Language of document : ECLI:EU:T:2020:100

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

12. März 2020(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke KinGirls – Ältere deutsche Wortmarke King – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑85/19

Gwo Chyang Biotech Co. Ltd mit Sitz in Tainan City (Taiwan), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Kakoures,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch W. Schramek, A. Söder und D. Hanf als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG mit Sitz in Nürnberg (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 12. Dezember 2018 (Sache R 718/2018‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG und Gwo Chyang Biotech

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos sowie der Richter V. Valančius (Berichterstatter) und L. Truchot,

Kanzler: A. Juhász-Tóth, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 14. Februar 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 17. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 26. Februar 2016 meldete die Klägerin, die Gwo Chyang Biotech Co. Ltd, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 35 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Kosmetische Masken; Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege; Kosmetika; Make‑up; Körperpflegemittel; Trockenshampoos; ätherische Öle; Haarspülungen; Jasminöl; Lotionen für kosmetische Zwecke; Eau de Toilette; Öle für Körper- und Schönheitspflege; Öle für kosmetische Zwecke; Parfümeriewaren; Parfüms; Shampoos“;

–        Klasse 35, u. a.: „Vorführung von Waren für Werbezwecke; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel“.

4        Die Markenanmeldung wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 66/2016 vom 11. April 2016 veröffentlicht.

5        Am 11. Juli 2016 erhob die Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Anmeldung der Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch wurde auf folgende ältere Rechte gestützt:

–        die deutsche Wortmarke King, die für folgende Waren der Klasse 3 am 30. November 1955 unter der Nr. 684917 eingetragen und bis zum 31. Oktober 2020 verlängert wurde: „Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle, Bleichmittel, Stärke und Stärkeerzeugnisse für Waschzwecke, Farbzusätze zur Wäsche, Schleifmittel“;

–        die internationale Registrierung Nr. 270159 der nachfolgend wiedergegebenen Bildmarke mit Wirkung in Österreich, der Tschechischen Republik und Frankreich zur Kennzeichnung u. a. folgender Waren der Klasse 3: „Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, ätherische Öle“

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7        Der Widerspruch wurde auf das relative Eintragungshindernis in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) gestützt.

8        Am 8. Februar 2017 beantragte die Klägerin nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 47 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2017/1001), die Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. möge die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachweisen. Diese kam der Aufforderung des EUIPO innerhalb der festgesetzten Frist nach.

9        Am 23. Februar 2018 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück.


10      Am 18. April 2018 legte die Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. beim EUIPO gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 ein.

11      Mit Entscheidung vom 12. Dezember 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde teilweise statt. Sie stellte erstens fest, dass der Benutzungsnachweis der älteren deutschen Marke für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege in Klasse 3 erbracht worden sei. Zweitens kam sie zu dem Ergebnis, dass Deutschland das maßgebliche Gebiet sei und dass sich die Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 35 an die Allgemeinheit der Verbraucher sowie an Fachkreise der Werbebranche richteten. Drittens bestehe zwischen den von der angemeldeten Marke erfassten Waren in Klasse 3 und den Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege, für die der Benutzungsnachweis der älteren Marke erbracht worden sei, Identität oder Ähnlichkeit. Dagegen unterschieden sich die von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen in Klasse 35 von den von der älteren Marke erfassten Waren in Klasse 3. Viertens bestehe zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen in schriftbildlicher Hinsicht eine durchschnittliche und in klanglicher Hinsicht eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit. Zudem bestehe, soweit der deutsche Verbraucher in der angemeldeten Marke eine Kombination der Begriffe „King“ und „Girls“ erkenne, eine begriffliche Ähnlichkeit mit der älteren Marke. Fünftens bestehe bei den von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 3 für die maßgebenden Verkehrskreise Verwechslungsgefahr. Daher hob die Beschwerdekammer zum einen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf, soweit der Widerspruch für die Waren der Klasse 3 zurückgewiesen worden war. Zum anderen wies sie die Unionsmarkenanmeldung für die Waren der Klasse 3 zurück. In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 entschied die Beschwerdekammer dagegen, dass die angemeldete Marke für sie eingetragen werden könne, da keine Verwechslungsgefahr bestehe.

 Anträge der Parteien

12      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung insoweit aufzuheben, als mit ihr dem Widerspruch für die Waren in Klasse 3 stattgegeben wurde;

–        den Widerspruch vollumfänglich zurückzuweisen;

–        dem EUIPO und der Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. die Kosten des Widerspruchsverfahrens, des Verfahrens vor der Beschwerdekammer und des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.


13      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Die Klägerin führt als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 an.

15      Sie macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht festgestellt, dass eine Verwechslungsgefahr vorliege, obwohl sich die einander gegenüberstehenden Zeichen in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht unterschieden. Das Wort „King“ werde in der deutschen Sprache im lobenden Sinne verwendet, und es werde in anderen Drittmarken verwendet, so dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke geschwächt sei. Die bloße Recherche im Register des EUIPO habe 281 Eintragungen für Waren der Klasse 3 ergeben, die den Bestandteil „King“ enthielten.

16      Selbst wenn man der Auffassung folgen würde, dass der Begriff „Girls“ in der Anmeldemarke einen beschreibenden Anklang für einen Teil der von der Anmeldung erfassten Waren aufweise, indem er einen Hinweis auf die Verbraucher gebe, für die die Waren bestimmt seien, habe die Beschwerdekammer diesen Begriff zudem bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht hinreichend berücksichtigt.

17      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

18      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Die Verwechslungsgefahr schließt die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Des Weiteren versteht man unter älteren Marken nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung 2017/1001 in einem Mitgliedstaat eingetragene Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.


19      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Die Verwechslungsgefahr ist nach dieser Rechtsprechung umfassend, gemäß der Wahrnehmung der Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer dem auf die ältere Marke gestützten Widerspruch für die Waren in Klasse 3 zu Recht mit der Begründung teilweise stattgegeben hat, dass eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 bestehe.

21      Was erstens die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise und des Grades ihrer Aufmerksamkeit betrifft, so ist die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgegangen, dass es sich dabei für die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren der Klasse 3 um die Allgemeinheit der Verbraucher in Deutschland handelt, die eine durchschnittliche Aufmerksamkeit aufweisen. Es handelt sich bei diesen Waren nämlich um Körperpflegemittel des täglichen Bedarfs, die sowohl für Frauen als auch für Männer bestimmt sind, und die ältere Marke, auf die bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr abzustellen ist, ist eine in Deutschland eingetragene Marke.

22      Zweitens ist hinsichtlich des Warenvergleichs der Beschwerdekammer beizupflichten, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren der Klasse 3 identisch sind oder einander ähneln.

23      Drittens ist in Bezug auf den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen der Beschwerdekammer beizupflichten, dass eine durchschnittliche schriftbildliche Ähnlichkeit vorliegt. Zwar folgt in der angemeldeten Marke auf die Buchstabenfolge „Kin“ die Buchstabenfolge „Girls“, während die ältere Marke ausschließlich aus dem Element „King“ besteht. Außerdem wird der Buchstabe „G“ nicht notwendigerweise von der Gesamtheit der maßgeblichen Verkehrskreise als Buchstabe aufgefasst werden, der innerhalb der angemeldeten Marke das Wort „King“ bildet. Eine Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken ergibt sich jedoch aus der Abfolge der Buchstaben „Kin“ in jeder dieser Marken oder auch – für den Teil der relevanten Verkehrskreise, der das Wort „King“ in der angemeldeten Marke wahrnimmt – aus der Buchstabenfolge „King“. Ferner stehen die vier Buchstaben, aus denen die ältere Marke besteht, in derselben Reihenfolge am Anfang der angemeldeten Marke und stellen die Hälfte der Buchstaben dar, aus denen diese Marke besteht.

24      Zum klanglichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen macht die Klägerin geltend, zwischen ihnen bestehe keinerlei Ähnlichkeit. Die beiden einander gegenüberstehenden Marken seien durch eine unterschiedliche Betonung gekennzeichnet, und bei der Aussprache des Wortes „King“ sei der Konsonant „n“ kaum wahrnehmbar, während er bei der Aussprache von „Kin“ sogar betont werde. In Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer ist jedoch festzustellen, dass sich aus der Silbe „Kin“ in der angemeldeten Marke KinGirls, der Silbe „King“ in der älteren Marke King und der Position des Elements „Girls“ am Ende der angemeldeten Marke eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit dieser Zeichen ergibt.

25      Zum begrifflichen Vergleich hat die Beschwerdekammer in den Rn. 35 und 38 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass das aufgrund der Großschreibung deutlich wahrnehmbare Element „Girls“ vom deutschen Verbraucher als „Mädchen“ verstanden wird, da es zum englischen Grundwortschatz gehört. Die Klägerin bringt zutreffend vor, dass das Wort „kin“ im Englischen eine Bedeutung besitze, und zwar „Verwandtschaft, Sippe, Familie“. Sie hat jedoch nicht dargetan, dass das Wort „kin“ zum englischen Grundwortschatz gehört, der vom deutschen Verbraucher leicht verstanden werden kann. Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht angenommen, dass die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit keine Bedeutung habe.

26      Da die Kontraktion von Binnenbuchstaben eine in der Werbung übliche Praxis darstellt, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der deutsche Verbraucher die Anmeldemarke als Kontraktion der Wörter „King“ und „Girls“ wahrnimmt. Wie die Beschwerdekammer, ohne dass die Klägerin dem entgegengetreten wäre, in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Wort „King“ um ein englisches Wort, das der deutsche Verbraucher ohne Weiteres als „König“ versteht. Außerdem wird der Begriff „King“ in Deutschland in der Werbung auch im lobenden Sinne von „der Beste in einem Bereich“ verwendet und kann als Anpreisung der Qualität der fraglichen Waren verstanden werden. Dagegen wird der Bestandteil „Girls“ vom deutschen Verbraucher dahin verstanden, dass er „Mädchen“ bedeutet (siehe oben, Rn. 25).

27      Hieraus folgt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen für den deutschen Verbraucher aufgrund des in der angemeldeten Marke enthaltenen Bestandteils „Girls“ in begrifflicher Hinsicht Unterschiede aufweisen.

28      Unter den Umständen des vorliegenden Falles ist die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgegangen, dass angesichts der Identität und Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren, der durchschnittlichen schriftbildlichen und der überdurchschnittlichen klanglichen Ähnlichkeit sowie der durchschnittlichen Aufmerksamkeit der Verbraucher trotz der schwachen Kennzeichnungskraft der älteren Marke für das maßgebliche Publikum eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 besteht. Hinzu kommt, dass die begrifflichen Unterschiede zwischen den Bestandteilen „Girls“ und „King“ nicht ausreichen, um die festgestellten schriftbildlichen und klanglichen Ähnlichkeiten zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zu neutralisieren, wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat.

29      Das übrige Vorbringen der Klägerin vermag diese Feststellungen nicht in Frage zu stellen.

30      Erstens bringt die Klägerin Argumente in Bezug auf die Kennzeichnungskraft der älteren Marke vor.

31      Insoweit führt sie in der Klageschrift zunächst aus, die Beschwerdekammer sei zu Recht davon ausgegangen, dass das Wort „King“ in der deutschen Sprache im Werbekontext im lobenden Sinne von „der Beste in einem Bereich“ verwendet werde und dass die ältere Marke daher für die hier in Rede stehenden Mittel zur Körper- und Schönheitspflege in ihrer Kennzeichnungskraft geschwächt sei.

32      Sodann ist zum Vorbringen der Klägerin, die sehr geringe Kennzeichnungskraft der älteren Marke ergebe sich daraus, dass 281 Unionsmarken das Wort „King“ enthielten, festzustellen, dass die Anerkennung einer schwachen Kennzeichnungskraft der älteren Marke der Feststellung einer Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken nicht entgegensteht. Denn die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist zwar bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen (Urteil vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 24), doch stellt sie nur einen der dabei relevanten Faktoren dar. Selbst bei einer älteren Marke mit schwacher Kennzeichnungskraft kann daher eine Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen sowie der erfassten Waren oder Dienstleistungen (Urteile vom 16. März 2005, L’Oréal/HABM – Revlon [FLEXI AIR], T‑112/03, EU:T:2005:102, Rn. 61, vom 15. März 2006, Athinaiki Oikogeniaki Artopoiia/HABM – Ferrero [FERRÓ], T‑35/04, EU:T:2006:82, Rn. 69, und vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, EU:T:2007:387, Rn. 70). Wie sich aus der obigen Rn. 28 ergibt, ist die Beschwerdekammer aber zutreffend davon ausgegangen, dass trotz der geringen Kennzeichnungskraft der älteren Marke eine Verwechslungsgefahr für das maßgebliche deutsche Publikum besteht.

33      Darüber hinaus ist – sollte die Klägerin geltend machen wollen, dass der älteren Marke jede Unterscheidungskraft fehle, wie es einige Passagen der Klageschrift nahelegen – darauf hinzuweisen, dass die Gültigkeit einer nationalen Marke, im vorliegenden Fall der älteren Marke, nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Eintragung einer Unionsmarke in Frage gestellt werden kann, sondern nur im Rahmen eines im betreffenden Mitgliedstaat angestrengten Nichtigkeitsverfahrens (vgl. Urteil vom 24. Mai 2012, Formula One Licensing/HABM, C‑196/11 P, EU:C:2012:314, Rn. 38 und 39 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Schließlich ist das auf das Urteil vom 8. Dezember 2015, Compagnie générale des établissements Michelin/HABM – Continental Reifen Deutschland (XKING) (T‑525/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:944), gestützte Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Fall unerheblich. In der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, handelte es sich bei der angemeldeten Marke nämlich um die Bildmarke XKING und bei der Widerspruchsmarke um die Bildmarke X. In dieser Rechtssache enthielt somit nur eines der einander gegenüberstehenden Zeichen den Bestandteil „King“. In der vorliegenden Rechtssache kann dagegen jedes der einander gegenüberstehenden Zeichen so wahrgenommen werden, dass es ganz oder zum Teil aus dem Element „King“ besteht.

35      Zweitens geht in Bezug auf die geringe Bedeutung, die die Beschwerdekammer dem Bestandteil „Girls“ der angemeldeten Marke beigemessen haben soll, entgegen dem Vorbringen der Klägerin insbesondere aus Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Beschwerdekammer diesen Bestandteil berücksichtigt hat, indem sie zu Recht festgestellt hat, dass der Bestandteil „Girls“ auf eine Zielgruppe der Waren der Klasse 3 hinweise, nämlich „Mädchen“, und für diese Waren beschreibend sei. Somit hat die Beschwerdekammer nach einer Analyse des jeweiligen Gewichts der Bestandteile der angemeldeten Marke einen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen vorgenommen und das Vorliegen von Verwechslungsgefahr beurteilt.

36      Drittens macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass Kosmetikartikel im Wesentlichen „auf Sicht“ gekauft würden, so dass die grafische Gestaltung der angemeldeten Marke ein deutlich höheres Gewicht habe. Ferner sei die angemeldete Marke schriftbildlich in einer auffälligen und einprägsamen, verschnörkelten Schönschreibschrift gehalten, etwas angelehnt an die bekannte „Spencer“-Schrift, wie sie für junge Mädchen typisch sei.

37      Zum einen reichen die grafischen Elemente der angemeldeten Marke jedoch nicht aus, um die Wahrnehmung der Wortbestandteile, aus denen sie sich zusammensetzt, und ganz allgemein den Gesamteindruck, den sie bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorruft, zu verändern.

38      Zum anderen könnte es, da die Beschwerdekammer zu Recht von einer durchschnittlichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in schriftbildlicher Hinsicht ausgegangen ist, nichts an ihrer Schlussfolgerung in Bezug auf das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ändern, wenn man dem schriftbildlichen Vergleich größere Bedeutung beimessen würde.

39      Nach alledem ist die Klage abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit der von der Klägerin vorgenommenen pauschalen Verweisung auf ihre beim EUIPO eingereichten Schriftsätze entschieden zu werden braucht, deren Inhalt die oben in den Rn. 21 bis 38 angestellten Erwägungen nicht in Frage stellen kann.

 Kosten

40      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

41      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Gwo Chyang Biotech Co. Ltd trägt die Kosten.

Da Silva Passos

Valančius

Truchot

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. März 2020.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      R. da Silva Passos


*      Verfahrenssprache: Deutsch.