Language of document : ECLI:EU:T:2019:630

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

19. September 2019(*)

„Schiedsklausel – Finanzhilfevereinbarung im Rahmen des Rahmenprogramms eTEN zur Förderung transeuropäischer Telekommunikationsnetze – Projekt ‚SafeChemo‘ – Untersuchungsbericht des OLAF, in dem festgestellt wird, dass bestimmte getätigte Ausgaben nicht förderfähig sind – Teilweise Rückzahlung der gezahlten Beträge – Widerklage“

In der Rechtssache T‑786/17

BTC Srl mit Sitz in Bozen (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. von Lutterotti und A. Frei,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Katsimerou und B.‑R. Killmann als Bevollmächtigte,

Beklagte,


betreffend eine Klage zum einen nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung erstens der Entscheidung Ares(2017) 4709558 der Kommission vom 27. September 2017, mit der die Rückzahlung eines Betrags gefordert wurde, der in Durchführung der im Rahmen des Programms eTEN zur Förderung transeuropäischer Telekommunikationsnetze geschlossenen Vereinbarung C046311 zur Finanzierung des Projekts „ePrescription and Automation for a Safe Management of Cytostatics“ an die Klägerin gezahlt worden war, zweitens des Schreibens Ares(2017) 4790311 der Kommission vom 2. Oktober 2017 zur Übermittlung der Belastungsanzeige Nr. 3241712708 und drittens der Belastungsanzeige Nr. 3241712708 sowie zum anderen nach Art. 272 AEUV auf Feststellung der Unbegründetheit der Rückzahlungsforderung der Kommission und eine Widerklage auf Verurteilung der Klägerin zur Rückerstattung eines im Rahmen dieser Vereinbarung ohne Rechtsgrund gezahlten Betrags

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter V. Valančius (Berichterstatter) und U. Öberg,

Kanzler: E. Artemiou, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die BTC Srl, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach italienischem Recht mit Sitz in Bozen (Italien). Sie erbringt Dienstleistungen der Beratung und Planung im Bereich der Biotechnologie und der Informationssysteme für Gesundheitseinrichtungen.

2        Am 29. Juni 2007 unterzeichnete die Europäische Kommission mit allen Mitgliedern eines Gesellschaftskonsortiums, dem die Klägerin angehörte, die Finanzhilfevereinbarung Nr. C046311 (im Folgenden: Finanzhilfevereinbarung), die eine Finanzierung des Projekts „ePrescription and Automation for a Safe Management of Cytostatics“ – auch Projekt „SafeChemo“ genannt – (im Folgenden: Projekt) durch die Europäische Union gemäß dem eTEN-Programm zur Förderung transeuropäischer Telekommunikationsnetze vorsah.

3        Die Finanzhilfevereinbarung enthielt in Art. 5 Abs. 2 eine Schiedsklausel, die die Unionsgerichte für die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Union und den Begünstigten der Vereinbarung über die Gültigkeit, die Durchführung und die Auslegung der Vereinbarung für zuständig erklärt.

4        Das Projekt, das Gegenstand der Finanzhilfevereinbarung ist, zielte auf die Entwicklung eines Informationssystems ab, das auf der Grundlage von elektronisch erfassten Verschreibungen die automatisierte Dosierung von zytostatischen Medikamenten ermöglicht, die Patienten mittels Infusion zur Krebsbehandlung verabreicht werden sollen.

5        Die Finanzhilfevereinbarung sah vor, dass das Projekt eine Laufzeit von 18 Monaten ab dem 1. April 2007 haben sollte. Mit der Unterzeichnung einer Zusatzvereinbarung zu der Finanzhilfevereinbarung am 7. April 2009 wurde die Laufzeit des Projekts auf 22 Monate verlängert und sollte am 31. Januar 2009 enden.

6        In den Allgemeinen Bedingungen für die Durchführung des Projekts in Anhang II der Finanzhilfevereinbarung hieß es u. a.:

„Artikel 1 – Begriffsbestimmungen

2. ‚Begünstigter‘ bezeichnet eine juristische Person, eine internationale Organisation oder die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS), die den vorliegenden Finanzierungsvertrag mit der Gemeinschaft geschlossen hat.

4. ‚Mitglied‘ bezeichnet eine juristische Person, eine internationale Organisation oder die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS), die, ohne der Begünstigte zu sein, mit Zustimmung der Gemeinschaft und in Übereinstimmung mit dem vorliegenden Finanzierungsvertrag einen Beteiligungsvertrag mit einem Begünstigten geschlossen hat und die nach dem genannten Beteiligungsvertrag dieselben Rechte und Pflichten wie der Begünstigte hat, sofern der Finanzierungsvertrag nichts anderes vorsieht.

5. ‚Beteiligter‘ bezeichnet einen Begünstigten oder ein Mitglied.

28. ‚Erstattungsfähige Kosten‘ bezeichnet die in den Art. 14 und 15 des vorliegenden Anhangs genannten Kosten gemäß den in den Art. 13.1 bis 13.7 angeführten Bedingungen.

32. ‚Unregelmäßigkeit‘ ist ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht oder die Missachtung einer vertraglichen Verpflichtung durch die Handlung oder Unterlassung eines Begünstigten oder eines Mitglieds, die durch eine ungerechtfertigte Ausgabe einen Schaden für den Gesamthaushalt der Europäischen Gemeinschaften verursacht oder verursachen würde.

Artikel 3 – Finanzieller Beitrag der Gemeinschaft

4. Vorbehaltlich Art. 17 des vorliegenden Anhangs ist jede Zahlung erst nach Genehmigung der letzten Projektleistung fällig.

6. Nach Ablauf des Finanzierungsvertrags, nach der Kündigung des Finanzierungsvertrags und nach Beendigung der Beteiligung eines Begünstigten oder eines Mitglieds kann bzw. muss die Kommission gegebenenfalls von dem betroffenen Begünstigten oder dem Begünstigten, der aufgrund eines seiner Mitglieder beteiligt ist, die Rückzahlung des an ihn gezahlten gesamten finanziellen Beitrags der Gemeinschaft verlangen, wenn sich bei der Rechnungsprüfung nach Art. 17 des vorliegenden Anhangs betrügerische Handlungen oder schwere finanzielle Unregelmäßigkeiten ergeben. Der beizutreibende Betrag unterliegt dem Zinssatz, den die Europäische Zentralbank ihren Hauptrefinanzierungsgeschäften am ersten Kalendertag des Monats, in dem der betreffende Beteiligte die Geldmittel erhalten hat, zugrunde legt, zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkten. Die Verzinsung beginnt mit dem Empfang der Geldmittel und endet mit deren Erstattung.

Artikel 13 – Erstattungsfähige Kosten – Allgemeine Grundsätze

1. Erstattungsfähige Kosten sind die in den Art. 14 und 15 des vorliegenden Anhangs genannten Kosten. Sie müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:

–        Sie müssen für das Projekt erforderlich sein;

–        sie müssen während der Projektlaufzeit entstanden sein;

–        sie müssen nach dem Buchhaltungsgrundsatz der historischen Kosten und nach den üblichen internen Vorschriften des Beteiligten ermittelt werden, sofern die Kommission diese als annehmbar einstuft;

–        sie müssen spätestens bei Aufstellung der Schlussbilanzen bzw. bei Ausstellung der Prüfbescheinigung nach Art. 4.2.c des vorliegenden Anhangs in der Buchführung oder in den Steuerbelegen ausgewiesen sein, je nachdem, welches Ereignis zuerst eintritt;


und

–        sie dürfen keinen Gewinnzuschlag enthalten.

Artikel 14 – Direkte Kosten

1. Personal

Bezüglich der Personalkosten

a) Nur die Kosten der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit der Personen, die unmittelbar projektbezogene Verwaltungsarbeiten und technische Arbeiten verrichten, können dem Finanzierungsvertrag zugerechnet werden.

Diese Personen müssen

–        unmittelbar vom Beteiligten unter Wahrung der nationalen Rechtsvorschriften eingestellt werden;

–        ausschließlich unter der Aufsicht des Beteiligten stehen und

–        nach den üblichen Gepflogenheiten des Beteiligten entlohnt werden, sofern die Kommission diese als annehmbar einstuft.

Die gesamte dem Finanzierungsvertrag zugerechnete Arbeitszeit muss während der gesamten Projektlaufzeit und, im Fall des Koordinators, für einen Zeitraum von maximal zwei Monaten ab Projektende dokumentiert werden; diese Arbeitszeit muss mindestens einmal im Monat von der für die Arbeit verantwortlichen Person, die vom Beteiligten nach Art. 2.2.b des vorliegenden Anhangs oder vom ordnungsgemäß bevollmächtigten Finanzdirektor des Beteiligten bezeichnet wurde, zertifiziert werden.

Artikel 16 – Nachweis der Kosten

Die erstattungsfähigen Kosten werden erstattet, wenn der Beteiligte sie begründet.

Zu diesem Zweck hat der Beteiligte regelmäßig und nach den üblichen Buchhaltungsgrundsätzen des Staates, in dem er seinen Sitz hat, die Buchhaltung bezüglich des Projekts sowie eine Dokumentation aufzubewahren, mit der die in den schriftlichen Buchhaltungsunterlagen aufgeführten Kosten und Arbeitszeiten im Einzelnen nachgewiesen werden können.

Die Dokumentation muss genau, vollständig und aussagekräftig sein.


Artikel 17 – Finanzprüfung

1. Die Kommission oder jede andere durch die Kommission beauftragte Stelle kann während der Laufzeit des Finanzierungsvertrags und bis zu einer Dauer von fünf Jahren nach der letzten Zahlung des Gemeinschaftsbeitrags gemäß Art. 3 jederzeit eine Finanzprüfung bei einem Beteiligten durchführen.

Das Prüfverfahren gegenüber einem Begünstigten gilt als zu dem Zeitpunkt eingeleitet, zu dem er das von der Kommission versandte Einschreiben mit Rückschein erhalten hat.

3. Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen der Finanzprüfung bei einem Begünstigten wird ein vorläufiger Bericht erstellt. Dieser wird dem betreffenden Begünstigten von der Kommission übersandt; der Begünstigte kann innerhalb eines Monats nach Erhalt Stellung nehmen.

Der Abschlussbericht wird an den betreffenden Begünstigten gesandt. Dieser kann der Kommission binnen eines Monats nach Erhalt seine Stellungnahme übermitteln.

4. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Finanzprüfung ergreift die Kommission die geeigneten Maßnahmen, die sie für notwendig erachtet, etwa die Einziehung aller oder eines Teils der von ihr geleisteten Zahlungen. Die Einziehung ergeht an den betreffenden Begünstigten bzw. an den beteiligten Begünstigten, falls die Finanzprüfung sich gegen eines seiner Mitglieder richtet.

5. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung und der Rechnungshof können auf der Grundlage ihrer eigenen Vorschriften die Verwendung des von der Gemeinschaft im Rahmen [der vorliegenden] Finanzhilfevereinbarung gewährten finanziellen Beitrags überprüfen.

Artikel 19 – Rückerstattung an die Kommission und Einziehung

1. Wurde an den Beteiligten eine Zahlung ohne Rechtsgrund erbracht oder liegen nach den Bedingungen des Vertrags die Voraussetzungen für eine Einziehung vor, ist der Begünstigte verpflichtet, den betreffenden Betrag unter Einhaltung der von der Kommission festgesetzten Bedingungen und Fristen an die Kommission zurückzuzahlen.


2. Erfolgt die Zahlung des Begünstigten nicht innerhalb der von der Kommission festgesetzten Frist, ist der geschuldete Betrag zu den in Art. 3.6 des vorliegenden Anhangs genannten Sätzen zu verzinsen. Die Verzugszinsen sind von dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag an bis zu dem Tag zu zahlen, an dem die Kommission den ihr geschuldeten Gesamtbetrag erhält.

…“

7        Nach der Beendigung des Projekts übermittelte der Konsortialführer der Kommission am 30. April 2009 einen Abschlussbericht. Mit Schreiben vom 26. Mai 2009 teilte die Kommission dem Konsortialführer mit, das Projekt sei ihrer Meinung nach erfolgreich abgeschlossen, und billigte diesen Abschlussbericht. Die letzte Zahlung, die die Beträge umfasste, die noch nicht gemäß der fraglichen Finanzhilfevereinbarung gezahlt worden waren, wurde von der Kommission am 9. April 2010 geleistet.

8        Für ihre Teilnahme an dem Projekt erhielt die Klägerin eine Finanzhilfe in Höhe von insgesamt 408 466,50 Euro.

9        Am 27. September 2010 leitete das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) unter dem Aktenzeichen OF/2010/496 eine Verwaltungsuntersuchung wegen des Verdachts auf Unregelmäßigkeiten ein, die bei der Durchführung des Projekts begangen worden sein sollen.

10      Am 25. April 2013 richtete das OLAF ein Einschreiben an die Klägerin, mit dem es sie über die am 27. September 2010 eingeleitete Verwaltungsuntersuchung informierte (im Folgenden: Schreiben vom 25. April 2013). Mit diesem Schreiben teilte das OLAF der Klägerin auch mit, dass es im Rahmen dieser Verwaltungsuntersuchung beabsichtige, die Ordnungsmäßigkeit der mit ihren Personalkosten und mit den Kosten ihrer Unterauftragnehmer verbundenen Ausgaben zu prüfen. Zu diesem Zweck teilte das OLAF der Klägerin mit, dass es beabsichtige, am 7. Mai 2013 in ihren Räumlichkeiten eine Anhörung durchzuführen.

11      Am 7. Mai 2013 wurde der Geschäftsführer der Klägerin von Bediensteten des OLAF angehört (im Folgenden: Anhörung vom 7. Mai 2013). Im Anschluss an diese Anhörung wurde der Geschäftsführer der Klägerin gebeten, das Protokoll der Anhörung noch einmal zu lesen und dann zu unterzeichnen. Gefragt nach den Personalkosten, die der fraglichen Finanzhilfevereinbarung zugerechnet wurden, erklärte der Geschäftsführer der Klägerin u. a. Folgendes:

„… Es ist klar, dass es auf diese Stundentarife, die sich von 15 bis 50 Euro pro Stunde belaufen[,] einen Gewinn für die Gesellschaft gibt. In Wirklichkeit in der Lohntüte bezahle ich an das Personal, das für das Projekt arbeitet, nicht das gegenüber der Kommission erklärte Geld. …“


12      Das OLAF übermittelte der Kommission seinen Untersuchungsbericht, in dem festgestellt wurde, dass ein Teil der von der Klägerin geltend gemachten Personalkosten nicht die tatsächlichen Kosten widerspiegele, da sie einen Gewinnzuschlag umfassten, und empfahl der Kommission, sämtliche Zahlungen in Bezug auf die geltend gemachten Personalkosten zurückzufordern.

13      Mit Schreiben vom 18. November 2015 mit dem Aktenzeichen Ares(2015) 5172361 (im Folgenden: Schreiben vom 18. November 2015) teilte die Kommission der Klägerin im Wesentlichen mit, dass das OLAF insbesondere aufgrund der Aussagen ihres Geschäftsführers in der Anhörung vom 7. Mai 2013 festgestellt habe, dass ein Teil der erklärten Personalkosten nicht die tatsächlichen Kosten wiedergebe, da sie eine durch Anhang II Art. 13 der Finanzhilfevereinbarung verbotene Gewinnspanne beinhalteten. Nach Ansicht der Kommission erlaubte dieser Umstand die Feststellung, dass eine finanzielle Unregelmäßigkeit vorlag, so dass die erklärten Personalkosten nicht durch die Union gefördert werden konnten. Daher teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie beabsichtige, auf der Grundlage von Anhang II Art. 17 Abs. 4 und Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung die Rückzahlung der gesamten mit den von der Klägerin erklärten Personalkosten verbundenen Zahlungen, d. h. eines Betrags von 380 989,49 Euro, zu fordern.

14      Die Klägerin legte der Kommission mit Schreiben vom 15. Januar 2016 ihre Stellungnahme vor und ersuchte sie um Übermittlung des Berichts des OLAF zu diesem Projekt.

15      Mit Schreiben vom 18. April 2016 übermittelte die Kommission der Klägerin die sie betreffenden Auszüge aus dem Bericht des OLAF zu dem Projekt. Am 30. Mai 2016 nahm die Klägerin dazu Stellung und ersuchte darum, ihr bestimmte Anlagen zum Protokoll der Anhörung vom 7. Mai 2013 zu übermitteln.

16      Am 27. Oktober 2016 übermittelte die Kommission der Klägerin die angeforderten Unterlagen. Die Klägerin reichte mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 eine weitere Stellungnahme ein.

17      Mit Schreiben vom 27. September 2017 mit dem Aktenzeichen Ares(2017) 4709558 (im Folgenden: Schreiben vom 27. September 2017) kündigte die Kommission der Klägerin an, dass sie dieser eine Belastungsanzeige über 380 989,49 Euro übermitteln werde. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2017 mit dem Aktenzeichen Ares(2017) 4790311 (im Folgenden: Schreiben vom 2. Oktober 2017) übermittelte die Kommission der Klägerin die Belastungsanzeige Nr. 3241712708 über 380 989,49 Euro, die auf der Grundlage von Anhang II Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung ausgestellt wurde (im Folgenden: Belastungsanzeige).

 Verfahren und Anträge der Parteien

18      Mit Klageschrift, die am 4. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

19      Die Klägerin beantragt,

–        das Schreiben vom 27. September 2017 sowie das Schreiben vom 2. Oktober 2017 und die Belastungsanzeige (im Folgenden zusammen: angefochtene Rechtsakte) für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, festzustellen, dass der in Durchführung der Finanzhilfevereinbarung erhaltene Betrag von 380 989,49 Euro, dessen Rückzahlung die Kommission mit der Belastungsanzeige fordert, nicht oder zumindest nicht vollständig geschuldet wird;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

20      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen, soweit sie auf die Nichtigerklärung des Schreibens vom 27. September 2017 und der Belastungsanzeige gerichtet ist;

–        die Klage im Übrigen als unbegründet abzuweisen;

–        im Wege der Widerklage, die Klägerin zur Zahlung eines Betrags von 380 989,49 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe des Zinssatzes, der von der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ihre wichtigsten Refinanzierungsgeschäfte am 1. November 2017 angewandt wurde, zuzüglich von 3,5 Prozentpunkten, ab dem 17. November 2017 zu verurteilen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

21      In ihrer Klageschrift hat die Klägerin ihre Klage sowohl auf Art. 263 AEUV als auch auf Art. 272 AEUV gestützt.

22      Nach Art. 272 AEUV in Verbindung mit Art. 256 AEUV ist das Gericht im ersten Rechtszug für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig, die in einem von der Union oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist.

23      Im vorliegenden Fall enthält Art. 5 der Finanzhilfevereinbarung, auf die die Kommission die streitige Rückforderung stützt, eine Schiedsklausel. Diese sieht vor, dass ausschließlich das Gericht und im Fall der Berufung der Gerichtshof für die Prüfung eines Rechtsstreits zwischen der Union und den Begünstigten betreffend die Auslegung, die Anwendung oder die Gültigkeit der Finanzhilfevereinbarung zuständig sind; diese unterliegt dem Unionsrecht und erforderlichenfalls ergänzend dem belgischen Recht.

 Zur Zulässigkeit

24      Ohne förmlich eine Einrede der Unzulässigkeit im Sinne von Art. 130 der Verfahrensordnung des Gerichts zu erheben, macht die Kommission geltend, dass die Klage teilweise unzulässig sei.

25      Insbesondere seien der auf Art. 263 AEUV gestützte Klageantrag auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 27. September 2017 und der Belastungsanzeige, die in einem rein vertraglichen Rahmen stünden, und dementsprechend auch die ersten vier Klagegründe, die zur Stützung dieses Klageantrags geltend gemacht würden, als unzulässig zurückzuweisen.

26      Die Klägerin trägt vor, dass die Maßnahme eines Organs in einem vertraglichen Zusammenhang als von diesem trennbar angesehen werden müsse, wenn sie von dem Organ unter Einsatz seiner Befugnisse als öffentliche Behörde erlassen worden sei, und somit Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV sein könne.

27      Das Schreiben vom 27. September 2017 sei eine verwaltungsrechtliche Maßnahme, die die Kommission unter Einsatz ihrer Befugnisse als öffentliche Behörde erlassen habe, da die Kommission ihr mit diesem Schreiben dargelegt habe, dass sie die Diskussion betreffend die Förderfähigkeit der erklärten Personalkosten durch die Union für vollständig abgeschlossen erachte, was der Klägerin gegenüber Rechtsfolgen entfalte. Ferner seien das Schreiben vom 2. Oktober 2017 und die ihm beigefügte Belastungsanzeige, die in der Folge des Schreibens vom 27. September 2017 versandt bzw. erlassen worden seien, einfache Folgemaßnahmen dieses Schreibens und hätten dieselben Eigenschaften. Daher sei ihr auf Art. 263 AEUV gestützter Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte zulässig und somit auch die vier Klagegründe, die zur Stützung dieses Antrags vorgetragen worden seien.

28      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Nichtigkeitsklage im Sinne von Art. 263 AEUV gegen alle Handlungen der Organe gegeben ist, die – unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder Form – dazu bestimmt sind, verbindliche Rechtswirkungen zu erzeugen, die die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung berühren (vgl. Urteil vom 9. September 2015, Lito Maieftiko Gynaikologiko kai Cheirourgiko Kentro/Kommission, C‑506/13 P, EU:C:2015:562, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).


29      Hingegen findet die Zuständigkeit der Unionsgerichte zur Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des Vertrags keine Anwendung, wenn die Rechtsstellung des Klägers im Rahmen vertraglicher Beziehungen festgelegt wird, für die das von den Vertragsparteien gewählte nationale Recht gilt (Urteil vom 9. September 2015, Lito Maieftiko Gynaikologiko kai Cheirourgiko Kentro/Kommission, C‑506/13 P, EU:C:2015:562, Rn. 18).

30      Daraus folgt, dass bei Vorliegen eines Vertrags, der den Kläger an ein Organ bindet, eine Klage nach Art. 263 AEUV nur dann bei den Unionsgerichten anhängig gemacht werden kann, wenn die angefochtene Handlung verbindliche Rechtswirkungen erzeugen soll, die außerhalb der vertraglichen Beziehung, die die Parteien bindet, angesiedelt sind und die Ausübung hoheitlicher Befugnisse voraussetzen, die dem vertragschließenden Organ als Verwaltungsbehörde übertragen worden sind (Urteil vom 9. September 2015, Lito Maieftiko Gynaikologiko kai Cheirourgiko Kentro/Kommission, C‑506/13 P, EU:C:2015:562, Rn. 20).

31      Zunächst ist zu der Argumentation der Klägerin, wonach das Schreiben vom 27. September 2017 eine Verwaltungsmaßnahme darstelle, die von der Kommission in Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse erlassen worden sei, festzustellen, dass die Kommission mit diesem Schreiben verschiedene, in den Schreiben vom 15. Januar, 30. Mai und 7. Dezember 2016 enthaltene Stellungnahmen der Klägerin beantwortet hat, mit denen die vom OLAF festgestellten Tatsachen bestritten wurden (vgl. oben, Rn. 14 bis 16) und den von der Kommission daraus gezogenen Schlussfolgerungen, die der Klägerin mit Schreiben vom 18. November 2015 (vgl. oben, Rn. 13) übermittelt worden waren, widersprochen wurde. So stand das Schreiben vom 27. September 2017 im Kontext eines Dialogs zwischen der Klägerin und der Kommission, der zwar nach der Übersendung des Schreibens vom 18. November 2015 eingeleitet worden war, seinen Ursprung aber in Wahrheit in den Nachprüfungen hatte, die das OLAF im Rahmen der Untersuchung gemäß Art. 17 Abs. 5 des Anhangs II der Finanzhilfevereinbarung durchgeführt hatte.

32      Im Übrigen hat die Kommission im Schreiben vom 27. September 2017 an ihrer im Schreiben vom 18. November 2015 geäußerten Auffassung festgehalten, dass das Vorliegen einer schwerwiegenden finanziellen Unregelmäßigkeit erwiesen sei, so dass die von der Klägerin geltend gemachten Personalkosten nicht als erstattungsfähige Kosten im Rahmen der Förderung durch die Union nach der Finanzhilfevereinbarung eingestuft werden könnten und folglich eine entsprechende Belastungsanzeige ausgestellt werde.

33      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das Schreiben vom 27. September 2017 im Rahmen der vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der Kommission erging und keine Entscheidung enthielt, die in Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch die Kommission erlassen wurde. Folglich kann dieses Schreiben nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV sein.

34      Das Gleiche gilt für das Schreiben vom 2. Oktober 2017 und die Belastungsanzeige. Dieses Schreiben, dessen einziger Zweck darin bestand, die Belastungsanzeige zu übersenden, stand nämlich im Kontext der vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der Kommission, da es die Beitreibung einer Forderung zum Gegenstand hatte, die auf der fehlenden Erstattungsfähigkeit der Personalkosten beruht und der die Bestimmungen der Finanzhilfevereinbarung zugrunde liegen. Die Belastungsanzeige ist daher als eine Mahnung zu verstehen, in der auf den Fälligkeitszeitpunkt sowie die Zahlungsbedingungen hingewiesen wird und die einem vollstreckbaren Titel im Sinne von Art. 299 AEUV nicht gleichgesetzt werden kann, auch wenn sie das Vollstreckungsverfahren nach Art. 299 AEUV als einen möglichen Weg nennt, der der Kommission offenstehe, falls die Klägerin nicht zum festgelegten Fälligkeitszeitpunkt, nämlich dem 16. November 2017, erfüllen sollte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2015, Lito Maieftiko Gynaikologiko kai Cheirourgiko Kentro/Kommission, C‑506/13 P, EU:C:2015:562, Rn. 23).

35      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist die Klage unzulässig, soweit sie auf die Nichtigerklärung des Schreibens vom 27. September 2017 sowie des Schreibens vom 2. Oktober 2017 und die Belastungsanzeige gemäß Art. 263 AEUV gerichtet ist, da sich diese nicht von den zwischen der Klägerin und der Kommission bestehenden Vertragsbeziehungen trennen lassen. Folglich ist die Klage nur insoweit zu prüfen, als sie auf Art. 272 AEUV gestützt ist.

 Zur Begründetheit

36      Soweit die Klage auf Art. 272 AEUV gestützt ist, macht die Klägerin drei Klagegründe geltend, mit denen sie im Wesentlichen die Feststellung begehrt, dass der in der Belastungsanzeige geforderte Betrag nicht oder zumindest nicht vollständig geschuldet sei.

37      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht, soweit es aufgrund einer Schiedsklausel auf der Grundlage von Art. 272 AEUV angerufen wird, den Rechtsstreit auf der Grundlage des auf den Vertrag anwendbaren materiellen Rechts entscheiden muss (vgl. Urteil vom 1. März 2017, Universiteit Antwerpen/REA, T‑208/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:136, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Wie oben in Rn. 23 ausgeführt, unterliegt die Finanzhilfevereinbarung gemäß der darin enthaltenen Schiedsklausel dem Unionsrecht, erforderlichenfalls ergänzend dem belgischen Recht.

39      Gemäß Art. 1134 Abs. 1 und 3 des belgischen Zivilgesetzbuchs sind „[r]echtmäßig zustande gekommene Verträge … für die Vertragsparteien wie Gesetze bindend“ und „nach Treu und Glauben zu erfüllen“. Darüber hinaus sieht Art. 1135 des belgischen Zivilgesetzbuchs vor, dass „Verträge nicht nur zu dem [verpflichten], was darin ausgedrückt ist, sondern auch zu allen Folgen, die der Verbindlichkeit nach ihrer Art durch Billigkeit, Brauch oder Gesetz zuerkannt werden“.

40      Art. 1156 des belgischen Zivilgesetzbuchs veranschaulicht die Anwendung des Grundsatzes der gutgläubigen Erfüllung nach Treu und Glauben bei der Auslegung von Verträgen. Nach dieser Bestimmung „[ist i]n Verträgen … der gemeinsame Wille der Vertragsparteien zu ermitteln und nicht allein auf den Wortlaut abzustellen“.

41      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Klägerin ihren Verpflichtungen aus der Finanzhilfevereinbarung nachgekommen ist.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der Erfüllung von Verträgen nach Treu und Glauben

42      Die Klägerin stützt ihren ersten Klagegrund auf vier Rügen, mit denen sie erstens das Fehlen einer Finanzprüfung, zweitens das verspätete Handeln der Kommission, drittens eine Verletzung des Rechts auf Einsicht in den Untersuchungsbericht des OLAF und viertens die einseitige Auslegung der Aktenstücke und das Desinteresse der Kommission an ihrem Vorbringen beanstandet.

–       Zur Rüge des Fehlens einer Finanzprüfung

43      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die vom OLAF durchgeführte Verwaltungsuntersuchung nicht einer umfassenden Rechnungsprüfung im Rahmen einer Finanzprüfung im Sinne von Anhang II Art. 17 Abs. 1 der Finanzhilfevereinbarung gleichgestellt werden könne und eine solche Prüfung nie stattgefunden habe. Die Klägerin schließt daraus, dass der auf der Grundlage der vom OLAF im Rahmen der Verwaltungsuntersuchung getroffenen Feststellungen geforderte Betrag nicht geschuldet sei, da das von der Kommission angewandte Verfahren die Bestimmungen der Finanzhilfevereinbarung über Finanzprüfungen, insbesondere die in Anhang II Art. 17 Abs. 1 dieser Vereinbarung, nicht eingehalten habe.

44      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich die Klägerin, wie sich aus Anhang II Art. 19 Abs. 1 der Finanzhilfevereinbarung ergibt, durch die Unterzeichnung dieser Vereinbarung verpflichtet hat, der Kommission jede Zahlung zurückzuerstatten, die ohne Rechtsgrund erbracht wurde oder für die die Voraussetzungen für eine Einziehung vorliegen, insbesondere wenn festgestellt wird, dass bestimmte Kosten die vertraglich vorgesehenen Bedingungen für die Erstattungsfähigkeit nicht erfüllten.

45      Außerdem muss die Kommission nach Anhang II Art. 3 Abs. 6 der Finanzhilfevereinbarung die Rückerstattung des gesamten finanziellen Beitrags der Union, der dem betreffenden Begünstigten geleistet wurde, von diesem fordern, wenn bei der Prüfung gemäß Art. 17 dieses Anhangs ein Betrug oder schwerwiegende Unregelmäßigkeiten aufgedeckt werden.

46      Anhang II Art. 17 Abs. 5 der Finanzhilfevereinbarung sieht unabhängig von den Bestimmungen in den Abs. 1 bis 4 dieses Artikels die Möglichkeit vor, dass das OLAF Verwaltungsuntersuchungen zu der Verwendung des von der Union gewährten finanziellen Beitrags durchführt, wobei jedoch das OLAF in diesem Rahmen seine eigenen Verfahrensvorschriften anzuwenden hat.

47      Somit räumt Anhang II Art. 3 Abs. 6 der Finanzhilfevereinbarung, da er nicht ausdrücklich auf einen oder mehrere Absätze von Art. 17 dieses Anhangs verweist, der Kommission die Möglichkeit ein, die Rückerstattung des gesamten bereits gezahlten finanziellen Beitrags der Union zu verlangen, wenn schwerwiegende finanzielle Unregelmäßigkeiten entweder im Rahmen einer Finanzprüfung nach Anhang II Art. 17 Abs. 1 bis 4 der Finanzhilfevereinbarung oder im Rahmen einer vom OLAF auf der Grundlage von Abs. 5 dieses Artikels durchgeführten Verwaltungsuntersuchung aufgedeckt werden. Folglich ist die Kommission zur Feststellung schwerwiegender finanzieller Unregelmäßigkeiten nicht verpflichtet, eine zusätzliche Finanzprüfung durchzuführen oder durchführen zu lassen, die die Bestimmungen von Anhang II Art. 17 Abs. 1 bis 4 der Finanzhilfevereinbarung erfüllt, wenn solche Unregelmäßigkeiten bereits bei einer auf der Grundlage von Abs. 5 dieses Artikels durchgeführten Verwaltungsuntersuchung des OLAF zutage gefördert wurden.

48      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, insbesondere aus dem Schreiben vom 18. November 2015, dass die Kommission im Anschluss an die vom OLAF im Rahmen einer Verwaltungsuntersuchung gemäß Anhang II Art. 17 Abs. 5 der Finanzhilfevereinbarung getroffenen Feststellungen das Vorliegen einer finanziellen Unregelmäßigkeit insoweit konstatiert hat, als ein Teil der von der Klägerin geltend gemachten Personalkosten nicht die tatsächlichen Kosten widerspiegelte, da sie einen nach Anhang II Art. 13 der Finanzhilfevereinbarung verbotenen Gewinnzuschlag umfassten, und der Klägerin die Belastungsanzeige übersandte.

49      Folglich ist das auf einen Verstoß gegen Anhang II Art. 17 Abs. 1 bis 4 der Finanzhilfevereinbarung gestützte Vorbringen der Klägerin als ins Leere gehend zurückzuweisen, da diese Bestimmungen nur auf Fälle anwendbar sind, in denen von der Kommission oder, auf deren Verlangen, durch eine beauftragte Stelle eine Finanzprüfung durchgeführt wird. Im vorliegenden Fall ist eine solche Finanzprüfung jedoch nicht durchgeführt worden.

50      Nach alledem ist die Rüge des Fehlens einer Finanzprüfung zurückzuweisen.


–       Zur Rüge des verspäteten Handelns der Kommission

51      Die Klägerin wirft der Kommission zunächst wegen verspäteten Handelns im Hinblick auf Anhang II Art. 17 Abs. 1 der Finanzhilfevereinbarung einen Verstoß gegen den Grundsatz der Erfüllung von Verträgen nach Treu und Glauben vor. Nach dieser Bestimmung könne die Kommission nämlich eine Finanzprüfung betreffend einen Teilnehmer an einem Projekt im Hinblick auf die Rückforderung aller oder eines Teils der geleisteten Zahlungen in einem Zeitraum von bis zu fünf Jahren ab der abschließenden Zahlung des Unionsbeitrags durchführen. Das Schreiben vom 18. November 2015, mit dem die Kommission sie von einer möglichen Rückforderung unterrichtet habe, sei ihr jedoch mehr als fünf Jahre nach der letzten Zahlung übermittelt worden, die im April 2010 erfolgt sei.

52      Ferner lasse das Schreiben vom 25. April 2013 nicht erkennen, dass die Kommission ein Finanzprüfverfahren im Sinne von Anhang II Art. 17 Abs. 1 der Finanzhilfevereinbarung eingeleitet habe. Daher könne zum einen das Schreiben vom 25. April 2013 nicht als die Mitteilung im Sinne von Anhang II Art. 17 Abs. 1 der Finanzhilfevereinbarung angesehen werden, mit der die Kommission den betreffenden Begünstigten von der Eröffnung eines Prüfverfahrens gegen ihn zu unterrichten habe, und zum anderen die Übermittlung dieses Schreibens die in dieser Bestimmung vorgesehene Verjährungsfrist von fünf Jahren nicht unterbrechen.

53      Schließlich macht die Klägerin geltend, dass die Kommission innerhalb eines angemessenen Zeitraums hätte handeln müssen, wodurch es sich hätte vermeiden lassen, die Klägerin einer langen Unsicherheit darüber auszusetzen, ob die fragliche Finanzhilfe behalten werden könne oder zurückzuzahlen sei.

54      Zwar durfte die Kommission gemäß Anhang II Art. 17 Abs. 1 der Finanzhilfevereinbarung binnen fünf Jahren nach der endgültigen Zahlung des gemäß der Finanzhilfevereinbarung gewährten finanziellen Beitrags der Union eine Finanzprüfung durchführen oder durchführen lassen. Doch durfte das OLAF nach Abs. 5 dieses Artikels die Verwendung des von der Union im Rahmen dieser Finanzhilfevereinbarung gewährten finanziellen Beitrags nach seinen eigenen Verfahrensvorschriften überprüfen. Mit Unterzeichnung der Finanzhilfevereinbarung hat sich die Klägerin daher damit einverstanden erklärt, sich einer eventuellen Finanzprüfung durch die Kommission oder eine von dieser beauftragte Stelle innerhalb der in dieser Vereinbarung festgelegten Frist von fünf Jahren oder einer eventuellen vom OLAF nach dessen eigenen Verfahrensvorschriften geführten Verwaltungsuntersuchung zu unterwerfen.

55      Da Anhang II Art. 17 Abs. 5 der Finanzhilfevereinbarung die Möglichkeit vorsieht, dass das OLAF Verwaltungsuntersuchungen durchführt, die die Verwendung des von der Union gewährten finanziellen Beitrags betreffen, das OLAF in diesem Rahmen allerdings seine eigenen Verfahrensvorschriften anzuwenden hat, ist somit das Vorbringen der Klägerin, mit dem ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften in Art. 17 Abs. 1 dieses Anhangs geltend gemacht wird, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Im Übrigen gibt es weder eine Rechtsvorschrift noch eine vertragliche Bestimmung, die eine Höchstdauer der vom OLAF durchgeführten Verwaltungsuntersuchung oder eine Frist, innerhalb deren diese erfolgen muss, festlegt.

56      Den Akten ist auch zu entnehmen, dass der Inhalt des Schreibens vom 25. April 2013, dessen Gegenstand „Ladung zu einer Anhörung – Verwaltungsuntersuchung gegen eine Person“ lautete, in Bezug auf den Kontext, in dem eine Verwaltungsuntersuchung eingeleitet worden war, und den Zweck der Anhörung eindeutig ist. Mit diesem Schreiben vom 25. April 2013 teilte das OLAF der Klägerin nämlich eindeutig mit, dass wegen vermuteter Unregelmäßigkeiten, die bei der Durchführung des Projekts begangen worden sein sollen, eine Verwaltungsuntersuchung eingeleitet worden sei und sie beabsichtige, im Rahmen dieser Verwaltungsuntersuchung in einer Anhörung insbesondere die Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben im Zusammenhang mit den Personalkosten der Klägerin zu überprüfen.

57      Somit wurde die Klägerin bereits am 25. April 2013 ordnungsgemäß davon in Kenntnis gesetzt, dass die Erstattungsfähigkeit einiger der von ihr im Rahmen der Finanzhilfevereinbarung geltend gemachten Personalkosten ernsthafte Zweifel seitens des OLAF aufwarf.

58      Die Kommission setzte die Klägerin jedoch erst mit Schreiben vom 18. November 2015, also mehr als 30 Monate nach der Anhörung am 7. Mai 2013, förmlich davon in Kenntnis, dass das OLAF insbesondere aufgrund der Erklärungen des Geschäftsführers der Klägerin bei dieser Anhörung festgestellt hatte, dass ein Teil der geltend gemachten Personalkosten nicht die tatsächlichen Kosten widerspiegele, da sie eine nach Anhang II Art. 13 der Finanzhilfevereinbarung verbotene Gewinnspanne umfassten. Nach dem Grundsatz, dass die Parteien eines Vertrags diesen nach Treu und Glauben erfüllen müssen, war die Kommission indessen verpflichtet, der Klägerin innerhalb angemessener Zeit die Schlussfolgerungen mitzuteilen, die sie aus den vom OLAF getroffenen und in seinem Untersuchungsbericht niedergelegten Feststellungen zog, um es der Klägerin zu ermöglichen, diese Feststellungen zweckdienlich zu beanstanden, und die Klägerin allgemein nicht in einer Ungewissheit zu belassen, die nachteilig für sie sein könnte.

59      Insoweit ist festzustellen, dass die Angemessenheit einer Zeitspanne anhand aller Umstände der jeweiligen Sache zu beurteilen ist, insbesondere anhand der Interessen, die in dem Rechtsstreit für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, der Komplexität der Angelegenheit und der verschiedenen von dem Unionsorgan abgeschlossenen Verfahrensschritte sowie des Verhaltens der Parteien im Lauf des Verfahrens (vgl. Urteil vom 14. Juni 2016, Marchiani/Parlament, C‑566/14 P, EU:C:2016:437, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung).


60      In Anbetracht des Akteninhalts ist eine Zeitspanne von mehr als 30 Monaten weder gerechtfertigt noch angemessen. Wie aus dem Schreiben vom 18. November 2015 hervorgeht, hat die Kommission nämlich die vom OLAF im Rahmen seiner Verwaltungsuntersuchung, insbesondere aufgrund der Anhörung vom 7. Mai 2013, getroffenen Feststellungen im Wesentlichen übernommen und keine weiteren Ermittlungen angestellt, um ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Außerdem wies der Inhalt des Untersuchungsberichts des OLAF, soweit er die Klägerin betraf, keine besondere Komplexität auf.

61      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Zeitspanne von mehr als 30 Monaten zwischen der Anhörung vom 7. Mai 2013 und der Übersendung des Schreibens vom 18. November 2015 an die Klägerin im vorliegenden Fall eine unangemessene Zeitspanne und damit einen Verstoß der Kommission gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen darstellt, wie sie nach Maßgabe des Grundsatzes der Erfüllung von Verträgen nach Treu und Glauben auszulegen sind.

62      Allerdings geht aus den Akten nicht hervor, dass die unangemessene Verzögerung, zu der es kam, bis die Kommission die Schlussfolgerungen, die sie aus den vom OLAF getroffenen Feststellungen gezogen hatte, der Klägerin im Schreiben vom 18. November 2015 mitteilte, die Möglichkeit der Klägerin beeinträchtigt hätte, diesen Schlussfolgerungen wirksam entgegenzutreten.

63      Erstens ist nämlich festzustellen, dass die Klägerin mehrfach, und zwar u. a., wie oben in Rn. 31 ausgeführt, am 15. Januar, 30. Mai und 7. Dezember 2016, Gelegenheit hatte, der Kommission Stellungnahmen und Belege zu übermitteln, bevor diese ihr die Belastungsanzeige übersandte. Die Übersendung der Belastungsanzeige erfolgte somit im Anschluss an einen umfangreichen Schriftwechsel zwischen der Kommission und der Klägerin, in dem diese zahlreiche Gelegenheiten hatte, Stellungnahmen abzugeben und zusätzliche Belege vorzulegen.

64      Zweitens war die Klägerin nach Art. 12 Abs. 7 der auf die Finanzhilfevereinbarung anwendbaren Verordnung (EG) Nr. 67/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Grundregeln für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für transeuropäische Netze (ABl. 2010, L 27, S. 20) verpflichtet, sämtliche Belege über die im Rahmen des Projekts getätigten Ausgaben fünf Jahre lang nach der letzten Zahlung, d. h. hier, bis zum 8. April 2015, aufzubewahren. Nach Erhalt des Schreibens vom 25. April 2013 musste der Klägerin somit klar sein, dass es in ihrem Interesse lag, alle einschlägigen Unterlagen aufzubewahren, die geeignet waren, die Erstattungsfähigkeit der der Finanzhilfevereinbarung zugeordneten Ausgaben nachzuweisen. Folglich hat die verspätete Mitteilung der Schlussfolgerungen, die die Kommission aus den Feststellungen des OLAF gezogen hatte, im Schreiben vom 18. November 2015 die Möglichkeit der Klägerin, sich zur Verteidigung ihrer Standpunkte auf die genannten Belege zu berufen, nicht beeinträchtigt.

65      Drittens ergibt sich aus den Akten, dass die Person, die zu der Zeit der zugrunde liegenden Ereignisse Geschäftsführer der Klägerin war, diese Position bei Erhebung der vorliegenden Klage noch immer innehatte und daher nach Erhalt des Schreibens vom 18. November 2015 alle erforderlichen Informationen beschaffen konnte, um sowohl den Feststellungen des OLAF als auch den von der Kommission daraus gezogenen Schlüssen entgegenzutreten.

66      Das Vorbringen der Klägerin, dass die unangemessene Zeitspanne, um die es hier geht, sie einer langen Ungewissheit darüber ausgesetzt habe, ob die fragliche Finanzhilfe bestehen bleibe oder zurückzuzahlen sei, ist mit der Feststellung zu entkräften, dass die Ungewissheit, in die die Klägerin versetzt wurde, jedem Verfahren zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit von Ausgaben, die im Rahmen einer Finanzhilfevereinbarung wie der hier in Rede stehenden dem Haushalt der Union belastet werden, immanent ist. Im Übrigen stand es der Klägerin frei, sich bei der Kommission nach dem Stand ihres Verfahrens zu erkundigen, um ihre Ungewissheit zu beenden oder zu verkürzen.

67      Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist die Rüge, mit der ein verspätetes Handeln der Kommission geltend gemacht wird, ebenso zurückzuweisen wie das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie der Kommission wegen dieses verspäteten Handelns einen Verstoß gegen den Grundsatz der Erfüllung von Verträgen nach Treu und Glauben vorwirft.

–       Zur Rüge einer Verletzung des Rechts auf Einsicht in den Untersuchungsbericht des OLAF

68      Die Klägerin macht einen Verstoß gegen den Grundsatz der Erfüllung von Vereinbarungen nach Treu und Glauben mit der Begründung geltend, dass sie nur teilweise Einsicht in den Untersuchungsbericht des OLAF gehabt habe, mit dem dieses der Kommission u. a. empfohlen habe, die streitige vertragliche Forderung einzutreiben. Die Parteien der Finanzhilfevereinbarung seien aber aufgerufen, entsprechende wechselseitige Beanstandungen umfassend darzulegen.

69      Zum einen ist festzustellen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 15 ausgeführt, dem Antrag der Klägerin vom 15. Januar 2016 mit Schreiben vom 18. April 2016 stattgab und ihr sämtliche Teile des Untersuchungsberichts des OLAF übermittelte, die sie unmittelbar betrafen.

70      Zum anderen ist – unter der Annahme, dass die Klägerin der Kommission mit ihrem Vorbringen in Wirklichkeit vorwirft, ihr nicht den gesamten Untersuchungsbericht des OLAF einschließlich der Feststellungen, die nicht unmittelbar sie, sondern das Verhalten anderer Beteiligter des Projekts betrafen, übermittelt zu haben – darauf hinzuweisen, dass ein solcher Antrag über den Anspruch auf umfassende Mitteilung der Beanstandungen im Rahmen der Erfüllung der Finanzhilfevereinbarung nach Treu und Glauben hinausgeht. Dieser Vorwurf fällt gegebenenfalls in den Kontext der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43). Die Klägerin hat jedoch zu keinem Zeitpunkt einen auf die Verordnung Nr. 1049/2001 gestützten Antrag auf Zugang zu dem Untersuchungsbericht des OLAF gestellt.

71      Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Rüge einer Verletzung des Rechts auf Einsicht in den Untersuchungsbericht des OLAF zurückzuweisen ist.

–       Zu der Rüge, mit der eine einseitige Auslegung des Akteninhalts und das Desinteresse der Kommission an dem Vorbringen der Klägerin geltend gemacht wird

72      Nach Auffassung der Klägerin liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Erfüllung von Verträgen nach Treu und Glauben vor, da sich die Kommission darauf beschränkt habe, die im Untersuchungsbericht des OLAF enthaltenen Schlussfolgerungen einfach zu übernehmen, ohne eine eigenständige Bewertung der Tatsachen vorzunehmen. Abgesehen davon, dass diese Schlussfolgerungen rein auf Vermutungen und Unterstellungen beruhten, habe die Kommission darüber hinaus die Daten und Berechnungen betreffend die Personalkosten nicht berücksichtigt, die die Klägerin vorgelegt habe und die im Wesentlichen einer gründlichen Prüfung hätten unterzogen werden müssen.

73      Insoweit können die von der Klägerin vorgelegten Beweise wie folgt zusammengefasst werden:

–        Gehaltsabrechnungen mit dem Projekt befasster Mitarbeiter und Gehaltsabrechnungen des Geschäftsführers der Klägerin;

–        vierteljährliche Berichte;

–        als Beweis angebotene Zeugenaussagen von Mitarbeitern;

–        Berechnungen von Stundensätzen und Personalkosten durch einen externen Berater;

–        monatliche Aufstellungen von Arbeitszeiten der Mitarbeiter;

–        Rechnungen und Unterlagen über Leistungen eines Ingenieurs.

74      Erstens teilte die Kommission der Klägerin mit dem Schreiben vom 18. November 2015 zwar die tatsächlichen Feststellungen des OLAF mit, nahm aber auch eine Bewertung dieser Tatsachen anhand der Bestimmungen in Anhang II Art. 13, 14 und 15 der Finanzhilfevereinbarung vor und gelangte im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass eine Unregelmäßigkeit vorliege, da die angegebenen Personalkosten nicht jede Gewinnspanne ausschlössen und daher als nicht erstattungsfähige Kosten, deren Rückerstattung gerechtfertigt sei, anzusehen seien. Daher ist das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe die tatsächlichen Feststellungen des OLAF nicht selbst gewürdigt, sachlich unzutreffend.

75      Zweitens ist daran zu erinnern (vgl. oben, Rn. 31 und 63), dass zwischen dem 18. November 2015 und Dezember 2016 im Rahmen des Dialogs zwischen der Kommission und der Klägerin zahlreiche Schreiben gewechselt wurden und die Klägerin dabei ebenso zahlreiche Gelegenheiten hatte, Stellungnahmen abzugeben und gegebenenfalls zusätzliche Belege vorzulegen. Aus den Akten geht zudem hervor, dass sich dieser Schriftwechsel bis Oktober 2017 fortsetzte, so dass der gegenüber der Kommission erhobene Vorwurf der einseitigen Auslegung des Sachverhalts und des Desinteresses am Vorbringen der Klägerin unbegründet ist.

76      Drittens räumt die Klägerin selbst ein, dass einige der im Untersuchungsbericht des OLAF enthaltenen Feststellungen von der Kommission bei ihrer eigenen Würdigung des Sachverhalts nicht aufrechterhalten wurden, so dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, sich damit begnügt zu haben, die im Untersuchungsbericht des OLAF enthaltenen Schlussfolgerungen vollständig zu übernehmen.

77      Was viertens den Antrag der Klägerin betrifft, einen Sachverständigen zu bestellen, um die Stichhaltigkeit ihres Vorbringens bezüglich der Berücksichtigung der zu den Personalkosten vorgelegten Angaben und Berechnungen durch die Kommission zu prüfen, so genügt die Feststellung, dass dem Antrag nicht stattgegeben werden kann, weil es der Klägerin aufgrund ihrer vertraglichen Verpflichtungen oblag, den Nachweis der Erstattungsfähigkeit ihrer Kosten im Rahmen der Finanzierung aus dem Haushalt der Union gemäß den Beweisanforderungen von Anhang II Art. 16 der Finanzhilfevereinbarung selbst zu erbringen.

78      Außerdem lässt sich anhand der von der Klägerin vorgelegten Nachweise zum einen nicht speziell feststellen, ob die Personalkosten erstattungsfähig sind. Zum anderen sind diese Nachweise im Wesentlichen von Personen beigebracht worden, die der Gefahr eines Interessenkonflikts ausgesetzt sind, oder betreffen solche Personen. Damit die Kommission ihre Kontrolle ausüben kann, sind Empfänger von Finanzhilfen verpflichtet, nachzuweisen, dass die den subventionierten Vorhaben zugerechneten Kosten tatsächlich entstanden sind. Die Übermittlung zuverlässiger Angaben durch die Empfänger ist unerlässlich für das ordnungsgemäße Funktionieren des Systems der Kontrolle der Belege, das eingeführt wurde, um zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Förderfähigkeit erfüllt sind.

79      Die von der Klägerin in ihrer Erwiderung übermittelten neuen Berechnungen sind jedenfalls nicht geeignet, eine Entsprechung zwischen den angemeldeten Personalkosten und den tatsächlich getragenen Personalkosten, d. h. den Personalkosten, die für die Förderung aus dem Haushalt der Union in Betracht kommen, genau zu belegen. Je nach angewandter Berechnungshypothese variieren die Ergebnisse der Klägerin zwischen dem völligen Fehlen einer Gewinnspanne bezüglich der angemeldeten Personalkosten und angemeldeten Personalkosten, die um etwa 27 000 Euro höher als die tatsächlich getragenen Kosten und damit in dieser Höhe nicht erstattungsfähig seien.

80      Im vorliegenden Fall hätte die Klägerin die Erstattungsfähigkeit der verschiedenen Personalausgaben anhand von Buchungsbelegen nachweisen müssen, die die für die Gewährung der betreffenden Finanzhilfe festgelegten technischen Voraussetzungen erfüllen und im Rahmen eines Audits überprüft werden können. Somit hat die Klägerin nach Auffassung des Gerichts keine hinreichenden Beweise beigebracht, um die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Personalkosten im Rahmen der Finanzierung aus dem Haushalt der Union genau zu belegen.

81      Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Rüge der einseitigen Auslegung des Akteninhalts und des Desinteresses der Kommission am Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen ist.

82      Der erste Klagegrund, mit dem ein Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der Erfüllung von Verträgen nach Treu und Glauben gerügt wird, ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Unbegründetheit der Belastungsanzeige

83      Die Klägerin, die behauptet, die Personalkosten ordentlich abgerechnet und die Gewinnspanne, die ihr vorgeworfen werde, nicht erzielt zu haben, macht geltend, dass die Ermittlung der Kommission ungenügend und irreführend gewesen sei, so dass die ihr übermittelte Belastungsanzeige unberechtigt gewesen sei.

84      Im vorliegenden Fall ist bereits festgestellt worden, dass die von der Klägerin beigebrachten Beweise, die oben in Rn. 73 angeführt worden sind, zum einen zu allgemein waren, da sie es nicht erlaubten, speziell auf die Erstattungsfähigkeit der Personalkosten im Rahmen der Finanzierung aus dem Haushalt der Union zu schließen, und zum anderen von Personen beigebracht wurden, die der Gefahr eines Interessenkonflikts ausgesetzt waren, oder solche Personen betrafen.

85      Folglich besteht kein Grund, von der oben in Rn. 80 gezogenen Schlussfolgerung abzuweichen, dass die Klägerin keine hinreichenden Beweise für die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Personalkosten geliefert hat.

86      Darüber hinaus sind die Personalkosten nur erstattungsfähig und können somit der Finanzhilfevereinbarung nur zugerechnet werden, wenn sie eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, u. a. die in Anhang II Art. 13 der Finanzhilfevereinbarung festgelegten, sämtlichen zugerechneten Kosten unabhängig von ihrer Natur gemeinsamen Voraussetzungen, zu denen der Ausschluss jeglicher Gewinnspanne gehört. Wird also festgestellt, dass geltend gemachte Kosten – unabhängig von ihrer Natur – eine Gewinnspanne enthalten, können diese Kosten nicht mehr als im Rahmen der Finanzierung aus dem Haushalt der Union erstattungsfähige Kosten angesehen werden und sind gemäß Anhang II Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung einzuziehen. Mit anderen Worten hat nach den oben genannten Vertragsbestimmungen das bloße Bestehen einer Gewinnspanne unabhängig von ihrem Umfang zur Folge, dass geltend gemachte Ausgaben ihre Qualifizierung als erstattungsfähige Kosten verlieren und in vollem Umfang eingezogen werden können.

87      Im vorliegenden Fall gelangte die Kommission aufgrund der Feststellungen im Untersuchungsbericht des OLAF zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerin geltend gemachten Personalkosten nicht erstattungsfähig seien, da sie eine Gewinnspanne umfassten, und verlangte daher die Rückerstattung aller Zahlungen, die sich auf die von der Klägerin geltend gemachten Personalkosten bezogen. Somit ist festzustellen, dass sich die Kommission streng an den vertraglichen Rahmen, der sie mit der Klägerin verband, gehalten hat, da sie sich darauf beschränkte, Art. 19 in Verbindung mit Art. 13 des Anhangs II der Finanzhilfevereinbarung anzuwenden, und die Rückerstattung der Kosten forderte, die im Rahmen der Finanzierung durch die Union nicht erstattungsfähig waren, da der Klägerin der Nachweis nicht gelungen war, dass jegliche Gewinnspanne in Bezug auf ihre Personalausgaben ausgeschlossen war.

88      Daher ist festzustellen, dass die Klägerin gegen eine in der Finanzhilfevereinbarung enthaltene finanzielle Verpflichtung verstoßen hat, da sie die geltend gemachten Personalkosten nicht ordnungsgemäß begründet hat. Die Nichtbeachtung dieser Verpflichtung ist ein hinreichender Grund, um diese Kosten insgesamt zurückzuweisen.

89      Somit ist die der Klägerin übersandte Belastungsanzeige, soweit darin die Rückerstattung von Kosten verlangt wird, die im Rahmen der Finanzierung durch die Union nicht erstattungsfähig sind, in Anbetracht der Bestimmungen der Finanzhilfevereinbarung berechtigt. Folglich ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Unverhältnismäßigkeit der Belastungsanzeige

90      Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe nicht den gesamten ihr gezahlten finanziellen Beitrag der Union, sondern nur die angegebenen Personalkosten zurückfordern wollen und nicht auf der Grundlage von Anhang II Art. 3 Abs. 6 der Finanzhilfevereinbarung gehandelt, sondern lediglich gemäß Art. 19 dieses Anhangs einen ohne Rechtsgrund gezahlten Betrag zurückfordern wollen. Hierbei hätte die Kommission den zu erstattenden Betrag genau ermitteln müssen. In Ermangelung dessen liege ein Verstoß sowohl gegen die Finanzhilfevereinbarung als auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor.

91      Im vorliegenden Fall ergibt sich, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, aus der Belastungsanzeige sowie aus den Schreiben vom 18. November 2015 und vom 27. September 2017 eindeutig, dass die Kommission die Einziehung der streitigen vertraglichen Forderung auf Anhang II Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung stützte. Nach dieser Bestimmung ist der Begünstigte, wenn eine Zahlung ohne Rechtsgrund erbracht wurde oder nach den Bedingungen des Vertrags die Voraussetzungen für eine Einziehung vorliegen, verpflichtet, den betreffenden Betrag an die Kommission zurückzuzahlen.

92      Dass sich die Kommission in der Belastungsanzeige als Rechtsgrundlage der Einziehung der streitigen vertraglichen Forderung auf Anhang II Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung berief, bedeutet somit, dass sie beabsichtigte, einen Betrag wegen Verletzung vertraglicher Bestimmungen einzuziehen, nämlich im vorliegenden Fall die Personalkosten, die im Rahmen der Finanzierung durch die Union nicht erstattungsfähig waren, weil eine nach Anhang II Art. 13 der Finanzhilfevereinbarung verbotene Gewinnspanne erzielt wurde.

93      Somit hat die Kommission, indem sie sich ausschließlich auf Anhang II Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung berufen und von der Klägerin nicht die Rückzahlung des gesamten ihr gezahlten finanziellen Beitrags der Union verlangt hat, die Einziehung der streitigen vertraglichen Forderung entgegen dem Vorbringen der Klägerin vor dem Gericht nicht auf Anhang II Art. 3 Abs. 6 der Finanzhilfevereinbarung gestützt, dessen Anwendung den Nachweis eines Betrugs oder die eingehende Bewertung des Schweregrads der der Klägerin vorgeworfenen finanziellen Unregelmäßigkeit erfordert und zur Rückzahlung des gesamten der Klägerin gezahlten finanziellen Beitrags der Union geführt hätte.

94      Das Vorbringen, mit dem die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, dass Art. 19 des Anhangs II der Finanzhilfevereinbarung der Kommission lediglich erlaube, die Rückzahlung eines ohne Rechtsgrund gezahlten Betrags zu verlangen, d. h. im vorliegenden Fall nur die gegebenenfalls erzielte Gewinnspanne, beruht auf einem falschen Verständnis der fraglichen Bestimmung. Diese Bestimmung erfasst nämlich zwei unterschiedliche Sachverhalte, nämlich zum einen das Vorliegen einer rechtsgrundlosen Zahlung durch die Kommission und zum anderen das Vorliegen eines Betrags, für den nach den Bedingungen des Vertrags die Voraussetzungen für eine Einziehung beim Begünstigten vorliegen. Im vorliegenden Fall befindet sich die Klägerin in der Situation, dass nach den Bedingungen des Vertrags die Voraussetzungen für eine Einziehung vorliegen, wenn festgestellt wird, dass eine Ausgabe nicht erstattungsfähig ist. Das bloße Bestehen einer Gewinnspanne, unabhängig von ihrem Umfang, bedeutet nämlich, dass eine geltend gemachte Ausgabe nicht mehr unter die erstattungsfähigen Kosten fällt und in ihrer Gesamtheit zurückgefordert werden kann. Dieses Vorbringen ist mithin zurückzuweisen.

95      Zu dem Vorbringen, mit dem die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, dass das Handeln der Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der in Art. 5 Abs. 4 EUV verankert ist und verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was für die Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich ist (Urteil vom 25. Januar 2017, ANKO/Kommission, T‑768/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:28‚ Rn. 135).

96      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für alle Handlungsformen der Union gilt, unabhängig davon, ob sie vertraglicher oder außervertraglicher Art sind (Urteil vom 25. Januar 2017, ANKO/Kommission, T‑768/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:28‚ Rn. 136). Im Rahmen der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen gehört die Wahrung dieses Grundsatzes nämlich zu der ganz allgemeinen Verpflichtung der Parteien eines Vertrags, diesen nach Treu und Glauben zu erfüllen. Nach dem auf die Finanzhilfevereinbarung subsidiär anzuwendenden belgischen Recht verbietet es die Verpflichtung einer Partei zur Erfüllung der Verträge nach Treu und Glauben, dass ein Recht in einer Weise ausgeübt wird, die offensichtlich über die Grenzen der üblichen Ausübung dieses Rechts durch eine umsichtige und sorgfältige Person hinausgeht.

97      Wie oben in Rn. 78 erläutert, müssen die Begünstigten, damit die Kommission ihre Kontrolle ausüben kann, nachweisen, dass die Kosten, die den geförderten Projekten zugerechnet werden, erstattungsfähig sind. Wie jedoch oben in Rn. 88 festgestellt worden ist, hat die Klägerin die geltend gemachten Personalkosten nicht hinreichend belegt; dies ist ein ausreichender Grund, um die gesamten Kosten zurückzuweisen.

98      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 317 AEUV gehalten ist, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zu beachten. Sie achtet auch auf den Schutz der finanziellen Interessen der Union bei der Durchführung ihres Haushalts. Das Gleiche gilt für einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, da von der Kommission gewährte Zuschüsse aus dem Unionshaushalt stammen. Folglich kann die Kommission eine rechtsgrundlose Ausgabe zulasten des Unionshaushalts nicht billigen, ohne gegen die im AEU-Vertrag festgeschriebenen Grundsätze zu verstoßen. Im Zusammenhang mit einer Finanzhilfe werden die Voraussetzungen für deren Gewährung und Verwendung aber durch die Finanzhilfevereinbarung, insbesondere die Klauseln zur Bestimmung der Höhe dieser Finanzhilfe in Abhängigkeit der vom Vertragspartner der Kommission angemeldeten Kosten geregelt. Wenn die vom Begünstigten angemeldeten Kosten nach der Vereinbarung nicht erstattungsfähig sind, bleibt der Kommission folglich keine andere Wahl, als die Einziehung der Finanzhilfe bis zur Höhe der nicht belegten Beträge zu veranlassen. Denn die Kommission ist nach der Rechtsgrundlage, nämlich der Finanzhilfevereinbarung, nur befugt, ordnungsgemäß belegte Beträge zulasten des Unionshaushalts auszuzahlen.

99      Im Licht dieser Grundsätze und in Anbetracht aller Feststellungen der Kommission kann dieser nicht vorgeworfen werden, gegen den Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben verstoßen zu haben, als sie von der Klägerin sämtliche der Finanzhilfevereinbarung zugeordneten Personalausgaben – die gewiss nahezu den gesamten der Klägerin gemäß der Finanzhilfevereinbarung gezahlten Betrag ausmachten – zurückgefordert hat, weil diese Personalausgaben nicht erstattungsfähig waren.

100    In Anbetracht der im Untersuchungsbericht des OLAF festgestellten Verletzung der vertraglichen Pflichten und des Umstands, dass das Gericht das Vorbringen der Klägerin zurückgewiesen hat, mit dem diese Feststellung in Frage gestellt werden soll, läuft nämlich die Rückforderung des nahezu gesamten an die Klägerin gemäß der Finanzhilfevereinbarung gezahlten Betrags durch die Kommission weder dem Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben noch dem des Verbots des Rechtsmissbrauchs zuwider, so dass das Vorbringen der Klägerin hierzu unbegründet ist. Außerdem lässt sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin der Akte kein Anhaltspunkt entnehmen, der die Schlussfolgerung erlaubt, dass die Kommission in Anwendung ihrer hoheitlichen Befugnisse gehandelt hätte. Da sich die Rückforderung eines Teils des an die Klägerin gezahlten Betrags aus den Bestimmungen der Finanzhilfevereinbarung ergibt, ist die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch die Kommission, die die Klägerin hier im Zusammenhang mit der Durchführung dieser Vereinbarung geltend gemacht hat, zurückzuweisen.

101    Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Zur Widerklage der Kommission

102    In ihrer Klagebeantwortung verlangt die Kommission im Wege der Widerklage die Rückerstattung der gesamten an die Klägerin gezahlten Beträge, für die die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass es sich um tatsächlich entstandene oder erstattungsfähige Kosten gemäß der Finanzhilfevereinbarung handele. Insbesondere verlangt sie auf der Grundlage der Feststellungen im Untersuchungsbericht des OLAF, der Schlussfolgerungen, die sie daraus gezogen hat, und aufgrund von Anhang II Art. 3 Abs. 6, Art. 17 und 19 der Finanzhilfevereinbarung die Rückzahlung von 380 989,49 Euro, die der Klägerin für die Beteiligung an dem Projekt gezahlt wurden, zuzüglich Zinsen in Höhe des Zinssatzes, der von der EZB auf ihre wichtigsten Refinanzierungsgeschäfte am 1. November 2017 angewandt wurde, zuzüglich 3,5 Prozentpunkten, ab dem 17. November 2017.

103    Nach Auffassung der Klägerin sind die Anwendungsvoraussetzungen von Anhang II Art. 3 Abs. 6 der Finanzhilfevereinbarung nicht erfüllt, so dass die Widerklage abzuweisen sei. Die Kommission könne allenfalls auf der Grundlage von Anhang II Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung tatsächlich zu viel und ungerechtfertigt ausbezahlte Förderungen zurückverlangen, müsste diese aber in diesem Fall feststellen und beziffern, was sie nicht getan habe.

–       Zum Antrag bezüglich der Zahlung des Betrags der Hauptforderung

104    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin irrtümlich annimmt, die Kommission habe im vorliegenden Fall die Beweislast hinsichtlich der im Wege der Widerklage geltend gemachten Forderung zu tragen. Wie die Kommission ausführt, ergeben sich ihre Ansprüche nämlich aus der Nichtbeachtung der vertraglichen Pflichten, die der Klägerin nach Anhang II Art. 19 in Verbindung mit Art. 13 der Finanzhilfevereinbarung obliegen.

105    Die Klägerin versucht insoweit, die Beweislast umzukehren, da sie nicht in rechtlich hinreichender Weise nachweisen konnte, dass die von ihr im Rahmen der Durchführung der Finanzhilfevereinbarung angemeldeten Personalkosten erstattungsfähig waren und sie Anspruch auf die entsprechenden Beträge hatte.

106    Im Übrigen handelte es sich bei dem Untersuchungsbericht des OLAF nur um ein Mittel, das es der Kommission erlaubte, Beweise für eine mögliche Klage aus vertraglicher Haftung vor dem Gericht zu sammeln (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 8. September 2015, Amitié/Kommission, T‑234/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:601‚ Rn. 136). Daraus folgt, dass die von der Kommission gezogenen Schlussfolgerungen sowie sämtliche Gesichtspunkte, die diese stützen, als Beweise anzusehen sind, die zur Stützung der Widerklage beigebracht und geltend gemacht werden.

107    Wie bereits oben in Rn. 80 festgestellt, hat die Klägerin, die die Beweislast für die Erstattungsfähigkeit der von ihr im Rahmen der Durchführung der Finanzhilfevereinbarung angemeldeten Ausgaben trägt, keine ausreichenden Beweise dafür beigebracht, dass die angemeldeten Personalkosten erstattungsfähig sind.

108    Daraus folgt, dass der Antrag der Kommission, die Klägerin zu verurteilen, an sie den Betrag von 380 989,49 Euro zu zahlen, von dem feststeht, dass er ihr bis heute nicht zurückerstattet wurde, begründet ist.

–       Zu dem Antrag bezüglich der Zahlung von Verzugszinsen auf die Hauptforderung

109    Im vorliegenden Fall verlangt die Kommission die Rückzahlung eines Betrags von 380 989,49 Euro, den die Klägerin ohne Rechtsgrund erhalten habe, und stützt sich auf die Schlussfolgerungen aus dem Untersuchungsbericht des OLAF, aus denen eine Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen, die der Klägerin gemäß Art. 19 in Verbindung mit Anhang II Art. 13 der Finanzhilfevereinbarung obliegen, ersichtlich wird. Wie bereits entschieden, hat die Klägerin, die nicht nachgewiesen hat, dass die von ihr im Rahmen der Durchführung der Finanzhilfevereinbarung angemeldeten Personalkosten erstattungsfähige Kosten im Sinne dieser Vereinbarung darstellten, dieses Ergebnis nicht wirksam oder überzeugend in Frage gestellt.

110    Erstens entspricht der Betrag von 380 989,49 Euro, den die Klägerin für ihre Beteiligung an dem Projekt erhielt, nicht von ihr angemeldeten Ausgaben, bei denen es sich um erstattungsfähige Kosten gemäß Anhang II Art. 13 der Finanzhilfevereinbarung gehandelt hätte.

111    Zweitens stellte die Kommission die Belastungsanzeige aus, in der sie der Klägerin mitteilte, dass sie festgestellt habe, dass die Klägerin ihr einen Betrag von 380 989,49 Euro schulde, und die Bedingungen und den Termin für die Rückzahlung angab.

112    Drittens ist unstreitig, dass die Klägerin den in der Belastungsanzeige angegebenen Betrag bis Ablauf der dort gesetzten Frist nicht gezahlt hat.

113    Folglich ist die Forderung in Höhe von 380 989,49 Euro gegen die Klägerin einredefrei, beziffert und fällig und bis Ablauf der von der Kommission in der Belastungsanzeige gewährten Zahlungsfrist nicht gezahlt worden.

114    Was den Satz der Verzugszinsen angeht, die auf die Hauptforderung erhoben werden können, so fallen gemäß Anhang II Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung, wenn die Zahlungspflicht zu dem von der Kommission festgelegten Zeitpunkt nicht erfüllt ist, auf den geschuldeten Betrag Zinsen zu dem von der EZB auf ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte angewandten Satz zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkten an. Der Bezugszinssatz, auf den sich der Aufschlag bezieht, ist der Zinssatz, der am ersten Kalendertag des Fälligkeitsmonats gilt und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Im Übrigen ergibt sich aus Art. 19 Abs. 2 dieses Anhangs, dass die Verzugszinsen vom auf den Fälligkeitstag folgenden Tag an bis einschließlich dem Tag, an dem die Kommission den gesamten ihr geschuldeten Betrag erhält, zu zahlen sind.

115    Somit beträgt der auf den oben in Rn. 108 angegebenen Betrag anwendbare Verzugszinssatz 3,50 %, was dem von der EZB für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte am 1. November 2017 angewandten Zinssatz entspricht (ABl. 2017, C 373, S. 1), nämlich 0,00 %, zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkten. Diese Zinsen sind, wie in der Belastungsanzeige und in Anhang II Art. 19 der Finanzhilfevereinbarung angegeben, ab dem auf den in der Belastungsanzeige vorgesehenen Fälligkeitstermin folgenden Tag, d. h. ab dem 17. November 2017, bis zur vollständigen Zahlung des oben in Rn. 108 genannten Betrags zu zahlen.

116    Nach alledem sind die Anträge der Klägerin zurückzuweisen. Der Widerklage der Kommission ist stattzugeben.

 Kosten

117    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage der BTC Srl wird abgewiesen.

2.      BTC wird verurteilt, an die Europäische Kommission 380 989,49 Euro zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 3,50 % ab dem 17. November 2017 bis zur vollständigen Begleichung der Hauptforderung zu zahlen.

3.      BTC trägt ihre eigenen Kosten sowie die der Kommission entstandenen Kosten.

Pelikánová

Valančius

Öberg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. September 2019.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      V. Valančius             


*      Verfahrenssprache: Deutsch.