SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
JAN MAZÁK
vom 7. Dezember 2010(1)
Rechtssache C‑375/09
Prezes Urzędu Ochrony Konkurencji i Konsumentów
gegen
Tele2 Polska sp. zoo, nunmehr Netia SA w Warszawie
(Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Najwyższy [Polen])
„Wettbewerb – Verordnung (EG) Nr. 1/2003– Feststellung der Nichtanwendbarkeit – Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten – Frage der Befugnis der nationalen Wettbewerbsbehörden, eine Entscheidung zu erlassen, wonach Art. 102 AEUV auf das Verhalten eines Unternehmens nicht anwendbar ist“
1. In der vorliegenden Rechtssache ersucht der Sąd Najwyższy (Oberster Gerichtshof Polens) um eine Auslegung von Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates(2). Die Rechtssache betrifft die Grenzen der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten im Rahmen des Systems der Durchführung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (jetzt der Union) nach der Verordnung Nr. 1/2003, die an die Stelle der vormaligen Regelung nach der Verordnung (EWG) Nr. 17 des Rates(3) getreten ist. Es geht in der Sache um die Frage, auf welche Weise die nationale Wettbewerbsbehörde (im Folgenden: NWB) ein Verwaltungsverfahren beendet, in dem sie durch parallele Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union und des nationalen Rechts zu dem Ergebnis gelangt, dass das Verhalten eines bestimmten Unternehmens nicht gegen das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung nach Art. 102 AEUV verstößt.
I – Rechtlicher Rahmen
A – Recht der Europäischen Union
2. Nach Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 sind die NWB der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV in Einzelfällen zuständig. Art. 5 der Verordnung bestimmt weiter:
„Die [NWB] können hierzu von Amts wegen oder aufgrund einer Beschwerde Entscheidungen erlassen, mit denen
– die Abstellung von Zuwiderhandlungen angeordnet wird,
– einstweilige Maßnahmen angeordnet werden,
– Verpflichtungszusagen angenommen werden oder
– Geldbußen, Zwangsgelder oder sonstige im innerstaatlichen Recht vorgesehene Sanktionen verhängt werden.
Sind die Voraussetzungen für ein Verbot nach den ihnen vorliegenden Informationen nicht gegeben, so können sie auch entscheiden, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden.“ (Hervorhebung nur hier)
3. Art. 10 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt für den Fall, dass es aus Gründen des öffentlichen Interesses der Union im Bereich der Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV erforderlich ist, dass die Europäische Kommission von Amts wegen durch Entscheidung feststellen kann, dass Art. 101 AEUV auf eine Vereinbarung, einen Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine abgestimmte Verhaltensweise keine Anwendung findet, weil die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht vorliegen oder weil die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllt sind. Die Kommission kann eine solche Feststellung auch in Bezug auf Art. 102 AEUV treffen.
4. In der Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden(4) heißt es: „Die Kommission ist besonders gut geeignet, sich eines Falls anzunehmen, wenn eine oder mehrere Vereinbarungen oder Verhaltensweisen … in mehr als drei Mitgliedstaaten … Auswirkungen auf den Wettbewerb haben“ (Randnr. 14). „Darüber hinaus ist die Kommission dann besonders gut geeignet, sich eines Falls anzunehmen, wenn dieser eng mit anderen [Unions]bestimmungen verknüpft ist, die ausschließlich oder effizienter von der Kommission angewandt werden können, oder wenn das [Unions]interesse eine Entscheidung der Kommission erfordert, um die … Wettbewerbspolitik der [Union] weiterzuentwickeln, wenn neue Wettbewerbsfragen auftreten oder um eine wirksame Durchsetzung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen“ (Randnr. 15).
B – Nationales Recht
5. Art. 11 des polnischen Gesetzes über den Wettbewerb und den Verbraucherschutz(5) in der zum maßgebenden Zeitpunkt gültigen Fassung bestimmt:
„(1) [Die polnische NWB] erlässt eine Entscheidung, mit der eine wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise verneint wird, wenn [sie] keine Zuwiderhandlung gegen die in den Art. 5 und 8 aufgestellten Verbote feststellt.
(2) [Die polnische NWB] erlässt auch dann eine Entscheidung nach Abs. 1, wenn eine Vereinbarung die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 erfüllt, aber nicht von einer Verordnung des Ministerrats nach Art. 7 erfasst wird.
(3) Die Beweislast in Bezug auf die in Abs. 2 genannten Umstände trägt das Unternehmen oder der Unternehmensverband.“
II – Sachverhalt und Vorlagefragen
6. Der Telekomunikacja Polska SA wurde ein Verstoß gegen Art. 8 des polnischen Wettbewerbs‑ und Verbraucherschutzgesetzes sowie Art. 102 AEUV(6) vorgeworfen. Am Ende des Verfahrens stellte die polnische NWB fest, dass das Verhalten keine missbräuchliche Ausnutzung darstelle, und erließ eine Entscheidung nach nationalem Recht, mit der zum einen festgestellt wurde, dass ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten des Unternehmens nicht vorgelegen habe, und mit der die polnische NWB zum anderen nach Art. 102 AEUV entschied, dass für sie kein Anlass bestehe, tätig zu werden. Eine dritte Partei – die Tele2 Polska Sp. zoo, nunmehr Netia SA w Warszawie – erhob gegen diese Entscheidung Klage. Das Sąd Okręgowy – Sąd Ochrony Konkurencji i Konsumentów (Bezirksgericht – Gericht für Wettbewerbs‑ und Verbraucherschutz) hob die angefochtene Entscheidung durch ein später vom Berufungsgericht Warschau bestätigtes Urteil auf und entschied, dass die polnische Wettbewerbsbehörde eine Feststellungsentscheidung darüber hätte erlassen müssen, dass ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten nach Art. 102 AEUV nicht vorgelegen habe, da die Behörde eine Entscheidung dieses Inhalts nach nationalem Recht erlassen habe.
7. Die polnische NWB legte Kassationsbeschwerde ein, mit der sie geltend macht, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 eine die Zuständigkeit der NWB regelnde Vorschrift sei, durch die deren Entscheidungsmöglichkeiten eingeschränkt würden und nach der diesen nicht die Befugnis zugestanden werde, eine solche Entscheidung zu erlassen. Stattdessen habe die polnische NWB eine Entscheidung erlassen, die die Angelegenheit auf eine Weise beendet habe, die keine Entscheidung zur Begründetheit erforderlich mache. Art. 5 der Verordnung nenne vier Arten von Entscheidungen zur Sache und sehe – am Ende der Vorschrift – eine Entscheidung prozessualer Natur vor: Die NWB „können … auch entscheiden, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden“. Die Befugnis, eine Entscheidung zu erlassen, nach der Art. 102 AEUV nicht anwendbar sei, stehe nur der Kommission zu, nicht aber den NWB.
8. Das vorlegende Gericht ist zunächst der Auffassung, dass diese Rechtssache die Grenzen der Verfahrensautonomie der NWB betreffe und es diesen nicht gestattet sein sollte, eine Entscheidung zu erlassen, mit der erklärt werde, dass kein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten vorgelegen habe, weil eine solche Entscheidung im Katalog der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1/2003 aufgeführten Arten von Entscheidungen nicht vorgesehen sei. Zweitens führt das vorlegende Gericht aus, dass Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und anderen Vorschriften der Verordnung möglicherweise trotzdem so ausgelegt werden könne, dass eine NWB befugt sei, eine Entscheidung zu erlassen, die auf der Linie der fraglichen Entscheidung liege. Vor diesem Hintergrund hat das vorlegende Gericht entschieden, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen vorzulegen:
1. Ist Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 dahin auszulegen, dass die NWB keine Entscheidung, mit der eine wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise im Sinne von Art. 102 AEUV verneint wird, erlassen kann, wenn sie nach Durchführung eines Verfahrens befindet, dass das Unternehmen nicht gegen das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung nach dieser Vertragsbestimmung verstoßen hat?
2. Wenn die erste Frage bejaht wird, ist dann in einer Situation, in der die NWB nach nationalem Wettbewerbsrecht ein Kartellverfahren – falls festgestellt wird, dass das Verhalten des Unternehmens nicht gegen das Verbot in Art. 102 AEUV verstößt –, nur durch Erlass einer Entscheidung, mit der eine wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise verneint wird, beenden darf, Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 dahin auszulegen, dass er eine unmittelbare Rechtsgrundlage dafür bildet, dass die NWB eine Entscheidung erlässt, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden?
9. Die polnische(7) und die tschechische Regierung, die Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde haben schriftliche Erklärungen abgegeben. An der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2010 haben sich alle vorgenannten Beteiligten mit Ausnahme der tschechischen Regierung beteiligt.
III – Rechtliche Würdigung
A – Wesentliches Vorbringen der Beteiligten
10. Die Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde tragen im Wesentlichen vor, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 den NWB nicht die Befugnis einräume, eine Feststellungsentscheidung des Inhalts zu erlassen, dass Art. 101 AEUV und 102 AEUV nicht anwendbar seien. Diese Befugnis stehe allein der Kommission zu. Wenn den NWB die Befugnis zugestanden würde, die Art. 101 AEUV und 102 AEUV für nicht anwendbar zu erklären – so dass insoweit die Rechtmäßigkeit des entsprechenden Verhaltens des Unternehmens verbindlich festgestellt würde –, würde dies abgesehen von den hierfür erforderlichen administrativen Ressourcen u. a. auch dazu führen, dass diejenigen, die sich durch ein Verhalten behindert fühlten, das sie als rechtswidrig ansähen, eher davon abgehalten würden, gegen das dem Vertrag zuwiderhandelnde Unternehmen individuell rechtlich vorzugehen und damit zur privaten Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Union beizutragen (wohingegen die Verordnung Nr. 1/2003 eine solche private Durchsetzung gerade fördern solle). Zur zweiten Frage vertritt die Kommission die Ansicht, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 unmittelbar anwendbar sei. Nach Auffassung der EFTA‑Überwachungsbehörde seien die NWB in einem Fall wie demjenigen, der dem vorlegenden Gericht zur Entscheidung vorliege und in dem die Voraussetzungen für eine Verbotsentscheidung nicht gegeben seien, nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 verpflichtet, Art. 102 AEUV anzuwenden und das bei ihnen anhängige Verwaltungsverfahren nach dieser Vorschrift mit der Feststellung zu beenden, dass für sie kein Anlass bestehe, tätig zu werden.
11. Die polnische Regierung trägt vor, dass der Katalog der in Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 genannten Befugnisse der NWB abschließend sei. Art. 5 Abs. 2 liefere keine Rechtsgrundlage für eine Feststellungsentscheidung des Inhalts, dass ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten nicht vorgelegen habe. Zur zweiten Frage trägt die polnische Regierung vor, dass die Verwaltungsentscheidung, durch die die NWB das Verfahren wegen des Verdachts eines Wettbewerbsverstoßes beende – nachdem sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass für sie kein Anlass bestehe, tätig zu werden –, eine Entscheidung prozessualer Natur sei, durch die die Sache abgeschlossen werde, ohne dass eine Entscheidung zur Sache erforderlich sei.
12. Im Gegensatz zu den anderen Beteiligten ist die tschechische Regierung der Ansicht, dass die NWB nach Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 durchaus befugt seien, eine Entscheidung zu erlassen, mit der festgestellt werde, dass ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten nicht vorgelegen habe. Die Verordnung Nr. 1/2003 schaffe kein hierarchisches Rangverhältnis zwischen der Kommission und den NWB – sie baue auf einem Verhältnis der horizontalen Kooperation auf. Es widerspreche dem Zweck von Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003, wenn eine NWB zwar zu einer Entscheidung befugt sei, mit der ein Verstoß gegen Art. 102 AEUV festgestellt werde, nicht aber zu der Entscheidung, dass ein Verstoß nicht vorgelegen habe. Nach Ansicht der tschechischen Regierung stellen die einschlägigen Vorschriften des polnischen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetzes keine Gefährdung eines der Ziele der Art. 101 AEUV und 102 AEUV dar.
B – Beurteilung
Vorbemerkungen zum neuen „Legalausnahmesystem“ der Rechtsanwendung
13. Die Verordnung Nr. 1/2003(8), die auch als „Modernisierungsverordnung“ bezeichnet wird, führte weitreichende Veränderungen in der Art und Weise der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union ein. Eine der eingeführten Neuerungen ist, dass das Erfordernis der Anmeldung von Vereinbarungen gegenüber der Kommission zum Zweck der Erteilung einer Freistellung nach der jetzt in Art. 101 Abs. 3 AEUV enthaltenen Regelung aufgehoben wurde(9) – und durch das Legalausnahmesystem ersetzt wurde(10) –, wodurch die NWB und die nationalen Gerichte nun viel enger mit der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union in Kontakt stehen.(11)
14. Die Dezentralisierung der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union geht über die bloße Verpflichtung der NWB und der nationalen Gerichte zur Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV hinaus. Zur geeigneten Umsetzung der Dezentralisierung sieht die Verordnung Nr. 1/2003 mindestens drei verschiedene Mechanismen vor: (i) die Übertragung von Befugnissen auf die NWB und die nationalen Gerichte mit der Folge eines Rückgangs der unmittelbaren Rechtsanwendungstätigkeit der Kommission(12), (ii) die Verpflichtung der NWB und der nationalen Gerichte zur Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV im Rahmen eines Regelungssystems für das Verhältnis zwischen nationalem und Unionsrecht und, nicht zuletzt, (iii) Abstimmungsregelungen zur Erleichterung der Zusammenarbeit und der Aufsicht über die Tätigkeit der NWB und der nationalen Gerichte, um eine einheitliche und kohärente Anwendung der EU-Wettbewerbsregeln sicherzustellen.(13) Wie noch zu zeigen sein wird, besteht eine Folge der wichtigen Rolle, die den NWB (und die nationalen Gerichte) für das Funktionieren des neuen Systems zukommt, darin, dass sie nach der Verordnung Nr. 1/2003 strengen Regelungen sowohl hinsichtlich der ihnen übertragenen Befugnisse als auch der Ausübung dieser Befugnisse unterliegen.(14)
Erste Vorlagefrage
15. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die NWB bei der Anwendung von Art. 102 AEUV durch Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 daran gehindert ist, eine einen Verstoß verneinende Entscheidung in der Sache zu treffen.
16. Wie von der EFTA-Überwachungsbehörde zu Recht vorgetragen, haben die hier nur zu Art. 102 AEUV vorgelegten Fragen grundsätzlich gleichermaßen Bedeutung für die Entscheidungskompetenz der NWB, nach Art. 101 AEUV in der Sache zu entscheiden und Verstöße zu verneinen. Meines Erachtens sollten die Antworten auf die Vorlagefragen daher sowohl Art. 101 AEUV als auch Art. 102 AEUV abdecken.
17. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts kann kein Zweifel daran bestehen, dass eine Entscheidung nach nationalem Wettbewerbsrecht(15), wonach ein bestimmtes Verhalten nicht wettbewerbsbeschränkend sei, nicht in eine der Kategorien von Entscheidungen des in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1/2003 aufgeführten Katalogs falle.
18. Das vorlegende Gericht ist allerdings darüber im Zweifel, ob die polnische Wettbewerbsbehörde eine solche Entscheidung nach Art. 102 AEUV treffen kann, nachdem Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 den NWB die Befugnis einräumt, zu entscheiden, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden, wenn die Voraussetzungen für ein Verbot nicht gegeben sind.
19. Zunächst ist eine Betrachtung der relevanten Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2003 erforderlich. Nach ihrem Art. 3(16) sind die NWB verpflichtet, die Art. 101 AEUV und 102 AEUV anzuwenden, wenn das im Verdacht eines Verstoßes gegen nationale Wettbewerbsgesetze stehende Verhalten eines Unternehmens den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann. Die Verordnung Nr. 1/2003 setzt voraus, dass die NWB die Art. 101 AEUV und 102 AEUV in Übereinstimmung mit dem Verfahrensrecht ihres Mitgliedstaats anwenden, und Letzterer muss das nationale Recht erforderlichenfalls ergänzen, um es an das neue System anzupassen.(17)
20. In der Tat hat der Gerichtshof zu diesem allgemeinen Grundsatz im Urteil Otto(18) festgestellt, dass „für die Anwendung der Artikel [101 AEUV und 102 AEUV] durch die nationalen Behörden grundsätzlich die nationalen Verfahrensvorschriften gelten. Vorbehaltlich der Einhaltung des [Unions]rechts und insbesondere seiner fundamentalen Grundsätze bestimmen sich die für die Gewährleistung der Verteidigungsrechte der Betroffenen geeigneten Verfahrensmodalitäten nach nationalem Recht. Diese Garantien können von denen abweichen, die in [unions]rechtlichen Verfahren gelten.“
21. Sodann legt Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 fest, dass die NWB für die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV in Einzelfällen zuständig sind und hierzu von Amts wegen oder aufgrund einer Beschwerde Entscheidungen „erlassen … können“, mit denen (i) die Abstellung von Zuwiderhandlungen angeordnet wird, (ii) einstweilige Maßnahmen angeordnet werden, (iii) Verpflichtungszusagen angenommen werden oder (iv) Geldbußen, Zwangsgelder oder sonstige im innerstaatlichen Recht vorgesehene Sanktionen verhängt werden. Abschließend wird bestimmt, dass die NWB für den Fall, dass die Voraussetzungen für ein Verbot nach den ihnen vorliegenden Informationen nicht gegeben sind, auch entscheiden können, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden.
22. Damit stellt sich die Frage, ob der Katalog der Entscheidungen, die die NWB erlassen können (so wie dieser in Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 enthalten ist), abschließend ist. Die polnische Regierung und die Kommission sind der Auffassung, dass dieser in der Tat abschließend sei; diese Auffassung wird wohl auch in der Literatur geteilt.(19)
23. Jedenfalls möge die Feststellung genügen, dass streng genommen Art. 5 zumindest insofern nicht abschließend ist, als er nicht die einzige in der Verordnung Nr. 1/2003 enthaltene Bestimmung ist, nach der Entscheidungen der NWB getroffen werden können: Es gibt auch noch Art. 29 Abs. 2 („Entzug des Rechtsvorteils in Einzelfällen“), der den NWB die Befugnis gibt, unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsvorteile der Gruppenfreistellungsverordnung zu entziehen.(20)
24. Wie das vorlegende Gericht zu Recht ausführt, muss in dem Fall, dass die NWB – nach Durchführung eines Verfahrens, in dem die EU-Wettbewerbsvorschriften parallel zu den Vorschriften des nationalen Rechts angewandt werden – zu dem Ergebnis kommt, dass das Verhalten des im Verdacht eines Verstoßes stehenden Unternehmens nicht gegen das Verbot des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung verstößt, die NWB grundsätzlich nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie diejenige Entscheidung erlassen, die im nationalen Recht vorgesehen ist. Nach polnischem Recht wäre dies die in Art. 11 des Gesetzes über den Wettbewerbs- und Verbraucherschutz vorgesehene Entscheidung, mit der ausgesprochen wird, dass ein Verhalten nicht wettbewerbsbeschränkend ist.
25. Hervorzuheben ist jedoch, dass dem Grundsatz der Verfahrensautonomie auch Grenzen gesetzt werden können, nicht zuletzt, um eines der Ziele der Verordnung Nr. 1/2003 zu erreichen – nämlich das der einheitlichen Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV in allen Mitgliedstaaten (erster Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003). Meines Erachtens nimmt Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 eine solche Begrenzung vor, indem er die Arten von Entscheidungen spezifiziert, die die NWB treffen können.
26. Auch wenn die Verordnung Nr. 1/2003 selbstverständlich nicht das nationale Prozessrecht harmonisiert(21), ist doch eine Reihe von wichtigen Fragen auf Unionsebene geregelt worden – dies gilt insbesondere gerade auch für den Inhalt der Entscheidungen, die von den NWB erlassen werden können.
27. Meines Erachtens hätte der Unionsgesetzgeber, wenn er die Absicht gehabt hätte, den NWB die Befugnis einzuräumen, eine Entscheidung dahin zu treffen, dass ein Verhalten nicht wettbewerbsbeschränkend ist (so wie dies im polnischen Gesetz über Wettbewerbs- und Verbraucherschutz vorgesehen ist), eine solche Art der Entscheidung klar und spezifiziert in den Katalog in Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 aufgenommen (oder mindestens an anderer Stelle der Verordnung, wie im Fall der Entscheidung nach Art. 29 Abs. 2). Dieses Argument erscheint umso wichtiger im Hinblick darauf, dass der Unionsgesetzgeber sich dieser konkreten Frage bewusst war und diese Frage tatsächlich sogar Gegenstand der Erörterungen im Gesetzgebungsverfahren zum Erlass der Verordnung Nr. 1/2003 war (siehe unten, Nrn. 39 bis 41).
28. Die Tatsache, dass den NWB nicht die Befugnis zustehen soll, eine solche Entscheidung zu erlassen, wird auch aus der begleitenden Begründung des Vorschlags der Kommission deutlich. Darin betont die Kommission: „Der Vorschlag beruht auf der Prämisse, dass die NWB die Artikel [101 AEUV und 102 AEUV] gemäß ihrem jeweiligen nationalen Verfahrensrecht anwenden. Eine umfassende Harmonisierung der nationalen Verfahrensrechtsvorschriften ist für die Umsetzung der Reform nicht erforderlich.[(22)] Andererseits müssen eine begrenzte Anzahl von Fragen auf [Unions]ebene geregelt werden, von denen das ordnungsgemäße Funktionieren des vorgeschlagenen Systems unmittelbar abhängt.“ Die Kommission fügt hinzu, dass „der Inhalt der Entscheidungen festgelegt werden [muss], die die [NWB] im Zuge der Anwendung der Artikel [101 AEUV und 102 AEUV] erlassen können (vgl. Art. 5 des Vorschlags), um so das Legalausnahmesystem vollständig und wirkungsvoll umzusetzen. Keine dem [ECN] angehörende Wettbewerbsbehörde darf ermächtigt werden, bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln der [Union] konstitutive Freistellungsentscheidungen zu erlassen.“
29. Wie die EFTA-Überwachungsbehörde richtig angemerkt hat, ermächtigt die Verordnung Nr. 1/2003 die NWB zwar dazu, „positive“ Entscheidungen in der Sache zu erlassen(23). Diese Befugnis, Verstöße (auch) durch Anwendung von Art. 102 AEUV abzustellen, wird jedoch eindeutig nicht symmetrisch erteilt, indem den NWB etwa die Befugnis eingeräumt würde, „negative“ Entscheidungen in der Sache zu erlassen. Es findet sich kein Anhaltspunkt in Art. 5 oder in irgendeiner anderen Bestimmung der Verordnung Nr. 1/2003 dafür, dass den NWB konkret die Befugnis eingeräumt wäre, formell auszusprechen, dass ein Verstoß gegen Art. 102 AEUV in einem Einzelfall nicht vorgelegen habe. Vielmehr ist klar, dass eine NWB nur entscheiden kann, „dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden“ (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003).
30. Ich bin der Ansicht (wie auch die polnische Regierung, die Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde), dass jede andere Auslegung die Gefahr mit sich brächte, dass es zu Situationen kommen könnte, in denen nach einer negativen Entscheidung einer NWB nach dem Grundsatz ne bis in idem die Kommission oder jede andere NWB später keinen Verstoß gegen Art. 101 AEUV mehr feststellen könnte.(24)
31. Hinzuweisen ist auch darauf, dass eine solche Begrenzung der Befugnisse der NWB hinsichtlich derartiger negativer Entscheidungen auch auf der Linie der Entscheidungspraxis der Kommission liegt. In einzelnen Kartellrechtsfällen, in denen die Untersuchung der Kommission keine hinreichenden Beweise ergab, um nach den rechtlichen Beweisanforderungen einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union zu begründen, wurden die Verfahren beendet, ohne dass die Kommission eine negative Entscheidung in der Sache erlassen oder den jeweiligen an dem behaupteten Verstoß Beteiligten auch nur eine begründete Entscheidung bekannt gegeben hätte.(25)
32. Im Übrigen verweist das vorlegende Gericht zu Recht auf eine systematische Auslegung der Verordnung Nr. 1/2003. Art. 5 steht in Kapitel II der Verordnung, das den Titel „Zuständigkeit“ trägt. Art. 4 dieses Kapitels betrifft die Zuständigkeit der Kommission, Art. 5 die Zuständigkeit der NWB und Art. 6 die Zuständigkeit der nationalen Gerichte. Während die Art. 4 und 6 einfach mit allgemeinen Formulierungen die Zuständigkeit der Kommission bzw. der nationalen Gerichte für die Art. 101 AEUV und 102 AEUV bestätigen, beschränkt Art. 5 die Zuständigkeit der NWB auf die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV und trifft ausdrücklich Bestimmungen dazu, in welcher Art und Weise die NWB die Art. 101 AEUV und 102 AEUV in Einzelfällen anwenden sollen (nämlich indem sie bestimmte Arten von Entscheidungen erlassen).(26)
33. Diese vorstehend vorgeschlagene Wortlautauslegung des Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 ist meines Erachtens nicht nur recht klar und einfach, sondern wird auch durch andere Vorschriften der Verordnung gestützt. Wichtig ist auch, den Wortlaut von Art. 5 mit dem von Art. 10 zu vergleichen.
34. Nach Art. 10 („Feststellung der Nichtanwendbarkeit“) kann die Kommission in Fällen, in denen es aus Gründen des öffentlichen Interesses der Union im Bereich der Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV erforderlich ist, von Amts wegen durch Entscheidung feststellen, dass Art. 101 AEUV auf eine Vereinbarung, einen Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine abgestimmte Verhaltensweise keine Anwendung findet, weil die Voraussetzungen seines Abs. 1 nicht vorliegen oder weil die seines Abs. 3 erfüllt sind. Die Kommission kann eine solche Feststellung auch in Bezug auf Art. 102 AEUV treffen.(27) Entscheidungen nach Art. 10 sind hilfreich, um die kohärente Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union zu gewährleisten, weil sie eine Wirkung auf andere ausführende Behörden haben.(28)
35. Hieraus folgt, dass der Unionsgesetzgeber mit der Verordnung Nr. 1/2003 der Kommission die ausschließliche Zuständigkeit zum Erlass von negativen Entscheidungen in der Sache (Nichtanwendbarkeitsentscheidungen) übertragen hat.
36. Diese Auslegung wird gestützt durch den 14. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003, wonach es in Ausnahmefällen, wenn es das öffentliche Interesse der Gemeinschaft gebietet, auch zweckmäßig sein kann, dass die Kommission eine Entscheidung deklaratorischer Art erlässt, mit der die Nichtanwendung des in Art. 101 AEUV oder in Art. 102 AEUV verankerten Verbots festgestellt wird, um die Rechtslage zu klären und eine einheitliche Rechtsanwendung in der Gemeinschaft sicherzustellen, und dies insbesondere in Bezug auf neue Formen von Vereinbarungen oder Verhaltensweisen gilt, deren Beurteilung durch die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungspraxis noch nicht geklärt ist. Hinsichtlich des Erfordernisses der Anwendung nur in Ausnahmefällen erscheint die Annahme vertretbar, dass dies eines der Ziele der Verordnung Nr. 1/2003 widerspiegelt, das darin besteht, den Weg zum Übergang zur Selbstbeurteilung zu ebnen.(29)
37. Ferner verpflichtete die Verordnung Nr. 1/2003 die Kommission zur Erstellung eines Berichts über deren Funktionieren bis zum 1. Mai 2009, also fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten. In einem Arbeitspapier, das diesen Bericht begleitete(30), teilt die Kommission mit, dass sie bisher noch keine Entscheidung nach Art. 10 erlassen habe; dies hat die Kommission auch in der mündlichen Verhandlung vom September 2010 bestätigt. Darüber hinaus schließt die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse der [Union]“ in dieser Bestimmung die Möglichkeit aus, dass solche Entscheidungen zulässigerweise im Interesse einzelner Unternehmen erlassen werden könnten; das Ziel besteht also darin, einer Verwendung dieses Instruments als Ersatz für die Freistellungsentscheidung nach dem vormaligen System entgegenzutreten. Art. 10 ist auf Ausnahmefälle beschränkt und dient zur Klärung der Rechtslage sowie zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung innerhalb der Europäischen Union(31), insbesondere dazu, (i) bestimmte Ansätze einer NWB „zu korrigieren“ bzw. (ii) dem Netzwerk (ECN) Orientierungshilfe zu geben, wie bestimmte Fälle zu behandeln sind. Interessanterweise erläutert die Kommission in dem Bericht, dass dieses ex ante vorgesehene Mittel zur Gewährleistung von Einheitlichkeit in der Praxis allerdings weitgehend durch die weitreichenden Bemühungen des Netzwerks (ECN) um eine Förderung der kohärenten Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union überholt worden sei. Die Bedeutung, die das Netzwerk (ECN) als erfolgreiches Forum für die Erörterung grundsätzlicher Fragen erlangt hat, war augenscheinlich zum Zeitpunkt des Erlasses von der Verordnung Nr. 1/2003 noch nicht vorhergesehen worden. Damit bestand für die Kommission kein Grund für ein Vorgehen nach Art. 10, weil die Anwendung dieser Vorschrift bisher nicht erforderlich geworden ist.
38. Meines Erachtens hat der Unionsgesetzgeber in der Tat absichtlich und ausdrücklich vorgesehen, dass der Erlass von Entscheidungen, mit denen ein Verhalten für rechtmäßig erklärt wird, (i) nur durch die Kommission erfolgen kann, (ii) wenn das öffentliche Interesse der EU dies erfordert und nur im Rahmen der Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV, (iii) wenn die Kommission von Amts wegen handelt und (iv) nur in Ausnahmefällen.(32)
39. Interessant könnte in diesem Zusammenhang auch eine Auseinandersetzung mit dem Weißbuch der Kommission über die Modernisierung der Vorschriften zur Anwendung der Art. [81 EG] und [82 EG] vom 28. April 1999 sein, das der Vorläufer der Modernisierung durch die Verordnung Nr. 1/2003 war.(33) Die „Feststellung der Nichtanwendbarkeit“ wurde zuerst in dem Weißbuch vorgeschlagen, nachdem diese Frage innerhalb der Kommission bereits seit 1997 diskutiert worden war, zunächst in einer kleinen Arbeitsgruppe, die sich mit Problemen des Anmeldesystems nach der Verordnung Nr. 17 befasste.(34) Die Kommission erhielt zahlreiche Stellungnahmen zum Weißbuch und legte ihren Vorschlag schließlich im Jahr 2000 vor.
40. Das Weißbuch schlug vor, dass die Kommission nicht mehr zum Erlass von Freistellungsentscheidungen nach Art. 81 Abs. 3 EG befugt sein solle, regte aber im Weiteren an, dass der Kommission gestattet werden solle, „Einzelentscheidungen zu treffen, die keine Verbotsentscheidungen sind“, und führte hierzu aus: „Wenn nämlich ein bestimmtes Vorhaben eine neuartige Problematik aufwirft, kann es notwendig werden, die Marktteilnehmer über die Politik der Kommission gegenüber bestimmten Formen der Wettbewerbsbeschränkung zu unterrichten. Derartige Positiventscheidungen würden aus Gründen des Allgemeininteresses und nur ausnahmsweise ergehen. … Diese Entscheidungen werden feststellender Art sein und dieselbe Rechtswirkung haben wie die gegenwärtigen Entscheidungen zur Erteilung eines Negativattests.“ Eine Gruppe von Mitgliedstaaten brachte ihre Besorgnis hinsichtlich der Gefahr zum Ausdruck, dass solche Positiventscheidungen den Weg zu einer Wiedereinführung des Anmeldesystems ebnen könnten, weil diese mit einem Legalausnahmesystem schwer vereinbar seien. Eine andere Gruppe von Mitgliedstaaten schlug vor, dass auch die NWB ermächtigt werden sollten, solche Positiventscheidungen zu treffen.(35)
41. Als Reaktion auf diese Problemstellungen rechtfertigte die Begründung des Vorschlags der Kommission die Nichtanwendbarkeitsentscheidungen damit, dass „[b]ei dem … Legalausnahmesystem … die Hauptaufgaben der Kommission darin bestehen, Zuwiderhandlungen zu verfolgen und durch allgemeine Maßnahmen wie Gruppenfreistellungsverordnungen und Leitlinien die Wettbewerbspolitik weiterzuentwickeln und die einheitliche Anwendung der Wettbewerbsregeln zu fördern“. Sie führte aus, dass Nichtanwendbarkeitsentscheidungen von der Kommission „ausschließlich von Amts wegen und aus Gründen des öffentlichen Interesses der [Union] erlassen werden [können]. Nichtanwendbarkeitsentscheidungen können also nicht auf Antrag von Unternehmen ergehen. Eine solche Möglichkeit würde nämlich das Hauptziel der Reform ernsthaft in Gefahr bringen[(36)], die Tätigkeit aller Wettbewerbsbehörden auf das, was verboten ist, zu konzentrieren. In dem dezentralisierten System hat die Kommission als Hüterin der Verträge und Zentralbehörde eine besondere Rolle zu spielen, indem sie wettbewerbspolitische Vorgaben entwickelt und gewährleistet, dass die Artikel [101 AEUV und 102 AEUV] überall im Binnenmarkt einheitlich angewandt werden. Dazu ist es erforderlich, die Kommission zum Erlass von Positiventscheidungen zu ermächtigen, wenn dies das [Unions]interesse verlangt. So kann die Kommission insbesondere dann durch Entscheidung feststellen, dass die Artikel [101 AEUV und 102 AEUV] nicht anwendbar sind, wenn es sich um neuartige Kategorien von Vereinbarungen und Verhaltensweisen oder aber um Fragen handelt, die in der Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis noch nicht geregelt worden sind.“
42. Die hier vertretene Auslegung der einschlägigen Vorschriften wird auch durch die Ausführungen in jüngeren Schlussanträgen der Generalanwälte und in der Unionsrechtsprechung bestätigt.
43. Zunächst hat Generalanwältin Kokott in der Rechtssache T‑Mobile Netherlands u. a.(37) die Bedeutung einer einheitlichen Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union nach dem Erlass der Verordnung Nr. 1/2003 betont, dass „die Wettbewerbsregeln der Art. [101 AEUV und 102 AEUV] seit dem 1. Mai 2004[(38)] in einem dezentralen System angewandt werden, das maßgeblich auf die Mitwirkung der NWB und [der nationalen] Gerichte angewiesen ist[(39)]. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die einheitliche Anwendung der Wettbewerbsregeln in der [Union] gewährleistet bleibt. Nicht nur dem fundamentalen Ziel gleicher Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen auf dem europäischen Binnenmarkt, sondern auch dem Anliegen eines gleichmäßigen Schutzes der Verbraucherinteressen in der gesamten [Union] würde es zuwiderlaufen, wenn es bei der Durchsetzung der Wettbewerbsregeln gemäß Art. [101 AEUV und 102 AEUV] zu allzu großen Abweichungen zwischen den Behörden und Gerichten der Mitgliedstaaten käme. Deswegen zieht sich das Ziel der einheitlichen Anwendung von Art. [101 AEUV und 102 AEUV] auch wie ein roter Faden durch die Verordnung Nr. 1/2003.“
44. Zweitens hat Generalanwalt Mengozzi in der Rechtssache X(40) darauf hingewiesen, dass „der Begriff der Kohärenz oder, genauer, der Ausdruck ‚kohärente Anwendung‘ hinreichend elastisch [erscheint], so dass in den Anwendungsbereich des in Art. 15 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Mechanismus Sachverhalte einbezogen werden können, bei denen ein nationales Gericht die einheitliche oder sogar wirksame Anwendung der [Art. 101 AEUV oder Art. 102 AEUV] gefährdet oder gefährden könnte … Eine solche Lösung wäre umso angemessener, als die Ziele der Verordnung Nr. 1/2003 darin bestehen, für eine wirksame und einheitliche Anwendung der Art. [101 AEUV und 102 AEUV] zu sorgen…, in deren Kontext die Kommission im Hinblick auf die ihr durch das [Unions]recht übertragene Überwachungsaufgabe[(41)] eine entscheidende Funktion erfüllt[(42)]. …[D]er Übergang von einer besonders zentralisierten Anwendung der Art. [101 AEUV und 102 AEUV], wie sie nach der Verordnung Nr. 17 … bestand, auf eine Regelung der dezentralisierten Durchführung des Wettbewerbsrechts der [Union], wie sie durch die Verordnung Nr. 1/2003 eingeführt wurde, [erfordert] die Schaffung von Mechanismen …, die geeignet sind, eine ‚wirksame‘, ‚einheitliche‘ und/oder ‚kohärente‘ Anwendung der Art. [101 AEUV und 102 AEUV], je nach den verschiedenen in der Verordnung Nr. 1/2003 verwendeten Ausdrücken, sicherzustellen … Zudem gehören zu diesen Mechanismen auch die der Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten einerseits und der Kommission sowie den [NWB] andererseits, die in Art. 15 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen ist.“
45. Drittens sind ähnliche Punkte auch schon in der Unionsrechtsprechung betont worden.(43)
46. Es ist darauf hinzuweisen, dass die besondere Stellung, die Art. 10 in der Verordnung Nr. 1/2003 eingeräumt wird, sich auch daraus ergibt, dass diese Bestimmung im Gegensatz zu deren Art. 5 nicht als Rechtsgrundlage für die Beendigung eines Verfahrens in einem Einzelfall konzipiert ist. Die Vorschrift ist vielmehr dafür gedacht, die Kommission in die Lage zu versetzen, sich zu neu aufgekommenen Fragen im Wettbewerbsrecht der Union zu äußern, und hat also mit der Prüfung eines konkreten Einzelfalls grundsätzlich nichts zu tun.
47. Aus der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt sich eindeutig, dass – auch wenn dieser der Gedanke paralleler(44) Zuständigkeiten der Kommission und der NWB sowie der Bildung eines Netzwerks unter diesen zugrunde liegt, welches das Wettbewerbsrecht der Union in enger Zusammenarbeit anwendet – die Stellung der Kommission sich von derjenigen der NWB im Ergebnis doch abhebt, und zwar zunächst dadurch, dass die Kommission die Befugnis hat, Nichtanwendbarkeitsentscheidungen nach Art. 10 der Verordnung Nr. 1/2003(45) zu erlassen, dann dadurch, dass nach der Regelung in ihrem Art. 11 Abs. 6 die Einleitung eines Verfahrens durch die Kommission den NWB die Zuständigkeit in der gleichen Sache entzieht, und schließlich durch die Regelung in Art. 16 Abs. 2 dieser Verordnung, nach der die NWB keine Entscheidungen treffen dürfen, die einer vorherigen Entscheidung der Kommission zu der gleichen Vereinbarung oder Verhaltensweise widersprechen. Diese drei Unterschiede haben alle einen Bezug zur besonderen Rolle der Kommission bei der Klärung der Rechtslage und Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung innerhalb der Union, wie dies in Art. 105 Abs. 1 AEUV (früher Art. 85 Abs. 1 EG) vorgesehen ist.(46)
48. Ich vertrete (mit der polnischen Regierung und der Kommission) die Ansicht, dass die Auffassung, wonach NWB nicht befugt sind, Nichtanwendbarkeitsentscheidungen zu treffen, mit dem Ziel der einheitlichen Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union im Einklang steht und durch die Tatsache unterstützt wird, dass die Feststellung der Nichtanwendbarkeit nicht zu den Arten von Entscheidungen gehört, die in Art. 11 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 aufgezählt werden; vorgesehen ist dort, dass die NWB die Kommission vor Erlass einer Entscheidung unterrichten (wobei dies eindeutig nur auf die in Art. 11 Abs. 4 aufgezählten Arten von Entscheidungen bezogen ist, die Auswirkungen auf die Einheitlichkeit der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union haben können).(47) Andernfalls hätte die Kommission keine Möglichkeit, die einheitliche Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union sicherzustellen und/oder ein Verfahren nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 in Fällen einzuleiten(48), in denen die Gefahr einer uneinheitlichen Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union besteht.
49. Meines Erachtens folgt aus den vorstehenden Erwägungen, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 als Kompromiss anzusehen ist, den der Unionsgesetzgeber nach einem langwierigen Gesetzgebungsverfahren gefunden hat.
50. Meine Untersuchung zeigt, dass die NWB nicht ermächtigt sind, Nichtanwendbarkeitsentscheidungen im Zusammenhang mit den Art. 101 AEUV und 102 AEUV zu treffen.(49) Von geringer Bedeutung ist auch, dass das nationale Verfahrensrecht solche Negativentscheidungen für nach nationalem Wettbewerbsrecht bestehende Verbote gestattet. Der Grundsatz der Verfahrensautonomie rechtfertigt keine Erweiterung der Befugnisse hinsichtlich der Entscheidungen, die die NWB nach der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen können.
51. Ich stimme der Ansicht des vorlegenden Gerichts zu, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 dahin auszulegen ist, dass die Wendung „entscheiden, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden“ eindeutig eine andere auszusprechende Entscheidung bezeichnet als die Feststellung, dass ein Verstoß gegen Art. 102 AEUV nicht vorgelegen habe. Wie vorstehend ausgeführt, hat der Unionsgesetzgeber für die NWB absichtlich nicht die Möglichkeit vorgesehen, Entscheidungen zu erlassen, mit denen die Feststellung getroffen wird, dass ein Verstoß gegen Art. 102 AEUV nicht vorliegt. Es wird auch aus der Begründung des Vorschlags der Kommission für die Verordnung Nr. 1/2003 hinsichtlich der Frage der Befugnisse der NWB deutlich, dass in Fällen wie dem vorliegenden – in denen die NWB feststellt, dass das Verhalten eines Unternehmens keinen Verstoß gegen Art. 102 AEUV darstellt – die Behörde das „Verfahren einstellen“ oder „die Beschwerde zurückweisen“ kann, indem sie entscheidet, dass für sie kein Grund zum Tätigwerden besteht (S. 16 des Vorschlags) und dass „ [k]eine dem Netz angehörende NWB … ermächtigt werden [darf], bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln der [Union] konstitutive Freistellungsentscheidungen zu erlassen“ (S. 12).
52. Nach alledem ist Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 dahin auszulegen, dass die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats in einem Fall, in dem sie nach Durchführung eines Verfahrens festgestellt hat, dass das Unternehmen nicht gegen das Verbot des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung gemäß Art. 102 AEUV verstoßen hat, keine Entscheidung erlassen kann, mit der festgestellt wird, dass eine Verhaltensweise nicht gemäß Art. 102 AEUV wettbewerbsbeschränkend ist.
Zweite Vorlagefrage
53. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 eine unmittelbare Rechtsgrundlage für eine NWB dafür darstellt, das bei ihm anhängige Verfahren in einem Fall wie dem beim vorlegenden Gericht anhängigen einzustellen, indem sie entscheidet, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden, wenn der Erlass einer negativen Entscheidung zur Begründetheit nach nationalem Recht vorgesehen ist.
54. Wie vorstehend ausgeführt, hat der Gerichtshof sowohl im Urteil Otto(50) als auch im Urteil GT-Link(51) entschieden, dass „[f]ür die Anwendung [von Art. 102 AEUV] durch die nationalen Behörden … grundsätzlich die nationalen Verfahrensvorschriften [gelten]“. In seiner Entscheidung in der Rechtssache Otto hat der Gerichtshof jedoch hinzugefügt, dass sich „[v]orbehaltlich der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts und insbesondere seiner fundamentalen Grundsätze … die für die Gewährleistung der Verteidigungsrechte der Betroffenen geeigneten Verfahrensmodalitäten nach nationalem Recht [bestimmen]. Diese Garantien können von denen abweichen, die in [unions]‑rechtlichen Verfahren gelten.“(52)
55. Die Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde vertreten daher zu Recht die Ansicht, dass in einem Fall wie demjenigen, der hier von dem vorlegenden Gericht zu entscheiden ist, in dem die Voraussetzungen für eine Verbotsentscheidung nicht gegeben sind, Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 die NWB dazu verpflichten, Art. 102 AEUV anzuwenden, indem sie das bei ihnen anhängige Verwaltungsverfahren mit der Feststellung beenden, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden. Aus den Ausführungen zur ersten Frage folgt nämlich, dass angesichts der Bedeutung der Sicherstellung einer einheitlichen Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union innerhalb der gesamten Union die Tatsache, dass das Wettbewerbsrecht eines Mitgliedstaats die NWB (noch) nicht ausdrücklich dazu ermächtigt, eine solche Entscheidung zu erlassen, die Verpflichtungen des Mitgliedstaats nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 unberührt lässt.(53)
56. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1/2003 – wie alle Verordnungen – in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar ist.(54) Zweitens verpflichtet der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts(55) das vorlegende Gericht dazu, die Vorschriften des nationalen Rechts dort nicht anzuwenden, wo diese im Widerspruch zum Unionsrecht stehen, sondern stattdessen das Unionsrecht anzuwenden. Nach der Rechtsprechung ist demnach auch ein nationales Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden hat, gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt, selbst wenn diese erst später erlassen worden ist. Das Gericht muss nicht die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten.(56) Wie die EFTA-Überwachungsbehörde zu Recht vorgetragen hat, trifft dieselbe Verpflichtung in entsprechender Weise auch die NWB, die nationales Recht ebenfalls nicht anwenden dürfen, wenn dieses im Widerspruch zum Unionsrecht steht.
57. Sodann ist logisch, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 unmittelbar anwendbar sein muss – die Vorschrift überträgt allen NWB ab 1. Mai 2004 die gleichen Entscheidungsbefugnisse, ohne dass eine Umsetzung von Art. 5 in nationales Recht abgewartet werden müsste.(57)
58. Um schließlich nur wenige konkrete Beispiele zu nennen, sei auf die NWB Deutschlands, Italiens und Belgiens verwiesen, die die Verordnung Nr. 1/2003 bereits unmittelbar angewandt haben. Zunächst wandte das Bundeskartellamt Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 schon an, bevor die 7. Änderung des deutschen Wettbewerbsgesetzes in Kraft trat.(58) Dann wandte die Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato Art. 5 der Verordnung direkt an und traf eine Entscheidung, mit der einstweilige Maßnahmen zu einem Zeitpunkt angeordnet wurden, als diese im italienischen Recht noch nicht vorgesehen waren.(59) Diese Entscheidung wurde durch das TAR del Lazio am 6. Dezember 2005 bestätigt. Schließlich vertrat der Conseil de la concurrence die Auffassung, dass er die Durchführungsbefugnisse auch ohne eine ausdrückliche Zuständigkeitszuweisung durch das nationale Recht und in Abweichung von entgegenstehenden Vorschriften des nationalen Rechts ausüben könne. Diese Ansicht betraf die Befugnis zur Annahme von Verpflichtungserklärungen, einer der Arten von Entscheidungen des Katalogs in Art. 5, die aber nach belgischem Recht nicht vorgesehen war. Der Conseil de la concurrence leitete für sich selbst aus der unmittelbaren Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1/2003 eine Befugnis „wie nach Art. 9“ ab.(60)
59. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 unmittelbar anwendbar ist und die NWB das bei ihr anhängige Verfahren im Wege einer prozessualen Entscheidung mit der Feststellung beenden kann, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden.
IV – Ergebnis
60. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die vom Sąd Najwyższy vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:
1. Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 [EG] (jetzt Art. 101 AEUV und 102 AEUV) niedergelegten Wettbewerbsregeln ist dahin auszulegen, dass die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats nicht zum Erlass einer Entscheidung befugt ist, mit der festgestellt wird, dass eine Verhaltensweise nicht wettbewerbsbeschränkend im Sinne von Art. 102 AEUV ist, wenn sie nach Durchführung eines Verfahrens befindet, dass das Unternehmen nicht gegen das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung nach dieser Vertragsbestimmung verstoßen hat.
2. Wenn nach den der Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats vorliegenden Informationen die Voraussetzungen für eine Verbotsentscheidung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht gegeben sind, kann die Wettbewerbsbehörde das bei ihr anhängige Verfahren beenden, indem sie entscheidet, dass für sie kein Anlass besteht, tätig zu werden.