Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 12. Dezember 2018 – Teva UK u. a./Kommission
(Rechtssache T‑679/14)
„Wettbewerb – Kartelle – Markt für das Herz-Kreislauf-Medikament Perindopril (Originalpräparat und Generika) – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird – Grundsatz der Unparteilichkeit – Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen – Vereinbarung zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten und über den Alleinbezug – Potenzieller Wettbewerb – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Zusammenspiel von Wettbewerbs- und Patentrecht – Voraussetzungen der Freistellung gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV – Geldbußen“
1. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Erfordernis der Unparteilichkeit – Bedeutung – Während des Verwaltungsverfahrens erfolgte öffentliche Erklärungen von Mitgliedern der Kommission – Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und gegen die Unschuldsvermutung – Fehlen
(Art. 101 Abs. 1 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 und Art. 48 Abs. 1)
(vgl. Rn. 54-62)
2. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Beratender Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen – Anhörungspflicht – Wesentliche Förmlichkeit – Bedeutung
(Art. 101 und 102 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 14)
(vgl. Rn. 65-80)
3. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Einstufung eines Unternehmens als potenzieller Wettbewerber – Tatsächliche und konkrete Möglichkeiten für den Eintritt in den relevanten Markt – Kriterien – Wesentlicher Gesichtspunkt – Fähigkeit des Unternehmens, sich den relevanten Markt zu erschließen – Wahrnehmung durch die auf dem Markt präsenten Wirtschaftsteilnehmer
(Art. 101 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 86-95)
4. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Einstufung eines Unternehmens als potenzieller Wettbewerber – Tatsächliche und konkrete Möglichkeiten für den Eintritt in den relevanten Markt – Kriterien – Wesentlicher Gesichtspunkt – Fähigkeit des Unternehmens, sich den relevanten Markt zu erschließen – Hindernisse in Form von Patenten
(Art. 101 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 124-132)
5. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Unterscheidung zwischen bezweckten und bewirkten Zuwiderhandlungen – Bezweckte Zuwiderhandlung – Hinreichende Beeinträchtigung – Hinreichende Feststellung – Berücksichtigung der potenziellen Wirkungen der Vereinbarung – Grenzen
(Art. 101 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 181-194, 270, 315-317)
6. Wettbewerb – Regeln der Union – Sachlicher Geltungsbereich – Vergleiche zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten – Einbeziehung – Zusammenspiel von Wettbewerbs- und Patentrecht
(Art. 101 Abs. 1 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates)
(vgl. Rn. 196-214)
7. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Vergleiche zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten – Vereinbarung zwischen einem Hersteller von Originalpräparaten und einem Generikahersteller – Vereinbarung mit einer Nichtangriffsklausel und einem Vermarktungsverbot – An den Generikahersteller erfolgte umgekehrte Zahlung mit Anreizwirkung – Bezweckte Beschränkung
(Art. 101 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 218-241)
8. Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Vergleiche zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten – Vereinbarung zwischen einem Hersteller von Originalpräparaten und einem Generikahersteller – Vereinbarung mit einer Nichtangriffsklausel und einem Vermarktungsverbot – Zahlung an den Generikahersteller – Einstufung als umgekehrte Zahlung mit Anreizwirkung – Voraussetzungen
(Art. 101 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 286-304)
9. Nichtigkeitsklage – Gegenstand – Entscheidung, die auf mehreren Begründungspfeilern ruht, von denen jeder den verfügenden Teil tragen würde – Nichtigerklärung einer solchen Entscheidung – Voraussetzungen
(Art. 263 AEUV)
(vgl. Rn. 314-318)
10. Kartelle – Verbot – Freistellung – Voraussetzungen – Verbesserung der Warenerzeugung oder ‑verteilung oder Beitrag zum technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt – Spürbare objektive Vorteile, die geeignet sind, die mit der Vereinbarung verbundenen Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen – Beweislast – Kumulativer Charakter der Voraussetzungen für die Freistellung
(Art. 101 Abs. 1 und 3 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2)
(vgl. Rn. 327-345)
11. Grundrechte – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen – Bedeutung – Vorhersehbarkeit der Rechtswidrigkeit des geahndeten Verhaltens – Zwischen dem Hersteller des Originalpräparats und einem Generikahersteller geschlossener Vergleich zur gütlichen Beilegung von Patenrechtsstreitigkeiten – Vereinbarung wettbewerbswidrig – Generikahersteller, der sich über die Wettbewerbswidrigkeit seines Verhaltens nicht im Unklaren sein kann
(Art. 101 Abs. 1 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 49 Abs. 1)
(vgl. Rn. 349-381)
12. Wettbewerb – Geldbußen – Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden – Begründungspflicht –Umfang – Möglichkeit für die Kommission, von den Leitlinien zur Festsetzung von Geldbußen abzuweichen – Umso strengere Anforderungen an die Begründung
(Art. 101 Abs. 1 und Art. 296 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02, Ziff. 13 und 37)
(vgl. Rn. 389-399)
13. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Festlegung des Grundbetrags – Nichtanwendung der in den Leitlinien vorgesehenen Methode – Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz – Fehlen
(Art. 101 Abs. 1 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02, Ziff. 13 und 37)
(vgl. Rn. 401-434, 439-458)
14. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Anpassung des Grundbetrags – Mildernde Umstände – Angeblich erzwungene Beteiligung – Umstand, der keinen Rechtfertigungsgrund für ein Unternehmen darstellt, das von der Möglichkeit einer Anzeige bei den zuständigen Behörden keinen Gebrauch gemacht hat
(Art. 101 Abs. 1 AEUV; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 29)
(vgl. Rn. 462)
15. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Verpflichtung der Kommission, sich an ihre frühere Entscheidungspraxis zu halten – Fehlen
(Art. 101 AEUV; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission)
(vgl. Rn. 485)
Gegenstand
| Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2014) 4955 endg. der Kommission vom 9. Juli 2014 in einem Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV (Sache AT.39612 – Perindopril [Servier]), soweit er die Klägerinnen betrifft, hilfsweise auf Herabsetzung der mit dem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße |
Tenor
1. | | Die Klage wird abgewiesen. |
2. | | Die Teva UK Ltd, die Teva Pharmaceuticals Europe BV und die Teva Pharmaceutical Industries Ltd tragen ihre eigenen Kosten und die der Europäischen Kommission. |
3. | | Die European Generic medicines Association AISBL (EGA) trägt ihre eigenen Kosten. |