Language of document : ECLI:EU:C:2023:679

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PRIIT PIKAMÄE

vom 14. September 2023(1)

Rechtssache C75/22

Europäische Kommission

gegen

Tschechische Republik

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinien 2005/36/EG und 2013/55/EU – Anerkennung von Berufsqualifikationen – Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h – Anpassungslehrgang – Eignungsprüfung – Festlegung der Rechtsstellung des zugewanderten Lehrgangsteilnehmers und des Antragstellers, der sich auf die Eignungsprüfung vorzubereiten wünscht – Art. 6 Abs. 1 Buchst. b – Dienstleister – Befreiung von der Verpflichtung zur Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts des Aufnahmemitgliedstaats im Bereich der sozialen Sicherheit – Art. 45 Abs. 2 – Apotheker – Eigenständige Ausübung von Tätigkeiten – Ergänzende Berufserfahrung“






I.      Einleitung

1.        In der vorliegenden Rechtssache hat die Europäische Kommission eine Vertragsverletzungsklage gemäß Art. 258 AEUV gegen die Tschechische Republik mit der Begründung erhoben, diese habe mehrere Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG(2) in der Fassung der Richtlinie 2013/55/EU(3) (im Folgenden: Richtlinie 2005/36) nicht ordnungsgemäß umgesetzt.

2.        Die Kommission erhebt acht Rügen. Entsprechend dem Ersuchen des Gerichtshofs werden sich die vorliegenden Schlussanträge auf die erste, die zweite, die vierte und die fünfte Rüge konzentrieren.

3.        Mit der ersten Rüge macht die Kommission geltend, die Tschechische Republik habe Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 2005/36 nicht ordnungsgemäß umgesetzt, soweit dieser die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats verpflichte, die Rechtsstellung der Personen festzulegen, die einen Anpassungslehrgang absolvierten oder sich auf eine Eignungsprüfung vorzubereiten wünschten.

4.        Mit der zweiten Rüge wirft die Kommission der Tschechischen Republik vor, Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 nicht umgesetzt zu haben, was zum einen die Befreiung des in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleisters von der Verpflichtung zur Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts des Aufnahmemitgliedstaats im Bereich der sozialen Sicherheit und zum anderen die Verpflichtung des Dienstleisters betreffe, diese Körperschaft zu unterrichten.

5.        Die vierte Rüge betrifft die Nichtumsetzung der Bestimmungen von Art. 21 Abs. 6 und Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36 über die Berufsbezeichnung der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind.

6.        Mit der fünften Rüge macht die Kommission geltend, die Tschechische Republik habe den Inhabern einer pharmazeutischen Berufsausbildung nicht den Zugang zu den in Art. 45 Abs. 2 Buchst. c, Buchst. e – teilweise – sowie Buchst. f der Richtlinie 2005/36 genannten Tätigkeiten gewährleistet.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

7.        Für die vorliegende Rechtssache sind die Art. 3, 6, 21, 31, 44 und 45 der Richtlinie 2005/36 relevant.

B.      Tschechisches Recht

1.      Gesetz über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

8.        Art. 13 des Zákon č. 18/2004 Sb., o uznávání odborné kvalifikace a jiné způsobilosti státních příslušníků členských států Evropské unie a některých příslušníků jiných států a o změně některých zákonů (Gesetz Nr. 18/2004 Slg. über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und anderen Fertigkeiten von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie von bestimmten Staatsangehörigen anderer Staaten und zur Änderung bestimmter Gesetze, im Folgenden: Gesetz Nr. 18/2004) bestimmt:

„(1)      Unter ,Anpassungszeitraum‘ ist der Zeitraum zu verstehen, in dem ein Antragsteller unter der Aufsicht einer beruflich qualifizierten natürlichen Person reglementierte Tätigkeiten in der Tschechischen Republik ausübt, um Kenntnisse in den theoretischen und praktischen Bereichen zu ergänzen, die Bestandteil des Unterrichts und der Ausbildung sind, die zur Erteilung eines in der Tschechischen Republik erforderlichen Ausbildungsnachweises führen und deren Kenntnis für die Ausübung der reglementierten Tätigkeiten erforderlich ist. Der Anpassungslehrgang kann auch ein Studium oder eine Zusatzausbildung zur Ergänzung der Berufsqualifikationen umfassen.

(2)      Die Anerkennungsbehörde erstellt eine Liste der Bereiche, deren Kenntnisse für die Ausübung einer reglementierten Tätigkeit erforderlich sind und die laut dem vorgelegten Dokument nicht zu den Berufsqualifikationen des Antragstellers gehören. Diese Bereiche können sowohl theoretische Kenntnisse als auch praktische Fähigkeiten umfassen, die für die Ausübung der reglementierten Tätigkeit erforderlich sind.

(3)      In der in Art. 24 genannten Entscheidung legt die Anerkennungsbehörde die Bedingungen für die Durchführung des Anpassungszeitraums fest, nämlich

a)      die Dauer des Anpassungszeitraums;

b)      die in Abs. 2 genannten Bereiche, deren Kenntnis der Antragsteller während des Anpassungszeitraums hinzufügen muss;

c)      die Methode zur Bewertung des Anpassungszeitraums.

(4)      Der Anpassungslehrgang darf nicht länger als drei Jahre dauern. Beabsichtigt der Antragsteller, in der Tschechischen Republik eine reglementierte Tätigkeit auszuüben und ist für die Ausübung der Tätigkeit der Nachweis des Qualifikationsniveaus 1 erforderlich, darf der Anpassungszeitraum nicht länger als zwei Jahre dauern.

(5)      Auf der Grundlage der Erklärung der beruflich qualifizierten Person nach Abs. 1 beurteilt die Anerkennungsbehörde am Ende des gemäß Abs. 3 Buchst. a festgelegten Zeitraums oder auf Antrag des Antragstellers nach der Hälfte dieses Zeitraums und danach alle sechs Monate, ob das Ziel des Anpassungslehrgangs erreicht wurde. Das Ziel des Anpassungslehrgangs ist erreicht, wenn der Antragsteller seine Kenntnisse in den in Abs. 3 Buchst. b genannten Bereichen nachweist. In diesem Fall erkennt die Anerkennungsbehörde die Berufsqualifikationen des Antragstellers an.“

9.        Art. 14 dieses Gesetzes sieht vor:

„(1)      Eine Eignungsprüfung ist eine die beruflichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen des Antragstellers betreffende Prüfung, mit der seine Fähigkeit, in der Tschechischen Republik eine reglementierte Tätigkeit auszuüben, beurteilt werden soll. Die Eignungsprüfung wird vor einer Anerkennungsbehörde, einer anderen Verwaltungsbehörde, an einer Universität oder einer anderen Bildungseinrichtung, an der das jeweilige Ausbildungsziel erreicht werden kann (im Folgenden: Prüfungseinrichtung) durchgeführt.

(2)      Die Anerkennungsbehörde erstellt eine Liste der Bereiche, deren Kenntnisse für die Ausübung einer reglementierten Tätigkeit erforderlich sind und die laut dem vorgelegten Dokument nicht zu den Berufsqualifikationen des Antragstellers gehören. Diese Bereiche können sowohl theoretische Kenntnisse als auch praktische Fähigkeiten umfassen, die für die Ausübung der reglementierten Tätigkeit erforderlich sind.

(3)      In der in Art. 24 genannten Entscheidung legt die Anerkennungsbehörde die Bedingungen für die Durchführung der Eignungsprüfung fest, nämlich

a)      die in Abs. 2 genannten Bereiche, die Gegenstand der Eignungsprüfung sein werden, und

b)      das Verfahren und die Methode zur Bewertung der Eignungsprüfung.

(4)      Die Anerkennungsbehörde stellt sicher, dass der Antragsteller die Möglichkeit erhält, innerhalb von sechs Monaten nach der in Abs. 3 genannten Entscheidung die Eignungsprüfung abzulegen.

(5)      Die Eignungsprüfung besteht im Allgemeinen aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Die Eignungsprüfung wird in der Regel in tschechischer Sprache abgelegt, und ihr Inhalt trägt dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller [im Herkunftsmitgliedstaat] für die Ausübung des Berufs qualifiziert ist. Die Kosten für die Eignungsprüfung gehen zulasten des Bewerbers und dürfen 6 500 tschechische Kronen (CZK)[(4)] nicht überschreiten.

(6)      Die Prüfungseinrichtung beurteilt, ob der Bewerber die Eignungsprüfung bestanden oder nicht bestanden hat. Der Bewerber hat die Prüfung bestanden, wenn er nachweist, dass er mit den in Abs. 3 Buchst. a genannten Bereichen vertraut ist. In diesem Fall erkennt die Anerkennungsbehörde die Berufsqualifikationen des Antragstellers an.“

10.      Art. 15 dieses Gesetzes bestimmt:

„In einer Durchführungsverordnung oder in einer berufsrechtlichen Regelung können für einzelne oder eine Gruppe von reglementierten Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser Tätigkeiten die Methode zur Bestimmung der Dauer des Anpassungslehrgangs sowie die Bedingungen für die Durchführung und die Bewertung des Anpassungslehrgangs und der Eignungsprüfung, einschließlich Form, Inhalt und Umfang der Eignungsprüfung, festgelegt werden.“

11.      In Art. 36a dieses Gesetzes heißt es:

„(1)      Ein Antragsteller, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats … ist und die betreffende Tätigkeit, bei der es sich in der Tschechischen Republik um eine reglementierte Tätigkeit handelt, in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften des Herkunftsmitgliedstaats ausübt, darf diese Tätigkeit auch vorübergehend oder gelegentlich im Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik ausüben, ohne der Verpflichtung zur Eintragung, Registrierung, Zulassung oder Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation gemäß den besonderen Vorschriften nachkommen zu müssen und ohne die Anerkennung seiner Berufsqualifikationen beantragen zu müssen …

(2)      Ist die betreffende Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat nicht reglementiert, muss der Antragsteller nachweisen, dass er die betreffende Tätigkeit während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr lang in einem oder mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt hat oder dass er eine reglementierte Ausbildung absolviert hat, die ihn im Herkunftsmitgliedstaat auf die betreffende Tätigkeit vorbereitet …

(3)      Ist für die Ausübung einer reglementierten Tätigkeit in der Tschechischen Republik ein Dokument über eine Haftpflichtversicherung für Schäden erforderlich, die bei der Ausübung dieser Tätigkeiten verursacht werden, muss der Antragsteller nachweisen, dass er in dem Umfang und unter den Bedingungen versichert ist, wie sie in besonderen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.

(4)      Der Antragsteller ist verpflichtet, der Anerkennungsbehörde vor Aufnahme der reglementierten Tätigkeit schriftlich mitzuteilen, dass er diese Tätigkeit im Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik ausüben wird. Diese Mitteilung muss folgende Angaben enthalten:

a)      Name(n) und Vorname(n) des Antragstellers, sein Geburtsdatum und seine Staatsangehörigkeit,

b)      die Bezeichnung der auszuführenden reglementierten Tätigkeit und die Angabe, ob diese Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat reglementiert ist, oder die Angabe der Tätigkeit, die ihr inhaltlich am nächsten ist,

c)      die Angabe der Berufsqualifikationen und in den in Abs. 2 genannten Fällen auch die Angabe der Ausübung der Tätigkeit oder der reglementierten Ausbildung,

d)      die einen Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union betreffenden Daten, wenn der Antragsteller im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen durch diesen Arbeitgeber in die Tschechische Republik entsandt wurde:

1.      der/die Name(n) und Vorname(n), Geburtsdatum, Niederlassungsmitgliedstaat, Anschrift des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit, wenn der Arbeitgeber eine natürliche Person ist, oder

2.      der Name, satzungsmäßige Sitz und Niederlassungsstaat, in dem der Arbeitgeber eine juristische Person ist.

(5)      Der Antragsteller fügt der in Abs. 4 genannten Mitteilung Folgendes bei:

a)      einen Personalausweis, ein Dokument, das die Staatsangehörigkeit des Antragstellers bescheinigt und gegebenenfalls ein Dokument, das die in Art. 1 Abs. 2 genannte Rechtsstellung bestätigt; Art. 22 Abs. 6 Sätze 1 und 2 und Art. 22 Abs. 7 gelten entsprechend,

b)      ein Dokument, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller im Herkunftsmitgliedstaat niedergelassen ist und die betreffende Tätigkeit in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats ausübt und dass die Zulassung zur Ausübung der betreffenden Tätigkeiten im Herkunftsmitgliedstaat nicht entzogen oder vorübergehend ausgesetzt wurde; Art. 22 Abs. 7 gilt entsprechend,

c)      den Nachweis der Berufsqualifikationen; Art. 22 Abs. 4, 5, 6 Sätze 1 und 3, Abs. 7 und 8 gelten entsprechend,

d)      das in Abs. 2 genannte Dokument, wenn die betreffende Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat nicht reglementiert ist; Art. 22 Abs. 4, 5, 6 Sätze 1 und 3, Abs. 7 und 8 gelten entsprechend,

e)      ein Dokument gemäß Abs. 3, wenn für die Ausübung einer reglementierten Tätigkeit in der Tschechischen Republik der Nachweis einer Haftpflichtversicherung für Schäden erforderlich ist, die bei der Ausübung einer reglementierten Tätigkeit verursacht werden; Art. 22 Abs. 7 und 8 gelten entsprechend.

(6)      Das Ministerium unterrichtet über die Erfüllung der Mitteilungspflicht in einer Weise, die einen Fernzugang ermöglicht.

(7)      Entsprechen die Mitteilung oder die ihr beigefügten Unterlagen nicht den Anforderungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder der Abs. 4 und 5, so unterstützt die Anerkennungsbehörde den Antragsteller bei der Behebung der Mängel vor Ort oder fordert ihn unverzüglich auf, diese zu beseitigen. Gleichzeitig teilt die Behörde dem Antragsteller mit, dass er in der Tschechischen Republik keine reglementierten Tätigkeiten ausüben darf, bis die Mängel behoben sind oder bis die in Art. 36b Abs. 6 genannte Frist abgelaufen ist, sofern ein besonderes Gesetz eine Bedingung für die Überprüfung der Berufsqualifikationen vorsieht.

(8)      Der Antragsteller ist verpflichtet, die Anerkennungsbehörde unverzüglich über jede Änderung der in der Mitteilung oder in den der Mitteilung beigefügten Unterlagen angegebenen Tatsachen zu unterrichten; dies gilt einschließlich von Tatsachen, die den Grund für die Aufhebung der Zulassung zur vorübergehenden oder gelegentlichen Ausübung reglementierter Tätigkeiten im Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik darstellen könnten. Beabsichtigt der Antragsteller, nach Ablauf von zwölf Monaten ab dem Zeitpunkt der Einreichung einer vollständigen Mitteilung vorübergehend oder gelegentlich eine reglementierte Tätigkeit in der Tschechischen Republik auszuüben, so hat er die Mitteilung außer in den in Art. 24c Abs. 3 genannten Fällen erneut einzureichen. Bei der erneuten Einreichung der Mitteilung muss der Antragsteller die in Abs. 5 Buchst. b bis e genannten Unterlagen nur dann vorlegen, wenn sich die in der ursprünglichen Mitteilung oder in den dieser Mitteilung beigefügten Unterlagen dargelegten Tatsachen geändert haben.

(9)      Die Anerkennungsbehörde erfasst die den Antragsteller betreffenden Daten und die von ihm mitgeteilten Tatsachen in einem gesonderten Register. Die Anerkennungsbehörde versieht jede Mitteilung mit einer Registriernummer, dem Datum der Mitteilung, dem Datum, an dem die vollständige Mitteilung bei der Anerkennungsbehörde eingereicht wurde, und einer Angabe über die Gültigkeit der Mitteilung.“

2.      Gesetz über die öffentliche Krankenversicherung

12.      Art. 11 Abs. 1 des Zákon č. 48/1997 Sb., o veřejném zdravotním pojištění a o změně a doplnění některých souvisejících zákonů (Gesetz Nr. 48/1997 Slg. über die öffentliche Krankenversicherung und zur Änderung und Ergänzung einiger damit zusammenhängender Gesetze, im Folgenden: Gesetz Nr. 48/1997) bestimmt:

„(1)      Der Versicherungsnehmer hat das Recht,

a)      die Krankenkasse zu wählen …;

b)      im Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik den Dienstleister des Gesundheitswesens … zu wählen, der in einem Vertragsverhältnis zu der entsprechenden Krankenkasse steht …;

c)      auf zeitlichen und räumlichen Zugang zu den erstatteten Leistungen, die von den vertraglichen Leistungserbringern der entsprechenden Krankenkasse erbracht werden;

d)      auf die Erbringung von Leistungen, die in dem Umfang und zu den Bedingungen erstattet werden, wie in diesem Gesetz festgelegt, wobei der Leistungserbringer vom Versicherungsnehmer keine Zahlung für diese erstatteten Leistungen erhalten kann;

…“

13.      Art. 17 Abs. 1 dieses Gesetzes lautet:

„Zur Sicherstellung der Sachleistungen im Rahmen der Erbringung von Leistungen, die den Versicherungsnehmern erstattet werden, schließen die Krankenkasse [(Všeobecná zdravotní pojišťovna České republiky)] und die anderen Krankenkassen … Verträge mit den Leistungserbringern über die Erbringung und Erstattung der erstatteten Leistungen ab. … Die Verträge sind nicht erforderlich bei Erbringung

a)      einer Notfallbehandlung des Versicherungsnehmers,

…“

3.      Gesetz über die Voraussetzungen für den Erwerb und die Anerkennung der beruflichen Kompetenzen und Fachkompetenzen für die Ausübung der Berufe des Arztes, des Zahnarztes und des Apothekers

14.      Art. 2 Buchst. g des Zákon č. 95/2004 Sb., o podmínkách získávání a uznávání odborné způsobilosti a specializované způsobilosti k výkonu zdravotnického povolání lékaře, zubního lékaře a farmaceuta (Gesetz Nr. 95/2004 Slg. über die Voraussetzungen für den Erwerb und die Anerkennung der beruflichen Kompetenzen und der Fachkompetenzen für die Ausübung der Berufe des Arztes, des Zahnarztes und des Apothekers, im Folgenden: Gesetz Nr. 95/2004) bestimmt:

„Unter ‚eigenständige Ausübung der Tätigkeit‘ des Apothekers ist die Ausübung von Tätigkeiten zu verstehen, zu denen … der Apotheker ohne fachliche Aufsicht und auf der Grundlage seiner eigenen Beurteilung und Bewertung des Gesundheitszustands des Patienten und der damit zusammenhängenden Umstände befugt ist.“

15.      Art. 10 Abs. 2 dieses Gesetzes sieht vor:

„Nach dem Erwerb der beruflichen Kompetenzen … kann der Apotheker mit der Erbringung pharmazeutischer Leistungen verbundene Tätigkeiten gemäß dem Gesetz über Gesundheitsdienstleistungen eigenständig ausüben; dies gilt mit Ausnahme der Tätigkeiten, deren eigenständige Ausübung den Erwerb von Fachkompetenzen im Sinne von Art. 11 voraussetzt. Der Apotheker ist ferner befugt, Tätigkeiten auszuüben, die nicht unter die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen fallen, und zwar im Rahmen der Herstellung und der Kontrolle von Arzneimitteln sowie der Lagerung und Verteilung von Arzneimitteln bei einem Arzneimittelhändler gemäß dem Gesetz [Nr. 378/2007 Slg.] über Arzneimittel.“

16.      In Art. 11 dieses Gesetzes heißt es:

„(1)      Die Fachqualifikation als Apotheker wird erworben durch

a)      das Bestehen einer Fachausbildung, die mit einer Prüfung, für die eine Bescheinigung erteilt wird, abgeschlossen wird …, auf deren Grundlage das Ministerium dem Apotheker ein Diplom über die Spezialisierung auf dem betreffenden Fachgebiet erteilt, oder

b)      den Erwerb einer ergänzenden Berufserfahrung gemäß dem entsprechenden Ausbildungsprogramm in einer für den entsprechenden Fachausbildungsbereich oder für den entsprechenden Bereich der ergänzenden Berufserfahrung anerkannten Einrichtung, die dem Antragsteller eine Bescheinigung über den Abschluss ausstellt.

(2)      Die Fachausbildungsbereiche für Apotheker, die Qualifikationsnachweise sowie die Dauer der Fachausbildung sind im Anhang Nr. 1 dieses Gesetzes beschrieben. …

(3)      Der Antrag auf Eintragung aufgrund ergänzender Berufserfahrung wird von einem Bewerber bei einer für den Beruf, für den die ergänzende Berufserfahrung erworben werden soll, anerkannten Einrichtung gestellt. Der Antrag muss Nachweise über die erworbenen beruflichen Kompetenzen und gegebenenfalls über die erworbenen Fachkompetenzen sowie den in Art. 23 genannten Berufsausweis enthalten …

(5)      Das Ministerium erteilt das Diplom über die erworbene Fachkompetenz auf Antrag eines Bewerbers, der die in Abs. 1 Buchst. b genannte ergänzende Berufserfahrung erworben hat. Dem Antrag auf Erteilung des Diploms über die erworbene Fachkompetenz ist die von der anerkannten Einrichtung ausgestellte Bescheinigung gemäß Abs. 1 Buchst. b beizufügen.

(7)      Der Erwerb von Fachkompetenzen im Sinne von Abs. 1 Buchst. a ist eine … Voraussetzung für die eigenständige Ausübung von Tätigkeiten

a)      im Zusammenhang mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit,

b)      in Transfusionseinrichtungen,

c)       im Bereich der Pharmatechnologien,

d)       im Bereich der Labor- und Analysemethoden im Gesundheitswesen und

e)       im Bereich der radiopharmazeutischen Arzneimittel.

(8)      Der Erwerb von Fachkompetenzen im Sinne von Abs. 1 im Bereich der Apothekenpraxis ist eine Voraussetzung für die eigenständige Ausübung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Apotheke …

(9)      Der Erwerb von Fachkompetenzen im Bereich der klinischen Pharmazie im Sinne von Abs. 1 Buchst. a ist eine Voraussetzung für die eigenständige Ausübung der Tätigkeit als klinischer Apotheker.

(10)      Der Erwerb besonderer Fachkompetenzen im Bereich der Krankenhauspharmazie ist eine Voraussetzung für die eigenständige Ausübung von Tätigkeiten, die mit dem Betrieb einer Apotheke, die über spezielle Räumlichkeiten für die Herstellung besonders komplexer Darreichungsformen verfügt, verbunden sind. Unter ,besonders komplexen Darreichungsformen‘ im Sinne dieses Gesetzes sind sterile Arzneimittel zur parenteralen Anwendung zu verstehen, die in Apotheken in besonderen Räumlichkeiten zubereitet werden.

(11)      Der Erwerb von Fachkompetenzen im Sinne von Abs. 1 Buchst. a im Bereich der radiopharmazeutischen Arzneimittel oder der pharmazeutischen Technologien, oder der Erwerb besonderer Fachkompetenzen im Bereich der Krankenhauspharmazie ist eine Voraussetzung für die eigenständige Ausübung der Tätigkeit der Zubereitung besonders komplexer Darreichungsformen.

(12)      Vor dem Erwerb von Fachkompetenzen übt der Apotheker die in den Abs. 7 bis 11 genannten Tätigkeiten unter der fachlichen Aufsicht eines Angehörigen eines Gesundheitsberufs aus, der über entsprechende Fachkompetenzen verfügt.“

III. Vorverfahren

17.      Die Richtlinie 2013/55 zur Änderung der Richtlinie 2005/36 war bis zum 18. Januar 2016 umzusetzen(5).

18.      Am 25. Januar 2019 richtete die Kommission ein Aufforderungsschreiben an die Tschechische Republik im Hinblick auf die Maßnahmen, die dieser Mitgliedstaat zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36 ergriffen hatte. Am 22. März 2019 antwortete die Tschechische Republik auf dieses Aufforderungsschreiben.

19.      Nach Prüfung dieser Antwort übermittelte die Kommission der Tschechischen Republik am 28. November 2019 eine mit Gründen versehene Stellungnahme. Dieser Mitgliedstaat antwortete auf diese Stellungnahme am 28. Januar 2020.

20.      Am 18. Februar 2021 übermittelte die Kommission der Tschechischen Republik eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme, auf die dieser Staat am 16. April 2021 antwortete.

IV.    Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

21.      Da die Kommission der Ansicht war, dass die Tschechische Republik trotz ihrer Erläuterungen mehrere Bestimmungen der Richtlinie 2005/36 nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe, hat sie mit Klageschrift vom 4. Februar 2022 die vorliegende Klage erhoben.

22.      Die Tschechische Republik hat am 25. April 2022 eine Klagebeantwortung eingereicht.

23.      Sodann hat die Kommission am 7. Juni 2022 eine Erwiderung und die Tschechische Republik am 29. Juli 2022 eine Gegenerwiderung eingereicht.

24.      Die Kommission beantragt,

–        festzustellen, dass die Tschechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2005/36 verstoßen hat, dass sie Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h, Art. 6 Abs. 1 Buchst. b, Art. 7 Abs. 3, Art. 21 Abs. 6, Art. 31 Abs. 3, Art. 45 Abs. 2 Buchst. c, Buchst. e – teilweise – sowie Buchst. f, Art. 45 Abs. 3, Art. 50 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang VII Nr. 1 Buchst. d und e sowie Art. 51 Abs. 1 dieser Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat;

–        der Tschechischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

25.      Die Tschechische Republik beantragt,

–        den Teil der Klage, der den ersten, den zweiten, den dritten, den vierten, den fünften und den siebten Klagegrund betrifft, als unzulässig zurückzuweisen,

–        die Klage im Übrigen als unbegründet abzuweisen und

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

26.      Hilfsweise beantragt die Tschechische Republik,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen und

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

V.      Rechtliche Würdigung

A.      Vorbemerkungen

27.      Die Tschechische Republik bestreitet die Zulässigkeit der den Gegenstand der vorliegenden Schlussanträge bildenden Rügen. Insoweit macht sie im Wesentlichen mehrere Einreden der Unzulässigkeit geltend, nämlich zum einen, dass die von der Kommission sowohl im Vorverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren erhobenen Rügen nicht zusammenhängend und genau seien, und zum anderen eine Änderung des Streitgegenstands.

28.      Um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diese Einreden der Unzulässigkeit zu entscheiden, erscheint es mir notwendig, die wesentlichen Leitsätze der von ihm zu diesen Fragen entwickelten Rechtsprechung in Erinnerung zu rufen.

1.      Zur Verpflichtung, die Rügen zusammenhängend und genau darzustellen

29.      Was zum einen das Vorverfahren betrifft, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass dieses Verfahren dem betroffenen Mitgliedstaat die Möglichkeit geben soll, seinen unionsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, wie auch seine Verteidigungsmittel gegenüber den Rügen der Kommission sachdienlich geltend zu machen(6). Der ordnungsgemäße Ablauf dieses Verfahrens ist nicht nur eine vom AEU-Vertrag vorgeschriebene wesentliche Garantie für den Schutz der Rechte des betroffenen Mitgliedstaats, sondern auch dafür, dass ein etwaiges streitiges Verfahren einen eindeutig festgelegten Streitgegenstand hat(7).

30.      Der Gerichtshof hat zudem entschieden, dass zwar die mit Gründen versehene Stellungnahme eine zusammenhängende und detaillierte Darlegung der Gründe enthalten muss, aus denen die Kommission zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Mitgliedstaat gegen eine seiner Verpflichtungen aus dem Vertrag verstoßen hat, dass jedoch an die Genauigkeit des Aufforderungsschreibens, das zwangsläufig nur in einer ersten knappen Zusammenfassung der Vorwürfe bestehen kann, keine ebenso strengen Anforderungen gestellt werden können. Nichts hindert die Kommission daher daran, in der mit Gründen versehenen Stellungnahme die Vorwürfe näher darzulegen, die sie im Aufforderungsschreiben bereits in allgemeiner Form erhoben hat(8).

31.      Was zum anderen das gerichtliche Verfahren betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Klage nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine zusammenhängende und genaue Darstellung der Rügen enthalten muss, damit der Mitgliedstaat und der Gerichtshof die Tragweite des gerügten Verstoßes gegen das Unionsrecht richtig erfassen können, was notwendig ist, damit der betreffende Staat sich sachgerecht verteidigen und der Gerichtshof überprüfen kann, ob die behauptete Vertragsverletzung vorliegt(9). Insbesondere muss die Klage der Kommission eine zusammenhängende und detaillierte Darlegung der Gründe enthalten, aus denen diese zu der Überzeugung gelangt ist, dass der betreffende Mitgliedstaat gegen eine der ihm nach den Verträgen obliegenden Verpflichtungen verstoßen hat(10).

2.      Zur Verpflichtung, den Streitgegenstand nicht zu ändern

32.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das von der Kommission im Rahmen eines nach Art. 258 AEUV eingeleiteten Verfahrens an den Mitgliedstaat gerichtete Aufforderungsschreiben sowie ihre anschließende mit Gründen versehene Stellungnahme den Streitgegenstand abgrenzen, so dass dieser nicht mehr erweitert werden kann. Denn die Möglichkeit zur Äußerung stellt für den betreffenden Mitgliedstaat auch dann, wenn er meint, davon nicht Gebrauch machen zu sollen, eine vom Vertrag gewollte wesentliche Garantie dar, deren Beachtung ein substanzielles Formerfordernis für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens auf Feststellung der Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ist. Die mit Gründen versehene Stellungnahme und die Klage der Kommission müssen daher auf dieselben Rügen gestützt werden wie das Aufforderungsschreiben, mit dem das Vorverfahren eingeleitet wird(11). Ist dies nicht der Fall, kann dieser Fehler nicht dadurch als beseitigt angesehen werden, dass sich der beklagte Mitgliedstaat zu der mit Gründen versehenen Stellungnahme geäußert hat(12).

33.      Der Gegenstand der Klage wird zwar durch das Vorverfahren eingegrenzt, weshalb die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission und die Klage auf dieselben Rügen gestützt werden müssen(13); dieses Erfordernis kann aber nicht so weit gehen, dass sie in jedem Fall völlig übereinstimmend formuliert sein müssen, sofern nur der Streitgegenstand nicht erweitert oder geändert worden ist(14). Die Kommission kann somit ihre ursprünglichen Rügen in der Klageschrift präzisieren, sofern sie nicht den Streitgegenstand ändert(15).

34.      Im Licht dieser Rechtsprechung sind die von der Tschechischen Republik geltend gemachten Einreden der Unzulässigkeit zu prüfen.

B.      Zur ersten Rüge: Nichtumsetzung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 2005/36

1.      Zur Zulässigkeit der Rüge

a)      Vorbringen der Parteien

35.      Die Tschechische Republik macht zwei Einreden der Unzulässigkeit geltend.

36.      Erstens führt die Tschechische Republik aus, dass die in der Klageschrift erhobene Rüge nicht der Rüge in der mit Gründen versehenen Stellungnahme entspreche. In diesem Zusammenhang macht sie geltend, dass sich die mit Gründen versehene Stellungnahme ausschließlich darauf bezogen habe, dass die tschechische Regelung die Rechtsstellung der betroffenen Personen erläutern müsse, während die Kommission der Tschechischen Republik in der Klageschrift nunmehr vorwerfe, dass sie es versäumt habe, die Verpflichtung der zuständigen Behörden, die Rechtsstellung der betroffenen Personen festzulegen, in das nationale Recht aufzunehmen.

37.      Zweitens behauptet die Tschechische Republik, dass die Rüge nicht klar formuliert sei. In Rn. 23 der Klageschrift habe die Kommission zu verstehen gegeben, dass die zuständige Behörde für jede betroffene Person einen Rechtsakt ausstellen müsse, mit dem diese Rechtsstellung festgelegt werde, während sie in Rn. 22 der Klageschrift offenbar einräume, dass die Rechtsstellung dieser Personen gesetzlich festgelegt werden könne.

38.      Die Kommission hält die Rüge ihrerseits für zulässig. Der Streitgegenstand, wie er im Aufforderungsschreiben und später in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgelegt worden sei, sei in der Klageschrift nicht erweitert oder geändert worden. Zudem beziehe sich diese Rüge eindeutig auf die Nichtumsetzung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 2005/36 in Bezug auf die Verpflichtung der zuständigen Behörden, die Rechtsstellung der Personen festzulegen, die einen Anpassungslehrgang absolvierten oder sich auf eine Eignungsprüfung vorzubereiten wünschten.

b)      Würdigung

39.      Zur ersten Einrede der Unzulässigkeit geht zum einen aus der mit Gründen versehenen Stellungnahme(16) hervor, dass die Kommission davon ausgeht, dass die tschechischen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36 die Rechtsstellung von Personen, die einen Anpassungslehrgang absolvierten oder sich auf eine Eignungsprüfung vorbereiteten, nicht erläuterten und auch keine Rechtsgrundlage böten, die es den zuständigen Behörden ermögliche, diese Rechtsstellung zu erläutern. Außerdem müsse diese Rechtsstellung so klar und deutlich sein, dass den betroffenen Personen die Kenntnis ihrer Rechte ermöglicht werde. Zum anderen lassen die einschlägigen Bestimmungen des tschechischen Rechts laut der von der Kommission eingereichten Klageschrift keine hinreichend klare und genaue Festlegung der Rechtsstellung der betroffenen Personen zu.

40.      Meines Erachtens ergibt sich aus diesem Vergleich, dass die Kommission an den tschechischen Rechtsvorschriften sowohl in der mit Gründen versehenen Stellungnahme als auch in der Klageschrift bemängelt, die Rechtsstellung der Personen, die einen Anpassungslehrgang absolvieren oder sich auf eine Eignungsprüfung vorbereiten, nicht hinreichend klarzustellen. Daraus folgt meiner Ansicht, dass die Kommission den Streitgegenstand im Stadium des gerichtlichen Verfahrens nicht geändert hat, so dass der geltend gemachte Unzulässigkeitsgrund unbegründet ist.

41.      Was die zweite Einrede der Unzulässigkeit betrifft, die sich auf die Verpflichtung bezieht, die Rüge zusammenhängend und genau darzustellen, bin ich der Auffassung, dass die Kommission dieses Erfordernis nicht missachtet hat, da aus der Klageschrift, wie ich bereits ausgeführt habe, hervorgeht, dass die Kommission eindeutig geltend macht, dass das tschechische Recht keine Festlegung der Rechtsstellung der betroffenen Personen ermögliche. Diese Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen.

2.      Zur Begründetheit der Rüge

a)      Vorbringen der Parteien

42.      Die Kommission führt aus, dass die Bestimmungen des tschechischen Rechts, d. h. die Art. 13 bis 15 des Gesetzes Nr. 18/2004, die Rechtsstellung von Personen, die einen Anpassungslehrgang absolvierten oder sich auf eine Eignungsprüfung vorbereiteten, nicht klarstellten.

43.      Das Hauptziel der Bestimmungen von Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 2005/36 bestehe darin, den Betroffenen eine sichere und hinreichend klare Rechtsstellung zu garantieren, die es ihnen ermögliche, in dem Mitgliedstaat, in den sie sich begäben, keiner willkürlichen Entscheidung ausgesetzt zu sein.

44.      Die Tschechische Republik habe keine nationale Bestimmung angeführt, die eine klare Festlegung der Rechtsstellung der betroffenen Personen ermögliche.

45.      Die Tschechische Republik hält diese Rüge ihrerseits für unbegründet.

46.      Sie weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet seien, eine Richtlinienbestimmung wörtlich umzusetzen. Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 2005/36 nenne weder die konkreten Rechte und Pflichten, die den betroffenen Personen zuerkannt werden müssten, noch schreibe er vor, dass ihnen eine spezifische Rechtsstellung zuerkannt werden müsse, so dass es nicht verboten sei, dass die Rechtsstellung dieser Personen – wie im tschechischen Recht vorgesehen – in den allgemeinen Rechtsvorschriften geregelt werde.

47.      Die Tschechische Republik fügt hinzu, dass die Richtlinie 2005/36 nicht verlange, dass nationale Rechtsvorschriften eine einheitliche Regelung für Personen vorsähen, die einen Anpassungslehrgang absolvierten oder sich auf eine Eignungsprüfung vorbereiteten. Ein solches Erfordernis beruhe auf der unzutreffenden Annahme, dass diese Personen eine homogene Gruppe darstellten, denen eine einzige spezifische Rechtsstellung zugewiesen werden könne. Die Rechtsstellung der Betroffenen hänge jedoch zwangsläufig von ihrer persönlichen Situation ab. Das tschechische Recht enthalte klare und präzise Kriterien, die es den betroffenen Personen ermöglichten, ihre Rechtsstellung anhand der konkreten Umstände ihres Aufenthalts zu ermitteln.

b)      Würdigung

48.      Die Prüfung dieser Rüge erfordert in einem ersten Schritt eine Klarstellung des Gegenstands und der genauen Tragweite der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 2005/36 vorgesehenen Verpflichtung.

49.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Bestimmung des Sinns und der Tragweite einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen ist, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden(17).

50.      Was die mit der Richtlinie 2005/36 verfolgten Ziele betrifft, geht aus deren Art. 1 und 4 hervor, dass die gegenseitige Anerkennung hauptsächlich dazu dient, es dem Inhaber einer Berufsqualifikation, die ihm in seinem Herkunftsmitgliedstaat die Aufnahme eines reglementierten Berufs erlaubt, zu ermöglichen, im Aufnahmemitgliedstaat denselben Beruf wie den, für den er in seinem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, aufzunehmen und ihn dort unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben(18).

51.      Sodann führen die Art. 10 bis 14 der Richtlinie 2005/36 eine allgemeine Regelung für die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen ein. Im Rahmen dieses Systems sieht Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie vor, dass die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats den Antragstellern die Aufnahme oder die Ausübung eines reglementierten Berufs unter denselben Voraussetzungen gestattet wie Inländern, wenn sie den Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis nach Art. 11 der Richtlinie besitzen, den eine zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats hierfür ausgestellt hat. Allerdings kann der Aufnahmemitgliedstaat die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Ausbildungsanforderungen mit denen des Herkunftsmitgliedstaats vergleichen. Nach dieser Prüfung hat der Aufnahmemitgliedstaat nach Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie die Möglichkeit, in abschließend festgelegten Fällen(19) Ausgleichsmaßnahmen vorzuschreiben, die entweder in einem „Anpassungslehrgang“, dessen Dauer höchstens drei Jahre beträgt, oder in einer „Eignungsprüfung“ bestehen. Daraus folgt, dass diese Möglichkeit, bei deren Anwendung gemäß Abs. 5 dieses Artikels nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verfahren ist, nur insoweit Anwendung findet, als der Grundsatz der Gleichwertigkeit der Qualifikationen nicht umgesetzt werden kann.

52.      In diesem Zusammenhang werden die Begriffe „Anpassungslehrgang“ und „Eignungsprüfung“ in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g bzw. h der Richtlinie 2005/36 definiert. Insbesondere geht aus diesen Punkten hervor, dass die Einzelheiten dieser Ausgleichsmaßnahmen und die Rechtsstellungen des Lehrgangsteilnehmers und des Antragstellers, der sich auf die Eignungsprüfung vorzubereiten wünscht, von den zuständigen Behörden(20) des Aufnahmemitgliedstaats „festgelegt“ werden. Aus der Verwendung des Wortes „festlegen“ ergibt sich meines Erachtens, dass diese Behörden verpflichtet sind, die Rechtsstellung der von diesen Bestimmungen betroffenen Personen „genau zu definieren“(21).

53.      In Bezug auf den Anpassungslehrgang bestimmt Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2005/36 außerdem, dass „[d]ie Rechtsstellung des Lehrgangsteilnehmers im Aufnahmemitgliedstaat, insbesondere im Bereich des Aufenthaltsrechts sowie der Verpflichtungen, sozialen Rechte und Leistungen, Vergütungen und Bezüge … von den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats gemäß dem geltenden Gemeinschaftsrecht festgelegt [wird]“. Meiner Ansicht nach erklärt sich dieser Zusatz durch die Dauer und die Merkmale des Anpassungslehrgangs, der nach demselben Artikel „die Ausübung eines reglementierten Berufs [umfasst], die in dem Aufnahmemitgliedstaat unter der Verantwortung eines qualifizierten Berufsangehörigen erfolgt und gegebenenfalls mit einer Zusatzausbildung einhergeht“. Die Rechtsstellung der betroffenen Personen hat nämlich nicht notwendigerweise den gleichen Inhalt, da die Rechtsstellung der Antragsteller, die einen Anpassungslehrgang absolvieren, zwangsläufig einen weiteren Bereich umfasst als die Rechtsstellung der Antragsteller, die sich auf eine Eignungsprüfung vorbereiten. Dieser inhaltliche Unterschied führt jedoch meines Erachtens nicht zu einem Wesensunterschied, da die zuständigen Behörden verpflichtet sind, die Rechtsstellung zugewanderter Lehrgangsteilnehmer mit der gleichen Genauigkeit festzulegen wie die von Kandidaten für die Eignungsprüfung.

54.      Aus alledem schließe ich, dass die zuständigen Behörden nicht nur verpflichtet sind, die Rechtsstellung der betroffenen Personen zu bestimmen, sondern auch deren Genauigkeit und Klarheit zu gewährleisten haben, damit diesen Personen ermöglicht wird, mit Gewissheit ihre Rechtsstellung zu kennen. Dies hat u. a. zum Ziel, die ordnungsgemäße Durchführung der für ihre Niederlassung im Aufnahmemitgliedstaat erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen zu erleichtern. Im Übrigen gilt dieses doppelte Erfordernis unabhängig von der von den Mitgliedstaaten gewählten Methode, denen es nach wie vor freisteht, diese Rechtsstellung entweder durch die Ausarbeitung spezifischer Vorschriften oder durch den Verweis auf allgemeine Gesetze festzulegen. Unabhängig von der gewählten Methode ist es jedoch erforderlich, dass das von der Richtlinie vorgeschriebene Ergebnis mit den nationalen Maßnahmen erreicht werden kann(22).

55.      Im Licht all dieser Erwägungen ist in einem zweiten Schritt die Begründetheit der von der Kommission erhobenen Rüge zu prüfen.

56.      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wenn die Kommission genügend Anhaltspunkte dafür beigebracht hat, dass die vom beklagten Mitgliedstaat erlassenen nationalen Vorschriften nicht geeignet sind, die wirksame Durchführung einer Richtlinie zu gewährleisten, diesem Mitgliedstaat obliegt, die so vorgebrachten Anhaltspunkte und die sich daraus ergebenden Folgen substantiiert zu bestreiten(23).

57.      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Art. 13 bis 15 des Gesetzes Nr. 18/2004 die Modalitäten des Anpassungslehrgangs und der Eignungsprüfung regeln. Wie die Kommission geltend macht, enthalten diese Artikel jedoch keine Bestimmung über die Rechtsstellung der betroffenen Personen und verweisen auch nicht auf andere Rechtsvorschriften zur Festlegung dieser Stellung.

58.      In Anbetracht der von der Kommission übermittelten Anhaltspunkte beruft sich die Tschechische Republik auf nationale Vorschriften mit allgemeinem Charakter, deren Anwendung von der Kategorie abhänge, zu der der zugewanderte Lehrgangsteilnehmer und der Antragsteller, der sich auf eine Eignungsprüfung vorzubereiten wünsche, im Hinblick auf ihre individuelle Situation gehörten.

59.      Auch wenn es angesichts der Vielzahl der denkbaren Situationen schwierig sein mag, eine einheitliche Rechtsstellung festzulegen, kann eine solche Rechtfertigung die zuständigen Behörden nicht von ihrer Verpflichtung entbinden, die Rechtsstellung der betroffenen Personen so festzulegen, dass sie über klare und genaue Informationen zu diesem Punkt verfügen.

60.      Da es keine nationale Regelung gibt, anhand deren die Rechtsstellung dieser Personen ohne Weiteres festgestellt werden kann, reicht das bloße Bestehen dieser allgemeinen Bestimmungen meines Erachtens nicht aus, um eine ordnungsgemäße Umsetzung der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 2005/36 vorgesehenen Verpflichtung zu gewährleisten.

61.      Unter diesen Umständen schlage ich dem Gerichtshof vor, der ersten von der Kommission erhobenen Rüge stattzugeben.

C.      Zur zweiten Rüge: Nichtumsetzung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36

1.      Zur Zulässigkeit der Rüge

a)      Vorbringen der Parteien

62.      Die Tschechische Republik macht zwei Einreden der Unzulässigkeit geltend.

63.      Zur Nichtumsetzung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 trägt die Tschechische Republik vor, dass diese Vertragsverletzung im Aufforderungsschreiben nicht, auch nicht in knapper Form, angeführt worden sei und dass sie in der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht zusammenhängend und genau dargelegt worden sei. Sie fügt hinzu, dass die Kommission weder im Aufforderungsschreiben noch in der mit Gründen versehenen Stellungnahme die fraglichen tschechischen Rechtsvorschriften erwähnt habe und dass ihr erst im Stadium der Klageschrift habe klarwerden können, dass die Verpflichtung zur Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des Aufnahmemitgliedstaats im Bereich der sozialen Sicherheit auch als Verpflichtung des Dienstleisters zu verstehen sei, einen Vertrag mit einer öffentlichen Krankenkasse zu schließen. Daraus zieht sie den Schluss, dass die Kommission ihrer Verpflichtung, ihre Rüge bereits im Vorverfahren zu präzisieren, nicht nachgekommen sei und ihren Gegenstand im Stadium der Klage erweitert habe.

64.      Im Übrigen sei die Verpflichtung, die Körperschaft im Bereich der sozialen Sicherheit zuvor oder in dringenden Fällen nachträglich von der Erbringung der Dienstleistungen zu unterrichten, in Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung sei weder im Aufforderungsschreiben noch in der mit Gründen versehenen Stellungnahme geltend gemacht worden und werde auch nicht in der Klageschrift und in den darin gestellten Anträgen erwähnt. Der Kern dieser Vertragsverletzung sei im Aufforderungsschreiben nicht angesprochen worden, so dass die Kommission den Gegenstand der Rüge erweitert habe. Schließlich sei diese Rüge in der mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht klar und zusammenhängend dargestellt worden, so dass die Klage in diesem Punkt unzulässig sei.

65.      Die Kommission hält diese Rüge für zulässig.

66.      Sie macht geltend, dass die Rüge seit dem Aufforderungsschreiben inhaltlich unverändert geblieben sei. Die von der tschechischen Regierung in der Antwort auf das Aufforderungsschreiben angeführten Gesichtspunkte zeigten, dass sie den Gegenstand der Rüge verstanden habe. Da die Republik Tschechien keinerlei Verweis auf das tschechische Recht vorgenommen habe, habe sie selbst nach den relevanten Bestimmungen des nationalen Rechts suchen müssen, so dass der Umstand, dass diese Bestimmungen erst im Stadium der Klageschrift erwähnt worden seien, nicht als Änderung der Rüge gewertet werden könne.

67.      Die Kommission räumt ein, dass sie in Bezug auf die Verpflichtung des Dienstleisters, die Körperschaft im Bereich der sozialen Sicherheit zu unterrichten, auf „Art. 6 Abs. 2“ der Richtlinie 2005/36 hätte verweisen müssen. Sie weist jedoch darauf hin, dass sie im Aufforderungsschreiben und in der mit Gründen versehenen Stellungnahme den Inhalt dieser Bestimmung wiedergegeben habe und die Tschechische Republik in ihrer Stellungnahme konkret auf diese Rüge eingegangen sei.

b)      Würdigung

68.      Zur ersten Einrede der Unzulässigkeit stelle ich zunächst fest, dass die Kommission im Aufforderungsschreiben darauf hingewiesen hat, dass Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36, der ausländische Dienstleister von der Pflicht zur Mitgliedschaft bei einer Körperschaft im Bereich der sozialen Sicherheit befreie, nicht in tschechisches nationales Recht umgesetzt worden sei(24).

69.      Weiter stelle ich fest, dass die Kommission in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme die Antworten der Tschechischen Republik geprüft und diese Rüge im Einzelnen dargelegt hat, indem sie darauf hingewiesen hat, dass Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 vorsehe, dass eine solche Mitgliedschaft nicht erforderlich sei und dass diese Mitgliedschaft für die Abrechnung mit dem Versicherer dadurch ersetzt werde, dass der Dienstleister die Körperschaft im Bereich der sozialen Sicherheit einfach von der von ihm erbrachten Leistung unterrichte. Nach Ansicht der Kommission bedeutet diese Bestimmung, dass der Umstand, dass ein Arzt in einem anderen Mitgliedstaat für einen dem öffentlichen Krankenversicherungssystem angeschlossenen Patienten medizinische Leistungen erbracht habe, nicht zur Folge haben könne, dass dem Patienten oder dem Arzt die Erstattung der Kosten der Behandlung mit der Begründung verweigert werde, dass der Arzt im Aufnahmemitgliedstaat nicht der öffentlichen Krankenversicherung angehöre. Anschließend hat sie festgestellt, dass das tschechische Recht diese Anforderungen nicht erfülle(25).

70.      Daraus ergibt sich, dass die Rüge entgegen dem Vorbringen der Tschechischen Republik im Aufforderungsschreiben erhoben und in der mit Gründen versehenen Stellungnahme hinreichend detailliert dargelegt wurde.

71.      Im Übrigen kann auch nicht geltend gemacht werden, dass die Kommission den Gegenstand der Rüge im Stadium des gerichtlichen Verfahrens erweitert habe. Die Kommission hat sich nämlich im Anschluss an die Antworten der Tschechischen Republik auf die mit Gründen versehene Stellungnahme darauf beschränkt, auf neue Bestimmungen des tschechischen Rechts Bezug zu nehmen, um die Begründetheit der Rüge, deren Inhalt sie nicht geändert hat, zu untermauern.

72.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass der ersten Einrede der Unzulässigkeit der Tschechischen Republik nicht stattgegeben werden kann.

73.      Zur zweiten Einrede der Unzulässigkeit genügt die Feststellung, dass die Kommission im Aufforderungsschreiben(26) im Wesentlichen auf die Verpflichtung des Dienstleisters zur Unterrichtung der Körperschaft im Bereich der sozialen Sicherheit hingewiesen und die Tschechische Republik aufgefordert hat, dem nachzukommen. Im Übrigen hat sie in der mit Gründen versehenen Stellungnahme(27) diese Rüge wiederholt und hervorgehoben, dass die tschechischen nationalen Rechtsvorschriften diesen Leistungserbringern nur diese eine Verpflichtung hätten auferlegen müssen.

74.      Daraus folgt meines Erachtens, dass die Kommission im Stadium des Vorverfahrens die Anforderungen an die Darlegung dieser Rüge beachtet hat und ihr auch nicht vorgeworfen werden kann, sie habe sie erst in ihrer Klageschrift geltend gemacht.

2.      Zur Begründetheit der Rüge

a)      Vorbringen der Parteien

75.      Nach Ansicht der Kommission reicht der von den tschechischen Behörden angeführte Art. 36a des Gesetzes Nr. 18/2004 nicht aus, um Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 ordnungsgemäß umzusetzen, da das tschechische Recht(28) die Erstattung an den Versicherten vom Bestehen einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Dienstleister und einer tschechischen Krankenkasse abhängig mache.

76.      Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 verpflichte den Aufnahmemitgliedstaat, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleister von der Pflicht zur Mitgliedschaft „bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit zur Abrechnung mit einem Versicherer für Tätigkeiten zugunsten von Sozialversicherten“ zu befreien, und diese Bestimmung verbiete es den Mitgliedstaaten folglich auch, die Erstattung der Kosten der in diesem Rahmen durchgeführten Behandlung an den Arzt und den Patienten von einer solchen Mitgliedschaft abhängig zu machen. Ziel dieses Artikels sei es, jede ungerechtfertigte Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu untersagen. Vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2005/36 sei die Weigerung, Kosten für Behandlungen zu erstatten, die Patienten ohne vorherige Genehmigung von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistern erbracht worden seien, als gegen Art. 56 AEUV verstoßend angesehen worden(29).

77.      Dieser Begriff „Mitgliedschaft“ sei als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen, der unter Berücksichtigung des Kontexts dieser Bestimmung und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels, das darin bestehe, den freien Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten, ausgelegt werden müsse.

78.      Somit umfasse dieser Begriff nicht nur die Mitgliedschaft im eigentlichen Sinne bei einer vom Mitgliedstaat als Hauptträger der sozialen Sicherheit bezeichneten Körperschaft, sondern auch die sonstigen administrativen oder rechtlichen Anforderungen mit ähnlicher Wirkung wie die Mitgliedschaft, die gegebenenfalls gegenüber anderen Körperschaften des Mitgliedstaats, die auf die eine oder andere Weise zum Funktionieren des Systems der sozialen Sicherheit beitrügen, zu beachten seien.

79.      Die Kommission stellt fest, dass das tschechische Krankenversicherungssystem nach den ihr vorliegenden Informationen so ausgestaltet sei, dass den Patienten, wenn die Ärzte keinen Vertrag mit der Krankenkasse des Versicherten geschlossen hätten, die erbrachten Behandlungen nicht erstattet würden, obwohl sie Beiträge an ihre Krankenkasse entrichteten. Mit Ausnahme von Notfallbehandlungen sei der Patient daher verpflichtet, die Behandlungskosten an den Arzt zu zahlen, ohne eine Erstattung von seiner Krankenkasse erhalten zu können.

80.      Der Abschluss dieser Verträge mit der Krankenkasse sei Gegenstand eines komplexen Verfahrens, und der Erhalt eines solchen Vertrags erfolge nicht automatisch, sondern folge einem anspruchsvollen Auswahlverfahren, so dass ein Ad-hoc-Vertrag nicht im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV geschlossen werden könne.

81.      Daraus leitet sie ab, dass diese Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags mit der Krankenkasse des Patienten als eine Verpflichtung anzusehen sei, die unter den Begriff der „Mitgliedschaft“ falle, um mit den Versicherern im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 abrechnen zu können.

82.      Die Kommission räumt ein, dass das Unionsrecht es einem Mitgliedstaat grundsätzlich nicht verwehre, die Erstattung der Kosten einer Behandlung von bestimmten Anforderungen abhängig zu machen, ist jedoch der Auffassung, dass Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 Verwaltungsanforderungen entgegenstehe, die als solche – wie die Mitgliedschaft – jede Erstattung von im Rahmen einer Dienstleistung erbrachten Leistungen absolut unmöglich machten.

83.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(30) verstoße das tschechische System der Erstattung von Behandlungskosten auch gegen Art. 56 AEUV, der in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 zum Ausdruck komme, und die Mitgliedstaaten müssten ihre Systeme der sozialen Sicherheit anpassen, um die durch diesen Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu verwirklichen.

84.      Der Begriff der „Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 sei weiter gefasst als der des „Versicherers“ und erfasse auch die Krankenkassen, da sie für die Erstattung der den Patienten im Rahmen der Krankenversicherung erbrachten medizinischen Leistungen zuständig seien.

85.      Die Tschechische Republik hält die zweite Rüge für unbegründet.

86.      Sie ist der Ansicht, dass die im tschechischen Recht vorgesehene Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags mit einer Krankenkasse nicht mit einer Pflicht zur Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 gleichgesetzt werden könne, und verweist insoweit auf das Urteil Kommission/Spanien(31).

87.      Die Analyse der Kommission werde nicht durch den Wortlaut von Art. 6 der Richtlinie 2005/36 gestützt, der zwischen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit, bei der keine Mitgliedschaft verlangt werden könne, zum einen, und dem Versicherer, dem die Leistungen in Rechnung gestellt würden, zum anderen, unterscheide. Die in Rede stehende Krankenkasse sei jedoch ein Versicherer im Sinne dieser Bestimmung und nicht eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit im Sinne der genannten Vorschrift.

88.      Ein System der sozialen Sicherheit, in dessen Rahmen andere Behandlungen als Notversorgungen nur Vertragspartnern erstattet würden, sei in der Europäischen Union durchaus üblich und ermögliche es diesem System, seine finanzielle Stabilität, Qualität und Nähe zur medizinischen Versorgung zu gewährleisten.

89.      Sie verweist auch auf den 38. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36, der ihrer Ansicht nach ihre Auffassung stütze, dass diese Richtlinie nicht die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen und deren Erstattung betreffe.

b)      Würdigung

90.      Bevor die Begründetheit dieser Rüge geprüft wird, muss zunächst ihr Gegenstand genau umschrieben werden. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission der Tschechischen Republik im Wesentlichen vorwirft, Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 nicht umgesetzt zu haben, was zum einen die Befreiung des in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleisters von der Verpflichtung zur Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts des Aufnahmemitgliedstaats im Bereich der sozialen Sicherheit und zum anderen die Verpflichtung des Dienstleisters betreffe, diese Körperschaft zu unterrichten.

91.      Daraus folgt meines Erachtens, dass im Rahmen der vorliegenden Vertragsverletzungsklage die Vereinbarkeit der von der Tschechischen Republik ergriffenen nationalen Maßnahmen nur anhand dieses Artikels und nicht anhand anderer Bestimmungen des Unionsrechts wie Art. 56 AEUV beurteilt werden kann. Ich schließe daraus, dass die von der Kommission auf der Grundlage dieses Artikels vorgebrachten Argumente nicht stichhaltig sind.

92.      Um die Bedeutung und die Tragweite der Bestimmungen von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 nachzuvollziehen, sind vor diesem Hintergrund zunächst die Ziele dieser Richtlinie und das mit ihr eingeführte System im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen in Erinnerung zu rufen.

93.      Was die Ziele der Richtlinie 2005/36 betrifft, geht aus ihrem vierten Erwägungsgrund hervor, dass sie darauf abzielt, zur Erleichterung des freien Dienstleistungsverkehrs besondere Vorschriften zu erlassen, durch die die Möglichkeiten zur Ausübung beruflicher Tätigkeiten unter der im Herkunftsmitgliedstaat erworbenen Berufsbezeichnung erweitert werden.

94.      In diesem Rahmen sieht die Richtlinie 2005/36 in ihrem Titel II(32) ein vereinfachtes Anerkennungsverfahren für Dienstleister vor. Dieses System, das auf dem Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit beruht(33), hängt mit den Besonderheiten dieser Leistungserbringung zusammen, die nach Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie der vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung eines Berufs im Aufnahmemitgliedstaat entspricht(34).

95.      Gleichwohl schafft diese Richtlinie ein Gleichgewicht zwischen dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs und den Interessen des Aufnahmemitgliedstaats. So nimmt sie den Dienstleistungserbringer zwar von dem Mechanismus zur Anerkennung von Qualifikationen aus, gestattet den Mitgliedstaaten aber gemäß Art. 7 Abs. 1, vor der ersten Erbringung von Dienstleistungen eine vorherige Meldung(35) zu verlangen, die insbesondere bei Berufen, die die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit berühren, eine begrenzte Kontrolle der Berufsqualifikation des Dienstleisters bezweckt. Nach deren Abschluss hat die zuständige Behörde spätestens einen Monat nach Eingang der Meldung(36) zu entscheiden, ob die Dienstleistungen erbracht werden dürfen oder ob eine Eignungsprüfung abgelegt werden muss.

96.      Zur Begrenzung der Hindernisse für den freien Dienstleistungsverkehr sieht Art. 6 der Richtlinie 2005/36 im Rahmen dieses Systems vor, dass der Aufnahmemitgliedstaat den Dienstleister, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, von Erfordernissen befreit, die er an die in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Berufsangehörigen stellt, und zwar nach seinem Buchst. a von der „Zulassung, Eintragung oder Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation“ und nach Buchst. b von der „Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit zur Abrechnung mit einem Versicherer für Tätigkeiten zugunsten von Sozialversicherten“. In diesem Artikel wird klargestellt, dass „[d]er Dienstleister … jedoch zuvor oder in dringenden Fällen nachträglich die in Absatz 1 Buchstabe b bezeichnete Körperschaft von der Erbringung seiner Dienstleistungen unterrichtet“.

97.      Das Urteil Kommission/Spanien, auf das sich die Tschechische Republik beruft, kann Aufschluss über die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 geben. In dieser Rechtssache warf die Kommission, die beim Gerichtshof eine Vertragsverletzungsklage erhoben hatte, dem Königreich Spanien vor, Art. 18 der Richtlinie 93/16/EWG(37), der ähnliche Bestimmungen(38) wie Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 enthält, nicht umgesetzt zu haben. Ihre Argumentation stützte sich im Wesentlichen darauf, dass die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats die Erstattung der Kosten für Gesundheitsdienstleistungen von der Mitgliedschaft eines Arztes im nationalen Gesundheitssystem abhängig machten.

98.      Zur Zurückweisung dieser Rüge hat der Gerichtshof zunächst festgestellt, dass weder Art. 18 der Richtlinie 93/16 noch irgendeine andere Bestimmung dieser Richtlinie bezweckt, die in den Mitgliedstaaten möglicherweise bestehenden Hindernisse für die Erstattung medizinischer Leistungen durch einen Sozialversicherungsträger, dem der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Arzt nicht angehört, vollständig zu beseitigen(39). Sodann hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine solche Verpflichtung über den Rahmen einer Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung von Diplomen hinausgehen würde und auch nicht im Einklang mit dem 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/16 stünde, wonach die Richtlinie die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Gestaltung ihres eigenen Sozialversicherungssystems nicht berührt(40).

99.      Aus diesem Urteil ergibt sich somit, dass der Gerichtshof zwischen der Verpflichtung des Aufnahmemitgliedstaats, den Dienstleister von der Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit zu befreien, einerseits, und der Organisation des Systems der Erstattung von Gesundheitsleistungen durch diesen Staat andererseits, unterscheidet.

100. Entgegen dem Vorbringen der Kommission scheinen mir die Erwägungen des Gerichtshofs im Urteil Kommission/Spanien für die Beurteilung der Begründetheit der vorliegenden Rüge weiterhin relevant zu sein.

101. Insoweit ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36, dass die Erstattung der Kosten für von einem Dienstleister erbrachte medizinische Leistungen nicht davon abhängig gemacht werden darf, dass dieser Mitglied bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit ist. Aus dem Wortlaut dieses Artikels ergibt sich somit keineswegs, dass der Leistungserbringer über die darin vorgesehene Befreiung hinaus nicht verpflichtet wäre, die Formalitäten der Rechnungsstellung für Gesundheitsdienstleistungen zu erfüllen, die der Organisation des Systems der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats inhärent sind. Daraus folgt meines Erachtens, dass diese Bestimmung nicht die Modalitäten der Erstattung von Gesundheitsdienstleistungen regelt, die in den nationalen Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vorgesehen sind.

102. Diese Auslegung wird im Übrigen durch den 38. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 bestätigt, wonach „[d]ie Bestimmungen dieser Richtlinie … nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Gestaltung ihres nationalen Sozialversicherungssystems und die Festlegung der Tätigkeiten [berühren], die im Rahmen dieses Systems ausgeübt werden müssen“. Dieser Logik folgend sieht die Richtlinie keinen allgemeinen Mechanismus zur Regelung des Verhältnisses zwischen der Anerkennung von Qualifikationen und den nationalen Systemen der sozialen Sicherheit vor. Meines Erachtens kann daher schwerlich davon ausgegangen werden, dass die Ausübung eines Berufs im Aufnahmemitgliedstaat – sei es auch nur vorübergehend und gelegentlich – einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Gesundheitsdienstleistungen durch die Sozialversicherungen dieses Mitgliedstaats mit sich bringt, ohne die nach den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Formalitäten erfüllen zu müssen.

103. Unter diesen Umständen bezweifle ich, wie der Gerichtshof bereits im Urteil Kommission/Spanien festgestellt hat, dass der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 der Befreiung von der Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit eine solche Tragweite verleihen wollte, dass sie sich auf die Organisation des Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats auswirken würde. Mit anderen Worten bin ich der Ansicht, dass dieser Artikel nicht so weit ausgelegt werden darf und dass sein eigentlicher Zweck im Rahmen des durch diese Richtlinie geschaffenen Systems nur darin besteht, die in dieser Bestimmung ausdrücklich vorgesehene Formalität der Mitgliedschaft aufzuheben.

104. Nach alledem bin ich der Ansicht, dass die Kommission nicht mit Erfolg geltend machen kann, dass die Verpflichtung des Aufnahmemitgliedstaats, Dienstleister von der Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit zu befreien, die Verpflichtung impliziere, Dienstleister von der Pflicht zum Abschluss eines Vertrags mit der Krankenkasse des Patienten zu befreien.

105. Folglich schlage ich dem Gerichtshof vor, die zweite Rüge, mit der die Nichtumsetzung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 geltend gemacht wird, zurückzuweisen.

D.      Zur vierten Rüge: Nichtumsetzung von Art. 21 Abs. 6 und Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36

1.      Zur Zulässigkeit der Rüge

a)      Vorbringen der Parteien

106. Die Tschechische Republik macht drei Einreden der Unzulässigkeit geltend.

107. Erstens macht sie geltend, dass die vierte Rüge nicht im verfügenden Teil der mit Gründen versehenen Stellungnahme enthalten gewesen sei und dass dieses Versäumnis nicht geheilt werden könne, da es zu einer wesentlichen Diskrepanz zwischen diesem verfügenden Teil und den Klageanträgen führe. Aufgrund dieser Unregelmäßigkeit, die in der ergänzenden mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht behoben worden sei, habe sie keine Möglichkeit gehabt, die genaue Tragweite des ihr von der Kommission vorgeworfenen Verstoßes gegen das Unionsrecht zu erkennen.

108. Zweitens macht die Tschechische Republik geltend, die Kommission habe in der Klageschrift den Gegenstand der Rüge im Vergleich zum Vorverfahren geändert. Hierzu trägt sie vor, dass sich diese Rüge im Stadium der mit Gründen versehenen Stellungnahme und des Aufforderungsschreibens nur auf die im tschechischen Recht vorgesehene Berufsbezeichnung der „ausführenden Krankenschwester“ und des „ausführenden Krankenpflegers“ bezogen habe, die zur Gefahr einer Verwechslung mit dem Beruf der allgemeinen Krankenschwester und des allgemeinen Krankenpflegers führen könne, der dem Beruf „Krankenschwestern und Krankenpfleger für allgemeine Pflege“ im Sinne der Richtlinie 2005/36 entspreche. Daraus folgert sie, dass sich diese Rüge von der in der Klageschrift erhobenen unterscheide, da sie sich nunmehr auf den genauen Umfang der Tätigkeiten der „ausführenden Krankenschwester“ und des „ausführenden Krankenpflegers“ beziehe.

109. Drittens sei die vierte Rüge nicht zusammenhängend und genau formuliert, insbesondere weil sich die Kommission in Rn. 115 der Klageschrift darauf beschränke, die Analyse dieser Rüge allein unter Bezugnahme auf die Bezeichnung des Berufs der ausführenden Krankenschwester und des ausführenden Krankenpflegers zusammenzufassen, ohne auf die Überschneidung der im Rahmen dieser Berufe ausgeübten Tätigkeiten einzugehen.

110. Die Kommission hält diese Rüge für zulässig.

111. In Bezug auf die erste Einrede der Unzulässigkeit ist sie der Ansicht, dass das Auslassen der Rüge im verfügenden Teil der mit Gründen versehenen Stellungnahme – was sie als verwaltungstechnischen Fehler einstuft – keine Auswirkung auf die Verteidigungsrechte der Tschechischen Republik gehabt habe, da diese zu dieser Rüge Stellung genommen habe.

112. Zur zweiten und zur dritten Einrede der Unzulässigkeit trägt die Kommission vor, dass sie den Gegenstand dieser Rüge, wie er in der mit Gründen versehenen Stellungnahme definiert worden sei, weder geändert noch erweitert habe, da sie bereits im Aufforderungsschreiben geltend gemacht habe, dass die Verpflichtung aus Art. 21 Abs. 6 und Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36 nicht eingehalten worden sei. Sie habe im Stadium des Vorverfahrens darauf hingewiesen, dass diese Richtlinie nicht ausschließe, dass bestimmte Tätigkeiten des Krankenpflegeberufs auch von anderen, weniger qualifizierten Personen ausgeübt werden könnten, dass es aber keine Unklarheiten hinsichtlich der unterschiedlichen Ausbildungs- und Kompetenzniveaus der betroffenen Berufsgruppen geben dürfe.

113. Außerdem hätten die tschechischen Behörden in ihrer Antwort sehr wohl auf die Unterschiede zwischen den Tätigkeiten der Berufe der „allgemeinen Krankenschwester“ und des „allgemeinen Krankenpflegers“ einerseits und der „ausführenden Krankenschwester“ und des „ausführenden Krankenpflegers“ andererseits hingewiesen und daher durchaus verstanden, dass die Kommission das gleichzeitige Vorliegen dieser Berufe rüge.

b)      Würdigung

114. Wie ich bereits ausgeführt habe, hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die mit Gründen versehene Stellungnahme und die Klage der Kommission auf dieselben Rügen gestützt werden müssen wie das Aufforderungsschreiben, mit dem das Vorverfahren eingeleitet wird. Ein solches Erfordernis kann zwar nicht so weit gehen, dass sie in jedem Fall völlig übereinstimmend formuliert sein müssen, doch kann der Streitgegenstand im gerichtlichen Verfahren nicht erweitert oder geändert werden(41).

115. Im vorliegenden Fall geht aus dem Aufforderungsschreiben(42) und der mit Gründen versehenen Stellungnahme(43) hervor, dass die Kommission im Rahmen des Vorverfahrens darauf hingewiesen hat, dass das tschechische Recht den Beruf der „allgemeinen Krankenschwester“ und des „allgemeinen Krankenpflegers“ vorsehe und die Angehörigen dieser Berufsgruppe die Berufsbezeichnung „Krankenschwester und Krankenpfleger für allgemeine Pflege“ im Sinne der Richtlinie 2005/36 führen dürften. Die Kommission hat festgestellt, dass das tschechische Recht auch den Beruf der „ausführenden Krankenschwester“ und des „ausführenden Krankenpflegers“ eingeführt habe und diese Berufsbezeichnung nach einer Ausbildung geführt werden könne, deren Niveau nicht den Mindestanforderungen von Art. 31 Abs. 3 dieser Richtlinie entspreche. Die Begriffe „allgemein“ und „ausführend“ führten für Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe zu einer Verwechslungsgefahr zwischen diesen beiden Berufen. Daraus hat die Kommission geschlossen, dass die Berufsbezeichnung „ausführende Krankenschwester“ und „ausführender Krankenpfleger“ durch Hinzufügung des Wortes „Hilfs-“ sowie der Ausbildungsbedingungen für diesen Beruf geändert werden müsse.

116. Im Stadium des gerichtlichen Verfahrens macht die Kommission geltend, die von ihr erhobene Rüge stütze sich im Wesentlichen darauf, dass die Tätigkeiten der beiden Berufe – „allgemeine Krankenschwester“ und „allgemeiner Krankenpfleger“ einerseits und „ausführende Krankenschwester“ und „ausführender Krankenpfleger“ andererseits – weitgehend vergleichbar seien, so dass die Tschechische Republik keinen Parallelberuf schaffen könne, ohne die Wirksamkeit der Richtlinie 2005/36 in Frage zu stellen und ihre Anforderungen zu umgehen. Zur Stützung dieses Vorbringens nimmt die Kommission eine vergleichende und detaillierte Analyse der jedem dieser Berufe übertragenen Tätigkeiten vor.

117. Daraus folgt, dass die in der Klageschrift erhobene Rüge zwar auch auf die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 21 Abs. 6 und Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36 gerichtet ist, diese Rüge nunmehr jedoch im Wesentlichen die genaue Art der Tätigkeiten der ausführenden Krankenschwestern und der ausführenden Krankenpfleger und die eingehende Prüfung ihrer Vergleichbarkeit mit den Tätigkeiten der Krankenschwestern und Krankenpfleger für allgemeine Pflege betrifft, während das Aufforderungsschreiben und die mit Gründen versehene Stellungnahme die durch die Bezeichnung dieser beiden Berufe verursachte Verwechslungsgefahr betrafen.

118. Meines Erachtens hat sich die Kommission damit nicht darauf beschränkt, diese Rüge zu präzisieren, sondern hat ihren Gegenstand wesentlich verändert, indem sie die Diskussion auf eine Frage verlagert hat, über die sich die Parteien im Vorverfahren nicht ausgetauscht haben. Unter diesen Umständen ist der Tschechischen Republik offensichtlich die Möglichkeit genommen worden, sich wirksam gegen die Rüge der Kommission zu verteidigen.

119. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die in der Klageschrift erhobene Rüge besonders technischer Natur ist, da sie eine eingehende Prüfung der den Berufen der „allgemeinen Krankenschwester“ und des „allgemeinen Krankenpflegers“ einerseits und der „ausführenden Krankenschwester“ und dem „ausführenden Krankenpfleger“ andererseits übertragenen Tätigkeiten erfordert. Da dieser Punkt im Vorverfahren nicht erörtert wurde, verfügt der Gerichtshof meines Erachtens nicht über die Angaben, um in voller Kenntnis der Sachlage entscheiden zu können.

120. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die vierte Rüge für unzulässig zu erklären.

2.      Zur Begründetheit der Rüge

121. Wie ich ausgeführt habe, steht der Fehler, mit dem die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens behaftet ist, einer Beurteilung der Begründetheit dieser Rüge entgegen. Unter diesen Umständen kann daher meines Erachtens nicht festgestellt werden, ob sie begründet ist.

E.      Zur fünften Rüge: Nichtumsetzung von Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36

1.      Zur Zulässigkeit der Rüge

a)      Vorbringen der Parteien

122. Zur Stützung der von ihr geltend gemachten Einreden der Unzulässigkeit macht die Tschechische Republik geltend, dass die Kommission den behaupteten Verstoß gegen das Unionsrecht nicht zusammenhängend und genau dargelegt habe.

123. Insbesondere habe die Kommission in der mit Gründen versehenen Stellungnahme weder klar angegeben, welche Bestimmungen des tschechischen Rechts ihres Erachtens gegen Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 verstießen, noch erläutert, worin genau die der Tschechischen Republik vorgeworfene Vertragsverletzung bestehe.

124. Im Übrigen könne die Tragweite der Vertragsverletzung auch nicht auf der Grundlage der Klageschrift selbst bestimmt werden, da sie sich manchmal auf Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 als Ganzes und manchmal nur auf die Buchst. c, e und f dieser Bestimmung beziehe.

125. Außerdem berufe sich die Kommission im Stadium der Klage nicht mehr auf die Bestimmungen des tschechischen Rechts, auf die sie im Aufforderungsschreiben Bezug genommen habe, und beziehe sich nunmehr auf andere Bestimmungen dieses Rechts. Die Tschechische Republik zieht daraus den Schluss, dass die Kommission den Gegenstand der Rüge erweitert habe.

126. Die Kommission hält die fünfte Rüge für zulässig.

127. Sie macht geltend, dass sie der Tschechischen Republik bereits im Aufforderungsschreiben vorgeworfen habe, Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie nicht hinreichend umgesetzt zu haben, und dass sie sich auf das Dekret Nr. 187/2009(44) bezogen habe, weil es bestimmte Verpflichtungen des Unionsrechts nicht umsetze und nicht, weil es gegen dieses Recht verstoße. Es sei daher unerheblich, dass diese Vorschrift in der Klageschrift nicht mehr angeführt werde.

128. In der mit Gründen versehenen Stellungnahme habe sie sodann unter Berücksichtigung der von der Tschechischen Republik übermittelten Stellungnahme zum Aufforderungsschreiben auf das Gesetz Nr. 95/2004 Bezug genommen.

129. Die Kommission fügt hinzu, dass sie im Anschluss an die Stellungnahme dieses Mitgliedstaats zum Aufforderungsschreiben die Tragweite der Rüge schließlich in der mit Gründen versehenen Stellungnahme auf Art. 45 Abs. 2 Buchst. c, Buchst. e – teilweise – sowie Buchst. f der Richtlinie 2005/36 beschränkt habe und dass dies auch die Tragweite dieser Rüge in ihrer Klageschrift sei.

b)      Würdigung

130. Zu der auf die Änderung des Streitgegenstands gestützten Einrede der Unzulässigkeit stelle ich fest, dass die Kommission im Aufforderungsschreiben(45) ausgeführt hat, das tschechische Recht, nämlich Art. 4 Abs. 2 des Dekrets Nr. 187/2009, setze Art. 45 Abs. 2 nicht um, da er die in den Buchst. c, f und h bis j dieses Artikels genannten Tätigkeiten nicht erwähne und nur einen Teil der in Buchst. e dieses Artikels genannten Tätigkeiten aufführe.

131. In ihrer Stellungnahme zum Aufforderungsschreiben(46) hat die Tschechische Republik darauf hingewiesen, dass Art. 4 Abs. 2 des Dekrets Nr. 187/2009 die Mindestanforderungen für den Erwerb der beruflichen Fähigkeiten für die Ausübung des Apothekerberufs festlege. Zudem regele Art. 10 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 95/2004 die Tätigkeiten, die ein Apotheker eigenständig ausüben dürfe.

132. In der mit Gründen versehenen Stellungnahme(47) hat die Kommission die einschlägigen Bestimmungen dieser beiden Gesetze geprüft und festgestellt, dass ein Apotheker die in Art. 45 Abs. 2 Buchst. c und f genannten Tätigkeiten sowie einen Teil der in Buchst. e der Richtlinie 2005/36 genannten Tätigkeiten nach tschechischem Recht nur nach einer ergänzenden Fachausbildung eigenständig ausüben dürfe. Daraus hat sie geschlossen, dass die Tschechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus diesem Artikel verstoßen habe, dass sie diese Tätigkeiten nicht zu denjenigen zähle, die ein Apotheker mit einer Grundausbildung ausüben dürfe. Dieses Vorbringen ist sodann in der Klageschrift wieder aufgegriffen und weiter ausgeführt worden.

133. Daraus folgt, dass die Kommission bereits im Aufforderungsschreiben ausgeführt hat, dass das tschechische Recht nicht den Zugang für Apotheker zu einigen der in Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 genannten Tätigkeiten gewährleiste. Die Kommission hat diese Rüge dann in der mit Gründen versehenen Stellungnahme und in der Klageschrift unter Berücksichtigung der von der Tschechischen Republik in ihrer Stellungnahme zum Aufforderungsschreiben angeführten nationalen Rechtsvorschriften weiter ausgeführt. Meines Erachtens hat die Kommission mit der Bezugnahme auf neue Bestimmungen des tschechischen Rechts die Rüge, wie sie im Aufforderungsschreiben geltend gemacht worden ist, nicht erweitert, sondern ihren Gegenstand im Rahmen des kontradiktorischen Schriftwechsels, der dem ordnungsgemäßen Ablauf des kontradiktorischen Verfahrens inhärent ist, klargestellt.

134. Auch bin ich der Ansicht, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, sie habe die Rüge weder im Stadium des Vorverfahrens noch im Stadium der Klage genau und zusammenhängend dargelegt. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich nämlich, dass die Kommission sowohl in der mit Gründen versehenen Stellungnahme als auch in der Klageschrift die Gründe dargelegt hat, aus denen sie der Ansicht ist, dass die von ihr genau bezeichneten Bestimmungen des tschechischen Rechts gegen die Verpflichtungen aus Art. 45 Abs. 2 Buchst. c, Buchst. e – teilweise – sowie Buchst. f der Richtlinie 2005/36 verstoßen.

135. Unter diesen Umständen bin ich der Ansicht, dass die Tschechische Republik nicht mit Erfolg geltend machen kann, die fünfte Rüge sei unzulässig.

2.      Zur Begründetheit der Rüge

a)      Vorbringen der Parteien

136. Die Kommission führt aus, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 Apothekern, die die in Art. 44 festgelegten Grundvoraussetzungen für die Berufsqualifikation erfüllten – gegebenenfalls unter dem alleinigen Vorbehalt des Erfordernisses einer ergänzenden Berufserfahrung – den Zugang zu den in Art. 45 Abs. 2 dieser Richtlinie aufgeführten Tätigkeiten gewährleisten müssten. Daraus folge, dass ein Mitgliedstaat die Ausübung dieser Tätigkeiten nicht zusätzlich zu diesem Erfordernis der ergänzenden Berufserfahrung anderweitig beschränken dürfe.

137. Die Kommission macht geltend, dass die Tschechische Republik Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 in Bezug auf einige der darin aufgeführten Tätigkeiten nicht umgesetzt habe, indem sie vorgesehen habe, dass Apotheker diese Tätigkeiten nur nach dem Erwerb ergänzender Fachkompetenzen eigenständig ausüben dürften. Im Einzelnen trägt sie vor, dass Apotheker nach den Bestimmungen des tschechischen Rechts in Art. 11 Abs. 7 bis 11 des Gesetzes Nr. 95/2004 eine ergänzende Fachausbildung absolvieren müssten, um die folgenden Tätigkeiten eigenständig ausüben zu können:

–        pharmazeutische Technologien,

–        Labor- und Analysemethoden im Gesundheitswesen,

–        radiopharmazeutische Arzneimittel,

–        Apothekenpraxis,

–        klinische Pharmazie,

–        Krankenhauspharmazie.

138. Außerdem ergebe sich aus Art. 11 Abs. 12 dieses Gesetzes, dass ein Apotheker vor dem Erwerb dieser Fachkompetenzen die in den Abs. 7 bis 11 dieser Bestimmung genannten Tätigkeiten nur unter der fachlichen Aufsicht eines Angehörigen eines Gesundheitsberufs ausüben könne, der bereits über diese Kompetenzen verfüge.

139. Nach Ansicht der Kommission entsprechen diese Tätigkeiten den in Art. 45 Abs. 2 Buchst. c, Buchst. e – teilweise – sowie Buchst. f der Richtlinie 2005/36 genannten Tätigkeiten.

140. Sie macht geltend, dass die im tschechischen Recht vorgesehenen Voraussetzungen einer ergänzenden Fachausbildung oder einer fachlichen Aufsicht nicht mit dem Ziel und der Systematik des Abschnitts 7 („Apotheker“) der Richtlinie 2005/36 im Einklang stünden. Die Kommission ist nämlich der Ansicht, dass Apotheker, deren Berufsausbildung die harmonisierten Mindestvoraussetzungen erfülle, berechtigt sein müssten – gegebenenfalls unter dem alleinigen Vorbehalt einer ergänzenden Berufserfahrung –, alle in Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 aufgeführten Tätigkeiten auszuüben. Folglich stellten die zusätzlichen Beschränkungen durch das tschechische Recht einen Verstoß gegen diesen Artikel und ein Hindernis für die Freizügigkeit dar.

141. Die Tschechische Republik hält diese Rüge für unbegründet.

142. Erstens erfasse Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 nicht die Tätigkeiten, für die das tschechische Recht Fachqualifikationen von den Apothekern verlange. Durch die Verwendung des Wortes „mindestens“ in diesem Artikel habe der Unionsgesetzgeber eingeräumt, dass es andere Tätigkeiten geben könne, die eine besondere Spezialisierung erforderten und zu denen Apotheker mit einer Grundqualifikation im Sinne der Richtlinie 2005/36 keinen Zugang hätten. Die Tschechische Republik weist darauf hin, dass mangelnde Erfahrung und fehlende fachliche Aufsicht in hochspezialisierten Bereichen der Pharmazie weitreichende Folgen für das Leben und die Gesundheit einer großen Zahl von Personen haben könnten.

143. Die Tschechische Republik ist der Ansicht, dass die in Art. 11 Abs. 7 bis 11 des Gesetzes Nr. 95/2004 genannten Tätigkeiten, die sie im Einzelnen darlegt, in diese Kategorie fielen und nicht den in Art. 45 Abs. 2 Buchst. c, e und f der Richtlinie 2005/36 aufgeführten „gewöhnlichen“ Tätigkeiten entsprächen.

144. Zweitens macht die Tschechische Republik geltend, dass diese Fachqualifikationen nur die eigenständige Ausübung der in Rede stehenden Tätigkeiten beträfen und dass nach Art. 11 Abs. 12 des Gesetzes Nr. 95/2004 jeder Apotheker alle Tätigkeiten, für die Fachqualifikationen erforderlich seien, unter der fachlichen Aufsicht eines Angehörigen eines Gesundheitsberufs ausüben könne, der über diese Kompetenzen verfüge. Ein solcher Ansatz stehe voll und ganz im Einklang mit Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36, da diese Bestimmung nur verlange, dass die Inhaber eines pharmazeutischen Ausbildungsnachweises Zugang zu bestimmten Tätigkeiten und zu deren Ausübung hätten. Dagegen verlange dieser Artikel nicht, dass die von ihm erfassten Tätigkeiten notwendigerweise eigenständig ausgeübt würden.

145. Drittens weist die Tschechische Republik darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 für den Zugang zu bestimmten Tätigkeiten des Apothekers den Erwerb einer ergänzenden Berufserfahrung verlangen könnten. Nach Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 95/2004 könnten die in Rede stehenden Fachkenntnisse entweder durch eine Fachausbildung oder durch eine ergänzende Berufserfahrung erworben werden. Folglich lasse diese Bestimmung die Wahl zwischen zwei Methoden für den Erwerb von Fachkompetenzen, so dass ein Apotheker nicht verpflichtet sei, eine Fachausbildung zu absolvieren, um Tätigkeiten ausüben zu können, die Fachkenntnisse erforderten.

b)      Würdigung

146. Einleitend sei daran erinnert, dass in Titel III Kapitel III der Richtlinie 2005/36 ein System der automatischen gegenseitigen Anerkennung für sieben Berufe, darunter den des Apothekers(48), eingeführt wurde. Das System beruht zum einen auf der Festlegung von Mindestanforderungen an die Ausbildung, die alle Mitgliedstaaten erfüllen müssen, und zum anderen auf der automatischen Anerkennung aller Diplome, die diese Anforderungen erfüllen.

147. In diesem Rahmen legen die Art. 44 und 45(49) dieser Richtlinie die für Apotheker geltenden Ausbildungsstandards und die Tätigkeiten fest, die ihnen auf der Grundlage dieser Qualifikationen offenstehen. Im Einzelnen sieht Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie vor, dass „[d]ie Mitgliedstaaten … dafür [sorgen], dass Inhaber eines pharmazeutischen Ausbildungsnachweises einer Universität oder eines als gleichwertig anerkannten Ausbildungsnachweises, der den Anforderungen des Artikels 44 genügt, mindestens die folgenden Tätigkeiten aufnehmen und ausüben dürfen, gegebenenfalls vorbehaltlich des Erfordernisses einer ergänzenden Berufserfahrung“. Diese Tätigkeiten umfassen unter Buchst. c dieser Bestimmung die Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln, unter Buchst. e die Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Verteilung und der Verkauf von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken(50), und unter Buchst. f die Herstellung, Prüfung, Lagerung und den Verkauf von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern.

148. Im vorliegenden Fall macht Art. 11 des Gesetzes Nr. 95/2004 die selbständige Ausübung bestimmter Tätigkeiten des Apothekers vom Erwerb von Fachkenntnissen abhängig, so dass der Apotheker diese Tätigkeiten vor diesem Erwerb nur unter der Aufsicht eines Angehörigen der Gesundheitsberufe ausüben darf, der über diese Kompetenzen verfügt.

149. Um die Begründetheit dieser Rüge zu beurteilen, ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die nach tschechischem Recht erforderliche Voraussetzung des Erwerbs von Fachkompetenzen mit den Vorgaben von Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 im Einklang steht, der es den Mitgliedstaaten nur gestattet, den Zugang zu den Tätigkeiten des Apothekers von einer ergänzenden Berufserfahrung abhängig zu machen.

150. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Buchst. f der Richtlinie 2005/36 unter „Berufserfahrung“ die tatsächliche und rechtmäßige Ausübung des betreffenden Berufs in einem Mitgliedstaat zu verstehen ist(51). Aus dieser Definition ergibt sich meines Erachtens, dass es sich um eine konkrete und tatsächliche Erfahrung handeln muss, damit der Apotheker nach dem Erwerb dieser praktischen Erfahrung in der Lage ist, die fragliche Tätigkeit auszuüben.

151. Außerdem kann diese Erfahrung, wie sich aus dem Wortlaut von Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 ergibt, nur eine Ergänzung der Ausbildung darstellen, die ein Apotheker zuvor unter den in dieser Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen erworben hat. Ein Mitgliedstaat darf nämlich keine Berufserfahrung verlangen, die in Wirklichkeit den Charakter einer zusätzlichen, zu einem Diplom führenden Ausbildung hat, ohne das System der gegenseitigen Anerkennung der den Beruf des Apothekers regelnden Qualifikationen zu umgehen.

152. Ich weise darauf hin, dass die Fachkompetenzen eines Apothekers nach Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 95/2004 entweder durch das Bestehen einer Fachausbildung erlangt werden, die mit einer Prüfung, für die eine Bescheinigung erteilt wird, abgeschlossen wird, oder durch den Erwerb einer zusätzlichen Berufserfahrung.

153. Die erste Voraussetzung, nämlich das Bestehen einer Fachausbildung, entspricht offensichtlich nicht der Definition der „ergänzenden Berufserfahrung“, die ich dem Gerichtshof vorschlage.

154. Auch die zweite dieser Voraussetzungen entspricht meines Erachtens trotz ihres Wortlauts nicht dieser Definition. Insoweit stelle ich fest, dass nach Art. 11 des Gesetzes Nr. 95/2004(52) der Antrag auf Eintragung aufgrund zusätzlicher Berufserfahrung bei einer anerkannten Einrichtung gestellt wird und dass das Ministerium am Ende dieses durch eine Bescheinigung bestätigten Ausbildungszeitraums ein Diplom über die erworbene Fachkompetenz ausstellt. In Anbetracht dieser Voraussetzungen handelt es sich meines Erachtens bei der ergänzenden Berufserfahrung, wie sie im tschechischen Recht geregelt ist, um eine ergänzende Fachausbildung.

155. Diese Feststellung allein reicht jedoch nicht aus, um die Begründetheit der von der Kommission erhobenen Rüge anzunehmen.

156. In einem zweiten Schritt ist nämlich zu prüfen, inwieweit ein Aufnahmemitgliedstaat berechtigt ist, für bestimmte berufliche Tätigkeiten der Apotheker den Erwerb von Fachkompetenzen vorzuschreiben, die über das Erfordernis einer ergänzenden Berufserfahrung im Sinne von Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 hinausgehen.

157. Insoweit bin ich der Ansicht, dass die Analyse des Wortlauts dieser Bestimmung einen nützlichen Auslegungshinweis bietet. Aus diesem Wortlaut ergibt sich nämlich, dass Apotheker, soweit sie die Ausbildungsanforderungen der Richtlinie 2005/36 erfüllen, mindestens Zugang zu den in dieser Bestimmung genannten Tätigkeiten haben müssen. Die Verwendung des Begriffs „mindestens“ deutet meines Erachtens eindeutig darauf hin, dass Art. 45 Abs. 2 dieser Richtlinie die Mitgliedstaaten nur verpflichtet, den Zugang zu den dort genannten Tätigkeiten zu gewährleisten, gegebenenfalls vorbehaltlich einer ergänzenden Berufserfahrung(53). Damit korrelierend folgt daraus, dass es diesen Mitgliedstaaten freisteht, den Zugang zu anderen, nicht in dieser Bestimmung genannten Tätigkeiten von strengeren Ausbildungsanforderungen abhängig zu machen(54).

158. Diese Auslegung wird im Übrigen durch den Wortlaut des 25. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2005/36 bestätigt, aus dem sich ergibt, dass es den Mitgliedstaaten jenseits eines Mindestbereichs von Tätigkeiten, zu denen Apotheker, die die Voraussetzungen der Grundausbildung erfüllen, Zugang haben müssen, freisteht, ergänzende Ausbildungsbedingungen für den Zugang zu Tätigkeiten vorzusehen, die nicht in diesen Mindestbereich fallen(55).

159. Außerdem weise ich darauf hin, dass es im 44. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt, dass „[d]iese Richtlinie … die Maßnahmen unberührt [lässt], die erforderlich sind, um ein hohes Gesundheits- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen“. Diese Formulierung zeigt meines Erachtens, dass der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten die Möglichkeit lassen wollte, zur Erreichung dieses Ziels für bestimmte Tätigkeiten, die ein hohes Maß an Fachwissen erfordern, eine Fachausbildung vorzuschreiben.

160. Im Licht dieser Auslegungshinweise ist zu prüfen, ob die Tätigkeiten, für die die tschechische Regelung den Erwerb von Fachkompetenzen verlangt, in den Anwendungsbereich von Art. 45 Abs. 2, Buchst. c, Buchst. e – teilweise – sowie Buchst. f der Richtlinie 2005/36 fallen.

161. Was erstens den unter Art. 11 Abs. 7 des Gesetzes Nr. 95/2004 fallenden Bereich der Labor- und Analysemethoden im Gesundheitswesen betrifft, weise ich darauf hin, dass Art. 45 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2005/36, auf den sich die Kommission stützt, die Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln betrifft. Sowohl aus der Bezeichnung dieses Bereichs als auch aus den Erläuterungen der Tschechischen Republik geht hervor, dass es sich bei diesen Methoden um Techniken im Zusammenhang mit Labortests handelt. Da sich dieser Bereich von der Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln unterscheidet, fällt er meines Erachtens nicht in das in Art. 45 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehene Mindesttätigkeitsfeld.

162. Was zweitens den Bereich der klinischen Pharmazie anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Kommission obliegt, das Vorliegen der gerügten Vertragsverletzung nachzuweisen und dem Gerichtshof die erforderlichen Anhaltspunkte zu liefern, die es ihm ermöglichen, ihr Vorliegen zu prüfen, ohne dass sich die Kommission dabei auf irgendeine Vermutung stützen kann(56). Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission nicht darlegt, inwiefern dieser Bereich unter eine der in Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 genannten Tätigkeiten fallen könnte, und sich darauf beschränkt, geltend zu machen, dass das Vorbringen der Tschechischen Republik auf keinen relevanten Verweis auf das tschechische Recht gestützt sei. Daraus folgt, dass das Vorliegen dieser Vertragsverletzung nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen ist.

163. Was drittens die Krankenhauspharmazie, die pharmazeutischen Technologien und die radiopharmazeutischen Arzneimittel betrifft, weise ich darauf hin, dass diese Tätigkeiten nach Art. 11 Abs. 10 und 11 des Gesetzes Nr. 95/2004 mit der Herstellung besonders komplexer Darreichungsformen in Verbindung stehen, die im Sinne dieses Gesetzes als sterile Arzneimittel zur parenteralen Anwendung zu verstehen sind, die in Apotheken in besonderen Räumlichkeiten zubereitet werden. Ich bin der Auffassung, dass solche Tätigkeiten, es sei denn, man lege Art. 45 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2005/36(57) übermäßig weit aus, nicht der Herstellung von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern gleichgestellt werden können. Denn entgegen dem Vorbringen der Kommission stellt der Umstand, dass unter diesem Buchstaben nicht nach dem Grad der Komplexität der in Krankenhäusern zubereiteten Arzneimittel unterschieden wird, meines Erachtens kein entscheidendes Auslegungskriterium dar. Nach dem Gedankengang, den ich dem Gerichtshof nahelege, scheint mir dieser Unterschied im Gegenteil völlig zu rechtfertigen, dass die Zubereitung von Darreichungsformen, die in Anbetracht ihrer Definition ein hohes Maß an technischer Komplexität aufweisen, nicht von dem in Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehenen Mindesttätigkeitsfeld umfasst wird.

164. Was viertens den Bereich der Apothekenpraxis anbelangt, ist auf den Wortlaut von Art. 11 Abs. 8 des Gesetzes Nr. 95/2004 hinzuweisen, wonach Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Apotheke nur nach dem Erwerb von Fachkenntnissen in diesem Bereich eigenständig ausgeübt werden dürfen. Es ist jedoch unbestreitbar, dass die Bevorratung und die Verteilung von Arzneimitteln in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken im Sinne von Art. 45 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2005/36 zwangsläufig die Ausübung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Apotheke voraussetzen und einen wesentlichen Teil dieses Betriebs darstellen. Unter diesen Umständen bin ich der Ansicht, dass dieser Bereich, der zudem zur gewöhnlichen Ausübung des Apothekerberufs gehört, unter die in Art. 45 dieser Richtlinie genannten Tätigkeiten fällt.

165. Nach alledem schlage ich vor, der fünften Rüge nur in diesem letzten Punkt stattzugeben.

F.      Zusammenfassung der Untersuchung

166. Die Prüfung der Klage bringt mich zu dem Schluss, dass die erste Rüge und teilweise auch die fünfte Rüge begründet sind. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

VI.    Ergebnis

167. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, über die erste, die zweite, die vierte und die fünfte Rüge wie folgt zu entscheiden:

1.      Die Tschechische Republik

–        hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der durch die Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 geänderten Fassung verstoßen, dass sie nicht die Maßnahmen getroffen hat, die erforderlich sind, um die Rechtsstellung des zugewanderten Lehrgangsteilnehmers und die Rechtsstellung des Antragstellers, der sich auf die Eignungsprüfung vorzubereiten wünscht, festzulegen und,

–        hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 45 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2005/36 in der durch die Richtlinie 2013/55 geänderten Fassung verstoßen, dass sie die eigenständige Ausübung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Apotheke vom Erwerb von Fachkompetenzen abhängig gemacht hat.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. 2005, L 255, S. 22).


3      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 (ABl. 2013, L 354, S. 132).


4      Etwa 270 Euro.


5      Insoweit bestimmt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2013/55: „Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie bis zum 18. Januar 2016 nachzukommen.“


6      Vgl. u. a. Urteile vom 8. Dezember 2005, Kommission/Luxemburg (C‑33/04, EU:C:2005:750, Rn. 70), vom 31. Mai 2018, Kommission/Polen (C‑526/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:356, Rn. 49), und vom 18. Oktober 2018, Kommission/Rumänien (C‑301/17, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:846, Rn. 32).


7      Vgl. Urteil vom 19. September 2017, Kommission/Irland (Zulassungssteuer) (C‑552/15, EU:C:2017:698, Rn. 28 und 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


8      Urteil vom 26. April 2018, Kommission/Bulgarien (C‑97/17, EU:C:2018:285, Rn. 18 und 19 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


9      Urteil vom 8. März 2022, Kommission/Vereinigtes Königreich (Bekämpfung von Betrug durch Unterbewertung) (C‑213/19, EU:C:2022:167, Rn. 133 und die dort angeführte Rechtsprechung).


10      Vgl. Urteil vom 11. Juli 2018, Kommission/Belgien (C‑356/15, EU:C:2018:555, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11      Urteil vom 22. September 2016, Kommission/Tschechische Republik (C‑525/14, EU:C:2016:714, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12      Urteil vom 25. April 2013, Kommission/Spanien (C‑64/11, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:264, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).


13      Urteil vom 2. März 2023, Kommission/Polen (Waldbewirtschaftung und gute Praxis der Waldbewirtschaftung) (C‑432/21, EU:C:2023:139, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14      Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Portugal (C‑503/14, EU:C:2016:979, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).


15      Urteil vom 30. April 2020, Kommission/Rumänien (Überschreitung der Grenzwerte für PM10) (C‑638/18, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:334, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16      Vgl. Punkt 3.1 der mit Gründen versehenen Stellungnahme und insbesondere die Ausführungen auf S. 155 dieser Stellungnahme.


17      Urteil vom 22. Dezember 2022, Les Entreprises du Médicament (C‑20/22, EU:C:2022:1028, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).


18      Urteil vom 3. März 2022, Sosiaali- ja terveysalan lupa- ja valvontavirasto (Ärztliche Grundausbildung) (C‑634/20, EU:C:2022:149, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).


19      Aus diesem Artikel ergibt sich im Wesentlichen, dass der Mitgliedstaat Ausgleichsmaßnahmen verlangen kann, wenn sich die Ausbildung auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch den im Aufnahmemitgliedstaat verlangten Ausbildungsnachweis abgedeckt werden, oder wenn der Beruf im Aufnahmemitgliedstaat ein breiteres Tätigkeitsfeld abdeckt als im Herkunftsmitgliedstaat.


20      Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2005/36 bezeichnet der Ausdruck „zuständige Behörde“: „jede von den Mitgliedstaaten mit der besonderen Befugnis ausgestattete Behörde oder Stelle, Ausbildungsnachweise und andere Dokumente oder Informationen auszustellen bzw. entgegenzunehmen sowie Anträge zu erhalten und Beschlüsse zu fassen, auf die in der vorliegenden Richtlinie abgezielt wird“.


21      Diese Definition des Wortes „festlegen“ („déterminer“) entspricht der in Kürze erscheinenden neunten Ausgabe des Dictionnaire de l’Académie française. Die anderen Sprachfassungen der Richtlinie 2005/36 sind in Bezug auf diese Anforderung einheitlich. Vgl. hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 Buchst. g bzw. h dieser Richtlinie: auf Deutsch „festgelegt“; auf Estnisch „kehtestab“ und „määrab“; auf Englisch „shall be laid down“ und „shall be determined“; auf Italienisch „sono determinati“ und „sono determinate“ und auf Tschechisch „stanoví“.


22      Insoweit weise ich darauf hin, dass den innerstaatlichen Stellen zwar die Wahl der Form und der Mittel zur Erreichung des von einer Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisses überlassen ist, die nationalen Umsetzungsmaßnahmen jedoch hinreichend bestimmt und klar sein müssen, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2022, U.I. (Indirekter Zollvertreter) (C‑714/20, EU:C:2022:374, Rn. 57 bis 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).


23      Urteil vom 6. Mai 2010, Kommission/Polen (C‑311/09, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:257, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Vgl. Nr. 2.2.2 des Aufforderungsschreibens.


25      Vgl. Nr. 3.3 der mit Gründen versehenen Stellungnahme.


26      Vgl. Nr. 2.2.2 des Aufforderungsschreibens.


27      Vgl. Nr. 3.3 der mit Gründen versehenen Stellungnahme.


28      Die Kommission bezieht sich auf Art. 11 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1  des Gesetzes Nr. 48/1997.


29      Die Kommission verweist auf die Urteile vom 28. April 1998, Decker (C‑120/95, EU:C:1998:167), und vom 28. April 1998, Kohll (C‑158/96, EU:C:1998:171).


30      Die Kommission nimmt Bezug auf die Urteile vom 16. Mai 2006, Watts (C‑372/04, EU:C:2006:325), und vom 27. Oktober 2011, Kommission/Portugal (C‑255/09, EU:C:2011:695).


31      Urteil vom 16. Mai 2002 (C‑232/99, im Folgenden: Urteil Kommission/Spanien, EU:C:2002:291).


32      Dieser Titel umfasst die Art. 5 bis 9 der Richtlinie 2005/36.


33      Dieser Begriff entspricht der Überschrift von Art. 5 der Richtlinie 2005/36.


34      Nach Art. 5 Abs. 2 wird „[d]er vorübergehende und gelegentliche Charakter der Erbringung von Dienstleistungen … im Einzelfall beurteilt, insbesondere anhand der Dauer, der Häufigkeit, der regelmäßigen Wiederkehr und der Kontinuität der Dienstleistung“.


35      Nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 können die Mitgliedstaaten fordern, dass der Meldung Dokumente beigefügt werden. Ohne sämtliche in diesem Artikel abschließend aufgezählten Unterlagen anzuführen, soll ihre Vorlage es den Staaten ermöglichen, die Qualifikationen oder die Berufserfahrung des Dienstleisters zu kontrollieren und sich insbesondere im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu vergewissern, dass der Dienstleister u. a. hinsichtlich seiner Redlichkeit und seiner Kenntnisse in der Sprache des Aufnahmemitgliedstaats ausreichende Garantien bietet.


36      Diese Entscheidung kann jedoch unter den in Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/36 vorgesehenen Voraussetzungen aufgeschoben werden.


37      Richtlinie des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABl. 1993, L 165, S. 1).


38      In Art. 18 der Richtlinie 93/16 heißt es: „Wird in einem Aufnahmestaat zur Abrechnung mit einem Versicherer für Tätigkeiten zugunsten von Sozialversicherten die Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit verlangt, so befreit dieser Mitgliedstaat im Falle der Erbringung von Dienstleistungen, für die der Begünstigte den Ort wechseln muss, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen haben, von diesem Erfordernis. Der Begünstigte unterrichtet jedoch zuvor oder in dringenden Fällen nachträglich diese Körperschaft von der Erbringung seiner Dienstleistung.“


39      Urteil Kommission/Spanien, Rn. 52.


40      Urteil Kommission/Spanien, Rn. 53.


41      Siehe Nrn. 32 und 33 der vorliegenden Schlussanträge.


42      Vgl. Nr. 2.4.3 des Aufforderungsschreibens.


43      Vgl. Nr. 3.5.3.1 der mit Gründen versehenen Stellungnahme, wobei in der ergänzenden mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht auf diese Rüge eingegangen wird.


44      Vyhláška č. 187/2009 Sb., o minimálních požadavcích na studijní programy všeobecné lékařství, zubní lékařství, farmacie a na vzdělávací program všeobecné praktické lékařství (Dekret Nr. 187/2009 Slg. über die Mindestanforderungen an Studiengänge in den Bereichen Allgemeinmedizin, Zahnmedizin, Pharmazie und das Ausbildungsprogramm für allgemeine praktische Medizin).


45      Vgl. Nr. 2.4.6 des Aufforderungsschreibens.


46      Vgl. Nr. 2.4.6 der Stellungnahme zum Aufforderungsschreiben.


47      Vgl. Nr. 3.5.1 der mit Gründen versehenen Stellungnahme.


48      Die Bestimmungen für Apotheker finden sich in Abschnitt 7 dieses Kapitels.


49      Die Art. 44 und 45 haben die Art. 1 und 2 der Richtlinie 85/432/EWG des Rates vom 16. September 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten (ABl. 1985, L 253, S. 34) übernommen. Ganz allgemein sollen die Bestimmungen der Richtlinie 2005/36 das mit der Richtlinie 85/432 eingeführte System konsolidieren und vereinfachen. Vgl. in diesem Sinne Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (KOM/2002/0119 endg.) (ABl. 2002, C 181 E, S. 183).


50      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zur Stützung ihrer Klage, was Art. 45 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2005/36 anbelangt, nur auf die Tätigkeiten der Bevorratung und der Verteilung von Arzneimitteln abstellt.


51      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2011, Toki (C‑424/09, EU:C:2011:210, Rn. 28).


52      Ich beziehe mich insbesondere auf die Abs. 3 und 5 dieser Bestimmung.


53      Soll diesen Bestimmungen nicht jede Wirksamkeit genommen werden, führt eine solche Gewährleistung zwangsläufig dazu, dass ein Apotheker, der die Mindestanforderungen an die Berufsqualifikationen erfüllt, die in Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36 genannten Tätigkeiten völlig eigenständig ausüben kann.


54      Nach Art. 3 der Richtlinie 85/432 hatte die Kommission dem Rat der Europäischen Union geeignete Vorschläge bezüglich der Spezialisierungen im pharmazeutischen Bereich und insbesondere der des Krankenhausapothekers zu unterbreiten. Daraus folgt, dass sich der Gesetzgeber über die in den Art. 1 und 2 dieser Richtlinie geregelten Anforderungen an die Grundausbildung und das auf der Grundlage dieser Qualifikationen eröffnete Tätigkeitsfeld hinaus das Bestehen von Fachausbildungen vorbehalten hat. Da die letztgenannten Bestimmungen im Wesentlichen in die Art. 44 und 45 der Richtlinie 2005/36 übernommen wurden, soll das mit dieser Richtlinie eingeführte ebenso wie das aus der Richtlinie 85/432 hervorgegangene System meines Erachtens nur ein Mindesttätigkeitsfeld schaffen, zu dem Apotheker, die über die Grundqualifikationen verfügen, Zugang haben müssen.


55      Nach dem 25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 sind „Inhaber eines Ausbildungsnachweises des Apothekers … Arzneimittelspezialisten und sollten grundsätzlich in allen Mitgliedstaaten Zugang zu einem Mindesttätigkeitsfeld innerhalb dieses Fachgebiets haben“. Allerdings „[hindert d]iese Richtlinie … die Mitgliedstaaten nicht daran, die Aufnahme von Tätigkeiten, die nicht in das koordinierte Mindesttätigkeitsfeld einbezogen sind, an zusätzliche Ausbildungsanforderungen zu knüpfen. Daher sollte der Aufnahmemitgliedstaat, der solche Anforderungen stellt, die Möglichkeit haben, Staatsangehörige der Mitgliedstaaten, die im Besitz von Ausbildungsnachweisen sind, die unter die automatische Anerkennung im Sinne dieser Richtlinie fallen, diesen Anforderungen zu unterwerfen.“


56      Urteil vom 17. Dezember 2020, Kommission/Ungarn (Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen) (C‑808/18, EU:C:2020:1029, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung).


57      Hierzu weise ich darauf hin, dass die Kommission zur Stützung ihrer Klage, was Art. 45 Abs. 2 Buchst. e dieser Richtlinie anbelangt, nicht auf die Tätigkeit der Herstellung von Arzneimitteln abstellt.