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Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzgerichts (Österreich) eingereicht am 30. März 2021 - DN gegen Finanzamt Österreich

(Rechtssache C-199/21)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Bundesfinanzgericht

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: DN

Beklagter: Finanzamt Österreich

Vorlagefragen:

Frage 1:

Frage 1, die sich gemeinsam mit Frage 2 stellt:

Ist die Wortfolge „für die Rentengewährung zuständige[r] Mitgliedstaat“ im zweiten Satz des Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/20041 in der durch die Verordnung (EU) Nr. 465/20122 geänderten Fassung dahingehend auszulegen, dass damit jener Mitgliedstaat gemeint ist, der zuvor als Beschäftigungsstaat für die Familienleistungen zuständig war und der nunmehr zu Leistung der Altersrente, deren Anspruch auf die auf seinem Hoheitsgebiet vorangegangene Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit beruht, verpflichtet ist?

Frage 2:

Ist die Wortfolge des Art. 68 Abs. 1 Buchst. b) ii) der Verordnung Nr. 883/2004 „Ansprüche, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden“ dahingehend auszulegen, dass ein Familienleistungsanspruch dann als durch den Bezug einer Rente ausgelöst anzusehen ist, wenn erstens die unionsrechtlichen ODER mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften für den Anspruch auf Familienleistung den Bezug einer Rente als Tatbestandsmerkmal vorsehen und zweitens darüber hinaus das Tatbestandsmerkmal des Rentenbezugs auf der Tatsachenebene tatsächlich erfüllt wird, so dass ein „schlichter Rentenbezug“ dem Art. 68 Abs. 1 Buchst. b) ii) der Verordnung Nr. 883/2004 nicht unterfällt und der betroffene Mitgliedstaat aus unionsrechtlicher Sicht nicht als „Rentenstaat“ anzusehen ist?

Frage 3, die sich alternativ zu Fragen 1 und 2 stellt, wenn für die Auslegung des Begriffs Rentenstaat der schlichte Rentenbezug ausreicht:

Ist im Fall des Bezugs einer Altersrente, deren Anspruch im Anwendungsbereich der Wanderarbeitnehmerverordnungen sowie davor durch Ausübung einer Beschäftigung in einem Mitgliedstaat in einem Zeitraum, als entweder der Wohnortstaat allein oder beide Staaten noch nicht Mitgliedstaaten der Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums waren, die Wortfolge „erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren“ in Art. 68 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz der Verordnung Nr. 883/2004 im Lichte des Urteils des Gerichtshofs vom 12. Juni 1980, Laterza (C-733/79), zu verstehen, so dass durch das Unionsrecht auch bei Rentenbezug die Familienleistung im höchstmöglichen Ausmaß garantiert wird?

Frage 4:

Ist Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 987/20093 dahingehend auszulegen, dass er § 2 Abs. 5 FLAG 1967, demzufolge im Fall der Scheidung der Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag solange dem haushaltsführenden Elternteil zusteht, wie das volljährige und studierende Kind dessen Haushalt zugehört, der jedoch weder im Wohnortstaat noch im Rentenstaat einen Antrag gestellt hat, entgegensteht, so dass der andere Elternteil, der als Rentner in Österreich wohnt und die ausschließliche Geldunterhaltslast für das Kind tatsächlich trägt, den Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag beim Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig anzuwenden sind, unmittelbar auf Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 stützen kann?

Frage 5, die sich gemeinsam mit Frage 4 stellt.

Ist Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 ferner dahingehend auszulegen, dass für die Begründung der Parteistellung des Unionsarbeitnehmers im mitgliedstaatlichen Familienleistungsverfahren auch erforderlich ist, dass er überwiegend den Unterhalt im Sinne des Art. 1 Buchst. i) Ziffer 3 der Verordnung Nr. 883/2004 trägt?

Frage 6:

Sind die Bestimmungen über das Dialogverfahren gemäß Art. 60 der Verordnung Nr. 987/2009 dahingehend auszulegen, dass ein solches von den Trägern der beteiligten Mitgliedstaaten nicht nur im Fall der Gewährung von Familienleistungen, sondern auch im Fall von Rückforderungen von Familienleistungen zu führen ist?

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1 Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1).

2 Verordnung (EU) Nr. 465/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (ABl. 2012, L 149, S. 4).

3 Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2009, L 284, S. 1).