Language of document : ECLI:EU:T:2013:375

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

11. Juli 2013(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke METRO – Ältere Gemeinschaftsbildmarke GRUPOMETROPOLIS – Relatives Eintragungshindernis – Keine Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Recht auf ein faires Verfahren – Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten – Art. 75 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑197/12

Metropolis Inmobiliarias y Restauraciones, SL mit Sitz in Barcelona (Spanien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Carbonell Callicó,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Poch als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.‑C. Plate und R. Kaase,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 1. März 2012 (Sache R 2440/2010‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Metropolis Inmobiliarias y Restauraciones, SL und der MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten L. Truchot, der Richterin M. E. Martins Ribeiro (Berichterstatterin) und des Richters A. Popescu,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 9. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 19. Oktober 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 15. Oktober 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 6. Februar 2009 meldete die Streithelferin, die MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen, für das die Streithelferin die Farben Blau und Gelb beansprucht:

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3        Die Marke wurde u. a. für folgende Dienstleistungen in Klasse 36 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Finanzdienstleistungen, insbesondere Kreditvermittlung und Kreditvergabe für den Groß- und Einzelhandel, Leasing und Leasingvermittlung, Vermittlung von Versicherungen; Vermittlung von finanziellen Mitteln für Investitionen in Betrieben, Anlagen und Einrichtungen; diesbezügliche Finanzierungsberatung“.

4        Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 21/2009 vom 8. Juni 2009 veröffentlicht.

5        Am 8. September 2009 legte die Klägerin, die Metropolis Inmobiliarias y Restauraciones, SL, nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Dienstleistungen Widerspruch ein.

6        Der Widerspruch war auf die nachstehend wiedergegebene ältere Gemeinschaftsbildmarke gestützt, die am 30. Juli 2008 angemeldet und am 14. Juli 2010 unter der Nr. 7111974 eingetragen worden war:

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7        Diese Marke bezeichnet folgende Dienstleistungen in Klasse 36: „Immobilienerschließung; Immobilienwesen; Dienstleistungen von Immobilienverwaltern; Vermietung und Schätzung von Immobilien oder Bewertung von Kapitalgebern; Verkauf, Vermietung, Verwaltung und Erwerb von Immobilien; Handel mit Immobilien; Beratung in Bezug auf Immobiliengeschäfte“.

8        Der Widerspruch war auf das Eintragungshindernis des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt.

9        Mit Entscheidung vom 11. Oktober 2010 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die von der Anmeldemarke erfassten Dienstleistungen und die mit der älteren Marke gekennzeichneten Dienstleistungen in Klasse 36 unterschiedlich seien, so dass eine der Anwendungsvoraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, nämlich die Identität oder Ähnlichkeit der Dienstleistungen, nicht erfüllt sei.

10      Am 13. Dezember 2010 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung beim HABM ein.

11      Mit Entscheidung vom 1. März 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. In den Randnrn. 15 bis 18 der angefochtenen Entscheidung führte sie zunächst aus, die maßgeblichen Verkehrskreise bestünden aus der allgemeinen Verbraucherschaft sowie Fachleuten der Europäischen Union, die wegen der Art der fraglichen Dienstleistungen eine erhöhte Aufmerksamkeit aufbrächten. In Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung befand die Beschwerdekammer sodann, dass die Immobiliendienstleistungen der Klägerin und die Finanzdienstleistungen der Streithelferin in gewissem Maße als einander ergänzend angesehen werden könnten, woraus die Kammer in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung den Schluss zog, dass zwischen diesen Dienstleistungen ein geringer Grad der Ähnlichkeit bestehe. Des Weiteren stellte die Beschwerdekammer zum Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen in Randnr. 39 der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Zeichen visuell unähnlich, klanglich in geringem Maße ähnlich und begrifflich unähnlich seien. Hinsichtlich der Verwechslungsgefahr gelangte die Beschwerdekammer schließlich in Randnr. 45 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, es erscheine als wenig wahrscheinlich, dass die Verbraucher, die die fraglichen Dienstleistungen in Anspruch nähmen, die einander gegenüberstehenden Zeichen verwechseln könnten, da diese erhebliche und entscheidende Unterschiede aufwiesen, oder dass sie annehmen könnten, dass diese nach Art und Zweck unterschiedlichen Dienstleistungen von ein und demselben oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten.

 Anträge der Parteien

12      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Gemeinschaftsmarkenanmeldung zurückzuweisen;

–        hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

13      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der erstmals vor dem Gericht vorgelegten Schriftstücke

14      Als Anlage zu ihrer Klageschrift reicht die Klägerin Unterlagen ein, die im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt worden waren, nämlich Auszüge aus einem Online-Wörterbuch zur Bedeutung des Wortes „metro“ und zu dessen Übersetzung in mehrere Sprachen sowie zur Definition des englischen Wortes „metropolitan“, mit denen sie den gemeinsamen Ursprung der beiden Wörter dartun will.

15      Die Streithelferin sieht diese Unterlagen, da sie erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden seien, als unzulässig an, so dass sie nicht berücksichtigt werden dürften.

16      Hierzu ist festzustellen, dass die Untersuchung über die Bedeutung der Wörter „metro“ und „metropolitan“ nur in der angefochtenen Entscheidung enthalten ist; dagegen war die Widerspruchsabteilung ohne Prüfung der Frage der Ähnlichkeit der Zeichen zu dem Schluss gelangt, dass keine Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Zeichen bestehe, weil die betreffenden Dienstleistungen unterschiedlich seien. Da diese Untersuchung erstmals in der angefochtenen Entscheidung angeführt worden ist, kann es der Klägerin mithin nicht verwehrt sein, sie vor dem Gericht anzufechten, indem sie insbesondere neue Unterlagen wie Auszüge aus Wörterbüchern zu den Akten reicht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 7. November 2007, NV Marly/HABM – Erdal [Top iX], T‑57/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58).

17      Die von der Klägerin eingereichten Schriftstücke sind daher für zulässig zu erklären.

 Zur Begründetheit

18      Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund macht sie einen Verstoß gegen Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), mit dem zweiten einen Verstoß gegen die Art. 75 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009 und mit dem dritten einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung geltend.

19      Zunächst ist der zweite Klagegrund, dann der dritte und schließlich der erste Klagegrund zu prüfen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 75 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009

20      Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe dadurch gegen die Art. 75 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, dass sie nicht ihr Argument, dass fast jedes Finanzinstitut Immobiliendienstleistungen gemeinsam mit Finanzdienstleistungen anbiete, gewürdigt habe, obwohl sie es klar dargelegt habe.

21      Mit diesem Klagegrund rügt die Klägerin zum einen, dass sich die Beschwerdekammer zu einem von ihr geltend gemachten Argument nicht geäußert und damit gegen Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen habe, und zum anderen, dass die Beschwerdekammer die Antwort auf ihr Argument zur Ähnlichkeit der fraglichen Dienstleistungen nicht begründet und damit gegen Art. 75 dieser Verordnung verstoßen habe.

22      Zur geltend gemachten Verletzung von Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ist darauf hinzuweisen, dass das HABM nach ständiger Rechtsprechung jedes von den Parteien rechtzeitig vorgebrachte Argument zu berücksichtigen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 9. November 2005, Focus Magazin Verlag/HABM – ECI Telecom [Hi-FOCuS], T‑275/03, Slg. 2005, II‑4725, Randnr. 43, und vom 10. Juli 2006, La Baronia de Turis/HABM – Baron Philippe de Rothschild [LA BARONNIE], T‑323/03, Slg. 2006, II‑2085, Randnr. 68).

23      Aus den Randnrn. 21 bis 25 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Beschwerdekammer auf das Vorbringen der Klägerin zur Ähnlichkeit der fraglichen Dienstleistungen erschöpfend eingegangen ist. Sie hat die in der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien aufgegriffen und auf das Vorbringen der Klägerin und, wie Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, auf die von dieser vorgelegten Schriftstücke angewandt. Nach einer ins Einzelne gehenden Prüfung ist die Beschwerdekammer – und zwar im Gegensatz zur Widerspruchsabteilung – zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen den fraglichen Dienstleistungen eine gewisse, wenn auch geringe Ähnlichkeit bestehe.

24      Somit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer bei ihrer Beantwortung des Vorbringens der Klägerin nicht gegen Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen hat.

25      Zu der geltend gemachten Verletzung der in Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 niedergelegten Begründungspflicht ist festzustellen, dass, wie sich aus Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung ergibt, die Beschwerdekammer ihre Antwort auf das Vorbringen der Klägerin, dass fast alle Finanzinstitute Immobiliendienstleistungen zusammen mit Finanzdienstleistungen anböten, hinreichend begründet hat, indem sie darauf hingewiesen hat, dass Finanzinstitute ihre Finanzdienstleistungen klar von ihren Immobiliendienstleistungen trennten, die sie in gesonderten Zweigstellen anböten.

26      Aus dem Vorstehenden folgt, dass der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

27      Die Klägerin rügt im Wesentlichen, die Beschwerdekammer habe nicht festgestellt, dass wegen der hochgradigen Ähnlichkeit von Immobilien- und Finanzdienstleistungen sowie der visuellen, der klanglichen und der begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr bestehe.

28      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 207/2009 sind unter älteren Marken Gemeinschaftsmarken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke zu verstehen.

29      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (Urteile des Gerichts vom 10. September 2008, Boston Scientific/HABM – Terumo [CAPIO], T‑325/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 70, und vom 31. Januar 2012, Cervecería Modelo/HABM – Plataforma Continental [LA VICTORIA DE MEXICO], T‑205/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 23; vgl. entsprechend auch Urteile des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 29, und vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg. 1999, I‑3819, Randnr. 17).

30      Das Bestehen von Verwechslungsgefahr beim Publikum ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles umfassend zu beurteilen (Urteil CAPIO, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 71; vgl. entsprechend auch Urteile des Gerichtshofs vom 11. November 1997, SABEL, C‑251/95, Slg. 1997, I‑6191, Randnr. 22, Canon, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 16, und Lloyd Schuhfabrik Meyer, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 18).

31      Diese umfassende Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C‑234/06 P, Slg. 2007, Slg. 2007, I‑7333, Randnr. 48; Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg. 2002, II‑4335, Randnr. 25; vgl. entsprechend auch Urteil Canon, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 17). Die Wechselbeziehung zwischen den Faktoren kommt im achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 zum Ausdruck, wonach der Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen ist, deren Feststellung ihrerseits von zahlreichen Faktoren abhängt, u. a. von dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die zwischen ihr und dem benutzten oder eingetragenen Zeichen hergestellt werden kann, und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen sowie zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen (vgl. Urteil CAPIO, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Des Weiteren ist bei dieser umfassenden Beurteilung hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die einander gegenüberstehenden Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Nach dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, der darauf abstellt, dass „für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen … besteht“, kommt es nämlich für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der fraglichen Art von Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke aber normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (Urteil CAPIO, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 73; vgl. entsprechend auch Urteil SABEL, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 23).

33      Im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren und Dienstleistungen als normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig anzusehen. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von diesen im Gedächtnis behalten hat. Zu bedenken ist ferner, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (Urteile des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Oberhauser/HABM – Petit Liberto [Fifties], T‑104/01, Slg. 2002, II‑4359, Randnr. 28, und vom 30. Juni 2004, BMI Bertollo/HABM – Diesel [DIESELIT], T‑186/02, Slg. 2004, II‑1887, Randnr. 38; vgl. entsprechend auch Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 26).

34      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass es sich bei den mit den einander gegenüberstehenden Zeichen gekennzeichneten Dienstleistungen zum einen um Finanzdienstleistungen und zum anderen um Immobiliendienstleistungen handelt.

35      Die Beschwerdekammer hat in Randnr. 17 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise erhöht sei, weil die betreffenden Dienstleistungen, die sämtlich zu den Bereichen Finanz- und Immobilienwesen gehörten, nicht alltäglich käuflich erworben oder vertraglich in Anspruch genommen würden und in der Regel hohe Investitionen erforderten.

36      Dieser Feststellung ist zu folgen.

37      Zu Finanz- und Immobiliendienstleistungen, bei denen es sich um Dienstleistungen handelt, die die Verbraucher weder täglich noch auch nur häufig in Anspruch nehmen, ist nämlich festzustellen, dass die Aufmerksamkeit der Verbraucher notwendig höher sein wird als diejenige, die sie bei Dienstleistungen des täglichen Bedarfs an den Tag legen. Daher ist der Feststellung zuzustimmen, dass das maßgebliche Publikum, das aus der allgemeinen Verbraucherschaft sowie Fachleuten besteht, einen erhöhten Grad der Aufmerksamkeit aufbringen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 17. September 2008, FVB/HABM – FVD [FVB], T‑10/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 35).

38      Wie im Übrigen die Beschwerdekammer in Randnr. 18 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, ohne dass die Klägerin dem entgegengetreten wäre, ist die ältere Marke eine Gemeinschaftsmarke, so dass sich die angesprochenen Verkehrskreise, auf die bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr abzustellen ist, aus den Durchschnittsverbrauchern der Union zusammensetzen.

39      Die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Zeichen ist im Licht der vorstehenden Erwägungen zu überprüfen.

40      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (Urteil des Gerichtshofs vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, Slg. 2006, I‑4237, Randnr. 85; Urteile des Gerichts vom 15. Januar 2003, Mystery drinks/HABM – Karlsberg Brauerei [MYSTERY], T‑99/01, Slg. 2003, II‑43, Randnr. 39, und vom 15. Februar 2011, Yorma’s/HABM – Norma Lebensmittelfilialbetrieb [YORMA’S], T‑213/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 31). Auch dass sich die betreffenden Dienstleistungen in den gleichen Vertriebswegen wiederfinden können, stellt einen zu berücksichtigenden Faktor dar (Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg. 2007, II‑2579, Randnr. 37, vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 1. März 2005, Sergio Rossi/HABM – Sissi Rossi [SISSI ROSSI], T‑169/03, Slg. 2005, II‑685, Randnr. 65).

41      Zur Beurteilung der Ähnlichkeit der fraglichen Dienstleistungen hat die Beschwerdekammer in den Randnrn. 22 bis 24 der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die Immobiliendienstleistungen der Klägerin und die Finanzdienstleistungen der Streithelferin in gewissem Maße als einander ergänzend angesehen werden könnten, dass der Grad dieser Ähnlichkeit jedoch gering sei. Dazu hat die Beschwerdekammer näher ausgeführt, dass die Immobiliendienstleistungen darin bestünden, Hilfestellung beim Kauf, beim Verkauf oder bei der Miete von Immobilien anzubieten, während Finanzdienstleistungen in verschiedenen Mechanismen oder Instrumenten bestünden, die die Finanzinstitute ihren Kunden insbesondere zur Verwahrung ihrer Ersparnisse, Bereitstellung von Finanzmitteln oder Vornahme von Zahlungen und Risikomanagement zur Verfügung stellten. Die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen zeigten, dass Immobiliendienstleistungen nur von bestimmten mit der Erbringung dieser Dienstleistungen speziell befassten Zweigstellen von Finanzinstituten angeboten würden. Schließlich nähmen die Verbraucher Finanzinstitute als von Grundstücksmaklern verschiedene Einrichtungen wahr. In Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer auf das Bestehen eines geringen Grades von Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen geschlossen.

42      Was erstens die Art, den Verwendungszweck oder die Nutzung der fraglichen Dienstleistungen angeht, so ist hervorzuheben, dass Finanzdienstleistungen Immobiliendienstleistungen nicht gleichartig sind und nicht den gleichen Verwendungszweck haben oder in gleicher Weise wie sie genutzt werden. Während nämlich Finanzdienstleistungen von Finanzinstituten zum Zweck der Verwaltung der Finanzmittel ihrer Kunden erbracht werden und insbesondere in der Verwahrung von Einlagen, der Bereitstellung von Geld und der Gewährung von Darlehen oder in verschiedenartigen Finanztransaktionen bestehen, bestehen Immobiliendienstleistungen in Dienstleistungen, die ein Grundstück zum Gegenstand haben, und zwar insbesondere dessen Miete, Kauf, Verkauf oder Verwaltung.

43      Soweit es zweitens darum geht, ob die fraglichen Dienstleistungen möglicherweise innerhalb derselben Vertriebswege erbracht werden, ist festzustellen, dass Immobiliendienstleistungen grundsätzlich nicht in denselben Räumen wie Finanzdienstleistungen erbracht werden.

44      Daher trifft die Behauptung der Klägerin, dass Finanzdienstleistungen und Immobiliendienstleistungen den Kunden ohne Unterschied in ein und derselben Bankzweigstelle oder ‑filiale erbracht würden, nicht zu.

45      Insoweit kann diese Feststellung auch nicht durch die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen entkräftet werden, da die von Finanzinstituten erbrachten Immobiliendienstleistungen von gesonderten Zweigstellen aus erbracht werden, so dass Finanzgeschäfte von etwaigen Immobiliengeschäften getrennt sind.

46      Was drittens die von der Beschwerdekammer in Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Komplementarität der fraglichen Dienstleistungen angeht, ist darauf hinzuweisen, dass es sich nach ständiger Rechtsprechung bei einander ergänzenden Dienstleistungen um solche handelt, zwischen denen ein enger Zusammenhang in dem Sinne besteht, dass eine von ihnen für die Inanspruchnahme der anderen unerlässlich oder wichtig ist, so dass die Verbraucher denken könnten, die Verantwortung für diese Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen (Urteile des Gerichts SISSI ROSSI, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 60, vom 22. März 2007, Saint-Gobain Pam/HABM, Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, Slg. 2007, II‑757, Randnr. 94, und vom 24. September 2008, Oakley/HABM – Venticinque [O STORE], T‑116/06, Slg. 2008, II‑2455, Randnr. 52).

47      Hierzu ist zu sagen, dass sich zwar Finanzdienstleistungen im Hinblick auf den Erwerb eines Grundstücks als wichtig erweisen können, dass jedoch aus dieser Feststellung allein nicht abgeleitet werden kann, dass sich die Verbraucher zu der Annahme veranlasst sehen würden, die Verantwortung für die Immobiliendienstleistungen und die Finanzdienstleistungen liege bei demselben Unternehmen.

48      Zurückzuweisen ist nämlich die Auffassung, dass sich Verbraucher, die ein Grundstück erwerben wollen, zur Realisierung dieses Immobiliengeschäfts an ein Finanzinstitut wenden würden. Vielmehr wenden sich Verbraucher dazu im Allgemeinen einerseits an einen Immobilienmakler wegen der Suche des Grundstücks und andererseits an ein Finanzinstitut wegen der Finanzierung der dieses Grundstück betreffenden Transaktion.

49      Jede andere Schlussfolgerung würde implizieren, dass jede Transaktion nichtfinanzieller Art, die wegen ihres Umfangs oder anderer Kriterien der Gewährung einer Finanzierung bedarf, eine Ergänzung einer Finanzdienstleistung darstellen würde, obwohl der einzige Zusammenhang eben in der Notwendigkeit, eine Finanzierung zu erlangen, bestünde und die Verbraucher keineswegs vermuten würden, dass die Verantwortung für diese Dienstleistungen bei ein und demselben Unternehmen liege.

50      Geboten ist daher die Schlussfolgerung, dass, wie bereits die Widerspruchsabteilung festgestellt hatte, zwischen den fraglichen Dienstleistungen keine Ähnlichkeit besteht, denn selbst wenn man unterstellt, dass die Finanzdienstleistungen für die Verwendung der Immobiliendienstleistungen unerlässlich oder wichtig seien, sind sie dies doch nicht in einem solchen Maße, dass die Verbraucher die Verantwortung für diese Finanzdienstleistungen und Immobiliendienstleistungen demselben Unternehmen zuschreiben würden.

51      Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer rechtsfehlerhaft auf eine Ähnlichkeit der fraglichen Dienstleistungen geschlossen hat; dieser Fehler hat jedoch keinerlei Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, da, wie bereits die Widerspruchsabteilung festgestellt hatte, eine der Anwendungsvoraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht erfüllt ist.

52      Demgemäß ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen, ohne dass es eines Eingehens auf das Vorbringen der Klägerin bedarf, das die von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Prüfung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und der Gefahr einer Verwechslung dieser Zeichen betrifft.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 6 EMRK

53      Nach Auffassung der Klägerin hat die Beschwerdekammer gegen Art. 6 EMRK verstoßen, indem sie die angefochtene Entscheidung mangelhaft und widersprüchlich begründet habe.

54      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht die Geltendmachung des Anspruchs auf einen fairen „Prozess“ gegenüber den Beschwerdekammern ausgeschlossen hat, weil das Verfahren vor den Beschwerdekammern kein gerichtliches Verfahren, sondern ein Verwaltungsverfahren ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2002, Procter & Gamble/HABM [Form einer Seife], T‑63/01, Slg. 2002, II‑5255, Randnrn. 22 und 23, und vom 20. April 2005, Krüger/HABM – Calpis [CALPICO], T‑273/02, Slg. 2005, II‑1271, Randnr. 62).

55      Im Übrigen ist festzustellen, dass die Klägerin mit diesem Klagegrund nichts zur Stützung ihrer Behauptung einer mangelhaften oder widersprüchlichen Begründung der angefochtenen Entscheidung vorträgt, sondern vielmehr rügt, dass die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten habe, dass die Finanz- und Immobiliendienstleistungen einander nur ergänzten und nicht ähnlich genug seien, sowie, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen klanglich ähnlich, jedoch visuell und begrifflich unähnlich seien und dass das Wort „grupo“ geringe Unterscheidungskraft habe.

56      Daraus folgt, dass die Beanstandung der in der vorstehenden Randnr. 55 angeführten Beschwerdepunkte nicht auf einer Verletzung der Begründungspflicht fußt, sondern einen etwaigen Rechtsfehler nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 betrifft.

57      Soweit es um die Rüge geht, dass die fraglichen Dienstleistungen einander ähnlicher seien, als von der Beschwerdekammer angenommen, genügt die Feststellung, dass diese Rüge in derjenigen aufgeht, die im Rahmen des dritten Klagegrundes geltend gemacht worden ist, so dass sie aus den gleichen Gründen wie den in den Randnrn. 42 bis 50 des vorliegenden Urteils dargelegten zurückzuweisen ist.

58      Zu den Rügen, dass zum einen die einander gegenüberstehenden Zeichen klanglich ähnlich, jedoch visuell und begrifflich unähnlich seien und dass zum anderen das Wort „grupo“ geringe Unterscheidungskraft habe, ist festzustellen, dass diese Rügen gerade angesichts der im Rahmen des dritten Klagegrundes getroffenen Feststellungen jedenfalls ins Leere gehen.

59      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

60      Damit ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass es erforderlich ist, über den Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Zurückweisung des Antrags auf Eintragung der angemeldeten Marke zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Dezember 2011, Aktieselskabet af 21. november 2001/HABM – Parfums Givenchy [only givenchy], T‑586/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Kosten

61      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Metropolis Inmobiliarias y Restauraciones, SL trägt die Kosten.

Truchot

Martins Ribeiro

Popescu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juli 2013.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.