Language of document : ECLI:EU:T:2017:62

Vorläufige Fassung

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

6. Februar 2017(*)

„Vorläufiger Rechtsschutz – Einheitlicher Abwicklungsausschuss – Einheitlicher Abwicklungsfonds – Im Voraus erhobene Beiträge – Antrag auf Aussetzung der Vollziehung – Fehlende Dringlichkeit“

In der Rechtssache T‑645/16 R

Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG mit Sitz in Bregenz (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Eisenberger,

Antragstellerin,

gegen

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), vertreten durch Rechtsanwälte B. Meyring und S. Schelo,

Antragsgegner,

wegen eines Antrags nach den Art. 278 und 279 AEUV auf Erlass einstweiliger Anordnungen dahin, dass zum einen die Vollziehung des Beschlusses der Präsidiumssitzung des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB/ES/SRF/2016/06) vom 15. April 2016 über die für das Jahr 2016 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds ausgesetzt wird und zum anderen dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss aufgegeben wird, die von der Klägerin im Voraus entrichteten Beiträge zu erstatten,



erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits, Verfahren und Anträge der Parteien

1        Die Antragstellerin, die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG, ist ein Kreditinstitut im Sinne des Art. 2 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1).

2        Der Einheitliche Abwicklungsausschuss (im Folgenden: „Ausschuss“) wird mit der Verordnung Nr. 806/2014 geschaffen und verwaltet nach deren Art. 75 den mit derselben Verordnung geschaffenen einheitlichen Abwicklungsfonds (im Folgenden: „Fonds“).

3        Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um den Beschluss der Präsidiumssitzung des Ausschusses (SRB/ES/SRF/2016/06) vom 15. April 2016 über die für das Jahr 2016 im Voraus erhobenen Beiträge zum Fonds (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Mit diesem Beschluss setzte der Ausschuss für das Jahr 2016 die in Art. 70 der Verordnung Nr. 806/2014 geregelten im Voraus erhobenen Beiträge der Institute im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 13 der Verordnung Nr. 806/2014, zu denen auch die Klägerin gehört, fest.

4        Mit Bescheid vom 26. April 2016 verpflichtete die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA, Österreich) in ihrer Eigenschaft als nationale Abwicklungsbehörde im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 die Antragstellerin dazu, bis zum 20. Mai 2016 auf eines der behördlichen Konten im Voraus erhobene Beiträge in Höhe von 6 368 251 Euro zu entrichten.

5        Am 11. Mai 2016 erhob die Antragstellerin Vorstellung an die FMA und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und auf Aussetzung der Einhebung des vorgeschriebenen Beitrags bis zur Erledigung der Vorstellung.

6        Mit Bescheid vom 19. Mai 2016 wies die FMA den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und auf Aussetzung der Einhebung zurück.

7        Mit Überweisung vom 19. Mai 2016 zahlte die Antragstellerin den Betrag von 6 368 251 Euro „unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Rückforderung“ auf das Konto der FMA ein.

8        Mit Schreiben vom 23. Mai 2016 teilte die FMA der Antragstellerin mit, dass der Ausschuss sie darüber unterrichtet habe, dass die im Voraus erhobenen Beiträge falsch berechnet worden seien, und dass laut Auskunft des Ausschusses der Differenzbetrag zwischen dem ursprünglichen und dem berichtigten Betrag bei der Berechnung und Inrechnungstellung der im Voraus erhobenen Beiträge für das Jahr 2017 berücksichtigt werden sollte. Diesem Schreiben war ein Schreiben des Ausschusses vom 23. Mai 2016 beigelegt, aus dem hervorging, dass der Ausschuss mit Beschluss vom 20. Mai 2016 die im Voraus erhobenen Beiträge für das Jahr 2016 berichtigt hatte, mit der Folge einer Verminderung des von der Antragstellerin zu entrichtenden Betrags um 83 188 Euro. In diesem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass der Differenzbetrag für das Jahr 2017 berücksichtigt werde.

9        Am 14. Juni 2016 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Berichtigung des Bescheids der FMA vom 26. April 2016 sowie einen Antrag auf umgehende Rücküberweisung des zu viel bezahlten Betrags.

10      Am 15. Juni 2016 erhob die Antragstellerin Beschwerde gegen den Bescheid der FMA vom 19. Mai 2016, mit dem der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und auf Aussetzung der Einhebung zurückgewiesen worden war, an das Bundesverwaltungsgericht (Österreich).

11      Mit am 14. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob die Antragstellerin Klage auf Nichtigerklärung der „‚Decision of the Executive Session of the Board of 20 May 2016 on the adjustment of the 2016 ex-ante contributions to the Single Resolution Fund supplementing the Decision of the Executive Session of the Board of 15 April 2016 on the 2016 ex-ante contributions of the Single Resolution Fund (SRB/ES/SRF/2016/13)‘ [des Beschlusses der Präsidiumssitzung des Ausschusses vom 20. Mai 2016 über die Berichtigung der im Voraus erhobenen Beiträge zum … Fonds für das Jahr 2016 in Ergänzung des Beschlusses der Präsidiumssitzung des Ausschusses vom 15. April 2016 über die im Voraus erhobenen Beiträge zum … Fonds für das Jahr 2016 (SRB/ES/SRF/2016/13)] sowie [der] erste[n] Decision, anscheinend vom 15. April 2016, die offenbar mit der Decision vom 20. Mai 2016 in einem untrennbaren Zusammenhang steht“. Diese Klage wurde als Rechtssache T‑377/16 in das Register eingetragen.

12      Am 25. August 2016 wurde der Antragstellerin das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zugestellt, mit dem die Beschwerde vom 15. Juni 2016 abgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof (Österreich) für zulässig erklärt wurde.

13      Die Antragstellerin wandte sich mehrfach an die FMA und an den Ausschuss, um den angefochtenen Beschluss sowie den Beschluss des Ausschusses vom 20. Mai 2016 zur Berichtigung der im Voraus erhobenen Beiträge samt deren Anlagen zu erhalten. Nach den Angaben des Ausschusses in seiner Stellungnahme zum vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz übermittelte er der Antragstellerin am 19. September 2016 die beiden Beschlüsse einschließlich ihrer Anlagen, soweit sie die Antragstellerin beträfen, sowie weitere, damit im Zusammenhang stehende Dokumente.

14      Mit Klageschrift, die am 7. September 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Antragstellerin Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erhoben.

15      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 16. September 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat sie den vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, der im Wesentlichen darauf gerichtet ist, dass

–        die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt wird;

–        dem Ausschuss die einstweilige Rückerstattung der im Voraus erhobenen Beiträge bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage aufgegeben wird;

–        dem Ausschuss die Kosten des Verfahrens auferlegt werden.

16      In seiner am 2. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Stellungnahme zum Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beantragt der Ausschuss im Wesentlichen,

–        den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz als unzulässig zurückzuweisen;

–        der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

17      Aus den Art. 278 und 279 AEUV in Verbindung mit Art. 256 Abs. 1 AEUV ergibt sich, dass der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung einer vor dem Gericht angefochtenen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen kann, wobei Art. 156 der Verfahrensordnung des Gerichts Anwendung findet. Nach Art. 278 AEUV haben Klagen jedoch grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung, da für die Handlungen der Organe der Europäischen Union die Vermutung der Rechtmäßigkeit gilt. Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter kann daher nur in Ausnahmefällen die Vollziehung einer vor dem Gericht angefochtenen Handlung aussetzen oder einstweilige Anordnungen treffen (Beschluss vom 19. Juli 2016, Belgien/Kommission, T‑131/16 R, EU:T:2016:427, Rn. 12).

18      Nach Art. 156 Abs. 4 Satz 1 der Verfahrensordnung müssen Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz „den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt, sowie die den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung dem ersten Anschein nach rechtfertigenden Sach- und Rechtsgründe anführen“.

19      Somit kann der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter die Aussetzung der Vollziehung anordnen und sonstige einstweilige Anordnungen erlassen, wenn dargetan ist, dass die Anordnungen dem ersten Anschein nach sachlich und rechtlich gerechtfertigt sind (fumus boni iuris) und dass sie in dem Sinne dringlich sind, dass es zur Verhinderung eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers erforderlich ist, dass sie vor der Entscheidung zur Hauptsache ergehen und Wirkungen entfalten. Diese Voraussetzungen sind kumulativ, so dass ein Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen nicht vorliegt. Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter nimmt gegebenenfalls auch eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vor (vgl. Beschluss vom 2. März 2016, Evonik Degussa/Kommission, C‑162/15 P-R, EU:C:2016:142, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Im Rahmen dieser Gesamtprüfung verfügt der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter über ein weites Ermessen, und er kann im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der diese verschiedenen Voraussetzungen zu prüfen sind, sowie die Reihenfolge der Prüfung frei bestimmen, da keine Rechtsvorschrift ihm ein feststehendes Prüfungsschema für die Beurteilung vorschreibt, ob eine einstweilige Anordnung erforderlich ist (vgl. Beschluss vom 19. Juli 2012, Akhras/Rat, C‑110/12 P[R], nicht veröffentlicht, EU:C:2012:507, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Im vorliegenden Fall gibt der Akteninhalt alles her, was für die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz erforderlich ist, ohne dass zuvor die Parteien in ihren mündlichen Ausführungen angehört zu werden brauchen.

22      Unter den gegebenen Umständen ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzung der Dringlichkeit erfüllt ist.

23      Die Antragstellerin beruft sich in diesem Punkt im Wesentlichen auf drei Aspekte.

24      Sie macht zunächst geltend, für das Bundesverwaltungsgericht sei der Ausschluss der Möglichkeit einer Aussetzung der Vollziehung des Bescheids der FMA vom 26. April 2016 auf innerstaatlicher Ebene aus dem Blickwinkel der Sicherstellung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nur zulässig, weil auf Unionsebene ein solcher Rechtsschutz durch die Möglichkeit eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz gesichert sei.



25      Sodann bringt sie vor, sie erleide einen gravierenden Nachteil dadurch, dass sie den Betrag von 6 368 251 Euro entrichtet habe und auf die Erstattung dieses Betrags bis zur Entscheidung über ihre Klage warten müsse. Dies wiege umso schwerer, als feststehe, dass die Berechnung, auf deren Grundlage der Ausschuss den angefochtenen Beschluss erlassen habe, falsch und mit Beschluss des Ausschusses vom 20. Mai 2016 berichtigt worden sei. Die Erstattung des ausweislich der Neuberechnung zu viel bezahlten Betrags werde aber erst im Zuge der Beitragsvorschreibung für das Jahr 2017 erfolgen.

26      Schließlich macht die Antragstellerin geltend, sie erleide einen schweren und irreparablen Schaden aufgrund des Wettbewerbsnachteils gegenüber den Kreditinstituten, die zwar ein größeres Insolvenzrisiko hätten, aber fälschlicherweise zur Zahlung geringerer Beiträge herangezogen worden seien. Aufgrund der speziellen Konstellation bei den Vorschreibungen zum Fonds, bei denen der Gesamtbetrag gleichbleibend sei und sich nur die Verteilung zwischen den einzelnen Kreditinstituten ändere, habe eine falsche Berechnung weitreichende Auswirkungen. Angesichts der Strenge des Unionsrechts gegenüber direkt und indirekt gewährten Vorteilen dürfe man nicht eine zu einer Wettbewerbsverzerrung führende Situation auf unbestimmte Zeit fortbestehen lassen. Die Wettbewerbsnachteile, die durch diesen doppelten Effekt – zu hohe Beiträge der Antragstellerin und zu niedrige Beiträge anderer, mit ihr im direkten Wettbewerb stehender Kreditinstitute – verursacht würden, wirkten potenziell über Jahre nach und könnten womöglich nicht mehr wettgemacht werden.

27      Der Ausschuss hält demgegenüber die Voraussetzung der Dringlichkeit für nicht erfüllt. Er weist zudem darauf hin, dass die FMA in der Zwischenzeit entschieden habe, der Antragstellerin den Differenzbetrag in Höhe von 83 188 Euro zwischen dem nach dem angefochtenen Beschluss geschuldeten Betrag und dem infolge des Beschlusses des Ausschusses vom 20. Mai 2016 berichtigten Betrag zu erstatten.

28      Für die Prüfung, ob die beantragten einstweiligen Anordnungen dringlich sind, ist der Zweck des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes in Erinnerung zu rufen, der darin besteht, die volle Wirksamkeit der künftigen endgültigen Entscheidung zu gewährleisten, um eine Lücke in dem vom Unionsrichter gewährten Rechtsschutz zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Dringlichkeit danach zu beurteilen, ob eine einstweilige Anordnung erforderlich ist, um den Eintritt eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens bei der Partei zu verhindern, die vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Diese Partei hat nachzuweisen, dass sie den Ausgang des Verfahrens zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne dass ihr ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entstünde (vgl. Beschluss vom 14. Januar 2016, AGC Glass Europe u. a./Kommission, C‑517/15 P-R, EU:C:2016:21, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Wenn der geltend gemachte Schaden finanzieller Art ist, sind die beantragten einstweiligen Anordnungen zu rechtfertigen, sofern erkennbar ist, dass die Antragstellerin andernfalls in eine Lage geriete, die ihre finanzielle Lebensfähigkeit vor dem Ergehen der abschließenden Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache bedrohen könnte, oder dass ihre Marktanteile insbesondere im Hinblick auf den Zuschnitt und den Umsatz ihres Unternehmens sowie gegebenenfalls die Merkmale des Konzerns, dem sie angehört, wesentlich verändert würden (vgl. Beschluss vom 12. Juni 2014, Kommission/Rusal Armenal, C‑21/14 P-R, EU:C:2014:1749, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Im Übrigen müssen nach Art. 156 Abs. 4 Satz 2 der Verfahrensordnung Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz „sämtliche verfügbaren Beweise und Beweisangebote enthalten, die dazu bestimmt sind, den Erlass [der] einstweiligen Anordnungen zu rechtfertigen“.

31      Somit muss ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz für sich allein dem Antragsgegner die Vorbereitung seiner Stellungnahme und dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter die Entscheidung über den Antrag, gegebenenfalls ohne weitere Informationen, ermöglichen, wobei sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich der Antrag stützt, unmittelbar aus der Antragsschrift ergeben müssen (vgl. Beschluss vom 6. September 2016, Inclusion Alliance for Europe/Kommission, C‑378/16 P‑R, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:668, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Außerdem kann in Anbetracht der Zügigkeit, die das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes naturgemäß kennzeichnet, vom Antragsteller mit gutem Grund verlangt werden, dass er – außer in Ausnahmefällen – bereits bei Antragstellung alle verfügbaren Beweise, die den Antrag stützen, vorlegt, damit der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter auf dieser Grundlage die Begründetheit des Antrags beurteilen kann (vgl. Beschluss vom 6. September 2016, Inclusion Alliance for Europe/Kommission, C‑378/16 P‑R, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:668, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im vorliegenden Fall ist das Vorbringen zu verwerfen, dass die Antragstellerin einen gravierenden Nachteil erleide, wenn sie für die vollständige Erstattung des im Rahmen der Beitragsvorauserhebung für das Jahr 2016 gezahlten Betrags den Ausgang ihrer Nichtigkeitsklage abwarten müsse.

34      Die Antragstellerin beschränkt sich nämlich auf die Behauptung, sie erleide einen „gravierenden Nachteil“, ohne substantiiert und mit den erforderlichen tatsächlichen Umständen und Beweisen unterlegt darzutun, dass sie ohne die beantragten einstweiligen Anordnungen in eine Lage geriete, die ihre finanzielle Lebensfähigkeit vor dem Ergehen der das Verfahren zur Hauptsache abschließenden Entscheidung bedrohen könnte.

35      In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge ursprünglich fehlerhaft war. Zum einen ist der Berechnungsfehler durch eine Neuberechnung, die zum Beschluss des Ausschusses vom 20. Mai 2016 geführt hat, berichtigt worden. Zum anderen ist ein Fehler bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge relevant, um gegebenenfalls den fumus boni iuris darzutun, reicht aber nicht für den Nachweis der Dringlichkeit.

36      Ebenso wenig kann die Argumentation mit den Wettbewerbsnachteilen für die Antragstellerin Erfolg haben. Die Antragstellerin hat nicht substantiiert und mit den erforderlichen tatsächlichen Umständen und Beweisen unterlegt dargetan, dass ihr eine unumkehrbare und wesentliche Veränderung ihrer Marktanteile droht. Sie stellt nur die Behauptung auf, die Wettbewerbsnachteile „wirken potenziell über Jahre nach und können … womöglich nie mehr wettgemacht werden“.

37      Im Übrigen kann dem Ansatz der Antragstellerin nicht gefolgt werden, wonach der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Unionsrichter der Wettbewerbsverzerrung abhelfen müsse, die der Ausschuss verursacht und aufrechterhalten habe. Die Antragstellerin, die insoweit auf das Unterbleiben einer umgehenden Bereinigung der Beiträge abhebt, die aufgrund des dem angefochtenen Beschluss anhaftenden Berechnungsfehlers entrichtet worden seien, weist nämlich nicht nach, inwieweit sich eine späte Erstattung des Betrags von 83 188 Euro wesentlich auf ihre Wettbewerbssituation auswirken kann.

38      Schließlich ist auch das Vorbringen der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Sicherstellung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes zu verwerfen. Mit diesem Vorbringen scheint nahegelegt zu werden, dass der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Unionsrichter im vorliegenden Fall die Aussetzung der Vollziehung gewähren müsse, da andernfalls die Antragstellerin eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes beraubt werde.

39      Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf Unionsebene kann zwar gegenüber dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf nationaler Ebene subsidiär sein (Beschluss vom 5. Juli 2013, Zweckverband Tierkörperbeseitigung/Kommission, T‑309/12 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:347, Rn. 40). Aus einer solchen Subsidiarität kann jedoch nicht gefolgert werden, dass im vorliegenden Fall der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Unionsrichter, um nicht die Antragstellerin eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes zu berauben, die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses deshalb anordnen müsste, weil hier das Bundesverwaltungsgericht die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids der FMA vom 26. April 2016 abgelehnt hat.

40      Zum einen hat das Bundesverwaltungsgericht die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zugelassen. Die Antragstellerin hat aber nichts zu einer Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs und dem etwaigen Ausgang eines Rechtsmittels vorgetragen.

41      Zum anderen ergibt sich aus Art. 156 Abs. 4 der Verfahrensordnung und der oben in Rn. 19 angeführten Rechtsprechung, dass der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter die Aussetzung der Vollziehung nur anordnen und sonstige einstweilige Anordnungen nur erlassen kann, wenn dargetan ist, dass die Anordnungen dem ersten Anschein nach sachlich und rechtlich gerechtfertigt sind und dass sie dringlich sind. Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Unionsrichter kann daher nicht aufgrund des Umstands, dass im vorliegenden Fall das Bundesverwaltungsgericht die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids der FMA vom 26. April 2016 abgelehnt hat, dazu verpflichtet sein, die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses anzuordnen, obwohl eine der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, d. h. hier die Dringlichkeit, nicht vorliegt.

42      Nach alledem hat die Antragstellerin nicht den Beweis erbracht, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses ihr einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden zufügen könnte. Daraus folgt, dass die Voraussetzung der Dringlichkeit nicht erfüllt ist, so dass der vorliegende Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen ist, ohne dass es erforderlich wäre, die Voraussetzung des Vorliegens eines fumus boni iuris zu prüfen oder eine Interessenabwägung vorzunehmen. Unter diesen Umständen braucht auch nicht über die vom Ausschuss aufgeworfene Frage der Zulässigkeit des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz entschieden zu werden.

43      Nach Art. 158 Abs. 5 der Verfahrensordnung ist die Kostenentscheidung vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1.      Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird zurückgewiesen.

2.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 6. Februar 2017

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      M. Jaeger


*      Verfahrenssprache: Deutsch.