Language of document : ECLI:EU:C:2024:521

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

18. Juni 2024(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Richtlinie 2011/95/EU – Art. 21 Abs. 1 – Richtlinie 2013/32/EU – Art. 9 Abs. 2 und 3 – Bestandskräftige Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen Mitgliedstaat – Flüchtling, der sich nach dieser Zuerkennung in einem anderen Mitgliedstaat aufhält – An den Aufenthaltsmitgliedstaat gerichtetes Auslieferungsersuchen des Herkunftsdrittstaats des Flüchtlings – Wirkung der Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Rahmen des Auslieferungsverfahrens – Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Schutz des Flüchtlings gegen die beantragte Auslieferung“

In der Rechtssache C‑352/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Hamm (Deutschland) mit Beschluss vom 19. Mai 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Juni 2022, in dem Verfahren betreffend die Auslieferung von

A.,

Beteiligte:

Generalstaatsanwaltschaft Hamm,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin K. Jürimäe (Berichterstatterin), der Kammerpräsidenten E. Regan, T. von Danwitz und Z. Csehi, der Kammerpräsidentin O Spineanu-Matei, der Richter M. Ilešič und J.‑C. Bonichot, der Richterin L. S. Rossi, der Richter I. Jarukaitis und A. Kumin, der Richterin M. L. Arastey Sahún und des Richters M. Gavalec,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2023,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von A., vertreten durch Rechtsanwälte H.‑J. Römer und U. Sommer,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und A. Hoesch als Bevollmächtigte,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von D. G. Pintus, Avvocato dello Stato,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Azéma, S. Grünheid und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Oktober 2023

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. 2013, L 180, S. 60) und Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2011, L 337, S. 9).

2        Es ergeht im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Auslieferung von A., einem in Italien als Flüchtling anerkannten und sich in Deutschland aufhaltenden türkischen Staatsangehörigen, infolge eines Ersuchens um Auslieferung zur Strafverfolgung, das die türkischen an die deutschen Behörden gerichtet hatten.

 Rechtlicher Rahmen

 Völkerrecht

 Genfer Flüchtlingskonvention

3        Das am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichnete Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (United Nations Treaty Series, Bd. 189, S. 150, Nr. 2545 [1954]) trat am 22. April 1954 in Kraft (im Folgenden: Genfer Flüchtlingskonvention) und wurde durch das am 31. Januar 1967 in New York geschlossene und am 4. Oktober 1967 in Kraft getretene Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ergänzt.

4        Alle Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Europäische Union ist dagegen keine Vertragspartei der Konvention.

5        Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention sieht vor:

„Im Sinne dieses Abkommens findet der Ausdruck ‚Flüchtling‘ auf jede Person Anwendung:

2.      die … aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlose [Person] außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will. Für den Fall, dass eine Person mehr als eine Staatsangehörigkeit hat, bezieht sich der Ausdruck ‚das Land, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt‘ auf jedes der Länder, dessen Staatsangehörigkeit diese Person hat. Als des Schutzes des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie hat, beraubt gilt nicht eine Person, die ohne einen stichhaltigen, auf eine begründete Befürchtung gestützten Grund den Schutz eines der Länder nicht in Anspruch genommen hat, deren Staatsangehörigkeit sie besitzt.“

6        Art. 33 Abs. 1 der Konvention bestimmt:

„Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde.“

 Europäisches Auslieferungsübereinkommen

7        In Art. 3 Abs. 1 und 2 des am 13. Dezember 1957 in Paris unterzeichneten Europäischen Auslieferungsübereinkommens heißt es:

„(1)      Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn die strafbare Handlung, derentwegen sie begehrt wird, vom ersuchten Staat als eine politische oder als eine mit einer solchen zusammenhängende strafbare Handlung angesehen wird.

(2)      Das Gleiche gilt, wenn der ersuchte Staat ernstliche Gründe hat anzunehmen, dass das Auslieferungsersuchen wegen einer nach gemeinem Recht strafbaren Handlung gestellt worden ist, um eine Person aus rassischen, religiösen, nationalen oder auf politischen Anschauungen beruhenden Erwägungen zu verfolgen oder zu bestrafen, oder dass die verfolgte Person der Gefahr einer Erschwerung ihrer Lage aus einem dieser Gründe ausgesetzt wäre.“

 Unionsrecht

 Richtlinie 2011/95

8        Der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/95 lautet:

„Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist ein deklaratorischer Akt.“

9        Art. 2 der Richtlinie enthält folgende Begriffsbestimmungen:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

b)      ‚Person, der internationaler Schutz zuerkannt wurde‘ eine Person, der die Flüchtlingseigenschaft gemäß Buchstabe e oder der subsidiäre Schutzstatus gemäß Buchstabe g zuerkannt wurde;

d)      ,Flüchtling‘ einen Drittstaatsangehörigen, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will und auf den Artikel 12 keine Anwendung findet;

e)      ‚Flüchtlingseigenschaft‘ die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder eines Staatenlosen als Flüchtling durch einen Mitgliedstaat;

i)      ‚Antragsteller‘ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist;

…“

10      Kapitel III („Anerkennung als Flüchtling“) der Richtlinie 2011/95 umfasst die Art. 9 bis 12. In den Art. 11 und 12 dieser Richtlinie ist geregelt, wann ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser nicht mehr Flüchtling bzw. von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen ist.

11      In Kapitel IV („Flüchtlingseigenschaft“) der Richtlinie finden sich die Art. 13 und 14.

12      Art. 13 der Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen, der die Voraussetzungen der Kapitel II und III erfüllt, die Flüchtlingseigenschaft zu.“

13      Art. 14 („Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft“) der Richtlinie 2011/95 sieht vor:

(1)      „Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG [des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2004, L 304, S. 12)] gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft ab, beenden diese oder lehnen ihre Verlängerung ab, wenn er gemäß Artikel 11 nicht länger Flüchtling ist.

(2)      Unbeschadet der Pflicht des Flüchtlings, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger Flüchtling ist oder es nie gewesen ist.

(3)      Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die Flüchtlingseigenschaft ab, beenden diese oder lehnen ihre Verlängerung ab, falls der betreffende Mitgliedstaat nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft feststellt, dass

a)      die Person gemäß Artikel 12 von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen ist;

b)      eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen seinerseits, einschließlich der Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente, für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausschlaggebend war.

(4)      Die Mitgliedstaaten können einem Flüchtling die ihm von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Rechtsstellung aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn

a)      es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält;

b)      er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde.

(5)      In den in Absatz 4 genannten Fällen können die Mitgliedstaaten entscheiden, einem Flüchtling eine Rechtsstellung nicht zuzuerkennen, solange noch keine Entscheidung darüber gefasst worden ist.

(6)      Personen, auf die die Absätze 4 oder 5 Anwendung finden, können die in den Artikeln 3, 4, 16, 22, 31, 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Rechte oder vergleichbare Rechte geltend machen, sofern sie sich in dem betreffenden Mitgliedstaat aufhalten.“

14      Kapitel VII („Inhalt des internationalen Schutzes“) der Richtlinie 2011/95 enthält die Art. 20 bis 35.

15      Art. 21 („Schutz vor Zurückweisung“) Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.“

16      In Art. 36 Abs. 2 der Richtlinie heißt es:

„In Abstimmung mit der [Europäischen] Kommission treffen die Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen, um eine unmittelbare Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden herzustellen.“

 Richtlinie 2013/32

17      Art. 9 („Berechtigung zum Verbleib im Mitgliedstaat während der Prüfung des Antrags“) der Richtlinie 2013/32 lautet:

„(1)      Antragsteller dürfen ausschließlich zum Zwecke des Verfahrens so lange im Mitgliedstaat verbleiben, bis die Asylbehörde auf der Grundlage der in Kapitel III genannten erstinstanzlichen Verfahren über den Antrag entschieden hat. Aus dieser Bleibeberechtigung ergibt sich kein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel.

(2)      Die Mitgliedstaaten dürfen nur eine Ausnahme machen, wenn eine Person einen Folgeantrag im Sinne von Artikel 41 stellt oder wenn sie eine Person aufgrund von Verpflichtungen aus einem Europäischen Haftbefehl … oder aus anderen Gründen entweder an einen anderen Mitgliedstaat oder aber an einen Drittstaat oder an internationale Strafgerichte überstellen beziehungsweise ausliefern.

(3)      Ein Mitgliedstaat darf einen Antragsteller nur dann gemäß Absatz 2 an einen Drittstaat ausliefern, wenn sich die zuständigen Behörden davon überzeugt haben, dass eine Auslieferungsentscheidung keine unmittelbare oder mittelbare Zurückweisung zur Folge hat, die einen Verstoß gegen die völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Pflichten dieses Mitgliedstaats darstellt.“

18      In den Art. 44 und 45 dieser Richtlinie ist das Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes geregelt. Insbesondere heißt es in Art. 45 Abs. 1 und 3 der Richtlinie:

„(1)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in Fällen, in denen die zuständige Behörde in Erwägung zieht, den internationalen Schutz eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen nach Maßgabe der Artikel 14 oder 19 der Richtlinie [2011/95] abzuerkennen, die betreffende Person über folgende Garantien verfügt:

a)      Sie ist schriftlich davon in Kenntnis zu setzen, dass die zuständige Behörde den Anspruch auf internationalen Schutz überprüft und aus welchen Gründen eine solche Überprüfung stattfindet, und

b)      ihr ist in einer persönlichen Anhörung gemäß Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b und gemäß den Artikeln 14 bis 17 oder in einer schriftlichen Erklärung Gelegenheit zu geben, Gründe vorzubringen, die dagegen sprechen, ihr den internationalen Schutz abzuerkennen.

(3)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entscheidung der zuständigen Behörde, den internationalen Schutz abzuerkennen, schriftlich ergeht. Die Entscheidung enthält eine sachliche und rechtliche Begründung sowie eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung.“

19      Art. 49 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32 lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen in Abstimmung mit der Kommission alle zweckdienlichen Vorkehrungen für eine direkte Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden.“

 Deutsches Recht

20      § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) vom 23. Dezember 1982 (BGBl. 1982 I S. 2071) bestimmt:

„Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, dass der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder dass seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.“

21      In § 6 des Asylgesetzes (AsylG) vom 26. Juni 1992 (BGBl. 1992 I S. 1126) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. 2008 I S. 1798), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters vom 9. Juli 2021 (BGBl. 2021 I S. 2467), heißt es:

„Die Entscheidung über den Asylantrag ist in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung des internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 rechtserheblich ist. Dies gilt nicht für das Auslieferungsverfahren sowie das Verfahren nach § 58a des [Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl. 2004 I S. 1950)].“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

22      A. ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Herkunft. Er reiste im Jahr 2010 aus der Türkei aus.

23      Mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. Mai 2010 erkannten die italienischen Behörden A. als Flüchtling an, da ihm wegen seiner Unterstützung der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) politische Verfolgung durch die türkischen Behörden drohe. Die Flüchtlingseigenschaft gilt bis zum 25. Juni 2030.

24      Seit Juli 2019 hält sich A. in Deutschland auf.

25      Aufgrund eines am 3. Juni 2020 von einem türkischen Gericht ausgestellten Haftbefehls wurde A. über die Internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) zur Festnahme zum Zwecke der Auslieferung an die Türkei zur Strafverfolgung wegen Totschlags ausgeschrieben. Ihm wird zur Last gelegt, am 9. September 2009 in Bingöl (Türkei) nach einer verbalen Auseinandersetzung mit seinem Vater und seinem Bruder einen Gewehrschuss abgegeben und dabei seine Mutter getroffen zu haben, die an den dabei erlittenen Verletzungen verstorben sein soll.

26      Am 18. November 2020 wurde A. in Deutschland festgenommen und zunächst in vorläufige Auslieferungshaft, dann bis zum 14. April 2022 in förmliche Auslieferungshaft genommen.

27      Mit Beschluss vom 2. November 2021 erklärte das Oberlandesgericht Hamm (Deutschland), das vorlegende Gericht, die Auslieferung von A. an die Türkei für zulässig. Es führte aus, dass die Entscheidung der italienischen Behörden über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach deutschem Recht keine Bindungswirkung für das Auslieferungsverfahren in Deutschland habe, dass ihr für die im Zusammenhang mit dem Auslieferungsersuchen durchzuführende Prüfung der Frage, ob für A. eine ernsthafte, konkrete Gefahr der politischen Verfolgung in der Türkei bestehe, jedoch Indizwirkung zukommen könne. Das vorlegende Gericht nahm daher eine eigene Prüfung des Auslieferungsersuchens vor, und zwar auf der Grundlage des Vorbringens von A. im italienischen Asylverfahren – welches dem Senat durch übermittelte Schriftstücke aus dem dortigen Verfahren bekannt war – und im Auslieferungsverfahren. Außerdem berücksichtigte es die Zusicherung der türkischen Behörden, dass in dem nach der Auslieferung geführten Strafverfahren die Anforderungen an ein faires Verfahren eingehalten würden. Das vorlegende Gericht stellte fest, dass weder eine Gefahr der politischen Verfolgung noch ernstliche Gründe für die Annahme bestünden, dass das mit einer nach gemeinem Recht strafbaren Handlung begründete Auslieferungsersuchen gestellt worden sei, um A. wegen seiner politischen Anschauungen zu verfolgen oder zu bestrafen, oder dass A. im Fall der Überstellung der Gefahr einer Erschwerung seiner Lage aus solchen Gründen ausgesetzt wäre.

28      Dieser Beschluss wurde auf eine von A. eingelegte Verfassungsbeschwerde hin vom Bundesverfassungsgericht (Deutschland) mit der Begründung aufgehoben, dass das Oberlandesgericht Hamm das Grundrecht von A. aus Art. 101 Abs. 1 des Grundgesetzes, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden dürfe, verletzt habe. Das Oberlandesgericht habe es unter Verstoß gegen Art. 267 Abs. 3 AEUV unterlassen, den Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung mit der ungeklärten und entscheidungserheblichen Frage zu befassen, ob nach dem Unionsrecht die bestandskräftige Anerkennung einer drittstaatsangehörigen Person als Flüchtling durch einen Mitgliedstaat für das Auslieferungsverfahren verbindlich ist, das von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats aufgrund eines Ersuchens des Herkunftsdrittstaats dieses Flüchtlings durchgeführt wird.

29      Nach dieser Aufhebung und der Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht Hamm muss dieses erneut über das A. betreffende Auslieferungsersuchen entscheiden. Es weist darauf hin, dass die in der vorstehenden Randnummer dargestellte, vom Gerichtshof bisher nicht entschiedene Frage im Schrifttum umstritten sei.

30      Nach einer Auffassung ergebe sich aus Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32, dass die Auslieferung an einen Drittstaat ab dem Zeitpunkt unionsrechtlich nicht mehr zulässig sei, zu dem einer Person in einem Mitgliedstaat durch bestandskräftige Entscheidung die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. Diese Auffassung werde durch die Art. 11, 12 und 14 der Richtlinie 2011/95 sowie die Art. 44 und 45 der Richtlinie 2013/32 gestützt, die Vorschriften mit eigenen Verfahren für das Erlöschen, den Ausschluss und die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft enthielten. Dürften die Behörden eines Mitgliedstaats einem Ersuchen auf Auslieferung einer von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats als Flüchtling anerkannten Person stattgeben, bestünde die Gefahr einer Umgehung dieser Vorschriften und Verfahren.

31      Nach der Gegenauffassung habe der Unionsgesetzgeber Asyl- und Auslieferungsverfahren als voneinander unabhängige, selbständige Verfahren angesehen, so dass die Entscheidung eines Mitgliedstaats, einem Drittstaatsangehörigen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, für das Auslieferungsverfahren, das von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats auf ein Ersuchen des Herkunftsdrittstaats des Flüchtlings hin durchgeführt werde, nicht verbindlich sein könne. Aufgrund dieses Auslieferungsverfahrens könne auch erstmals Anlass bestehen, Ausschlussgründe zu prüfen, die möglicherweise eine Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigten. Allerdings sei gemäß Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 der Grundsatz der Nichtzurückweisung zu achten.

32      Das vorlegende Gericht vertritt diese zweite Auffassung und hält im Übrigen an den bereits in seinem Beschluss vom 2. November 2021 vorgenommenen Beurteilungen fest.

33      Es führt aus, dass die Richtlinien 2011/95 und 2013/32 keine Bestimmung enthielten, die vorsähe, dass eine Entscheidung, mit der ein Mitgliedstaat einem Drittstaatsangehörigen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt habe, für das Auslieferungsverfahren verbindlich sei, das auf ein Ersuchen des Herkunftsdrittstaats dieses Flüchtlings hin von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats durchgeführt werde.

34      Die Anerkennung einer solchen Bindungswirkung hätte zur Folge, dass bei Bekanntwerden neuer, eine abweichende Beurteilung der Gefahr einer politischen Verfolgung des Verfolgten rechtfertigender Umstände während dieses Auslieferungsverfahrens abgewartet werden müsse, bis die Behörde des Mitgliedstaats, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt habe, diese gegebenenfalls aberkenne. Dadurch werde das Auslieferungsverfahren verlängert, was mit dem Beschleunigungsgrundsatz unvereinbar sei, der insbesondere dann gelte, wenn sich der Verfolgte in Auslieferungshaft befinde.

35      Ferner stehe es mit dem legitimen Ziel der Vermeidung von Straflosigkeit im Einklang, wenn trotz der bestandskräftigen Anerkennung des betroffenen Drittstaatsangehörigen als Flüchtling dessen Auslieferung an seinen Herkunftsdrittstaat zulässig sei, soweit diese Auslieferung nicht gegen Völkerrecht und Unionsrecht, insbesondere Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), verstoße. Würde der Verfolgte nicht ausgeliefert, könnte zwar nach deutschem Recht theoretisch ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet werden. Praktisch ließe sich dies aber nicht durchführen, da die Beschaffung der Beweismittel durch die deutschen Strafverfolgungsbehörden bzw. eine Vernehmung von Zeugen in der Türkei nicht realisierbar sei.

36      Unter diesen Umständen hat das Oberlandesgericht Hamm beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 9 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 dahin auszulegen, dass die bestandskräftige Anerkennung einer Person als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in einem anderen Mitgliedstaat für das Auslieferungsverfahren in dem um Auslieferung einer solchen Person ersuchten Mitgliedstaat aufgrund der unionsrechtlichen Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts (Art. 288 Abs. 3 AEUV und Art. 4 Abs. 3 EUV) in der Weise verbindlich ist, dass damit eine Auslieferung der Person an den Drittstaat oder Herkunftsstaat zwingend ausgeschlossen ist, bis die Anerkennung als Flüchtling wieder aufgehoben oder zeitlich abgelaufen ist?

 Zur Vorlagefrage

37      Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage im Wesentlichen wissen, ob Art. 9 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32 sowie Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 dahin auszulegen sind, dass in dem Fall, dass ein von einem Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannter Drittstaatsangehöriger in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er sich aufhält, Gegenstand eines Auslieferungsersuchens seines Herkunftsdrittstaats ist, dieser andere Mitgliedstaat im Rahmen der Prüfung des Auslieferungsersuchens an die Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gebunden und daher verpflichtet ist, die beantragte Auslieferung abzulehnen.

38      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass mangels eines internationalen Auslieferungsabkommens zwischen der Union und dem betreffenden Drittstaat, hier der Republik Türkei, die entsprechenden Vorschriften in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die Mitgliedstaaten jedoch bei der Ausübung dieser Zuständigkeit das Unionsrecht beachten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C‑897/19 PPU, EU:C:2020:262, Rn. 48).

39      Bevor die vom vorlegenden Gericht ausdrücklich angeführten Vorschriften geprüft werden, ist als Erstes festzustellen, dass nach Art. 13 der Richtlinie 2011/95 die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen, der die Voraussetzungen der Kapitel II und III dieser Richtlinie erfüllt, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 2 Buchst. e der Richtlinie zuerkennen und dass die Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht über kein Ermessen verfügen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Juni 2015, T., C‑373/13, EU:C:2015:413, Rn. 63, vom 14. Mai 2019, M u. a. [Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft], C‑391/16, C‑77/17 und C‑78/17, EU:C:2019:403, Rn. 89, sowie vom 16. Januar 2024, Intervyuirasht organ na DAB pri MS [Frauen als Opfer häuslicher Gewalt], C‑621/21, EU:C:2024:47, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen Mitgliedstaat hat, wie sich aus dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/95 ergibt, deklaratorischen und keinen für die Eigenschaft als Flüchtling konstitutiven Charakter. In dem durch diese Richtlinie geschaffenen System verfügt daher ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser, der diese Voraussetzungen erfüllt, allein aus diesem Grund über die Eigenschaft als Flüchtling im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie und Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 2019, M u. a. [Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft], C‑391/16, C‑77/17 und C‑78/17, EU:C:2019:403, Rn. 85 und 86).

41      Die mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verbundene förmliche Anerkennung als Flüchtling hat zur Folge, dass der Flüchtling nach Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2011/95 internationalen Schutz im Sinne dieser Richtlinie genießt und damit alle in Kapitel VII der Richtlinie vorgesehenen Rechte und Leistungen beanspruchen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 2019, M u. a. [Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft], C‑391/16, C‑77/17 und C‑78/17, EU:C:2019:403, Rn. 91).

42      Allerdings kann sich der Mitgliedstaat, der einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, gemäß Art. 14 der Richtlinie 2011/95 in Verbindung mit den Art. 44 und 45 der Richtlinie 2013/32 veranlasst sehen, die Flüchtlingseigenschaft abzuerkennen, und zwar u. a. dann, wenn sich herausstellt, dass sie nach Art. 11 der Richtlinie 2011/95 erloschen ist oder der Betroffene nach Art. 12 dieser Richtlinie von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen ist oder hätte ausgeschlossen werden müssen.

43      Als Zweites ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber beim gegenwärtigen Stand des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems das mit Art. 78 Abs. 2 Buchst. a AEUV verfolgte Ziel eines in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus für Drittstaatsangehörige noch nicht vollständig verwirklicht hat. Insbesondere hat er bislang weder den Grundsatz aufgestellt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, die von einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Entscheidungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft automatisch anzuerkennen, noch die Einzelheiten zur Umsetzung eines solchen Grundsatzes festgelegt (Urteil vom 18. Juni 2024, Bundesrepublik Deutschland [Wirkung einer Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft], C‑753/22, EU:C:2024:XXX, Rn. 68).

44      Den Mitgliedstaaten steht es somit beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts frei, die Anerkennung sämtlicher mit der Flüchtlingseigenschaft verbundenen Rechte in ihrem Hoheitsgebiet davon abhängig zu machen, dass ihre zuständigen Behörden eine neue Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erlassen (Urteil vom 18. Juni 2024, Bundesrepublik Deutschland [Wirkung einer Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft], C‑753/22, EU:C:2024:XXX, Rn. 69).

45      Unter diesen Umständen ist als Drittes zu bestimmen, ob gemäß den unionsrechtlichen Vorschriften über den internationalen Schutz eine Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch die zuständige Ausländerbehörde eines Mitgliedstaats in einem Verfahren über die Auslieferung des betroffenen Flüchtlings, das auf ein Ersuchen seines Herkunftsdrittstaats hin von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats durchgeführt wird, in der Weise eine verbindliche Wirkung entfalten kann, dass die letztere Behörde die Auslieferung des Flüchtlings wegen des Vorliegens der Zuerkennungsentscheidung ablehnen muss.

46      In diesem Kontext sind außer den vom vorlegenden Gericht in seiner Vorlagefrage angeführten Vorschriften der Richtlinien 2011/95 und 2013/32 auch alle einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts einschließlich derjenigen der Charta zu berücksichtigen.

47      Der Gerichtshof kann nämlich, um dem Gericht, das ihm eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, eine sachdienliche Antwort zu geben, auf unionsrechtliche Vorschriften eingehen, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. März 1986, Tissier, 35/85, EU:C:1986:143, Rn. 9, und vom 2. März 2023, PrivatBank u. a., C‑78/21, EU:C:2023:137, Rn. 35).

48      Insoweit werden erstens mit der Richtlinie 2013/32 gemäß ihrem Art. 1 „gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes gemäß der Richtlinie [2011/95] eingeführt“.

49      Art. 9 der Richtlinie 2013/32 gehört zu deren Kapitel II, das sich mit den Grundsätzen und Garantien des Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes befasst. Gemäß Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie darf die Person, die internationalen Schutz beantragt, während des Verfahrens zur Prüfung ihres Antrags in dem Mitgliedstaat verbleiben. Nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten in den dort genannten Fallkonstellationen, zu denen u. a. die Auslieferung des Antragstellers an einen Drittstaat gehört, eine Ausnahme von diesem Bleiberecht vorsehen. Eine solche Auslieferung darf sodann gemäß Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie nur erfolgen, wenn sich die zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats davon überzeugt haben, dass die betreffende Auslieferungsentscheidung keine unmittelbare oder mittelbare Zurückweisung des Betroffenen zur Folge hat, die einen Verstoß gegen die völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Pflichten dieses Mitgliedstaats darstellt.

50      Wie vom Generalanwalt in Nr. 77 seiner Schlussanträge ausgeführt, ergibt sich aus dem Wortlaut und der Struktur von Art. 9 der Richtlinie 2013/32 sowie seiner Stellung innerhalb der allgemeinen Systematik dieser Richtlinie, dass dieser Artikel nur die Fallkonstellation einer Auslieferung während des Verfahrens zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz regelt. Der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Fall einer Auslieferung nach der Gewährung internationalen Schutzes durch einen Mitgliedstaat ist dagegen nicht geregelt.

51      Zweitens bekräftigt Art. 21 Abs. 1 in Kapitel VII („Inhalt des internationalen Schutzes“) der Richtlinie 2011/95 die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen zu achten. Diese Vorschrift stellt also einen spezifischen Ausdruck des Grundsatzes der Nichtzurückweisung dar, der als Grundrecht durch Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta in Verbindung mit Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention gewährleistet ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. November 2022, Staatssecretaris van Justitie en Veiligheid [Abschiebung – Medizinisches Cannabis], C‑69/21, EU:C:2022:913, Rn. 55, und vom 6. Juli 2023, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [Flüchtling, der eine schwere Straftat begangen hat], C‑663/21, EU:C:2023:540, Rn. 49).

52      Da die Entscheidung eines Mitgliedstaats, dem Ersuchen des Herkunftsstaats auf Auslieferung eines Drittstaatsangehörigen stattzugeben, dem – wie A. – in einem anderen Mitgliedstaat gemäß den Vorschriften des abgeleiteten Unionsrechts über den internationalen Schutz die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde, zur Folge hätte, dass diesem Drittstaatsangehörigen alle in Kapitel VII der Richtlinie 2011/95 vorgesehenen Rechte und Leistungen genommen würden, ist festzustellen, dass das in ersterem Mitgliedstaat durchgeführte Auslieferungsverfahren im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta die Durchführung des Rechts der Union betrifft.

53      Somit müssen die in der Charta verankerten und insbesondere die durch Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta gewährleisteten Grundrechte von der Behörde des Mitgliedstaats, die mit der Prüfung des Auslieferungsersuchens eines Drittstaats befasst ist, das einen in einem anderen Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannten Drittstaatsangehörigen betrifft, uneingeschränkt geachtet werden.

54      Zu bestimmen ist also, ob Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 in Verbindung mit Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden einer Auslieferung entgegensteht.

55      Insoweit ist zunächst zu präzisieren, dass die für die Auslieferung zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats die Auslieferung eines von einem anderen Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannten Drittstaatsangehörigen an diesen Drittstaat nicht zulassen darf, wenn eine solche Auslieferung gegen Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 in Verbindung mit Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta verstieße.

56      Was insbesondere die beiden letzteren Vorschriften angeht, so wird zum einen nach Art. 18 der Charta „[d]as Recht auf Asyl … nach Maßgabe [der Genfer Flüchtlingskonvention] und des Protokolls … über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie nach Maßgabe des [EU-Vertrags] und des [AEU-Vertrags] gewährleistet“.

57      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Personen, die internationalen Schutz beantragen oder genießen, das in dieser Vorschrift verbürgte Recht auch tatsächlich in Anspruch nehmen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2023, Kommission/Ungarn [Absichtserklärung im Vorfeld eines Asylantrags] C‑823/21, EU:C:2023:504, Rn. 52).

58      Wie vom Generalanwalt in Nr. 47 seiner Schlussanträge ausgeführt, hätte, solange die gesuchte Person die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2011/95 und Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention besitzt, ihre Auslieferung an den Herkunftsdrittstaat zur Folge, dass ihr die Möglichkeit genommen wird, das in Art. 18 der Charta verbürgte Recht tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Solange diese Person also die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfüllt, verbietet Art. 18 der Charta ihre Auslieferung an das Drittland, aus dem sie geflohen ist und in dem ihr Verfolgung droht.

59      Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass nach Art. 18 der Charta die Auslieferung von A. an den um seine Auslieferung ersuchenden Herkunftsdrittstaat ausgeschlossen ist, solange die Gefahr besteht, dass er dort der politischen Verfolgung ausgesetzt ist, derentwegen die italienischen Behörden ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt haben.

60      Insoweit reicht der Umstand, dass die Strafverfolgung, zu deren Zweck um die Auslieferung von A. ersucht wird, auf einen anderen Sachverhalt als diese Verfolgung gestützt wird, nicht aus, um diese Gefahr auszuschließen.

61      Zum anderen ist gemäß Art. 19 Abs. 2 der Charta die Abschiebung einer Person in einen Staat, in dem für sie das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht, uneingeschränkt verboten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 2023, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [Flüchtling, der eine schwere Straftat begangen hat], C‑663/21, EU:C:2023:540, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62      Folglich muss sich der ersuchte Mitgliedstaat, wenn sich die von einem Auslieferungsersuchen betroffene Person auf ein ernsthaftes Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Fall der Auslieferung beruft, vor einer etwaigen Auslieferung vergewissern, dass diese die in Art. 19 Abs. 2 der Charta verbürgten Rechte nicht beeinträchtigen wird (Urteile vom 6. September 2016, Petruhhin, C‑182/15, EU:C:2016:630, Rn. 60, und vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C‑897/19 PPU, EU:C:2020:262, Rn. 64).

63      Dabei darf sich dieser Mitgliedstaat nach Art. 4 der Charta, der unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung verbietet, nicht darauf beschränken, die Erklärungen des ersuchenden Drittstaats oder den Umstand zu berücksichtigen, dass dieser völkerrechtliche Verträge geschlossen hat, die grundsätzlich die Beachtung der Grundrechte gewährleisten. Die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats muss sich bei dieser Prüfung auf objektive, zuverlässige, genaue und gebührend aktualisierte Angaben stützen, die sich u. a. aus Entscheidungen internationaler Gerichte wie Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, aus Entscheidungen von Gerichten des ersuchenden Drittstaats sowie aus Entscheidungen, Berichten und anderen Schriftstücken von Organen des Europarats oder aus dem System der Vereinten Nationen ergeben (Urteile vom 6. September 2016, Petruhhin, C‑182/15, EU:C:2016:630, Rn. 55 bis 59, und vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C‑897/19 PPU, EU:C:2020:262, Rn. 65).

64      Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Gefahr einer Verletzung von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 sowie von Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta stellt der Umstand, dass ein anderer Mitgliedstaat der gesuchten Person gemäß den Richtlinien 2011/95 und 2013/32 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, einen besonders gewichtigen Gesichtspunkt dar, den die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats zu berücksichtigen hat. Daher muss eine die Flüchtlingseigenschaft zuerkennende Entscheidung, solange diese Eigenschaft vom zuerkennenden Mitgliedstaat nicht aberkannt wurde, nach diesen Vorschriften dazu führen, dass diese Behörde die Auslieferung ablehnt.

65      Das Gemeinsame Europäische Asylsystem, zu dem gemäß dem zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/95 gemeinsame Kriterien zur Bestimmung der Personen gehören, die tatsächlich Schutz benötigen, beruht nämlich auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, wonach die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen des Unionsrechts einschließlich derjenigen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten stehen muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a., C‑411/10 und C‑493/10, EU:C:2011:865, Rn. 78 bis 80, und vom 19. März 2019, Ibrahim u. a., C‑297/17, C‑318/17, C‑319/17 und C‑438/17, EU:C:2019:219, Rn. 84 und 85).

66      Ferner kann, wie in Rn. 42 des vorliegenden Urteils ausgeführt, der Mitgliedstaat, der einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, diese Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 14 der Richtlinie 2011/95 in Verbindung mit den Art. 44 und 45 der Richtlinie 2013/32 aberkennen, und zwar u. a. dann, wenn sich herausstellt, dass sie nach Art. 11 der Richtlinie 2011/95 erloschen ist oder der Betroffene nach Art. 12 dieser Richtlinie von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen ist oder hätte ausgeschlossen werden müssen. Insoweit legt Art. 45 der Richtlinie 2013/45 die Verfahrensvorschriften für die Aberkennung des internationalen Schutzes und insbesondere die Garantien für die betroffene Person im Rahmen dieses Verfahrens fest.

67      Diese Vorschriften und das in ihnen vorgesehene Verfahren würden, wenn der ersuchte Mitgliedstaat einen Drittstaatsangehörigen, dem ein anderer Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft gemäß diesen Richtlinien zuerkannt hat, an sein Herkunftsland ausliefern könnte, jedoch umgangen, da eine solche Auslieferung de facto bedeuten würde, dass die Flüchtlingseigenschaft beendet und dem Betroffenen die Möglichkeit einer tatsächlichen Inanspruchnahme des ihm durch Art. 18 der Charta gewährten Schutzes, der in Kapitel VII der Richtlinie 2011/95 vorgesehenen Rechte und Leistungen sowie der in Art. 45 der Richtlinie 2013/32 verbürgten Garantien genommen wird.

68      Angesichts der Bedeutung einer solchen Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für die Beurteilung eines Auslieferungsersuchens des Herkunftslands der Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde, ist, wie der Generalanwalt in Nr. 112 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, festzustellen, dass nach dem in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, der besagt, dass sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig achten und bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben, gegenseitig unterstützen (Urteil vom 6. September 2016, Petruhhin, C‑182/15, EU:C:2016:630, Rn. 42), und der seine konkrete Ausprägung in Art. 36 der Richtlinie 2011/95 und in Art. 49 der Richtlinie 2013/32 findet, die für die Auslieferung zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats unverzüglich einen Informationsaustausch mit der Behörde des anderen Mitgliedstaats, die die gesuchte Person als Flüchtling anerkannt hat, einleiten muss. Hierbei muss sie diese Behörde über das entsprechende Auslieferungsersuchen informieren, ihr ihre Stellungnahme zu diesem Ersuchen übermitteln und sie bitten, ihr innerhalb einer angemessenen Frist sowohl die ihr vorliegenden Informationen, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, als auch ihre Entscheidung über die Frage, ob dieser Person die Flüchtlingseigenschaft abzuerkennen ist, zu übermitteln.

69      Zum einen soll dieser Informationsaustausch die für die Auslieferung zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats in die Lage versetzen, die ihr gemäß Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta obliegenden Überprüfungen in voller Kenntnis der Sachlage vorzunehmen.

70      Zum anderen ermöglicht dieser Informationsaustausch es der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats, die Flüchtlingseigenschaft gegebenenfalls nach Art. 14 der Richtlinie 2011/95 unter uneingeschränkter Achtung der in Art. 45 der Richtlinie 2013/32 verankerten Garantien abzuerkennen.

71      In Anbetracht dessen steht das Unionsrecht einer Auslieferung nur dann nicht entgegen, wenn die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, der der gesuchten Person die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, beschließt, ihr diese Eigenschaft nach Art. 14 der Richtlinie 2011/95 abzuerkennen, und wenn die für die Auslieferung zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Person die Flüchtlingseigenschaft nicht oder nicht mehr besitzt und für sie im Fall ihrer Auslieferung an den ersuchenden Drittstaat kein ernsthaftes Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.

72      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 in Verbindung mit Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta dahin auszulegen ist, dass in dem Fall, dass ein von einem Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannter Drittstaatsangehöriger in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er sich aufhält, Gegenstand eines Auslieferungsersuchens seines Herkunftslands ist, der ersuchte Mitgliedstaat die Auslieferung nicht zulassen darf, wenn er nicht einen Informationsaustausch mit der Behörde, die der gesuchten Person die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, eingeleitet und diese Behörde die Flüchtlingseigenschaft nicht aberkannt hat.

 Kosten

73      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes in Verbindung mit Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

ist dahin auszulegen, dass

in dem Fall, dass ein von einem Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannter Drittstaatsangehöriger in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er sich aufhält, Gegenstand eines Auslieferungsersuchens seines Herkunftslands ist, der ersuchte Mitgliedstaat die Auslieferung nicht zulassen darf, wenn er nicht einen Informationsaustausch mit der Behörde, die der gesuchten Person die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, eingeleitet und diese Behörde die Flüchtlingseigenschaft nicht aberkannt hat.

Lenaerts

Bay Larsen

Arabadjiev

Jürimäe

Regan

von Danwitz

Csehi

Spineanu-Matei

Ilešič

Bonichot

Rossi

Jarukaitis

Kumin

Arastey Sahún

Gavalec

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. Juni 2024.

Der Kanzler

 

Der Präsident

A. Calot Escobar

 

K. Lenaerts


*      Verfahrenssprache: Deutsch.