Language of document : ECLI:EU:T:2008:11

BESCHLUSS DER PRÄSIDENTIN DER ZWEITEN KAMMER DES GERICHTS

21. Januar 2008(*)

„Prozesskostenhilfe“

In der Rechtssache T‑251/06 AJ

Thomas Meyer-Falk, derzeit inhaftiert in Bruchsal (Deutschland),

Kläger,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Ladenburger und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend einen Antrag auf Prozesskostenhilfe, der vor Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung vom 6. November 2006 gestellt worden ist, mit der die Kommission dem Antragsteller den Zugang zu zwei Dokumenten über die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und die Justizreform in Bulgarien verweigert hat,

erlässt

DIE PRÄSIDENTIN DER ZWEITEN KAMMER DES GERICHTS ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden



Beschluss

1        Herr Meyer-Falk hat mit Antragsschrift, die am 18. September 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, zum einen beantragt, die implizite Entscheidung für nichtig zu erklären, mit der die Kommission seinen Antrag auf Zugang zu zwei Expertenberichten über die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und die Justizreform in Bulgarien zurückgewiesen hat, die der Kommission im Rahmen der Verhandlungen über den Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union vorgelegt wurden, und zum anderen, ihm gemäß Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichts Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

2        Mit Schreiben vom 22. November 2006 hat der Antragsteller das Gericht im Interesse der Prozessökonomie ersucht, seinen ursprünglichen Prozesskostenhilfeantrag auch als Klage auf Nichtigerklärung der ausdrücklichen Entscheidung der Kommission vom 6. November 2006 zu betrachten, mit der ihm der Zugang zu den von ihm begehrten Dokumenten verweigert worden ist. Die Kommission hat keine Einwände gegen die Erweiterung geäußert.

3        Zur Stützung seines Antrags trägt der Antragsteller vor, dass er seit 1996 inhaftiert sei, keine Einnahmen habe und noch ungefähr 50 000 Euro aufgrund von Straftaten und Gerichtskosten schulde. Der Antragsteller hat eine entsprechende Bescheinigung der Justizvollzugsanstalt Bruchsal (Deutschland) vorgelegt, in der bestätigt wird, dass er mittellos ist.

4        Die Kommission erklärt in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 6. November 2006, sie wolle die Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe ganz in das Ermessen des Gerichts stellen, falls der Antrag als Klage auf Nichtigerklärung ihrer Entscheidung vom 6. November 2006 umgedeutet werde. Diesen Standpunkt hat sie in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 8. Dezember 2006 bestätigt.

5        Erstens deckt nach Art. 94 § 1 der Verfahrensordnung die zur Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu den Gerichten bewilligte Prozesskostenhilfe für die Verfahren vor dem Gericht die Kosten des Beistands und der rechtlichen Vertretung vor dem Gericht vollständig oder teilweise. Diese Kosten werden von der Kasse des Gerichts getragen.

6        Nach Art. 94 §§ 2 und 3 der Verfahrensordnung hängt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe von den beiden Voraussetzungen ab, dass der Antragsteller aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage vollständig oder teilweise außer Stande ist, die Kosten des Beistands und der rechtlichen Vertretung vor dem Gericht zu tragen, und dass die von ihm betriebene Rechtsverfolgung nicht offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet erscheint.

7        Nach Art. 96 §§ 2 und 3 der Verfahrensordnung entscheidet der Präsident über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss, der im Fall der Versagung der Prozesskostenhilfe mit Gründen zu versehen ist.

8        Im vorliegenden Fall ist angesichts der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen festzustellen, dass die Voraussetzungen des Art. 94 §§ 2 und 3 der Verfahrensordnung erfüllt sind. Folglich ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

9        Zweitens übermittelt nach Art. 96 § 3 der Verfahrensordnung, wenn der Antragsteller nicht selbst einen Anwalt vorgeschlagen hat, der Kanzler der zuständigen Stelle des betroffenen Staates den Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wird, sowie eine Abschrift des Antrags, und der mit der Vertretung des Antragstellers beauftragte Anwalt wird unter Berücksichtigung der von dieser Stelle übermittelten Vorschläge bestimmt.

10      Da im vorliegenden Fall der Antragsteller in seiner Antragschrift erklärt hat, dass er keinen im Gemeinschaftsrecht bewanderten Anwalt kenne, und das Gericht ersucht hat, einen Anwalt für ihn auszuwählen, ist die Entscheidung über die Bestimmung des mit der Vertretung des Antragstellers beauftragten Anwalts vorzubehalten. Sie kann erst nach Anhörung der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats des Wohnsitzes des Antragstellers, der Bundesrechtsanwaltskammer (Deutschland), getroffen werden.

11      Drittens kann nach Art. 96 § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung in dem Beschluss, mit dem die Prozesskostenhilfe bewilligt wird, ein Betrag festgesetzt werden, der dem mit der Vertretung des Antragstellers beauftragten Anwalt zu zahlen ist, oder eine Obergrenze festgelegt werden, die die Auslagen und Gebühren des Anwalts grundsätzlich nicht überschreiten dürfen.

12      Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung über den Betrag der im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu übernehmenden Auslagen und Gebühren vorzubehalten. Mit Rücksicht auf den Streitgegenstand und die Art des Rechtsstreits ist jedoch bereits jetzt klarzustellen, dass entsprechend Art. 96 § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung die Auslagen und Gebühren des im Rahmen der Prozesskostenhilfe bestimmten Anwalts grundsätzlich 4 000 Euro (ohne Mehrwertsteuer) nicht überschreiten dürfen.

Aus diesen Gründen hat

DIE PRÄSIDENTIN DER ZWEITEN KAMMER DES GERICHTS

beschlossen:

1.      Dem Antrag von Herrn Thomas Meyer-Falk auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird stattgegeben.

2.      Die Entscheidung über die Bestimmung des mit der Vertretung von Herrn Meyer-Falk beauftragten Anwalts bleibt vorbehalten.

3.      Die Entscheidung über den Betrag der im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu übernehmenden Auslagen und Gebühren bleibt vorbehalten. Diese Auslagen und Gebühren dürfen grundsätzlich 4 000 Euro (ohne Mehrwertsteuer) nicht überschreiten.

Luxemburg, den 21. Januar 2008

Der Kanzler

 

      Die Präsidentin

E. Coulon

 

       I. Pelikánová


* Verfahrenssprache: Deutsch.