Language of document : ECLI:EU:T:2022:66

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

9. Februar 2022(*)

„Unionsmarke – Verfallsverfahren – Unionswortmarke HEITEC – Nichtberücksichtigung von Beweismitteln, die der Nichtigkeitsabteilung und der Beschwerdekammer vorgelegt wurden – Art. 95 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/1001 – Keine ernsthafte Benutzung der Marke – Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) – Regel 40 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 (jetzt Art. 19 Abs. 1 der Delegierten Verordnung [EU] 2018/625)“

In der Rechtssache T‑520/19,

Heitec AG mit Sitz in Erlangen (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt G. Wagner,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Hetec Datensysteme GmbH mit Sitz in München (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte A. Kockläuner und O. Nilgen,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 23. April 2019 (Sache R 1171/2018‑2) zu einem Verfallsverfahren zwischen Hetec Datensysteme und Heitec

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira sowie der Richterinnen M. Kancheva und T. Perišin (Berichterstatterin),

Kanzler: R. Ūkelytė,

aufgrund der am 22. Juli 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 5. Dezember 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 29. November 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

nachdem die auf den 11. September, 28. September und 11. November 2020 sowie den 3. Februar und 28. April 2021 anberaumten mündlichen Verhandlungen jeweils auf Antrag der Klägerin verschoben worden sind,

nachdem ein weiterer Richter benannt worden ist, um die Kammer nach der Verhinderung eines ihrer Mitglieder zu vervollständigen,

auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2021, an der weder die Klägerin noch die Streithelferin teilgenommen haben,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 18. März 1998 meldete die Klägerin, die Heitec AG, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, ihrerseits geändert durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen HEITEC.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 41 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Computer, Unterrichtsapparate und ‑instrumente, Apparate für die Starkstromtechnik, Regelung und Steuerung, Apparate und Instrumente für die Schwachstrom- und Regelungstechnik“;

–        Klasse 16: „Lehr- und Unterrichtsmittel in Form von Druckereierzeugnissen und Wandtafelzeichengeräten, Computerlehrbücher, technische Übersetzungen, Bedienungs- und Serviceunterlagen“;

–        Klasse 35: „Entwicklung von Werbungskonzepten; Unternehmensberatung“;

–        Klasse 41: „Schulungen und Seminare, Vermittlung von technischem und wirtschaftlichem Know-How“;

–        Klasse 42: „Automatisierungsplanung, Konstruktion- und Anlagenplanung“.

4        Die angemeldete Marke wurde am 4. Juli 2005 eingetragen, dann am 16. Oktober 2008 und schließlich am 19. Juli 2018 verlängert.

5        Am 15. September 2016 stellte die Streithelferin, die Hetec Datensysteme GmbH, gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke für alle oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen mit der Begründung, dass diese Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union nicht ernsthaft benutzt worden sei.

6        Mit Schreiben vom 26. September 2016 forderte das EUIPO die Klägerin auf, bis zum 26. Dezember 2016 den Nachweis für die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke zu erbringen. Auf Antrag der Klägerin verlängerte das EUIPO die Frist bis zum 26. Februar 2017.

7        Am 23. Februar 2017 legte die Klägerin dem EUIPO zum Nachweis der Benutzung der angegriffenen Marke verschiedene, von 1 bis 7 bezifferte Nachweise (im Folgenden: Beweismittel 1 bis 7) vor, die in Rn. 4 der angefochtenen Entscheidung beschrieben sind.

8        Am 10. Mai 2017 reichte die Streithelferin ihre Stellungnahme zu den von der Klägerin vorgelegten Beweismitteln ein.

9        Am 17. Mai 2017 setzte das EUIPO der Klägerin eine Frist bis zum 17. Juli 2017, um sich zur Stellungnahme der Streithelferin zu äußern. Mit Fax vom 17. Juli 2017 beantragte die Klägerin eine kurzfristige Fristverlängerung bis zum 31. Juli 2017. Am 18. Juli 2017 verlängerte die Nichtigkeitsabteilung die Frist für die Gegenstellungnahme antragsgemäß bis zum 31. Juli 2017. Am 31. Juli 2017 beantragte die Klägerin per Fax erneut eine Verlängerung der Frist bis einschließlich 4. August 2017, da ihre zuständige Schreibkraft seit dem 27. Juli 2017 unvorhersehbar krankheitsbedingt ausgefallen sei und es daher nicht möglich sei, das Dokument rechtzeitig fertigzustellen. Dieser Verlängerungsantrag ging dem EUIPO zudem am 3. August 2017 per Post zu. Am 7. August 2017 lehnte das EUIPO den erneuten Antrag auf Fristverlängerung ab, weil keine außerordentlichen Gründe vorlägen. Es gewährte der Klägerin jedoch „aus Billigkeitsgründen“ eine Frist bis zum 10. August 2017.

10      Am 4. August 2017 reichte die Klägerin ihre Stellungnahme ein. Sie legte auch verschiedene, von 8 bis 10 bezifferte Benutzungsnachweise (im Folgenden: Beweismittel 8 bis 10) vor, die in Rn. 6 der angefochtenen Entscheidung beschrieben sind.

11      Mit Entscheidung vom 5. Juni 2018 erklärte die Nichtigkeitsabteilung die angegriffene Marke wegen fehlender ernsthafter Benutzung mit Wirkung vom 15. September 2016 für sämtliche von dieser Marke erfassten Waren und Dienstleistungen für verfallen, wobei sich der für den Benutzungsnachweis relevante Zeitraum vom 15. September 2011 bis zum 14. September 2016 erstreckte (im Folgenden: relevanter Zeitraum). Insbesondere lehnte sie es ausdrücklich ab, die am 4. August 2017 vorgelegten Beweismittel 8 bis 10 zu berücksichtigen, da sie in deren verspäteter Vorlage eine „Verzögerungstaktik oder eine erkennbare Fahrlässigkeit“ der Klägerin sah.

12      Am 20. Juni 2018 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung beim EUIPO eine Beschwerde nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 ein. Am 11. Oktober 2018 ging die Beschwerdebegründung beim EUIPO ein. Gleichzeitig mit der Beschwerdebegründung legte die Klägerin von 11 bis 15 bezifferte Nachweise (im Folgenden: Beweismittel 11 bis 15) vor, die in Rn. 9 der angefochtenen Entscheidung beschrieben sind.

13      Mit Entscheidung vom 23. April 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Erstens entschied sie, dass die am 11. Oktober 2018 erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegten Dokumente (Beweismittel 11 bis 15) insbesondere deshalb nicht berücksichtigt werden könnten, weil sie offenkundig unerheblich und daher für den Ausgang der Sache nicht von Relevanz seien, und dass die Beweismittel 12 und 13 nicht als ergänzend eingestuft werden könnten. Zweitens seien die am 4. August 2017 vorgelegten Dokumente (Beweismittel 8 bis 10) von der Nichtigkeitsabteilung zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden. Es komme nicht auf die Frist an, die das EUIPO der Klägerin gesetzt habe, um sich zur Stellungnahme der Streithelferin zu äußern, sondern auf die Frist, die das EUIPO der Klägerin gesetzt habe, um die Benutzungsunterlagen gemäß Regel 40 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. 1995, L 303, S. 1) vorzulegen, d. h. die ursprünglich auf den 26. Dezember 2016 festgesetzte und bis zum 26. Februar 2017 verlängerte Frist. Es lägen keine berechtigten Gründe für die verspätete Einreichung der Beweismittel 8 bis 10 vor, wie die Nichtigkeitsabteilung zu Recht festgestellt habe. Auch wenn keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Verhalten der Klägerin eine bewusste Verzögerungstaktik darstelle, so habe es dennoch nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrensführung genügt. Daher habe die Nichtigkeitsabteilung ihr Ermessen zu Recht dahin ausgeübt, die erst am 4. August 2017 eingereichten Nachweise nicht zu berücksichtigen.

14      Drittens stellte die Beschwerdekammer zum Nachweis der ernsthaften Benutzung (auf der Grundlage der fristgemäß vorgelegten Beweismittel 1 bis 7) fest, dass die Nichtigkeitsabteilung zutreffend festgestellt habe, dass die Beweismittel 1 bis 3 ihrer Natur nach ungeeignet seien, eine ernsthafte Benutzung nachzuweisen. Von den 18 als Beweismittel 4 eingereichten Rechnungen stammten lediglich drei Rechnungen aus dem relevanten Zeitraum, und auf diesen seien die abgerechneten Waren und Dienstleistungen für einen uneingeweihten Dritten nicht verständlich. Die als Beweismittel 5 eingereichten HEITEC‑Kundenmagazine stammten zwar aus dem relevanten Zeitraum, ihnen komme jedoch nur ein begrenzter Beweiswert zu, da ihnen nicht entnommen werden könne, ob und in welchem Umfang die beschriebenen geschäftlichen Aktivitäten tatsächlich unter der angegriffenen Marke vorgenommen worden seien, und die Berichte in den Kundenmagazinen so allgemein gehalten seien, dass es unmöglich sei, festzustellen, welche Waren und Dienstleistungen die Klägerin konkret angeboten habe. Schließlich seien aus demselben Grund auch die Beweismittel 6 und 7 keine ausreichenden Benutzungsnachweise, da sie die angebotenen Waren und Dienstleistungen lediglich durch sehr weit gefasste Oberbegriffe bezeichneten, die den Anforderungen der Rechtsprechung nicht gerecht würden. Abgesehen von der nicht ausreichend konkreten Bezeichnung der angebotenen Waren und Dienstleistungen erlaubten die Beweismittel 1 bis 7 selbst in ihrer Gesamtheit gesehen keine verlässliche Aussage zum Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke. Die Beschwerdekammer wies darauf hin, dass sich an diesem Ergebnis auch dann nichts ändere, wenn man – entgegen ihrer Entscheidung – die verspätet (am 4. August 2017 und am 11. Oktober 2018) eingereichten Dokumente (d. h. die Beweismittel 8 bis 10 und 11 bis 15) zu berücksichtigen hätte, wobei sie diese gleichwohl kurz prüfte. Die Beschwerdekammer gelangte zu dem Ergebnis, dass, selbst wenn man diese verspätet eingereichten Beweismittel berücksichtige, die vorgelegten Dokumente in ihrer Gesamtheit nicht ausreichten, um eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen oder auch nur einen Teil davon zu belegen.

 Anträge der Parteien

15      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

16      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

17      Ohne formal die Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 130 der Verfahrensordnung des Gerichts zu erheben, macht die Streithelferin zum einen geltend, die vorliegende Klage sei offensichtlich unzulässig, da sie an den „Gerichtshof der Europäischen Union“ und nicht an das für die Klage ausschließlich zuständige Gericht der Europäischen Union gerichtet sei. Sollte „wider Erwarten davon auszugehen sein, dass dieser Mangel geheilt wurde“, so sei die Klage aufgrund der verspäteten Heilung verspätet. Zum anderen habe es die Klägerin unter Verstoß gegen Art. 177 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 51 Abs. 3 der Verfahrensordnung versäumt, eine ordnungsgemäße Vollmacht vorzulegen. Die mit 19. September 2019 datierte Vollmacht lasse den Namen des Unterzeichners nicht erkennen, ferner beziehe sie sich nicht auf das vorliegende Verfahren, sondern ganz offensichtlich auf das Löschungsverfahren vor dem EUIPO mit dem Aktenzeichen 000 013 748 C, das mit der vorliegenden Rechtssache T‑520/19 vor dem Gericht nicht identisch sei.

18      Hierzu ist zum einen darauf hinzuweisen, dass nach Art. 19 Abs. 1 des Vertrags über die Europäische Union der Gerichtshof der Europäischen Union u. a. den Gerichtshof und das Gericht umfasst. Nachdem die Mängel der Klageschrift auf Aufforderung des Kanzlers des Gerichts behoben worden sind, geht zudem aus der Klageschrift, insbesondere aus ihren Rn. 3, 6 und 33, offenkundig hervor, dass die Klage beim Gericht der Europäischen Union erhoben worden ist.

19      Zum anderen geht aus den Akten hervor, dass die Aufforderung des Kanzlers zur Behebung von Mängeln der Klageschrift auch die Vorlage der Vollmacht der Partei betraf, da die Klägerin eine von einem ihrer Vertreter in Nürnberg (Deutschland) unterzeichnete Vollmacht vom 13. September 2011 eingereicht hatte, die „zur Führung dieses Prozesses“ ermächtigte, der nicht näher bezeichnet wurde. Zum Zweck der verlangten Mängelbehebung reichte die Klägerin eine von ihren Vertretern in Erlangen unterzeichnete „aktuelle“ Vollmacht vom 19. September 2019 „zur Führung dieses Prozesses“ wegen der „Unionsmarke Heitec“ ein, durch die der Prozessbevollmächtigte u. a. ermächtigt wurde, „Rechtsmittel einzulegen“. Am 17. Oktober 2019 hat der Kanzler, der diesen Grad der Präzision als ausreichend ansah, festgestellt, dass die Mängel der Klageschrift ordnungsgemäß behoben seien. Dies ist zu bestätigen.

20      Die von der Streithelferin geltend gemachten Unzulässigkeitsgründe sind somit zurückzuweisen und die vorliegende Klage ist zulässig.

 Zur Begründetheit

21      Die Klägerin macht drei Klagegründe geltend. Der erste und der zweite Klagegrund werden jeweils aus Verstößen gegen Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 hergeleitet. Mit dem ersten Klagegrund wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, die erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegten Beweismittel 11 bis 15 nicht berücksichtigt zu haben. Mit dem zweiten Klagegrund beanstandet sie, dass weder die Nichtigkeitsabteilung noch die Beschwerdekammer die im Verfallsverfahren vorgelegten Beweismittel 8 bis 10 berücksichtigt hätten. Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 58 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung in Verbindung mit Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 und deren Regel 22 Abs. 2 bis 4 geltend gemacht und beanstandet, der Nachweis der ernsthaften Benutzung sei auf der Grundlage sämtlicher Beweismittel und selbst auf der alleinigen Grundlage der Beweismittel 1 bis 7 fehlerhaft gewürdigt worden.

22      Die Prüfung der ersten beiden Klagegründe ist nicht zusammenzufassen, auch wenn diese aus einem Verstoß gegen dieselbe materielle Vorschrift hergeleitet werden, da sie unterschiedliche Beweise betreffen und vor allem die auf sie anwendbaren Rechtsvorschriften nicht identisch sind.

 Zur Bestimmung der zeitlich anwendbaren Verordnungen

23      Angesichts des Zeitpunkts, zu dem der fragliche Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt wurde, hier der 15. September 2016, der für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts maßgeblich ist, gelten für den vorliegenden Rechtsstreit die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2019, Deichmann/EUIPO, C‑223/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:471, Rn. 2, und vom 3. Juli 2019, Viridis Pharmaceutical/EUIPO, C‑668/17 P, EU:C:2019:557, Rn. 3). Außerdem ist nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Was im vorliegenden Fall die materiellen Rechtsvorschriften betrifft, sind die Bezugnahmen der Parteien in der Argumentation vor dem Gericht auf Art. 18 und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 als Bezugnahmen auf Art. 15 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 zu verstehen, deren Inhalt identisch ist. Daher ist der dritte Klagegrund dahin zu verstehen, dass ein Verstoß gegen die letztgenannten Vorschriften geltend gemacht wird.

25      Was die im vorliegenden Fall einschlägigen, vor dem EUIPO geltenden Verfahrensvorschriften betrifft, war Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001, die am 1. Oktober 2017 in Kraft trat, sowohl im Verfallsverfahren vor der Nichtigkeitsabteilung (Entscheidung vom 5. Juni 2018) als auch im Verfahren vor der Beschwerdekammer (Entscheidung vom 23. April 2019) anwendbar und findet daher im vorliegenden Fall sowohl auf den ersten als auch den zweiten Klagegrund Anwendung. Da der Antrag auf Erklärung des Verfalls vor dem 1. Oktober 2017 (am 15. September 2016) gestellt wurde, galten außerdem gemäß der ausdrücklichen Übergangsregelung in Art. 80 in Verbindung mit Art. 82 Abs. 2 Buchst. f, g, und i der Delegierten Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Unionsmarke und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430 (ABl. 2018, L 104, S. 1) im Verfallsverfahren vor der Nichtigkeitsabteilung und damit für den zweiten Klagegrund weiterhin die Verfahrensvorschriften der Verordnung Nr. 2868/95, insbesondere deren Regeln 22 und 40. Da die Beschwerde bei der Beschwerdekammer nach dem 1. Oktober 2017 (am 20. Juni 2018) eingereicht wurde, galten hingegen gemäß der genannten Übergangsregel in Verbindung mit Art. 82 Abs. 2 Buchst. j der Delegierten Verordnung 2018/625 im Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer und damit für den ersten Klagegrund die Verfahrensvorschriften des Titels V der Delegierten Verordnung 2018/625, insbesondere deren Art. 27 Abs. 4 betreffend Beweismittel, die der Beschwerdekammer zum ersten Mal vorgelegt werden. Die Beschwerdekammer hat die anwendbaren Verfahrensvorschriften insbesondere in den Rn. 22 und 26 der angefochtenen Entscheidung zu Recht im Wesentlichen auf diese Weise bestimmt.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001

26      Mit dem ersten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 verstoßen, da sie die mit der Beschwerdeschrift vom 11. Oktober 2018 vorgelegten zusätzlichen Beweismittel 11 bis 15, insbesondere die Beweismittel 12 und 13, nicht berücksichtigt und nicht als für den Benutzungsnachweis relevant eingestuft habe.

27      Die Beschwerdekammer habe nicht berücksichtigt, dass die Nichtigkeitsabteilung ihr nicht mitgeteilt habe, welche Nachweise innerhalb der festgesetzten Frist vorzulegen seien. Die Beschwerdekammer könne auch nicht damit gehört werden, dass die vorgelegten Beweismittel undatiert gewesen seien und nachvollziehbare Angaben dazu fehlten, dass und in welcher Anzahl die Broschüren bzw. die Firmenzeitschrift der Klägerin verteilt worden seien. Der Beschwerdekammer hätte in Anbetracht des Beweismittels 5 (drei Ausgaben des Magazins der Klägerin Heitec news) bekannt sein müssen, dass die Firmenzeitschrift bzw. das Kundenmagazin ebenso wie alle Leistungs- und Produktbeschreibungen zumindest mit einer Auflagenzahl von 10 000 Stück verteilt worden seien. Dies gelte auch uneingeschränkt für die ergänzend vorgelegten Beweismittel 11 bis 15, die unstreitig europaweit zu der vorgenannten Auflagenzahl in Höhe von mindestens 10 000 Stück verteilt und verbreitet worden seien. Unter Nr. 2.5 der Beschwerdebegründung vom 11. Oktober 2018 sei auch dargestellt, wann die Werbebroschüren bzw. Bewerbungen von Produkten und Leistungen erfolgt seien und auf welche Waren- und Dienstleistungsklassen sich diese bezogen hätten. Dies sei von der Streithelferin in ihrer Stellungnahme vom 29. November 2018 nicht bestritten worden und daher als zugestanden und richtig zugrunde zu legen. Unabhängig davon wäre nach Ansicht der Klägerin auch eingereichtes Beweismaterial ohne Datumsangabe im Rahmen der Gesamtwürdigung von Relevanz und mit anderen vorgelegten Beweismitteln, vorliegend den Beweismitteln 4 bis 10, die auch Datumsangaben enthielten, zu bewerten und zu berücksichtigen. Bei den Beweismitteln 11 bis 15 habe es sich nur um ergänzende Benutzungsnachweise zu den Beweismitteln 4 bis 10 (für den Zeitraum 2012 bis 2014) gehandelt, und daher hätte die Beschwerdekammer sie im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens zulassen müssen. Aus der Entscheidung der Beschwerdekammer sei auch nicht ersichtlich, dass diese überhaupt ein Ermessen ausgeübt habe, was schon verfahrensfehlerhaft sei.

28      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

29      Es ist darauf hinzuweisen, dass das EUIPO nach Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen braucht.

30      Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift folgt, dass als allgemeine Regel und vorbehaltlich einer gegenteiligen Vorschrift die Beteiligten Tatsachen und Beweismittel auch dann noch vorbringen können, wenn die für dieses Vorbringen nach den Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 geltenden Fristen abgelaufen sind, und dass es dem EUIPO keineswegs untersagt ist, solche verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen (Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 42, vom 18. Juli 2013, New Yorker SHK Jeans/HABM, C‑621/11 P, EU:C:2013:484, Rn. 22, und vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 77).

31      Andererseits ergibt sich aus diesem Wortlaut ebenso eindeutig, dass ein solches verspätetes Vorbringen von Tatsachen und Beweismitteln dem Beteiligten, von dem es stammt, keinen bedingungslosen Anspruch darauf verleihen kann, dass diese Tatsachen oder Beweismittel vom EUIPO berücksichtigt werden. Denn mit der Klarstellung, dass das EUIPO die fraglichen Beweismittel nicht zu berücksichtigen „braucht“, räumt diese Vorschrift dem EUIPO ein weites Ermessen ein, um unter entsprechender Begründung seiner Entscheidung darüber zu befinden, ob sie zu berücksichtigen sind oder nicht (Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 43, vom 18. Juli 2013, New Yorker SHK Jeans/HABM, C‑621/11 P, EU:C:2013:484, Rn. 23, und vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 78).

32      Was speziell die Vorlage von Nachweisen für die ernsthafte Benutzung der Marke im Rahmen von Verfallsverfahren gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 angeht, ist darauf hinzuweisen, dass diese Verordnung keine Bestimmung in Bezug auf die Frist enthält, innerhalb deren solche Nachweise beizubringen sind.

33      Hingegen sieht Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 insoweit vor, dass das EUIPO dem Inhaber der Unionsmarke eine Frist setzt, innerhalb deren er den Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke zu führen hat. Diese Regel sieht zudem in ihrem Satz 2 vor, dass die Marke verfällt, wenn der Nachweis ihrer Benutzung nicht innerhalb der vom EUIPO gesetzten Frist geführt wird.

34      Daraus folgt, dass das EUIPO, wenn innerhalb der von ihm gesetzten Frist kein Beweis für die Benutzung der betreffenden Marke vorgelegt worden ist, grundsätzlich von Amts wegen die Sanktion des Verfalls zu verhängen hat. Dieser Schluss ist jedoch nicht geboten, wenn innerhalb dieser Frist Beweise für die Benutzung, die nicht ohne jede Relevanz sind, vorgelegt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 86, 87 und 98).

35      Daraus folgt auch, dass die Vorlage von Beweisen für die Benutzung der Marke, die zu Beweisen hinzukommen, die innerhalb der vom EUIPO gemäß Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 gesetzten Frist vorgelegt wurden, auch nach Ablauf dieser Frist noch möglich ist und dass es dem EUIPO keineswegs untersagt ist, verspätet vorgelegte zusätzliche Beweise zu berücksichtigen (Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 88; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 21. Juli 2016, EUIPO/Grau Ferrer, C‑597/14 P, EU:C:2016:579, Rn. 26 bis 28).

36      Außerdem begrenzt Art. 27 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2018/625 das Ermessen der Beschwerdekammer nunmehr durch zwei kumulative Voraussetzungen für die Berücksichtigung verspäteter Beweismittel:

„Gemäß Artikel 95 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/1001 darf die Beschwerdekammer Tatsachen oder Beweismittel, die ihr zum ersten Mal vorgelegt werden, nur dann berücksichtigen, wenn diese Tatsachen oder Beweismittel die folgenden Erfordernisse erfüllen:

a)      Sie erscheinen auf den ersten Blick für den Ausgang des Falls von Relevanz, und

b)      sie wurden aus berechtigten Gründen nicht fristgemäß vorgelegt, insbesondere wenn sie bereits fristgemäß vorgelegte einschlägige Tatsachen und Beweismittel lediglich ergänzen oder wenn sie der Anfechtung von Feststellungen dienen, die von der ersten Instanz von Amts wegen in der Entscheidung, gegen die sich die Beschwerde richtet, ermittelt oder untersucht wurden.“

37      Im vorliegenden Fall legte die Klägerin folgende Beweise zum ersten Mal der Beschwerdekammer vor:

–        Beweismittel 11: handschriftlich mit 2012 datiertes Deckblatt einer Werbebroschüre für Software-Lösungen unter dem Zeichen HEITEC;

–        Beweismittel 12: handschriftlich mit 2012 datiertes Dokument „Laserstrahlbeschriftung“, das das Bildzeichen HEITEC trägt und die von der Klägerin im Bereich der Laserstrahlbeschriftung angebotene Lösung beschreibt;

–        Beweismittel 13: Deckblatt einer Broschüre über „Komplettlösungen Engineering-Dienstleistungen“, die nach handschriftlicher Beschriftung von 2013 datiert und auf dem das Bildzeichen HEITEC abgebildet ist;

–        Beweismittel 14: Deckblatt einer Broschüre zum Thema „identifizieren, inspizieren, interagieren“, die nach handschriftlicher Beschriftung von 2014 datiert und auf dem das Bildzeichen HEITEC abgebildet ist;

–        Beweismittel 15: Deckblatt einer Broschüre zu „Funktionstest, Bildverarbeitung, Komplettsysteme“, die nach handschriftlicher Beschriftung von 2013 datiert und auf dem das Bildzeichen HEITEC abgebildet ist.

38      Es ist unstreitig, dass die Beweismittel 11 bis 15 erstmals im Beschwerdeverfahren, am 11. Oktober 2018, vorgelegt wurden.

39      Folglich wurden diese Benutzungsnachweise nicht mehr innerhalb der von der Nichtigkeitsabteilung gesetzten Frist vorgelegt, unabhängig davon, ob diese Frist am 26. Februar 2017 (siehe oben, Rn. 6) oder wie von der Klägerin vorgetragen am 10. August 2017 (siehe unten, zweiter Klagegrund) ablief. Ihre mögliche Berücksichtigung fiel somit in das Ermessen der Beschwerdekammer.

40      Zunächst ist festzustellen, dass aus den Rn. 23 bis 25 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass die Beschwerdekammer – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – ihr Ermessen in Bezug auf die Beweismittel 11 bis 15 offenkundig ausgeübt hat.

41      Nun ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer bei der Ausübung ihres Ermessens die in Art. 27 Abs. 4 Buchst. a und b der Delegierten Verordnung 2018/625 aufgestellten kumulativen Voraussetzungen (siehe oben, Rn. 36) beachtet hat.

42      Was die Voraussetzung betrifft, wonach die Beweismittel 11 bis 15 auf den ersten Blick für den Ausgang des Falls von Relevanz sein müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 23 und 24 der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer Prüfung dieser Beweismittel festgestellt hat, dass diese offensichtlich unerheblich und damit für den Ausgang des Falls nicht von Relevanz seien. Sie stützte sich u. a. darauf, dass die Dokumente ausschließlich handschriftlich datiert gewesen seien, ohne dass diese Datierungen durch andere Nachweise bestätigt worden seien, und es an einem Nachweis fehle, dass die Dokumente den für den Benutzungsnachweis relevanten Zeitraum beträfen. Zudem enthielten die Beweismittel 11, 13, 14 und 15 keine ausreichend konkreten Angaben, welche Waren und Dienstleistungen genau unter der angegriffenen Marke angeboten worden seien, da es sich um Deckblätter von Werbebroschüren handele. Schließlich könnten die Beweismittel 12 und 13 nicht als die fristgerecht vorgelegten Beweismittel ergänzende Beweismittel eingestuft werden.

43      Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, auch die fehlende Datierung führe nicht dazu, dass die Beweismittel 11 bis 15 nicht relevant seien, da die Beschwerdekammer bereits aufgrund der fristgerecht vorgelegten Beweismittel hätte wissen müssen, dass diese Beweismittel ebenfalls den relevanten Zeitraum (15. September 2011 bis 14. September 2016) betreffen sollten.

44      Dieses Vorbringen vermag jedoch die oben in Rn. 42 dargestellten Feststellungen der Beschwerdekammer aus folgenden Gründen nicht in Frage zu stellen.

45      Erstens war es, da die Beweismittel 11 bis 15 verspätet vorgelegt wurden, Sache der Klägerin, die Relevanz dieser Beweismittel klar, präzise und eindeutig zu erläutern. Aus Nr. 2.5 der Beschwerdebegründung geht jedoch hervor, dass die Klägerin dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, da sie diese Beweismittel nur knapp beschrieben hat.

46      Zweitens trägt die Klägerin in der Klageschrift lediglich pauschal vor, dass sich die Relevanz der Beweismittel 11 bis 15 aus ihrer Gesamtbetrachtung mit den bereits vorgelegten Beweismitteln ergebe. Eine solche pauschale Bezugnahme ist jedoch nicht ausreichend klar, präzise und eindeutig. Auch die konkrete Nennung des Beweismittels 5 reicht nicht aus, da dieses drei Magazine umfasst, das erste vom November 2010, vor dem relevanten Zeitraum, das zweite vom Januar 2013, in diesem Zeitraum, während das dritte nicht datiert ist, aber die handschriftliche Angabe des Jahres 2016 enthält, also aus diesem Zeitraum oder der Zeit danach stammt.


47      Drittens kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass sich die Relevanz der Beweismittel 11 bis 15 aus dem bloßen Umstand ergebe, dass die Streithelferin die vorgelegten Beweismittel nicht insgesamt fristgerecht beanstandet habe. Zum einen ist diese Behauptung in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend, da eine solche Beanstandung aus der Stellungnahme der Streithelferin vom 29. November 2018 im Verfahren vor der Beschwerdekammer hervorgeht. Zum anderen ist sie in rechtlicher Hinsicht unzutreffend, da nach der Rechtsprechung im Rahmen eines Verfallsverfahrens der Nachweis einer ernsthaften Benutzung der Marke grundsätzlich deren Inhaber obliegt und nicht von Amts wegen vom EUIPO zu führen ist (Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 63), unabhängig von der Argumentation der Person, die den Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt hat.

48      Außerdem wird in der Klageschrift in keiner Weise die Feststellung der Beschwerdekammer widerlegt, dass die Beweismittel 11, 13, 14 und 15 keine ausreichend konkreten Angaben dazu enthalten, welche Waren und Dienstleistungen genau unter der angegriffenen Marke angeboten wurden, da es sich um Deckblätter von Werbebroschüren handelt. In Nr. 2.5 der Beschwerdebegründung, auf die sich die Klägerin beruft, ist die Relevanz dieser Dokumente für bestimmte Waren oder Dienstleistungen nicht klar dargetan.

49      Es ist somit festzustellen, dass die erste Voraussetzung von Art. 27 Abs. 4 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2018/625 nicht erfüllt ist, da die erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegten Beweismittel nicht auf den ersten Blick für den Ausgang des Falls von Relevanz sind.

50      Was die zweite Voraussetzung des Vorliegens berechtigter Gründe für die nicht fristgemäße Vorlage von Beweismitteln gemäß Art. 27 Abs. 4 Buchst. b der Delegierten Verordnung 2018/625 betrifft, ist das Argument der Klägerin, das EUIPO habe ihr nicht konkret mitgeteilt, welche Beweismittel innerhalb der gesetzten Frist vorzulegen seien, jedenfalls offensichtlich unbegründet.

51      Das EUIPO hat die Klägerin nämlich gebührend auf die sich unmittelbar aus dem Unionsrecht, nämlich Regel 22 Abs. 2 bis 4 der Verordnung Nr. 2868/95 und Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 97 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001), ergebenden Anforderungen hingewiesen. Hingegen war das EUIPO nicht verpflichtet, der Klägerin die konkreten Beweise zu nennen, durch die diese Anforderungen erfüllt werden könnten, da diese Beweise der Klägerin und nicht dem EUIPO zur Verfügung standen. Nach der bereits oben in Rn. 47 angeführten Rechtsprechung obliegt nämlich der Nachweis einer ernsthaften Benutzung der Marke grundsätzlich deren Inhaber und ist nicht von Amts wegen vom EUIPO zu führen (Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 63).

52      Soweit die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung das Vorliegen berechtigter Gründe für die verspätete Vorlage der Beweismittel 12 und 13 mit der Begründung verneint hat, dass diese nicht als die fristgemäß vorgelegten Dokumente ergänzende Beweise eingestuft werden könnten, sondern neu seien, hat die Klägerin kein hinreichend konkretes Argument vorgetragen, um diese Feststellung zu widerlegen.

53      Folglich hat die Beschwerdekammer bei der tatsächlichen Ausübung ihres weiten Ermessens hinsichtlich der Berücksichtigung der erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegten Beweismittel 11 bis 15 unter Beachtung aller relevanten Umstände und gemäß den in Art. 27 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2018/625 definierten Voraussetzungen zu Recht entschieden, dass keine der beiden in diesem Artikel vorgesehenen kumulativen Voraussetzungen erfüllt war, da diese Beweismittel nicht auf den ersten Blick von Relevanz für den Ausgang des Falls waren und keine berechtigten Gründe für ihre nicht fristgemäße Vorlage bestanden.

54      Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001

55      Mit dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 verstoßen, indem sie die Auffassung vertreten habe, die Nichtigkeitsabteilung habe die ergänzenden Beweise vom 4. August 2017, d. h. die Beweismittel 8 bis 10, zu Recht als verspätet zurückgewiesen, und die schriftlichen Erläuterungen in der Stellungnahme vom 4. August 2017 nicht berücksichtigt.

56      Die Klägerin trägt vor, sie habe dem EUIPO am 4. August 2017 fristgemäß eine ergänzende Stellungnahme und ergänzende Beweismittel, einschließlich der Beweismittel 8 bis 10, zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke übersandt. Zu Beweismittel 8, das 23 nummerierte Rechnungen umfasste, die an Kunden in verschiedenen Ländern gerichtet waren und aus den Jahren 2014 bis 2016 stammten, macht sie geltend, sie habe detailliert und substanziiert vorgetragen, auf welche Waren- und Dienstleistungen, die alle unter der angegriffenen Marke angeboten und erbracht worden seien, sich diese Rechnungen bezögen, ohne dass dieser Vortrag bestritten worden wäre. Zusätzlich seien die Beweismittel 9 und 10 vorgelegt worden, um auch insoweit zu dokumentieren und nachzuweisen, dass in den Jahren 2011 bis 2016 Waren- und Dienstleistungen, die von der angegriffenen Marke erfasst seien, ausschließlich unter dieser Marke erbracht und angeboten worden seien. Die Nichtigkeitsabteilung und die Beschwerdekammer hätten die Stellungnahme vom 4. August 2017 und die ergänzenden Beweismittel außer Acht gelassen, die jedoch deutlich vor Ablauf der aus Billigkeitsgründen bis 10. August 2017 verlängerten Frist vorgelegt worden seien. Daher habe die Klägerin den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrensführung genügt. Es sei vielmehr die Streithelferin, die die Fristen missachtet habe, indem sie auf die Stellungnahme der Klägerin nicht wie angeordnet am 28. April 2017, sondern erst am 10. Mai 2017 erwidert habe. Die Beschwerdekammer habe verkannt, dass nach der Rechtsprechung ein Vortrag nur dann keine Berücksichtigung finden dürfe und als verspätet zu qualifizieren sei, wenn er nicht in den hierfür vorgesehenen Fristen erfolge.

57      Selbst wenn die Stellungnahme vom 4. August 2017 samt der zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Beweismittel als verspäteter Sachvortrag zu qualifizieren wären, hätte die Beschwerdekammer nach Ansicht der Klägerin jedoch berücksichtigen müssen, dass schon gemäß Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 die am 4. August 2017 vorgelegten neuen Unterlagen bzw. Beweismittel zwingend zu berücksichtigen seien, da sie lediglich den Benutzungsnachweis und den Sachvortrag in der Stellungnahme vom 23. Februar 2017 ergänzt hätten. Da die Klägerin die Benutzungsnachweise jeweils „fristgerecht“ vorgelegt habe, stehe der Berücksichtigung „verspätet eingereichter“ Unterlagen nach diesem Artikel nichts entgegen.

58      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

59      Im vorliegenden Fall legte die Klägerin im Verfallsverfahren vor dem EUIPO folgende Beweismittel vor:

–        Beweismittel 8: 23 Rechnungen ausgestellt von der Klägerin an Kunden in der Union, insbesondere Deutschland, Österreich, dem Vereinigten Königreich, Italien, Frankreich, Kroatien; 20 der 23 Rechnungen beziehen sich auf den relevanten Zeitraum; manche von den Rechnungen sind nicht in der Verfahrenssprache verfasst und eine Übersetzung in der Verfahrenssprache ist nicht beigefügt; die Rechnungen tragen rechts oben ein Bildzeichen HEITEC;

–        Beweismittel 9: HEITEC‑Broschüre „Industriekompetenz in Automatisierung und Elektronik“, nicht datiert;

–        Beweismittel 10: HEITEC‑Broschüre „Industriekompetenz in Automatisierung und Elektronik“, nicht datiert.

60      Es ist unstreitig, dass die Beweismittel 8 bis 10 am 4. August 2017 vorgelegt wurden.

61      Wie sich aus den oben angeführten Rn. 56 und 57 ergibt, beanstandet die Klägerin, was die Nichtberücksichtigung der Beweismittel 8 bis 10 betrifft, die angefochtene Entscheidung in zweifacher Hinsicht. Zum einen ist sie der Auffassung, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 verstoßen, indem sie die Vorlage dieser Beweismittel als „verspätet“ eingestuft habe, obwohl diese nach Ansicht der Klägerin innerhalb der vom EUIPO gesetzten Frist vorgelegt wurden; das EUIPO hatte die Frist für eine Stellungnahme „aus Billigkeitsgründen“ bis zum 10. August 2017 verlängert. Zum anderen trägt sie vor, dass selbst unter der Annahme, die Vorlage dieser Beweismittel sei verspätet, eine Pflicht bestanden habe, sie zu berücksichtigen, weil es sich bei ihnen nur um ergänzende Beweismittel handele, und dass selbst unter der Annahme, eine solche Pflicht bestehe nicht, die Nichtberücksichtigung dieser Beweismittel durch die Beschwerdekammer auf einer fehlerhaften Ausübung ihres Ermessens beruhe.

62      Diese zweifache Beanstandung kann keinen Erfolg haben.

63      Zum einen ist in Bezug auf die angeblich nicht verspätete Vorlage der Beweismittel 8 bis 10 darauf hinzuweisen, dass die Argumentation der Klägerin auf der unzutreffenden Prämisse beruht, die ihr vom EUIPO gemäß Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Vorlage von Nachweisen für die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke gesetzte Frist sei am 10. August 2017 abgelaufen.

64      Die zu diesem Zweck gemäß Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 festgesetzte Frist lief jedoch am 26. Februar 2017 ab (siehe oben, Rn. 6). Im Übrigen hatte das EUIPO die ursprünglich auf den 26. Dezember 2016 festgesetzte Frist auf Antrag der Klägerin um zwei Monate verlängert.

65      Außerdem wies das EUIPO die Klägerin in seinem Schreiben vom 26. September 2016 ausdrücklich auf die rechtlichen Folgen (Verfall ihrer Rechte an der angegriffenen Marke) einer nicht fristgemäßen Vorlage des Benutzungsnachweises sowie auf die Erforderlichkeit hin, diesen Nachweis grundsätzlich vollständig innerhalb der hierfür festgesetzten Frist vorzulegen.

66      Hingegen kann aus dem bloßen Umstand, dass das EUIPO der Klägerin in seinem Schreiben vom 17. Mai 2017 gemäß Regel 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 eine Frist gewährt hat, um sich zu der Stellungnahme der Streithelferin zu äußern, nicht darauf geschlossen werden, dass es ihr eine neue Frist für den Benutzungsnachweis gemäß Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 eingeräumt hat. Die erstgenannte, ursprünglich auf den 17. Juli 2017 festgesetzte Frist wurde ein erstes Mal bis zum 31. Juli 2017, dann „aus Billigkeitsgründen“ ein zweites Mal bis zum 10. August 2017 verlängert. In seinem Schreiben vom 17. Mai 2017 forderte das EUIPO die Klägerin lediglich auf, sich zu der Stellungnahme der Streithelferin zu äußern, ohne ihr eine neue Frist für die Vorlage des Benutzungsnachweises zu setzen.

67      Hierzu ist hervorzuheben, dass Regel 40 der Verordnung Nr. 2868/95 klar zwischen der Frist im Sinne von Abs. 5 für die Erbringung des Benutzungsnachweises und der in Abs. 3 genannten Frist für die Äußerung zu der Stellungnahme der Person, die den Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt hat, unterscheidet.


68      Somit hat die Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass es nicht auf die Frist ankommt, die der Klägerin vom EUIPO gesetzt wurde, um sich zu der Stellungnahme der Streithelferin zu äußern, sondern auf die Frist, die der Klägerin vom EUIPO für die Vorlage von Benutzungsnachweisen gemäß Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 gesetzt wurde.

69      Daher hat die Beschwerdekammer zutreffend die Bewertung der Nichtigkeitsabteilung bestätigt, dass die am 4. August 2017 eingereichten Beweismittel 8 bis 10 verspätet vorgelegt wurden, weil die Frist für die Erbringung des Nachweises der Benutzung am 26. Februar 2017 abgelaufen war.

70      Zum anderen beruft sich die Klägerin darauf, dass selbst unter der Annahme, diese Vorlage sei verspätet, allein deshalb eine Pflicht bestehe, die verspätet vorgelegten Beweise zu berücksichtigen, weil es sich ausschließlich um ergänzende Beweise handele.

71      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung (siehe oben, Rn. 31) kein bedingungsloser Anspruch auf Berücksichtigung solcher Beweise besteht; diese fällt in das Ermessen der Entscheidungsinstanzen des EUIPO. Daher können der Stand des Verfahrens und die Umstände, unter denen die verspätete Vorlage dieser Beweise erfolgt, deren Berücksichtigung entgegenstehen. Ein Verstoß der Klägerin gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Führung des Verfahrens vor dem EUIPO konnte daher einer Berücksichtigung der Beweismittel 8 bis 10 grundsätzlich entgegenstehen.

72      Im vorliegenden Fall ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, das Kriterium einer ordnungsgemäßen Verfahrensführung könne nicht berücksichtigt werden, weil die verspätet vorgelegten Beweismittel 8 bis 10 ergänzende Dokumente gewesen seien.

73      Dass ein verspätet vorgelegter Beweis ergänzend ist, ist nämlich lediglich die notwendige Bedingung, um entscheiden zu müssen, ob dieser Beweis zu berücksichtigen ist, nicht aber eine hinreichende Bedingung dafür, ihn tatsächlich zu berücksichtigen. Dass die Beschwerdekammer diese Beweise zurückgewiesen hat, bedeutet somit noch nicht, dass sie ihrem ergänzenden Charakter nicht Rechnung getragen hätte, sondern beruht vielmehr auf der Berücksichtigung anderer Faktoren, insbesondere dem der ordnungsgemäßen Verfahrensführung durch die Klägerin. Überdies hat die Beschwerdekammer die Beweismittel 8 bis 10 in den Rn. 42 und 43 der angefochtenen Entscheidung – vorsorglich – tatsächlich berücksichtigt und kurz geprüft, ohne dass sich ihre Beurteilung der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke dadurch geändert hätte.

74      Was zudem die tatsächliche Ausübung des Ermessens der Beschwerdekammer betrifft, sind die Argumente der Klägerin zu prüfen, mit denen im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass die Beschwerdekammer relevante Umstände nicht berücksichtigt habe.

75      Zunächst ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, die Beschwerdekammer habe nicht berücksichtigt, dass ihr eine Frist zur Stellungnahme bis zum 10. August 2017 eingeräumt worden sei. Dieses Argument ist in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend, da die Beschwerdekammer auf diesen Umstand ausdrücklich eingegangen ist. In Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung hat sie zutreffend u. a. darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine Verlängerung der Frist für die Vorlage von Benutzungsnachweisen handele, die bereits abgelaufen gewesen sei, sondern um eine Frist „zur Äußerung“ zu der Stellungnahme der Gegenpartei.

76      Hierzu ist nochmals zu betonen, dass die gemäß Regel 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 für die Äußerung zur Stellungnahme der Gegenpartei auf den 10. August 2017 festgesetzte Frist keine Auswirkung auf die Frist hat, die für die Erbringung des Nachweises der ernsthaften Benutzung im Sinne von Abs. 5 dieser Vorschrift auf den 26. Februar 2017 festgesetzt wurde (siehe oben, Rn. 66 bis 68). Die Klägerin hat nicht erklärt, warum es ihr unmöglich war, die erst am 4. August 2017 vorgelegten Dokumente innerhalb der auf den 26. Februar 2017 festgesetzten Frist einzureichen.

77      Außerdem ist das Argument, die Beschwerdekammer habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Klägerin gehofft habe, diese Dokumente fristgemäß vorzulegen, obwohl ihre Schreibkraft wenige Tage vor Ablauf der auf den 31. Juli 2017 festgesetzten Frist erkrankt sei, als unerheblich zurückzuweisen. Die angebliche Erkrankung ihrer Schreibkraft Ende Juli 2017 war nämlich offenkundig nicht entscheidend für die Beurteilung der Wahrung einer auf den 26. Februar 2017, also fünf Monate früher, festgesetzten Frist.

78      Überdies wurde dieser Umstand von der Beschwerdekammer gewürdigt. Diese hat in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass Rechtsanwälte und andere zugelassene Vertreter, da sie zugelassene Vertreter im Sinne von Art. 120 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 seien, im Rahmen der ihnen obliegenden Organisations- und Sorgfaltspflichten in ihren Kanzleien grundsätzlich Vorkehrungen für krankheitsbedingte Abwesenheiten treffen müssten. Diese Feststellung steht im Einklang mit der – für zugelassene Vertreter erst recht geltenden – Rechtsprechung, wonach die Sorgfaltspflicht die Einrichtung eines Systems zur internen Kontrolle und Überwachung der Fristen erfordert, das die unbeabsichtigte Versäumnis von Fristen generell ausschließt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Mai 2009, Aurelia Finance/HABM [AURELIA], T‑136/08, EU:T:2009:155, Rn. 26, und vom 26. September 2017, Banca Monte dei Paschi di Siena und Banca Widiba/EUIPO – ING-DIBa [WIDIBA], T‑83/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:662, Rn. 39).

79      Insoweit hat die Beschwerdekammer auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin mit einer Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung rechnen müsse. Die Frist zur Stellungnahme war bereits vom 17. auf den 31. Juli 2017 verlängert (siehe oben, Rn. 9) und der Klägerin ausdrücklich mitgeteilt worden, dass eine weitere Verlängerung dieser Frist nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände gewährt werden könne. Sie beantragte eine ausnahmsweise Verlängerung der Frist aber erst am letzten Tag der bereits verlängerten Frist, am 31. Juli 2017, obwohl ihr die Erkrankung ihrer Schreibkraft bereits zu einem früheren Zeitpunkt (nach den Angaben in Rn. 28 der Klageschrift am 27. Juli 2017) bekannt war, ab dem sie geeignete Vorkehrungen hätte treffen müssen.

80      Schließlich kann auch das Argument der Klägerin nicht durchgreifen, die Beschwerdekammer habe unberücksichtigt gelassen, dass nicht die Klägerin, sondern die Streithelferin die vom EUIPO festgesetzten Fristen nicht eingehalten habe. Dieses Argument ist nämlich teils in der Sache unzutreffend, da die Streithelferin ihre Stellungnahme am 10. Mai 2017 und damit innerhalb der auf den 22. Mai 2017 festgesetzten Frist einreichte. Darüber hinaus hat jedoch, selbst unter der Annahme, dass das EUIPO die bis 22. Mai 2017 gewährte Frist zurückgenommen und die auf den 28. April 2017 festgesetzte beibehalten habe und die Stellungnahme der Streithelferin daher verspätet gewesen sei, dieser Umstand keine Auswirkung auf die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der Verfahrensführung der Klägerin. Dieses Argument geht daher ins Leere, da der Umstand, auf den sich die Klägerin beruft, jedenfalls kein „relevanter Umstand“ im Sinne der Rechtsprechung (Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 110) ist, dem die Beschwerdekammer bei der Entscheidung über die Berücksichtigung der verspätet vorgelegten Beweismittel 8 bis 10 Rechnung tragen musste.

81      Nach alledem hat die Beschwerdekammer ihr weites Ermessen hinsichtlich der Berücksichtigung der verspätet vorgelegten Beweismittel 8 bis 10 tatsächlich ausgeübt und dabei sämtliche relevanten Umstände berücksichtigt.

82      Folglich hat die Beschwerdekammer die Beurteilung der Nichtigkeitsabteilung, wonach keine berechtigten Gründe für die verspätete Vorlage der Beweismittel 8 bis 10 vorlagen, zu Recht bestätigt.

83      Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 40 Abs. 5 und Regel 22 Abs. 2 bis 4 der Verordnung Nr. 2868/95

84      Mit dem dritten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 40 Abs. 5 und Regel 22 Abs. 2 bis 4 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen, indem sie nicht entschieden habe, dass die von der Klägerin am 23. Februar 2017 vorgelegten Beweismittel 1 bis 7 in ihrer Gesamtbetrachtung den Nachweis für die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke erbrächten. Nach Ansicht der Klägerin ergibt sich bereits aus den Beweismitteln 4 bis 7, dass die angegriffene Marke während des relevanten Zeitraums durchgehend benutzt worden sei.

85      Bei diesen Beweisen, die in Rn. 4 der angefochtenen Entscheidung ausführlich beschrieben sind, handelt es sich um folgende:

–        Beweismittel 1: Handelsregisterauszug für die Firma Heitec Industrieplanung GmbH;

–        Beweismittel 2: Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Fürth in Bezug auf die HEITEC AG;

–        Beweismittel 3: Eintragungsurkunde des EUIPO für die Unionsmarke Nr. 774 331 „HEITEC“;

–        Beweismittel 4: 18 Rechnungen, ausgestellt von der HEITEC AG bzw. der Rechtsvorgängerin HEITEC Industrieplanung GmbH an Kunden in der Union, u. a. Dänemark, der Slowakei, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Italien;

–        Beweismittel 5: Drei Ausgaben der Firmenzeitschrift Heitec news in der Verfahrenssprache; zwei der drei Ausgaben stammen von November 2010 und Januar 2013; die letzte Ausgabe ist undatiert, soll laut handschriftlicher Angabe aber aus dem Jahr 2016 stammen; die Auflage ist mit 10 000 Exemplaren angegeben;

–        Beweismittel 6: Broschüre „25 Jahre HEITEC – Wissen und Erfahrung. Lösungen für die Zukunft“, nicht datiert, HEITEC‑Broschüre „Industriekompetenz in Automatisierung und Elektronik“, nicht datiert.

–        Beweismittel 7: Auszug aus der Website der Heitec unter der Domain „www.heitec.de“, der aufgrund der Urheberrechtsangaben auf das Jahr 2015 datiert werden kann.

86      Die Klägerin trägt vor, mit dem Beweismittel 4 auch Rechnungen exemplarisch vorgelegt zu haben, die an ihre Kunden versandt worden seien. Diese Rechnungen stammten vom 13. April 2012, 17. September 2013 und 10. Dezember 2013 und trügen alle die angegriffene Marke. Darüber hinaus seien auch Rechnungen aus den Vorjahren vorgelegt worden, um insoweit auch zusätzlich zu dokumentieren, dass – „obgleich nicht entscheidungserheblich“ – die Marke auch in den Vorjahren durchgehend benutzt worden sei.

87      In Bezug auf das Beweismittel 5 trägt die Klägerin vor, dass ihre Firmenzeitschriften (2010 bis 2016) betreffend die Jahre, für die sie aufgelegt und verteilt worden seien, genau gekennzeichnet seien und dies handschriftlich vermerkt worden sei. Diese Firmenzeitschriften seien an alle ihre nationalen Kunden sowie an ihre internationalen Kunden in Österreich, der Slowakei und der Schweiz verteilt worden. In diesen Firmenzeitschriften seien auch die von der Klägerin im relevanten Zeitraum unter der angegriffenen Marke erbrachten Dienstleistungen und gelieferten Waren angegeben, wie sie in ihrem Schriftsatz vom 23. Februar 2017 detailliert beschrieben worden seien. Aus der Firmenzeitschrift für das Jahr 2013 ergebe sich, dass die Klägerin im Bereich der Automatisierung tätig gewesen und tätig sei und dabei die angegriffene Marke zur Kennzeichnung ihrer Produkte und Dienstleistungen in diesem Bereich einsetze. Die Klägerin sei auf der Automatisierungsmesse SPS in Nürnberg vertreten und stelle dort ihre Automatisierungsprodukte, die ausschließlich unter der angegriffenen Marke angeboten würden, den Kunden vor. Diese Marke werde auch im Bereich Elektronik von Aufbausystemen eingesetzt, somit für die Warenklasse 9. Aus der Firmenzeitschrift für das Jahr 2016, die in der ersten Jahreshälfte aufgelegt und national und international verteilt worden sei, ergebe sich, dass unter der angegriffenen Marke folgende Leistungen erbracht würden: digitale Planung, Methodik im Engineering, virtuelle Inbetriebnahme, Vernetzung von SAP mit S., Datenmonitoring, Anlagenbau, u. a. für die Firma K. M., Automatisierungsleistung für Produktionsanlagen von D., Schulung zur Maschinenprogrammierung. Dies betreffe „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Computer, Unterrichtsapparate und Instrumente, Apparate für die Starkstromtechnik, Regelung und Steuerung, Apparate für Instrumente für die Schwachstrom- und Regelungstechnik“ in Klasse 9, „Automatisierungsplanung, Konstruktions- und Anlagenplanung“ in Klasse 42 und „Schulungen und Seminare“ in Klasse 41, die sämtlich unter der angegriffenen Marke erbracht worden seien.

88      In Bezug auf das Beweismittel 6 aus dem Jahr 2014 trägt die Klägerin vor, dass in dieser Unternehmensbroschüre der Klägerin unter der angegriffenen Marke und dem Oberbegriff Industriekompetenz in Automatisierung und Elektronik auf Seite 5 detailliert dargestellt werde, welche Waren- und Dienstleistungen unter der angegriffenen Marke erbracht und angeboten würden. Diese Darstellungen beträfen vollumfänglich die Waren- und Dienstleistungsklassen 9, 16, 41 und 42.

89      Als Beweismittel 7 legt die Klägerin einen Ausdruck ihres Internetauftritts aus dem Jahr 2016 vor, in dem für alle genannten Waren- und Dienstleistungsklassen auch die Geschäftsgebiete und die damit verbundene Lieferung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen detailliert dargestellt worden seien.

90      Die Klägerin zieht daraus den Schluss, dass ein ausreichender Benutzungsnachweis bereits am 23. Februar 2017 durch diese „exemplarisch“ vorgelegten Beweise geführt worden sei. Dass die Unionsmarke benutzt worden sei, ergebe sich des Weiteren aus den vorgelegten ergänzenden Beweismitteln 8 bis 15 sowie den Ausführungen und Erklärungen vom 4. August 2017 und 11. Oktober 2018, die von der Beschwerdekammer „verfahrensfehlerhaft“ nicht berücksichtigt worden seien.

91      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

92      Nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

93      Nach Regel 22 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 10 Abs. 3 und 4 der Delegierten Verordnung 2018/625), die gemäß Regel 40 Abs. 5 dieser Verordnung (jetzt Art. 19 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/625) auf Verfallsverfahren anwendbar ist, muss der Nachweis der Benutzung einer Marke Angaben zu Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Marke umfassen und beschränkt sich grundsätzlich auf die Vorlage von Urkunden und Beweisstücken, wie Verpackungen, Etiketten, Preislisten, Kataloge, Rechnungen, Fotografien, Zeitungsanzeigen und auf die in Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 97 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001) genannten schriftlichen Erklärungen.

94      Nach der Rechtsprechung wird eine Marke ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 43). Ferner wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke verlangt, dass die Marke, so wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (vgl. Urteil vom 6. Oktober 2004, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Krafft [VITAKRAFT], T‑356/02, EU:T:2004:292, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95      Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu prüfen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. Urteile vom 8. Juli 2004, MFE Marienfelde/HABM – Vétoquinol [HIPOVITON], T‑334/01, EU:T:2004:223, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. September 2008, Boston Scientific/HABM – Terumo [CAPIO], T‑325/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:338, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

96      Außerdem lässt sich die ernsthafte Benutzung einer Marke nicht auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (Urteile vom 12. Dezember 2002, Kabushiki Kaisha Fernandes/HABM – Harrison [HIWATT], T‑39/01, EU:T:2002:316, Rn. 47, und vom 6. Oktober 2004, VITAKRAFT, T‑356/02, EU:T:2004:292, Rn. 28). Es ist eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren vorzunehmen, die eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den zu berücksichtigenden Faktoren impliziert (Urteil vom 8. Juli 2004, HIPOVITON, T‑334/01, EU:T:2004:223, Rn. 36).

97      Ob die Beschwerdekammer in den Rn. 34 bis 45 der angefochtenen Entscheidung zutreffend entschieden hat, dass die von der Klägerin in Bezug auf die erfassten Waren und Dienstleistungen fristgemäß eingereichten Beweismittel den Nachweis für die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke nicht erbrächten, ist im Licht der obigen Erwägungen zu prüfen.

98      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die Beweismittel 1 bis 7 zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke am 23. Februar 2017, d. h. innerhalb der im Verwaltungsverfahren vor dem EUIPO auf den 26. Februar 2017 festgesetzten Frist, eingereicht hat. Da der Antrag auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke am 15. September 2016 eingereicht wurde, erstreckt sich der in Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 genannte relevante Zeitraum von fünf Jahren zudem vom 15. September 2011 bis zum 14. September 2016.

99      Erstens ist der Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung zuzustimmen, dass die Beweismittel 1 bis 3 ihrer Natur nach ungeeignet sind, eine ernsthafte Benutzung nachzuweisen. Die Auszüge aus dem Handelsregister für die Firma Heitec Industrieplanung GmbH (Beweismittel 1) und HEITEC AG (Beweismittel 2) belegen nämlich lediglich die Existenz von Unternehmen, deren Firma den Bestandteil „heitec“ enthält, lassen aber keineswegs erkennen, ob die angegriffene Marke tatsächlich benutzt worden ist. Zudem besitzt die Eintragungsurkunde der angegriffenen Marke (Beweismittel 3) keinerlei Beweiskraft für die tatsächliche Benutzung der Marke. Im Übrigen scheint die Klägerin dies selbst anzuerkennen, da sie sich in der Klageschrift nur noch auf die Beweismittel 4 bis 7 beruft.

100    Zweitens ist festzustellen, dass von den 18 Rechnungen, die als Beweismittel 4 vorgelegt wurden, 15 Rechnungen nicht aus dem relevanten Zeitraum stammen (davon 10 aus dem Jahr 2000 oder aus früheren Jahren) und nicht zu berücksichtigen sind. Lediglich drei Rechnungen, auf denen sich oben rechts ein Bildzeichen HEITEC befindet, stammen aus dem relevanten Zeitraum, nämlich:

–        Rechnung vom 13. April 2012 in Höhe von 49 271,00 Euro über „Manufacturing of DRM lot 2 (17 DRMs)“ und „additional cost“;

–        Rechnung vom 17. September 2013 in Höhe von 73 500,00 Euro für „Typintegration AFO 010“;

–        Rechnung vom 10. Dezember 2013 in Höhe von 10 850,00 Euro für „Prüfsystem Endabnahmelehre BMW F23“.

101    Wie die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, sind jedoch die abgerechneten Waren und Dienstleistungen für einen uneingeweihten Dritten nicht verständlich. Ohne weitere Erklärung auf diesen Rechnungen können die Bezeichnungen „Manufacturing of DRM lot 2 (17 DRMs)“, „Typintegration AFO 010“ und „Prüfsystem Endabnahmelehre BMW F23“ nicht speziell mit Waren oder Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, in Verbindung gebracht werden. Das Gleiche gilt im Übrigen für die 15 Rechnungen, deren Datum außerhalb des relevanten Zeitraums liegt.

102    Was drittens das Beweismittel 5 betrifft, stammen zwei der drei Kundenmagazine der Klägerin, nämlich die von Januar 2013 und 2016, aus dem relevanten Zeitraum. Diese Magazine haben jedoch nur begrenzten Beweiswert.

103    Wie die Beschwerdekammer in Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, kann nämlich den Kundenmagazinen nicht entnommen werden, ob und in welchem Umfang die beschriebenen geschäftlichen Aktivitäten tatsächlich unter der angegriffenen Marke erfolgten. Die wiederholte Nennung von „Heitec“ in den fraglichen Kundenmagazinen bezieht sich auf die Firma, sprich den Namen der Klägerin (vgl. Beweismittel 1 und 2), und nicht auf die angegriffene Marke.

104    Darüber hinaus sind, wie die Beschwerdekammer in Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, die Berichte über die geschäftlichen Aktivitäten der Klägerin in den Kundenmagazinen so allgemein gehalten, dass es unmöglich ist, festzustellen, welche Waren und Dienstleistungen die Klägerin konkret angeboten hat. Beispielsweise sind die in diesen Magazinen in Bezug auf die Tätigkeit der Klägerin verwendeten Begriffe „Automatisierungstechnologie“, „Robotertechnologie“ und „Elektronik von Aufbausystemen“ so weit und allgemein gefasst, dass sie nicht klar und präzise erkennen lassen, für welche Waren und Dienstleistungen die angegriffene Marke benutzt wurde – unter der Annahme, dass sie benutzt wurde.

105    Viertens sind auch das Beweismittel 6 (Broschüre) und das Beweismittel 7 (Auszüge aus dem Internetauftritt der Klägerin) keine hinreichenden Benutzungsnachweise. Auch hier taucht der Name HEITEC als Firma und nicht als Marke in Bezug auf die genannten Waren und Dienstleistungen auf. Zudem beschreiben diese Beweise die Tätigkeit der Klägerin in so allgemeinen Begriffen, dass es unmöglich ist, auf ihrer Grundlage klar und präzise festzustellen, für welche konkreten Waren oder Dienstleistungen die angegriffene Marke benutzt worden sein soll. Auf der Internetseite der Klägerin werden z. B. folgende Geschäftsgebiete genannt: „Automatisierung, Produktionssysteme, Mess- und Prüftechnik, Elektronik, Software-Lösungen, Validierung und Dokumentation“. Ferner heißt es dort: „Die wesentliche Stärke der HEITEC AG ist das Know-how in der Konzeption, Entwicklung und Fertigung von elektronischen Systemen“ und „[i]m Bereich Elektronik Aufbausysteme ist HEITEC auf die Industrielle Gehäusetechnik spezialisiert … Das Produktspektrum unserer Elektronik Aufbausysteme reicht von Einzelkomponenten über den Aufbau von Elektronikgehäusen bis hin zu komplett integrierten Systemlösungen“. Daraus ergibt sich für keine der erfassten Waren oder Dienstleistungen ein Nachweis einer konkreten Benutzung.

106    Überdies stellen die Beweismittel 4 bis 7, wie die Beschwerdekammer in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, abgesehen von der nicht ausreichend klaren und konkreten Bezeichnung der angebotenen Waren und Dienstleistungen, selbst in ihrer Gesamtheit gesehen keine verlässlichen Beweise zum Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke dar. Die Klägerin hat nämlich keinerlei nach den einzelnen Waren und Dienstleistungen, für die diese Marke eingetragen ist, aufgeschlüsselten Angaben zu ihren Umsätzen oder ihrer Marktposition gemacht.

107    Nach der oben in Rn. 96 angeführten Rechtsprechung lässt sich die ernsthafte Benutzung einer Marke aber nicht auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (Urteile vom 12. Dezember 2002, HIWATT, T‑39/01, EU:T:2002:316, Rn. 47, und vom 6. Oktober 2004, VITAKRAFT, T‑356/02, EU:T:2004:292, Rn. 28).

108    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass es sich bei den von der Klägerin fristgemäß eingereichten Beweismitteln 4 bis 7 nicht um solche konkreten und objektiven Umstände handelt.

109    Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer in Rn. 44 der angefochtenen Entscheidung zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die von der Klägerin fristgemäß vorgelegten Beweise in ihrer Gesamtheit nicht ausreichen, um eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen oder auch nur einen Teil davon zu belegen.

110    Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

111    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

112    Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Heitec AG trägt die Kosten.

Costeira

Kancheva

Perišin

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. Februar 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.