Language of document : ECLI:EU:C:2016:213

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 7. April 2016(1)

Rechtssache C‑673/13 P

Europäische Kommission

gegen

Stichting Greenpeace Nederland und Pesticide Action Network Europe (PAN Europe)

„Rechtsmittel – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Zugang zu den Dokumenten der Institutionen – Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 – Zugang zu Informationen über die Umwelt – Informationen, die Emissionen in die Umwelt betreffen – Dokumente, die die Erstgenehmigung für das Inverkehrbringen des Wirkstoffs Glyphosat betreffen – Teilweise Verweigerung des Zugangs – Gefahr der Beeinträchtigung der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person – Überwiegendes öffentliches Interesse“





I –    Einführung

1.        Glyphosat ist einer der meistgenutzten Wirkstoffe für den Pflanzenschutz. Dementsprechend finden sich Spuren davon in der Nahrungskette, zuletzt in deutschem Bier. Gleichzeitig ist umstritten, ob dieser Wirkstoff krebserregend ist. Daher überrascht es nicht, dass Greenpeace und das Pesticide Action Network Europe (PAN Europe) sich schon seit Längerem um Zugang zu der Akte über die Zulassung dieses Wirkstoffs zur Verwendung in Pflanzenschutzmitteln bemühen.

2.        Die Kommission gab zwar einen Teil der betreffenden Dokumente heraus, hielt andere aber zum Schutz der geschäftlichen Interessen der betroffenen Unternehmen zurück. Das Gericht entschied hingegen, dass auch die zurückgehaltenen Dokumente Emissionen in die Umwelt betreffen und daher zwingend ein überwiegendes Interesse an ihrer Verbreitung zu vermuten ist.

3.        Dementsprechend ist im vorliegenden Rechtsmittelverfahren zu klären, was unter Informationen zu verstehen ist, die Emissionen in die Umwelt betreffen.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Internationales Recht

4.        Das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen ist in dem Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten(2) (im Folgenden: Übereinkommen von Århus) niedergelegt, das die Gemeinschaft am 25. Juni 1998 in Århus (Dänemark) unterzeichnet hat.(3)

5.        Art. 4 Abs. 4 Buchst. d des Übereinkommens regelt die Verweigerung der Bekanntgabe von Umweltinformationen wegen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen:

„Ein Antrag auf Informationen über die Umwelt kann abgelehnt werden, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf

a) – c) …

d)      Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sofern diese rechtlich geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen zu schützen. In diesem Rahmen sind Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, bekannt zu geben;

…“

6.        Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen, die staatlichen Behörden übermittelt wurden, ist zugleich Gegenstand von Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens:(4)

„Mitglieder, in denen die Vorlage nicht offenbarter Test- oder sonstiger Daten, deren Erstellung beträchtlichen Aufwand verursacht, Voraussetzung für die Marktzulassung pharmazeutischer oder agrochemischer Erzeugnisse ist, in denen neue chemische Stoffe verwendet werden, schützen diese Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch. Darüber hinaus schützen die Mitglieder solche Daten vor Offenbarung, es sei denn, dass diese zum Schutz der Öffentlichkeit notwendig ist oder dass Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch geschützt werden.“

B –    Das Recht der Union

1.      Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001

7.        Die Verordnung Nr. 1049/2001(5) legt die Grundsätze, die Voraussetzungen und die Grenzen des in Art. 255 EG vorgesehenen Rechts auf Zugang zu den Dokumenten dieser Organe fest.

8.        Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 enthält die Grenzen dieses Rechts:

„(2)      Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

–        der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums,

–        …

–        …

es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.“

2.      Die Århus-Verordnung

9.        Die Århus-Verordnung(6) setzt das Übereinkommen von Århus in Bezug auf die Institutionen der Union um. Art. 6 Abs. 1 der Århus-Verordnung modifiziert zu diesem Zweck die Ausnahmen der Verordnung Nr. 1049/2001 zum Recht auf Zugang zu Dokumenten im Hinblick auf Informationen, die Emissionen in die Umwelt betreffen:

„Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001, mit Ausnahme von Untersuchungen, insbesondere solchen, die mögliche Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht zum Gegenstand haben, wird dahin ausgelegt, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung besteht, wenn die angeforderten Informationen Emissionen in die Umwelt betreffen. Bei den übrigen Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 sind die Gründe für die Verweigerung eng auszulegen, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe und ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind.“

3.      Die Pflanzenschutzrichtlinie

10.      Die Pflanzenschutzrichtlinie(7) regelte zunächst die Zulassung, das Inverkehrbringen, die Anwendung und die Kontrolle von Pflanzenschutzmitteln sowie das Inverkehrbringen und die Kontrolle von Wirkstoffen für solche Mittel. Insbesondere bedürfen Pflanzenschutzmittel einer Zulassung durch die Mitgliedstaaten. Diese setzt eine Untersuchung ihrer Auswirkungen voraus.

11.      Art. 14 regelt den Schutz der im Zulassungsverfahren vorgelegten Informationen:

„Unbeschadet der [Umweltinformationsrichtlinie(8)] sorgen die Mitgliedstaaten und die Kommission dafür, dass von den Antragstellern vorgelegte Informationen, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalten, vertraulich behandelt werden, sofern der die Aufnahme eines Wirkstoffes in Anhang I betreibende Antragsteller oder die Person, die einen Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels stellt, dies beantragen und der Mitgliedstaat bzw. die Kommission die Begründung des Antragstellers akzeptiert.

Die Vertraulichkeit bezieht sich nicht auf:

...“

12.      Mit der Richtlinie 2001/99/EG(9) hat die Kommission auf der Grundlage der Pflanzenschutzrichtlinie den Wirkstoff Glyphosat zugelassen.

4.      Die Pflanzenschutzverordnung

13.      Seit dem 14. Juni 2011 gilt gemäß ihrem Art. 84 die Pflanzenschutzverordnung(10) und ersetzt die Pflanzenschutzrichtlinie.

14.      Im 39. Erwägungsgrund der Pflanzenschutzverordnung heißt es:

„Studien erfordern eine erhebliche Investition. Diese Investition sollte geschützt werden, um die Forschung zu fördern. Daher sollten Versuche und Studien – abgesehen von solchen mit Wirbeltieren, für die die gemeinsame Nutzung der Daten zwingend vorgeschrieben wird –, die ein Antragsteller einem Mitgliedstaat vorlegt, gegen die Verwendung durch einen anderen Antragsteller geschützt werden. Dieser Schutz sollte jedoch zeitlich begrenzt sein, um Wettbewerb zu ermöglichen. Auch sollte er auf solche Studien beschränkt sein, die für die Zwecke des Entscheidungsverfahrens unbedingt erforderlich sind, damit nicht Antragsteller die Schutzdauer durch Vorlage neuer, unnötiger Studien künstlich verlängern. Alle Wirtschaftsakteure, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, sollten die gleichen Chancen im Hinblick auf den Marktzugang haben.“

15.      Der 41. Erwägungsgrund der Pflanzenschutzverordnung setzt sich mit Auskunftsersuchen auseinander. Dort wird ausgeführt:

„Da die Mitgliedstaaten, die Kommission und die Behörde unterschiedliche Regeln Regelungen [sic] über den Zugang zu Dokumenten und deren Vertraulichkeit anwenden, ist es angebracht klarzustellen, unter welchen Bedingungen der Zugang zu den in den Dokumenten, die sich im Besitz der genannten Stellen befinden, enthaltenen Informationen möglich ist und wie die Vertraulichkeit dieser Dokumente geregelt ist.“

16.      Art. 63 Abs. 2 der Pflanzenschutzverordnung präzisiert, bei welchen Informationen eine Verbreitung in der Regel bestimmte schutzwürdige Interessen beeinträchtigen würde:

„Bei folgenden Informationen ist in der Regel davon auszugehen, dass ihre Offenlegung den Schutz der wirtschaftlichen Interessen oder der Privatsphäre und die Integrität der betroffenen Personen beeinträchtigt:

a)      dem Herstellungsverfahren;

b)      den Angaben zu Verunreinigungen des Wirkstoffs, mit Ausnahme von Verunreinigungen, die als toxikologisch, ökotoxikologisch oder ökologisch relevant angesehen werden;

c)      Ergebnissen zu hergestellten Wirkstoffchargen, einschließlich Verunreinigungen;

d)      Analysenmethoden für Verunreinigungen in dem Wirkstoff so wie er hergestellt wird, mit Ausnahme von Analysenmethoden für Verunreinigungen, die als toxikologisch, ökotoxikologisch oder ökologisch relevant angesehen werden;

e)      Beziehungen zwischen einem Hersteller oder Importeur und dem Antragsteller oder dem Zulassungsinhaber;

f)      Angaben zur vollständigen Zusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels;

g)      Namen und Anschriften der Personen, die an den Versuchen mit Wirbeltieren beteiligt sind.“

17.      Nach Art. 63 Abs. 3 der Pflanzenschutzverordnung gilt Art. 63 aber unbeschadet der Umweltinformationsrichtlinie.

18.      Art. 80 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 enthält verschiedene Übergangsvorschriften, darunter die nachfolgende in Abs. 5:

„Über Anträge auf Zulassung von Pflanzenschutzmitteln

a)      gemäß Artikel 4 der Richtlinie 91/414/EWG, die den Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Beginns der Anwendung dieser Verordnung vorliegen, oder

b)      die zum Zeitpunkt des Beginns der Anwendung dieser Verordnung aufgrund der Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG oder einer Zulassung gemäß Abs. 1 dieses Artikels zu ändern oder zurückzuziehen sind,

wird auf der Grundlage der vor dem 14. Juni 2011 geltenden nationalen Rechtsvorschriften entschieden.

Nach dieser Entscheidung gilt die vorliegende Verordnung.“

19.      Nach Art. 84 Abs. 1 Pflanzenschutzverordnung trat sie am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft, also am 14. Dezember 2009. Dort ist allerdings auch vorgesehen, dass sie ab dem 14. Juni 2011 gilt.

III – Sachverhalt und Verwaltungsverfahren

20.      Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe beantragten am 20. Dezember 2010 bei der Kommission Zugang zu mehreren Dokumenten, die die nach der Richtlinie 91/414 im Jahr 2001 erteilte Erstgenehmigung für das Inverkehrbringen von Glyphosat als Wirkstoff betrafen.

21.      Nach Rücksprache mit Deutschland, dem Mitgliedstaat, dessen Behörden die Erstgenehmigung der Kommission vorbereitet hatten, lehnte die Kommission diesen Antrag am 10. August 2011 teilweise ab. Die Herausgabe der verweigerten Dokumente würde die geschäftlichen Interessen der Unternehmen beeinträchtigen, die sie eingereicht hätten, um die Erstgenehmigung zu erwirken. Die Kommission erläutert, dass die Herstellungsmethode für Glyphosat zwar prinzipiell bekannt ist, die spezifischen Methoden der jeweiligen Hersteller dagegen nicht. Sie könnten allerdings insbesondere aus den Verunreinigungen des Produkts und seiner präzisen Zusammensetzung abgeleitet werden. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Herausgabe dieser Dokumente sei nicht erkennbar. Insbesondere beträfen die enthaltenen Informationen keine Emissionen in die Umwelt.

IV – Zum angefochtenen Urteil des Gerichts

22.      Gegen diese Entscheidung erhoben Stichting Greenpeace Nederland und Pan Europe Klage beim Gericht.

23.      Das Gericht hob die angefochtene Entscheidung der Kommission auf, soweit sie den Zugang zu Dokumenten verweigerte, die erstens die „Identität“ und Menge aller Verunreinigungen in dem von jedem Unternehmen angemeldeten Wirkstoff, zweitens die Verunreinigungen in den verschiedenen Chargen und die Mindestmenge, die mittlere Menge und die Höchstmenge jeder dieser Verunreinigungen sowie drittens die Zusammensetzung der von den Unternehmen entwickelten Pflanzenschutzmittel betreffen.(11)

24.      Es stellte zunächst fest, Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 begründe eine gesetzliche Vermutung, dass das öffentliche Interesse an der Verbreitung von Informationen, die Emissionen in die Umwelt betreffen, gegenüber geschäftlichen Interessen an ihrer vertraulichen Behandlung überwöge. Anschließend entschied das Gericht, dass die oben angegebenen Informationen Emissionen in die Umwelt betreffen.

V –    Zu den Anträgen der Beteiligten

25.      Die Kommission legte am 17. Dezember 2013 ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein. Sie beantragt,

1)      das Urteil des Gerichts aufzuheben;

2)      nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs entweder selbst endgültig über den ersten und den dritten Klagegrund zu entscheiden oder die Sache zur Entscheidung über diese Klagegründe an das Gericht zurückzuverweisen;

3)      den Rechtsmittelgegnern die Kosten aufzuerlegen.

26.      Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe beantragen dagegen,

1)      das Rechtsmittel zurückzuweisen;

2)      der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

27.      Der Präsident des Gerichtshofs hat Deutschland sowie mit Beschlüssen vom 3. März 2015 die European Crop Protection Association, CropLife International, CropLife America, Inc., die National Association of Manufacturers of the United States of America und den American Chemistry Council, Inc., den European Chemical Industry Council und die European Crop Care Association als Streithelfer der Kommission zugelassen. Sie haben sich schriftlich und mit Ausnahme Deutschlands mündlich am Verfahren beteiligt.

28.      Zur mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2016 ist Schweden als Streithelfer von Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe dem Verfahren beigetreten.

VI – Würdigung

29.      Die Kommission wendet sich in ihrem Rechtsmittel gegen die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 durch das Gericht. Nach dieser „Emissionsklausel“ besteht ein insbesondere gegenüber dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung von Informationen, wenn die angeforderten Informationen Emissionen in die Umwelt betreffen

30.      Das Gericht folgt allerdings weitgehend der Auffassung, die ich bereits in den Schlussanträgen in der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. zur Auslegung von Art. 4 Abs. 2 Satz 4 der Umweltinformationsrichtlinie vertreten habe. Diese Bestimmung enthält eine Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Århus-Verordnung entsprechende Emissionsklausel. Nach meiner damals vertretenen Auffassung sind sowohl Informationen über die Freisetzung von Stoffen als solche als auch Informationen über die Folgen einer solchen Freisetzung als Informationen über Emissionen in die Umwelt anzusehen.(12) Der Gerichtshof dagegen hat sich zu dieser Frage noch nicht geäußert.

31.      Ich möchte daher schon hier klarstellen, dass mich die als erster und dritter Zweig des Rechtsmittelgrundes vorgetragenen Einwände der Kommission nicht überzeugen. Beim ersten Zweig geht es um den systematischen Zusammenhang der verschiedenen Bestimmungen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten, das auf der Verordnung Nr. 1049/2001, der Århus-Verordnung und Art. 4 Abs. 4 des Übereinkommens von Århus beruht (dazu unter A). Der dritte Zweig betrifft die Abwägung zwischen den verschiedenen Grundrechtspositionen sowie das TRIPS-Übereinkommen (dazu unter B).

32.      Dagegen zwingt mich der zweite Zweig des Rechtsmittels, der die sektorspezifischen Regelungen des Pflanzenschutzrechts zum Gegenstand hat, meine Position zu überdenken, da sich die Kommission auf Bestimmungen der Pflanzenschutzverordnung beruft, die aus zeitlichen Gründen nicht Gegenstand der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. waren (dazu unter C).

A –    Zum systematischen Zusammenhang der Zugangsregelungen

33.      Entgegen Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung legt die Kommission nicht präzise dar, welche Randnummern des angegriffenen Urteils sie mit dem ersten Zweig ihres Rechtsmittelgrundes beanstandet. Zwar nennt sie gegen Ende ihrer Ausführungen einige Randnummern, nämlich 53, 57, 69 und 71, doch dieser Verweis dient nur zur Illustration der angeblichen Schwächen des Ansatzes, den das Gericht verfolgt. Gleichwohl ist es bei sorgfältiger Lektüre des Vorbringens der Kommission und des angefochtenen Urteils möglich, herauszufinden, worum es der Kommission geht. Daher sollte der Gerichtshof diesen Zweig des Rechtsmittelgrundes nicht als unzulässig zurückweisen.

1.      Zur praktischen Wirksamkeit des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen

34.      Die Kommission stützt sich darauf, dass jede Substanz irgendwann in die Umwelt freigesetzt wird. Daher vertritt sie die Auffassung, die Vermutung eines überwiegenden öffentlichen Interesses an der Verbreitung von Informationen, die Emissionen in die Umwelt betreffen, müsse eng verstanden werden. Andernfalls würde die praktische Wirksamkeit der Ausnahmen zum Recht auf Zugang zu Informationen entfallen, die gegenüber diesem überwiegenden Interesse zwingend zurücktreten. Die Kommission möchte die Vermutung daher auf Informationen über tatsächliche Emissionen beschränken, die bestimmte Anlagen freisetzen.

35.      Dieser Auffassung ist zuzugeben, dass nicht jeder Zusammenhang zwischen einer Information und der Freisetzung von Stoffen in die Umwelt bereits zur Anwendung der Emissionsklausel führen kann. Vielmehr muss es sich um Informationen über die Freisetzung als solche handeln.(13) Dies schließt allerdings Informationen ein, die die Folgen der Freisetzung betreffen, etwa Studien über die Rückstände eines Pflanzenschutzmittels.(14) Denn diese Informationen betreffen die Eigenschaften der freigesetzten Stoffe.

36.      Wenn man die Emissionsklausel so versteht, wird die Ausnahme zugunsten von Geschäftsgeheimnissen entgegen der Kommission nicht jeden Inhalts beraubt. Sie kann grundsätzlich weiterhin auf Informationen angewandt werden, die den Umgang mit Stoffen betreffen, bevor sie freigesetzt werden. Nur soweit solche Informationen Aufschluss über die Eigenschaften des freigesetzten Stoffes geben, kommt die Anwendung der Emissionsklausel in Betracht.

2.      Zur Anwendung der Emissionsklausel auf „hypothetische“ Emissionen

37.      Unter Berufung auf meine Schlussanträge in der Rechtssache Ville de Lyon trägt die Kommission weiterhin vor, die Emissionsklausel erfasse nur tatsächliche, nicht aber hypothetische Emissionen. Die vorliegenden Informationen bezögen sich aber nicht auf tatsächliche Emissionen.

38.      Es trifft zu, dass ich in jenen Schlussanträgen die Auffassung vertreten habe, der Schutz von Geschäftsgeheimnissen ende erst, wenn die Substanzen freigesetzt werden, auf die sich die geheim gehaltenen Informationen beziehen.(15)

39.      Auch fordert bereits der Begriff der Umweltinformationen im Fall von Emissionen, dass sie sich auf die Umweltbestandteile im Sinne von Art. 2 Buchst. d Ziff. ii) der Århus-Verordnung auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Ist eine Auswirkung allenfalls hypothetisch denkbar, ist der Anwendungsbereich der Regeln über den Zugang zu Umweltinformationen schon gar nicht eröffnet.

40.      Der Kommission ist daher zuzustimmen, dass Informationen über hypothetische Emissionen nicht unter die Emissionsklausel fallen.

41.      Allerdings werden zugelassene Pflanzenschutzmittel in der Regel bestimmungsgemäß freigesetzt. Daher ist davon auszugehen, dass Informationen über ihre Zulassung nicht hypothetische Emissionen zum Gegenstand haben.

3.      Zur Beschränkung auf Emissionen aus Anlagen

42.      Schließlich möchte die Kommission die Freisetzung von Pflanzenschutzmitteln vollständig aus der Emissionsklausel ausschließen, indem sie diese auf Emissionen von Anlagen beschränkt.

43.      Diese Auffassung findet keine Grundlage im Wortlaut der Århus-Verordnung, da diese weder den Begriff der Emission auf Anlagen beschränkt noch auf andere Richtlinien verweist, wo dies geschieht.

44.      Die Kommission stützt die Begrenzung der Emissionsklausel auf Anlagenemissionen allerdings auf den Leitfaden für die Anwendung des Übereinkommens von Århus. Er schlug zunächst vor, die Definition von Art. 2 Nr. 5 der IVU-Richtlinie(16) bei der Anwendung der Emissionsklausel des Übereinkommens von Århus zu verwenden.(17) In der zweiten Auflage(18) verweist er stattdessen auf die gleichlautende Emissionsdefinition des Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie über Industrieemissionen.(19) Beide Definitionen beschränken den Emissionsbegriff auf Freisetzungen aus Anlagen.

45.      Der Leitfaden kann zwar als ein erläuterndes Dokument betrachtet werden, das gegebenenfalls neben anderen relevanten Gesichtspunkten für die Auslegung des Übereinkommens herangezogen werden kann. Doch sind die darin enthaltenen Analysen nicht bindend und haben nicht die normative Geltung, die den Vorschriften des Übereinkommens von Århus zukommt.(20)

46.      Für die vorliegende Frage ist hervorzuheben, dass der Leitfaden keine Begründung dafür liefert, weshalb gerade die Definition der IVU-Richtlinie und der Richtlinie über Industrieemissionen gelten soll. Man könnte z. B. auch die Definition nach Art. 2 Nr. 8 der Umwelthaftungsrichtlinie(21) heranziehen, die nicht auf eine Anlage als Ausgangspunkt der Emission abstellt, sondern nur darauf, ob sie auf menschliche Tätigkeiten zurückgeht.

47.      Es besteht auch kein besonderer Zusammenhang zwischen der IVU-Richtlinie bzw. der Richtlinie über Industrieemissionen und dem Recht auf Zugang zu Umweltinformationen, der eine Übertragung gerade der anlagenbezogenen Emissionsdefinition rechtfertigen würde. Es trifft zwar zu, dass die IVU-Richtlinie und die entsprechenden Abschnitte der Richtlinie über Industrieemissionen zur Umsetzung des Übereinkommens von Århus beitragen.(22) Doch die Bestimmungen des Übereinkommens von Århus, die sich auf Anlagen beziehen, haben einen deutlich engeren Anwendungsbereich als das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen.

48.      Und bei genauerer Betrachtung der Emissionsklausel des Art. 4 Abs. 4 Buchst. d des Übereinkommens von Århus wird deutlich, dass eine Beschränkung auf die Emissionen von Anlagen sogar zweckwidrig ist. Denn danach sollen Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, bekannt gegeben werden. Ob Emissionen aus Anlagen herrühren, ist aber unerheblich für ihre Umweltauswirkungen. Man denke nur an Verkehrsemissionen.(23) Dementsprechend stellt der Leitfaden unmittelbar vor dem Hinweis auf die Emissionsdefinition der Richtlinie über Industrieemissionen auch fest, dass im Prinzip jede Information über Emissionen unter die Emissionsklausel des Übereinkommens fallen sollte.(24)

49.      Daher greift auch dieses Argument nicht durch.

B –    Zu den Grundrechten und dem TRIPS-Übereinkommen

50.      Mit dem dritten Zweig des Rechtsmittelgrundes beanstandet die Kommission die unzureichende Berücksichtigung der Grundrechte der betroffenen Unternehmen und des TRIPS-Übereinkommens in den Rn. 44 und 45 des angegriffenen Urteils. Dort hat das Gericht abgelehnt, die Emissionsklausel in Übereinstimmung mit den Grundrechten und dem TRIPS-Übereinkommen entgegen ihrem Wortlaut auszulegen. Die auf den ersten Blick schroffe Formulierung dieser Passage folgt übrigens dem Vorbild des Gerichtshofs in der Rechtssache Interseroh Scrap and Metals Trading, wo es darum ging, ob Informationspflichten im Bereich des Transports von Abfällen aufgrund von Geschäftsgeheimnissen eingeschränkt werden sollten.(25)

51.      Die Kritik der Kommission an dieser Randnummer beruht auf einer fehlgehenden Lektüre des angefochtenen Urteils. Denn mit diesen Ausführungen begründet das Gericht lediglich, dass die Emissionsklausel die gesetzliche Vermutung eines überwiegenden Interesses an der Verbreitung von Informationen begründet, die Emissionen in die Umwelt betreffen. Die Kommission stellt aber diese Vermutung nicht in Frage, sondern wendet sich gegen die Reichweite, die das Gericht der Emissionsklausel zumisst.(26) In diesem Zusammenhang, Rn. 47 bis 76 des angegriffenen Urteils, erörtert das Gericht aber weder die grundrechtskonforme Auslegung noch das TRIPS-Übereinkommen. Dies könnte zwar einen Rechtsfehler darstellen, den die Kommission aber höchstens implizit rügt.

52.      In der Sache würde allerdings auch diese (implizite) Rüge nicht durchgreifen. Denn das Interesse der Öffentlichkeit, zu erfahren, wie sie von Emissionen berührt werden kann, und insbesondere, welche Risiken für die Gesundheit des Menschen und die Umwelt bestehen, überwiegt in aller Regel gegenüber den geschäftlichen Interessen von Unternehmen, die von der Freisetzung profitieren.

53.      Der etwaige Schutz dieser Interessen durch Grundrechte(27) oder Art. 39 des TRIPS-Übereinkommens ändert daran nichts. Denn diese Rechtspositionen dürfen zugunsten überwiegender Interessen eingeschränkt werden.(28)

54.      Wenn die dabei notwendige Interessenabwägung bei jedem einzelnen Zugangsantrag durchgeführt werden müsste, wäre zu erwarten, dass die betroffenen Unternehmen ihre Interessen mit großem Engagement verteidigen. Dies könnte einen erheblichen Arbeitsaufwand für die zuständigen Stellen auslösen und es wäre zu befürchten, dass solche Informationen erst nach langwierigen und teuren Rechtsstreitigkeiten herausgegeben werden. Dieses Risiko dürfte die meisten Interessenten abschrecken. Um diese Nachteile zu vermeiden, durfte der Gesetzgeber diese Abwägung bei der Annahme der Emissionsklausel antizipieren.

55.      Es trifft zu, dass auf diese Weise eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall nicht mehr möglich ist. Eine solche Vorgehensweise ist dem Recht der Union auf Zugang zu Dokumenten jedoch nicht fremd. Vielmehr hat der Gerichtshof schon wiederholt auf eine Einzelfallprüfung verzichtet und allgemeine Vermutungen anerkannt.(29) Zwar betrafen diese Vermutungen jeweils die Verweigerung des Zugangs, doch Vermutungen zugunsten des Zugangs müssen genauso möglich sein.

C –    Zum Pflanzenschutzrecht

56.      Mit dem zweiten Zweig des Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen die Rn. 38, 40 und 41 des angegriffenen Urteils. Dort habe das Gericht den Zusammenhang zwischen dem Recht auf Zugang zu Dokumenten, insbesondere der Emissionsklausel, und den besonderen Bestimmungen des Pflanzenschutzrechts nicht hinreichend berücksichtigt.

57.      Auch dieses Vorbringen leidet an der bereits aufgezeigten fehlgehenden Lektüre des angefochtenen Urteils. Tatsächlich rügt die Kommission, dass das Gericht den Zusammenhang zwischen der Emissionsklausel und den besonderen Bestimmungen des Pflanzenschutzrechts nicht berücksichtigt hat, als es in den Rn. 47 bis 76 des angegriffenen Urteils die Reichweite der Emissionsklausel bestimmt hat.

58.      Soweit die besonderen Bestimmungen des Pflanzenschutzrechts in der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. erörtert wurden, nämlich insbesondere im Hinblick auf Art. 14 der Pflanzenschutzrichtlinie, bin ich weiterhin der Auffassung, dass sie die Anwendung der Emissionsklausel nicht in Frage stellen. Vielmehr ist die Emissionsklausel auch im Rahmen des Art. 14 der Pflanzenschutzrichtlinie zu berücksichtigen.(30)

59.      Diese Bestimmung schützt nämlich Geschäftsgeheimnisse nur unbeschadet der Umweltinformationsrichtlinie, die eine vergleichbare Emissionsklausel enthält, die die Mitgliedstaaten beachten müssen. Es verbietet sich aber, die Emissionsklausel, die für die Institutionen der Union gilt, anders auszulegen. Im Übrigen ist anzumerken, dass beide Emissionsklauseln lange nach der Pflanzenschutzrichtlinie erlassen wurden.

60.      Die nach den Emissionsklauseln erlassene Pflanzenschutzverordnung ändert die Rechtslage allerdings, da Art. 63 Abs. 2 bestimmte Informationen definiert, deren Offenlegung den Schutz der wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigen würde. Darunter befinden sich Angaben zur vollständigen Zusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels, zu Verunreinigungen des Wirkstoffs, mit Ausnahme von Verunreinigungen, die als toxikologisch, ökotoxikologisch oder ökologisch relevant angesehen werden, sowie Ergebnisse zu hergestellten Wirkstoffchargen, einschließlich Verunreinigungen (Buchst. b, c und f). Das sind genau die streitgegenständlichen Informationen.

61.      Die Pflanzenschutzverordnung ist im Ausgangsfall auch anwendbar. Denn nach ihrem Art. 84 Abs. 1 ist sie seit dem 14. Juni 2011 anzuwenden, was die Übergangsvorschrift des Art. 80 Abs. 5 für anhängige Zulassungs- und Änderungsverfahren bestätigt. Der angefochtene Beschluss erging dagegen erst am 10. August 2011.

62.      Formal steht der Katalog schützenswerter Informationen nach Art. 63 Abs. 2 der Pflanzenschutzverordnung einer Anwendung der Emissionsklausel nicht entgegen.

63.      Erstens gilt auch der Katalog gemäß Art. 63 Abs. 3 der Pflanzenschutzverordnung unbeschadet der Umweltinformationsrichtlinie, die ebenfalls die Emissionsklausel enthält. Daher sollte er auch unbeschadet der Verordnung Nr. 1049/2001 in Verbindung mit der Århus-Verordnung gelten, die nur die Umweltinformationsrichtlinie auf die Institutionen übertragen.

64.      Zweitens stellt der Katalog nur klar, welche Informationen unter den Schutz bestimmter Ausnahmen zum Zugangsrecht fallen. Die Frage, ob sie trotzdem aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen herauszugeben sind, wird damit noch nicht präjudiziert. Genau diese Frage wird durch die Emissionsklausel für den Fall von Informationen, die Emissionen in die Umwelt betreffen, im Sinne der gesetzlichen Vermutung eines überwiegenden öffentlichen Interesses geregelt.

65.      Allerdings würde eine solche formale Betrachtung vernachlässigen, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung des Katalogs wissen musste, dass diese Informationen im Zusammenhang mit der Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln anfallen. Wenn er davon ausgegangen wäre, dass Informationen aus dem Genehmigungsverfahren unter die Emissionsklausel fallen, weil Pflanzenschutzmittel dazu bestimmt sind, in die Umwelt freigesetzt zu werden, hätte er einen Katalog besonders geheimhaltungswürdiger Informationen festgelegt, dem jede praktische Wirkung fehlen würde. Denn dann würde für diese Informationen immer die Vermutung eines überwiegenden öffentlichen Interesses an der Verbreitung gelten. Wie die Kommission jedoch zu Recht bemerkt, kann nicht unterstellt werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, eine praktisch wirkungslose Regelung zu erlassen.

66.      Folglich ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber unausgesprochen die vorweggenommene Abwägung zwischen den betroffenen Grundrechten und Prinzipien neu bewertete und daher die Reichweite der Emissionsklausel einschränkend präzisierte.

67.      Diese Neubewertung hält insbesondere die Schutzwürdigkeit von Informationen über die vollständige Zusammensetzung des Pflanzenschutzmittels und über Verunreinigungen des Wirkstoffs fest. Wie die Kommission bei der Ablehnung des Zugangs dargelegt hat,(31) sind diese Informationen vor allem deshalb sensibel, weil sie Rückschlüsse auf das Herstellungsverfahren zulassen und somit die Nachahmung erleichtern. Daher entspricht diese Neubewertung durch den Gesetzgeber der Abwägung des Gerichtshofs im Urteil ABNA u. a.(32)

68.      Somit kann die Emissionsklausel keine Anwendung auf die in Art. 63 Abs. 2 der Pflanzenschutzverordnung genannten Informationen finden. Über den Zugang zu diesen Informationen ist daher nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 und Art. 6 Abs. 1 der Århus-Verordnung auf der Grundlage einer Einzelfallabwägung zu entscheiden.

69.      Daher hat das Gericht die Reichweite der Emissionsklausel unzutreffend bestimmt, als es in Rn. 75 feststellte, sie erfasse Informationen über die Verunreinigungen des Wirkstoffs und die Zusammensetzung der von den Unternehmen entwickelten Pflanzenschutzmittel.

70.      Richtigerweise hätte das Gericht vielmehr diese Informationen aus dem Anwendungsbereich der Emissionsklausel ausschließen und daher den zweiten Klagegrund abweisen müssen. Das angegriffene Urteil ist folglich aufzuheben.

D –    Zur Klage vor dem Gericht

71.      Nach Art. 61 Abs. 1 seiner Satzung hebt der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel begründet ist, die Entscheidung des Gerichts auf. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

72.      Stichting Greenpeace und PAN Europe haben zwei Klagegründe erhoben, die das Gericht nicht geprüft hat. Mit dem ersten Klagegrund wenden sie sich dagegen, dass die Kommission die ablehnende Stellungnahme Deutschlands zur Herausgabe der fraglichen Dokumente übernommen hat. Der dritte Klagegrund rügt, dass die Kommission eine konkrete Gefährdung der wirtschaftlichen Interessen der betroffenen Unternehmen durch die Herausgabe der fraglichen Dokumente nicht geprüft habe.

73.      Beide Fragen waren nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Gerichtshof und wurden insbesondere in der mündlichen Verhandlung nicht angesprochen. Darüber hinaus hat das Gericht Einsicht in die umstrittenen Dokumente genommen, der Gerichtshof dagegen nicht.

74.      Daher halte ich den Rechtsstreit nicht für entscheidungsreif.

75.      Für den Fall, dass der Gerichtshof jedoch trotzdem abschließend über die Klage entscheidet, halte ich im Zusammenhang mit dem dritten Klagegrund einen Gesichtspunkt für bedeutsam, den die Kommission in ihrer Entscheidung über die Verweigerung des Zugangs nicht angesprochen hat. Die fraglichen Daten waren nämlich zum Zeitpunkt der angefochtenen Kommissionsentscheidung über 20 Jahre alt. Es ist daher zweifelhaft, dass sie weiterhin Aufschluss über aktuell relevante Produktionsmethoden der betreffenden Hersteller liefern können. Auch konnten zwischenzeitlich Konkurrenten anhand des tatsächlich verkauften Produkts Zusammensetzung und Verunreinigungen ausgiebig analysieren und daraus bereits auf die Produktionsmethoden schließen. Daher scheint mir der von Stichting Greenpeace und PAN Europe mit dem dritten Klagegrund erhobene Einwand durchaus plausibel.

VII – Ergebnis

76.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, wie folgt zu entscheiden:

1)      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Oktober 2013, Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe/Kommission (T‑545/11, EU:T:2013:523), wird aufgehoben.

2)      Der zweite Klagegrund der von Stichting Greenpeace Nederland und Pesticide Action Network Europe (PAN Europe) erhobenen Nichtigkeitsklage wird abgewiesen.

3)      Die Sache wird zur Entscheidung über den ersten und den dritten Klagegrund an das Gericht zurückverwiesen.

4)      Die Kosten bleiben vorbehalten.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – ABl. 2005, L 124, S. 4.


3 – Angenommen mit Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005, ABl. L 124, S. 1.


4 – Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO), das am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichnet und durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) (ABl. L 336, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde.


5 – Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43).


6 – Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. L 264, S. 13).


7 – Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1).


8 –      Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41, S. 26).


9 – Richtlinie der Kommission vom 20. November 2001 zur Änderung des Anhangs der Richtlinie 91/414 zur Aufnahme von unter anderem Glyphosat (ABl. L 304, S. 14).


10 – Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309, S. 1).


11 – Urteil Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe/Kommission (T‑545/11, EU:T:2013:523).


12 – Meine Schlussanträge in der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. (C‑266/09, EU:C:2010:546, Nrn. 93 bis 95).


13 – Meine Schlussanträge in der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. (C‑266/09, EU:C:2010:546, Nr. 93). Siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Ville de Lyon (C‑524/09, EU:C:2010:613, Rn. 73 und 74).


14 – Meine Schlussanträge in der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. (C‑266/09, EU:C:2010:546, Nr. 93).


15 – Meine Schlussanträge in der Rechtssache Ville de Lyon (C‑524/09, EU:C:2010:613, Nrn. 73 und 74).


16 – Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. L 257, S. 26).


17 – Stec/Casey-Lefkowitz/Jendrośka, The Aarhus Convention: An Implementation Guide, New York 2000, S. 60 (S. 76 der französischen Fassung).


18 – Ebbesson/Gaugitsch/Miklau/Jendrośka/Stec/Marshall, The Aarhus Convention: An Implementation Guide, 2. Aufl. 2014, S. 88.


19 – Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. L 334, S. 17).


20 – Urteile Flachglas Torgau (C-204/09, EU:C:2012:71, Rn. 36) sowie Solvay u. a. (C‑182/10, EU:C:2012:82, Rn. 27).


21 – Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143, S. 56).


22 – Siehe den 27. Erwägungsgrund der Richtlinie über Industrieemissionen.


23 – Siehe bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. (C‑266/09, EU:C:2010:546, Nr. 90).


24 – Ebbesson u. a., zitiert in Fn. 18, S. 88.


25 – Urteil Interseroh Scrap and Metals Trading (C‑1/11, EU:C:2012:194, Rn. 44).


26 – Vgl. Rn. 29 und 30 sowie 34 des Rechtsmittels.


27 – Vgl. Urteile Varec (C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 49) und Interseroh Scrap and Metals Trading (C‑1/11, EU:C:2012:194, Rn. 43) sowie zum Schutz von Immaterialgüterrechten das Urteil des EGMR vom 11. Januar 2007, Anheuser-Busch Inc./Portugal (Beschwerde-Nr. 73049/01, Recueil des arrêts et décisions 2007-I, § 72).


28 – Vgl. die Urteile Nelson u. a. (C‑581/10 und C‑629/10, EU:C:2012:657, Rn. 81) und Križan u. a. (C‑416/10, Slg, EU:C:2013:8, Rn. 113 bis 115) sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. (C‑266/09, EU:C:2010:546, Nr. 95).


29 – Urteile Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau (C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 61), Schweden/API und Kommission (C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 94), Kommission/Agrofert Holding (C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 64), Kommission/Éditions Odile Jacob (C‑553/10 P und C‑554/10 P, EU:C:2012:682, Rn. 123) sowie LPN/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 49).


30 – Siehe meine Schlussanträge in der Rechtssache Stichting Natuur en Milieu u. a. (C‑266/09, EU:C:2010:546, Nrn. 81 und 82).


31 – Siehe oben, Nr. 21


32 – Urteil ABNA u. a. (C‑453/03, C‑11/04, C‑12/04 und C‑194/04, EU:C:2005:741, Rn. 82 und 83).