Language of document : ECLI:EU:T:2022:27

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

26. Januar 2022(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke Clustermedizin – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑233/21,

Meta Cluster GmbH mit Sitz in Pyrbaum (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt H. Baumann,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Bosse und D. Hanf als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 22. Februar 2021 (Sache R 2127/2020-4) über die Anmeldung des Wortzeichens Clustermedizin als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira, der Richterin M. Kancheva und des Richters P. Zilgalvis (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 3. Mai 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 5. Juli 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der Zuweisung der Rechtssache an einen neuen Berichterstatter,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 28. Februar 2020 meldete die Klägerin, die Meta Cluster GmbH, nach der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Clustermedizin.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 9 und 44 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 5: „Erzeugnisse für medizinische und veterinärmedizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere“;

–        Klasse 9: „CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger“;

–        Klasse 44: „Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Medizinische Dienstleistungen; Pharmazeutische Dienstleistungen; Abgabe von Empfehlungen bezüglich Ernährung und Diäten; Auskünfte und Beratung in Bezug auf die Gesundheit; Beratung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens; Beratungen in Bezug auf den Biorhythmus; Beratungsdienste bezüglich Gewichtskontrolle; Durchführungen von Raucherentwöhnungsbehandlungen; Gesundheitspflege im Zusammenhang mit Naturheilkunde; Therapeutische Behandlung des Körpers; Therapiedienste; Steigerung des Wohlbefindens von Menschen und Tieren durch medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; Veterinärmedizinische Beratung; Gesundheitspflege für Menschen und Tiere“.

4        Mit Entscheidung vom 11. September 2020 wies die Prüferin die Anmeldung dieser Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 zurück.

5        Am 10. November 2020 legte die Klägerin beim EUIPO nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüferin ein.

6        Mit Entscheidung vom 22. Februar 2021 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie führte im Wesentlichen aus, dass die angemeldete Marke für die deutschsprachigen Verkehrskreise der Europäischen Union in Bezug auf sämtliche der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sei und ihr daher keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung zukomme. Außerdem sei die erstmalige Geltendmachung einer gemäß Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 durch Benutzung im Verkehr erlangten Unterscheidungskraft vor der Beschwerdekammer verspätet erfolgt.

7        Was insbesondere die Bedeutung der angemeldeten Marke betrifft, war die Beschwerdekammer zum einen der Ansicht, dass die Marke sich aus zwei Begriffen, „Cluster“ und „Medizin“, zusammensetze, die für die maßgeblichen Verkehrskreise eine eindeutige Bedeutung hätten, und eine auf Cluster gestützte Medizin bezeichne. Dass sich dem Begriff „Cluster“ keine Einzelheiten zur Beschaffenheit derartiger Cluster entnehmen ließen, stehe dem begrifflichen Verständnis des Gesamtausdrucks nicht entgegen. Zum anderen stellte sie unter Berufung auf die von der Prüferin herangezogenen Internetfundstellen fest, dass der Begriff „Clustermedizin“ zur Beschreibung einer ganzheitlichen Heilmethode in Gebrauch sei.

 Anträge der Parteien

8        Die Klägerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

9        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

10      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf zwei Gründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 rügt und zweitens einen Verstoß gegen deren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001

11      Die Klägerin macht geltend, dass die „Clustermedizin“ nicht auf Cluster, sondern auf Kristalle und deren numerischen Code gestützt werde. Ebenso werde die angemeldete Marke seit 1999 als Hinweis auf die Herkunft aus dem Unternehmen von A benutzt, einer natürlichen Person, die die in Rede stehende Methode erfunden habe.

12      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

13      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Gemäß Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung finden die Vorschriften von Art. 7 Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.

14      Diese Zeichen oder Angaben werden als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die gewerbliche Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zu identifizieren (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30, und vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, EU:T:2002:41, Rn. 37).

15      Mit dem Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben von der Eintragung als Marke verfolgt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Die Bestimmung erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Ein Zeichen fällt unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 aufgestellte Verbot, wenn es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteile vom 12. Januar 2005, Deutsche Post EURO EXPRESS/HABM [EUROPREMIUM], T‑334/03, EU:T:2005:4, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, EU:T:2005:247, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich zum einen nur in Bezug auf die betroffenen Waren oder Dienstleistungen beurteilen und zum anderen nur in Bezug darauf, was die maßgeblichen Verkehrskreise darunter verstehen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, EU:T:2005:373, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Ebenso muss ein Wortzeichen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (Urteil vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 32).

19      Anhand dieser Grundsätze ist der vorliegende Klagegrund zu prüfen.

20      Was erstens die Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise betrifft, hat die Beschwerdekammer in Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen, wie sie oben in Rn. 3 aufgeführt sind, sich an die Allgemeinheit der Verbraucher richteten, d. h. an die breite Öffentlichkeit. Die Waren der Klassen 5 und 9 könnten außerdem auch an Fachverkehrskreise im Bereich der Medizin und Pharmazie gerichtet sein.

21      Da es sich bei dem Bestandteil „Medizin“ um ein deutsches Wort handele und der englische Begriff „Cluster“ auch in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sei, habe sich die Beschwerdekammer gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 auf die Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch das Publikum in Deutschland und Österreich gestützt.

22      Die oben in den Rn. 20 und 21 wiedergegebenen Beurteilungen der Beschwerdekammer werden von der Klägerin nicht bestritten.

23      Was zweitens die Bedeutung der angemeldeten Marke betrifft, hat die Beschwerdekammer zum einen in Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der angesprochene Verbraucher in dieser Marke ohne Weiteres die Verbindung der Begriffe „Cluster“ und „Medizin“ erkenne. Der Begriff „Cluster“ sei lexikalisch belegt als eine „als einheitliches Ganzes zu betrachtende Menge von Einzelteilen“, d. h. eine Häufung oder Anhäufung. Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass dieser Begriff in unterschiedlichen Zusammensetzungen verwendet werde und bezog sich insoweit auf den Begriff „Clusteranalyse“, der eine mathematische Methode zum Nachweis von Häufungen von Variablen in komplexen Datensätzen bezeichne. Der Begriff „Medizin“ sei verständlich als „Wissenschaft vom gesunden und kranken Organismus des Menschen, von seinen Krankheiten, ihrer Verhütung und Heilung“. In der Gesamtheit bezeichne die angemeldete Marke somit eine Medizin, die auf Cluster gestützt sei. Dass sich dem Begriff „Cluster“ keine Einzelheiten zur Beschaffenheit derartiger Cluster entnehmen ließen, stehe dem begrifflichen Verständnis des Gesamtausdrucks nicht entgegen, da der deutschsprachige Verbraucher mit den Begriffen „Cluster“ und „Medizin“ hinreichend klare Vorstellungen verbinde.

24      Zum anderen hat die Beschwerdekammer in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung unter Berufung auf die verschiedenen von der Prüferin herangezogenen Fundstellen festgestellt, dass der Begriff „Clustermedizin“ zur Beschreibung einer ganzheitlichen Heilmethode in Gebrauch sei.

25      Was drittens den angesprochenen Verbraucher angeht, hat die Beschwerdekammer in Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass er die angemeldete Marke ohne Weiteres als unmittelbare Beschreibung der Art oder Zweckbestimmung sämtlicher in Rede stehender Waren und Dienstleistungen verstehe, nämlich dass sie einem Therapieansatz im Sinne der „Clustermedizin“ dienten bzw. auf einem solchen basierten.

26      Was die Waren der Klasse 5 anbelangt, transportiert nach Ansicht der Beschwerdekammer der Begriff „Clustermedizin“ für den Verbraucher lediglich die Sachinformation, dass die pharmazeutischen Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel für einen entsprechenden Therapieansatz bestimmt seien. Was die Waren der Klasse 9 betrifft, könnten sich digitale Aufzeichnungsträger inhaltlich mit Informationen zur Clustermedizin befassen. Wenn schließlich die medizinischen und therapeutischen Dienstleistungen in Klasse 44 unter dem Zeichen „Clustermedizin“ angeboten würden, so sei für die angesprochenen Verkehrskreise klar, dass die Dienstleistungen auf einem entsprechenden Heilungsansatz basierten. Pharmazeutische Dienstleistungen könnten für die Entwicklung von auf der Clustermedizin basierenden pharmazeutischen Erzeugnissen für einen derartigen Heilungsansatz bestimmt sein.

27      Zu den Erwägungen der Beschwerdekammer, wonach die angemeldete Marke zur Beschreibung einer ganzheitlichen Heilmethode in Gebrauch sei, trägt die Klägerin vor, dass, auch wenn die Öffentlichkeit die „Clustermedizin“ als eine von vielen alternativen Heilmethoden kenne, ihre betriebliche Herkunft ebenfalls bekannt sei, da diese Methode von Ärzten und Heilpraktikern immer mit Verweis auf das Unternehmen von A auf sie selbst angeboten werde. Dies ergebe sich u. a. aus einer Liste von 35 bei der Google-Suche des Begriffs „Clustermedizin“ erzielten Treffern. Die Prüferin habe diesen Umstand jedoch nicht ordnungsgemäß berücksichtigt. Sie habe etwa zu Unrecht behauptet, dass die Heilmethode „Clustermedizin“ von so vielen Naturheilpraxen und ‑zentren angeboten werde, dass die Verkehrskreise unter dem Begriff der angemeldeten Marke eine von vielen ganzheitlichen Heilmethoden und nicht einen betrieblichen Herkunftshinweis verstehe.

28      Nach Ansicht der Klägerin wurde die angemeldete Marke daher schon immer ausschließlich als Marke benutzt. Zudem sei zwar das Patent, das die in Rede stehende Methode schützte, abgelaufen, dessen ungeachtet habe sie aber immer noch das faktische Monopol für diese Methode, da sie die einzige Datenbank mit den numerischen Sequenzen zu den Kristallbildern besitze.

29      Darüber hinaus werde in den als Anlagen zur Klageschrift wiedergegebenen Auszügen, auf die sich die Prüferin gestützt habe, der Begriff „Clustermedizin“ mit dem Symbol „®“ verwendet. Auch die Tatsache, dass eine Marke, die mit der im vorliegenden Fall angemeldeten identisch sei, 20 Jahre lang in Deutschland eingetragen gewesen sei, bevor sie 2018 gelöscht worden sei, deute darauf hin, dass der deutschsprachige Verbraucher die angemeldete Marke als betrieblichen Herkunftshinweis wahrnehme.

30      Schließlich macht die Klägerin geltend, dass A oder sie selbst Inhaber zahlreicher eingetragener Marken für Dienstleistungen und Waren aus dem Bereich der Medizin gewesen seien oder noch seien, die den Bestandteil „Cluster“ enthielten. Dieser Umstand weise darauf hin, dass für das Zeichen Clustermedizin kein Freihaltebedürfnis im Sinne von Art. 7 der Verordnung 2017/1001 bestehe.

31      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

32      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich der Begriff „Clustermedizin“ auf eine von A erfundene alternative Heilmethode bezieht. In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 10. Juni 2007, auf den sich die Prüferin gestützt hat und auf den sich auch die Klägerin beruft, die ihn als Anlage A.3 zur Klageschrift vorgelegt hat, wurde die „Sonderform Clustermedizin“ wie folgt beschrieben:

–        „Es werden verschiedene Proben von Blut, Urin und anderen Körperflüssigkeiten des Patienten über Erhitzung kristallisiert. Aus den dabei entstehenden fraktalgeometrischen Mustern wird ein ‚numerischer Code‘ erstellt, der den Patienten in seiner Gesamtheit darstellen soll;

–        dieser ‚Code‘ wird nun mit anderen, in einer eigenen Datenbank gespeicherten Kristallisationsmustern verglichen und damit ‚entschlüsselt‘, was angeblich Folgerungen auf Krankheiten, organische Störungen, Toxinbelastungen, Vitamin- und Mineralienmangel zulässt. Selbst künftige Erkrankungen, für die es noch keinerlei Anzeichen gibt, seien auf diese Weise erkennbar, heißt es;

–        [über mehrere Monate] werden dann spagyrisch hergestellte und homöopathieähnlich aufbereitete Präparate aus Pflanzenteilen, Metallen und Körpersubstanzen wie Kot, Urin, Ohrenschmalz oder Schweiß verordnet, die dem Körper sein ‚Störprofil‘ zurückgeben und ihn dadurch zur ‚Selbstkorrektur‘ anregen sollen“.

33      Die Klägerin trägt vor, dass das Zeichen Clustermedizin markenmäßig als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren und Dienstleistungen verwendet werde und auf sie oder auf A verweise, eine natürliche Person, die diese Heilmethode erfunden habe.

34      Wie sich jedoch aus den von der Klägerin als Anlagen A.1, A.3 und A.7 zur Klageschrift vorgelegten Unterlagen ergibt, die im Übrigen eine Beschreibung dieser Methode enthalten und auf die sich die Prüferin u. a. gestützt hat, handelt es sich bei der Verwendung dieses Begriffs nicht um eine markenmäßige Benutzung. Es werden nämlich die Eigenschaften der „Clustermedizin“-Methode näher erläutert, und es wird u. a. darauf hingewiesen, dass es sich um eine naturheilkundliche Diagnose- und Therapiemethode handele.

35      Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass in bestimmten von der Klägerin vorgelegten Beweismitteln die angemeldete Marke mit dem Symbol „®“ versehen ist, das darauf hinweist, dass es sich um eine eingetragene Marke handelt, insbesondere da dieses Symbol nicht in sämtlichen vorgelegten Beweismitteln erscheint.

36      Jedenfalls ist bereits entschieden worden, dass die Tatsache, dass die angemeldete Marke von einem Kläger zur Bezeichnung einer bestimmten Methode geschaffen wurde, nicht zur Folge haben kann, dass diese Marke automatisch als Unionsmarke eingetragen werden müsste. Um in den Genuss einer solchen Eintragung kommen zu können, muss die angemeldete Marke es den maßgeblichen Verkehrskreisen nämlich ermöglichen, diese Marke unmittelbar als Hinweis auf die von ihrem Inhaber angebotenen Waren oder Dienstleistungen wahrzunehmen und sie somit von gleichartigen Waren und Dienstleistungen anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 3. März 2021, Sahaj Marg Spirituality Foundation/EUIPO [Heartfulness], T‑48/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:112, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Wie sich aus den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten und der Klägerin mitgeteilten Recherchen ergibt, wird das Zeichen Clustermedizin als alternative Heilmethode und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der von der Klägerin angebotenen Waren oder Dienstleistungen verstanden. Es weist daher zu den in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug auf, der es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung dieser Waren und Dienstleistungen als alternative Heilmethode oder als eine solche betreffend zu erkennen.

38      Folglich hat die Beschwerdekammer die Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüferin, mit der die Eintragung der angemeldeten Marke auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 abgelehnt wurde, zu Recht zurückgewiesen.

39      Insoweit ist hinzuzufügen, dass die Umstände, dass A die „Clustermedizin“-Methode erfunden hat, dass die angemeldete Marke in Deutschland 20 Jahre lang als Marke eingetragen war oder dass die Klägerin das behauptete faktische Monopol auf deren Benutzung innehat, nur für die Beurteilung eines etwaigen Erwerbs von Unterscheidungskraft durch Benutzung im Sinne von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 relevant sein könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 2013, Heede/HABM [Matrix-Energetics], T‑313/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:603, Rn. 62), wie das EUIPO geltend macht. Wie sich aber aus Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung ergibt, ist die Berufung auf diese Bestimmung verspätet erfolgt und wurde im vorliegenden Fall zurückgewiesen.

40      Aus alledem folgt, dass der Begriff „Clustermedizin“, da er eine bestimmte alternative Heilmethode beschreiben kann und vom Verbraucher unmittelbar und ohne weitere Überlegung als diese Methode betreffend wahrgenommen werden wird, in Anbetracht des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 zugrunde liegenden Allgemeininteresses öffentlich zugänglich bleiben muss und nicht monopolisiert werden darf (vgl. Urteil vom 3. März 2021, Heartfulness, T‑48/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:112, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Diese Erwägungen werden durch das übrige Vorbringen der Klägerin nicht entkräftet.

42      So ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, im vorliegenden Fall bestehe kein Freihaltebedürfnis (siehe oben, Rn. 30). Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 nicht voraussetzt, dass ein konkretes, aktuelles und ernsthaftes Freihaltebedürfnis zugunsten Dritter besteht (vgl. Urteil vom 12. April 2011, Euro‑Information/HABM [EURO AUTOMATIC PAYMENT], T‑28/10, EU:T:2011:158, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Ebenso ist in Bezug auf das Bestehen der nationalen Marken des A mit dem Bestandteil „Cluster“ daran zu erinnern, dass die Unionsregelung für Marken ein autonomes System ist, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht, mit dem ihm eigene Ziele verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist. Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Unionsmarke darf somit nur auf der Grundlage der einschlägigen Unionsregelung in der Auslegung durch den Unionsrichter beurteilt werden (Urteil vom 27. Februar 2002, Streamserve/HABM [STREAMSERVE], T‑106/00, EU:T:2002:43, Rn. 47).

44      Was darüber hinaus die Eintragung anderer Zeichen durch die Klägerin als Unionsmarken betrifft, die den Bestandteil „Cluster“ enthalten, ist darauf hinzuweisen, dass das EUIPO zwar nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung die bereits zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen zu berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage zu richten hat, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht. Jedoch muss die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, da es keine Gleichheit im Unrecht geben kann und da sich derjenige, der ein Zeichen als Marke anmeldet, nicht auf eine zu seinen Gunsten oder zugunsten eines anderen eingetretene fehlerhafte Rechtsanwendung berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Daher muss eine solche Prüfung in jedem Einzelfall erfolgen, denn die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 73 bis 77, und vom 29. März 2019, All Star/EUIPO – Carrefour Hypermarchés [Form einer Schuhsohle], T‑611/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:210, Rn. 125 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Wie sich insbesondere aus den Rn. 37 und 40 des vorliegenden Urteils ergibt, sind die Beurteilungen der Beschwerdekammer, wonach der angemeldeten Marke, verstanden als Bezeichnung einer alternativen Heilmethode, das absolute Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 entgegenstehe, nicht zu beanstanden, so dass sich die Klägerin jedenfalls nicht mit Erfolg auf das Bestehen anderer Eintragungen mit dem Bestandteil „Cluster“ berufen kann, um diese Beurteilungen zu widerlegen.

46      Da nach der oben in Rn. 18 angeführten Rechtsprechung ein Wortzeichen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 von der Eintragung ausgeschlossen werden muss, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet, braucht nicht geprüft zu werden, ob die von der Klägerin gerügten Beurteilungen der Beschwerdekammer zutreffen, wonach das Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen so verstanden werde, dass es eine „auf Cluster gestützte Medizin“ bezeichne.

47      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

48      Aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 ergibt sich, dass ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen ist, wenn nur eines der absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteil vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, EU:C:2002:506, Rn. 29; vgl. auch Urteil vom 3. März 2021, Heartfulness, T‑48/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:112, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Da die Beschwerdekammer, wie sich aus Rn. 38 des vorliegenden Urteils ergibt, zu Recht festgestellt hat, dass das in Rede stehende Zeichen im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 beschreibend sei, braucht folglich im vorliegenden Fall die Begründetheit des zweiten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung geltend gemacht wird, nicht geprüft zu werden.

50      Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

51      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

52      Da die Klägerin im vorliegenden Fall unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Meta Cluster GmbH trägt die Kosten.

Costeira

Kancheva

Zilgalvis

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. Januar 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.