Language of document : ECLI:EU:T:2022:214

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

6. April 2022(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke HALIX RECORDS – Ältere nationale Wortmarke und ältere nationale Bildmarke HALIX RECORDS – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung [EU] 2017/1001) – Regel 19 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 1 und 2 der Delegierten Verordnung [EU] 2018/625)“

In der Rechtssache T‑118/21,

Cilem Records International UG mit Sitz in Augsburg (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt E. Hecht,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Eberl und D. Hanf als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

KVZ Music Ltd mit Sitz in Sofia (Bulgarien), vertreten durch Rechtsanwalt D. Stechern,

wegen einer Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 28. Januar 2021 (Sache R 1060/2020‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Cilem Records International und KVZ Music

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović sowie der Richter F. Schalin (Berichterstatter) und I. Nõmm,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 22. Februar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 4. Mai 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der vom EUIPO erhobenen, am 11. Mai 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Einrede der Unzulässigkeit,

aufgrund des Beschlusses vom 7. Oktober 2021, mit dem die Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit dem Endurteil vorbehalten wird,

aufgrund der am 4. November 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 25. Januar 2017 meldete die Streithelferin, die KVZ Music Ltd, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Dabei handelte es sich um das Wortzeichen HALIX RECORDS.


3        Die Marke wurde für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 41 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Die Markenanmeldung wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 19/2017 vom 30. Januar 2017 veröffentlicht.

5        Am 17. April 2017 erhob die Klägerin, die Cilem Records International UG, nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für alle von dieser erfassten Waren und Dienstleistungen.

6        Nach den Angaben im Widerspruchsformular wurde der Widerspruch auf folgende ältere Marken gestützt:

–        die deutsche Wortmarke HALIX RECORDS, angemeldet am 6. Juli 2016 und eingetragen am 8. November 2017 unter der Nr. 302016019437 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 41, 9 und 16;

–        folgende deutsche Bildmarke, angemeldet am 25. November 2016 und eingetragen am 27. März 2017 unter der Nr. 302016033482 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 41, 9 und 16:

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7        Als Widerspruchsgründe wurden die Eintragungshindernisse gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b und Abs. 5 der Verordnung 2017/1001) angeführt. Außerdem wurde in der Rubrik „Erläuterung der Gründe und sonstige Anmerkungen“ des Widerspruchsformulars u. a. angegeben, dass die Marke bösgläubig angemeldet worden sei, dass die Klägerin in Deutschland und in der Europäischen Union seit den 1980er Jahren Rechte aus Unternehmenskennzeichen nach § 5 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) vom 25. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I, S. 3082) besessen habe und dass sie unlauterem Wettbewerb ausgesetzt gewesen sei.


8        Mit Schreiben vom 11. August 2017 setzte die Widerspruchsabteilung der Klägerin gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) (ersetzt durch die Delegierte Verordnung [EU] 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung [EU] 2017/1430 [ABl. 2018, L 104, S. 1]), genauer gesagt Regel 18 Abs. 1 (jetzt Art. 6 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/625) und Regel 19 Abs. 1 und 2 (jetzt Art. 7 Abs. 1 und 2 der Delegierten Verordnung 2018/625), eine Frist bis zum 23. Dezember 2017, um Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zur Substantiierung ihrer für den Widerspruch angeführten älteren Rechte vorzulegen – andernfalls würden diese nicht berücksichtigt.

9        Am 6. Dezember 2017 verlängert die Widerspruchsabteilung diese Frist bis zum 11. Februar 2018.

10      Am 9. Februar 2018 schickte die Klägerin der Widerspruchsabteilung ein Schreiben, in dem sie geltend machte, dass der maßgebliche Gesichtspunkt im vorliegenden Fall der Zeitpunkt der Eintragung der älteren Marken und nicht die Identität ihres Inhabers sei. Diesem Schreiben war eine Reihe von Beweisen beigefügt, wie Fotos von Audiokassetten und verschiedene Bescheinigungen, mit denen insbesondere die Benutzung der Marke HALIX RECORDS und des Bestandteils „Halix“, u. a. als Bezeichnung oder Logo, seit den 1980er Jahren belegt werden sollte.

11      Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 teilte die Widerspruchsabteilung der Klägerin mit, dass die älteren Marken nicht hinreichend substantiiert worden seien und dass nun anhand der vorliegenden Beweise über den Widerspruch entschieden werde.

12      Mit Schreiben vom 16. Februar 2018 teilte die Klägerin der Widerspruchsabteilung mit, dass die älteren Marken von Herrn Ayhan Uslu auf die Gesellschaft Cilem Records International übertragen worden seien. Diesem Schreiben war ein Telefax vom 10. Februar 2018 an das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) beigefügt, in dem die sofortige Korrektur der Inhaberschaft an den älteren Marken zugunsten von Cilem Records International in der Datenbank des DPMA beantragt wurde.

13      Am 7. Januar 2020 legte die Klägerin der Widerspruchsabteilung Registerauszüge des DPMA vor, die die am 6. bzw. am 13. April 2018 veröffentlichte Umschreibung der älteren Marken – auf einen am 2. März 2018 gestellten Antrag hin – von Herrn Uslu auf die Gesellschaft Cilem Records International belegten.


14      Mit Entscheidung vom 25. Mai 2020 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in seiner Gesamtheit zurück. Erstens vertrat sie im Wesentlichen die Auffassung, dass der Einwand der Bösgläubigkeit kein Widerspruchsgrund sei und nicht berücksichtigt werde. Zweitens war sie der Ansicht, dass die Klägerin weder zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs noch bei Ablauf der ihr gesetzten Frist für die Substantiierung des Widerspruchs Inhaber der älteren Marken gewesen sei und auch nicht geltend gemacht habe, Lizenznehmerin zu sein, so dass sie nicht befugt sei, den Widerspruch auf diese Marken zu stützen; der Widerspruch sei insoweit als unsubstantiiert zurückzuweisen. Drittens war sie der Ansicht, dass der Widerspruch auch insoweit nicht begründet sei, als er auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001) gestützt worden sei, da die Klägerin keine Informationen über die maßgeblichen nationalen Rechtsvorschriften und ihren Inhalt vorgelegt habe, sondern sich auf eine pauschale Bezugnahme auf § 5 des Markengesetzes beschränkt habe, jedoch ohne besondere Angaben zu dessen Rechtsfolgen.

15      Am 27. Mai 2020 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung beim EUIPO eine Beschwerde nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 ein.

16      Mit Entscheidung vom 28. Januar 2021 wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Insbesondere vertrat sie in Bezug auf den Verfahrensgegenstand die Auffassung, dass, da der kontradiktorische Abschnitt des Widerspruchsverfahrens vor dem 1. Oktober 2017 begonnen habe, Regel 15 (jetzt Art. 2 der Delegierten Verordnung 2018/625) und die Regeln 19 und 20 der Verordnung Nr. 2868/95 weiterhin auf dieses Verfahren anwendbar seien und nicht diejenigen, die sich aus der Delegierten Verordnung 2018/625 ergäben. Sie wies jedoch darauf hin, dass gemäß Art. 82 Abs. 2 Buchst. j der Delegierten Verordnung 2018/625 die Art. 21 bis 48 dieser Verordnung auf das Beschwerdeverfahren anwendbar seien und dass die Prüfung der Beschwerde gemäß Art. 27 Abs. 2 dieser Verordnung auf die in der Beschwerdebegründung erhobenen Gründe zu beschränken sei.

17      Die Klägerin habe insbesondere Regel 19 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2868/95 missachtet, da sie nicht rechtzeitig den Nachweis erbracht habe, dass sie als Inhaberin der älteren Marken oder Lizenznehmerin befugt gewesen sei, Widerspruch einzulegen. Im Übrigen sei der auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützte Widerspruchsgrund weder in der Widerspruchsschrift noch später geltend gemacht worden, so dass er nicht zu berücksichtigen sei. Jedenfalls habe es die Klägerin auch versäumt, die nationale Rechtsvorschrift, auf die sie sich beziehe, wenn sie geltend mache, nach Art. 8 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 befugt zu sein, die Benutzung der angemeldeten Marke nach nationalem Recht zu untersagen, genau zu bezeichnen und ihren Inhalt darzulegen und nachzuweisen.

18      Mit Wirkung vom 3. Februar 2021 übertrug die Klägerin, die sich nunmehr in Liquidation befindet, die älteren Marken auf die Grand Records International Yapim Ve Yayincilik limited Şirketi mit Sitz in Ankara (Türkei).

 Anträge der Parteien

19      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung sowie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 25. Mai 2020 aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben;

–        hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an die Beschwerdekammer zurückzuverweisen;

–        das EUIPO zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

20      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage als unzulässig und hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

–        die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

21      Die Streithelferin beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.

 Rechtliche Würdigung

22      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf zwei Klagegründe.

23      Erstens verletze die angefochtene Entscheidung ihre Rechte als Inhaberin der älteren Rechte, auf die sie sich zur Begründung des auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Widerspruchs berufen habe und die sie im Rahmen der vorliegenden Klage weiterhin geltend mache.

24      Zweitens habe die Beschwerdekammer gegen Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 2 Buchst. d der Delegierten Verordnung 2018/625) verstoßen, da sie, die Klägerin, den Widerspruch entgegen den Annahmen der Beschwerdekammer hinreichend begründet habe, indem sie Ausführungen zum Inhaber der beiden älteren Marken gemacht habe, bei dem es sich um Herrn Uslu gehandelt habe, der befugt gewesen sei, sie zu vertreten, und der die Marke HALIX RECORDS bereits in den 1980er Jahren benutzt habe. Außerdem habe Herr Uslu am 10. Februar 2018, also vor dem Ende der bis zum 11. Februar 2018 laufenden Frist, die die Widerspruchsabteilung zur Substantiierung der für den Widerspruch angeführten älteren Rechte gesetzt habe, an das DPMA einen Antrag auf Umschreibung der Inhaberschaft an den beiden älteren Marken auf die Klägerin gerichtet.

25      Die Klägerin räumt jedoch ein, dass sie, als sie das Widerspruchsverfahren eingeleitet habe, nicht Inhaber der beiden älteren nationalen Marken gewesen sei, die als ältere Rechte geltend gemacht worden seien, und dass deren Inhaber ihr Geschäftsführer, Herr Ayhan Uslu, gewesen sei. Dies wirke sich jedoch nicht auf den Vorrang aus, den ein älteres Recht gegenüber jeder späteren Anmeldung eines dieses Recht verletzenden Rechts habe.

26      Die Klägerin macht insoweit geltend, dass mit Urteil des Landgerichts München I (Deutschland) vom 17. Dezember 2019 der von der Streithelferin gegen sie gestellte Antrag auf Löschung der älteren deutschen Wortmarke HALIX RECORDS zurückgewiesen worden sei. Dies bestätige, dass sie die Inhaberin dieser Marke gewesen sei. Somit bestehe ein Widerspruch zwischen diesem Urteil und der angefochtenen Entscheidung.

27      Die Klägerin meint, es sei Sache der Widerspruchsabteilung gewesen, den Status der älteren Marken beim DPMA zu berücksichtigen und sie zumindest darauf hinzuweisen, dass die Inhaberschaft an den älteren Rechten im vorliegenden Fall problematisch sei, während die Widerspruchsabteilung, indem sie sich auf die Angabe beschränkt habe, dass „die älteren Rechte zu substantiieren“ seien, ihr die Möglichkeit genommen habe, ihren Sachvortrag in Bezug auf die Inhaberschaft an den fraglichen Rechten zu substantiieren.

28      In seiner Einrede der Unzulässigkeit hat das EUIPO zwei Unzulässigkeitsgründe geltend gemacht: erstens die Unzulässigkeit des ersten Klagegrundes, weil zum einen das Vorbringen der Klägerin unter Verstoß gegen Art. 177 der Verfahrensordnung des Gerichts im Wesentlichen nicht verständlich sei und zum anderen der Streitgegenstand geändert worden sei, und zweitens die Unzulässigkeit des zweiten Klagegrundes, da die Klägerin für die Erhebung der Klage kein Rechtsschutzinteresse habe.

29      In der Sache treten das EUIPO und die Streithelferin dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

30      Einleitend ist festzustellen, dass auf den Rechtsstreit, da für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der Anmeldung der Marke, d. h. der 25. Januar 2017, maßgeblich ist, die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 anwendbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Mai 2014, Bimbo/HABM, C‑591/12 P, EU:C:2014:305, Rn. 12, und vom 18. Juni 2020, Primart/EUIPO, C‑702/18 P, EU:C:2020:489, Rn. 2 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), waren im am 17. April 2017 eingeleiteten Widerspruchsverfahren die Verfahrensvorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 und die Vorschriften der Verordnung Nr. 2868/95 anzuwenden. Dagegen unterliegt der vorliegende Rechtsstreit, mit dem vor dem Gericht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Abrede gestellt wird, den Verfahrensvorschriften der Verordnung 2017/1001 und, soweit erforderlich, denen der Delegierten Verordnung 2018/625.

31      Folglich sind im vorliegenden Fall, was die materiell-rechtlichen Vorschriften angeht, die Bezugnahmen der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung und der Parteien dieses Verfahrens auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 dahin zu verstehen, dass sie sich auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 beziehen.

32      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter befugt ist, anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob es nach den Grundsätzen einer geordneten Rechtspflege gerechtfertigt ist, eine Klage als unbegründet abzuweisen, ohne zuvor über ihre Zulässigkeit zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, EU:C:2002:118, Rn. 51 und 52).

33      Unter den Umständen des vorliegenden Falls ist das Gericht der Ansicht, dass im Interesse einer geordneten Rechtspflege unmittelbar die Begründetheit der Klage zu prüfen ist, ohne zuvor über die vom EUIPO mit seiner Einrede der Unzulässigkeit geltend gemachten Unzulässigkeitsgründe zu entscheiden, da die Klage aus den im Folgenden dargelegten Gründen jedenfalls unbegründet ist (vgl. entsprechend Urteil vom 21. April 2021, Hasbro/EUIPO – Kreativni Dogadaji [MONOPOLY], T‑663/19, EU:T:2021:211, Rn. 24).

34      Insoweit ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Prüfung des Unzulässigkeitsgrundes, der sich auf den zweiten Klagegrund bezieht – die Klägerin habe für die Erhebung der Klage über kein Rechtsschutzinteresse verfügt –, mit der Begründetheit zusammenhängt und die Prüfung erforderlich macht, ob die anderen älteren Rechte als die beiden älteren nationalen Marken ordnungsgemäß zur Stützung des Widerspruchs geltend gemacht werden konnten, wobei die Widerspruchsabteilung und anschließend die Beschwerdekammer dies verneint haben, aber nichtsdestoweniger die etwaige Bedeutung dieser Rechte geprüft haben.

35      Das Gericht hält es für zweckmäßig, mit der Prüfung der Begründetheit des zweiten Klagegrundes zu beginnen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 2868/95

36      Nach Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 2868/95 muss der Widersprechende innerhalb der Frist, die das EUIPO ihm einräumt, um Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zur Stützung seines Widerspruchs vorzubringen oder zu ergänzen, auch den Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts sowie für seine Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs erbringen. Insbesondere hat der Widersprechende, wenn der Widerspruch auf ein älteres Recht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt wird, insoweit den Erwerb, den Fortbestand und den Schutzumfang dieses Rechts nachzuweisen.

37      Außerdem wird nach Regel 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 8 Abs. 1 und 7 der Delegierten Verordnung 2018/625) der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen, wenn der Widersprechende nicht innerhalb der in Regel 19 Abs. 1 genannten Frist die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts sowie seine Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs belegt.

38      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 41 Abs. 1 Buchst. a und c der Verordnung Nr. 207/2009 ein Widerspruch gegen die Eintragung einer Unionsmarke auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 und 5 der Verordnung Nr. 207/2009 nur von den Inhabern der älteren Marken, auf die der Widerspruch gestützt wird, oder von Lizenznehmern, die von den Inhabern dazu ermächtigt worden sind, erhoben werden kann. Ein auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützter Widerspruch kann von den Inhabern der dort genannten älteren Marken oder Kennzeichenrechte sowie von den Personen, die nach dem anzuwendenden nationalen Recht berechtigt sind, diese Rechte geltend zu machen, erhoben werden.

39      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, sie habe das Bestehen und die Tragweite der beiden älteren nationalen Marken, auf die der Widerspruch gestützt worden sei, hinreichend belegt. Damit der Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii dieser Verordnung und Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 2868/95 ordnungsgemäß auf diese Marken gestützt werden konnte, war es indessen Sache der Klägerin, die den Widerspruch eingelegt hat, Beweise dafür vorzulegen, dass sie deren Inhaberin war.

40      Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin, wie die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat und wie die Klägerin in Rn. 6 der Klageschrift selbst einräumt, zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs nicht Inhaber dieser Marken war. Außerdem hat die Klägerin innerhalb der ihr von der Widerspruchsabteilung gemäß Regel 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 gesetzten Frist, die nach Verlängerung am 11. Februar 2018 ablief, keine Unterlagen vorgelegt, die eine wie auch immer geartete Entwicklung dieser Situation belegt hätten, insbesondere nicht den Umstand, dass sie – und nicht Herr Uslu – Inhaber der beiden älteren nationalen Marken war.


41      Insoweit hat die Klägerin der Widerspruchsabteilung zwar mit Schreiben vom 16. Februar 2018 einen am 10. Februar 2018 beim DPMA gestellten Antrag auf Umschreibung der beiden älteren nationalen Marken von Herrn Uslu auf sie mitgeteilt, doch war es vor Ablauf der auf den 11. Februar 2018 festgesetzten Frist in keiner Weise belegt, dass irgendeine Übertragung stattgefunden hätte und dass die Klägerin Inhaber der fraglichen Marken war.

42      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass es unerheblich war, ob die Klägerin vor dem 11. Februar 2018 oder an diesem Tag beim DPMA die Umschreibung der älteren nationalen Marken beantragt hat, während es allein darauf ankam, ob die Fristen vor dem EUIPO für den Nachweis der Inhaberschaft an diesen Marken eingehalten wurden, was offenkundig nicht der Fall war. Die Beschwerdekammer hat jedoch in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, dass der vorgelegte neue Registerauszug des DPMA zeige, dass die Umschreibung der älteren nationalen Marken erst am 2. März 2018 beantragt und am 6. bzw. am 13. April 2018, also nach dem 11. Februar 2018, im Register veröffentlicht worden sei.

43      Nach ständiger Rechtsprechung folgt zwar aus dem Wortlaut von Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001), dass die Beteiligten als allgemeine Regel und vorbehaltlich einer gegenteiligen Vorschrift Tatsachen und Beweismittel auch dann noch vorbringen können, wenn die dafür nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 geltenden Fristen abgelaufen sind, und dass es dem EUIPO keineswegs untersagt ist, Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen, die solchermaßen verspätet vorgebracht worden sind, nämlich nach Ablauf der von der Widerspruchsabteilung gesetzten Frist und gegebenenfalls erstmals vor der Beschwerdekammer (vgl. Urteil vom 29. Juni 2016, Group/EUIPO – Iliev [GROUP Company TOURISM & TRAVEL], T‑567/14, EU:T:2016:371, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Wie die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist der spätere Erwerb der älteren nationalen Marken jedoch kein später vorgetragener Umstand, sondern ein später eingetretener Umstand, so dass sich der Nachweis dieses verspäteten Erwerbs durch die Klägerin nicht auf die Voraussetzung der Inhaberschaft an den älteren nationalen Marken zur Zeit der Einlegung des Widerspruchs auswirkt.

45      Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt, dass die Klägerin innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht nachgewiesen hat, dass sie die Inhaberin der älteren nationalen Marken war, so dass der auf diese Marken gestützte Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen war.

46      Das nachfolgend geprüfte Vorbringen der Klägerin geht insoweit ins Leere oder ist unbegründet.

47      Zunächst besitzt, wie die Beschwerdekammer in Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, eine juristische Person eine eigene Rechtspersönlichkeit, die sich von der ihres Geschäftsführers unterscheidet, so dass sie in ihrem Namen nicht die Inhaberschaft an Marken geltend machen kann, deren Inhaber der Geschäftsführer ist, um selbst Widerspruch einzulegen. Wenn also der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Uslu, der Inhaber der älteren nationalen Marken war, erlaubte es dieser bloße Umstand der Klägerin nicht, im eigenen Namen eine auf diese Marken gestützte Klage zu erheben.

48      Sodann hat die Vorlage des Urteils des Landgerichts München I vom 17. Dezember 2019 durch die Klägerin, wie in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung erwähnt, keinerlei Auswirkungen auf die Eintragung der Inhaberschaft an den älteren nationalen Marken im Register des DPMA.

49      Im Übrigen hat der Umstand, dass Herr Uslu angegeben hat, dass er für die Zwecke des Widerspruchsverfahrens seinen Wohnsitz am Sitz der Klägerin habe, keinen Einfluss auf die Inhaberschaft an diesen Marken. Die bloße Angabe einer Wohnsitzadresse hat nämlich überhaupt nichts mit der Natur und der Bedeutung der Beziehung zwischen einem Wirtschaftsteilnehmer und seinen Rechten des geistigen Eigentums zu tun.

50      Auch der Umstand, dass Herr Uslu, der zur Vertretung der Klägerin berechtigt war, die Marke HALIX RECORDS bereits in den 1980er Jahren benutzt haben soll, verleiht der Klägerin kein zusätzliches Recht, da sie selbst nicht Inhaber der älteren nationalen Marken ist.

51      Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe in der Sache nicht die Konsequenzen aus einer mangelnden Sorgfalt der Widerspruchsabteilung gezogen, soweit diese sich auf den Hinweis beschränkt habe, dass die älteren nationalen Marken nicht hinreichend substantiiert seien, ohne der Klägerin nähere Angaben zu machen, als unbegründet zurückzuweisen.

52      Zwar gibt das EUIPO dem Widersprechenden nach Regel 19 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2868/95 Gelegenheit, innerhalb einer Frist, die es ihm einräumt, u. a. den Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts einzureichen, doch stellen die rechtlichen Erfordernisse hinsichtlich der Beibringung dieser Elemente keine Zulässigkeitsvoraussetzungen des Widerspruchs dar, die das EUIPO zu prüfen und erforderlichenfalls vom Widersprechenden zu ergänzen lassen hat, sondern Voraussetzungen, die zur Prüfung der Begründetheit des Widerspruchs gehören. Die Widerspruchsabteilung ist deshalb nicht verpflichtet, den Widersprechenden auf den Mangel hinzuweisen, den die Unterlassung, diese Elemente zur Stützung des Widerspruchs oder ihre Übersetzung in die Sprache des Widerspruchsverfahrens vorzulegen, darstellt (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juni 2008, El Corte Inglés/HABM – Abril Sánchez und Ricote Saugar [BoomerangTV], T‑420/03, EU:T:2008:203, Rn. 65 und 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Nach alledem ist festzustellen, dass der zweite Klagegrund teils unbegründet ist und teils ins Leere geht.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung der älteren Rechte, deren Inhaber die Klägerin sei und die sie zur Stützung des auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Widerspruchs geltend gemacht habe

54      Gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 kann der Inhaber eines Kennzeichenrechts, das keine eingetragene Marke ist, der Eintragung einer Unionsmarke widersprechen, wenn es im geschäftlichen Verkehr benutzt wird, von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist, entsprechend dem Recht der Union oder des Mitgliedstaats, in dem es vor dem Tag der Einreichung der Anmeldung der Unionsmarke benutzt wurde, erworben wurde und seinem Inhaber die Möglichkeit verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, BR IP Holder/HABM – Greyleg Investments [HOKEY POKEY], T‑62/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:23, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Da die genannten Voraussetzungen kumulativ sind, bleibt einem Widerspruch, der auf eine nicht eingetragene Marke oder andere im geschäftlichen Verkehr benutzte Kennzeichenrechte im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt wird, somit der Erfolg versagt, wenn ein Zeichen eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 2009, Danjaq/HABM – Mission Productions [Dr. No], T‑435/05, EU:T:2009:226, Rn. 35).

56      Nach Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001) obliegt die Beweislast dafür, dass das Recht, dem das geltend gemachte Kennzeichen unterliegt, das Verbot der Benutzung einer jüngeren Marke rechtfertigen kann, dem Widersprechenden, der nachweisen muss, dass das fragliche Zeichen in den Anwendungsbereich des geltend gemachten Rechts des Mitgliedstaats fällt und dass es es erlaubt, die Benutzung einer solchen Marke zu untersagen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2016, GROUP Company TOURISM & TRAVEL, T‑567/14, EU:T:2016:371, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Im vorliegenden Fall handelt es sich, da die Klägerin sich auf Rechte berufen möchte, die nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht werden können, notwendigerweise um Rechte, die ihr kraft Benutzung, seit den 1980er Jahren, von Unternehmenskennzeichen wie HALIX RECORDS zustehen (vgl. oben, Rn. 7), und nicht um die beiden älteren nationalen Marken, die sie, wie sich aus der Prüfung des zweiten Klagegrundes ergibt, jedenfalls nicht zur Stützung irgendeines Widerspruchs anführen kann.


58      Außerdem trifft es zwar zu, dass die Klägerin im Widerspruchsformular Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht ausdrücklich als Grundlage für den Widerspruch angeführt hat, doch hat die Beschwerdekammer, wie sich aus den Rn. 38 bis 44 der angefochtenen Entscheidung ergibt, obwohl sie der Ansicht war, dass dieser Widerspruchsgrund nicht geltend gemacht worden sei, nichtsdestoweniger ebenso wie die Widerspruchsabteilung die Frage geprüft, ob der Widerspruch als ordnungsgemäß nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 eingelegt anzusehen sei, und kam zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall sei, da in der Widerspruchsschrift insbesondere nicht entsprechend Regel 15 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der Delegierten Verordnung 2018/625) die Widerspruchgründe genau angegeben worden seien und das nationale Recht nicht entsprechend Regel 19 Abs. 2 Buchst. d dieser Verordnung dargestellt worden sei.

59      Wie oben in Rn. 7 erwähnt, hat die Klägerin im Widerspruchsformular angegeben, dass sie seit den 1980er Jahren in Deutschland und in der Europäischen Union über Rechte aus Unternehmenskennzeichen wie HALIX RECORDS nach § 5 des Markengesetzes verfüge und unlauterem Wettbewerb ausgesetzt sei.

60      Erstens ist festzustellen, dass die Behauptung eines unlauteren Wettbewerbs nicht als Grundlage für einen Widerspruch gegen die Eintragung einer Unionsmarke nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 dienen kann, da ein Widerspruch in der Sache ausschließlich auf dem Vergleich konkurrierender Rechte beruht. Wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin der Beschwerdekammer vorwirft, ihr Vorbringen zum unlauteren Wettbewerb nicht berücksichtigt zu haben, geht diese Rüge daher ins Leere.

61      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen eines auf das Bestehen eines älteren Rechts im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Widerspruchs aus dem Wortlaut von Regel 19 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 2868/95 nicht hervorgeht, dass hinsichtlich des Nachweises eines älteren Rechts besondere Förmlichkeiten verlangt werden. Hinsichtlich des Erwerbs, des Fortbestands und des Schutzumfangs des von ihm geltend gemachten Rechts steht es dem Widersprechenden somit frei, die Form des Beweises zu wählen, dessen Vorlage an das EUIPO ihm zweckmäßig erscheint, und das EUIPO ist verpflichtet, die von dem Widersprechenden vorgelegten Beweise zu prüfen, ohne von vornherein eine Art von Beweisen aufgrund ihrer Form zurückweisen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2016, GROUP Company TOURISM & TRAVEL, T‑567/14, EU:T:2016:371, Rn. 55, 56 und 58).

62      Im vorliegenden Fall haben jedoch, wie sich aus Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung ergibt, die Widerspruchsabteilung und im Anschluss daran die Beschwerdekammer sehr wohl die Auffassung vertreten, dass sich die Klägerin für den Fall, dass sie den Widerspruch auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 stützen wolle, auf den durch § 5 des Markengesetzes gewährten Schutz berufe.

63      Die Klägerin hat jedoch, wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, abgesehen davon, dass sie den Wortlaut von § 5 des Markengesetzes nicht vorgelegt hat, darüber hinaus keine näheren Angaben zu dessen Inhalt gemacht, ebenso wenig wie zu der genauen Art von Anspruchsgrundlage oder älterem Recht, auf die sie sich berufen möchte, oder zu den Gründen, die sie dazu berechtigt hätten, die Benutzung der angemeldeten Marke zu untersagen, während nach Ansicht der Beschwerdekammer § 5 des Markengesetzes vier verschiedene Arten älterer Rechte regelt.

64      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich die Klägerin in der Rubrik „Erläuterung der Gründe und sonstige Anmerkungen“ des Widerspruchsformulars darauf beschränkt hat, das Bestehen von „Rechte[n] aus dem Unternehmenskennzeichen laut § 5 Markengesetz in Deutschland und innerhalb der Europäischen Union seit 1980“ ohne weitere Erläuterungen zu erwähnen (siehe oben, Rn. 7).

65      Sodann zeigt sich, dass die Klägerin zwar, insbesondere mit ihrem Schreiben vom 9. Februar 2018, das nach dem Widerspruch versandt wurde, der Widerspruchsabteilung eine Reihe von Beweisen für die Benutzung des Bestandteils „Halix“ als Bezeichnung oder Logo übermittelt hat, dass sie aber nicht erläutert hat, wie diese Beweise zur Stützung ihrer Forderungen nach § 5 des Markengesetzes geeignet sein und damit den Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 stützen sollen.

66      Schließlich lautete das Unternehmenskennzeichen der Klägerin, selbst wenn man davon ausgeht, dass sie sich darauf berufen wollte, Cilem Records International UG und nicht HALIX RECORDS, was nicht erkennen lässt, in welcher Weise sie auf der Grundlage dieses Unternehmenskennzeichens der Eintragung der angemeldeten Marke hätte widersprechen können.

67      Da die Klageschrift nichts enthält, was diese Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage stellen könnte, ist der erste Klagegrund auf jeden Fall als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen.

68      Da keiner der von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe durchgreift, ist die Klage demzufolge insgesamt abzuweisen, ohne dass über die beiden vom EUIPO in der Einrede der Unzulässigkeit geltend gemachten Unzulässigkeitsgründe entschieden zu werden braucht.

 Kosten

69      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

70      Da im vorliegenden Fall die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des EUIPO aufzuerlegen. Die Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Cilem Records International UG trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des EUIPO.

3.      Die KVZ Music Ltd trägt ihre eigenen Kosten.

Tomljenović

Schalin

Nõmm

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. April 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.