Language of document : ECLI:EU:T:2021:4

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

13. Januar 2021(*)

„Öffentlicher Dienst – Einstellung – Bekanntmachung des Auswahlverfahrens – Allgemeines Auswahlverfahren EUIPO/AD/01/17 – Entscheidung, den Namen des Klägers nicht in die Reserveliste des Auswahlverfahrens aufzunehmen – Zusammensetzung des Prüfungsausschusses – Beständigkeit – Haftung“

In der Rechtssache T‑548/18,

Lars Helbert, wohnhaft in Alicante (Spanien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn,

Kläger,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Lukošiūtė und K. Tóth als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt B. Wägenbaur,

Beklagter,

wegen einer Klage nach Art. 270 AEUV zum einen auf Aufhebung erstens der Entscheidung des Prüfungsausschusses für das Auswahlverfahren EUIPO/AD/01/17 – Beamte (m/w) der Funktionsgruppe Administration (AD 6) im Bereich geistiges Eigentum vom 1. Dezember 2017, den Namen des Klägers nicht in die Reserveliste für die Einstellung von Beamten der Funktionsgruppe Administration durch das EUIPO aufzunehmen, und zweitens der Entscheidung dieses Prüfungsausschusses vom 7. März 2018, mit der der Antrag des Klägers auf Überprüfung zurückgewiesen wurde, in ihrer endgültigen Form nach der am 8. Juni 2018 erfolgten Zurückweisung seiner Beschwerde durch das EUIPO, und zum anderen auf Ersatz des Schadens, den der Kläger dadurch erlitten haben soll,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni sowie der Richter P. Nihoul (Berichterstatter) und J. Martín y Pérez de Nanclares,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2020

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 12. Januar 2017 veröffentlichte das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) im Amtsblatt der Europäischen Union die Bekanntmachung des Allgemeinen Auswahlverfahrens EUIPO/AD/01/17 – Beamte (m/w) der Funktionsgruppe Administration (AD 6) im Bereich geistiges Eigentum (ABl. 2017, C 9 A, S. 1, im Folgenden: Bekanntmachung des Auswahlverfahrens). Dieses vom EPSO organisierte Auswahlverfahren war auf die Erstellung einer Reserveliste für die Einstellung von Beamten der Funktionsgruppe Administration durch das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gerichtet. Die Bekanntmachung war Gegenstand einer Berichtigung im Amtsblatt C 315 A vom 22. September 2017.

2        In der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens hieß es unter der Überschrift „Wie läuft das Auswahlverfahren ab?“, dass die Bewerber, die die Zulassungsbedingungen erfüllen und bei der Vorauswahl anhand der Befähigungsnachweise eines der besten Ergebnisse erreicht hätten, zu einem „Assessment-Center“ des EPSO eingeladen würden, wo mittels einer Reihe von Multiple-Choice-Tests ihre Fähigkeiten in den Bereichen sprachlogisches Denken, Zahlenverständnis und abstraktes Denken, sodann anhand eines Gesprächs, einer Postkorbübung, einer Gruppenübung und einer schriftlichen Prüfung acht allgemeine Kompetenzen und schließlich in einem Gespräch ihre fachspezifischen Kompetenzen im Bereich des Auswahlverfahrens geprüft würden.

3        In der Bekanntmachung hieß es, dass für die allgemeinen Kompetenzen bis zu 80 Punkte vergeben wurden, wobei die erforderliche Mindestpunktzahl für diese allgemeinen Kompetenzen 40 Punkte betrug, und für die fachspezifischen Kompetenzen bis zu 100 Punkte, wobei die erforderliche Mindestpunktzahl für diese fachspezifischen Kompetenzen 50 Punkte betrug.

4        Gemäß Ziff. 6.4 von Anhang III („Allgemeine Vorschriften für allgemeine Auswahlverfahren“) der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens konnten die Bewerber eine Überprüfung jeder Entscheidung des Prüfungsausschusses beantragen, und gemäß Ziff. 6.5 dieses Anhangs hatten sie das Recht, bei der Anstellungsbehörde, nämlich dem Exekutivdirektor des EUIPO, eine Verwaltungsbeschwerde einzulegen.

5        Der Kläger, Herr Lars Helbert, bewarb sich für das in Rede stehende Auswahlverfahren. Das EPSO teilte ihm am 12. Juli 2017 mit, dass er zu einem Assessment-Center eingeladen sei, wo er am 11. und 12. Oktober 2017 die Prüfungen ablegte.

6        Mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 teilte das EPSO dem Kläger mit, dass der Prüfungsausschuss entschieden habe, ihn nicht in die Reserveliste der erfolgreichen Bewerber des Aufnahmeverfahrens aufzunehmen (im Folgenden: erste Entscheidung des Prüfungsausschusses). Der Grund dafür war, dass der Kläger, der bei den Prüfungen des Assessment-Centers 99,5 Punkte erreicht hatte, nicht zu den Bewerbern mit den besten Ergebnissen gehörte. Das Gesamtergebnis des letzten Bewerbers, der nach diesen Prüfungen in die Reserveliste aufgenommen wurde, betrug 102 von 180 Punkten.

7        Dem Schreiben des EPSO vom 1. Dezember 2017 war ein Dokument mit dem Titel „Kompetenzpass“ beigefügt. Aus diesem Dokument ging hervor, dass der Kläger bei den Prüfungen zur Beurteilung seiner allgemeinen Kompetenzen 44,5 von 80 Punkten und bei dem Gespräch zu den fachspezifischen Kompetenzen 55 von 100 Punkten, d. h. bei allen Prüfungen zusammen ein Gesamtergebnis von 99,5 Punkten von 180 Punkten, erreicht habe.

8        Am 10. Dezember 2017 stellte der Kläger beim Prüfungsausschuss einen Antrag auf Überprüfung.

9        Die Reserveliste wurde im Amtsblatt C 14 A vom 16. Januar 2018 veröffentlicht.

10      Am 26. Februar 2018 legte der Kläger beim EUIPO gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) eine Beschwerde gegen die erste Entscheidung des Prüfungsausschusses ein.

11      Mit Schreiben vom 7. März 2018 teilte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses dem Kläger mit, dass der Prüfungsausschuss seine Akte auf den Antrag auf Überprüfung hin überprüft habe und seine erste Entscheidung bestätige (im Folgenden: nach der Überprüfung getroffene Entscheidung).

12      Am 29. April 2018 legte der Kläger dem EUIPO auf dessen Vorschlag eine Ergänzung seiner Beschwerde gegen die erste Entscheidung des Prüfungsausschusses vor, die durch die nach der Überprüfung getroffene Entscheidung bestätigt worden war.

13      Mit Entscheidung vom 8. Juni 2018, die dem Kläger am selben Tag mitgeteilt wurde, wies das EUIPO diese Beschwerde zurück (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde).

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

14      Mit Klageschrift, die am 18. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

15      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 9. Juli 2019 nach Art. 27 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die vorliegende Rechtssache einem neuen Berichterstatter zugewiesen worden, der der ersten Kammer angehört.

16      Mit gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung getroffenem Beschluss des Gerichts vom 17. Oktober 2019 ist die vorliegende Rechtssache der Vierten Kammer zugewiesen worden.

17      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung aufgefordert, bestimmte Dokumente vorzulegen, und ihnen schriftliche Fragen zur schriftlichen Beantwortung oder zur Beantwortung in der mündlichen Verhandlung gestellt. Die Parteien haben darauf innerhalb der ihnen gesetzten Frist geantwortet.

18      In der Sitzung vom 2. Juli 2020 haben die Parteien mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

19      Der Kläger beantragt,

–        die erste Entscheidung des Prüfungsausschusses und die nach der Überprüfung getroffene Entscheidung in ihrer endgültigen Form nach der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben;

–        das EUIPO zum Ersatz des „moralischen und immateriellen“ Schadens zu verurteilen, den er aufgrund der ersten Entscheidung des Prüfungsausschusses und der nach der Überprüfung getroffenen Entscheidung erlitten habe;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

20      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage insgesamt abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Aufhebungsantrag

1.      Gegenstand des Aufhebungsantrags

21      Mit seinem ersten Klageantrag begehrt der Kläger die Aufhebung der ersten Entscheidung des Prüfungsausschusses und der nach der Überprüfung getroffenen Entscheidung in ihrer endgültigen Form nach der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde. In der Klageschrift wird klargestellt, dass die erste Entscheidung des Prüfungsausschusses und die nach der Überprüfung getroffene Entscheidung zusammen die „angefochtene Entscheidung“ bilden.

22      Insoweit ist anzumerken, dass der Kläger am 10. Dezember 2017 gemäß Ziff. 6.4 des Anhangs III der Bekanntmachung einen Antrag auf Überprüfung der ersten Entscheidung des Prüfungsausschusses stellte. Der Prüfungsausschuss bestätigte seine erste Entscheidung mit der nach der Überprüfung getroffenen Entscheidung.

23      Nach ständiger Rechtsprechung stellt aber, wenn eine Person, deren Antrag auf Zulassung zu einem Auswahlverfahren zurückgewiesen wurde, die Überprüfung dieser Entscheidung auf der Grundlage einer bestimmten, für die Verwaltung verbindlichen Vorschrift beantragt, die vom Prüfungsausschuss nach der Überprüfung getroffene Entscheidung die beschwerende Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 bzw. gegebenenfalls von Art. 91 Abs. 1 des Statuts dar (Urteil vom 16. Mai 2019, Nerantzaki/Kommission, T‑813/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:335, Rn. 25; vgl. auch in diesem Sinne Beschluss vom 3. März 2017, GX/Kommission, T‑556/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:139, Rn. 21, und Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 29).

24      Dadurch tritt die nach der Überprüfung getroffene Entscheidung an die Stelle der ersten Entscheidung des Prüfungsausschusses (Urteil vom 16. Mai 2019, Nerantzaki/Kommission, T‑813/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:335, Rn. 25; vgl. auch in diesem Sinne Beschluss vom 3. März 2017, GX/Kommission, T‑556/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:139, Rn. 22, und Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 29).

25      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Aufhebungsantrag dahin auszulegen ist, dass er auf die nach der Überprüfung getroffene Entscheidung abzielt (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

2.      Begründetheit

26      Zur Stützung seiner Aufhebungsanträge macht der Kläger im Wesentlichen die folgenden vier Klagegründe geltend:

–        fehlende Beständigkeit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses während der mündlichen Prüfungen des Auswahlverfahrens und unzureichende Koordinierungsmaßnahmen, um eine kohärente und objektive Beurteilung, die Chancengleichheit und die Gleichbehandlung der Bewerber sicherzustellen;

–        Verstöße gegen die Pflicht, eine vergleichende und objektive Bewertung der Bewerber vorzunehmen, sowie gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit;

–        offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Bewertung des Klägers;

–        Verstoß u. a. gegen die Bekanntmachung des Auswahlverfahrens.

27      Im Rahmen des ersten Klagegrundes rügt der Kläger vor allem die fehlende Beständigkeit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses während der mündlichen Prüfungen, da nicht alle Mitglieder des Prüfungsausschusses bei allen diesen Prüfungen anwesend gewesen seien und stattdessen aus bloß einigen Mitgliedern bestehende „Beurteilungsausschüsse“ jeweils eine begrenzte Anzahl von Bewerbern geprüft hätten. Er sei somit bei seinem Gespräch zu den fachspezifischen Kompetenzen von einem Beurteilungsausschuss befragt worden, der nur 20 % der Bewerber geprüft habe. Seiner Ansicht nach erfordere eine objektive und einheitliche Beurteilung die ständige Anwesenheit zumindest eines Kernbestands von Prüfern bei allen Prüfungen. Er rügt auch, dass die Koordinierungsmaßnahmen nicht ausreichend gewesen seien, um eine kohärente und objektive Beurteilung, die Chancengleichheit und Gleichbehandlung der Bewerber sicherzustellen.

28      Unter diesen Umständen sei gegen die Grundsätze der Kohärenz des Prüfungsausschusses, der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung der Bewerber, der Objektivität der Beurteilungen sowie gegen die Ziff. 2.4 und 3.1 von Anhang III der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens verstoßen worden.

29      Das EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen.

30      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Agenturen und Organe der Europäischen Union bei der Festlegung der Modalitäten der Durchführung eines Auswahlverfahrens über ein weites Ermessen verfügen und dass in diesem Zusammenhang die vom Unionsrichter ausgeübte Kontrolle auf das Maß beschränkt werden muss, das erforderlich ist, um die Gleichbehandlung der Bewerber und die Objektivität der unter ihnen getroffenen Auswahl zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 63).

31      Im Übrigen beinhaltet die Verpflichtung zur Einstellung von Beamten, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen, dass die Anstellungsbehörde und die Prüfungsausschüsse in Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse darauf achten müssen, dass die Auswahlverfahren unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung der Bewerber, der Kohärenz der Beurteilung und der Objektivität der Bewertung durchgeführt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 64).

32      Um die Gleichbehandlung der Bewerber, die Kohärenz der Beurteilung und die Objektivität der Bewertung sicherzustellen, ist der Prüfungsausschuss verpflichtet, die kohärente Anwendung der Bewertungskriterien auf alle Bewerber zu gewährleisten, indem er insbesondere die Beständigkeit seiner Zusammensetzung sichert (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. September 2002, Girardot/Kommission, T‑92/01, EU:T:2002:220, Rn. 24 bis 26, und vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 65).

33      Nach der Rechtsprechung gilt dieses Erfordernis in besonderem Maße für die mündlichen Prüfungen wie den im vorliegenden Rechtsstreit in Rede stehenden, da diese Prüfungen naturgemäß weniger einheitlich sind als die schriftlichen Prüfungen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. November 2004, Vonier/Kommission, T‑165/03, EU:T:2004:331, Rn. 39, vom 29. September 2010, Brune/Kommission, F‑5/08, EU:F:2010:111, Rn. 38 bis 41, und vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 66).

a)      Modalitäten des Auswahlverfahrens

34      Im vorliegenden Fall geht aus Ziff. 2.4 des Anhangs III der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens hervor, dass die mit der Durchführung des Auswahlverfahrens betraute Stelle „bei allen Auswahlverfahren eine Politik der Chancengleichheit [verfolgt], mit der die Gleichbehandlung aller Bewerber sichergestellt wird“.

35      Nach Ziff. 3.1 des Anhangs III der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens „wird ein Prüfungsausschuss eingesetzt, der die Bewerber untereinander vergleicht, um anhand der in der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens festgelegten Kriterien die Personen auszuwählen, die aufgrund ihrer Kompetenzen, Fähigkeiten und Qualifikationen am besten geeignet sind“, wobei „[d]ie Mitglieder des Prüfungsausschusses … Beamte [sind], die je zur Hälfte von der Verwaltung (Personalabteilung) und den Personalvertretungen ernannt werden“, und „[d]ie Namen der einzelnen Mitglieder … auf der EPSO-Website (www.eu-careers.eu) veröffentlicht [werden]“.

36      Gemäß dem Beschluss ADM-16-60 vom 23. November 2016 über die Ernennung der Mitglieder des Prüfungsausschusses für das Auswahlverfahren in der zuletzt durch den Beschluss ADM-16-60-Rev4 vom 19. September 2017 über die Ernennung der Mitglieder des Prüfungsausschusses für das Auswahlverfahren geänderten Fassung setzte das EUIPO einen aus einem Vorsitzenden, einer stellvertretenden Vorsitzenden, acht ordentlichen Mitgliedern und drei stellvertretenden Mitgliedern bestehenden Prüfungsausschuss ein. Der Vorsitzende, die stellvertretende Vorsitzende, die acht ordentlichen Mitglieder und zwei der drei stellvertretenden Mitglieder waren Bedienstete des EUIPO, das dritte stellvertretende Mitglied war ein Bediensteter der Europäischen Kommission.

37      Die Prüfungen des Assessment-Centers umfassten u. a. zwei Gespräche, eines zu den fachspezifischen Kompetenzen und eines zur Beurteilung der allgemeinen Kompetenzen der Bewerber (im Folgenden: Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen).

38      Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass nicht alle Mitglieder des Prüfungsausschusses bei jedem Gespräch anwesend waren. Aus den Angaben, die das EUIPO in seinen Antworten vom 28. Februar und vom 9. April 2020 auf prozessleitende Maßnahmen des Gerichts gemacht hat (im Folgenden jeweils: Antwort des EUIPO vom 28. Februar 2020 bzw. Antwort des EUIPO vom 9. April 2020), geht hervor, dass bei diesen Gesprächen die Kompetenzen jedes Bewerbers von Beurteilungsausschüssen beurteilt wurden, die aus zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses bestanden. Dies war u. a. was den Kläger betrifft, beim Gespräch zu den fachspezifischen Kompetenzen der Fall.

39      Insgesamt nahmen im Rahmen des Assessment-Centers 196 Bewerber an den mündlichen Prüfungen teil, bei denen mit jedem Bewerber ein Gespräch zu den fachspezifischen Kompetenzen und ein Gespräch zu den allgemeinen Kompetenzen, insgesamt also 392 Gespräche geführt wurden. Diese Prüfungen fanden innerhalb eines Zeitraums von 20 Tagen auf sieben Wochen verteilt statt. Sie wurden zwischen zwei Assessment-Centern gleichmäßig aufgeteilt.

40      Während der 20 Tage, in denen mündliche Prüfungen stattfanden, teilten vier Beurteilungsausschüsse, d. h. zwei in jedem Assessment-Center, jeden Tag die Gespräche untereinander auf. Insgesamt beurteilten somit 80 Beurteilungsausschüsse die Bewerber während der 20 Prüfungstage. Wenngleich ein Teil dieser Ausschüsse während dieses Zeitraums mehrmals in identischer Zusammensetzung tätig wurde, geht aus den Antworten des EUIPO vom 28. Februar und vom 9. April 2020 hervor, dass während dieses Zeitraums nicht weniger als 26 verschiedene Beurteilungsausschüsse die Kompetenzen der 196 zu diesen Prüfungen eingeladenen Bewerber beurteilten.

41      Aus den Antworten des EUIPO vom 28. Februar und vom 9. April 2020 ergibt sich auch, dass kein ordentliches oder stellvertretendes Mitglied an allen Gesprächen teilnahm, wobei die höchste Anwesenheitsquote 22 % und die niedrigste 17 % betrug. Zudem beurteilte kein Beurteilungsausschuss die Kompetenzen von mehr als 33 Bewerbern bei allen mündlichen Prüfungen (d. h. bei insgesamt 392 Gesprächen), was weniger als ein Zehntel der Bewerber darstellt. Kein Beurteilungsausschuss war somit an mehr als sieben Tagen bei mündlichen Prüfungen oder an mehr als drei aufeinander folgenden Prüfungstagen anwesend. Von den drei Mitgliedern, die an den meisten Gesprächen teilnahmen, von denen einer eine Anwesenheitsquote von 22 % und die beiden anderen eine Anwesenheitsquote von 21,6 % hatten, befragten nur zwei die Bewerber gemeinsam, wobei zu berücksichtigen ist, dass sie dies nur bei acht Gesprächen taten, was nur 2 % der mündlichen Prüfungen ausmacht. Der Beurteilungsausschuss, der den Kläger bei seinem Gespräch zu den fachspezifischen Kompetenzen beurteilte, kam beispielsweise nur an diesem Tag zusammen und beurteilte insgesamt nur sechs Bewerber bei sechs Gesprächen, was nur 1,5 % der mündlichen Prüfungen ausmacht.

42      Somit ist festzustellen, dass die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses, wie der Kläger betont und wie das EUIPO eingeräumt hat, bei den mündlichen Prüfungen ganz erheblichen Schwankungen unterlag.

b)      Zur Unmöglichkeit, die Anwesenheit von allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen sicherzustellen

43      Das EUIPO trägt vor, dass im vorliegenden Fall die Schwankungen in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses aufgrund der Unmöglichkeit notwendig geworden sei, die Anwesenheit von allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses bei jeder Prüfung sicherzustellen.

44      Insoweit ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung die Beständigkeit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses „so weit wie möglich“ gewährleistet sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 66).

45      Ausnahmsweise können beispielsweise logistische Probleme die Tatsache rechtfertigen, dass nicht jedes Mitglied des Prüfungsausschusses bei allen Prüfungen anwesend ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. September 2010, Brune/Kommission, F‑5/08, EU:F:2010:111, Rn. 41, und vom 29. September 2010, Honnefelder/Kommission, F‑41/08, EU:F:2010:112, Rn. 36).

46      Dies trifft vor allem zu, wenn sich bei einem Auswahlverfahren mit zahlreichen Bewerbern bei der Organisation mündlicher Prüfungen erhebliche praktische Schwierigkeiten stellen, die zum einen mit der Organisation mündlicher Prüfungen für Bewerber, die verschiedenen Sprachgruppen angehören, und zum anderen mit der Notwendigkeit zusammenhängen, die dienstlichen Erfordernisse der Mitglieder des Prüfungsausschusses, bzw. jedenfalls mancher von ihnen, zu berücksichtigen, wenn die Durchführung der Auswahlverfahren einen relativ langen Zeitraum erfordert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. März 2008, Giannini/Kommission, T‑100/04, EU:T:2008:68, Rn. 196).

47      Unter solchen Umständen kann das Erfordernis, die Kontinuität des Verwaltungshandelns zu gewährleisten, es rechtfertigen, die strenge Geltung des Grundsatzes der Beständigkeit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses abzumildern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 1979, Martin/Kommission, 24/78, EU:C:1979:37, Rn. 10).

48      Im vorliegenden Fall macht das EUIPO drei Gründe geltend, um zu rechtfertigen, dass die besonderen Merkmale des durchgeführten Einstellungsverfahrens und die Sachzwänge bei der Organisation des Auswahlverfahrens eine Abmilderung in Bezug auf die Anwendung des Grundsatzes der Beständigkeit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses erforderten.

49      Erstens habe es verschiedene Beurteilungsausschüsse einsetzen müssen, um zum einen den Sprachen, in denen die Gespräche zu führen gewesen seien, und zum anderen der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Gespräche parallel in zwei Assessment-Centern organisiert worden seien, um eine zu lange Dauer des Auswahlverfahrens zu verhindern.

50      Insoweit geht aus den vom EUIPO bereitgestellten Informationen hervor, dass 342 der 392 in Rede stehenden Gespräche, also beinahe neun von zehn Gesprächen, auf Englisch durchgeführt wurden. Nur 50 Gespräche, also kaum mehr als eines von zehn, wurden in einer anderen Sprache durchgeführt, nämlich 20 auf Spanisch, 18 auf Deutsch, acht auf Französisch und vier auf Italienisch.

51      Insgesamt beurteilten die Beurteilungsausschüsse innerhalb der 20 Tage, in denen mündliche Prüfungen stattfanden, die Kandidaten mehr als acht von zehn Mal auf Englisch und weniger als zwei von zehn Mal in einer der vier anderen Sprachen. Was Letztere betrifft, so konnten die Gespräche im ersten Assessment-Center auf drei Tage (am 5., 12. und 19. Oktober 2017) und im zweiten auf vier Tage (am 5., 12., 19. und 24. Oktober 2017) begrenzt werden, während sich die Prüfungen auf Englisch im ersten über 17 Tage und im zweiten über 16 Tage erstreckten.

52      Aus der Tabelle, die das EUIPO in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, geht auch hervor, dass die zehn Mitglieder des Prüfungsausschusses, ordentliche und stellvertretende zusammengenommen, in der Lage waren, die Gespräche auf Englisch zu führen. Sie verfügten außerdem über hinreichend weite Sprachkenntnisse, um an den Gesprächen in den meisten der vier anderen Sprachen teilnehmen zu können. Gemäß dieser Tabelle konnten diese zehn Mitglieder des Prüfungsausschusses auch an Gesprächen auf Spanisch teilnehmen, sieben von ihnen an Gesprächen auf Französisch, sechs an Gesprächen auf Deutsch und vier an Gesprächen auf Italienisch.

53      Daraus ergibt sich, dass die oben in den Rn. 40 und 41 festgestellte Schwankung in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses nicht allein mit der sprachlichen Vielfalt gerechtfertigt werden kann. Insbesondere war es angesichts der ausgedehnten Sprachkenntnisse der Mitglieder des Prüfungsausschusses und des sehr hohen Anteils der auf Englisch geführten Gespräche weder gerechtfertigt, dass bei den Gesprächen jeder Bewerber nur von zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses beurteilt wurde, noch, dass jedes Mitglied des Prüfungsausschusses nur eine so geringe Anzahl von Bewerbern befragte.

54      Auch der Umstand, dass die Prüfungen unter zwei Assessment-Centern aufgeteilt waren, um die Dauer des Auswahlverfahrens zu verkürzen, vermag für sich genommen nicht die Bildung einer so großen Zahl von verschiedenen Beurteilungsausschüssen, im vorliegenden Fall 26, zu rechtfertigen.

55      Zweitens macht das EUIPO geltend, die verschiedenen Beurteilungsausschüsse hätten eingesetzt werden müssen, um das Auftreten zahlreicher Interessenkonflikte zu vermeiden.

56      Auf Aufforderung, dieses Vorbringen zu erklären, hat das EUIPO in der mündlichen Verhandlung angegeben, ohne weitere Beweise vorlegen zu können, dass man es im vorliegenden Fall mit zwei Kategorien von möglichen Interessenkonflikten zu tun habe, und zwar zum einen mit dem Vorliegen von freundschaftlichen Beziehungen und zum anderen mit dem Vorliegen eines hierarchischen Zusammenhangs zwischen bestimmten Bewerbern und Mitgliedern des Prüfungsausschusses.

57      Auf erneute Aufforderung, dieses Vorbringen zu erklären, hat das EUIPO in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die tatsächlich aufgetretenen Interessenkonflikte nicht genauer beschreiben und auch keine konkreten Beispiele für solche Konflikte nennen zu können.

58      Unter diesen Umständen kann nicht festgestellt werden, inwiefern die Gefahr von Interessenkonflikten eine Arbeitsweise des Prüfungsausschusses wie die oben in den Rn. 40 und 41 beschriebene erforderlich machen konnte.

59      Drittens macht das EUIPO geltend, es sei einigen Mitgliedern des Prüfungsausschusses unmöglich gewesen, ausreichend verfügbar zu sein, um mit jedem oder jedenfalls mit einer großen Anzahl der Bewerber ein Gespräch zu führen.

60      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Organisation eines Auswahlverfahrens zu den Maßnahmen gehört, die die Agenturen und Organe der Union im Rahmen der Verwaltung der ihnen zur Verfügung stehenden Humanressourcen ergreifen müssen.

61      In diesem Zusammenhang müssen die Agenturen und Organe der Union das für die Einstellung abgestellte Personal während eines Zeitraums freistellen können, der lang genug ist, um ihm die Erfüllung seiner Aufgabe zu ermöglichen, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass sie nicht, wie es gefordert ist, die Beamten oder die Bediensteten einstellen können, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen (vgl. oben, Rn. 31).

62      Außerdem können im Fall von Verhinderungen die ordentlichen Mitglieder eines Prüfungsausschusses für die von bestimmten Bewerbern abgelegten Prüfungen durch stellvertretende Mitglieder ersetzt werden, damit der Prüfungsausschuss seine Arbeiten in angemessener Frist durchführen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. September 2005, Pantoulis/Kommission, T‑290/03, EU:T:2005:316, Rn. 78, und vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die vom EUIPO angeführten Umstände eine Aufsplitterung des Prüfungsausschusses in 26 verschiedene Beurteilungsausschüsse für die Befragung von 196 Bewerbern bei den mündlichen Prüfungen nicht rechtfertigen.

c)      Koordinierungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Gleichbehandlung der Bewerber, der Kohärenz der Bewertung und der Objektivität der Beurteilung

64      In Erwiderung auf eine diesbezügliche Rüge des Klägers macht das EUIPO geltend, die Schwankungen in der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses seien angesichts der Maßnahmen, die getroffen worden seien, um die Gleichbehandlung der Bewerber, die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung sicherzustellen, hinnehmbar.

65      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Beständigkeit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses keine eigenständige Verpflichtung ist, sondern ein Mittel, um die Gleichbehandlung der Bewerber, die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 70).

66      Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gleichbehandlung der Bewerber, die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung durch Mittel wie die Vornahme der für die Einhaltung dieser drei Grundsätze erforderlichen Koordinierungsmaßnahmen erreicht werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission, F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 67).

67      Im Gegensatz zum EUIPO, das sich auf das Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14), stützt, ist der Kläger der Ansicht, dass dies hier nicht der Fall gewesen sei.

68      In der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14), ergangen ist, wurden mehrere Maßnahmen ins Auge gefasst, um bei den im Assessment-Center stattfindenden mündlichen Prüfungen den kognitiven Verzerrungen, die generell bei den Prüfern festgestellt werden, entgegenzuwirken und somit die Gleichbehandlung der Bewerber, die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung sicherzustellen (Rn. 25 dieses Urteils).

69      Erstens war in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14), ergangen ist, vorgesehen, dass sich der Prüfungsausschuss

–        treffen sollte, um festzulegen, wie die Prüfungen durchgeführt werden sollen;

–        jeden zweiten oder dritten Tag treffen sollte, wenn die Punktzahlen der Bewerber zusammengetragen wurden, um die Kompetenzen der in diesem Zeitraum geprüften Bewerber zu bewerten;

–        treffen sollte, um die Kohärenz der Bewertungen der Bewerber nach Abschluss aller Prüfungen zu überprüfen, wobei die endgültigen Entscheidungen vom gesamten Prüfungsausschuss auf der Grundlage der Ergebnisse aller Prüfungen gemeinsam getroffen werden mussten (Rn. 26 und 71 dieses Urteils).

70      Zweitens war in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14), ergangen ist, vorgesehen, dass die durchgeführten Maßnahmen zu berücksichtigen waren, mit denen den kognitiven Verzerrungen, die generell bei den Prüfern festgestellt werden, entgegengewirkt und somit die Gleichbehandlung der Bewerber, die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung sichergestellt werden sollten. Dazu gehörten u. a.

–        die Verwendung von vorstrukturierten Prüfungen, die einer im Voraus festgelegten Methodik folgen, bei der vorab festgelegte Verhaltensindikatoren verwendet werden;

–        die Teilnahme des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses an den ersten Minuten jeder Prüfung, um für eine ordnungsgemäße Anwendung der Methodik zu sorgen;

–        die Durchführung von Studien und Analysen, um die Kohärenz der Bewertungen zu überprüfen (Rn. 26 und 72 dieses Urteils).

71      Es ist zu prüfen, ob solche Koordinierungsmaßnahmen, wie das EUIPO geltend macht, im vorliegenden Fall getroffen wurden.

1)      Austausch innerhalb des Prüfungsausschusses

72      Das EUIPO macht geltend, zum einen habe ein regelmäßiger Austausch zwischen den Mitgliedern des Prüfungsausschusses stattgefunden und zum anderen habe der gesamte Prüfungsausschuss im Rahmen von wöchentlichen Sitzungen die Möglichkeit gehabt, über die Leistungen all jener Bewerber zu diskutieren, deren Kompetenzen bereits beurteilt worden seien, und eine vergleichende Prüfung dieser Bewerber vorzunehmen.

73      Der Kläger ist jedoch der Ansicht, dass der fragliche Austausch und die fraglichen Sitzungen keinen Meinungsaustausch über die relativen Verdienste der Bewerber ermöglicht hätten, da es keinen gemeinsamen Kernbestand von Prüfern gegeben habe, die einen hinreichend großen Teil der Bewerber beurteilt hätten.

74      Insoweit ergibt sich aus dem Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 26 und 71), dass dem vor, während und nach Prüfungen stattfindenden Austausch zwischen den Mitgliedern des Prüfungsausschusses eine besondere Bedeutung für die Gewährleistung der Gleichbehandlung der Bewerber, die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung zukommt.

75      Erstens hat das EUIPO Anwesenheitslisten von 19 Sitzungen vorgelegt, die vor den Prüfungen des Assessment-Centers zwischen dem 9. Dezember 2016 und dem 21. Juni 2017 stattfanden.

76      Es ist festzustellen, dass nicht alle Mitglieder des Prüfungsausschusses bei jeder der in Rede stehenden Sitzungen anwesend waren. Im Übrigen ist kein Protokoll dieser Sitzungen vorgelegt worden, so dass sich nicht feststellen lässt, was dort diskutiert wurde. Insbesondere kann das Gericht nicht überprüfen, ob bei diesen Sitzungen darüber entschieden wurde, wie die Prüfungen durchgeführt werden sollten, wie dies in der Rechtssache der Fall war, in der das Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14), ergangen ist (vgl. oben, Rn. 69). Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Prüfungsausschuss bei diesen Sitzungen nicht die Möglichkeit hatte, die Leistungen und Verdienste der Bewerber zu prüfen bzw. eine vergleichende Beurteilung derselben vorzunehmen, da sie vor Beginn der Prüfungen des Assessment-Centers stattfanden.

77      Zweitens führt das EUIPO sieben wöchentliche Sitzungen während der Phase des im Assessment-Center organisierten Auswahlverfahrens an. Der Prüfungsausschuss sei am Ende jeder der sieben Wochen zusammengekommen, in denen mündliche Prüfungen stattgefunden hätten, und zwar am 15., 22. und 29. September 2017 sowie am 6., 13., 20. und 26. Oktober 2017.

78      Anhand der vom EUIPO vorgelegten Beweise lässt sich insbesondere nicht überprüfen, welche Mitglieder des Prüfungsausschusses bei den sieben in Rede stehenden wöchentlichen Sitzungen anwesend waren und was der genaue Gegenstand dieser Sitzungen war, vor allem inwiefern bei diesen Sitzungen ein Austausch über die Leistungen der Bewerber und eine vergleichende Beurteilung Letzterer stattgefunden hätte.

79      Während das EUIPO zunächst in seiner Antwort vom 28. Februar 2020 behauptet hat, dass der Prüfungsausschuss an den in Rede stehenden sieben wöchentlichen Sitzungen „im Allgemeinen vollzählig, einschließlich Vorsitzendem und stellvertretender Vorsitzender“ teilgenommen habe, und dass „nur gelegentlich, wenn ein ordentliches Mitglied nicht verfügbar war, … dieses durch seinen Stellvertreter ersetzt [wurde], der in der betreffenden Woche an den Prüfungsausschüssen teilnahm“, hat es in seiner Antwort vom 9. April 2020 ausgeführt, dass an den wöchentlichen Sitzungen nur die Mitglieder des Prüfungsausschusses teilgenommen hätten, die während der betreffenden Woche die Gespräche geführt hätten, einschließlich des Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses.

80      Sodann hat das EUIPO, anders als es dies für die vor und nach den mündlichen Prüfungen abgehaltenen Sitzungen getan hatte, keine Anwesenheitsliste für die sieben in Rede stehenden wöchentlichen Sitzungen und auch kein anderes Dokument zur Überprüfung seiner Aussagen übermittelt. Auf spezielle diesbezügliche Fragen, die zweimal im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellt worden sind, hat es geantwortet, dass für die letztgenannten Sitzungen keine solchen Anwesenheitslisten erstellt worden seien. In dem vom EUIPO vorgelegten Protokoll der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 9. November 2017 wird jedoch auf ein Protokoll der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 20. Oktober 2017 Bezug genommen, d. h. der Sitzung, die nach der sechsten Woche dieser Prüfungen des Assessment-Centers stattgefunden habe. In der mündlichen Verhandlung hat das EUIPO eingeräumt, dass insoweit ein Widerspruch bestehe, ohne jedoch das Vorliegen oder Fehlen des offenbar nach der letztgenannten Sitzung erstellten Protokolls bestätigen zu können.

81      Drittens hat das EUIPO das Protokoll von sieben Sitzungen übermittelt, die nach den Prüfungen des Assessment-Centers am 7., 8., 9., 17, 21. und 22. November 2017 sowie am 1. Februar 2018 stattfanden:

–        in der Sitzung vom 7. November 2017 legte das EUIPO Statistiken über die Bewertung der schriftlichen Prüfungen vor, sodann nahm der Prüfungsausschuss auf seinen Vorschlag hin eine Standardisierung der Punktzahlen vor, indem er Diskrepanzen zwischen den Bewertungen verschiedener Mitglieder des Prüfungsausschusses beseitigte;

–        in der Sitzung vom 8. November 2017 prüfte der Prüfungsausschuss die an ihn gerichteten Beschwerden und bat um Erläuterungen besonders niedriger Punktzahlen, wobei er sich eine Erklärung zu den vom EPSO durchgeführten Qualitätskontrollen anhörte;

–        in der Sitzung vom 9. November 2017 überprüfte der Prüfungsausschuss die Punktzahlen bestimmter Bewerber, erstellte eine vorläufige Reserveliste und prüfte die Dokumente, die die erfolgreichen Bewerber vorgelegt hatten, um ihre Erfahrung im Bereich geistiges Eigentum nachzuweisen;

–        in den Sitzungen vom 17. und 21. November 2017 prüften die Mitglieder des Prüfungsausschusses die Dokumente, die die Bewerber zum Nachweis ihrer Erfahrungen im Bereich geistiges Eigentum übermittelt hatten;

–        in der Sitzung vom 22. November 2017 setzte der Prüfungsausschuss diese Prüfung fort und organisierte das weitere Verfahren, indem er die Erstellung eines mit Gründen versehenen Berichts des Prüfungsausschusses, die Erstellung einer an den Direktor des EPSO gerichteten Mitteilung und die Übermittlung dieser Dokumente an den Exekutivdirektor des EUIPO genehmigte;

–        in der Sitzung vom 1. Februar 2018 prüfte der Prüfungsausschuss 35 an ihn gerichtete Anträge auf Überprüfung und beschloss in allen Fällen, seine ersten Entscheidungen zu bestätigen.

82      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass es bei der vom Prüfungsausschuss vorgenommenen vergleichenden Prüfung nicht um die von allen Bewerbern erreichten Punktzahlen ging, sondern um Diskrepanzen zwischen den Punktzahlen, um Punktzahlen, die zu einer Beschwerde Anlass gegeben hatten, und um Punktzahlen, die gemäß den den Mitgliedern des Prüfungsausschusses vorgelegten Unterlagen ungewöhnlich niedrig waren.

83      Eine solche Prüfung gewährleistet zweifellos in numerischer Hinsicht eine Annäherung zwischen den Beurteilungen der Prüfer, es lässt sich dadurch jedoch nicht belegen, dass die Mitglieder die Bewerber tatsächlich auf eine Art verglichen haben, die ihre Gleichbehandlung, die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung sicherstellt, wie dies gemäß dem Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 71), auf das sich das EUIPO beruft, erforderlich ist.

84      Zudem hat das EUIPO nicht den Beweis erbracht, dass der Prüfungsausschuss wie in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 26), ergangen ist, in seiner Gesamtheit zusammengekommen ist, um die endgültigen Entscheidungen auf der Grundlage der Ergebnisse aller Prüfungen zu erlassen.

85      Aus den vom EUIPO bereitgestellten Informationen geht hervor, dass eine bestimmte Anzahl endgültiger Entscheidungen zum einen in der Sitzung vom 9. November 2017 getroffen wurde, als für bestimmte Bewerber die Prüfungsergebnisse des Assessment-Centers überprüft wurden, und zum anderen in der letzten Sitzung des Prüfungsausschusses vom 1. Februar 2018, als die Anträge von 35 Bewerbern auf Überprüfung der ersten Entscheidungen des Prüfungsausschusses geprüft wurden und der Prüfungsausschuss beschloss, sie zurückzuweisen. Zwar waren alle ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder des Prüfungsausschusses bei diesen beiden Sitzungen anwesend, doch ist festzustellen, dass die stellvertretende Vorsitzende an der letzten nicht teilnahm.

86      Folglich hat das EUIPO keine hinreichenden Beweise dafür vorgelegt, dass durch einen regelmäßigen Austausch zwischen den Mitgliedern des Prüfungsausschusses die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung der Bewerber und daher deren Gleichbehandlung gewährleistet werden konnte.

2)      Methodik und Beurteilungskriterien

87      Das EUIPO macht geltend, es habe sich auf eine Methodik und auf Beurteilungskriterien gestützt, die vorab festgelegt worden seien.

88      Auf eine diesbezügliche Frage des Gerichts hat das EUIPO in Anhang F.8 seiner Antwort vom 28. Februar 2020 ein unbetiteltes 13-seitiges Dokument eingereicht, ohne in der mündlichen Verhandlung erklären zu können, inwiefern dieses Dokument die erforderlichen Beurteilungskriterien enthielt.

89      Die erste Seite des fraglichen Dokuments, die aus zwei Tabellen und fünf Kästchen in jeweils einer der fünf Sprachen des Auswahlverfahrens besteht, enthält

–        die Liste der beim Gespräch über die fachspezifischen Kompetenzen beurteilten Kompetenzen, die insbesondere in den Anhängen I und II der Bekanntmachung, betreffend die Aufgaben der Beamten der Funktionsgruppe Administration bzw. die Auswahlkriterien betrifft, und im Kompetenzpass des Klägers enthalten sind;

–        die Skala für Bewertung dieser Kompetenzen und ihre jeweilige Gewichtung in der Gesamtpunktzahl der Bewerber für das Gespräch über die fachspezifischen Kompetenzen;

–        die Beurteilungsstufen für die Leistungen der Bewerber bei diesem Gespräch („unzureichend“, „zufriedenstellend“, „gut“, „kompetent“, „sehr kompetent“, „exzellent“ und „hervorragend“), die aufgrund dieser Skala erstellt wurden.

90      Die Seiten 2 bis 13 des fraglichen Dokuments sind Tabellen, die einer der beiden Tabellen auf der ersten Seite dieses Dokuments ähneln. Diese Tabellen scheinen für die Beurteilung der Bewerber bei ihrem Gespräch über die fachspezifischen Kompetenzen verwendet worden zu sein. Das EUIPO hat nicht angegeben, auf welcher Grundlage die Auswahl dieser Tabellen erfolgt war und vor allem nicht, ob sie Kandidaten betrafen, die in die Reserveliste aufgenommen wurden. Bei keiner der in Rede stehenden Tabellen scheint es um den Kläger zu gehen, weil keine der darin enthaltenen Gesamtpunktzahlen der ihm bei seinem Gespräch über die fachspezifischen Kompetenzen erteilten Gesamtpunktzahl entspricht.

91      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die in Anhang F.8 der Antwort des EUIPO vom 28. Februar 2020 enthaltenen Angaben nicht als hinreichend angesehen werden können, um vorab festgelegte Beurteilungskriterien gemäß dem Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 26 und 73), darzustellen. In dieser Rechtssache war der Prüfungsausschuss nämlich verpflichtet, über die zu beurteilenden Kompetenzen, die Punkteskala und die darauf aufbauenden Beurteilungsstufen hinaus vor den Prüfungen auch die objektiven Kriterien qualitativer Art festzulegen, die es erlaubten, diese Skala anzuwenden. Diese Kriterien mussten u. a. die von den Bewerbern bei ihrer Prüfungsleistung erwarteten Elemente enthalten, die vom Prüfungsausschuss bei der Bewertung der Bewerber zu berücksichtigen waren, wobei diese Bewertung sodann anhand einer vergleichenden Beurteilung unter Berücksichtigung der Leistungen der anderen Bewerber feiner abgestimmt werden musste. Im vorliegenden Fall ergeben sich jedoch weder aus diesem Anhang noch aus anderen Teilen der Akte irgendwelche Anhaltspunkte, um solche Kriterien identifizieren oder gar um prüfen zu können, ob sie vor Beginn der Prüfungen festgelegt wurden.

3)      Vorsitz des Prüfungsausschusses

92      Das EUIPO betont, dass der Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses bei der Koordinierung eine wichtige Rolle gespielt hätten.

93      Erstens sei diese Koordinierung zum einen aufgrund der Anwesenheit des Vorsitzenden oder der stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses während einiger Minuten zu Beginn jeder Prüfung und zum anderen aufgrund des täglichen Meinungsaustauschs zwischen den beiden während der gesamten Prüfungen gewährleistet gewesen.

94      Der Kläger ist jedoch der Ansicht, dass die Anwesenheit des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses oder seiner Stellvertreterin bei den Prüfungen nicht ausreichend gewesen sei, um die ihnen zukommende Koordinierungsfunktion zu gewährleisten. Der Vorsitzende habe die Verdienste der Bewerber nur mittelbar beurteilen können, ohne bei der Beurteilung und beim Vergleich der Bewerber eine Kohärenz gewährleisten zu können, da er völlig von den Ansichten Dritter abhängig und seine nur zwischen fünf und sieben Minuten dauernde Anwesenheit beim Gespräch über die fachspezifischen Kompetenzen des Klägers zu kurz gewesen sei. Zudem hätten der Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses nicht die Kompetenzen der Bewerber beurteilt, sondern nur die sie befragenden Mitglieder des Prüfungsausschusses angehört. Ferner hätten sie nicht gleichzeitig an Gesprächen teilgenommen, sondern abwechselnd, so dass es unmöglich gewesen sei, sicherzustellen, dass sie bei der Beurteilung der Praxis der Mitglieder des Prüfungsausschusses die gleichen Kriterien angewandt hätten.

95      Insoweit ist festzustellen, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses in der Rechtssache, in der das vom EUIPO angeführte Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14), ergangen ist, an den ersten Minuten jeder Prüfung teilnahm, um für eine ordnungsgemäße Anwendung der Methodik zu sorgen (Rn. 26 und 72 dieses Urteils).

96      Im vorliegenden Fall hat das EUIPO angegeben, dass der Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses im Durchschnitt an den ersten zehn oder 15 Minuten jedes Gesprächs teilgenommen hätten. Ferner hat es erklärt, dass sich diese beiden Personen, weil die Prüfungen auf zwei Assessment-Center aufgeteilt worden seien, die Gespräche in jedem dieser Assessment-Center geteilt hätten.

97      Daraus ergibt sich, dass der Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses in keinem Fall gemeinsam an den ersten Minuten desselben Gesprächs teilnahmen. In diesem Punkt weicht die Organisation des Auswahlverfahrens von der Methode ab, die im Urteil vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14), geprüft worden ist, bei der eine Kontinuität in den Gesprächen durch die Anwesenheit ein und derselben Person, in diesem Fall des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, in den ersten Minuten jedes Gesprächs gewährleistet worden war.

98      Nach Ansicht des EUIPO konnte die Kontinuität hinsichtlich der Gespräche durch den täglichen Meinungsaustausch zwischen dem Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses während der gesamten Prüfungen gewährleistet werden, der es ihnen ermöglicht habe, die Ansätze der verschiedenen Beurteilungsausschüsse anzugleichen.

99      Um nachzuweisen, dass dieser Austausch tatsächlich stattfand, hat das EUIPO in der mündlichen Verhandlung auf die zweite Seite des Anhangs F.9 seiner Antwort vom 28. Februar 2020 verwiesen. Dieses Dokument mit der Überschrift „IP COMP AD/01/2017 MARKING ANALYSIS FOR DATE“, handschriftlich datiert mit „26/9/17“, ist ein Beurteilungsbogen der Leistungen von fünf Bewerbern betreffend vier Prüfungen, nämlich drei Prüfungen zur Beurteilung der allgemeinen Kompetenzen und das Gespräch über die fachspezifischen Kompetenzen. Auf diesem Blatt wurden handschriftlich einige Ziffern eingetragen, die anscheinend die von diesen Bewerbern bei diesen Prüfungen erreichten Punkte darstellen. Zudem finden sich in der Mitte der Seite die handschriftlichen Vermerke „checked“ und „ok“. Manche dieser Ziffern sind auch gelb markiert. Schließlich enthält bei drei der fünf betroffenen Bewerber die zweite Spalte der Tabelle mit der Überschrift „Comments“ den handschriftlich mit einem gelben Marker geschriebenen Buchstaben „F“.

100    Die zweite Seite von Anhang F.9 der Antwort des EUIPO vom 28. Februar 2020 betrifft jedoch die Beurteilung der Kompetenzen der Bewerber, wie das EUIPO in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, und nicht die der Mitglieder des Prüfungsausschusses. Mit diesem Dokument lässt sich daher nicht nachweisen, dass ein Meinungsaustausch zwischen dem Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses über die Koordinierung der Arbeitsmethoden der Mitglieder des Prüfungsausschusses stattgefunden hat, und erst recht nicht, dass dieser, wie behauptet, täglich stattgefunden hat.

101    Außerdem lassen die Beweise keinen Rückschluss darauf zu, welche Auswirkungen der in Rede stehende Austausch möglicherweise hatte. Insbesondere hat das EUIPO keine Erklärung zur Übermittlung der Ergebnisse dieses Austauschs an die verschiedenen Beurteilungsausschüsse und zu ihrer Umsetzung durch diese Ausschüsse gemacht.

102    Zweitens macht das EUIPO geltend, mit der Entscheidung ADM-16-60 vom 23. November 2016, mit der der Prüfungsausschuss ernannt worden sei, und mit den vier späteren Entscheidungen zu ihrer Änderung sei speziell die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses mit der Aufgabe betraut worden, die Harmonisierung der Kriterien und Arbeitsmethoden im Rahmen des Auswahlverfahrens zu gewährleisten.

103    Es ist jedoch festzustellen, dass die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses bei mehreren Sitzungen abwesend war, die vor oder nach den Prüfungen des Assessment-Centers stattfanden, obwohl diese Sitzungen nach den Angaben des EUIPO eine wesentliche Etappe des Verfahrens waren und darauf abzielten, die Gleichheit zwischen den Bewerbern, die Kohärenz der Bewertung und die Objektivität der Beurteilung sicherzustellen.

104    So nahm die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses den Anwesenheitslisten in Anhang F.4 der Antwort des EUIPO vom 28. Februar 2020 zufolge vor den Prüfungen des Assessment-Centers nur an 12 von 19 Sitzungen teil und war daher bei sieben davon, also mehr als einem Drittel dieser Sitzungen, abwesend. Obwohl das EUIPO keine Angaben zum Gegenstand dieser Sitzungen gemacht hat, ist es wahrscheinlich, dass sie entscheidend waren, um die Harmonisierung der Arbeitsmethoden bei den folgenden Prüfungen zu gewährleisten und die Mitglieder des Prüfungsausschusses für diese Zwecke vorzubereiten, was zu den Hauptaufgaben der stellvertretenden Vorsitzenden gehörte.

105    Was die sieben Sitzungen nach den Prüfungen des Assessment-Centers betrifft, so nahm die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses nach den Protokollen dieser Sitzungen an fünf davon teil. Sie war allerdings in der Sitzung vom 21. November 2017 abwesend, in der vor allem über die Dokumente diskutiert wurde, die mehrere Bewerber vorgelegt hatten, um ihre berufliche Erfahrung im Bereich geistiges Eigentum nachzuweisen. Zudem fehlte sie auch in der letzten Sitzung des Prüfungsausschusses am 1. Februar 2018, in der der Prüfungsausschuss beschloss, die 35 Anträge auf Überprüfung zurückzuweisen, die nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des Auswahlverfahrens gestellt worden waren. Diese Themen erforderten jedoch eine besondere Wachsamkeit, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen des Prüfungsausschusses auf der Anwendung einer abgestimmten Methodik und abgestimmter Kriterien beruhten.

106    Da schließlich vom EUIPO keine Angaben zu den Teilnehmern an den angeführten wöchentlichen Sitzungen übermittelt worden sind (vgl. oben, Rn. 78 und 80), ist es dem Gericht nicht möglich, zu überprüfen, ob der Vorsitzende oder die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses an allen diesen Sitzungen oder einem Teil von ihnen teilgenommen hat.

4)      Durchführung von Studien und Analysen

107    In Anhang F.9 seiner Antwort vom 28. Februar 2020 hat das EUIPO ein zweiseitiges Dokument in Bezug auf Studien und Analysen vorgelegt, die durchgeführt worden seien, um die Kohärenz der Bewertungen zu überprüfen.

108    Das EUIPO hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die erste Seite des in Rede stehenden Dokuments mit dem Titel „Assessor check list (for JSI, CBI, OP)“ die Liste der Faktoren in Bezug auf das Verhalten der an den Gesprächen teilnehmenden Mitglieder des Prüfungsausschusses enthalte, die der Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses in den ersten Minuten ihrer Anwesenheit während dieser Gespräche kontrolliert hätten, wobei mit dieser Kontrolle bezweckt worden sei, die oben erwähnten kognitiven Verzerrungen zu beschränken (vgl. oben, Rn. 68 und 70).

109    Die zweite Seite des in Rede stehenden Dokuments betrifft, wie oben in Rn. 100 ausgeführt, die Beurteilung der Kompetenzen der Bewerber, und nicht die der Mitglieder des Prüfungsausschusses. Sie kann daher nicht als Studie oder Analyse angesehen werden, die eine Überprüfung der Kohärenz der Bewertung zwischen den Mitgliedern des Prüfungsausschusses ermöglicht.

110    Daher ist nur die erste Seite des in Rede stehenden Dokuments relevant, um nachzuweisen, dass der Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses Studien und Analysen durchgeführt haben. Es handelt sich jedoch um ein Blankodokument, das es für sich genommen weder erlaubt, die Anzahl dieser Studien und Analysen zu überprüfen, noch festzustellen, ob solche Studien und Analysen für jedes Mitglied des Prüfungsausschusses bei jedem Gespräch durchgeführt wurden.

111    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das EUIPO nicht nachgewiesen hat, dass es im Sinne des Urteils vom 12. Februar 2014, De Mendoza Asensi/Kommission (F‑127/11, EU:F:2014:14, Rn. 67 und 71 bis 73), ausreichende Koordinierungsmaßnahmen gab, die gewährleisten konnten, dass dem Auswahlverfahren die Gleichbehandlung und eine kohärente und objektive Beurteilung der Bewerber zugrunde lag.

112    Der Rüge, mit der im Wesentlichen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Beständigkeit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses geltend gemacht wird, ist daher stattzugeben.

113    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Versäumnis des Prüfungsausschusses, für Beständigkeit in seiner Zusammensetzung zu sorgen, in Anbetracht der Bedeutung der Grundsätze der Gleichbehandlung der Bewerber, der Kohärenz der Bewertung und der Objektivität der Beurteilung eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften darstellt, die zwingend zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2004, Vonier/Kommission, T‑165/03, EU:T:2004:331, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung), ohne dass die sonstigen Rügen zur Stützung des ersten Klagegrundes und die sonstigen vom Kläger geltend gemachten Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

B.      Schadensersatzantrag

114    Der Kläger ist der Ansicht, er habe einen „moralischen und immateriellen“ Schaden erlitten, der durch das rechtswidrige Verhalten des Prüfungsausschusses und des EUIPO verursacht worden sei. Dieser Schaden bestehe darin, dass die angefochtene Entscheidung ihn seit mindestens 1. Dezember 2017 in eine Lage der dauerhaften Unsicherheit versetzt habe, die seither eine ständige Quelle der Sorge gewesen sei und sich auf seine zukünftige Laufbahn beim EUIPO ausgewirkt habe. Diese Entscheidung habe auch Zweifel an seinen Fähigkeiten und Kompetenzen aufkommen lassen, laufe seinen berechtigten Erwartungen zuwider und habe ihn erheblich belastet.

115    Das EUIPO tritt diesem Antrag entgegen.

116    Nach ständiger Rechtsprechung wird die Haftung der Union ausgelöst, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: die Rechtswidrigkeit des den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen vorgeworfenen Verhaltens, der tatsächliche und sichere Charakter des geltend gemachten Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen der vorgeworfenen Rechtswidrigkeit und diesem Schaden (Urteile vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot, C‑348/06 P, EU:C:2008:107, Rn. 52 und 54, vom 12. März 2008, Giannini/Kommission, T‑100/04, EU:T:2008:68, Rn. 327, und vom 29. November 2018, Di Bernardo/Kommission, T‑811/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:859, Rn. 60).

117    Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, so dass es für die Abweisung einer Schadensersatzklage genügt, dass eine von ihnen nicht vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 14, vom 10. November 2004, Vonier/Kommission, T‑165/03, EU:T:2004:331, Rn. 78, und vom 29. November 2018, Di Bernardo/Kommission, T‑811/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:859, Rn. 60).

118    Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung nachgewiesen, wodurch die erste Voraussetzung erfüllt ist.

119    Jedoch stellt, selbst wenn man annimmt, dass der moralische Schaden und die Kausalität als erwiesen anzusehen sind, die Aufhebung der mit dieser Rechtswidrigkeit behafteten Entscheidung als solche eine angemessene und grundsätzlich ausreichende Wiedergutmachung des immateriellen Schadens dar, den diese Entscheidung verursacht hat, da der Kläger nicht vorgetragen und erst recht nicht nachgewiesen hat, dass er einen moralischen Schaden erlitten hat, der von der Rechtswidrigkeit, auf der die Aufhebung beruht, abtrennbar ist und durch diese Aufhebung nicht vollständig wiedergutgemacht werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2006:148, Rn. 131).

120    Was den immateriellen Schaden betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Klageschrift, die auf Ersatz eines Schadens, der von einem Organ, einer Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union verursacht worden sein soll, den Anforderungen von Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung nur genügt, wenn in ihr Tatsachen angeführt werden, anhand deren sich das dem Organ, der Einrichtung oder sonstigen Stelle vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe genannt werden, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juli 2017, ADR Center/Kommission, T‑644/14, EU:T:2017:533, Rn. 65 und 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

121    Anhand der vom Kläger vorgelegten Beweise lässt sich jedoch nicht bestimmen, inwiefern er sich auf einen von dem geltend gemachten moralischen Schaden verschiedenen „immateriellen“ Schaden berufen möchte. Unterstellt, dass dies der Fall sei, bringt der Kläger keine Beweise vor, die das Vorliegen oder den Umfang eines solchen Schadens belegen könnten.

122    Somit ist im vorliegenden Fall die zweite Voraussetzung für eine Verurteilung zu Schadensersatz nicht erfüllt.

123    Daraus folgt, dass der Antrag auf Schadensersatz zurückzuweisen ist.

124    Nach alledem ist der Klage stattzugeben, soweit sie auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung abzielt; im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

IV.    Kosten

125    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

126    Da das EUIPO im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des Klägers seine eigenen Kosten sowie die dem Kläger entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung vom 7. März 2018, mit der der Prüfungsausschuss des allgemeinen Auswahlverfahrens EUIPO/AD/01/17 nach Überprüfung die Aufnahme von Herrn Lars Helbert in die Reserveliste für die Einstellung von Beamten (m/w) (AD 6) der Funktionsgruppe Administration im Bereich geistiges Eigentum abgelehnt hat, wird aufgehoben.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) trägt die Kosten.

Gervasoni

Nihoul

Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Januar 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.