Language of document : ECLI:EU:T:2015:24

BESCHLUSS DES GERICHTS (Neunte Kammer)

13. Januar 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke VAKOMA – Ältere Gemeinschaftswortmarke VACOM – Klageschrift – Verstoß gegen Formerfordernisse –Offensichtliche Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑535/13

Vakoma GmbH mit Sitz in Magdeburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt P. Kazzer,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte des Verfahrens vor der Beschwerdekammer des HABM:

VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH mit Sitz in Jena (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 1. August 2013 (Sache R 908/2012‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH und der Vakoma GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie der Richter O. Czúcz (Berichterstatter) und A. Popescu,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 7. Oktober 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 7. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 24. September 2010 meldete die Klägerin, die Vakoma GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) eine Gemeinschaftsmarke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen, für das die Farben Schwarz, Weiß und Blau beansprucht werden:


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3        Die Marke wurde u. a. für „Vakuumpumpen (Maschinen)“ in Klasse 7 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 19/2011 vom 28. Januar 2011 veröffentlicht.

5        Am 26. April 2011 erhob die VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren Widerspruch nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009.

6        Der Widerspruch wurde insbesondere auf die Gemeinschaftswortmarke VACOM gestützt, die am 3. Juli 2007 unter der Nr. 8403255 angemeldet und am 14. April 2010 u. a. für folgende Waren in Klasse 7 eingetragen worden war: „Maschinen zur Vakuumerzeugung; Werkzeugmaschinen; Druckregler und Druckventile als Maschinenteile; Vakuumpumpen; Drehdurchführungen für Vakuumanlagen; Vakuum-Manipulatoren“.

7        Mit Schreiben vom 2. Mai 2011 beantragte die Widersprechende, den Namen VAKOM Vakuum Komponenten und Messtechnik GmbH, der im Widerspruchsformular als Name der Widersprechenden angegeben war, in VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH zu korrigieren.

8        Zur Begründung des Widerspruchs wurde insbesondere das Eintragungshindernis des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht.

9        Die Widerspruchsabteilung gab dem Widerspruch mit Entscheidung vom 12. März 2012 auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 statt.

10      Am 8. Mai 2012 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

11      Mit Entscheidung vom 1. August 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie vertrat zum einen die Auffassung, die nach Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgte Berichtigung eines Schreibfehlers im Namen der Widersprechenden stelle die Zulässigkeit des Widerspruchs nicht in Frage. Zum anderen stellte die Beschwerdekammer das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fest, wobei sie den hohen Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise, die Identität der Waren, die bildliche und die klangliche Ähnlichkeit der Zeichen sowie deren begriffliche Ähnlichkeit für den Teil der Verbraucher, der die beiden Zeichen im Zusammenhang mit „Vakuumpumpen“ mit dem Begriff „Vakuum“ assoziiere, berücksichtigte, den Bedeutungsgehalt allerdings als kennzeichnungschwach ansah.

 Anträge der Parteien

12      Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben, die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen;

–        dem HABM die Kosten einschließlich der im Verfahren vor der Beschwerdekammer entstandenen Kosten aufzuerlegen;

13      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Nach Art. 111 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn eine Klage offensichtlich unzulässig ist oder ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

15      Im vorliegenden Fall ist das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts ausreichend unterrichtet und beschließt in Anwendung dieses Artikels, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch mit Gründen zu versehenden Beschluss zu entscheiden, auch wenn eine Partei die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (Beschluss vom 17. Juli 2012, L’Oréal/HABM – United Global Media Group [MyBeauty TV], T‑240/11, EU:T:2012:391, Rn. 10).

16      Es ist festzustellen, dass in der Klageschrift – wie das HABM in der Klagebeantwortung zu bedenken gibt, ohne eine förmliche Einrede der Unzulässigkeit zu erheben – kein Klagegrund zur Stützung des Antrags auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich genannt worden ist. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Klagen sind jedoch unverzichtbare Prozessvoraussetzungen, deren Vorliegen die Gerichte der Europäischen Union gegebenenfalls von Amts wegen prüfen müssen (vgl. Urteil vom 8. Februar 2011, Paroc/HABM [INSULATE FOR LIFE], T‑157/08, Slg, EU:T:2011:33, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht entsprechend anwendbar ist, und nach Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts die Klageschrift u. a. eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass sie dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage ermöglichen. Ebenso muss jeder Antrag in einer Weise begründet werden, die sowohl dem Beklagten als auch dem Richter die Beurteilung seiner Begründetheit ermöglicht. So müssen sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine Klage gestützt ist, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (Urteile vom 18. Juli 2006, Rossi/HABM, C‑214/05 P, Slg, EU:C:2006:494, Rn. 37, und vom 6. Mai 2008, Redcats/HABM – Revert & Cía [REVERIE], T‑246/06, EU:T:2008:141, Rn. 23). Entsprechende Anforderungen sind zu stellen, wenn eine Rüge oder ein Argument zur Stützung eines Klagegrundes geltend gemacht wird (Urteil vom 9. Juli 2010, Grain Millers/HABM – Grain Millers [GRAIN MILLERS], T‑430/08, EU:T:2010:304, Rn. 38).

18      Durch diese Erfordernisse sollen die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege gewährleistet werden. Nach Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ist nämlich eine Klage beim Gericht gegen Entscheidungen der Beschwerdekammern wegen Verletzung des Vertrags, der Verordnung Nr. 207/2009 oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs zulässig. Daher ist das Gericht dafür zuständig, die Beurteilungen der Beschwerdekammern einer vollen Rechtmäßigkeitsprüfung zu unterziehen, sofern die gemäß Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 eingereichte Klageschrift die gegen die angefochtene Entscheidung vorgebrachten Aufhebungsgründe sowie die zu deren Stützung geltend gemachten Rügen und Argumente erkennen lässt.

19      Im vorliegenden Fall enthält die Klageschrift unter der Überschrift „Begründung“ nach einer Darstellung des „Sachverhalt[s]“ kein hinreichend genaues und strukturiertes Vorbringen zur Untermauerung von gegen die angefochtene Entscheidung geltend gemachten Aufhebungsgründen. Soweit sich Gründe implizit aus dem Wesen der angefochtenen Entscheidung selbst ergeben könnten, ist festzustellen, dass die Klageschrift auch keine Rügen oder Argumente enthält, die diese Gründe so klar und zusammenhängend stützen, dass sie eine Beurteilung ihrer Begründetheit ermöglichen.

20      Erstens ist nämlich festzustellen, dass es sich bei großen Teilen der Klageschrift nur um – bisweilen unrichtig wiedergegebene – Auszüge aus der angefochtenen Entscheidung handelt, in Bezug auf die sich die Klägerin darauf beschränkt, das Gericht um Überprüfung zu ersuchen, ohne irgendeinen Fehler zu nennen, der zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führen würde. Zweitens ist festzustellen, dass sich die Klägerin entweder auf unklare und unzusammenhängende Behauptungen beschränkt, die es nicht ermöglichen, die Gründe zu erkennen, aus denen sie die Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage stellt, oder aber rügt, dass die Beurteilung der Beschwerdekammer ihrem vor den Stellen des HABM geltend gemachten Vorbringen widerspreche, dies aber nicht näher ausführt oder dabei pauschal auf ihre bei der Beschwerdekammer eingereichten Schriftsätze verweist.

21      In diesem Zusammenhang ist zudem zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung zwar der Text der Klageschrift zu bestimmten Punkten durch Bezugnahmen auf als Anlage beigefügte Aktenauszüge untermauert und ergänzt werden kann, dass jedoch eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen kann, die in der Klageschrift enthalten sein müssen. Außerdem ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Dezember 2010, Tresplain Investments/HABM – Hoo Hing [Golden Elephant Brand], T‑303/08, Slg, EU:T:2010:505, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Aus alledem folgt, dass die vorliegende Klage, soweit mit ihr die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird, nicht den Mindestanforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung genügt, so dass sie als offensichtlich unzulässig abzuweisen ist, ohne dass über die Anträge entschieden zu werden braucht, mit denen die Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung und die Zurückweisung des Widerspruchs begehrt wird.

 Kosten

23      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als offensichtlich unzulässig abgewiesen.

2.      Die Vakoma GmbH trägt die Kosten.

Luxemburg, den 13. Januar 2015

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      G. Berardis


* Verfahrenssprache: Deutsch.