Language of document : ECLI:EU:T:2011:764

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

16. Dezember 2011(*)

„Dumping – Einfuhren bestimmter Magnesia-Steine mit Ursprung in China –Verordnung, mit der eine Interimsüberprüfung abgeschlossen wird – Vergleich zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis – Berücksichtigung der Mehrwertsteuer des Ursprungslands – Anwendung einer anderen als der bei der Ausgangsuntersuchung herangezogenen Methode – Veränderte Umstände – Art. 2 Abs. 10 Buchst. b und Art. 11 Abs. 9 der Verordnung (EG) Nr. 384 /96 (jetzt Art. 2 Abs. 10 Buchst. b und Art. 11 Abs. 9 der Verordnung [EG] Nr. 1225/2009)“

In der Rechtssache T‑423/09

Dashiqiao Sanqiang Refractory Materials Co. Ltd, mit Sitz in Dashiqiao (China), Prozessbevollmächtigte: J.‑F. Bellis und R. Luff, lawyers,

Klägerin

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten zunächst durch J.‑P. Hix, dann durch J.‑P. Hix und B. Driessen als Bevollmächtigte im Beistand zunächst der Rechtsanwälte G. Berrisch und G. Wolf, dann von Rechtsanwalt G. Berrisch,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und H. van Vliet als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 826/2009 des Rates vom 7. September 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1659/2005 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Magnesia-Steine mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 240, S. 7), soweit der in ihr gegen die Klägerin festgesetzte Antidumpingzoll denjenigen übersteigt, der anzuwenden gewesen wäre, wenn er auf der Grundlage der Berechnungsmethode ermittelt worden wäre, die bei der Ausgangsuntersuchung zur Berücksichtigung der Nichterstattung der chinesischen Mehrwertsteuer bei der Ausfuhr Anwendung gefunden hatte,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi (Berichterstatter) sowie der Richter V. Vadapalas und S. Frimodt Nielsen,

Kanzler: V. Nagy, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2011

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Die Antidumping-Grundregelung beruht auf der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) in geänderter Fassung (im Folgenden: Grundverordnung) (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern [ABl. L 343, S. 51, berichtigt in ABl. 2010, L 7, S. 22]).

2        Art. 2 Abs. 1, 8 und 10 der Grundverordnung (jetzt Art. 2 Abs. 1, 8 und 10 der Verordnung Nr. 1225/2009) in der auf den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung bestimmt u. a.:

„(1)       Der Normalwert stützt sich normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind.

(8)       Der Ausfuhrpreis ist der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis der zur Ausfuhr aus dem Ausfuhrland in die Gemeinschaft verkauften Ware.

(10)       Zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert wird ein gerechter Vergleich durchgeführt. Dieser Vergleich erfolgt auf derselben Handelsstufe und unter Zugrundelegung von Verkäufen, die zu möglichst nahe beieinander liegenden Zeitpunkten getätigt werden, sowie unter gebührender Berücksichtigung anderer Unterschiede, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Ist die Vergleichbarkeit der ermittelten Normalwerte und Ausfuhrpreise nicht gegeben, werden, auf Antrag, jedes Mal gebührende Berichtigungen für Unterschiede bei Faktoren vorgenommen, die nachweislich die Preise und damit die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Dabei wird jede doppelte Berichtigung vermieden, insbesondere für Preisnachlässe, Rabatte, unterschiedliche Mengen und unterschiedliche Handelsstufen. Wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, können für folgende Faktoren Berichtigungen vorgenommen werden:

b)       Einfuhrabgaben und indirekte Steuern

Eine Berichtigung des Normalwerts wird für alle Einfuhrabgaben oder indirekten Steuern vorgenommen, mit denen die gleichartige Ware oder die darin verarbeiteten Erzeugnisse belastet werden, wenn sie zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmt sind, und nicht erhoben oder erstattet werden, wenn die Ware in die Gemeinschaft exportiert wird.

k)       Andere Faktoren

Eine Berichtigung kann auch für Unterschiede bei anderen nicht unter den Buchstaben a) bis j) genannten Faktoren vorgenommen werden, sofern die Auswirkung auf die Vergleichbarkeit der Preise im Sinne dieses Absatzes nachgewiesen werden kann; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Kunden aufgrund der Unterschiede bei diesen Faktoren auf dem Inlandsmarkt anhaltend unterschiedliche Preise zahlen.“

3        Art. 11 Abs. 3 und 9 der Grundverordnung (jetzt Art. 11 Abs. 3 und 9 der Verordnung Nr. 1225/2009) in der auf den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung bestimmt u. a.:

„(3)       Die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Maßnahmen kann bei Bedarf ebenfalls von der Kommission von Amts wegen oder auf Antrag eines Mitgliedstaats oder, sofern seit der Einführung der endgültigen Maßnahme eine angemessene Zeitspanne, mindestens aber ein Jahr vergangen ist, auf Antrag eines Ausführers oder Einführers oder der Gemeinschaftshersteller überprüft werden, wenn dieser Antrag ausreichende Beweise für die Notwendigkeit einer solchen Interimsüberprüfung enthält.

(9)       In allen Überprüfungen oder Erstattungsuntersuchungen gemäß diesem Artikel wendet die Kommission, soweit sich die Umstände nicht geändert haben, die gleiche Methodik an wie in der Untersuchung, die zur Einführung des Zolls führte, unter gebührender Berücksichtigung des Artikels 2, insbesondere der Absätze 11 und 12, und des Artikels 17.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Maßgebliche Antidumpingverordnungen

4        Am 11. April 2005 erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 552/2005 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Magnesia-Steine mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 93, S. 6), mit der u. a. ein vorläufiger Antidumpingzoll von 66,1 % auf die Einfuhren bestimmter Magnesia-Steine mit Ursprung in der Volksrepublik China durch die Klägerin Dashiqiao Sanqiang Refractory Materials Co. Ltd. in die Europäische Gemeinschaft erhoben wurde.

5        Mit der Verordnung (EG) Nr. 1659/2005 vom 6. Oktober 2005 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter Magnesia-Steine mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 267, S. 1) führte der Rat u. a. einen endgültigen Antidumpingzoll von 27,7 % auf die Einfuhren bestimmter von der Klägerin hergestellter Magnesia-Steine in die Gemeinschaft ein.

6        Auf Antrag der Klägerin wurde die Verordnung Nr. 1659/2005 einer teilweisen Interimsüberprüfung gemäß Art. 11 Abs. 3 der Grundverordnung (jetzt Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1259/2009) unterzogen. Nach Abschluss dieser Überprüfung erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 826/2009 vom 7. September 2009 zur Änderung der Verordnung [Nr. 1659/2005] (ABl. L 240, S. 7, im Folgenden: angefochtene Verordnung), mit der der Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter Magnesia-Steine aus der Herstellung der Klägerin auf 14,4 % herabgesetzt wurde.

 Chinesische Mehrwertsteuerregelung

7        Der chinesische Gesetzgeber hatte ein Mehrwertsteuersystem eingeführt, nach dem grundsätzlich sämtliche Verkäufe sowohl auf dem Binnenmarkt als auch bei der Ausfuhr mit einer Mehrwertsteuer von 17 % belegt wurden. Während der Verkäufer für die Verkäufe auf dem Binnenmarkt die gesamte Mehrwertsteuer schuldete, konnte ihm jedoch bei Ausfuhrverkäufen die Mehrwertsteuer in vollem Umfang erstattet werden.

8        Bei der Ausgangsuntersuchung für den Zeitraum zwischen dem 1. April 2003 und dem 31. März 2004, die mit dem Erlass der Verordnung Nr. 1659/2005 endete, wurde die Mehrwertsteuer für die Ausfuhrverkäufe von Magnesia-Steinen dem Ausführer teilweise erstattet, und zwar 2003 in Höhe von 15 % und 2004 in Höhe von 13 %. In dem Untersuchungszeitraum, der von dem Überprüfungsverfahren erfasst wurde, das zum Erlass der angefochtenen Verordnung führte, d. h. in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. März 2008, wurde der Erstattungssatz für die Mehrwertsteuer bei Ausfuhrverkäufen von Magnesia-Steinen auf null herabgesetzt.

 Verwaltungsverfahren

9        Während der Ausgangsuntersuchung nahm die Kommission einen Vergleich des Normalwerts mit dem Ausfuhrpreis vor, der in den Randnrn. 61 und 62 der Verordnung Nr. 552/2005, auf die im neunten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 826/2009 verwiesen wird, wie folgt wiedergegeben ist:

„(61)       Der Normalwert und die Ausfuhrpreise wurden auf der Stufe ab Werk und auf derselben Handelsstufe miteinander verglichen. Im Interesse eines fairen Vergleichs wurden gemäß Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung auf Antrag Berichtigungen für Unterschiede vorgenommen, die nachweislich die Preise und die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussten.

(62)       Diese Berichtigungen betrafen Unterschiede bei den Transport-, Versicherungs-, Bereitstellungs-, Verlade- und Nebenkosten, den Kreditkosten, den Provisionen, den Einfuhrabgaben und den Kundendienstkosten (Garantie).“

10      In seiner Klagebeantwortung hat der Rat diese Vorgehensweise der Organe bei der Ausgangsuntersuchung wie folgt erläutert. Nach der Feststellung, dass die Mehrwertsteuer bei Ausfuhrverkäufen von Magnesia-Steinen fast vollständig erstattet werde, hätten die Organe beschlossen, „für den Vergleich mit dem Ausfuhrpreis einen um die Mehrwertsteuer bereinigten Nettowert zu verwenden, als ob der Ausfuhrpreis tatsächlich von jeder Mehrwertsteuer befreit worden sei, und von diesem Nettopreis den Betrag der nicht erstatteten Mehrwertsteuer abzuziehen“. Der Rat hat klargestellt, dass, „selbst wenn es gemäß Art. 2 Abs. 10 [Buchst. b der Grundverordnung] konventioneller gewesen wäre, beim Normalwert einen bei Ausfuhrverkäufen nach Erstattung sich ergebenden vergleichbaren Mehrwertsteuersatz heranzuziehen und nicht die Rest-mehrwertsteuer vom Preis der Letztgenannten abzuziehen“, man davon ausgegangen sei, dass es „angesichts des niedrigen Mehrwertsteuersatzes bei Ausfuhrverkäufen nach Erstattung durch die chinesischen Finanzbehörden (nahe bei null) in der Ausgangsuntersuchung … unter Verwaltungsgesichtspunkten praktischer gewesen sei, einfach diese Mehrwertsteuer von den Ausfuhrpreisen abzuziehen“.

11      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ein undatiertes Dokument mit dem Titel „Abschließendes Informationsdokument“ (Specific definitive disclosure) vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass der Ausfuhrpreis tatsächlich in der vom Rat beschriebenen Weise bereinigt worden ist. Nach Anhörung der Parteien wurde dieses Dokument zu den Akten genommen, was im Sitzungsprotokoll festgehalten worden ist. Der Rat hat außerdem in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Organe nunmehr davon ausgingen, dass die Vorgehensweise bei der Ausgangsuntersuchung nicht Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung (jetzt Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Verordnung Nr. 1225/2009) entsprochen habe, weil diese Vorschrift nur eine Anpassung des Normalwerts und nicht des Ausfuhrpreises betreffe und eine Anpassung dieses Preises auf Art. 2 Abs. 10 Buchst. k dieser Verordnung (jetzt Art. 2 Abs. 10 Buchst. k der Verordnung Nr. 1225/2009) gestützt werden müsse.

12      Am 15. Juli 2009 übermittelte die Kommission der Klägerin ein Dokument mit dem Titel „Allgemeines Informationsdokument R453“ (General Disclosure Document R453), in dem sie zu der im Überprüfungsverfahren angewandten Methode des Vergleichs von Normalwert und Ausfuhrpreis unter Punkt B.4 („Vergleich“) dieses Dokuments Folgendes angab:

„Für jeden Typ der betroffenen Ware wurden der durchschnittliche Normalwert und der durchschnittliche Ausfuhrpreis auf der Stufe ab Werk und auf der gleichen Handelsstufe miteinander verglichen. Im Interesse eines fairen Vergleichs wurden gemäß Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung auf Antrag Berichtigungen für Unterschiede vorgenommen, die nachweislich die Preise und die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussten. Zu diesem Zweck wurden, soweit erforderlich und gerechtfertigt, Berichtigungen für Transport-, Versicherungs-, Bereitstellungs-, Verlade- und Kreditkosten sowie tatsächlich gezahlte Antidumpingzölle vorgenommen.

Die Untersuchung ergab, dass die auf Ausfuhrverkäufe gezahlte Mehrwertsteuer nicht erstattet wurde. Bei der Ausgangsuchung wurde die Mehrwertsteuer sowohl beim Normalwert als auch beim Ausfuhrpreis abgezogen, damit sowohl Ausfuhrpreis als auch Normalwert das gleiche Niveau der indirekten Besteuerung aufwiesen. Man geht indessen entsprechend Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung davon aus, dass bei fehlender Erstattung der indirekten Steuern bei den Ausfuhren die Methode heranzuziehen ist, dass der Normalwert um den Betrag der zu erhebenden Inlandssteuern zu berichtigen ist, wenn die vergleichbare Ware zum Verbrauch im Ausfuhrland veräußert wird. Folglich ist der Normalwert unter Berücksichtigung der gezahlten oder zu zahlenden Mehrwertsteuer ermittelt worden.“

13      In einem anderen, der Klägerin am selben Tag übermittelten Dokument „Anhang II Besonderes Informationsdokument“ (Annex II Specific Disclosure Document) stellte die Kommission unter Punkt 3.2 („Berichtigungen – Normalwert“) des Dokuments Folgendes klar:

„Berichtigungen des Normalwerts wurden für Transport-, Versicherungs-, Bereitstellungs-, Verlade- und Kreditkosten vorgenommen.

Gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung ist bei fehlender Erstattung der indirekten Steuern bei der Ausfuhr die Methode heranzuziehen, dass der Normalwert um den Betrag der zu erhebenden Inlandssteuern zu berichtigen ist, wenn die vergleichbare Ware zum Verbrauch im Ausfuhrland veräußert wird. Folglich ist der Normalwert unter Berücksichtigung der gezahlten oder zu zahlenden Mehrwertsteuer ermittelt worden. Der hierbei angewandte Mehrwertsteuersatz beträgt 17 %.“

14      Mit Schreiben vom 24. Juli 2009 nahm die Klägerin zu den in den Randnrn. 12 und 13 des vorliegenden Urteils angeführten Dokumenten Stellung und beanstandete insbesondere die „neue“ Methode des Vergleichs des Ausfuhrpreises mit dem Normalwert auf der Grundlage „einschließlich Mehrwertsteuer“.

15      Am 31. Juli 2009 übermittelte die Kommission der Klägerin ein Dokument mit dem Titel „Vorgehensweisen der Dienststellen der Kommission im Anschluss an Ihre Reaktionen auf das abschließende Informationsdokument“ (Orientations of the Commission’s services after your reactions to final disclosure), in dem unter Punkt 3 insbesondere Folgendes dargelegt war:

„In den übermittelten Informationen hieß es, dass die Untersuchung den Nachweis erbracht habe, dass die für die Ausfuhrverkäufe gezahlte Mehrwertsteuer nicht erstattet worden sei und dass sowohl der Ausfuhrpreis als auch der Normalwert unter Berücksichtigung der gezahlten oder zu zahlenden Mehrwertsteuer ermittelt worden seien. In Ihrer Stellungnahme vom 24. Juli 2009 machen Sie geltend, dass diese Vorgehensweise rechtswidrig sei.

Was zunächst das Vorbringen angeht, dass bei der ersten Untersuchung eine andere Methodik herangezogen worden sei (nämlich der Abzug der Mehrwertsteuer sowohl beim Normalwert als auch beim Ausfuhrpreis), ist zu betonen, dass die Umstände während der Untersuchung im Rahmen der Überprüfung nicht dieselben waren wie während der Ausgangsuntersuchung. Während der Ausgangsuntersuchung wurde die Mehrwertsteuer teilweise erstattet, was eine Berichtigung gemäß Art. 2 Abs. 10 erforderlich machte, während der Untersuchung im Rahmen der Überprüfung dagegen wurde bei den Ausfuhrverkäufen keine Mehrwertsteuer erstattet. Aus diesem Grunde musste weder der Ausfuhrpreis noch der Normalwert bezüglich der Mehrwertsteuer berichtigt werden. Selbst wenn diese Vorgehensweise als Änderung der Methodik angesehen werden könnte, [wäre] sie gemäß Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung [jetzt Art. 11 Abs. 9 der Verordnung Nr. 1225/2009] wegen einer Änderung der Umstände gerechtfertigt.“

16      Schließlich heißt es in den Erwägungsgründen 29 bis 32 der angefochtenen Verordnung unter Punkt 4 („Vergleich“):

„(29)  Für jeden Typ der betroffenen Ware wurden der durchschnittliche Normalwert und der durchschnittliche Ausfuhrpreis auf der Stufe ab Werk und auf der gleichen Handelsstufe sowie mit denselben indirekten Steuern belastet miteinander verglichen. Im Interesse eines fairen Vergleichs wurden gemäß Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung auf Antrag Berichtigungen für Unterschiede vorgenommen, die nachweislich die Preise und die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussten. Zu diesem Zweck wurden, soweit erforderlich und gerechtfertigt, Berichtigungen für Transport-, Versicherungs-, Bereitstellungs-, Verlade- und Kreditkosten sowie tatsächlich gezahlte Antidumpingzölle vorgenommen.

(30)      Die Untersuchung ergab, dass die auf Ausfuhrverkäufe gezahlte Umsatzsteuer nicht erstattet wurde (auch nicht zum Teil, wie in der Ausgangsuntersuchung). In der Unterrichtung des Antragstellers gemäß Artikel 20 der Grundverordnung wurde daher darauf hingewiesen, dass sowohl der Einfuhrpreis als auch der Normalwert anhand der gezahlten oder zu zahlenden Umsatzsteuer bestimmt würden. Nach Meinung des Antragstellers ist dieses Vorgehen rechtswidrig. Dazu ist Folgendes festzustellen.

(31)       Zunächst ist bezüglich des Vorbringens, dass in der Ausgangsuntersuchung eine andere Methodik (d. h. Abzug der Umsatzsteuer vom Normalwert und vom Ausfuhrpreis) verwendet worden sei, zu betonen, dass die Umstände im Untersuchungszeitraum der Überprüfung („UZÜ“) nicht dieselben waren wie im ursprünglichen Untersuchungszeitraum. Im ursprünglichen Untersuchungszeitraum wurde die Umsatzsteuer wie gesagt teilweise erstattet, weshalb eine Berichtigung gemäß Artikel 2 Absatz 10 erfolgen musste; im UZÜ dagegen wurde die Umsatzsteuer auf Ausfuhrverkäufe nicht erstattet. Deshalb war keine Berichtigung des Ausfuhrpreises oder des Normalwertes für die Umsatzsteuer erforderlich. Selbst wenn dies als eine Änderung der Methode gelten könnte, wäre es gemäß Artikel 11 Absatz 9 gerechtfertigt, da sich die Umstände geändert haben.

(32)      In seinem zweiten Vorbringen behauptete der Antragsteller, dass die in dieser Überprüfung verwendete Methode die Dumpingspanne künstlich vergrößern würde. Dieses Argument ist nicht akzeptabel. Die Methode ist ergebnisneutral. Die Wirkung ist dieselbe, auch dann, wenn das Unternehmen beispielsweise bestimmte Waren oder Geschäftsvorgänge in die Gemeinschaft zu einem Ausfuhrpreis verkauft, der nicht zu Dumping führt. Anders ausgedrückt, selbst wenn die Einbeziehung der Umsatzsteuer auf beiden Seiten der Gleichung die Differenz zwischen den beiden Elementen ansteigen ließe, wäre dies auch bei den Modellen der Fall, für die der Dumpingtatbestand nicht erfüllt ist.“

 Verfahren und Anträge der Beteiligten

17      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 22. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

18      Mit besonderem Schriftsatz, der am gleichen Tag in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Klägerin gemäß Art. 76a der Verfahrensordnung des Gerichts einen Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren gestellt. Mit Schreiben vom 9. November 2009 hat sich der Rat zu diesem Antrag geäußert. Mit Schreiben vom 23. November 2009 hat das Gericht die Klägerin von seiner Entscheidung in Kenntnis gesetzt, den Antrag auf beschleunigte Behandlung zurückzuweisen.

19      Die Klägerin beantragt,

–        den ihr mit der angefochtenen Verordnung auferlegten Antidumpingzoll insoweit für nichtig zu erklären, als er den Zoll übersteigt, der anwendbar gewesen wäre, wenn er nach der bei der Ausgangsuntersuchung angewandten Berechnungsmethode gemäß Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung berechnet worden wäre, um die Nichterstattung der chinesischen Mehrwertsteuer bei der Ausfuhr zu berücksichtigen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

20      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

21      Mit Schriftsatz, der am 19. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 5. März 2010 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts die Kommission als Streithelferin zugelassen. Die Kommission hat innerhalb der gesetzten Frist keinen Streithilfeschriftsatz eingereicht.

22      Da ein Richter an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung zur Vervollständigung des Spruchkörpers einen anderen Richter bestimmt.

23      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

24      Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 14. Juni 2011 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

 Rechtliche Würdigung

 Zusammenfassung der Nichtigkeitsgründe

25      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe.

26      Mit dem ersten Klagegrund wird eine Nichtbeachtung des Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung gerügt, weil die Änderung der Methode den Grundsatz des gerechten Vergleichs von Normalwert und Ausfuhrpreis verletze.

27      Mit dem zweiten Klagegrund wird eine Verletzung des Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung beanstandet, weil die Kommission in dem Überprüfungsverfahren, das zum Erlass der angefochtenen Verordnung geführt habe, nicht die gleiche Methode wie in der Ausgangsuntersuchung herangezogen habe.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung

28      Zur Stützung des ersten Klagegrundes bringt die Klägerin im Kern vor, dass die Kommission bei der Ausgangsuntersuchung die (teilweise) Nichterstattung der Mehrwertsteuer bei der Ausfuhr als Ausfuhrkosten behandelt habe, weil sie dazu geführt habe, die Einkünfte des Ausführers aus seinen Ausfuhrverkäufen zu mindern. Sie habe daher gemäß Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung vom Ausfuhrpreis den nicht erstatteten Teil der Mehrwertsteuer abgezogen. Demgegenüber habe die Kommission im Überprüfungsverfahren die Methode vollkommen verändert.

29      Die Klägerin ist der Auffassung, dass Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Diese Vorschrift betreffe nur von bestimmten Staaten gewährte Steuernachlässe, mit denen im Vorhinein erhobene Steuern und Abgaben für im Lauf der verschiedenen Produktionsstufen einer Ware verbrauchte Güter erstattet würden, wenn diese Ware ausgeführt werde. In einem solchen Fall erfahre der Normalwert eine Berichtigung in Form des Abzugs eines Betrags, der der betreffenden Erstattung von Steuern und Abgaben entspreche. Diese Vorschrift gelte indessen nicht für den Sachverhalt des vorliegenden Falles, der eine Abgabe betreffe, die bei der Ausfuhr der betreffenden Ware erhoben werde. Die Kommission habe sich daher irrtümlich für gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung verpflichtet gehalten, Normalwert und Ausfuhrpreis auf der Grundlage „einschließlich Mehrwertsteuer“ zu vergleichen; diese Methode hätten die Organe bisher niemals verwendet. Der bloße Unterschied beim Satz der Erstattung der Mehrwertsteuer bei der Ausfuhr könne diese grundlegende Änderung der Methode nicht rechtfertigen, da ihre teilweise Nichterstattung eine Kostenstelle bei der Ausfuhr sei, die vom Ausfuhrpreis abgezogen werden müsse.

30      Die Klägerin tritt der Argumentation in den Randnrn. 31 und 32 der angefochtenen Entscheidung entgegen, wonach der Vergleich von Normalwert und Ausfuhrpreis gerecht, ja ergebnisneutral, sei, da die beiden Werte auf derselben Ebene, d. h. „einschließlich Mehrwertsteuer“, verglichen worden seien, was zu den gleichen Wirkungen führe. Selbst bei Identität des Mehrwertsteuersatzes für Inlands- wie für Ausfuhrverkäufe sei der Betrag, nach dem die Mehrwertsteuer berechnet werde, verschieden. Bei den Sachverhalten, die Gegenstand von Dumpingverfahren seien, wie im vorliegenden Fall, sei der Ausfuhrpreis regelmäßig niedriger als der Normalwert, so dass der dem Normalwert hinzugefügte Mehrwertsteuerbetrag höher sei als derjenige, den der Ausführer auf seine Ausfuhrverkäufe zahle. Die Methode des Vergleichs von Normalwert und Ausfuhrpreis auf der Grundlage „einschließlich Mehrwertsteuer“ führe mithin zu einer künstlichen Vergrößerung der Dumpingspanne. Der Rat habe somit den Grundsatz eines gerechten Vergleichs von Normalwert und Ausfuhrpreis im Sinne von Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung verletzt.

31      Nach Auffassung der Klägerin ist die im vorliegenden Fall verwendete Vergleichsmethode unvereinbar mit der Praxis der Organe in Dumpingsachen. Im 31. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1193/2008 des Rates vom 1. Dezember 2008 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung der vorläufigen Zölle auf die Einfuhren von Zitronensäure mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 323, S. 1) habe der Rat sogar ausdrücklich anerkannt, dass Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung nicht maßgebend sei und die Nichterstattung der Mehrwertsteuer bei der Ausfuhr zu einer Berichtigung auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 10 Buchst. k dieser Verordnung hätte führen müssen.

32      Folglich verstoße die angefochtene Verordnung gegen Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung Der auf die Einfuhren der Klägerin erhobene Antidumpingzoll wäre spürbar, nämlich etwa 4 % bis 5 %, niedriger gewesen, wenn die Kommission dieselbe Vergleichsmethode angewandt hätte wie bei der Ausgangsuntersuchung, die dieser Vorschrift entsprochen hätte.

33      Der Rat beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

34      Als Erstes ist das Vorbringen des Rates zu prüfen, er habe bei der Überprüfung keineswegs Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung angewandt, um den Normalwert und/oder den Ausfuhrpreis zu „berichtigen“.

35      Zwar hat sich die Kommission in dem Dokument „Anhang II Besonderes Informationsdokument“ auf Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung bezogen, um ihren Schluss zu rechtfertigen, dass „bei fehlender Erstattung der indirekten Steuern bei den Ausfuhren die Methode heranzuziehen ist, dass der Normalwert um den Betrag der zu erhebenden Inlandssteuern zu berichtigen ist, wenn die vergleichbare Ware zum Verbrauch im Ausfuhrland veräußert wird“, und dass „[f]olglich … der Normalwert unter Berücksichtigung der gezahlten oder zu zahlenden Mehrwertsteuer ermittelt worden [ist]“ (siehe oben, Randnr. 12). Die Kommission hat diese Argumentation auch in dem Dokument „Allgemeines Informationsdokument R453“ wiederholt (siehe oben, Randnr. 13).

36      Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission, wie sich aus dem Dokument „Vorgehensweisen der Dienststellen der Kommission im Anschluss an Ihre Reaktionen auf das abschließende Informationsdokument“ ergibt, ihren Standpunkt in der Folge geändert hat. Sie ist im Kern davon ausgegangen, dass bei der Überprüfung keinerlei Berichtigung des Ausfuhrpreises oder des Normalwerts im Sinne von Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung erforderlich gewesen sei (siehe oben, Randnr. 15). Der gleichen Argumentation ist letztlich der Rat im 31. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung gefolgt (siehe oben, Randnr. 16).

37      Folglich ist der Rat in der angefochtenen Verordnung davon ausgegangen, dass im Überprüfungsverfahren anders als bei dem Sachverhalt in der Ausgangsuntersuchung die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Normalwerts und/oder des Ausfuhrpreises gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung nicht erfüllt seien, so dass diese Vorschrift keine Anwendung finden könne. Mithin ist ungeachtet dessen, was aus den vorbereitenden Dokumenten der Kommission „Allgemeines Informationsdokument R453“ (siehe oben, Randnr. 12) und „Anhang II Besonderes Informationsdokument“ (siehe oben, Randnr. 13) noch hervorgeht, nicht davon auszugehen, dass der Rat in der angefochtenen Verordnung bei der Berücksichtigung der Mehrwertsteuer in Höhe von 17 % Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung angewandt und damit Berichtigungen des Normalwerts und des Ausfuhrpreises im Sinne dieser Bestimmung vorgenommen hat, um die Symmetrie von Wert und Preis wiederherzustellen.

38      Demnach ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die in der angefochtenen Verordnung befolgte Vergleichsmethode darin bestanden habe, Normalwert und Ausfuhrpreis gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung zu berichtigen. Es handelte sich nämlich um einen Vergleich dieses Werts und dieses Preises auf der Grundlage „einschließlich Mehrwertsteuer“ allein nach Maßgabe der allgemeinen Vorschrift des Art. 2 Abs. 10 Sätze 1 und 2 dieser Verordnung (jetzt Art. 2 Abs. 10 Sätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 1225/2009).

39      Als Zweites ist zu prüfen, ob diese Vergleichsmethode im Sinne von Art. 2 Abs. 10 Satz 1 der Grundverordnung gerecht war, was die Klägerin insbesondere deshalb in Abrede stellt, weil diese Methode zu einer künstlichen Vergrößerung der Dumpingspanne geführt habe.

40      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Organe im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen verfügen (Urteil des Gerichtshofs vom 27. September 2007, Ikea Wholesale, C‑351/04, Slg. 2007, I‑7723, Randnr. 40, sowie Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2008, Huvis/Rat, T‑221/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38, und vom 23. September 2009, Dongguan Nanzha Leco Stationery/Rat. T‑296/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 40).

41      Dieses weite Ermessen erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Würdigung der Tatsachen, anhand deren sich einschätzen lässt, ob die angewandte Vergleichsmethode gerecht ist, wobei der Begriff „gerecht“ vage ist und von den Organen in jedem Einzelfall entsprechend dem maßgeblichen wirtschaftlichen Kontext konkretisiert werden muss. Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die Entscheidung zwischen den in Art. 2 Abs. 11 der Grundverordnung genannten verschiedenen Berechnungsmethoden für die Dumpingspanne sowie die Bestimmung des Normalwerts einer Ware oder die Feststellung einer Schädigung die Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte voraussetzen und die gerichtliche Kontrolle einer solchen Beurteilung deshalb auf die Prüfung der Frage zu beschränken ist, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteile Ikea Wholesale und Huvis/Rat, beide oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 41 bzw. 39; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Dongguan Nanzha Leco Stationery/Rat, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 41).

42      Nach der Rechtsprechung kann weiterhin sowohl dem Wortlaut als auch der Systematik von Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung nach eine Berichtigung des Ausfuhrpreises oder des Normalwerts nur zur Berücksichtigung von Unterschieden bei Faktoren vorgenommen werden, die die Preise und damit deren Vergleichbarkeit beeinflussen. Das bedeutet mit anderen Worten, dass die Berichtigung bezweckt, die Symmetrie zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis eines Erzeugnisses wiederherzustellen, so dass die Berichtigung, wenn sie sachgerecht durchgeführt worden ist, im Ergebnis die Symmetrie zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis wiederherstellt. Ist dagegen die Berichtigung nicht sachgerecht vorgenommen worden, bedeutet dies, dass sie zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis eine Asymmetrie geschaffen hat (Urteil Dongguan Nanzha Leco Stationery/Rat, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Bei der Beurteilung der Gerechtigkeit der angewandten Vergleichsmethode stellt der Begriff der Symmetrie zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis mithin ein Schlüsselelement dar, das der Notwendigkeit entspricht, die Vergleichbarkeit der Preise im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Grundverordnung (jetzt Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1225/2009) herzustellen. Gemäß Art. 2 Abs. 10 Sätze 1 bis 3 der Grundverordnung (jetzt Art. 2 Abs. 10 Sätze 1 bis 3 der Verordnung Nr. 1225/2009) muss nämlich ein gerechter Vergleich auf derselben Handelsstufe und unter Zugrundelegung von Verkäufen, die zu möglichst nahe beieinander liegenden Zeitpunkten getätigt werden, sowie unter gebührender Berücksichtigung anderer Unterschiede, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen, durchgeführt werden; nur in den Fällen, in denen die Vergleichbarkeit von Normalwert und Ausfuhrpreis, wie ermittelt, nicht gegeben ist, sind die Organe befugt, Berichtigungen vorzunehmen.

44      Im Übrigen ergibt sich, wie der Rat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, aus den Definitionen in Abs. 1 Unterabs. 1 sowie in Abs. 8 des Art. 2 der Grundverordnung (jetzt Abs. 1 Unterabs. 1 sowie Abs. 8 des Art. 2 der Verordnung Nr. 1225/2009), dass zum einen der Normalwert sich „normalerweise auf die Preise [stützt], die im normalen Handelsverkehr … im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind“, und dass zum anderen der Ausfuhrpreis „der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis der zur Ausfuhr aus dem Ausfuhrland in die Gemeinschaft verkauften Ware“ ist, was es grundsätzlich erforderlich macht, die Mehrwertsteuer in diese Werte und Preise einzuschließen.

45      Unter diesen Umständen durfte der Rat, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass im vorliegenden Fall der Vergleich von Normalwert und Ausfuhrpreis auf der Grundlage „einschließlich Mehrwertsteuer“ eine gerechte Vergleichsmethode darstellte, weil dieser Vergleich unter Beachtung des Erfordernisses der Symmetrie zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis auf der gleichen Handelsstufe für gleichzeitige Verkäufe sowohl im Inland als auch für die Ausfuhr durchgeführt wurde, für die alle ein Mehrwertsteuersatz von 17 % gilt.

46      Die Klägerin hat weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas vorgebracht, was die offensichtliche Ungeeignetheit dieser Vergleichsmethode belegen könnte, da sich ihr Vorbringen darauf beschränkt hat, eine Änderung der Berechnungsmethode im Vergleich zu der bei der Ausgangsuntersuchung angewandten zu beanstanden, die die Dumpingspanne künstlich vergrößert haben soll. Angesichts des weiten Ermessens der Organe lässt sich mit diesem Vorbringen nicht dartun, dass diese Methode, die auf identischen Vergleichsparametern beruht, ungerecht gewesen wäre oder dass ihre Anwendung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler aufgewiesen hätte.

47      Hervorzuheben ist, dass die Klägerin weder in Abrede stellt, dass die Organe in der angefochtenen Verordnung diese Vergleichsmethode gewissenhaft angewandt haben, noch, dass dieser Vergleich sowohl Inlands- als auch Auslandsverkäufe betraf, die zu möglichst nahe beieinander liegenden Zeitpunkten getätigt worden waren, noch, dass die Unterwerfung dieser Verkäufe unter die Mehrwertsteuer auf der gleichen Handelsstufe im Sinne von Art. 2 Abs. 10 Satz 2 der Grundverordnung erfolgt ist.

48      Ebenso wenig hat die Klägerin dargetan, dass es eine ständige Praxis der Organe gewesen wäre, die Mehrwertsteuer sowohl vom Normalwert als auch vom Ausfuhrpreis abzuziehen, um einen gerechten Vergleich im Sinne von Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung durchzuführen. Die in der Klageschrift angeführten Beispiele betreffen nämlich keinen Sachverhalt dieses Typs, sondern Fälle, in denen es um die Berichtigung allein des Ausfuhrpreises wegen der teilweisen Erstattung der Mehrwertsteuer durch die chinesischen Behörden ging, ähnlich wie bei der im vorliegenden Fall erfolgten Berichtigung in der Ausgangsuntersuchung, deren Rechtmäßigkeit nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist.

49      Demnach ist dem Rat bei dem Vergleich von Normalwert und Ausfuhrpreis auf der Grundlage „einschließlich Mehrwertsteuer“ weder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, noch hat er gegen das Erfordernis eines gerechten Vergleichs von Normalwert und Ausfuhrpreis gemäß Art. 2 Abs. 10 Satz 1 der Grundverordnung verstoßen.

50      Folglich ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung

51      Zur Stützung des zweiten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die angefochtene Verordnung verstoße ebenfalls gegen Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung, weil sie auf die Anwendung einer Methode des Vergleichs von Normalwert und Ausfuhrpreis gestützt sei, die sich grundlegend von der in der Ausgangsuntersuchung angewandten unterscheide. Diese Vorgehensweise entspreche nicht der einschlägigen Rechtsprechung zu dieser Frage (Urteil Huvis/Rat, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 41).

52      Nach Auffassung der Klägerin haben die Organe keine tragfähige Rechtfertigung für diese Änderung der Vergleichsmethode beigebracht. Es sei keine Änderung von Umständen im Sinne von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung, die eine Aufgabe der bei der Ausgangsuntersuchung herangezogenen Methode rechtfertigen könne, dass zwischen den beiden Zeiträumen, in denen die Ausgangsuntersuchung und die Überprüfung stattgefunden hätten, der Satz der Mehrwertsteuer, die nicht erstattet worden sei, von 4 % auf 17 % gestiegen sei. Ferner hätten die Organe nicht dargetan, dass die bei der Ausgangsuntersuchung herangezogene Methode nicht Art. 2 Abs. 10 dieser Verordnung entsprochen habe. Auf jeden Fall habe die Klägerin nachgewiesen, dass die neue Methode gegen den in dieser Vorschrift verankerten Grundsatz des gerechten Vergleichs verstoße und auf einer unzusammenhängenden Begründung beruhe.

53      Der Rat beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

54      Nach Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung haben die Organe bei einer Überprüfung – und zwar auch für den Vergleich des Ausfuhrpreises und des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung – im Allgemeinen dieselbe Methode anzuwenden wie bei der Ausgangsuntersuchung, die zur Einführung des Zolls geführt hat. Diese Vorschrift sieht eine Ausnahme vor, die den Organen die Anwendung einer anderen Methode als bei der Ausgangsuntersuchung erlaubt, allerdings nur dann, wenn sich die Umstände geändert haben. Jede Abweichung oder jede Ausnahme ist jedoch eng auszulegen. Die Organe müssen daher, wenn sie eine andere Methode als die bei der Ausgangsuntersuchung herangezogene verwenden wollen, dartun, dass die Umstände sich geändert haben (vgl. Urteil Huvis/Rat, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Der Rat räumt, wie in den Randnrn. 10 und 11 des vorliegenden Urteils festgestellt, ein, dass er in der Ausgangsuntersuchung eine Berichtigung des Ausfuhrpreises im Sinne von Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung vorgenommen und im Überprüfungsverfahren auf eine solche Berichtigung verzichtet habe, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorgelegen hätten.

56      Es ist festzustellen, dass dieser Unterschied in der Vorgehensweise des Rates nicht auf eine „Änderung der Methodik“ im Sinne von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung zurückzuführen ist.

57      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass sich die Begriffe „Methode“ und „Berichtigung“ nicht decken. Selbst bei der Annahme, dass der Begriff „Berichtigung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung dem Begriff „Methodik“ im Sinne von Art. 11 Abs. 9 dieser Verordnung gleichgesetzt werden könnte, würde sich aber aus den im 31. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung genannten Gründen sowie aus den Erwägungen in den Randnrn. 34 bis 38 des vorliegenden Urteils ergeben, dass die Organe hier nicht im Sinne der Rechtsprechung die „Methodik der Berichtigung“ zwischen Ausgangsuntersuchung und Überprüfungsverfahren „geändert“ haben (vgl. Urteil Huvis/Rat, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnrn. 27, 28 und 43, zur Änderung der „Vorteils-“ oder „Inputmethode“ und der „Restmethode“), sondern schlicht auf eine Berichtigung verzichtet haben, weil im Gegensatz zu dem Sachverhalt zur Zeit der Ausgangsuntersuchung die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung, die eine solche Berichtigung rechtfertigten, zum Zeitpunkt der Überprüfung nicht erfüllt waren. Der bloße Verzicht auf eine unter den Umständen des Einzelfalls nicht gerechtfertigte Berichtigung kann aber nicht als Änderung der Methodik im Sinne von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung angesehen werden.

58      Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung fordert nämlich, dass die betreffende Methodik die Vorschriften des Art. 2 und des Art. 17 ebendieser Verordnung (jetzt Art. 17 der Verordnung Nr. 1225/2009) berücksichtigt, deren Voraussetzungen in jedem Fall einzuhalten sind. So hat das Gericht bereits entschieden, dass die Organe, wenn sich bei der Überprüfung herausstellen sollte, dass die Anwendung der Methodik bei der Ausgangsuntersuchung nicht Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung entsprach, diese Methodik nicht mehr heranziehen dürfen (vgl. Urteil Huvis/Rat, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnrn. 42 und 50), auch wenn dies eine „Änderung der Methodik“ im strengen Sinne bedeutet.

59      Wenn somit die Organe im Überprüfungsverfahren nicht befugt sind, eine Berichtigung gemäß Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung vorzunehmen, können sie nicht gemäß Art. 11 Abs. 9 dieser Verordnung gezwungen sein, es allein deswegen doch zu tun, weil eine solche Berichtigung bei der Ausgangsuntersuchung vorgenommen worden ist. Wenn daher die letztgenannte Bestimmung ausdrücklich fordert, dass die bei der Überprüfung angewandte Methode den Erfordernissen des Art. 2 der Grundverordnung genügt, kann eine solche Überprüfung nicht zu einer insbesondere gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. b dieser Verordnung nicht zugelassenen Berichtigung führen.

60      Wie indessen die Klägerin selbst einräumt (siehe oben, Randnrn. 29 und 31), stellt Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung, der von den Organen bei der Ausgangsuntersuchung angewandt worden ist, keine geeignete Rechtsgrundlage dar, um bei der Überprüfung eine etwaige Anpassung insbesondere des Ausfuhrpreises vorzunehmen, auf den sich diese Vorschrift nicht bezieht. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Behandlung der Frage, ob die bei der Ausgangsuntersuchung verwendete Methodik Art. 2 Abs. 10 Buchst. b dieser Verordnung entsprach, was der Rat selbst in der mündlichen Verhandlung in Zweifel gezogen hat (siehe oben, Randnr. 11).

61      Mithin hat der Rat dadurch, dass er Normalwert und Ausfuhrpreis der betreffenden Waren auf einer Grundlage „einschließlich Mehrwertsteuer“ verglichen hat, nicht gegen Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung verstoßen.

62      Auf jeden Fall hat der Rat, selbst wenn davon auszugehen wäre, dass er im Überprüfungsverfahren eine andere Methode des Vergleichs von Normalwert und Ausfuhrpreis der betreffenden Waren als die bei der Ausgangsuntersuchung angewandte herangezogen hätte, dargetan, dass sich zum einen zwischen Ausgangsuntersuchung und Überprüfungsverfahren die Umstände geändert hatten und zum anderen diese Änderung geeignet war, den Verzicht auf eine solche Berichtigung zu rechtfertigen.

63      Es steht nämlich fest, dass die chinesische Mehrwertsteuer in der Ausgangsuntersuchung bei Ausfuhrverkäufen der betreffenden Waren teilweise erstattet wurde, während sie bei Inlandsverkäufen in vollem Umfang erhoben wurde. Demgegenüber wurden in dem Zeitraum des Überprüfungsverfahrens sowohl die Inlands- als auch die Ausfuhrverkäufe in vollem Umfang der Mehrwertsteuer unterworfen. Entsprechend den Darlegungen im 31. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung stellt dieser Unterschied der jeweiligen Sachverhalte eine Änderung der Umstände im Sinne von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung dar.

64      Außerdem war der Rat bei Berücksichtigung dieser Änderung der Umstände berechtigt, auf eine Anpassung des Normalwerts und des Ausfuhrpreises im Überprüfungsverfahren zu verzichten, weil es möglich war, einen gerechten Vergleich zwischen Wert und Preis auf einer Grundlage „einschließlich Mehrwertsteuer“ vorzunehmen, obwohl er es bei der Ausgangsuntersuchung für erforderlich erachtet hatte, eine Berichtigung vorzunehmen, um die Symmetrie der Vergleichsparameter wiederherzustellen, da den ausgeführten Waren eine teilweise Erstattung der Mehrwertsteuer zugutekam.

65      Folglich verstößt die vom Rat im Überprüfungsverfahren zugrunde gelegte Vergleichsmethode nicht gegen Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung.

66      Daher ist auch der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

67      Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

68      Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag des Rates ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates aufzuerlegen.

69      Gemäß Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Kommission trägt daher ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Dashiqiao Sanqiang Refractory Materials Co. Ltd trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates der Europäischen Union.

3.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Azizi

Vadapalas

Frimodt Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Dezember 2011.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Maßgebliche Antidumpingverordnungen

Chinesische Mehrwertsteuerregelung

Verwaltungsverfahren

Verfahren und Anträge der Beteiligten

Rechtliche Würdigung

Zusammenfassung der Nichtigkeitsgründe

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung

Kosten


* Verfahrenssprache: Französisch.