Language of document : ECLI:EU:T:2008:419

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

8. Oktober 2008(*)

„Öffentliche Bauaufträge – Ausschreibungen der Europäischen Agentur für den Wiederaufbau – Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren und eine neue Ausschreibung zu veröffentlichen – Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Gerichts – Erfordernis einer vorherigen Verwaltungsbeschwerde – Klagefrist – Auftrag – Begründungspflicht – Schadensersatz“

In der Rechtssache T‑411/06

Sogelma Societá generale lavori manutenzioni appalti Srl mit Sitz in Scandicci (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte E. Cappelli, P. De Caterini, A. Bandini und A. Gironi,

Klägerin,

gegen

Europäische Agentur für den Wiederaufbau (EAR), zunächst vertreten durch O. Kalha, dann durch M. Dischendorfer und schließlich durch R. Lundgren als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte S. Bariatti und F. Scanzano,

Beklagte,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. van Nuffel und L. Prete als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidungen der EAR, die Ausschreibung für den Bauauftrag EuropeAid/120694/D/W/YU zu annullieren und eine neue Ausschreibung durchzuführen, sowie Ersatz des behaupteten Schadens

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Papasavvas und A. Dittrich (Berichterstatter),

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2008

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Die Europäische Agentur für den Wiederaufbau (EAR) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 2454/1999 des Rates vom 15. November 1999 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1628/96 über die Hilfe für Bosnien-Herzegowina, Kroatien, die Bundesrepublik Jugoslawien und die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien, insbesondere bezüglich der Schaffung der Europäischen Agentur für den Wiederaufbau (ABl. L 299, S. 1) errichtet.

2        Die Verordnung (EG) Nr. 1628/96 des Rates vom 25. Juli 1996 (ABl. L 204, S. 1) wurde durch Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2666/2000 des Rates vom 5. Dezember 2000 über die Hilfe für Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, die Bundesrepublik Jugoslawien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1628/96 sowie zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3906/89 und (EWG) Nr. 1360/90 sowie der Beschlüsse 97/256/EG und 1999/311/EG (ABl. L 306, S. 1) aufgehoben. Die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1628/96 in der durch die Verordnung Nr. 2454/1999 geänderten Fassung über die Schaffung und Funktionsweise der EAR wurden durch die Verordnung (EG) Nr. 2667/2000 des Rates vom 5. Dezember 2000 über die Europäische Agentur für Wiederaufbau (ABl. L 306, S. 7) übernommen und geändert.

3        Gemäß Art. 1 der Verordnung Nr. 2667/2000 kann die Kommission insbesondere die Durchführung der in Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2666/2000 vorgesehenen Gemeinschaftshilfe zugunsten von Serbien und Montenegro der EAR übertragen. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2667/2000 kann die Kommission der Agentur alle Aufgaben übertragen, die mit der Durchführung der Programme für den Wiederaufbau von Serbien und Montenegro zusammenhängen, insbesondere die Vorbereitung und Auswertung von Ausschreibungen sowie die Auftragsvergabe. Zudem besitzt die EAR gemäß Art. 3 dieser Verordnung Rechtspersönlichkeit.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

4        Am 7. September 2005 veröffentlichte die EAR im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe S (ABl. S 172), eine Auftragsbekanntmachung nach dem offenen Verfahren mit der Referenznummer EuropeAid/120694/D/W/YU über die Vergabe des öffentlichen Bauauftrags „Wiederherstellung des ungehinderten Verkehrs (Kampfmittelräumung) auf dem Binnenschifffahrtsnetz der Republik Serbien, Serbien und Montenegro“ (im Folgenden: Ausschreibungsbekanntmachung).

5        Nach der Ausschreibungsbekanntmachung und Punkt 2 der Hinweise für die Bieter, die sich in den Ausschreibungsunterlagen befanden, sollte das Vorhaben von der EAR finanziert werden und der öffentliche Auftraggeber das serbische Ministerium für Kapitalanlagen sein.

6        Ziff. 16 Buchst. x der Ausschreibungsbekanntmachung und Punkt 4.2 Buchst. x der Hinweise für die Bieter sahen als „Mindestauswahlkriterien“ für den Auftragnehmer vor, dass sämtliche Mitarbeiter mit Schlüsselfunktion über eine mindestens zehnjährige entsprechende Berufserfahrung verfügen müssen.

7        Punkt 37 der Hinweise für die Bieter sah Folgendes vor:

„Rechtsbehelfe

(1) Ist ein Bieter der Ansicht, dass ihm durch einen Fehler oder eine Unregelmäßigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens ein Schaden entstanden ist, kann er die Angelegenheit unmittelbar der [EAR] unterbreiten und die Kommission davon in Kenntnis setzen. Die [EAR] muss innerhalb von 90 Tagen ab Eingang der Beschwerde antworten.

(2) Ist die Kommission von einer solchen Beschwerde in Kenntnis gesetzt worden, übermittelt sie der [EAR] ihre Stellungnahme und bemüht sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten um eine gütliche Einigung zwischen dem beschwerdeführenden Bieter und der [EAR].

(3) Hat das oben genannte Verfahren keinen Erfolg, kann der Bieter die von der Europäischen Kommission vorgesehenen Verfahren anwenden.“

8        Vor dem endgültigen Schlusstermin für den Eingang der Angebote erhielt die EAR drei Angebote, die von einem aus der Klägerin, Sogelma – Societá generale lavori manutenzioni appalti Srl, und der kroatischen Gesellschaft DOK ING RAZMINIRANJE d.o.o. (im Folgenden DOK ING) bestehenden Konsortium und zwei anderen Konsortien eingereicht wurden.

9        Am 10. März 2006 öffnete die EAR die Angebote in öffentlicher Sitzung. Der von der Klägerin angebotene Preis war niedriger als der ihrer Wettbewerber.

10      Am 14. und 22. März 2006 sandte die EAR Auskunftsersuchen an die Bieter. Das zweite Ersuchen betraf insbesondere den Lebenslauf der vorgesehenen Mitarbeiter mit Schlüsselfunktion. Alle Bieter antworteten auf die Auskunftsersuchen innerhalb der von der EAR gesetzten Frist.

11      Mit Schreiben vom 9. Oktober 2006 teilte die EAR der Klägerin mit, dass die in Rede stehende Ausschreibung annulliert worden sei, weil keines der eingereichten Angebote die geforderten technischen Voraussetzungen erfülle. In Bezug auf das Angebot der Klägerin wies die EAR darauf hin, dass von den vorgesehenen Mitarbeitern mit Schlüsselfunktion der „Superintendent Survey Team“ nicht die Voraussetzungen nach Ziff. 16 Buchst. x der Ausschreibungsbekanntmachung und Punkt 4.2 Buchst. x der Hinweise für die Bieter erfüllte.

12      Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 (versehentlich auf den 19. September 2006 datiert) beantragte die Klägerin eine Kopie der Entscheidung, das Ausschreibungsverfahren zu annullieren (im Folgenden: Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren), und des dazugehörigen Protokolls. Außerdem verweist sie in diesem Schreiben auf die Möglichkeit, ein Verhandlungsverfahren nach Art. 30 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114) einzuleiten.

13      Mit Schreiben vom 13. November 2006 wiederholte die Klägerin diesen Antrag und bat die EAR, eine mit Gründen versehene Entscheidung darüber zu erlassen, ob ein Verhandlungsverfahren eingeleitet werde.

14      Mit Schreiben vom 1. Dezember 2006 beantragte die Klägerin unter Berufung auf Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) eine Kopie aller Protokolle des Bewertungsausschusses, der die auf die Ausschreibungsbekanntmachung eingereichten Angebote geprüft hat, des Protokolls der öffentlichen Sitzung, in der die Angebote geöffnet wurden, sowie eine Kopie der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, und des dazugehörigen Protokolls.

15      Mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 teilte die EAR der Klägerin mit, dass sie von ihrem Recht, die Ausschreibung zu annullieren und ein neues Ausschreibungsverfahren einzuleiten, Gebrauch gemacht habe, weil die technischen Voraussetzungen „erheblich geändert worden [seien]“. Zudem teilte sie mit, dass der Bewertungsausschuss, abgesehen von der Feststellung, dass keines der eingegangenen Angebote die technischen Voraussetzungen erfülle, keine Stellungnahme abgegeben habe. In der Anlage zu diesem Schreiben übermittelte die EAR das Protokoll über die Sitzung der Öffnung der Angebote.

 Verfahren und Anträge der Parteien

16      Mit Klageschrift, die am 22. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage mit dem Hinweis erhoben, im eigenen Namen und im Auftrag der Gesellschaft DOK ING zu handeln.

17      Mit Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer vom 4. Juni 2007 ist die Kommission als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der EAR zugelassen worden.

18      Die Kommission hat einen Streithilfeschriftsatz eingereicht. Die Klägerin hat dazu fristgemäß Stellung genommen.

19      Nach der teilweisen Neubesetzung des Gerichts ist die Rechtssache einem neuen Berichterstatter zugewiesen worden. Dieser ist danach der Achten Kammer zugeteilt worden, der die Rechtssache infolgedessen zugewiesen worden ist.

20      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Achte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und es hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts die Parteien aufgefordert, schriftlich Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

21      Die Parteien haben in der Sitzung vom 18. Juni 2008 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

22      Die Klägerin beantragt,

–        die Entscheidungen der EAR,

–        die Ausschreibung zu annullieren,

–        ein neues Ausschreibungsverfahren durchzuführen,

für nichtig zu erklären;

–        die EAR zu verurteilen, ihr den entstandenen Schaden nach Maßgabe der Darlegungen in der Klageschrift zu ersetzen;

–        der EAR die Kosten aufzuerlegen.

23      Die EAR beantragt,

–        die Klage für unzulässig zu erklären oder, hilfsweise, sie als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

24      Die Kommission beantragt,

–        die Nichtigkeitsklage für unzulässig zu erklären oder, hilfsweise, sie als unbegründet abzuweisen;

–        die Schadensersatzklage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

25      Darüber hinaus beantragt die Klägerin, gemäß Art. 65 Buchst. b der Verfahrensordnung anzuordnen, dass die EAR alle Unterlagen vorzulegen hat, die das in Rede stehende Vergabeverfahren betreffen. Die EAR und die Kommission wenden sich gegen diesen Antrag.

26      In der Klageschrift hat die Klägerin auch beantragt, „sämtliche vorausgehenden und damit zusammenhängenden Handlungen, einschließlich der Entscheidung, die Klägerin auszuschließen“, für nichtig zu erklären. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin mitgeteilt, dass dieser Antrag nicht mehr zu berücksichtigen sei, was zu Protokoll genommen worden ist.

 Zur Zulässigkeit

27      Die EAR macht mehrere Unzulässigkeitsgründe geltend. Als Erstes ist die Rüge zu prüfen, das Gericht sei nicht für die Entscheidung über eine nach Art. 230 Abs. 4 EG erhobene Nichtigkeitsklage gegen eine Handlung der EAR zuständig, und als Zweites die Rüge, die Klägerin habe vor Erhebung der Klage keine Verwaltungsbeschwerde eingelegt. Als Drittes ist hinsichtlich des Antrags auf Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, die Einhaltung der Klagefrist nach Art. 230 Abs. 5 EG zu prüfen. Als Viertes ist die Zulässigkeit der Klage zu prüfen, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Entscheidung der EAR, ein neues Ausschreibungsverfahren durchzuführen, gerichtet ist. Schließlich ist die Zulässigkeit der Klage zu prüfen, soweit die Klägerin die Rechte von DOK ING geltend macht.

A –  Zur Zuständigkeit des Gerichts, über eine nach Art. 230 Abs. 4 EG erhobene Klage gegen eine Handlung der EAR zu entscheiden

1.     Vorbringen der Parteien

28      Die EAR macht geltend, dass die Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, nicht zu den Handlungen gehöre, deren Rechtmäßigkeit das Gericht im Sinne von Art. 230 EG überwache. Nach diesem Artikel sei die Überwachung durch den Gemeinschaftsrichter auf gemeinsame Handlungen des Europäischen Parlaments und des Rates, Handlungen des Rates, der Kommission und der Europäischen Zentralbank, bei denen es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handele, und auf Handlungen des Europäischen Parlaments mit Rechtswirkungen gegenüber Dritten beschränkt.

29      Art. 13a der Verordnung Nr. 2667/2000 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1646/2003 des Rates vom 18. Juni 2003 (ABl. L 245, S. 16) geänderten Fassung sei insoweit ohne Bedeutung, da er nur Klagen gegen Entscheidungen der EAR betreffe, die nach Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 erlassen worden seien.

30      Auch in Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2667/2000 sei die Zuständigkeit des Gemeinschaftsrichters nur für Entscheidungen über Rechtsstreitigkeiten vorgesehen, die den Schadensersatz im Bereich der außervertraglichen Haftung der EAR beträfen.

31      Den Bietern werde nicht jeglicher Schutz genommen. Ihre Rechte seien durch das Verfahren in Punkt 37 der Hinweise für die Bieter (oben in Randnr. 7 angeführt) geschützt. Gemäß diesem Punkt 37 könne der Bieter, sollte das dort vorgesehene Verfahren keinen Erfolg haben, die Verfahren anwenden, die von der Kommission vorgesehen seien, deren Handlungen mit einer Klage nach Art. 230 EG angefochten werden könnten. Sie weist auch auf die Möglichkeit einer Klage beim nationalen Gericht hin.

32      Die Klägerin und die Kommission widersprechen diesem Unzulässigkeitsgrund.

2.     Würdigung durch das Gericht

33      Zunächst ist festzustellen, dass die auf der Grundlage abgeleiteten Rechts errichteten Agenturen, wie die EAR, nicht unter den in Art. 230 Abs. 1 EG aufgezählten Gemeinschaftsorganen genannt sind.

34      Darüber hinaus sieht die Verordnung Nr. 2667/2000 in ihrer geänderten Fassung, in deren Art. 13 und 13a lediglich eine Zuständigkeit des Gerichtshofs für Schadensersatzklagen im Bereich der außervertraglichen Haftung der EAR und für deren nach Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 erlassene Entscheidungen über den Zugang zu Dokumenten festgelegt wird, keine Zuständigkeit des Gerichtshofs für Nichtigkeitsklagen gegen die anderen Entscheidungen der EAR vor.

35      Diese Erwägungen stehen jedoch einer Prüfung der Rechtmäßigkeit der nicht von den Art. 13 und 13a der Verordnung Nr. 2667/2000 erfassten Handlungen der EAR nach Art. 230 EG durch das Gericht nicht entgegen.

36      Der Gerichtshof hat in Randnr. 23 des Urteils vom 23. April 1986, Les Verts/Parlament („Les Verts“, 294/83, Slg. 1986, 1339), festgestellt, dass die Europäische Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft ist und dass durch den Vertrag ein umfassendes Rechtsschutzsystem geschaffen worden ist, innerhalb dessen dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe übertragen ist. Nach dem System des Vertrags ist die Möglichkeit einer direkten Klage gegen alle Handlungen der Organe gegeben, die dazu bestimmt sind, eine Rechtswirkung zu erzeugen (vgl. Urteil Les Verts, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat entschieden, dass gegen Handlungen des Europäischen Parlaments, die gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalten sollen, Nichtigkeitsklage erhoben werden kann, obwohl in Art. 173 des EG-Vertrags (nach Änderung jetzt Art. 230 EG) in seiner zum Zeitpunkt des Sachverhalts geltenden Fassung nur von den Handlungen des Rates und der Kommission die Rede war. Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass eine Auslegung dieses Artikels, die die Handlungen des Europäischen Parlaments aus dem Kreis der anfechtbaren Handlungen ausschlösse, zu einem Ergebnis führen würde, das sowohl dem Geist des Vertrags, wie er in Art. 164 EG-Vertrag (jetzt Art. 220 EG) Ausdruck gefunden hat, als auch seinem System zuwiderliefe (Urteil Les Verts, Randnr. 25).

37      Aus diesem Urteil kann der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, dass jede Handlung einer Gemeinschaftseinrichtung, die dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen, gerichtlich nachprüfbar sein muss. Zwar werden im Urteil Les Verts, Randnr. 24, nur die Gemeinschaftsorgane genannt, und die EAR gehört nicht zu den in Art. 7 EG aufgezählten Organen. Jedoch ist die Situation der Gemeinschaftseinrichtungen mit der Befugnis, Handlungen vorzunehmen, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen, identisch mit der Situation, die zum Urteil Les Verts geführt hat: In einer Rechtsgemeinschaft kann es nicht hingenommen werden, dass solche Handlungen der richterlichen Kontrolle entzogen werden.

38      Die Annullierung einer Ausschreibung ist eine Handlung, die grundsätzlich Gegenstand einer Klage nach Art. 230 EG sein kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 19. Oktober 2007, Evropaïki Dynamiki/EFSA, T‑69/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 53). Es handelt sich nämlich um eine Handlung, die die Klägerin beschwert und ihre Rechtsstellung auf qualifizierte Weise ändert, da sie zur Folge hat, dass der Klägerin für das von ihr eingereichte Angebot kein Zuschlag mehr erteilt werden kann.

39      Es ist darüber hinaus daran zu erinnern, dass die Kommission gemäß den Art. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2667/2000 in geänderter Fassung die Durchführung der in Art. 1 der Verordnung Nr. 2666/2000 zugunsten von Serbien und Montenegro vorgesehenen Gemeinschaftshilfe der EAR übertragen und diese u. a. mit der Vorbereitung und Auswertung der Ausschreibungen sowie der Auftragsvergabe betrauen kann. Wie die Kommission ausführt, erlässt die EAR somit Entscheidungen, die sie selbst getroffen hätte, wenn sie diese Befugnisse nicht der EAR übertragen hätte.

40      Die Entscheidungen, die die Kommission getroffen hätte, können ihre Eigenschaft als anfechtbare Handlung nicht allein deshalb verlieren, weil die Kommission Befugnisse auf die EAR übertragen hat; andernfalls würde eine Rechtslücke geschaffen.

41      Zurückzuweisen ist das Vorbringen der EAR, die Rechte der Bieter seien durch das Verfahren in Punkt 37 der Hinweise für die Bieter geschützt, weil sie die Verfahren anwenden könnten, die von der Kommission vorgesehen seien, gegen deren Handlungen Klage nach Art. 230 EG erhoben werden könne. Punkt 37 der Hinweise für die Bieter sieht nämlich nicht vor, dass die Kommission im Verlauf des Verfahrens eine Entscheidung erlässt, die mit einem gerichtlichen Rechtsbehelf angefochten werden kann. Im Übrigen ist zu bemerken, dass die Kommission in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts erklärt hat, dass sie kein spezifisches Verfahren für die Behandlung der Fälle vorgesehen habe, bei denen es nicht zu einer gütlichen Beilegung im Sinne von Punkt 37 der Hinweise für die Bieter gekommen sei.

42      Schließlich ist das Vorbringen der EAR zurückzuweisen, dass gegen ihre Handlungen Klage vor einem nationalen Gericht erhoben werden könne. Zwar ist im vorliegenden Fall nach der Ausschreibungsbekanntmachung und Punkt 2 der Hinweise für die Bieter der öffentliche Auftraggeber das serbische Ministerium für Kapitalanlagen, doch wurde die Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, von der EAR und nicht von einer nationalen Behörde getroffen. Kein nationales Gericht ist dafür zuständig, die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung zu beurteilen.

43      Daraus folgt, dass die Entscheidungen der EAR im Rahmen von Auftragsvergabeverfahren, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen, vor dem Gemeinschaftsrichter anfechtbare Handlungen sind.

44      Dieses Ergebnis wird nicht durch die Rechtsprechung in Frage gestellt, die die EAR zur Stützung ihres Verteidigungsvorbringens anführt.

45      Der Gerichtshof hat zwar im Urteil vom 15. März 2005, Spanien/Eurojust (C‑160/03, Slg. 2005, I‑2077), festgestellt, dass die angefochtenen Handlungen nicht unter den Handlungen aufgeführt sind, deren Rechtmäßigkeit der Gerichtshof nach dem Wortlaut von Art. 230 EG überwacht (Randnr. 37 des genannten Urteils). Jedoch hat der Gerichtshof in der folgenden Randnummer dieses Urteils auch festgestellt, dass Art. 41 EU nicht vorsieht, dass Art. 230 EG auf die Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen nach Titel VI des Vertrags über die Europäische Union anwendbar ist, und dass die Zuständigkeit des Gerichtshofs in diesem Bereich vielmehr in Art. 35 EU festgelegt ist, auf den Art. 46 Buchst. b EU verweist. In den Randnrn. 41 und 42 dieses Urteils hat der Gerichtshof auch ausgeführt, dass die angefochtenen Handlungen in dieser Rechtssache nicht jeder gerichtlichen Kontrolle entzogen sind.

46      Auch im Beschluss vom 8. Juni 1998, Keeling/HABM (T‑148/97, Slg. 1998, II‑2217), hat sich das Gericht nicht darauf beschränkt, in Randnr. 32 festzustellen, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) weder eines der in Art. 4 des EG-Vertrags (jetzt Art. 7 EG) aufgezählten Organe der Gemeinschaft noch in Art. 173 Abs. 1 des EG-Vertrags genannt ist, sondern es hat in Randnr. 33 auch festgestellt, dass andere Rechtsbehelfe gegen die streitige Entscheidung des Präsidenten des HABM potenziell eröffnet sind, wobei es insbesondere Art. 179 EG-Vertrag (jetzt Art. 236 EG) aufgeführt hat. Dieser Beschluss steht somit dem nicht entgegen, dass eine Klagemöglichkeit nach Art. 230 EG gegen eine Entscheidung einer in diesem Artikel nicht genannten Gemeinschaftseinrichtung besteht.

47      Der Beschluss des Gerichts vom 1. März 2007, FMC Chemical u. a./EFSA (T‑311/06 R I, T‑311/06 R II, T‑312/06 R und T‑313/06 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), betrifft eine Klage gegen eine Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, die keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugte. Aus diesem Beschluss kann nicht gefolgert werden, dass eine Klage gegen eine Handlung einer nicht in Art. 230 EG genannten Gemeinschaftseinrichtung unzulässig ist.

48      Folglich stellt die Rechtsprechung, auf die sich die EAR beruft, die Feststellung nicht in Frage, dass die Handlung einer Gemeinschaftseinrichtung, die dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen, der gerichtlichen Überprüfung durch den Gemeinschaftsrichter nicht entzogen werden kann.

49      Außerdem müssen die Klagen grundsätzlich gegen den Urheber der angefochtenen Handlung gerichtet werden, d. h. das Organ oder die Einrichtung der Gemeinschaft, von dem oder der die Entscheidung stammt.

50      In diesem Rahmen ist zu bemerken, dass die EAR eine Einrichtung der Gemeinschaft ist, die Rechtspersönlichkeit besitzt und durch eine Verordnung mit dem Ziel geschaffen wurde, insbesondere die Gemeinschaftshilfe zugunsten von Serbien und Montenegro durchzuführen (vgl. die Art. 1 und 3 der Verordnung Nr. 2667/2000). Zu diesem Zweck wird die Kommission in den Art. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2667/2000 ausdrücklich ermächtigt, die Durchführung dieser Hilfe und u. a. die Vorbereitung und Auswertung der Ausschreibungen und die Auftragsvergabe der EAR zu übertragen. Die EAR ist somit dafür zuständig, die Programme für die Gemeinschaftshilfe selbst durchzuführen, nachdem sie von der Kommission damit beauftragt worden ist.

51      Im vorliegenden Fall wurde die Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, von der EAR erlassen aufgrund der Befugnisse, die ihr von der Kommission gemäß der Verordnung Nr. 2667/2000 übertragen worden sind. Die Kommission war am Entscheidungsprozess nicht beteiligt. Folglich ist die EAR Urheberin der angefochtenen Handlung. Somit kann die Klägerin beim Gericht Klage gegen sie in dieser Eigenschaft erheben.

52      Außerdem ergibt sich aus Art. 13 Abs. 2 und Art. 13a Abs. 3 der Verordnung Nr. 2667/2000, dass es Sache der EAR ist, sich in Rechtsstreitigkeiten, die ihre außervertragliche Haftung, und solchen, die ihre Entscheidungen nach Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffen, vor Gericht zu verteidigen.

53      Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die EAR nicht auch ihre anderen Entscheidungen vor Gericht verteidigen muss.

54      Zwar hat der Gemeinschaftsrichter in bestimmten Fällen festgestellt, dass Handlungen, die aufgrund übertragener Befugnisse vorgenommen werden, dem übertragenden Organ zuzurechnen sind, dem es obliegt, die in Rede stehende Handlung vor Gericht zu verteidigen. In diesen Rechtssachen waren die Umstände jedoch nicht mit denen des vorliegenden Falls vergleichbar.

55      Im Beschluss des Gerichts vom 5. Dezember 2007, Schering-Plough/Kommission und EMEA (T‑133/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), der eine Nichtigkeitsklage gegen eine Handlung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) betrifft, hat das Gericht ausgeführt, dass die Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. L 214, S. 1) nur eine Beratungszuständigkeit der EMEA vorsieht. Es hat daraus den Schluss gezogen, dass die Zurückweisung eines Antrags auf Änderung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen durch die EMEA als von der Kommission selbst stammend angesehen werden muss und dass die Klage deshalb gegen diese zu richten ist (Beschluss Schering-Plough/Kommission und EMEA, Randnrn. 22 und 23). Im vorliegenden Fall ist zu bemerken, dass die Zuständigkeiten der EAR nicht beratender Natur sind, denn sie hat, nachdem ihr die Kommission die Befugnis dazu übertragen hat, Ausschreibungen vorzubereiten und auszuwerten sowie Aufträge zu vergeben.

56      Im Urteil des Gerichts vom 19. Februar 1998, DIR International Film u. a./Kommission (T‑369/94 und T‑85/95, Slg. 1998, II‑357), das eine Nichtigkeitsklage gegen Handlungen des European Film Distribution Office (EFDO) betrifft, hat das Gericht ausgeführt, dass gemäß Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses 90/685/EWG über die Durchführung eines Aktionsprogramms zur Förderung der Entwicklung der europäischen audiovisuellen Industrie (MEDIA) (1991–1995) (ABl. L 380, S. 37) die Kommission für die Durchführung des Programms MEDIA verantwortlich war. Das Gericht hat dann festgestellt, dass nach der zwischen der Kommission und dem EFDO geschlossenen Vereinbarung über die finanzielle Durchführung des MEDIA-Programms jede Entscheidung in diesem Rahmen praktisch einer vorherigen Zustimmung der Kommissionsvertreter bedurfte und dass die Entscheidungen des EFDO über im Rahmen des MEDIA-Programms gestellte Finanzierungsanträge demnach der Kommission zuzurechnen waren, die damit für ihren Inhalt verantwortlich und insoweit passiv legitimiert war (Randnrn. 52 und 53 dieses Urteils). Im vorliegenden Fall ist zu bemerken, dass die Entscheidungen der EAR, soweit sie öffentliche Aufträge betreffen, nicht der vorherigen Zustimmung der Kommission unterliegen.

57      Nach alledem ist das Gericht dafür zuständig, über die vorliegende Klage zu entscheiden, und die Klägerin hat diese zu Recht gegen die EAR gerichtet.

B –  Zum Erfordernis einer vorherigen Verwaltungsbeschwerde

1.     Vorbringen der Parteien

58      Die EAR macht geltend, dass Punkt 37 der Hinweise für die Bieter (oben in Randnr. 7 angeführt) einen Mechanismus für eine Vorprüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen festlege. Die Klage vor dem Gericht sei unzulässig, weil die Klägerin das in diesem Punkt vorgesehene Verfahren nicht beachtet habe.

59      Die Klägerin und die Kommission widersprechen diesem Unzulässigkeitsgrund.

2.     Würdigung durch das Gericht

60      Erstens ist festzustellen, dass Punkt 37.1 der Hinweise für die Bieter seinem Wortlaut nach die Verwaltungsbeschwerde nicht verbindlich vorschreibt. Im Übrigen spricht der Umstand, dass Punkt 37 der Hinweise für die Bieter keine Frist für die Einlegung einer Verwaltungsbeschwerde vorsieht, gegen seine Auslegung dahin, dass damit das Erfordernis einer obligatorischen vorherigen Verwaltungsbeschwerde eingeführt werden soll.

61      Zudem sieht Punkt 37.2 der Hinweise für die Bieter nur vor, dass sich die Kommission um eine gütliche Einigung zwischen dem beschwerdeführenden Bieter und der EAR bemüht, nicht aber, dass sie in diesem Rahmen eine Entscheidung erlässt, die mit einem gerichtlichen Rechtsbehelf angefochten werden kann.

62      Außerdem bestimmt auch Punkt 37.3 nicht, dass die Durchführung des dort genannten Verfahrens Voraussetzung für die Erhebung einer Klage vor dem Gemeinschaftsrichter ist. Tatsächlich heißt es in diesem Punkt: „Hat das oben genannte Verfahren keinen Erfolg, kann der Bieter die von der Europäischen Kommission vorgesehenen Verfahren anwenden.“ In diesem Rahmen ist daran zu erinnern, dass die Kommission kein spezifisches Verfahren zur Behandlung der Beschwerdefälle vorgesehen hat, in denen keine gütliche Beilegung im Sinne von Punkt 37 der Hinweise für die Bieter erzielt worden ist (siehe oben, Randnr. 41). Es gibt somit kein „von der Kommission vorgesehenes Verfahren“, dessen Durchführung Voraussetzung für die Erhebung einer Klage zum Gemeinschaftsrichter sein könnte.

63      Die EAR macht geltend, dass die Verwendung des Wortes „kann“ (in der englischen Originalfassung „may“) in Punkt 37.1 der Hinweise für die Bieter nicht dahin ausgelegt werden könne, dass dieses Verfahren fakultativ sei. Es trifft zu, dass dieses Wort auch in Rechtsvorschriften verwendet wird, die die Durchführung eines der Erhebung einer Klage vor dem Gemeinschaftsrichter vorausgehenden Verwaltungsverfahrens vorschreiben. Dies ist z. B. bei Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. L 227, S. 1) der Fall, auf den die EAR verweist und in dem es heißt, dass „[j]ede natürliche oder juristische Person“ gegen die dort genannten Entscheidungen des Gemeinschaftlichen Sortenamts „Beschwerde einlegen [kann]“. Art. 69 dieser Verordnung sieht jedoch ausdrücklich eine Frist zur Einlegung der Beschwerde beim Gemeinschaftlichen Sortenamt vor. Zudem ist in Art. 73 Abs. 1 ausdrücklich bestimmt, dass die Entscheidungen der Beschwerdekammer dieses Amtes mit Klage beim Gemeinschaftsgericht anfechtbar sind, und es wird eine Frist für die Einreichung dieser Klage festgesetzt. Auch Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bestimmt, dass jede Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, sich mit einer Beschwerde gegen eine sie beschwerende Maßnahme an die Anstellungsbehörde wenden „kann“, er setzt aber auch eine Frist dafür fest. Darüber hinaus sieht Art. 91 Abs. 2 dieses Statuts ausdrücklich vor, dass eine Klage beim Gemeinschaftsgericht nur unter der Voraussetzung zulässig ist, dass bei der Anstellungsbehörde zuvor eine Beschwerde eingereicht worden ist.

64      Dagegen kann Punkt 37 der Hinweise für die Bieter die Zulässigkeit einer Klage nicht davon abhängig machen, dass zuvor eine obligatorische Verwaltungsbeschwerde eingelegt wird, da sein Wortlaut nicht ausreichend klar ist.

65      Ergänzend ist festzustellen, dass die EAR keine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage einführen kann, die über die in Art. 230 EG vorgesehenen Voraussetzungen hinausgeht, da jegliche Rechtsgrundlage dafür fehlt.

66      In diesem Rahmen ist das Vorbringen der EAR zurückzuweisen, dass Ziff. 2.4.16 des „Handbuchs für Vergabeverfahren im Zusammenhang mit Maßnahmen betreffend Außenbeziehungen“ eine solche Rechtsgrundlage darstelle. Insoweit genügt die Feststellung, dass ein solches Handbuch ein Arbeitsmittel ist, das die in einem bestimmten Bereich geltenden Verfahren erläutert und das als solches keine Rechtsgrundlage für die Einführung einer obligatorischen vorherigen Verwaltungsbeschwerde sein kann.

67      Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der EAR, dass sich eine solche Rechtsgrundlage aus Art. 56 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) ergebe, wonach Entscheidungen, mit denen Agenturen im Sinne von Art. 54 Abs. 2 dieser Verordnung mit Durchführungsaufgaben beauftragt würden, auf jeden Fall Bestimmungen über ein effizientes System zur internen Kontrolle der Mittelverwaltungsvorgänge enthielten. In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass diese Vorschrift den Haushaltsbereich betrifft und offensichtlich nicht die Rechtsbehelfe der Bieter regelt. Sie kann somit keine Rechtsgrundlage für die Einführung einer für Klagen der Bieter geltenden Zulässigkeitsvoraussetzung, nämlich einer obligatorischen vorherigen Verwaltungsbeschwerde, sein.

68      Infolgedessen ist der Unzulässigkeitsgrund der fehlenden vorherigen Verwaltungsbeschwerde der Klägerin zurückzuweisen.

C –  Zur Beachtung der Klagefrist

1.     Vorbringen der Parteien

69      Nach Ansicht der EAR ist die Klage unzulässig, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, gerichtet ist, weil die in Art. 230 Abs. 5 EG vorgesehene Klagefrist nicht eingehalten worden sei.

70      Sie macht in dieser Hinsicht geltend, dass sie das Schreiben vom 9. Oktober 2006, mit dem der Klägerin die Annullierung der in Rede stehenden Ausschreibung mitgeteilt worden sei, als Anlage zu einer E-Mail vom selben Tag versandt habe. Da sie vom E-Mail-System der Klägerin keine Nachricht über den „Nichtempfang“ erhalten habe, könne sie vernünftigerweise annehmen, dass die am 9. Oktober 2006 abgesandte E-Mail am selben Tag tatsächlich bei der Klägerin eingegangen sei. Die Klagefrist gegen diese Entscheidung sei somit am 19. Dezember 2006 abgelaufen.

71      In der Gegenerwiderung teilt die EAR mit, dass sie nach einer Überprüfung festgestellt habe, dass das Original des fraglichen Schreibens nie an die Klägerin geschickt worden sei. Entgegen den Angaben in der Klagebeantwortung sei das Schreiben nicht per E-Mail und auf dem Postweg an die Klägerin versandt worden, sondern nur per E-Mail. Die Klägerin habe somit durch das als Anlage zur E-Mail vom 9. Oktober 2006 versandte Dokument Kenntnis von der Annullierung der Ausschreibung erlangt.

72      Die Klägerin macht geltend, dass sie die E-Mail vom 9. Oktober 2006 nicht erhalten habe. Das Schreiben vom 9. Oktober 2006 habe sie am 12. Oktober 2006 auf dem Postweg erhalten.

2.     Würdigung durch das Gericht

73      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, keine Entscheidung ist, die der Klägerin gemäß Art. 254 Abs. 3 EG förmlich bekannt gegeben werden muss. Die Klägerin ist nämlich nicht Adressatin der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 14. Mai 2008, Icuna.Com/Parlament, T‑383/06, Slg. 2008, II‑0000, Randnr. 43). Die Annullierungsentscheidung betraf das gesamte Ausschreibungsverfahren, und der Umstand, dass sie anschließend der Klägerin mitgeteilt wurde, bedeutet nicht, dass sie an sie gerichtet war.

74      Die Klagefrist nach Art. 230 Abs. 5 EG begann somit zu dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem die Klägerin Kenntnis von der Entscheidung erlangt hat.

75      Bleibt der Tag der Zustellung einer Entscheidung ungewiss, kommt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der hiernach verbleibende Zweifel dem Kläger zugute und die Klage gilt als rechtzeitig erhoben, wenn es nach Lage der Dinge nicht völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Schreiben so spät zugestellt wurde, dass die Klagefrist gewahrt ist (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juli 1959, Snupat/Hohe Behörde, 32/58 und 33/58, Slg. 1959, 275, 279).

76      Ebenso kommt dem Kläger der Zweifel zugute, wenn es nicht um die Bestimmung des Zeitpunkts der Zustellung geht, sondern um die des Zeitpunkts, zu dem er von der Handlung Kenntnis erlangt hat. Es ist Sache der Partei, die sich auf die Verspätung einer Klage beruft, das Datum zu beweisen, an dem das Ereignis, das den Lauf der Frist auslöst, stattgefunden hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 30. Juni 2005, Branco/Kommission, T‑347/03, Slg. 2005, II‑2555, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Beim Versenden einer E-Mail ist nicht gewährleistet, dass derjenige, für den sie bestimmt ist, sie tatsächlich erhält. Denkbar ist, dass eine E-Mail aus technischen Gründen nicht bei ihm eingeht. Auch wenn die EAR im vorliegenden Fall keine Mitteilung über den „Nichtempfang“ erhalten hat, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass die E-Mail bei demjenigen, für den sie bestimmt war, tatsächlich eingegangen ist. Darüber hinaus ist es selbst in dem Fall, in dem die E-Mail tatsächlich bei demjenigen, für den sie bestimmt ist, eingeht, möglich, dass sie nicht an dem Tag eingeht, an dem sie abgeschickt wird.

78      In diesem Rahmen ist hervorzuheben, dass die EAR die Möglichkeit hatte, ein Kommunikationsmittel zu wählen, bei dem sich genau feststellen lässt, zu welchem Zeitpunkt der Bieter das Schreiben erhalten hat. Die EAR hatte zwar in ihrer E-Mail vom 9. Oktober 2006 die Klägerin gebeten, den Empfang der Nachricht per E-Mail zu bestätigen. Eine solche Bestätigung hat sie jedoch nicht erhalten. Ergreift der Versender einer E-Mail, der keine Empfangsbestätigung erhalten hat, daraufhin keine Folgemaßnahmen, ist er normalerweise nicht in der Lage, zu beweisen, dass die E-Mail tatsächlich zugegangen ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt.

79      Was das Vorbringen der EAR in der Gegenerwiderung betrifft, dass das fragliche Schreiben nicht per E-Mail und auf dem Postweg an die Klägerin versandt worden sei, sondern, entgegen dem Vortrag in der Klagebeantwortung, nur per E-Mail, ist festzustellen, dass sie insoweit keinen Nachweis vorlegt. Das als Anlage zur Gegenerwiderung vorgelegte „Blatt mit Detailangaben“, in dem die Versendung des fraglichen Schreibens am 9. Oktober 2006 vermerkt ist, kann keinesfalls ausschließen, dass das Schreiben auch auf dem Postweg versandt wurde. Die EAR hat im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass dieses Dokument nicht beweise, dass das Schreiben nicht auf dem Postweg versandt wurde.

80      Die EAR hat somit nicht nachgewiesen, dass die Klägerin vor dem 12. Oktober 2006, dem Zeitpunkt, zu dem diese, wie sie selbst einräumt, das Schreiben vom 9. Oktober 2006 erhalten hat, Kenntnis von der Entscheidung hatte, die Ausschreibung zu annullieren. Die in Art. 230 Abs. 5 EG vorgesehene Frist von zwei Monaten, die gemäß Art. 102 § 2 der Verfahrensordnung um eine pauschale Frist von zehn Tagen für die räumliche Entfernung verlängert wird, endete somit am 22. Dezember 2006, dem Tag, an dem die Klageschrift bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht wurde.

81      Nach alledem ist die vorliegende Klage nicht verspätet, soweit sie die Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, betrifft.

D –  Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, gerichtet ist

1.     Vorbringen der Parteien

82      Die EAR und die Kommission machen geltend, dass der Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung der EAR, eine neue Ausschreibung durchzuführen, unzulässig sei. Was diesen Antrag betreffe, entspreche die Klageschrift nicht den wesentlichen Formerfordernissen der Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung, weil die in der Klageschrift vorgetragenen Klagegründe nur die Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, beträfen.

83      Darüber hinaus betreffe die Entscheidung, eine Ausschreibung durchzuführen, ob es sich nun um eine neue Ausschreibung handele oder ob sie im Anschluss an die Annullierung einer anderen Ausschreibung erfolge, die Wirtschaftsbeteiligten nicht unmittelbar und individuell, selbst wenn sie in einem vorausgehenden Verfahren, das anschließend annulliert worden sei, ein Angebot eingereicht hätten.

84      Die Klägerin trägt vor, dass die Entscheidung, eine neue Ausschreibung zu veröffentlichen, Folge des Umstands sei, dass die erste Ausschreibung nach Ansicht der EAR nicht zu einem positiven Ergebnis geführt habe. Sollte die Entscheidung, die erste Ausschreibung zu annullieren, für rechtswidrig befunden werden, sei die nachfolgende Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, die unmittelbare Folge eines rechtswidrigen Verhaltens der EAR. Sollte der Klage stattgegeben werden, werde dadurch das erste Verfahren wiedereröffnet und das zweite Verfahren werde gegenstandslos.

2.     Würdigung durch das Gericht

85      Nach ständiger Rechtsprechung sind nur Maßnahmen mit verbindlichen Rechtswirkungen, die geeignet sind, die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung zu beeinträchtigen, Handlungen oder Entscheidungen, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage im Sinne von Art. 230 EG sein können (vgl. Beschluss des Gerichtshofs vom 28. Januar 2004, Niederlande/Kommission, C‑164/02, Slg. 2004, I‑1177, Randnr. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Im Allgemeinen ist die Entscheidung, eine Ausschreibung durchzuführen, nicht beschwerend, da sie nur den Betroffenen die Möglichkeit einräumt, an dem Verfahren teilzunehmen und ein Angebot einzureichen. Die Klägerin hat nichts dafür vorgetragen, dass im vorliegenden Fall die Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, dennoch als eine sie beschwerende Entscheidung angesehen werden könnte.

87      Das Vorbringen der Klägerin, dass, falls der Klage stattgegeben werden sollte, dadurch das erste Verfahren wiedereröffnet und das zweite gegenstandslos werde, ist nicht als Nachweis dafür geeignet, dass die Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, sie beschwert. Ebenso kann ihr Vorbringen, dass, sollte die Entscheidung, die erste Ausschreibung zu annullieren, für rechtswidrig befunden werden, die Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, die unmittelbare Folge eines rechtswidrigen Verhaltens der EAR wäre, nicht beweisen, dass diese letztgenannte Entscheidung sie beschwert. Die bloße Tatsache, dass es einen Zusammenhang zwischen einer die Klägerin beschwerenden Entscheidung, nämlich der Annullierung der ersten Ausschreibung, und einer zweiten Entscheidung gibt, nämlich der Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, bedeutet nicht, dass diese zweite Entscheidung sie ebenfalls beschwert.

88      Die Entscheidung, in Bezug auf dieselben Arbeiten, die von einem zuvor annullierten Auftrag erfasst waren, eine neue Ausschreibung durchzuführen, bedeutet als solche nicht, dass in dem Fall, dass der Richter die Entscheidung, den ersten Auftrag zu annullieren, für nichtig erklärt, der öffentliche Auftraggeber das erste Verfahren nicht mehr fortsetzen kann. Die Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, bedeutet noch nicht, dass für dieselben Arbeiten einem anderen Bieter der Zuschlag erteilt wird.

89      Infolgedessen ist festzustellen, dass die Klägerin keine Umstände dargetan hat, die die Feststellung ermöglichen, dass die Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, die ihre Interessen durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung berühren können.

90      Daraus folgt, dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist, soweit die Klägerin die Nichtigerklärung der Entscheidung über die Durchführung einer neuen Ausschreibung beantragt, ohne dass zu prüfen ist, ob die Klageschrift den Anforderungen von Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung entspricht.

E –  Zur Zulässigkeit der Klage, soweit die Klägerin die Rechte von DOK ING geltend macht

1.     Vorbemerkungen

91      In der Klageschrift gibt die Klägerin an, dass sie die Klage im eigenen Namen und im Auftrag der Gesellschaft DOK ING erhebe. Das betrifft zum einen die Anträge auf Nichtigerklärung. Zum anderen nennt die Klägerin in der Klageschrift die Höhe des Schadens, den sie erlitten zu haben behauptet, sowie des Schadens, der DOK ING entstanden sein soll, und beantragt, die EAR zu verurteilen, den Gesamtbetrag an sie zu zahlen.

92      Das Gericht hat die Klägerin im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung aufgefordert, nähere Angaben in Bezug auf den „Auftrag“, den sie von der Gesellschaft DOK ING erhalten hat, zu machen, alle Unterlagen, die in dieser Hinsicht sachdienlich sind, zu den Akten zu reichen und sich zur Zulässigkeit des Vorgehens zu äußern, das sie für die Geltendmachung der Rechte der Gesellschaft DOK ING gewählt hat.

2.     Vorbringen der Parteien

93      Die Klägerin trägt in Beantwortung der Frage des Gerichts vor, dass sie die vorliegende Klage auf der Grundlage der bestehenden Vereinbarungen erhoben habe, um einen angemessenen Schutz ihrer eigenen Rechte und derjenigen von DOK ING als Unternehmen, die an der Ausschreibung teilgenommen hätten, zu erhalten. Die drei Dokumente, die sie auf die Aufforderung des Gerichts vorgelegt habe, zeigten, dass sie dazu berechtigt sei.

94      Nach Auffassung der EAR und der Kommission ist die vorliegende Klage nicht zulässig, soweit die Klägerin die Rechte von DOK ING geltend macht.

3.     Würdigung durch das Gericht

95      Zunächst ist festzustellen, dass Sogelma im vorliegenden Fall alleinige Klägerin ist. Insbesondere ist weder DOK ING noch das aus der Klägerin und DOK ING bestehende Konsortium Partei des vorliegenden Rechtsstreits. Darüber hinaus macht die Klägerin nicht geltend, dass DOK ING ihre Rechte an sie abgetreten habe.

96      Es ist deshalb zu prüfen, ob die Klägerin aufgrund der drei Dokumente, die sie auf die Aufforderung des Gerichts hin vorgelegt hat, die Rechte von DOK ING im Rahmen des vorliegenden Verfahrens geltend machen kann.

97      Das mit „Joint venture Agreement“ (Vereinbarung über ein gemeinsames Unternehmen) überschriebene Dokument vom 27. September 2005 sieht in Art. 4 vor, dass die Klägerin, der die Federführung zukommt, u. a. ermächtigt wird, im Namen der DOK ING Verpflichtungen einzugehen, und dass sie im Namen des gemeinsamen Unternehmens jedes Dokument unterzeichnen kann, das für die Durchführung der Arbeiten, die Gegenstand der Ausschreibungsbekanntmachung sind, erforderlich ist. In dieser Vereinbarung wird nicht darauf hingewiesen, dass die Klägerin die Rechte von DOK ING im Wege einer gerichtlichen Klage geltend machen kann.

98      Auch das mit „Power of attorney“ (Vollmacht) überschriebene Dokument, das am 6. Dezember 2005 von einem Vertreter von DOK ING unterzeichnet wurde, enthält keinen Hinweis darauf, dass die Klägerin zur Geltendmachung der Rechte von DOK ING eine gerichtliche Klage erheben kann.

99      Nur das dritte von der Klägerin vorgelegte Dokument, ein an die Klägerin adressiertes Schreiben von DOK ING vom 1. Dezember 2006, betrifft die gerichtlichen Rechtsbehelfe. Dieses Schreiben lautet wie folgt:

„Mit Bezugnahme auf die oben genannte Ausschreibung und ihre spätere Annullierung durch den Öffentlichen Auftraggeber ermächtigen wir Sie hiermit als Leiter des gemeinsamen Unternehmens, Ihren Rechtsanwalt zu beauftragen, gegen die [EAR] wegen des Schadens, der durch die Annullierung der Ausschreibung entstanden ist, auch für uns Klage zu erheben.“

(„With reference to the above tender and the subsequent cancellation by the Contracting Authority, we her[e]by authorize you as the Joint Venture Leader, to instruct your lawyer to take legal action against the European Agency for Reconstruction, for damages caused by the tender cancellation, also on our behalf.“)

100    Einziger Zweck dieses Dokuments ist somit die Ermächtigung der Klägerin, ihren Rechtsanwalt damit zu beauftragen, auch für DOK ING Klage zu erheben. Dieses Dokument betrifft jedoch nicht die Form und den Inhalt der dort genannten Klage und enthält infolgedessen in dieser Hinsicht keine näheren Angaben. Es sieht insbesondere nicht vor, dass die Klägerin berechtigt ist, allein Klage zu erheben und in diesem Rahmen die Rechte von DOK ING geltend zu machen. Der Umstand, dass eine Gesellschaft einen Rechtsanwalt mit der Klageerhebung auch für eine zweite Gesellschaft beauftragt, bedeutet normalerweise, dass der Rechtsanwalt eine Klage im Namen von zwei Klägerinnen oder sogar zwei verschiedene Klagen erhebt.

101    Es kann nicht hingenommen werden, dass eine Gesellschaft die Rechte einer anderen Gesellschaft gerichtlich geltend macht, wenn sie nicht eindeutig damit beauftragt ist. Der Einzelne hat ein Interesse daran, den Status des Klägers einzunehmen, um Herr des Rechtsstreits zu sein und z. B. gegebenenfalls ein Rechtsmittel gegen das Urteil, das auf seine Klage ergangen ist, einlegen zu können. Außerdem strebt eine Gesellschaft, die die Zahlung eines bestimmten Betrags als Ersatz für einen geltend gemachten Schaden begehrt, normalerweise an, dass die Beklagte verurteilt wird, diesen Betrag an sie zu zahlen und nicht an eine andere Gesellschaft.

102    Infolgedessen sind die von der Klägerin vorgelegten Dokumente nicht als Nachweis dafür geeignet, dass sie von DOK ING beauftragt worden ist, als alleinige Klägerin deren Rechte vor dem Gemeinschaftsrichter geltend zu machen.

103    Daraus folgt, dass die Klage unzulässig ist, soweit die Klägerin die Rechte von DOK ING geltend macht.

F –  Ergebnis zur Zulässigkeit der Klage

104    Nach alledem ist die Klage zulässig, soweit die Klägerin im eigenen Namen die Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, beantragt und soweit sie Schadensersatz für den Schaden beantragt, der ihr selbst entstanden sein soll.

105    Dagegen ist die Klage als unzulässig abzuweisen, soweit die Klägerin die Nichtigerklärung der Entscheidung der EAR über die Durchführung einer neuen Ausschreibung beantragt und soweit sie die Rechte der DOK ING geltend macht.

 Zur Begründetheit

A –  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren

106    Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund für ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, die Verletzung wesentlicher Formvorschriften geltend. Dieser Klagegrund ist in zwei Teile gegliedert, von denen der erste die unzureichende Begründung und der zweite deren fehlende Logik und deren Widersprüchlichkeit betrifft.

1.     Vorbringen der Parteien

a)     Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: unzureichende Begründung

107    Die Klägerin trägt vor, die EAR habe bei der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, den insoweit anwendbaren Art. 41 der Richtlinie 2004/18 nicht beachtet. Die EAR hätte in Anbetracht des öffentlichen Interesses und der Dringlichkeit, die nach ihrer Ansicht zu einer raschen und zufriedenstellenden Vergabe des Auftrags hätten führen müssen, insbesondere mit Rücksicht darauf, dass der Auftrag Dienstleistungen in einem so heiklen Bereich wie dem fraglichen zum Gegenstand hatte, die Bieter rechtzeitig und vollständig über alle Gründe für die Annullierung der Ausschreibung informieren müssen.

108    Unter Berücksichtigung des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidungen geführt habe, bestehe kein Zweifel, dass die Annullierung des Verfahrens die Folge einer unüberlegten Entscheidung sei, die ohne gründliche Bewertung des zu schützenden öffentlichen Interesses getroffen worden sei.

109    Das Verhalten der EAR sei umso schwerwiegender, als sie fast sieben Monate gebraucht habe, um die Entscheidung über die Annullierung der Ausschreibung zu erlassen und mitzuteilen.

110    Die EAR und die Kommission bestreiten dieses Vorbringen.

b)     Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes: fehlende Logik und Widersprüchlichkeit der Begründung

111    Die Klägerin ist der Ansicht, aus einem Vergleich der Schreiben der EAR vom 9. Oktober 2006 und vom 14. Dezember 2006 könne geschlossen werden, dass der wahre Grund für die Entscheidung, das frühere Verfahren zu annullieren und ein neues Verfahren auszuschreiben, nicht darin gelegen habe, dass die eingereichten Angebote auf technischer Ebene unzureichend gewesen seien, sondern vielmehr darin, dass die technischen Voraussetzungen erheblich geändert worden seien. Für die Beurteilung der Handlung der EAR sei die letzte Mitteilung heranzuziehen, nämlich das Schreiben vom 14. Dezember 2006.

112    Darüber hinaus widerspreche es der im Schreiben vom 9. Oktober 2006 vorgebrachten Begründung, wonach ein von der Klägerin vorgeschlagener Experte mit Schlüsselfunktion über weniger Berufserfahrung verfüge, als in der Ausschreibungsbekanntmachung gefordert werde, dass die für die Bewertung der Angebote Verantwortlichen die Genehmigung erteilt hätten, die Klägerin gerade wegen der technischen Fähigkeiten ihrer Experten und der von ihr angewandten Technologie im Rahmen von Minenräumarbeiten unter Wasser, die von völlig gleicher Art wie die in der Ausschreibungsbekanntmachung genannten Arbeiten gewesen seien, heranzuziehen.

113    Die EAR und die Kommission bestreiten dieses Vorbringen.

2.     Würdigung durch das Gericht

a)     Vorbemerkungen

114    Zunächst ist zu prüfen, welche Vorschriften und welche Grundsätze die Pflicht zur Begründung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, regeln.

115    In diesem Rahmen ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die Richtlinie 2004/18 auf das fragliche Vergabeverfahren Anwendung finde. Diese Richtlinie, die nach ihrem Art. 84 an die Mitgliedstaaten gerichtet ist, bezweckt die Koordinierung der nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge. Die von der EAR vergebenen öffentlichen Aufträge unterliegen jedoch nicht dem Recht der Mitgliedstaaten.

116    Die Vergabe öffentlicher Aufträge durch Gemeinschaftsorgane unterliegt der Haushaltsordnung und der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 1, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen). Nach Art. 162 Abs. 1 der Haushaltsordnung finden auf die aus dem Gesamthaushaltsplan finanzierten Maßnahmen im Außenbereich der Erste (Gemeinsame Bestimmungen) und Dritte Teil (Übergangs- und Schlussbestimmungen) der Haushaltsordnung vorbehaltlich der Ausnahmeregelungen in Titel IV (Maßnahmen im Außenbereich) des Zweiten Teils (Sonderbestimmungen) Anwendung. Im Übrigen sieht Art. 7 der Verordnung Nr. 2666/2000 ausdrücklich vor, dass die Kommission die in dieser Verordnung genannte Gemeinschaftshilfe nach Maßgabe der Haushaltsordnung durchführt.

117    Die Vorschriften, die die Kommission bei der Vergabe öffentlicher Aufträge beachten muss, gelten auch für die EAR. Nach Art. 185 Abs. 1 der Haushaltsordnung erlässt die Kommission eine Rahmenfinanzregelung für die von den Gemeinschaften geschaffenen Einrichtungen, die mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind und wirklich Zuschüsse zulasten des Haushalts erhalten. Nach Art. 74 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2343/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 betreffend die Rahmenfinanzregelung für Einrichtungen gemäß Artikel 185 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 (ABl. L 357, S. 72) gelten die einschlägigen Bestimmungen der Haushaltsordnung und deren Durchführungsbestimmungen für die von diesen Einrichtungen vergebenen öffentlichen Aufträge.

118    Nach Art. 101 der Haushaltsordnung ist die Entscheidung, ein Vergabeverfahren zu annullieren, zu begründen und den Bietern bekannt zu geben.

119    Darüber hinaus muss nach der Rechtsprechung die Begründung einer Entscheidung die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen die Gründe für die angefochtene Entscheidung erkennen können und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. April 1997, Irish Farmers Association u. a., C‑22/94, Slg. 1997, I‑1809, Randnr. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

120    Es ist jedoch nicht erforderlich, dass eine Entscheidung alle verschiedenen relevanten tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten darlegt. Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung ausreichend ist, kann nicht nur im Hinblick auf deren Wortlaut, sondern auch auf den Kontext ihres Erlasses und auf sämtliche Rechtsvorschriften des betreffenden Gebiets beurteilt werden (Urteil des Gerichts vom 18. September 1995, Tiercé Ladbroke/Kommission, T‑471/93, Slg. 1995, II‑2537, Randnr. 33). Die Entscheidung braucht nur die wichtigsten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen darzulegen; dies kann durchaus in knapper Form geschehen, solange Klarheit und Schlüssigkeit nicht beeinträchtigt werden (Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juli 1963, Deutschland/Kommission, 24/62, Slg. 1963, 129, 143).

121    Anhand dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die EAR ihre Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, ausreichend begründet hat.

b)     Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: unzureichende Begründung

122    Die EAR hat im Schreiben vom 9. Oktober 2006 ausgeführt, dass das Vergabeverfahren annulliert worden sei, weil keines der eingegangenen Angebote den technischen Voraussetzungen entsprochen habe, und dass hinsichtlich des Angebots der Klägerin festgestellt worden sei, dass der „Superintendent Survey Team“ die Voraussetzungen nach Ziff. 16 Buchst. x der Ausschreibungsbekanntmachung und Punkt 4.2 Buchst. x der Hinweise für die Bieter nicht erfülle.

123    Die für die Annullierung der Ausschreibung angeführte Begründung, nämlich die Tatsache, dass keines der eingegangenen Angebote den technischen Voraussetzungen entsprochen habe, ist zwar knapp, doch klar und unmissverständlich. Auch die Gründe, mit denen insbesondere erklärt wurde, warum das Angebot der Klägerin diesen Voraussetzungen nicht entsprochen habe, sind knapp, aber ebenfalls klar und unmissverständlich. Die EAR hat nämlich auf die Ziffer der Ausschreibungsbekanntmachung und den Punkt der Hinweise für die Bieter Bezug genommen, nach denen die Mitarbeiter mit Schlüsselfunktion über eine mindestens zehnjährige entsprechende Berufserfahrung verfügen müssen, und sie hat das Mitglied des von der Klägerin vorgesehenen Teams genannt, das diese Voraussetzung nicht erfüllte.

124    Die Klägerin hat selbst im Lebenslauf der für die Stelle des „Superintendent Survey Team“ vorgesehenen Person angegeben, dass diese nur über fünf Jahre Berufserfahrung verfüge. Die EAR musste deshalb die Schlussfolgerung, dass das Angebot der Klägerin den technischen Voraussetzungen der Ausschreibung nicht genüge, nicht weiter begründen.

125    Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Annullierung des Verfahrens sei die Folge einer unüberlegten Entscheidung, die ohne gründliche Bewertung des zu schützenden öffentlichen Interesses getroffen worden sei, ist festzustellen, dass es sich in Wirklichkeit nicht auf eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften bezieht, sondern die materielle Rechtmäßigkeit betrifft, da es darauf hinausläuft, einen Beurteilungsfehler der EAR geltend zu machen.

126    Auf jeden Fall sind die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen nicht zum Nachweis eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers der EAR geeignet. Es bestand zwar ein öffentliches Interesse daran, die auf dem Binnenschifffahrtsnetz von Serbien und Montenegro vorhandenen Blindgänger so schnell wie möglich zu beseitigen, um diese Gewässer wieder für die Schifffahrt öffnen zu können. Dennoch darf der öffentliche Auftraggeber allein wegen der Tatsache, dass ein öffentliches Interesse an einer schnellen Auftragsvergabe besteht, nicht von den in der Ausschreibung festgelegten zwingenden technischen Voraussetzungen abweichen. Nach Art. 100 Abs. 1 der Haushaltsordnung wird der Auftragnehmer unter Beachtung der Auswahl- und Zuschlagskriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt sind, benannt. Wie die Kommission ausführt, würde ein öffentlicher Auftraggeber, wenn er von den ursprünglich festgelegten Voraussetzungen für den Auftrag abweichen könnte, die Bieter gegenüber den Unternehmen begünstigen, die auf eine Teilnahme an der Ausschreibung verzichtet hatten, weil sie – ebenso wie die Bieter – den zuvor festgelegten Anforderungen nicht genügen konnten.

127    Hinsichtlich des Vorbringens, die EAR habe die Entscheidung, das Verfahren zu annullieren, verspätet getroffen und mitgeteilt, ist festzustellen, dass die Klägerin nicht erklärt, wie sich dieser Umstand auf die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung auswirken könnte.

c)     Zum zweiten Teil des Klagegrundes: fehlende Logik und Widersprüchlichkeit der Begründung

128    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass ein Widerspruch zwischen der Begründung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, die im Schreiben vom 9. Oktober 2006 genannt worden sei, und derjenigen im Schreiben vom 14. Dezember 2006 bestehe, da die erste Begründung als Erklärung für die Entscheidung das Fehlen eines Angebots nenne, das die technischen Voraussetzungen erfülle, während die zweite Begründung die Entscheidung mit einer Änderung der technischen Voraussetzungen erkläre.

129    Zunächst ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die letzte Mitteilung, d. h. das Schreiben vom 14. Dezember 2006, für die Beurteilung des Handelns der EAR heranzuziehen sei. Das Schreiben, mit dem die Klägerin über die Annullierung der Ausschreibung informiert wird, ist das vom 9. Oktober 2006, so dass dieses für die Beurteilung der Frage heranzuziehen ist, ob die Begründung der Entscheidung über die Annullierung der Ausschreibung unlogisch und widersprüchlich ist.

130    Das Schreiben vom 9. Oktober 2006 ist als solches nicht widersprüchlich. Selbst wenn die EAR im Schreiben vom 14. Dezember 2006 andere Erklärungen genannt haben sollte, könnten diese die Begründung der zwei Monate zuvor mitgeteilten Entscheidung nicht ändern. Eine eventuelle Divergenz zwischen diesen beiden Schreiben könnte deshalb nicht zu einem Widerspruch in der Begründung führen, die für die Entscheidung über die Annullierung der Ausschreibung gegeben wurde.

131    Auf jeden Fall besteht kein Widerspruch zwischen der Begründung der Entscheidung über die Annullierung der Ausschreibung im Schreiben vom 9. Oktober 2006 und der im Schreiben vom 14. Dezember 2006.

132    In dem Schreiben vom 14. Dezember 2006 wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Bewertungsausschuss der EAR festgestellt habe, dass keines der eingegangenen Angebote die technischen Voraussetzungen erfülle, und ausgeführt, dass dieser Ausschuss keine weitere Stellungnahme abgegeben habe. Dieses Schreiben bestätigt somit, dass das Fehlen eines in technischer Hinsicht geeigneten Angebots der einzige Grund für die Entscheidung war, die Ausschreibung zu annullieren.

133    Wenn in diesem Schreiben auch mitgeteilt wird, dass die EAR von ihrem Recht, die Ausschreibung zu annullieren und ein neues Verfahren einzuleiten, Gebrauch mache, weil die technischen Voraussetzungen erheblich geändert worden seien, so ist dieser Satz unter Berücksichtigung seines Kontextes auszulegen. Aus dem Wortlaut des Betreffs des Schreibens vom 14. Dezember 2006 ergibt sich nämlich ausdrücklich, dass es eine Antwort auf das Schreiben der Klägerin vom 13. November 2006 ist. Mit diesem Schreiben hatte die Klägerin bei der EAR beantragt, ihr die Entscheidung über die Annullierung der Ausschreibung und das entsprechende Protokoll zu übermitteln sowie eine mit Gründen versehene Entscheidung über die eventuelle Einleitung eines Verhandlungsverfahrens zu erlassen.

134    Vor diesem Hintergrund ist der Satz, die EAR mache von ihrem Recht Gebrauch, das Verfahren zu annullieren und ein neues Ausschreibungsverfahren einzuleiten, weil die technischen Voraussetzungen erheblich geändert worden seien, so zu verstehen, dass die EAR erklärt, warum sie sich dafür entschieden hat, ein neues Verfahren einzuleiten anstatt ein Verhandlungsverfahren durchzuführen.

135    Im Übrigen führt die Klägerin in der Erwiderung selbst aus, die neue Begründung scheine ausschließlich zur Beantwortung ihres Antrags auf Durchführung eines Verhandlungsverfahrens vorgebracht worden zu sein. In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass sich die Entscheidung, eine Ausschreibung zu annullieren, von der Entscheidung über die anschließenden Folgemaßnahmen unterscheidet, d. h. von der Entscheidung, keinen Auftrag zu vergeben, ein Verhandlungsverfahren anzuwenden oder eine neue Ausschreibung durchzuführen. Aus der Tatsache, dass die EAR als Antwort auf den Antrag auf Durchführung eines Verhandlungsverfahrens eine andere Begründung angeführt hat als für die Rechtfertigung der Annullierung des Ausschreibungsverfahrens, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die Begründung widersprüchlich ist.

136    Darüber hinaus ist nach der Annullierung eines Ausschreibungsverfahrens das Verfahren beendet, und der öffentliche Auftraggeber kann frei über das weitere Vorgehen entscheiden. Es gibt keine Vorschrift, die einem Wirtschaftsbeteiligten ein Recht auf Einleitung eines Verhandlungsverfahrens verleiht. Die EAR war somit nicht verpflichtet, eine förmliche Entscheidung in Bezug auf den Antrag der Klägerin auf Einleitung eines solchen Verfahrens zu erlassen. Das Schreiben vom 14. Dezember 2006 ist ganz einfach eine Antwort auf das Schreiben der Klägerin vom 13. November 2006, in dem diese bei der EAR u. a. beantragt hatte, eine mit Gründen versehene Entscheidung über die eventuelle Einleitung eines Verhandlungsverfahrens zu erlassen, was die EAR dazu veranlasst hat, der Klägerin in dem Bemühen um eine ordnungsgemäße Verwaltung den Grund mitzuteilen, warum sie sich für die Einleitung eines neuen Ausschreibungsverfahrens anstelle eines Verhandlungsverfahrens entschieden habe.

137    Auch das Vorbringen der Klägerin, dass der Begründung im Schreiben vom 9. Oktober 2006 durch die Tatsache widersprochen werde, dass an die Klägerin später ein Auftrag vergeben worden sei, der dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden ähnlich sei, ist zurückzuweisen. Die Begründung im Schreiben vom 9. Oktober 2006 bezieht sich auf die Nichtbeachtung der technischen Voraussetzungen der Ausschreibung, die die Klägerin im Übrigen nicht bestreitet, da sie einräumt, dass der „Superintendent Survey Team“ ihres Angebots nicht über die erforderliche Berufserfahrung verfügte. Diese Begründung bedeutet nicht, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, solche Arbeiten auszuführen.

138    Hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, das Schreiben vom 14. Dezember 2006 zeige, dass der wahre Grund für die Annullierung der Ausschreibung nicht darin gelegen habe, dass die eingereichten Angebote in technischer Hinsicht unzureichend gewesen seien, sondern darin, dass die technischen Voraussetzungen geändert worden seien, ist festzustellen, dass es sich in Wirklichkeit nicht auf einen Fehler in der Begründung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, bezieht, sondern dass es den Wahrheitsgehalt dieser Begründung in Frage stellt, was im Wesentlichen darauf hinausläuft, diese Entscheidung unter Berufung auf einen Ermessensmissbrauch inhaltlich anzufechten.

139    Nach ständiger Rechtsprechung stellt es einen Ermessensmissbrauch dar, wenn ein Gemeinschaftsorgan einen Rechtsakt ausschließlich oder zumindest überwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlässt, ein Verfahren zu umgehen, das der EG-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. November 1996, Vereinigtes Königreich/Rat, C‑84/94, Slg. 1996, I‑5755, Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

140    Im vorliegenden Fall ist bereits festgestellt worden, dass es keinen Widerspruch gibt zwischen der Begründung im Schreiben vom 9. Oktober 2006 und der im Schreiben vom 14. Dezember 2006.

141    Darüber hinaus führt die Kommission zu Recht aus, dass die Annullierungsentscheidung im Amtsblatt (ABl. 2006, S 198) mit der gleichen Begründung öffentlich mitgeteilt worden sei, wie sie im Schreiben vom 9. Oktober 2006 gegeben worden sei. Diese Begründung lautet wie folgt: „Das vorliegende Ausschreibungsverfahren wurde annulliert, da kein Angebot einging, das den technischen Anforderungen entsprach.“

142    Unter diesen Umständen kann aus dem späteren Verhalten der EAR nicht geschlossen werden, dass sich der wahre Grund für die Annullierung des Verfahrens von dem unterscheidet, der im Schreiben vom 9. Oktober 2006 angeführt worden ist.

143    Infolgedessen ist der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, als unbegründet zurückzuweisen.

B –  Zum Antrag auf Ersatz des behaupteten Schadens

1.     Vorbringen der Parteien

144    Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Nichterteilung des Zuschlags für den in Rede stehenden Auftrag auf das rechtswidrige Verhalten der EAR zurückzuführen sei und dass sie ihr einen Schaden zugefügt habe. Dieser Schaden bestehe aus den Kosten, die unnötigerweise für die Erstellung des Angebots und die Bereitstellung eines Teils der notwendigen Geräte während eines Zeitraums von 60 Tagen entstanden seien und belaufe sich auf insgesamt 118 604,58 Euro.

145    Die EAR bestreitet das Vorbringen der Klägerin.

2.     Würdigung durch das Gericht

146    Nach ständiger Rechtsprechung setzt die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft im Sinne von Art. 288 Abs. 2 EG voraus, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (Urteile des Gerichtshofs vom 2. Juli 1974, Holtz & Willemsen/Rat und Kommission, 153/73, Slg. 1974, 675, Randnr. 7, und des Gerichts vom 3. Februar 2005, Chiquita Brands u. a./Kommission, T‑19/01, Slg. 2005, II‑315, Randnr. 76).

147    Da diese drei Voraussetzungen für die Haftung der Gemeinschaft kumulativ sind, genügt es für die Abweisung einer Schadensersatzklage, dass eine von ihnen nicht vorliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, Slg. 1999, I‑5251, Randnr. 14).

148    Im vorliegenden Fall ist das gesamte Vorbringen der Klägerin zum Nachweis der Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Annullierung der Ausschreibung geprüft und zurückgewiesen worden (siehe oben, Randnrn. 122 bis 143). Die Klägerin kann somit keinen Schadensersatz auf der Grundlage einer behaupteten Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung verlangen.

149    Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, dass der Zeitraum, den die EAR für den Erlass der Entscheidung über die Annullierung der Ausschreibung und ihre Mitteilung an die Klägerin benötigt habe, unangemessen lang gewesen sei, ist festzustellen, dass die bloße Tatsache, dass zwischen dem Versenden des letzten Auskunftsersuchens an die Bieter und der Mitteilung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, mehr als sechs Monate vergangen sind, nicht als rechtswidriges Verhalten der EAR gewertet werden kann.

150    Im Übrigen kann kein ursächlicher Zusammenhang bestehen zwischen dem Zeitraum, den die EAR für den Erlass und die Mitteilung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, benötigt hat, und den von der Klägerin für die Erstellung ihres Angebots aufgewendeten Kosten.

151    Infolgedessen ist der Antrag auf Ersatz des behaupteten Schadens zurückzuweisen.

C –  Zum Antrag auf Vorlage von Unterlagen

152    Hinsichtlich des Antrags der Klägerin, anzuordnen, dass die EAR alle Unterlagen vorzulegen hat, die das in Rede stehende Vergabeverfahren betreffen, ist festzustellen, dass die antragstellende Partei nach der Rechtsprechung die erbetenen Unterlagen bezeichnen und dem Gericht zumindest einen Anhaltspunkt dafür geben muss, dass diese Unterlagen für das Verfahren zweckdienlich sind, damit das Gericht feststellen kann, ob die Anordnung der Vorlage bestimmter Unterlagen dem ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens dienlich ist (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 93).

153    Zur Stützung dieses Antrags trägt die Klägerin vor, dass die EAR allgemeine und knappe Gründe für ihre Entscheidungen angegeben habe und dass sie bei ihr beantragt habe, diese Unterlagen vorzulegen; dieser Antrag sei unbeantwortet geblieben. Außerdem sei sie berechtigt, die Gründe zu erfahren, die zur Annullierung der Ausschreibung geführt hätten, um sich zu vergewissern, dass die Handlungen des öffentlichen Auftraggebers rechtmäßig seien.

154    Erstens ist hinsichtlich der Tatsache, dass die Klägerin die EAR um Vorlage der Unterlagen über das Vergabeverfahren gebeten hat und dass darauf keine Antwort erfolgt ist, festzustellen, dass sie als solche nicht geeignet ist, die Zweckdienlichkeit dieser Dokumente für das Verfahren nachzuweisen.

155    Was zweitens das Vorbringen der Klägerin betrifft, die EAR habe ihre Entscheidungen auf allgemeine und knappe Gründe gestützt, ist zu bemerken, dass oben in den Randnrn. 123 und 124 festgestellt worden ist, dass die EAR der Klägerin eine ausreichende Begründung für ihre Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren, mitgeteilt hat. In dieser Hinsicht sind die in den Akten enthaltenen Angaben ausreichend, und es ist darüber hinaus nicht ersichtlich, dass die Unterlagen über das Vergabeverfahren für die Beurteilung der Frage, ob die abgegebene Begründung ausreichend war, zweckdienlich sein könnten.

156    Was schließlich drittens das Vorbringen der Klägerin betrifft, sie sei berechtigt, die Gründe zu erfahren, die zur Annullierung der Ausschreibung geführt hätten, um sich zu vergewissern, dass die Handlungen des öffentlichen Auftraggebers rechtmäßig seien, ist festzustellen, dass sie keine Tatsachen vorgetragen hat, die darauf hindeuten, dass der wahre Grund für die Annullierung des Verfahrens sich von dem unterscheidet, der im Schreiben vom 9. Oktober 2006 angeführt worden ist (siehe oben, Randnrn. 140 bis 142).

157    In diesem Rahmen ist festzustellen, dass ein Antrag auf Vorlage aller Unterlagen betreffend das in Rede stehende Vergabeverfahren, wie von der Klägerin gewünscht, einem Antrag auf Vorlage der internen Unterlagen der EAR gleichkommt. Eine Prüfung der internen Unterlagen einer Gemeinschaftseinrichtung durch den Gemeinschaftsrichter zur Feststellung, ob ihre Entscheidung durch andere Erwägungen als die in der Begründung genannten beeinflusst worden ist, kommt im Rahmen der Beweisaufnahme nur ausnahmsweise in Betracht. Sie setzt voraus, dass im Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung Umstände vorliegen, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln hinsichtlich der wahren Gründe und insbesondere zu dem Verdacht geben, dass diese Gründe den Zielen des Gemeinschaftsrechts fremd und daher ermessensmissbräuchlich sind (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf Entscheidungen der Kommission Beschluss des Gerichtshofs vom 18. Juni 1986, BAT und Reynolds/Kommission, 142/84 und 156/84, Slg. 1986, 1899, Randnr. 11). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

158    Daraus folgt, dass sich aus dem Vorbringen der Klägerin keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Vorlage der gesamten Unterlagen betreffend das Vergabeverfahren für das vorliegende Verfahren zweckdienlich ist. Der Antrag auf Vorlage dieser Unterlagen ist somit zurückzuweisen.

 Kosten

159    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

160    Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr, wie von der EAR beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

161    Darüber hinaus tragen nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daraus folgt, dass die Kommission ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Sogelma – Societá generale lavori manutenzioni appalti Srl trägt ihre eigenen Kosten und die der Europäischen Agentur für den Wiederaufbau.

3.      Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Martins Ribeiro

Papasavvas

Dittrich

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. Oktober 2008.

Der Kanzler

 

      Die Präsidentin

E. Coulon

 

      M. E. Martins Ribeiro

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Parteien

Zur Zulässigkeit

A –  Zur Zuständigkeit des Gerichts, über eine nach Art. 230 Abs. 4 EG erhobene Klage gegen eine Handlung der EAR zu entscheiden

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

B –  Zum Erfordernis einer vorherigen Verwaltungsbeschwerde

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

C –  Zur Beachtung der Klagefrist

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

D –  Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Entscheidung, eine neue Ausschreibung durchzuführen, gerichtet ist

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

E –  Zur Zulässigkeit der Klage, soweit die Klägerin die Rechte von DOK ING geltend macht

1.  Vorbemerkungen

2.  Vorbringen der Parteien

3.  Würdigung durch das Gericht

F –  Ergebnis zur Zulässigkeit der Klage

Zur Begründetheit

A –  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung, die Ausschreibung zu annullieren

1.  Vorbringen der Parteien

a)  Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: unzureichende Begründung

b)  Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes: fehlende Logik und Widersprüchlichkeit der Begründung

2.  Würdigung durch das Gericht

a)  Vorbemerkungen

b)  Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: unzureichende Begründung

c)  Zum zweiten Teil des Klagegrundes: fehlende Logik und Widersprüchlichkeit der Begründung

B –  Zum Antrag auf Ersatz des behaupteten Schadens

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

C –  Zum Antrag auf Vorlage von Unterlagen

Kosten


* Verfahrenssprache: Italienisch.