Language of document : ECLI:EU:C:2024:361

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 25. April 2024(1)

Rechtssache C73/23

Chaudfontaine Loisirs SA

gegen

État belge, vertreten durch den Ministre des Finances,

Beteiligte:

État belge, vertreten durch den Ministre de la Justice

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal de première instance de Liège [Gericht Erster Instanz von Lüttich, Belgien])

„Vorabentscheidungsersuchen – Steuerrecht – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 135 Abs. 1 Buchst. i – Befreiung von Glücksspielen mit Geldeinsatz – Unmittelbare Wirkung der Steuerbefreiungsvorschrift – Differenzierung zwischen Online-Glücksspielen und analogen Glücksspielen – Differenzierung zwischen unterschiedlichen Arten von Online-Glücksspielen (Lotterien und sonstigem Online-Glücksspiel) – Unzulässigkeit von Vorlagefragen – Zeitlich befristete Fortgeltung innerstaatlichen Rechts ohne vorheriges Vorabentscheidungsersuchen“






I.      Einführung

Durchs Spielen verlieren wir unsere Zeit und unsere Schätze – die beiden wertvollsten Dinge im Leben …“ (Owen Feltham, englischer Schriftsteller von 1602 bis 1668).

1.        Obwohl diese und weitere Gefahren des Glücksspiels allgemein bekannt sind, findet sich in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie)(2) seit jeher eine Steuerbefreiung für Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz. Die Union scheint auf den ersten Blick mehrwertsteuerrechtlich das Glücksspiel fördern zu wollen. Allerdings gilt diese Befreiung nur „unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden“.

2.        Belgien hat sich dafür entschieden, seit dem 1. Juli 2016 Online-Glücksspiele oder Online-Geldspiele, die keine Lotterien sind, nicht mehr von der Mehrwertsteuer zu befreien. Anderes Glücksspiel bleibt hingegen weiterhin mehrwertsteuerbefreit. Diese selektive Befreiung halten Online-Glücksspielanbieter in Belgien für einen Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz. In der ähnlich gelagerten Rechtssache Casino de Spa u. a. (C‑741/22)(3) halten diese die Befreiung der anderen Glücksspielanbieter zudem für eine unerlaubte Beihilfe. Im Ergebnis soll hier unmittelbar aus dem Unionsrecht eine Mehrwertsteuerbefreiung für das Online-Glücksspiel abgeleitet werden. Dies kann nur Erfolg haben, wenn die Mehrwertsteuerrichtlinie insoweit unmittelbar anwendbar ist, mithin sich aus ihr diese Befreiung bereits ergibt.

3.        Auch wenn der Gerichtshof in der Vergangenheit mehrfach mit der unterschiedlichen Besteuerung verschiedener Glücksspielarten im Mehrwertsteuerrecht befasst war,(4) gibt die jüngere Rechtsprechung Anlass, über eine unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie in einer solchen Konstellation (selektive Befreiung einzelner Glücksspielarten) vertieft nachzudenken. Zugleich bietet sich dem Gerichtshof die Möglichkeit, klarzustellen, ob und inwiefern der Neutralitätsgrundsatz einer selektiven Befreiung einzelner Glücksspielarten entgegensteht.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie regelt die Steuerbefreiung des Glücksspiels und lautet wie folgt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

i)       Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden“.

B.      Belgisches Recht

5.        Ursprünglich waren in Belgien auch die Umsätze bei Online-Glücksspielen oder Online-Geldspielen, die keine Lotterien sind, mehrwertsteuerbefreit. Durch die Art. 29 bis 34 des Gesetzes vom 1. Juli 2016 wurde diese Befreiung aufgehoben. Damit wurden diese Umsätze steuerpflichtig, während „klassische“ Glücksspiele sowie alle Lotterien (online wie „analog“) weiterhin von der Steuer befreit blieben.

6.        Der Verfassungsgerichtshof hob die betreffenden Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Juli 2016 jedoch wegen der Verletzung von Zuständigkeitsvorschriften des innerstaatlichen Rechts mit Wirkung zum 21. Mai 2018 auf. Er stellte aber fest, dass die für den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis zum 21. Mai 2018 bereits gezahlten Steuern dennoch einbehalten würden, um den budgetären und administrativen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die deren Rückzahlung verursachen würde.

III. Sachverhalt und Vorabentscheidungsverfahren

7.        Chaudfontaine Loisirs SA (im Folgenden: die Klägerin) betreibt ein sogenanntes Online-Kasino. Sie beantragt in der Hauptsache die Erstattung eines Betrags von 640 478,82 Euro, den sie als Mehrwertsteuer auf vom 1. Juli 2016 bis zum 21. Mai 2018 durchgeführte Online-Spiele und Online-Wetten abgeführt hat.

8.        Mit Entscheidung vom 1. Dezember 2020 lehnte die Verwaltung diesen Antrag ab, da die Voraussetzungen für eine Rückerstattung nicht erfüllt seien. Die Klägerin hat daraufhin beim vorlegenden Gericht Klage erhoben.

9.        Die Klägerin macht geltend, die streitige Mehrwertsteuer sei unter Missachtung des der Mehrwertsteuerrichtlinie zugrunde liegenden Grundsatzes der steuerlichen Neutralität erhoben worden. Ferner bemängelt sie, dass die Wirkungen des für nichtig erklärten Gesetzes für den fraglichen Zeitraum aufrechterhalten worden seien. Der beklagte belgische Staat weist hingegen auf das Ermessen der Mitgliedstaaten hin, bestimmte Kategorien von Spielen von der Steuer zu befreien und andere der Mehrwertsteuer zu unterwerfen. Auch stellten die vom Verfassungsgerichtshof für nichtig erklärten Bestimmungen, deren begrenzte Fortgeltung angeordnet wurde, keine mangelhafte Umsetzung der Mehrwertsteuerrichtlinie dar.

10.      Das für die Klage zuständige Tribunal de première instance de Liège (Gericht Erster Instanz von Lüttich, Belgien) hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV folgende fünf Fragen vorgelegt:

1.      Erlauben Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie und der Grundsatz der steuerlichen Neutralität es einem Mitgliedstaat, von der Inanspruchnahme der in dieser Vorschrift vorgesehenen Steuerbefreiung nur elektronisch erbrachte Glücksspiele mit Geldeinsatz auszuschließen, während nicht elektronisch erbrachte Glücksspiele mit Geldeinsatz von der Mehrwertsteuer befreit bleiben?

2.      Erlauben Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie und der Grundsatz der steuerlichen Neutralität es einem Mitgliedstaat, von der Inanspruchnahme der in dieser Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiung nur elektronisch erbrachte Glücksspiele oder Geldspiele auszunehmen, nicht aber Lotterien, die unabhängig davon, ob sie elektronisch erbracht werden oder nicht, von der Mehrwertsteuer befreit bleiben?

3.      Ist es nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zulässig, dass ein höheres Gericht die Aufrechterhaltung der Wirkungen einer Vorschrift des innerstaatlichen Rechts beschließt, die es wegen eines Verstoßes gegen das innerstaatliche Recht für nichtig erklärt, ohne sich zu dem Verstoß gegen das Unionsrecht zu äußern, der ebenfalls vor ihm geltend gemacht wurde, und somit weder die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Vorschrift des innerstaatlichen Rechts mit dem Recht der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen noch den Gerichtshof nach den Bedingungen zu fragen, unter denen das Gericht die Aufrechterhaltung der Wirkungen dieser Bestimmung trotz ihrer Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht beschließen könnte?

4.      Durfte – falls eine der vorstehenden Fragen verneint wird – der Verfassungsgerichtshof zur Vermeidung von haushalts- und verwaltungstechnischen Schwierigkeiten, die die Rückerstattung bereits gezahlter Steuern verursachen würde, die früheren Wirkungen der Bestimmungen, die er aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit nationalen Regelungen über die Kompetenzverteilung für nichtig erklärt hat, aufrechterhalten, obwohl diese Bestimmungen auch mit der Mehrwertsteuerrichtlinie unvereinbar waren?

5.      Falls die vorstehende Frage verneint wird, kann dem Steuerpflichtigen die Mehrwertsteuer erstattet werden, die er auf die tatsächliche Bruttogewinnspanne der von ihm veranstalteten Spiele und Wetten gezahlt hat, und zwar auf der Grundlage von Bestimmungen, die mit der Mehrwertsteuerrichtlinie und dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität unvereinbar sind?

11.      Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Klägerin, das Königreich Belgien, Portugal, die Tschechische Republik und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung abgesehen.

IV.    Rechtliche Würdigung

12.      Die fünf Vorlagefragen betreffen im Wesentlichen zwei Komplexe.

13.      Da sich die Klägerin im Ausgangsverfahren gegen eine Mehrwertbesteuerung ihrer Dienstleistungen nach nationalem Recht wendet, beziehen sich die Fragen 1, 2 und 5 darauf, ob die Dienstleistungen der Klägerin nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie mehrwertsteuerbefreit sind und der Klägerin deshalb trotz Fortgeltung entgegenstehenden nationalen Rechts die abgeführte unionsrechtswidrige Steuer zu erstatten ist. Dies setzt voraus, dass sich aus der Mehrwertsteuerrichtlinie unmittelbar eine Steuerbefreiung von Online-Glücksspielen ergibt, auf die sich die Klägerin berufen kann (dazu unter B.).

14.      Die Fragen 3 und 4 beziehen sich hingegen darauf, ob der Verfassungsgerichtshof in Belgien ohne vorheriges Vorabentscheidungsersuchen die Fortgeltung des nationalen Rechts anordnen durfte, weswegen die Steuer nach nationalem Recht doch entstanden ist. Dies wirft bereits die Frage nach der Zulässigkeit dieser beiden Vorlagefragen auf (dazu unter A.).

A.      Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen 3 und 4

15.      Die Fragen 3 und 4 sind nur dann im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens zulässig, wenn ihre Beantwortung für den Erlass des Urteils im Ausgangsverfahren erforderlich und erheblich ist.

16.      Grundsätzlich hat allein das innerstaatliche Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist, die Aufgabe, sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen, die es dem Gerichtshof vorlegt. Für Fragen, die die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts betreffen, gilt eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit.(5) Der Gerichtshof kann die Beantwortung daher nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind.(6)

17.      Selbst unter Anwendung der oben genannten Vermutung sind die Fragen 3 und 4 hier unzulässig. Im Ausgangsverfahren geht es um die Erstattung einer möglicherweise unionsrechtswidrig (genauer: richtlinienwidrig) abgeführten Steuer. Das nationale Gesetz wurde, obwohl es aus Gründen des innerstaatlichen Rechts aufzuheben war, für eine bestimmte Zeit ebenfalls aus Gründen des innerstaatlichen Rechts von dem dafür zuständigen nationalen Gericht als fortgeltend festgestellt (Anordnung der zeitlich begrenzten Fortgeltung).

18.      Damit verlangt das nationale Recht eine Besteuerung, die möglicherweise gegen die Mehrwertsteuerrichtlinie verstößt. Ob der Kläger zur Zahlung der bereits abgeführten Mehrwertsteuer für den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis zum 21. Mai 2018 verpflichtet bleibt, ergibt sich mithin allein aus der Auslegung der Mehrwertsteuerrichtlinie (und damit aus der Antwort auf die Fragen 1, 2 und 5). Ob der belgische Verfassungsgerichtshof vor der Anordnung der Fortgeltung den Gerichtshof hätte anrufen können oder gar müssen, ist dafür irrelevant.

19.      Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wieso ein Verstoß eines Gerichts, nämlich des Verfassungsgerichts, gegen Art. 267 AEUV Auswirkungen auf die Entscheidung eines anderen Gerichts haben sollte, welches die entscheidenden unionsrechtlichen Fragen dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Die Unzufriedenheit über das Vorlageverhalten des belgischen Verfassungsgerichtshofs und die daher erbetene Auslegung von Art. 267 AEUV steht folglich mit dem Ausgangsrechtsstreit in keinem Zusammenhang. Mithin sind die Fragen 3 und 4 unzulässig.

20.      Hinzu kommt schließlich, dass das vorlegende Gericht dem Gerichtshof nicht mitteilt, was der belgische Verfassungsgerichtshof wirklich prüfen kann und darf. Sollte seine innerstaatliche Prüfungskompetenz z. B. auf die Einhaltung der innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften beschränkt sein, kommt ein Vorabentscheidungsersuchen kaum in Betracht. Daher verfügt der Gerichtshof auch nicht über die notwendigen Informationen, um einen Verstoß gegen Art. 267 AEUV prüfen zu können. Auch deshalb sind die Fragen 3 und 4 unzulässig. Folglich sind nur die Fragen 1, 2 und 5 zu beantworten.

B.      Zur Steuerbefreiung von Online-Glücksspielen nach der Mehrwertsteuerrichtlinie (Fragen 1, 2 und 5)

21.      Im Ausgangsverfahren wendet sich die Klägerin gegen die Besteuerung ihrer Dienstleistungen im Online-Glücksspiel nach dem (fortgeltenden) nationalen Recht. Dieses scheint eindeutig zu sein und nicht unionsrechtskonform ausgelegt werden zu können. Daher ist die Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie nur entscheidungserheblich, wenn dieser Artikel unmittelbar anwendbar ist (dazu unter 1.). Im Kern ist die Klägerin der Ansicht, dass ihre Dienstleistungen genauso wie die anderen steuerbefreiten Glücksspieldienstleistungen behandelt werden müssten. Dies könnte sich möglicherweise auch aus dem mehrwertsteuerrechtlichen Neutralitätsgrundsatz ergeben (dazu unter 2.).

1.      Unmittelbare Anwendbarkeit der Steuerbefreiungsvorschrift?

22.      Nach ständiger Rechtsprechung kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, gegenüber einem Mitgliedstaat vor dessen Gerichten auf sie berufen, wenn der Mitgliedstaat die Richtlinie nicht fristgemäß oder nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat.(7)

23.      Eine Bestimmung des Unionsrechts ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung begründet, die weder an eine Bedingung geknüpft ist noch zu ihrer Erfüllung oder Wirksamkeit einer Maßnahme der Organe der Europäischen Union oder der Mitgliedstaaten bedarf.(8) Hingegen hat eine Vorschrift einen bedingten Charakter, wenn sie die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften voraussetzt, die den konkreten Umfang der unionsrechtlichen Tatbestandsmerkmale bestimmen.(9) Sie ist hinreichend genau, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt.(10)

24.      Gemessen an dieser ständigen Rechtsprechung ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie weder unbedingt noch hinreichend genau. Er sieht vor, dass Glücksspiele mit Geldeinsatz „unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden“, zu befreien sind. Weder ergibt sich daraus, welche Glücksspiele konkret zu befreien sind, so dass dem Mitgliedstaat nicht mit unzweideutigen Worten eine Verpflichtung auferlegt wird. Im Gegenteil folgt aus dem Wortlaut, dass auch nur einige, bestimmte Glücksspiele mit Geldeinsatz befreit werden können.

25.      Noch ist diese Verpflichtung unbedingt, denn sie ist bereits nach dem klaren Wortlaut von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie an „Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden“, geknüpft. Mithin bedarf die Befreiung von Glücksspielen mit Geldeinsatz zu ihrer Erfüllung oder Wirksamkeit einer Maßnahme der Mitgliedstaaten.

26.      Wohl aus diesem Grund hat der Gerichtshof(11) im Jahre 2010 ausdrücklich entschieden: „Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der [Mehrwertsteuerrichtlinie] ist dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten in Ausübung ihrer Befugnis, Bedingungen und Beschränkungen für die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer festzulegen, gestattet ist, nur bestimmte Glücksspiele mit Geldeinsatz von dieser Steuer zu befreien.“ Diese Auslegung hat er anschließend zweimal bestätigt.(12)

27.      Wenn aber – nach Auslegung des Gerichtshofs – Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie den Mitgliedstaaten erlaubt, nur bestimmte Glücksspiele mit Geldeinsatz zu befreien, dann gilt hier das Gleiche, was der Gerichtshof zu anderen Steuerbefreiungsvorschriften entschieden hat. Sofern danach die Mitgliedstaaten nur bestimmte Dienstleistungen zu befreien hatten (so in Art. 132 Abs. 1 Buchst. n und Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie), sind diese nicht unmittelbar anwendbar.(13)

28.      Denn die Wendung „bestimmte Glücksspiele“ in der Entscheidung des Gerichtshofs(14) weist darauf hin, dass diese Vorschrift die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, allgemein alle Dienstleistungen von der Steuer zu befreien, die Glücksspiele mit Geldeinsatz darstellen.(15) Eine Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten trotz des Wortes „bestimmte“ verpflichtet wären, „alle“ Glücksspiele mit Geldeinsatz von der Steuer zu befreien, wäre geeignet, den sachlichen Anwendungsbereich dieser Befreiung auszudehnen. Dies widerspräche auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach die Steuerbefreiungen in der Mehrwertsteuerrichtlinie eng auszulegen sind.(16)

29.      Gerade die Tatsache, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie den Mitgliedstaaten erlaubt, auch nur „bestimmte“(17) Glücksspiele zu befreien, spricht gegen die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie.(18)

30.      Die einzige (frühere) Entscheidung des Gerichtshofs, die der Vorgängervorschrift in Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie 77/388 hingegen unmittelbare Wirkung zusprach, um die Anwendung mit dieser Bestimmung unvereinbarer innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu verhindern,(19) ist meines Erachtens durch die jüngere Rechtsprechung zur unmittelbaren Wirkung von Mehrwertsteuerbefreiungen(20) und von mehrwertsteuerrechtlichen Wahlrechten(21) sowie durch die Entscheidung des Gerichtshofs aus dem Jahre 2010(22) überholt.

31.      Dies überzeugt auch inhaltlich. Denn mit der Steuerbefreiung des Glücksspiels mit Geldeinsatz in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie ist keine besondere unionsrechtliche Wertung verbunden. Dem Gerichtshof zufolge ist diese Steuerbefreiung lediglich durch praktische Erwägungen veranlasst, da sich Glücksspielumsätze schlecht für die Anwendung der Mehrwertsteuer eignen. Anders als bei bestimmten im sozialen Bereich erbrachten Dienstleistungen von allgemeinem Interesse besteht hier nicht der Wille, diesen Tätigkeiten eine günstigere mehrwertsteuerliche Behandlung zu gewähren.(23) Wahrscheinlicher dürfte sein, dass diese Befreiung einen Kompromiss der damaligen sechs Mitgliedstaaten widerspiegelt, die schon damals teilweise besondere Glücksspielgesetze kannten und daher einzelne Glücksspiele besteuerten. Mit der Befreiung nach Maßgabe der Bedingungen und Beschränkungen der Mitgliedstaaten konnten diese ihre Glücksspielgesetze beibehalten und eine Doppelbesteuerung mit Mehrwertsteuer vermeiden.

32.      Jedenfalls ist kein Grund ersichtlich, warum eine solche Steuerbefreiung aus rein technischen Gründen (unpraktische Erhebung bzw. Vermeidung von Doppelbesteuerung) nach Maßgabe der Bedingungen und Beschränkungen der einzelnen Mitgliedstaaten unmittelbare Wirkung entfalten können sollte. Für eine besonders extensive Annahme einer unmittelbaren Wirkung dieser Steuerbefreiung besteht daher keinerlei Bedarf. Es bleibt damit dabei, dass diese Steuerbefreiung nicht unmittelbar anwendbar ist.

33.      Wenn sich aber die Klägerin hier ohnehin nicht unmittelbar auf die Steuerbefreiung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie berufen kann, dann müssen die Fragen 1, 2 und 5 auch nicht beantwortet werden. Es obliegt dann der Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien einzuleiten, wenn sie meint, dass die Besteuerung der Klägerin (und anderer Online-Glücksspielbetreiber) gegen die Mehrwertsteuerrichtlinie verstößt. Aus der Stellungnahme der Kommission ergeben sich solche Bedenken jedoch nicht.

2.      Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz?

34.      Auch der Grundsatz der steuerrechtlichen Neutralität hilft der Klägerin hier nicht weiter. Ein Mitgliedstaat muss zwar auch bei der Ausübung ihm obliegender Wahlrechte bzw. seines Ermessens den Grundsatz der steuerrechtlichen Neutralität beachten.(24) Dies kann aber zum einen nicht dazu führen, dass eine nicht ausreichend präzise oder eine bedingt formulierte Richtlinienvorschrift unmittelbar anwendbar wird. Zum anderen lässt dieser Grundsatz es „lediglich“ nicht zu, gleichartige Gegenstände oder Dienstleistungen, die miteinander in Wettbewerb stehen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.(25)

35.      Gegenstände oder Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach einem Kriterium der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben Bedürfnissen dienen. Darüber hinaus dürfen die bestehenden Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers zwischen diesen Gegenständen oder Dienstleistungen nicht erheblich beeinflussen,(26) mithin müssen diese Umsätze für ihn austauschbar sein.(27) Die Beurteilung der Gleichartigkeit von Gegenständen oder Dienstleistungen aus der Perspektive eines Endverbrauchers beinhaltet naturgemäß einen gewissen Entscheidungsspielraum.

36.      Dem Unionsgesetzgeber gesteht der Gerichtshof im Zusammenhang mit dem Erlass steuerrechtlicher Maßnahmen zu, dass er Entscheidungen politischer, wirtschaftlicher und sozialer Art treffen, divergierende Interessen in eine Rangfolge bringen oder komplexe Beurteilungen vornehmen müsse. Infolgedessen ist ihm ein weites Ermessen zuzuerkennen, so dass sich die gerichtliche Kontrolle auf offensichtliche Fehler beschränken müsse.(28) Insbesondere könne der Gerichtshof die Beurteilung des Unionsgesetzgebers nicht durch seine eigene ersetzen.(29)

37.      Unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt Gleiches für die Kontrolle des Ermessens der nationalen Gesetzgeber. So betont der Gerichtshof zunehmend, dass die Union aus Staaten besteht, die die in Art. 2 EUV genannten Werte achten und teilen.(30) Zu den in Art. 2 EUV genannten Werten, auf die sich die Union gründet, gehört insbesondere das Demokratieprinzip. Danach ist primär der demokratisch legitimierte Gesetzgeber für die Ausfüllung gesetzgeberischer Entscheidungsspielräume zuständig.

38.      Gewährt das Unionsrecht daher einem Mitgliedstaat einen solchen Spielraum, ist dafür vorrangig das gewählte Parlament dieses Mitgliedstaates zuständig. Folglich sind andere Organe bei der Überprüfung dieses parlamentarischen Entscheidungsspielraums per se beschränkt. Sie können nicht ihre eigene Auffassung von der Gleichartigkeit der Gegenstände oder Dienstleistungen an die Stelle des dazu demokratisch legitimierten Organs setzen. Dies gilt für nationale Gerichte ebenso wie für Unionsgerichte.

39.      Insofern kann auch der Gerichtshof eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes durch einen demokratisch legitimierten Gesetzgeber in der Regel nur feststellen, wenn dieser seinen Entscheidungsspielraum offensichtlich überschritten hat. Dies ist aber erst der Fall, wenn aus Perspektive des Durchschnittsverbrauchers die unterschiedlich besteuerten Dienstleistungen oder Lieferungen nahezu identisch sind, so dass sie ohne Weiteres – wie auch die Kommission vorträgt – substituiert(31) werden könnten. Nur dann besteht auch eine Verzerrung des Wettbewerbs der Anbieter dieser Dienstleistungen oder Lieferungen untereinander, die mit dem Neutralitätsprinzip nicht mehr vereinbar ist.

40.      Aus diesem Grund hat sich der Gerichtshof bislang grundsätzlich zurückgehalten, eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes festzustellen, wenn z. B. die Mitgliedstaaten nur frische Backwaren (nicht solche, die ein bestimmtes Mindesthaltbarkeitsdatum überschreiten(32)), nur Schausteller auf mobilen Jahrmärkten (und nicht stationäre Vergnügungsparks(33)), nicht alle Arzneimittel (sondern nur bestimmte, auch in Abhängigkeit zu ihrer Verwendung(34)), nur Taxis (nicht aber alle Personenbeförderungen mit Pkws(35)), oder nur gedruckte Bücher (nicht Bücher auf anderen physischen Trägermedien(36)) ermäßigt besteuern oder befreien.

41.      Unter Berücksichtigung dieser eingeschränkten Überprüfungsbefugnis des Gerichtshofs liegt hier keine offensichtliche Überschreitung des gesetzgeberischen Entscheidungsspielraums vor. Die unterschiedlich besteuerten Dienstleistungen (Online-Glücksspiele oder Online-Geldspiele, die keine Lotterien sind, einerseits und „analoges“ Glücksspiel bzw. Online-Lotterien andererseits) unterscheiden sich – anders als die Klägerin meint – aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers in mehreren Punkten.

42.      So unterscheidet sich Online-Glücksspiel vom „analogen“ Glücksspiel sowohl durch den Ort (jederzeit und überall versus bestimmte Lokalitäten); den Aufwand, ein solches zu beginnen (kein Aufwand, da jederzeit und überall per Smartphone möglich versus physische Bewegung zu einem bestimmten Ort nötig); die fehlende „soziale Kontrolle“ eines im privaten Bereich jederzeit möglichen Glücksspiels; das Suchtpotenzial bzw. die Gefährlichkeit eines jederzeit verfügbaren und leicht zugänglichen Glücksspiels und auch die Art und Weise des Spiels (Klick auf dem Computer versus physische Aktion am Automaten oder gar Interaktion mit einer Person [z. B. einem Croupier] vor Ort). Der Besuch eines „analogen“ Kasinos kann eher als ein „Erlebnis“, der „Besuch“ einer Website („Online-Kasino“) eher als „Spielen im Internet“ bezeichnet werden.

43.      Das alleinige Abstellen auf den Inhalt der Leistung (hier die Befriedigung eines Spielbedürfnisses) hilft daher nicht weiter. Es sind vielmehr auch die äußeren faktischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in die Sicht eines Durchschnittsverbrauchers einzubeziehen.(37) Gleiches gilt für etwaige Lenkungsziele, die ein parlamentarischer Gesetzgeber möglicherweise mit der Differenzierung verfolgt. Der Grundsatz der mehrwertsteuerrechtlichen Neutralität verbietet keine sachlich begründeten Differenzierungen.

44.      Dass das Medium (online versus „analog“) ein aus Sicht des Unionsgesetzgebers beachtliches Differenzierungskriterium ist, zeigen im Übrigen schon die Regelungen der Mehrwertsteuerrichtlinie, die teilweise auch danach differenzieren, ob eine Dienstleistung auf elektronischem Wege erbracht wird (vgl. nur den Ort der Besteuerung [Sonderregelung in Art. 58 der Mehrwertsteuerrichtlinie] oder den Steuersatz [Art. 98 Abs. 3 der Mehrwertsteuerrichtlinie schließt bestimmte ermäßigte Steuersätze für elektronisch erbrachte Dienstleistungen aus]). All dies wäre entbehrlich, wenn elektronische und „analoge“ Umsätze ohne Weiteres austauschbar wären.

45.      Folglich ist es nicht ausreichend, dass unterschiedliche Arten eines Glücksspiels ein vergleichbares Spielbedürfnis (oder auch eine vergleichbare Spielsucht) befriedigen, um bereits einen Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz anzunehmen. Es ist auch nicht ausreichend, dass der ein oder andere Verbraucher von der einen Glücksspielart zur anderen wechselt, so dass ein gewisser Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Anbietern nicht ausgeschlossen werden kann. Entscheidend ist, ob nach Ansicht des Gesetzgebers beide Dienstleistungen (offensichtlich) für einen durchschnittlichen Verbraucher austauschbar sind.

46.      Aufgrund der anderen Umstände der Nutzung der Dienstleistungen und der damit verbundenen unterschiedlichen Risiken des Glücksspiels kann daher – wie die Kommission, die Tschechische Republik, Portugal und Belgien übereinstimmend vortragen – „online“ und „analoges“ Glücksspiel auch unterschiedlich besteuert werden.

47.      Auch die Unterscheidung in Belgien zwischen Online-Lotterien und sonstigem Online-Glücksspiel mit Geldeinsatz ist nicht zu beanstanden. Lotterien sind eine besondere Art des Glückspiels, welches üblicherweise nach einem bestimmten Spielplan gegen einen festgelegten Einsatz mit der Aussicht auf bestimmte Geld- oder Sachgewinne veranstaltet wird. Sein Ausgang beruht auf dem Zufall und wird zumeist öffentlich bekannt gegeben. Bei dieser Art von Glücksspiel beschränkt sich die Aktivität – wie die Kommission zutreffend betont – auf den Kauf eines Loses und unterscheidet sich bereits insofern von den übrigen Online-Glücksspielen, die auf wiederholte Aktivitäten des Spielers angelegt sind, der sofort von seinem Glück (häufiger wohl von seinem Unglück) erfährt und darauf spontan reagiert. Wie Belgien vorträgt, fehlt hier das spielerische Element. Ebenso bestehen Unterschiede bei den Mindest- und Höchsteinsätzen, den Gewinnen und Gewinnchancen.(38)

48.      Im Übrigen zeigt die Geschichte der Lotterie und zeigen auch einige (historische) Steuergesetze der Mitgliedstaaten eine traditionelle Trennung zwischen Lotterien und anderen Glücksspielarten.(39) Das indiziert, dass für einen Durchschnittsverbraucher eine Lotterie wohl schon immer etwas anderes als das Glücksspiel im Kasino oder am Automaten war. Daher kann kaum behauptet werden, dass Online-Lotterien und sonstiges Online-Glücksspiel aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers austauschbar sind. Ein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz ist insofern ebenfalls nicht ersichtlich.

3.      Zwischenergebnis

49.      Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie ist nicht unmittelbar anwendbar. Selbst wenn Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie unmittelbar anwendbar wäre, läge in der Differenzierung Belgiens zwischen elektronisch erbrachten Glücksspielen mit Geldeinsatz und nicht elektronisch erbrachten Glücksspielen mit Geldeinsatz kein Verstoß gegen den Grundsatz der mehrwertsteuerrechtlichen Neutralität. Gleiches gilt für die Differenzierung zwischen elektronisch erbrachten Glücksspielen mit Geldeinsatz und elektronisch durchgeführten Lotterien. Mangels Unionsrechtswidrigkeit verlangt das Unionsrecht daher auch nicht, dass die nach nationalem Recht geschuldete Mehrwertsteuer der Klägerin erstattet werden muss.

V.      Ergebnis

50.      Somit schlage ich vor, auf die Vorlagefragen des Tribunal de première instance de Liège (Gericht Erster Instanz von Lüttich, Belgien) zu antworten:

1.      Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie ist nicht unmittelbar anwendbar. Er ist weder unbedingt noch hinreichend genau.

2.      Der Grundsatz der mehrwertsteuerrechtlichen Neutralität steht einer Differenzierung zwischen elektronisch erbrachten Glücksspielen mit Geldeinsatz und nicht elektronisch erbrachten Glücksspielen mit Geldeinsatz nicht entgegen. Vielmehr bestehen dafür und für die Differenzierung zwischen elektronisch erbrachten Glücksspielen mit Geldeinsatz und elektronisch durchgeführten Lotterien sachliche Gründe.


1      Originalsprache: Deutsch.


2      Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der für die Streitjahre (2016 bis 2018) jeweils geltenden Fassung.


3      Siehe dazu meine Schlussanträge vom selben Tag.


4      Siehe nur: Urteile vom 24. Oktober 2013, Metropol Spielstätten (C‑440/12, EU:C:2013:687), vom 14. Juli 2011, Henfling, Davin, Tanghe (C‑464/10, EU:C:2011:489), vom 10. November 2011, Rank Group (C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719), vom 10. Juni 2010, Leo-Libera (C‑58/09, EU:C:2010:333), vom 13. Juli 2006, United Utilities (C‑89/05, EU:C:2006:469), vom 17. Februar 2005, Linneweber und Akritidis (C‑453/02 und C‑462/02, EU:C:2005:92), und vom 11. Juni 1998, Fischer (C‑283/95, EU:C:1998:276).


5      Vgl. Urteile vom 6. Oktober 2021, Sumal (C‑882/19, EU:C:2021:800, Rn. 27 und 28), und vom 9. Juli 2020, Santen (C‑673/18, EU:C:2020:531, Rn. 26 und 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


6      Vgl. Urteile vom 6. Oktober 2021, Sumal (C‑882/19, EU:C:2021:800, Rn. 28), und vom 9. Juli 2020, Santen (C‑673/18, EU:C:2020:531, Rn. 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


7      Urteile vom 10. Dezember 2020, Golfclub Schloss Igling (C‑488/18, EU:C:2020:1013, Rn. 26), und vom 15. Februar 2017, British Film Institute (C592/15, EU:C:2017:117, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).


8      Urteile vom 10. Dezember 2020, Golfclub Schloss Igling (C‑488/18, EU:C:2020:1013, Rn. 27), und vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (C108/14 und C109/14, EU:C:2015:496, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).


9      So ausdrücklich: Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (C108/14 und C109/14, EU:C:2015:496, Rn. 50).


10      Urteile vom 10. Dezember 2020, Golfclub Schloss Igling (C‑488/18, EU:C:2020:1013, Rn. 28), und vom 1. Juli 2010, Gassmayr (C194/08, EU:C:2010:386, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11      Urteil vom 10. Juni 2010, Leo-Libera (C‑58/09, EU:C:2010:333, Tenor).


12      Urteil vom 24. Oktober 2013, Metropol Spielstätten (C‑440/12, EU:C:2013:687, Rn. 29), ebenso schon Urteil vom 10. November 2011, Rank Group (C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719, Rn. 53).


13      Urteile vom 10. Dezember 2020, Golfclub Schloss Igling (C‑488/18, EU:C:2020:1013), und vom 15. Februar 2017, British Film Institute (C592/15, EU:C:2017:117).


14      Urteil vom 10. Juni 2010, Leo-Libera (C‑58/09, EU:C:2010:333, Tenor).


15      In diesem Sinne Urteile vom 10. Dezember 2020, Golfclub Schloss Igling (C‑488/18, EU:C:2020:1013, Rn. 30)


16      In diesem Sinne Urteile vom 10. Dezember 2020, Golfclub Schloss Igling (C‑488/18, EU:C:2020:1013, Rn. 34), und vom 15. Februar 2017, British Film Institute (C592/15, EU:C:2017:117, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 21. März 2013, PFC Clinic (C‑91/12, EU:C:2013:198, Rn. 23).


17      Urteil vom 10. Juni 2010, Leo-Libera (C‑58/09, EU:C:2010:333, Tenor).


18      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Dezember 2020, Golfclub Schloss Igling (C‑488/18, EU:C:2020:1013, Rn. 36), und vom 15. Februar 2017, British Film Institute (C592/15, EU:C:2017:117, Rn. 14, 16, 23 und 24).


19      Urteil vom 17. Februar 2005, Linneweber und Akritidis (C‑453/02 und C‑462/02, EU:C:2005:92, Tenor 2). In ähnliche Richtung, wenngleich nicht im Tenor, geht das Urteil vom 10. November 2011, Rank Group (C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719, Rn. 68 und 69), wobei es dort weniger um das Berufen des Steuerpflichtigen auf eine Regelung einer Richtlinie, sondern mehr um das Nichtberufen des Mitgliedstaates auf sein anderslautendes nationales Recht ging. Ob dies wirklich eine Frage des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ist und von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur (ausnahmsweisen) unmittelbaren Wirkung von Richtlinien zugunsten des Einzelnen erfasst wird, ist jedoch eher fraglich.


20      Urteile vom 10. Dezember 2020, Golfclub Schloss Igling (C‑488/18, EU:C:2020:1013, Tenor 1), und vom 15. Februar 2017, British Film Institute (C592/15, EU:C:2017:117, Tenor).


21      Zum Wahlrecht der Mitgliedstaaten in Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie, mehrere Steuerpflichtige als einen Steuerpflichtigen zu behandeln – Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (C108/14 und C109/14, EU:C:2015:496, Tenor 3).


22      Urteil vom 10. Juni 2010, Leo-Libera (C‑58/09, EU:C:2010:333, Tenor), bestätigt durch Urteile vom 24. Oktober 2013, Metropol Spielstätten (C‑440/12, EU:C:2013:687, Rn. 29.), und vom 10. November 2011, Rank Group (C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719, Rn. 53).


23      Urteile vom 10. November 2011, Rank Group (C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719, Rn. 39), vom 14. Juli 2011, Henfling, Davin, Tanghe (C‑464/10, EU:C:2011:489, Rn. 29), vom 10. Juni 2010, Leo-Libera (C‑58/09, EU:C:2010:333, Rn. 24), und vom 13. Juli 2006, United Utilities (C‑89/05, EU:C:2006:469, Rn. 23).


24      Urteile vom 9. September 2021, Phantasialand (C‑406/20, EU:C:2021:720, Rn. 36), vom 27. Juni 2019, Belgisch Syndicaat van Chiropraxie u. a. (C‑597/17, EU:C:2019:544, Rn. 46), und vom 9. März 2017, Oxycure Belgium (C‑573/15, EU:C:2017:189, Rn. 28).


25      Urteile vom 19. Dezember 2019, Segler-Vereinigung Cuxhaven (C‑715/18, EU:C:2019:1138, Rn. 36), vom 27. Juni 2019, Belgisch Syndicaat van Chiropraxie u. a. (C‑597/17, EU:C:2019:544, Rn. 47), vom 9. März 2017, Oxycure Belgium (C‑573/15, EU:C:2017:189, Rn. 30), vom 10. November 2011, Rank Group (C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719, Rn. 32), und vom 6. Mai 2010, Kommission/Frankreich (C‑94/09, EU:C:2010:253, Rn. 40).


26      Urteile vom 3. Februar 2022, Finanzamt A (C‑515/20, EU:C:2022:73, Rn. 44), vom 9. September 2021, Phantasialand (C‑406/20, EU:C:2021:720, Rn. 38), vom 27. Juni 2019, Belgisch Syndicaat van Chiropraxie u. a. (C‑597/17, EU:C:2019:544, Rn. 48), vom 9. November 2017, AZ (C‑499/16, EU:C:2017:846, Rn. 31), und vom 27. Februar 2014, Pro Med Logistik und Pongratz (C‑454/12 und C‑455/12, EU:C:2014:111, Rn. 54).


27      So ausdrücklich Urteil vom 9. September 2021, Phantasialand (C‑406/20, EU:C:2021:720, Rn. 39). Das Urteil vom 9. November 2017, AZ (C‑499/16, EU:C:2017:846, Rn. 33), spricht von gegenseitig ersetzbar.


28      Urteil vom 7. März 2017, RPO (C‑390/15, EU:C:2017:174, Rn. 54). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 123), und vom 17. Oktober 2013, Billerud Karlsborg und Billerud Skärblacka (C‑203/12, EU:C:2013:664, Rn. 35).


29      So ausdrücklich noch Urteil vom 17. Oktober 2013, Billerud Karlsborg und Billerud Skärblacka (C‑203/12, EU:C:2013:664, Rn. 35).


30      Urteile vom 24. Juni 2019, Kommission/Polen (Unabhängigkeit des Obersten Gerichts) (C‑619/18, EU:C:2019:531, Rn. 42 und 43), vom 10. Dezember 2018, Wightman u. a. (C‑621/18, EU:C:2018:999, Rn. 63), und vom 25. Juli 2018, Minister for Justice and Equality (Mängel des Justizsystems) (C‑216/18 PPU, EU:C:2018:586, Rn. 35). Zur Berücksichtigung des Demokratieprinzips bei der Auslegung von Richtlinien siehe auch Urteil vom 9. März 2010, Kommission/Deutschland (C‑518/07, EU:C:2010:125, Rn. 41).


31      Urteil vom 9. September 2021, Phantasialand (C‑406/20, EU:C:2021:720, Rn. 39: „Mit anderen Worten ist zu prüfen, ob die fraglichen Gegenstände oder Dienstleistungen aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers austauschbar sind“).


32      Urteil vom 9. November 2017, AZ (C‑499/16, EU:C:2017:846, Rn. 36).


33      Urteil vom 9. September 2021, Phantasialand (C‑406/20, EU:C:2021:720, Rn. 48).


34      Urteil vom 27. Juni 2019, Belgisch Syndicaat van Chiropraxie u. a. (C‑597/17, EU:C:2019:544, Rn. 49).


35      Urteil vom 27. Februar 2014, Pro Med Logistik und Pongratz (C‑454/12 und C‑455/12, EU:C:2014:111, Rn. 60).


36      Urteil vom 11. September 2014, K (C‑219/13, EU:C:2014:2207, Rn. 34).


37      Insoweit möglicherweise anders: Urteil vom 10. November 2011, Rank Group (C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719, Rn. 47 ff., aber ohne nähere Begründung). Allerdings ging es dort auch nicht um die Unterscheidung von Online- und Offline-Aktivitäten, was auch die Kommission zutreffend hervorhebt.


38      Dass dies relevante Faktoren sind, hat der Gerichtshof bereits erläutert: Urteil vom 10. November 2011, Rank Group (C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719, Rn. 57 und 58).


39      So z. B. in Deutschland das Rennwett- und Lotteriegesetz, welches in den §§ 26 ff. spezielle Regelungen zur Besteuerung von öffentlichen Lotterien und Ausspielungen enthält. In Österreich enthält das Glücksspielgesetz in den §§ 6 bis 12a ebenfalls spezielle Regelungen für Lotterien. Frankreich besteuert Lottoziehungen ebenfalls anders als Pferdewetten oder Kasinos.