht abgeleitet werden, dass Informationen, die weniger als fünf Jahre alt seien, keinesfalls als nicht mehr aktuelle Informationen eingestuft werden könnten.

233    Zunächst ist die Rechtmäßigkeit eines Unionsrechtsakts nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV anhand des Sachverhalts und der Rechtslage zu beurteilen, die zur Zeit des Erlasses des Aktes bestanden (vgl. Urteile vom 28. Januar 2021, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission, C‑466/19 P, EU:C:2021:76, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 4. Juni 2015, Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein/EZB, T‑376/13, EU:T:2015:361, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Baumeister, Rn. 50). Wie Banco Santander zu Recht bemerkt, ist der vom Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verweigerung des Zugangs zu den angeforderten Informationen durch die EZB zu berücksichtigende Zeitpunkt somit der Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse, nämlich der 7. November 2017.

234    Folglich kann das Vorbringen der Klägerin, wonach die angeforderten Informationen für den Finanzmarkt oder die Wettbewerber nicht mehr relevant seien, da sie aus der Zeit vor der Abwicklung von Banco Popular stammten und somit nicht mehr deren gegenwärtige Situation widerspiegelten, keinen Erfolg haben.

235    Sodann hat der Gerichtshof in Rn. 54 des Urteils Baumeister ausgeführt, dass Informationen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt möglicherweise Geschäftsgeheimnisse waren, wenn sie mindestens fünf Jahre alt sind, aufgrund des Zeitablaufs grundsätzlich als nicht mehr aktuell und deshalb als nicht mehr vertraulich anzusehen sind, es sei denn, die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit beruft, weist ausnahmsweise nach, dass die Informationen trotz ihres Alters immer noch wesentliche Bestandteile ihrer eigenen wirtschaftlichen Stellung oder der von betroffenen Dritten sind.

236    In diesem Zusammenhang macht Banco Santander geltend, ohne dass die anderen Verfahrensbeteiligten dem widersprechen, dass die angeforderten Informationen hauptsächlich aus der Zeit unmittelbar vor der Abwicklung und in bestimmten Fällen von Anfang 2017 stammten.

237    Folglich waren die angeforderten Informationen zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse höchstens einige Monate alt und konnten unter Berücksichtigung der oben in den Rn. 233 und 235 erwähnten Kriterien somit nicht als nicht mehr aktuelle Informationen angesehen werden.

238    Die vorstehende Feststellung kann nicht durch das Argument der Klägerin in Frage gestellt werden, wonach nichts im Urteil Baumeister darauf hindeute, dass Informationen, die weniger als fünf Jahre alt seien, keinesfalls als nicht mehr aktuelle Informationen eingestuft werden könnten, und ein kasuistischer Ansatz geboten sei. Insbesondere in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die angeforderten Informationen die wirtschaftliche Stellung eines Kreditinstituts betreffen, für das ein Abwicklungskonzept gilt, regt die Klägerin an, diese Informationen nach der Annahme des Abwicklungsinstruments automatisch als nicht mehr aktuell zu betrachten.

239    Es kann jedoch nicht hingenommen werden, dass sich aus der Verabschiedung eines Abwicklungskonzepts eine neue Vermutung ergibt, wonach Informationen über die wirtschaftliche Stellung des Kreditinstituts, für das das Abwicklungskonzept gilt, automatisch nicht mehr aktuell sind. Ein solcher Ansatz würde die Anwendung der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 Abs. 3 der Richtlinie 2014/59 genannten Ausnahme grundsätzlich ausschließen.

240    Wie die EZB, die Kommission und Banco Santander zu Recht bemerken, ist Banco Popular als Teil der Banco-Santander-Gruppe nach dem 7. Juni 2017 weiter tätig gewesen, und zwar bis zum 28. April 2018 – dem Zeitpunkt, zu dem sie Gegenstand einer Verschmelzung durch Aufnahme mit Banco Santander gewesen ist.

241    Einer der Gründe für den Beschluss des SRB, für Banco Popular ein Abwicklungskonzept zu verabschieden, war nämlich die Sicherstellung der Kontinuität ihrer kritischen Funktionen gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014. So hat der Verkauf an Banco Santander es Banco Popular ermöglicht, als Mitglied der Santander-Gruppe weiterhin unter normalen Marktbedingungen zu funktionieren.

242    Folglich durfte die EZB davon ausgehen, dass die Weitergabe des Tagessaldos der Einlagen von Banco Popular ab dem 3. April 2017, der Liquiditätssituation und der Kapitalquoten von Banco Popular, der Informationen über die Marktstellung von Banco Popular, ihrer Aktiva und Passiva sowie der Beurteilung der Auswirkungen der Liquiditätssituation von Banco Popular auf die Finanzierung und die operative Struktur ihrer Tochtergesellschaft Banco Popular Portugal trotz der Anwendung eines Abwicklungsinstruments die Interessen von Banco Popular oder die ihrer Muttergesellschaft zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse beeinträchtigen konnte.

243    Als Zweites trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, der EZB sei es nicht gelungen, darzutun, dass die Weitergabe der angeforderten Informationen die geschäftlichen Interessen von Banco Santander und von Banco Popular konkret und tatsächlich beeinträchtigen könne. Die Klägerin vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die Begründung der angefochtenen Beschlüsse sei sehr allgemein und könne auf jede beliebige Bank Anwendung finden. Sie führt weiter aus, die EZB habe der Abwicklung von Banco Popular und dem außergewöhnlichen Charakter der Situation zu wenig Rechnung getragen.

244    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin förmlich keinen Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht vorgebracht hat. Ausweislich ihrer Schriftsätze scheint die Klägerin vielmehr mit der von der EZB gegebenen Begründung nicht einverstanden zu sein.

245    Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Begründungspflicht ein wesentliches Formerfordernis dar, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit der streitigen Handlung gehört. Die Begründung einer Entscheidung soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen sie beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung, nicht aber deren Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, zureichend sein kann. Daraus folgt, dass die Rügen und Argumente, die die Begründetheit eines Rechtsakts in Frage stellen sollen, im Rahmen eines Rechtsmittelgrundes, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, unerheblich sind (vgl. Urteile vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 29. April 2020, Tilly-Sabco/Rat und Kommission, T‑707/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:160, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

246    Im ersten angefochtenen Beschluss führt die EZB aus, die Verbreitung des angeforderten Dokuments habe nachteilige Folgen für das betreffende Kreditinstitut, da dieses nicht mehr darauf vertrauen könne, dass die Informationen, die es der EZB für deren Aufsichtszwecke geliefert habe, vertraulich blieben. Im Beschluss heißt es weiter, dass die Bestimmungen über die Vertraulichkeit ungeachtet der Tatsache Anwendung fänden, dass für eine Bank ein Abwicklungskonzept erarbeitet worden sei.

247    Im zweiten angefochtenen Beschluss hat die EZB in Bezug auf die Informationen über die Liquiditätssituation und die Kapitalquoten von Banco Popular erläutert, dass deren Weitergabe einen Anreiz für die Marktakteure biete, über die Liquiditätssituation und den Finanzierungsbedarf von Banco Santander zu spekulieren, was mithin zu einem ungerechtfertigten Finanzierungsdruck führen könne.

248    Im dritten angefochtenen Beschluss hat die EZB festgestellt, dass die angeforderten Informationen die wirtschaftliche Stellung von Banco Santander auf dem Markt einerseits und deren Aktiva und Passiva andererseits beträfen, und sich eine Weitergabe dieser Informationen negativ auf die geschäftlichen Interessen von Banco Popular und von Banco Santander auswirken könne. Insbesondere die Beurteilung der Auswirkungen der Liquiditätssituation von Banco Popular auf die Finanzierung und die operative Struktur ihrer Tochtergesellschaft Banco Popular Portugal sei unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten sensibel und könne zu ungerechtfertigten Spekulationen über die Finanz- und Liquiditätssituation der Gruppe führen. Im Beschluss heißt es weiter, dass die Bestimmungen über das Berufsgeheimnis ungeachtet der Tatsache Anwendung fänden, dass eine Bank abgewickelt worden sei.

249    Daher durfte die EZB davon ausgehen, dass die Informationen, zu denen sie auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 den Zugang verweigert hat, die Interessen von Banco Popular und von Banco Santander zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse konkret und tatsächlich beeinträchtigen konnten. Der Umstand, dass die angefochtenen Beschlüsse nur eine sehr knappe Begründung zu der Frage enthalten, weshalb eine solche Beeinträchtigung trotz der Anwendung eines Abwicklungsinstruments auf Banco Popular angenommen werden konnte, ändert nichts an dieser Feststellung.

250    Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist der erste Teil, mit dem geltend gemacht wird, durch die Weitergabe der angeforderten Informationen entstehe kein Schaden für die Interessen von Banco Popular oder von Banco Santander, zurückzuweisen.

2)      Zweiter Teil: Die Verbreitung der angeforderten Dokumente beeinträchtige nicht das ordnungsgemäße Funktionieren des Aufsichtssystems

251    Bevor mit der Prüfung des von der Klägerin angeführten Vorbringens begonnen wird, sind die oben in den Rn. 157 bis 162 dargelegten Erwägungen in Erinnerung zu rufen.

252    Wie die Kommission zu Recht vorträgt, ist die Rechtsprechung, wonach die EZB bei der Feststellung, ob die Weitergabe bestimmter Informationen einem öffentlichen Interesse wie dem in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2004/258 genannten schaden könnte, über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, auf die Beurteilung zu übertragen, die die EZB im Rahmen der Anwendung der zweiten Voraussetzung des Urteils Baumeister vorzunehmen hat. Die Bewertung der Gefahr einer Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Funktionierens des Aufsichts- und Abwicklungssystems entspricht nämlich der Bewertung der Gefahr einer Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses.

253    Darüber hinaus weist die von der EZB vorzunehmende Beurteilung der Frage, ob die Verbreitung bestimmter Dokumente den Schutz des ordnungsgemäßen Funktionierens des Aufsichts- und Abwicklungssystems beeinträchtigen würde, nach der oben in Rn. 159 in Erinnerung gerufenen Rechtsprechung einen komplexen und diffizilen Charakter auf, der ganz besondere Vorsicht erforderlich macht.

254    Außerdem sind die vom Gerichtshof im Urteil Baumeister für die Beurteilung einer Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Funktionierens des Systems zur Überwachung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen aufgestellten Kriterien, die im Aufsichts- und Abwicklungskontext entsprechend gelten, sehr allgemein, wie es von der oben in Rn. 160 dargelegten Rechtsprechung verlangt wird.

255    Daraus folgt zum einen, dass sich die in diesem Rahmen vorzunehmende Rechtmäßigkeitskontrolle des Gerichts auf die in der oben in Rn. 161 angeführten Rechtsprechung vorgesehene Kontrolle beschränkt, und zum anderen, dass der Einhaltung der Verpflichtung der EZB, ihre Entscheidungen in rechtlich hinreichender Weise zu begründen, grundsätzlich eine umso größere Bedeutung zukommt (vgl. insoweit oben, Rn. 162).

256    Im vorliegenden Fall hat die EZB im ersten angefochtenen Beschluss ausgeführt, das Dokument mit den Informationen über den Tagessaldo der Einlagen von Banco Popular sei Teil der Verwaltungsakte, die sich auf die kontinuierliche Aufsicht über Banco Popular beziehe, und der abschließenden Prüfung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular.

257    Im zweiten angefochtenen Beschluss hat die EZB festgestellt, dass die Klägerin die im Beschluss LS/PT/2017/66 vom 11. August 2017 vorgenommene Analyse, wonach das mit „Emergency liquidity assistance request from Banco de España“ überschriebene Dokument vom 5. Juni 2017 Informationen über den Liquiditätsstatus und die Kapitalquoten von Banco Popular enthalte, nicht beanstandet habe. Sie hat sodann erläutert, dass ihr diese Informationen von Banco Popular im Kontext der kontinuierlichen Aufsicht geliefert worden seien.

258    In Bezug auf die vollständige Fassung der FOLTF‑Bewertung und die von Banco Popular vorgelegte Dokumentation betreffend u. a. deren Kapitalausstattung und Liquiditätsstatus sowie die anderen Voraussetzungen für ihre weitere Zulassung hat die EZB im dritten angefochtenen Beschluss erläutert, dass diese Dokumente Teil von Verwaltungsakten seien, die sich auf die kontinuierliche Aufsicht und das Verfahren der FOLTF‑Bewertung bezögen. Der EZB zufolge dienten diese Verwaltungsakten der Erfüllung ihrer Aufgaben als zuständige Aufsichtsbehörde, die in der Verordnung Nr. 1024/2013 geregelt sind.

259    In allen drei angefochtenen Beschlüssen hat die EZB außerdem dargelegt, dass sie bei der Wahrnehmung der ihr durch die Verordnung Nr. 1024/2013 übertragenen Aufgaben an Pflichten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gebunden sei. Dabei hat sie die anwendbaren Rechtsvorschriften angeführt und den Inhalt der ihr obliegenden Geheimhaltungspflicht präzisiert; zudem hat sie festgestellt, dass die Ausnahmen von dieser Pflicht im vorliegenden Fall nicht anwendbar seien.

260    Die EZB hat daraus geschlossen, dass die Weitergabe vertraulicher Informationen aus einer Beaufsichtigung sowohl dem unmittelbar betroffenen Kreditinstitut als auch dem Bankwesen im Allgemeinen schaden könne, da Banken nicht mehr darauf vertrauen könnten, dass die Informationen, die sie der EZB im Rahmen der Beaufsichtigung geliefert hätten, vertraulich blieben.

261    Im ersten und im dritten angefochtenen Beschluss hat die EZB in diesem Zusammenhang auf die Urteile vom 11. Dezember 1985, Hillenius (110/84, EU:C:1985:495, Rn. 27), sowie vom 12. November 2014, Altmann u. a. (C‑140/13, EU:C:2014:2362, Rn. 31 bis 33), verwiesen. Die EZB hat darin weiter ausgeführt, dass die Abwicklung von Banco Popular deren Status als beaufsichtigtes Unternehmen nicht geändert habe, so dass die Geheimhaltungsvorschriften weiterhin für sie gelten würden.

262    Die EZB hat daher erläutert, weshalb die in den angeforderten Dokumenten enthaltenen Informationen ihrer Ansicht nach des Schutzes bedurften, indem sie geltend gemacht hat, die Verbreitung dieser Dokumente schade u. a. dem Bankwesen im Allgemeinen.

263    Die vorstehenden Schlussfolgerungen werden durch das Vorbringen der Klägerin nicht entkräftet.

264    Zum einen ist nämlich das Argument der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Begründung allgemein und stereotyp sei. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich als unmöglich erweisen kann, die Gründe für die Verweigerung des Zugangs zu jedem einzelnen Dokument oder hier zu jeder einzelnen Information in den Dokumenten anzugeben, ohne den Inhalt dieses Dokuments oder eines wesentlichen Bestandteils davon bekannt zu machen und damit die wesentliche Zweckbestimmung der Ausnahme zu verfehlen. Im vorliegenden Fall wäre mit einer umfassenderen und individuelleren Darstellung des Inhalts des angeforderten Dokuments angesichts dessen, dass es vollständig unter die Ausnahmeregelungen hinsichtlich des öffentlichen Interesses in Bezug auf das ordnungsgemäße Funktionieren des Aufsichts- und Abwicklungssystems fällt, die Vertraulichkeit von Informationen aufs Spiel gesetzt worden, die vertraulich zu bleiben haben (vgl. entsprechend Urteil vom 26. April 2005, Sison/Rat, T‑110/03, T‑150/03 und T‑405/03, EU:T:2005:143, Rn. 84).

265    Zum anderen ist das Argument zurückzuweisen, mit dem geltend gemacht wird, die Weitergabe von Informationen wie den Liquiditätsquoten stelle auf keinen Fall einen Präzedenzfall dar, wonach diese Art von Informationen in Zukunft dem Markt offengelegt werde, da die Abwicklung von Banco Popular Ausnahmecharakter habe.

266    Der Klägerin gelingt es nämlich nicht, die Beurteilung der EZB in Frage zu stellen, wonach die Weitergabe bestimmter Informationen geeignet sei, das für den Aufsichtsmechanismus notwendige gegenseitige Vertrauen zwischen der EZB und den beaufsichtigten Instituten zu beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang wirkt sich die Tatsache, dass die Abwicklung von Banken die Ausnahme bleibt und die EZB bestimmte Informationen nur ausnahmsweise gesammelt hat, keineswegs auf die Gefahr aus, dass andere Institute nicht mehr darauf vertrauen können, dass Informationen, die sie der EZB im Rahmen der Beaufsichtigung in Zukunft liefern könnten, vertraulich bleiben werden.

267    Darüber hinaus kann sich ein Unionsorgan nach der Rechtsprechung auf hypothetische Verhaltensweisen von Marktteilnehmern und die Folgen dieser Verhaltensweisen für zukünftige Interventionen stützen (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Juni 2015, Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein/EZB, T‑376/13, EU:T:2015:361, Rn. 78).

268    Daher durfte sich die EZB auf die Gefahr von Spekulationen seitens der Marktteilnehmer auf Basis der Daten betreffend den Liquiditätsstatus von Banco Popular vor deren Abwicklung stützen, solange diese Daten in einer vernünftigerweise vorhersehbaren Art und Weise als Informationen anzusehen waren, die Anlass zu Spekulationen geben und damit das ordnungsgemäße Funktionieren des Aufsichts- und Abwicklungssystems gefährden konnten.

269    Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist anzunehmen, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, nachzuweisen, dass die EZB einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hatte, als sie davon ausgegangen war, dass die Verbreitung der angeforderten Dokumente das ordnungsgemäße Funktionieren des Aufsichts- und Abwicklungssystems zu beeinträchtigen drohe.

270    Daher ist der zweite Teil, mit dem geltend gemacht wird, die Weitergabe der angeforderten Informationen beeinträchtige nicht das ordnungsgemäße Funktionieren des Aufsichts- und Abwicklungssystems, zurückzuweisen.

271    Folglich ist der Schluss zu ziehen, dass die angeforderten Dokumente, zu denen die EZB auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 den Zugang verweigert hat, vertrauliche Informationen im Sinne von Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 Abs. 3 der Richtlinie 2014/59 enthalten.

3.      Dritte Rüge: Die in Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 vorgesehenen Ausnahmen seien auf die angeforderten Dokumente anwendbar

272    Mit ihrer dritten Rüge macht die Klägerin geltend, Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 gestatteten es der EZB, im Rahmen oder für die Zwecke eines Gerichtsverfahrens Zugang zu den angeforderten Dokumenten zu gewähren. Insbesondere aus einer teleologischen Auslegung dieser Bestimmungen gehe hervor, dass es eine Ausnahme von der Vertraulichkeit gebe, wenn der Zugang zu den angeforderten Dokumenten für die Ausübung des Rechts auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz im Rahmen eines Gerichtsverfahrens erforderlich sei, das einen Zusammenhang mit dem Verhalten eines Organs oder einer Einrichtung der Union aufweise.

273    Die Klägerin fügt hinzu, dass bei der Beurteilung der Vertraulichkeit einer Information nach der Rechtsprechung die berechtigten Interessen, die ihrer Offenlegung entgegenstehen, und das Allgemeininteresse miteinander zum Ausgleich zu bringen seien. Die Besonderheiten der vorliegenden Rechtssache, nämlich die Tatsache, dass die früheren Anteilseigner von Banco Popular wissen wollten, unter welchen Umständen deren Abwicklung stattgefunden habe, rechtfertigten die Weitergabe der angeforderten Informationen. Dabei müsse unbedingt berücksichtigt werden, dass sie beim Gericht eine Nichtigkeitsklage (in das Register eingetragen unter dem Aktenzeichen T‑628/17) gegen das Abwicklungskonzept und eine Klage aus außervertraglicher Haftung (in das Register eingetragen unter dem Aktenzeichen T‑714/17) erhoben habe. Die im Rahmen der vorliegenden Rechtssache angeforderten Informationen hätten den alleinigen Zweck, als Beweismittel im Rahmen dieser beiden Klagen verwendet zu werden.

274    Die Klägerin hebt hervor, dass sie u. a. Kenntnis von den Liquiditätsproblemen benötige, die zur Abwicklung von Banco Popular geführt hätten, dass aber sowohl die FOLTF‑Bewertung als auch das Abwicklungskonzept insoweit unkenntlich gemacht worden seien. Der Zugang zu diesen Daten ermögliche ihr die Vorlage von Beweisen zur Stützung ihres Arguments, wonach der Liquiditätsstatus von Banco Popular nicht schwerwiegend genug gewesen sei, um deren Abwicklung anzuordnen, und alle Liquiditätsprobleme mit Aussagen der Präsidentin des SRB zusammenhingen.

275    Die EZB, unterstützt durch die Kommission und Banco Santander, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

276    Insoweit ist zunächst zu bemerken, dass, worauf der Gerichtshof in Rn. 30 des Urteils vom 13. September 2018, Buccioni (C‑594/16, im Folgenden: Urteil Buccioni, EU:C:2018:717), hingewiesen hat, die speziellen Fälle, in denen der in Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36 aufgestellte allgemeine Grundsatz des Verbots der Weitergabe der den zuständigen Behörden vorliegenden vertraulichen Informationen ihrer Übermittlung oder Verwendung ausnahmsweise nicht entgegensteht, in dieser Richtlinie abschließend aufgeführt werden. Außerdem hat der Gerichtshof in Rn. 37 desselben Urteils klargestellt, dass die in der Richtlinie 2013/36 vorgesehenen Ausnahmen vom allgemeinen Verbot der Weitergabe vertraulicher Informationen eng ausgelegt werden müssen.

277    Die gleichen Erwägungen gelten entsprechend für die Ausnahme von dem in Art. 84 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 aufgestellten Weitergabeverbot.

278    Anhand der vorstehenden Grundsätze ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen.

279    Was zum einen Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/36 angeht, so sieht diese Vorschrift vor, dass, wenn gegen ein Kreditinstitut durch Gerichtsbeschluss das Insolvenzverfahren eröffnet oder seine Zwangsabwicklung eingeleitet wurde, vertrauliche Informationen, die sich nicht auf Dritte beziehen, die an Versuchen zur Rettung des betreffenden Kreditinstituts beteiligt sind, in zivil- oder handelsrechtlichen Verfahren weitergegeben werden dürfen.

280    Im vorliegenden Fall ist gegen Banco Popular, wie die EZB zu Recht geltend macht, weder durch Gerichtsbeschluss das Insolvenzverfahren eröffnet noch ihre Zwangsabwicklung eingeleitet worden. Aus dem Abwicklungskonzept geht vielmehr hervor, dass dieses u. a. auf eine Veräußerung der Tätigkeiten von Banco Popular an Banco Santander abzielte. Die Veräußerung hat es Banco Popular ermöglicht, als Mitglied der Santander-Gruppe weiterhin unter normalen Marktbedingungen zu funktionieren.

281    Darüber hinaus geht aus der Verordnung Nr. 806/2014 hervor, dass diese die Anwendung eines Abwicklungsinstruments auf ein ausfallendes Unternehmen gerade mit dem Ziel vorsieht, eine Liquidation nach dem regulären Insolvenzverfahren zu vermeiden.

282    So muss der SRB vor dem Erlass einer Abwicklungsmaßnahme im Kontext der Bewertung der in Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Voraussetzung im Zusammenhang damit, dass die Abwicklung im öffentlichen Interesse liegt, u. a. evaluieren, ob die Abwicklung eines insolventen Unternehmens nicht seiner Liquidation vorzuziehen ist. Im 58. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 heißt es insoweit, dass, falls die Liquidation eines ausfallenden Unternehmens nach dem regulären Insolvenzverfahren die Finanzstabilität gefährden, die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen unterbrechen und den Einlegerschutz beeinträchtigen könnte, ein öffentliches Interesse am Rückgriff auf Abwicklungsinstrumente besteht.

283    Nach dem Erlass einer Abwicklungsmaßnahme muss eine Bewertung durch einen unabhängigen Sachverständigen gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. g, Art. 20 Abs. 16 und Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 außerdem die tatsächliche Behandlung, die den Anteilseignern und Gläubigern im Rahmen der Abwicklung zuteilgeworden ist, mit der Behandlung vergleichen, die sie erfahren hätten, wenn das Unternehmen zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung über die Abwicklungsmaßnahme getroffen worden ist, dem regulären Insolvenzverfahren unterworfen worden wäre. Wird festgestellt, dass die Anteilseigner und Gläubiger für ihre Forderungen im Rahmen der Abwicklung weniger erhalten haben, als sie im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens erhalten hätten, müssten sie grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung haben.

284    Vor diesem Hintergrund ist der Schluss zu ziehen, dass eine Insolvenz eine grundlegend andere Natur und grundlegend andere Ziele als eine Abwicklung hat, so dass eine analoge Anwendung von Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/36 auf ein Unternehmen, das einem Abwicklungsverfahren unterworfen wird, ausgeschlossen ist.

285    Eine solche analoge Anwendung von Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 3 widerspräche auch den oben in Rn. 276 in Erinnerung gerufenen Grundsätzen, wonach die in der Richtlinie 2013/36 vorgesehenen Ausnahmen vom allgemeinen Verbot der Weitergabe vertraulicher Informationen abschließend aufgeführt sind und eng ausgelegt werden müssen.

286    Folglich findet die in Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/36 vorgesehene Ausnahme im vorliegenden Fall keine Anwendung.

287    Was zum anderen die in Art. 84 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz des Berufsgeheimnisses betrifft, so sieht diese Vorschrift vor, dass sie unbeschadet der innerstaatlichen Rechtsvorschriften gilt, die für die Offenlegung von Informationen für die Zwecke strafrechtlicher oder zivilrechtlicher Verfahren gelten.

288    Wie die EZB zu Recht vorträgt, hat sich die Klägerin jedoch auf keine Bestimmung des nationalen Rechts berufen, die eine Weitergabe der angeforderten Dokumente verlangen würde.

289    Außerdem bezieht sich Art. 84 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 auf die außerordentliche Weitergabe vertraulicher Informationen im Rahmen nationaler Verfahren. Die Klägerin leugnet nicht, dass ihre Zugangsanträge durch ihre Absicht motiviert gewesen sind, Klage beim Gericht zu erheben.

290    Folglich ist die in Art. 84 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 vorgesehene Ausnahme im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

291    Die vorstehenden Schlussfolgerungen können durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt werden.

292    Erstens ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Vertraulichkeitsregel nicht anwendbar sei, wenn der Antragsteller genaue und übereinstimmende Indizien vorlege, die plausibel vermuten ließen, dass die angeforderten Informationen für die Belange eines laufenden oder einzuleitenden zivil- oder handelsrechtlichen Verfahrens relevant seien. Zur Untermauerung dieses Arguments verweist die Klägerin auf das Urteil Buccioni. Zu bemerken ist jedoch, dass die Rechtssache, in der das Urteil Buccioni ergangen ist, anders als die vorliegende Rechtssache ein Kreditinstitut betraf, für das die Zwangsabwicklung eingeleitet worden war (Urteil Buccioni, Rn. 17). Wie oben in den Rn. 281 bis 285 dargelegt worden ist, kann Art. 53 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/36 jedoch nicht weit ausgelegt werden, ohne dass gegen den Grundsatz der engen Auslegung der Ausnahmen vom Grundsatz der Vertraulichkeit verstoßen wird, auf den der Gerichtshof in Rn. 37 des Urteils Buccioni selbst hingewiesen hat.

293    Jedenfalls ist der im Urteil Buccioni befürwortete Ansatz nicht auf die vorliegende Rechtssache übertragbar. In den Rn. 38 und 40 jenes Urteils heißt es nämlich, dass die den Zugang zu vertraulichen Informationen beantragende Person genaue und übereinstimmende Indizien vorlegen muss, die plausibel vermuten lassen, dass die angeforderten Informationen für die Belange eines laufenden oder einzuleitenden zivil- oder handelsrechtlichen Verfahrens relevant sind, dessen Gegenstand vom Antragsteller konkret bezeichnet werden muss. Ein solcher Ansatz würde zu einer Anwendung contra legem von Art. 6 des Beschlusses 2004/258 führen, der vorsieht, dass eine den Zugang beantragende Person nicht verpflichtet ist, Gründe für ihren Antrag anzugeben. Das Fehlen einer Verpflichtung, ein irgendwie geartetes Interesse an der Beantragung des Zugangs zu einem Dokument nachzuweisen, stellt einen der Eckpfeiler der Regelungen über den Zugang zu Dokumenten dar, die nach ständiger Rechtsprechung gerade keine unterschiedliche Behandlung der den Zugang beantragenden Personen entsprechend ihren Interessen oder besonderen Bedürfnissen gestatten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. April 2005, Sison/Rat, T‑110/03, T‑150/03 und T‑405/03, EU:T:2005:143, Rn. 50 bis 56, sowie vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 82).

294    Überdies wird ein Dokument, wenn es im Anschluss an einen im Rahmen der Regelung über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten gestellten Antrag weitergegeben wird, wie die EZB zu Recht vorträgt, für jedermann öffentlich zugänglich. Im Urteil Buccioni hat der Gerichtshof entschieden, dass die zuständigen Behörden vertrauliche Informationen unter den in Rn. 38 jenes Urteils dargelegten Voraussetzungen für die Belange eines laufenden oder einzuleitenden zivil- oder handelsrechtlichen Verfahrens, „außerhalb dessen [diese] Informationen nicht verwendet werden dürfen“, weitergeben können. Der Beschluss 2004/258, genauer gesagt sein Art. 9, in dem es um den Zugang im Anschluss an einen Antrag geht, sieht jedoch keine Möglichkeit vor, einem Mitglied der Öffentlichkeit den Zugang zu einem Dokument zu gewähren, ihm gleichzeitig aber aufzugeben, dieses Dokument nicht an andere Personen weiterzugeben. Eine solche Möglichkeit stünde im Widerspruch zu Geist und Logik des Beschlusses, soweit der Zugang zu besagtem Dokument einfach verweigert wird, wenn die in Art. 4 desselben Beschlusses vorgesehenen Ausnahmen vom Zugangsrecht Anwendung finden (vgl. entsprechend Beschluss vom 7. März 2013, Henkel und Henkel France/Kommission, T‑64/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:116, Rn. 47).

295    Was zweitens das von der Klägerin hilfsweise vorgebrachte Argument angeht, wonach das Gericht ihr unter der Voraussetzung Zugang zu den betreffenden Dokumenten gewähren müsse, dass sie sich zur Geheimhaltung verpflichte, ist zu bemerken, dass dieses Argument nicht nur im Widerspruch zu den oben in Rn. 293 in Erinnerung gerufenen Erwägungen zur Natur der Regelungen über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten steht, sondern auch verkennt, dass ein Schriftstück, in das ein Organ die Einsicht verweigert hat und das Gegenstand einer Beweiserhebung gewesen ist, gemäß Art. 104 der Verfahrensordnung den übrigen Parteien nicht bekannt gegeben werden darf. Mit dieser Vorschrift soll vermieden werden, dass die Klage vor dem Gericht infolge der Bekanntgabe des betreffenden Schriftstücks an die den Zugang beantragende Person gegenstandslos wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 39). Außerdem stellt der Zugang gegen Übernahme einer Geheimhaltungsverpflichtung, wie er von der Klägerin vorgeschlagen worden ist, eine der Möglichkeiten dar, die in der Verfahrensordnung im Rahmen eines Verfahrens vor dem Gericht vorgesehen sind, wenn es um die Vorlage und Verwendung von Informationen geht, die sich im Besitz einer der Parteien dieses Verfahrens befinden.

296    Drittens kann die Klägerin nicht geltend machen, der Umstand, dass bestimmte Ausnahmen vom Grundsatz der Vertraulichkeit Anwendung fänden, weil bei den nationalen Gerichten Verfahren anhängig seien, stehe einer Anwendung dieser Ausnahmen im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits vor dem Gericht nicht entgegen, da sich ansonsten die absurde Situation ergäbe, dass nationale Gerichte auf Dokumente der Unionsorgane zugreifen könnten, während das Gericht diese Möglichkeit nicht habe. Aus den oben in Rn. 295 dargelegten Gründen ist es im Rahmen eines Verfahrens betreffend den Zugang zu Dokumenten nämlich zum einen nicht Sache des Gerichts, anzuordnen, dass dem Kläger ein Dokument übermittelt wird, zu dem ihm der Zugang verweigert worden ist. Zum anderen sind die Bestimmungen über die Beweisführung vor den Gerichten der Union, auch wenn sie sich von denen über die Beweisführung vor den nationalen Gerichten unterscheiden, deshalb nicht weniger vollständig. Denn einerseits sehen die Art. 89 ff. der Verfahrensordnung vor, dass das Gericht im Rahmen eines Rechtsstreits die Vorlage eines Dokuments durch eine der Parteien des Rechtsstreits verlangen oder beschließen kann. Andererseits kann das Gericht gemäß Art. 24 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union von den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die nicht Parteien in einem Rechtsstreit sind, alle Auskünfte verlangen, die es zur Prüfung dieses Rechtsstreits für erforderlich erachtet. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin verfügt das Gericht – wie die nationalen Gerichte – über alle erforderlichen Mittel, um Zugang zu Dokumenten aus der Beaufsichtigung zu erhalten und über eine Sache zu entscheiden, mit der es in diesem Bereich befasst worden ist.

297    Viertens werden die im Rahmen der Prüfung der dritten Rüge getroffenen Feststellungen auch nicht durch die Rechtsprechung entkräftet, die von der Klägerin in den Rn. 38 und 39 der Klageschrift zur Stützung ihres Arguments angeführt wird, wonach die Besonderheiten der vorliegenden Rechtssache unter Berücksichtigung der verschiedenen auf dem Spiel stehenden Interessen die Weitergabe der angeforderten Informationen rechtfertigten. Die Urteile vom 9. Juni 2010, Éditions Jacob/Kommission (T‑237/05, EU:T:2010:224, Rn. 90), und vom 24. Mai 2011, NLG/Kommission (T‑109/05 und T‑444/05, EU:T:2011:235, Rn. 140), beziehen sich nämlich auf die Anwendung des Grundsatzes des Berufsgeheimnisses durch die Kommission im Kontext des Wettbewerbsrechts. In diesen beiden Urteilen hat das Gericht klargestellt, dass die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses nicht so weit reicht, dass sie eine allgemeine und abstrakte Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten, die Betriebsdaten über die beteiligten Unternehmen enthalten, rechtfertigen könnte. Bei der Beurteilung der Vertraulichkeit dieser Informationen sind die Interessen, die ihrer Offenlegung entgegenstehen, und das Allgemeininteresse daran, dass sich das Handeln der Unionsorgane möglichst offen vollzieht, miteinander zum Ausgleich zu bringen.

298    Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.

299    Zum einen ist die EZB im Kontext der Beaufsichtigung und Abwicklung von Kreditinstituten nämlich Regelungen des primären und sekundären Rechts unterworfen, die vom Gerichtshof in den Urteilen Baumeister und Buccioni ausgelegt worden sind. Nach diesen Urteilen stellt Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36 eine Grundregel auf, dass das Berufsgeheimnis zu wahren ist (Urteile Baumeister, Rn. 33, und Buccioni, Rn. 29). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof die Voraussetzungen festgelegt, unter denen bestimmte Informationen als vertraulich anzusehen und somit von der Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gedeckt sind. Sind die Voraussetzungen erfüllt, können die betreffenden Informationen – wie im vorliegenden Fall – von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 erfasst sein, so dass keine Abwägung vorgenommen zu werden braucht, damit die EZB den Zugang zu ihnen verweigern kann.

300    Zum anderen bezog sich die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung, wie die EZB zu Recht hervorhebt, auf Rechtssachen, für die Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 galt, der – im Gegensatz zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 – eine Abwägung der in Rede stehenden Interessen vorsieht.

301    Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist die dritte Rüge zurückzuweisen.

302    Daher ist davon auszugehen, dass die EZB, da die angeforderten Dokumente vertrauliche Informationen enthalten (vgl. oben, Rn. 271) und die Ausnahmen vom Grundsatz der Vertraulichkeit nicht anwendbar sind, die angefochtenen Beschlüsse rechtmäßig auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 stützen konnte. Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

303    Nach alledem muss das Ergebnis wie folgt lauten: Was erstens die Informationen über den Liquiditätsstatus und die Kapitalquoten von Banco Popular angeht, wird der zweite angefochtene Beschluss rechtmäßig durch die in ihm enthaltenen Gründe, die sich auf die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 vorgesehene Ausnahme beziehen, gestützt.

304    Was zweitens die Dokumente betrifft, zu denen im Rahmen des dritten angefochtenen Beschlusses der Zugang verweigert worden ist, muss festgestellt werden, dass dieser Beschluss rechtmäßig durch die in ihm enthaltenen Gründe, die sich auf die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2004/258 vorgesehene Ausnahme beziehen, gestützt wird.

305    Was drittens die gegebenen Garantien angeht, wird der zweite angefochtene Beschluss rechtmäßig durch die in ihm enthaltenen Gründe, die sich auf die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter und siebter Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 vorgesehenen Ausnahmen beziehen, gestützt (vgl. oben, Rn. 170).

306    Aus den vorstehenden Feststellungen ergibt sich, dass, auch wenn der Zugang zu den oben in den Rn. 303 bis 305 genannten Dokumenten und Informationen auch auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich des Beschlusses 2004/258 verweigert worden ist, zur Begründetheit des dritten Klagegrundes einer Verletzung dieser Vorschrift nicht mehr Stellung genommen zu werden braucht. Der dritte Klagegrund muss nämlich als jedenfalls ins Leere gehend zurückgewiesen werden, denn als rechtliche Grundlage für die angefochtenen Beschlüsse reicht es aus, dass eine der Ausnahmen, auf die sich die EZB bei der Verweigerung des Zugangs zu den angeforderten Dokumenten berufen hat, zu Recht geltend gemacht wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 2020, Bronckers/Kommission, T‑166/19, EU:T:2020:557, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

F.      Vierter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 47 der Charta

307    Zur Stützung ihres vierten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die EZB habe insoweit gegen Art. 47 der Charta verstoßen, als die Zugangsverweigerungen in den angefochtenen Beschlüssen sie daran gehindert hätten, die Dokumente einzusehen, auf die sich die EZB beim Beschluss über die Abwicklung von Banco Popular gestützt habe. Es gebe eine ständige Rechtsprechung, wonach der in Art. 47 der Charta verankerte Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verlange, dass der Betroffene Kenntnis von den Gründen der ihm gegenüber ergangenen Entscheidung erlangen könne. Außerdem hätten die Prozessparteien in Anbetracht des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens, der wesentlicher Bestandteil der Verteidigungsrechte sei, das Recht, von allen dem Richter vorgelegten Schriftstücken und Erklärungen Kenntnis zu nehmen, um dessen Entscheidung zu beeinflussen sowie die Schriftstücke und Erklärungen zu erörtern. Vor diesem Hintergrund stelle der Erlass eines Verwaltungsakts, mit dem Privatpersonen auf der Grundlage von Dokumenten das Eigentum entzogen werde, von denen sie keine Kenntnis hätten nehmen können, einen Verstoß gegen ihr Grundrecht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz dar.

308    Die Klägerin erkennt an, dass es in bestimmten Verfahren eine Ausnahme von der allgemeinen Regel der Zugänglichkeit von Dokumenten gibt, sofern die Zugangsverweigerung aus zwingenden Gründen im Zusammenhang mit der Sicherheit des Staates geboten ist. Sie weist jedoch nachdrücklich darauf hin, dass dem im vorliegenden Fall nicht so sei. Zudem bezögen sich die angeforderten Dokumente auf eine konkrete Tatsache, nämlich den Liquiditätsstatus von Banco Popular.

309    Die Klägerin vertritt ferner die Auffassung, Art. 53 Abs. 1 der Richtlinie 2013/36 und Art. 84 der Richtlinie 2014/59 gestatteten die Verbreitung vertraulicher Informationen im Rahmen von zivil‑, handels- oder strafrechtlichen Verfahren betreffend den Ausfall von Kreditinstituten auf nationaler Ebene. Insoweit sei davon auszugehen, dass diese Ausnahmen vom Grundsatz der Vertraulichkeit gemäß Art. 47 der Charta auch auf Verfahren vor dem Unionsrichter anwendbar seien.

310    Schließlich macht die Klägerin geltend, die Einstufung der angeforderten Dokumente als vertrauliche Dokumente stelle jedenfalls eine unverhältnismäßige Maßnahme dar, die nicht die in Art. 52 der Charta aufgestellten Voraussetzungen erfülle.

311    Die EZB, insoweit unterstützt durch die Kommission und Banco Santander, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

312    Art. 47 der Charta regelt in Abs. 1 das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei Gericht und in Abs. 2 das Recht auf ein faires gerichtliches Verfahren.

313    Nach ständiger Rechtsprechung verlangt das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, dass der Betroffene Kenntnis von den Gründen, auf denen die ihm gegenüber ergangene Entscheidung beruht, erlangen kann, entweder durch das Studium der Entscheidung selbst oder durch eine auf seinen Antrag hin erfolgte Mitteilung dieser Gründe, unbeschadet der Befugnis des zuständigen Gerichts, von der betreffenden Behörde die Übermittlung dieser Gründe zu verlangen, damit der Betroffene seine Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen verteidigen und in Kenntnis aller Umstände entscheiden kann, ob es angebracht ist, das zuständige Gericht anzurufen, und damit dieses umfassend in die Lage versetzt wird, die Rechtmäßigkeit der fraglichen Entscheidung zu überprüfen (vgl. Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 3. Februar 2021, Ramazani Shadary/Rat, T‑122/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:61, Rn. 50).

314    Im vorliegenden Fall sind die drei angefochtenen Beschlüsse die einzigen Entscheidungen, die die EZB der Klägerin gegenüber erlassen hat. Die Klägerin hat von den Gründen der Beschlüsse Kenntnis nehmen und diese mit der vorliegenden, auf Art. 263 AEUV gestützten Klage vor dem Gericht anfechten können, was beweist, dass sie ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf ausüben konnte.

315    Entgegen dem von der Klägerin in Rn. 73 der Klageschrift angeführten Vorbringen hat die EZB nicht „die Abwicklung von Banco Popular beschlossen“, sondern im Rahmen ihrer FOLTF‑Bewertung festgestellt, dass sich dieses Kreditinstitut in einer Situation des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls im Sinne von Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 befinde. Diese FOLTF‑Bewertung weist den Charakter einer vorbereitenden Handlung auf, die es dem SRB ermöglichen sollte, eine Entscheidung über die Abwicklung von Banco Popular zu treffen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 6. Mai 2019, ABLV Bank/EZB, T‑281/18, EU:T:2019:296, Rn. 36). Daher hat die FOLTF‑Bewertung als solche jedenfalls keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugt, die geeignet gewesen wären, die Interessen der Klägerin zu beeinträchtigen, indem sie ihre Rechtsstellung in qualifizierter Weise veränderten, da nur die Annahme und das spätere Inkrafttreten eines Abwicklungskonzepts sowie die Umsetzung von Abwicklungsinstrumenten im Sinne von Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 diese Stellung verändern konnten.

316    Für den Fall, dass der vorliegende Klagegrund dahin zu verstehen ist, dass die Klägerin in Wirklichkeit geltend macht, ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf sei aufgrund der Tatsache verletzt worden, dass sie keine Kenntnis von den Dokumenten erhalten habe, die als Grundlage für den Erlass der Entscheidung gedient haben, aufgrund deren die Tätigkeiten von Banco Popular auf Banco Santander übertragen worden sind, nämlich des Beschlusses SRB/EES/2017/08 der Präsidiumssitzung des SRB vom 7. Juni 2017 über ein Abwicklungskonzept für Banco Popular, sei darauf hingewiesen, dass dieser Beschluss Gegenstand der von der Klägerin im Rahmen der Rechtssache T‑628/17 erhobenen Nichtigkeitsklage vor dem Gericht ist.

317    Die Rechtsprechung zum Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verlangt nicht, dass die EZB im Rahmen eines Antrags gemäß dem Beschluss 2004/258 Zugang zu bestimmten Dokumenten gewährt, von denen die den Zugang beantragenden Personen behaupten, dass sie sie benötigen, um eine Klage auf Nichtigerklärung einer von einem anderen Organ erlassenen Entscheidung vorzubereiten. Diese Feststellung ergibt sich aus den Merkmalen der durch den Beschluss 2004/258 eingeführten Regelung über den Zugang zu Dokumenten.

318    Erstens sieht Art. 1 des Beschlusses 2004/258 nämlich vor, dass der Zweck dieses Beschlusses darin besteht, die Bedingungen festzulegen, denen Anträge auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten im Besitz der EZB unterliegen. Der Beschluss 2004/258 zielt somit nicht darauf ab, Fragen zu regeln, die sich auf Beweise beziehen, die von den Parteien in Gerichtsverfahren vorzulegen sind (vgl. entsprechend Urteile vom 14. Mai 2019, Commune de Fessenheim u. a./Kommission, T‑751/17, EU:T:2019:330, Rn. 123, sowie vom 30. Januar 2020, CBA Spielapparate- und Restaurantbetrieb/Kommission, T‑168/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:20, Rn. 74).

319    Zweitens hat nach Art. 2 Abs. 1 des Beschlusses 2004/258 „[j]eder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat“ das Recht auf Zugang zu Dokumenten der EZB. Der Beschluss 2004/258 soll somit nicht etwa Regeln zum Schutz des besonderen Interesses dieser oder jener Person am Zugang zu Dokumenten festlegen (vgl. entsprechend Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 43, vom 30. Januar 2020, CBA Spielapparate- und Restaurantbetrieb/Kommission, T‑168/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:20, Rn. 74, sowie vom 6. Februar 2020, Compañía de Tranvías de la Coruña/Kommission, T‑485/18, EU:T:2020:35, Rn. 80).

320    Drittens sei daran erinnert, dass, wenn ein Dokument im Anschluss an einen auf der Grundlage des Beschlusses 2004/258 gestellten Zugangsantrag weitergegeben wird, dieses Dokument für jedermann öffentlich zugänglich wird in dem Sinne, dass es anderen Antragstellern übermittelt werden kann und jedermann ein Recht auf Zugang zu ihm hat. Eine solche Erga-omnes-Wirkung würde eindeutig über die Sphäre der berechtigten Interessen einer Partei hinausreichen, die beabsichtigt, sich für die Zwecke einer anderen beim Gericht anhängigen Rechtssache auf ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf zu berufen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 1. September 2015, Pari Pharma/EMA, T‑235/15 R, EU:T:2015:587, Rn. 71).

321    Die Frage, ob eine Person ein Dokument benötigt, um eine Nichtigkeitsklage vorzubereiten, ist im Rahmen dieser Klage zu prüfen (vgl. entsprechend Urteile vom 26. April 2005, Sison/Rat T‑110/03, T‑150/03 und T‑405/03, EU:T:2005:143, Rn. 55, sowie vom 26. Mai 2016, International Management Group/Kommission, T‑110/15, EU:T:2016:322, Rn. 57). Die Klägerin könnte somit lediglich im Rahmen der Klage gegen den Beschluss über die Annahme eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular, nämlich im Rahmen der Rechtssache T‑628/17, gegebenenfalls mit Erfolg einen Klagegrund vorbringen, mit dem ein Verstoß gegen Art. 47 der Charta geltend gemacht wird. Wie die EZB und die Kommission zu Recht in Erinnerung rufen, wird das Gericht im Rahmen dieser Rechtssache in zweckdienlicher Weise auf die besonderen und vollständigen Bestimmungen der Verfahrensordnung über die Vorlage und Verwendung von Dokumenten zurückgreifen können (vgl. insoweit oben, Rn. 296).

322    Nach alledem ist festzustellen, dass die EZB keinen Verstoß gegen Art. 47 der Charta begangen hat. Der vierte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

323    Nach alledem ist der zweite angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, soweit durch ihn der Zugang zum Ergebnis der Abstimmung im EZB-Rat im Protokoll der 447. Sitzung des EZB-Rates verweigert wird, und die Klage im Übrigen abzuweisen.

 V.      Kosten

324    Nach Art. 134 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht, wenn mehrere Parteien unterliegen, über die Verteilung der Kosten. Da im vorliegenden Fall die EZB und die Klägerin teilweise unterlegen sind, hat die EZB ein Drittel ihrer eigenen Kosten und die Klägerin neben ihren eigenen Kosten zwei Drittel der Kosten der EZB zu tragen.

325    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daher trägt die Kommission ihre eigenen Kosten.

326    Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in den Abs. 1 und 2 dieses Artikels genannten seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall hat Banco Santander, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der EZB beigetreten ist, ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss LS/MD/17/406 der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 7. November 2017 wird für nichtig erklärt, soweit durch ihn der Zugang zum Ergebnis der Abstimmung im EZB-Rat im Protokoll der 447. Sitzung des EZB-Rates verweigert wird.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Aeris Invest Sàrl trägt ihre eigenen Kosten und zwei Drittel der Kosten der EZB.

4.      Die EZB trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten.

5.      Die Europäische Kommission und die Banco Santander, SA tragen ihre eigenen Kosten.

Collins

Kreuschitz

Csehi

De Baere

 

      Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Oktober 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Spanisch.


i      Die vorliegende Sprachfassung ist in den Rn. 7 und 316 gegenüber der ursprünglich online gestellten Fassung geändert worden.