Language of document : ECLI:EU:T:2023:268

URTEIL DES GERICHTS (Einzelrichterin)

17. Mai 2023(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke ACASA – Absoluter Nichtigkeitsgrund – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001) – Begründungspflicht – Art. 94 der Verordnung 2017/1001“

In der Rechtssache T‑267/22,

Consulta GmbH mit Sitz in Cham (Schweiz), vertreten durch Rechtsanwalt M. Kinkeldey und Rechtsanwältin S. Brandstätter,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Eberl und E. Nicolás Gómez als Bevollmächtigte,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelfer vor dem Gericht:

Mario Karlinger, wohnhaft in Sölden (Österreich), vertreten durch Rechtsanwälte M. Mungenast und K. Riedmüller,

erlässt

DAS GERICHT (Einzelrichterin)

Richterin: P. Škvařilová-Pelzl,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. März 2023

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Consulta GmbH, die Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 24. Januar 2022 (Sache R 487/2021‑1) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 2. Dezember 2019 stellte der Streithelfer, Herr Mario Karlinger, beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung der Unionsmarke, die für das Wortzeichen ACASA auf eine Anmeldung vom 6. Februar 2009 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, die ihrerseits durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1] ersetzt wurde) eingetragen worden war.

3        Die Nichtigerklärung wurde für folgende von der angegriffenen Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 43 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung begehrt: „Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen in Hotels, Restaurants und Bars; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Hoteldienstleistungen“.

4        Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde auf die in Art. 59 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sowie die in Art. 60 Abs. 2 Buchst. c und d dieser Verordnung genannten Gründe gestützt.

5        Am 19. Januar 2021 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit auf Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 statt.

6        Am 17. März 2021 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

7        Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die angegriffene Marke für die fraglichen Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 besitze. Die Beschwerdekammer ging davon aus, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise sowohl aus Durchschnittsverbrauchern als auch aus Fachverkehrskreisen im Bereich Beherbergungs- und Verpflegungsdienstleistungen zusammensetzten, so dass der Aufmerksamkeitsgrad der genannten Verkehrskreise von durchschnittlich bis erhöht variieren könne. Im Ergebnis nahm die Beschwerdekammer an, dass die angegriffene Marke aus Wörtern des italienischen Grundwortschatzes zusammengesetzt sei, womit die Prüfung auf den italienischsprachigen Teil der Verkehrskreise beschränkt werden könne. Die in der angegriffenen Marke zusammengeschriebenen italienischen Wörter, mithin „a“ (zu, in) und „casa“ („Haus, Wohnung“ oder auch „zu Hause“), würden vom italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise schlicht als eine Aussage mit anpreisendem und werbendem Charakter verstanden, die die positiven Eigenschaften der fraglichen Dienstleistungen herausstellen solle. Folglich werde die angegriffene Marke vom bezeichneten Teil der maßgeblichen Verkehrskreise aufgrund der ihr eigenen Bedeutung sofort als Werbeslogan und nicht als Marke wahrgenommen. Ihr fehle es somit für sämtliche fraglichen Dienstleistungen an Unterscheidungskraft.

 Anträge der Parteien

8        Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

9        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        die Klägerin – im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung – zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

10      Der Streithelfer beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zu dem in zeitlicher Hinsicht anwendbaren Recht

11      Da für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der in Rede stehenden Anmeldung, hier der 6. Februar 2009, maßgeblich ist, sind auf den Sachverhalt die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 40/94 anwendbar (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 5. Oktober 2004, Alcon/HABM, C‑192/03 P, EU:C:2004:587, Rn. 39 und 40, sowie Urteil vom 23. April 2020, Gugler France/Gugler und EUIPO, C‑736/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:308, Rn. 3 und die dort angeführte Rechtsprechung).

12      Im Übrigen unterliegt der Rechtsstreit den Verfahrensvorschriften der Verordnung 2017/1001, da nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

13      Folglich sind vorliegend, was die materiell-rechtlichen Vorschriften angeht, die Bezugnahmen auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 59 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 durch die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung sowie durch das EUIPO und den Streithelfer in ihren Schriftsätzen als Bezugnahmen auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 zu verstehen, wo immer diese Regelungen inhaltlich identisch sind.

 Zur Begründetheit

14      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) und zweitens einen Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 94 der Verordnung 2017/1001 rügt. Vor der Prüfung des ersten Klagegrundes, mit dem eine Verletzung materiell-rechtlicher Vorschriften geltend gemacht wird, ist zunächst der zweite Klagegrund zu prüfen, mit dem ein Verstoß gegen eine wesentliche Formvorschrift gerügt wird.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 94 der Verordnung 2017/1001

15      Im Rahmen des zweiten, auf einen Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 94 der Verordnung 2017/1001 gestützten Klagegrundes erhebt die Klägerin drei getrennte Rügen.

16      Mit der ersten Rüge macht sie geltend, die Mitteilung des EUIPO über die an sie erfolgte Zustellung der angefochtenen Entscheidung habe eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung enthalten, da in dieser Mitteilung unrichtigerweise auf Art. 75 der Verordnung 2017/1001, der sich auf die Satzung der Unionskollektivmarke beziehe, verwiesen worden sei, statt auf Art. 72 der Verordnung, der sich auf die Klage beim Gerichtshof der Europäischen Union beziehe. Infolge dieses Fehlers sei die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Möglichkeit zur Klageerhebung unzureichend begründet.

17      Mit der zweiten Rüge bringt die Klägerin vor, die angefochtene Entscheidung leide an einem Begründungsmangel, der sich auf die widersprüchlichen Angaben beziehe, die sich in deren Rn. 13, 14 und 46 fänden und die Gründe beträfen, aus denen der Beschwerde stattgegeben worden sei. In den Rn. 13 und 14 der angefochtenen Entscheidung habe die Beschwerdekammer nämlich festgestellt, dass die Beschwerde gemäß den Art. 66, 67 und 68 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 „zulässig und auch begründet“ sei. In Rn. 46 der Entscheidung sei die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung jedoch bestätigt und der auf Art. 51 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 40/94 gestützten Beschwerde „vollständig stattgegeben“ worden. Aufgrund dieser widersprüchlichen Ausführungen erfülle die angefochtene Entscheidung das Erfordernis einer klaren und eindeutigen Begründung nicht.

18      Mit der dritten Rüge macht die Klägerin geltend, die angefochtene Entscheidung leide auch insofern an einem Begründungsmangel, als die Beschwerdekammer für die fraglichen Dienstleistungen keinen eindeutigen Sinngehalt angegeben habe, der der angegriffenen Marke für den italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise zukomme.

19      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und beantragt, den zweiten Klagegrund zurückzuweisen. Der Streithelfer hat zu diesem Klagegrund keine Stellung genommen.

20      Nach Art. 94 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2017/1001 sind die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen. Diese Pflicht hat den gleichen Umfang wie die Begründungspflicht in Art. 296 AEUV, wonach die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts klar und eindeutig zum Ausdruck kommen müssen. Sie soll dem doppelten Ziel dienen, die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme zu unterrichten, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und es dem Unionsrichter zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen. Die Begründung kann allerdings stillschweigend erfolgen, sofern sie es den Beteiligten ermöglicht, die Gründe für den Erlass der Entscheidung der Beschwerdekammer zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Informationen verschafft, um seine Kontrolle auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. März 2020, Maternus/EUIPO – adp Gauselmann [Jokers WILD Casino], T‑321/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:101, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. Oktober 2022, MCO [IP]/EUIPO – C8 [C2], T‑461/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:624, Rn. 52). In diesem Sinne brauchen in der Begründung nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 7. Juni 2017, Mediterranean Premium Spirits/EUIPO – G-Star Raw [GINRAW], T‑258/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:375, Rn. 88).

21      Zudem schreibt die Begründungspflicht den Beschwerdekammern nicht vor, bei ihren Ausführungen alle von den Parteien vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Es genügt, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen darlegen, die für die Systematik der Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind (vgl. Urteil vom 14. September 2022, Privatbrauerei Eichbaum/EUIPO – Anchor Brewing Company [STEAM], T‑609/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:563, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Weiterhin ist darauf zu verweisen, dass eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung nach der Rechtsprechung keinen Rechtsverstoß darstellt, der zur Aufhebung der Entscheidung, die diesen Mangel aufweist, führen könnte, und zwar insbesondere dann, wenn die Klägerin trotz der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung rechtswirksam beim Gericht Klage gegen diese Entscheidung erhoben hat (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 29. Juni 2022, Hochmann Marketing/EUIPO [bittorrent], T‑337/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:406, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Ferner ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass ein Schreibfehler, der die Parteien nicht daran hindert, die in Rede stehende Begründung der Beschwerdekammer korrekt nachzuvollziehen (Urteil vom 7. Juni 2018, Sipral World/EUIPO – La Dolfina [DOLFINA], T‑882/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:336, Rn. 28) oder diese Begründung und den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung nach einer Gesamtbetrachtung der Entscheidung zu erfassen (Beschluss vom 6. September 2016, Lidl Stiftung/EUIPO, C‑237/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:667, Rn. 56), keinen Mangel dieser Entscheidung darstellen kann, der ihre Aufhebung rechtfertigen würde.

24      Die drei von der Klägerin zur Stützung des zweiten Klagegrundes vorgebrachten Rügen sind anhand der oben in den Rn. 20 bis 23 angeführten Rechtsprechung zu behandeln.

25      In Entgegnung auf die erste Rüge ist anzumerken, dass sich – wie das EUIPO geltend macht und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat – aus dem Umstand, dass der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung die Bestimmung nicht mitgeteilt wurde, nach der sie diese Entscheidung vor dem Gericht angreifen kann, jedenfalls kein Begründungsmangel ableiten lässt, der eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen würde, da die Klägerin nicht daran gehindert war, gemäß Art. 72 der Verordnung 2017/1001 gegen die Entscheidung zu klagen.

26      Zur zweiten Rüge ist festzustellen, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, wie vom EUIPO zu Recht ausgeführt, nicht an den von der Klägerin behaupteten Widersprüchen leidet. Der Wortlaut von Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung beruht auf einem offensichtlichen Schreibfehler, der deren Aufhebung nicht rechtfertigen kann, da er bei einer Gesamtschau der Entscheidung leicht zu erkennen ist. Sowohl aus Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung als auch aus dem in dieser Entscheidung aufgeführten Ergebnis der Prüfung der Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke ergibt sich eindeutig und zweifelsfrei, dass die Beschwerdekammer der angegriffenen Marke eine fehlende Unterscheidungskraft attestiert hat. Im Einklang mit dieser Prüfung ist sie in Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass „[d]ie angefochtene Entscheidung [der Nichtigkeitsabteilung] bestätigt und die Beschwerde … insgesamt zurückgewiesen [werden muss]“. Die gegenteilige einleitende Bemerkung, wie sie irrtümlicherweise in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung geäußert wurde, lässt sich offensichtlich nicht mit der nachfolgenden Begründung und dem in der Entscheidung aufgeführten Ergebnis in Einklang bringen. Der geltend gemachte Fehler ist damit weder geeignet, den allgemeinen Sinn der angefochtenen Entscheidung zu verändern, noch ihr Verständnis durch die Klägerin zu beeinträchtigen, die im Übrigen erkannt hat, dass diese Entscheidung ihren Interessen zuwiderläuft, und sie in der Sache angegriffen hat, soweit mit ihr der angegriffenen Marke die Unterscheidungskraft abgesprochen wurde. Der gerügte Fehler kann mithin nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen, so dass das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen ist.

27      Zur dritten Rüge genügt die Feststellung, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 30, 32, 33 und 36 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass die angegriffene Marke für den italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf die in Rede stehenden Dienstleistungen eine klare Bedeutung habe. In den Rn. 30 und 31 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer die angegriffene Marke, in der zwei Wörter des italienischen Grundwortschatzes zusammengeschrieben sind, die vom italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in der Bedeutung „zu Hause“ verstanden werden, detailliert geprüft. In Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ferner hinreichend begründet dargelegt, dass dieser Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die geschilderte Bedeutung der angegriffenen Marke ohne gedankliche Anstrengung in Verbindung mit den fraglichen Dienstleistungen verstehe, selbst wenn die Marke in einem Wort geschrieben werde. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

28      Der zweite, in drei Rügen aufgeteilte Klagegrund ist damit als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

29      Im Rahmen des ersten Klagegrundes erhebt die Klägerin zwei getrennte Rügen.

30      Mit der ersten Rüge macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer sei fälschlicherweise zu dem Ergebnis gekommen, dass der angegriffenen Marke die für ihre Eintragung als Unionsmarke erforderliche Unterscheidungskraft fehle.

31      Hierzu macht sie geltend, der Beschwerdekammer sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als sie in der angefochtenen Entscheidung angenommen habe, dass die angegriffene Marke die Eigenschaften der fraglichen Dienstleistungen beschreibe und sich darauf beschränke, dem italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine werbliche Anpreisung zu vermitteln. In der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung finde sich wie auch in der angefochtenen Entscheidung keinerlei Beweis, der das in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Verständnis der angegriffenen Marke durch den italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise bestätigen würde.

32      Die Beschwerdekammer hätte einen solchen Beweis auch gar nicht führen können, da es das Wort „acasa“ im Italienischen nicht gebe und es somit für den italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen Phantasiebegriff darstelle. Die Beschwerdekammer habe die angegriffene Marke zudem mit der italienischen Wendung „a casa“ verwechselt und somit gegen ihre Verpflichtung verstoßen, die Marke, deren Nichtigerklärung bei ihr begehrt werde, in der Form zu prüfen, in der sie eingetragen worden sei. Im Übrigen habe die Beschwerdekammer nicht nachgewiesen, dass der italienischsprachige Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die angegriffene Marke zwingend in zwei Teile, und zwar „a“ und „casa“ aufgliedere.

33      Die angegriffene Marke spiele suggestiv auf die Eigenschaften der fraglichen Dienstleistungen an, ohne aber einer klaren Werbeaussage zu entsprechen. Die Beschwerdekammer sei in der angefochtenen Entscheidung nicht in der Lage gewesen, den werblichen Charakter der Marke darzulegen, ohne ihr weitere Worte hinzuzufügen, wie etwa „sentirsi a casa“ („sich wie zu Hause fühlen“) oder „mangiare come a casa“ („essen wie zu Hause“).

34      Selbst wenn angenommen werden sollte, dass der italienischsprachige Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die angegriffene Marke tatsächlich als eine orthografisch oder grammatikalisch falsche Wiedergabe des italienischen Ausdrucks „a casa“ im Sinne von „zu Hause“ wahrnehmen würde, so wäre dieser Ausdruck für die fraglichen Dienstleistungen, die nicht zu Hause erbracht würden, nicht beschreibend. Folglich würde die angegriffene Marke als Widerspruch wahrgenommen. Somit besäße die angegriffene Marke, selbst wenn sie vom italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in der Bedeutung „zu Hause“ wahrgenommen würde, Unterscheidungskraft.

35      Mit einer zweiten Rüge macht die Klägerin geltend, das EUIPO habe der internationalen Markenregistrierung Nr. 1 384 344 ACASA für die Europäische Union einschließlich Italien und Spanien für Waren der Klasse 9 Schutz gewährt. Zudem sei in Italien eine minimal stilisierte nationale Wort-/Bildmarke „acasa“ für Dienstleistungen der Klassen 38 und 41 eingetragen worden. Auch eine nationale spanische Marke ACASA sei für Dienstleistungen der Klasse 37 zur Eintragung zugelassen worden.

36      Das EUIPO und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen und beantragen, den ersten Klagegrund zurückzuweisen.

37      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Gemäß Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung finden die Vorschriften ihres Art. 7 Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.

38      Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne dieses Artikels im Übrigen, dass die Marke geeignet ist, die Ware oder die Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von den Waren oder den Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteil vom 22. Januar 2015, Pro-Aqua International/HABM – Rexair [WET DUST CAN'T FLY], T‑133/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:46, Rn. 38; vgl. auch Urteil vom 26. Oktober 2022, The Bazooka Companies/EUIPO – Bilkiewicz [Form eines Babyfläschchens], T‑273/21, EU:T:2022:675, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteile vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 22. Januar 2015, WET DUST CAN’T FLY, T‑133/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:46, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorliegenden Fall richten sich die in Rede stehenden Dienstleistungen an die breite Öffentlichkeit, die aus Durchschnittsverbrauchern wie auch aus Fachverkehrskreisen im Bereich Beherbergungs- und Verpflegungsdienstleistungen besteht, deren Aufmerksamkeitsgrad von durchschnittlich bis erhöht variiert. Diesen von der Klägerin im Übrigen nicht angegriffenen Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer ist beizupflichten.

41      Außerdem ist darauf zu verweisen, dass eine Marke, die aus einem Qualitätshinweis oder einem Anreiz zum Kauf der von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen besteht, keine Unterscheidungskraft hat, wenn sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen als bloßer Werbeslogan wahrgenommen wird. Wenn eine solche Marke über ihre Werbefunktion hinaus von den relevanten Verkehrskreisen ohne Weiteres als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen aufgefasst werden kann, ist ihr nach ständiger Rechtsprechung Unterscheidungskraft zuzusprechen (vgl. Urteil vom 31. Mai 2016, Jochen Schweizer/EUIPO [Du bist, was du erlebst.], T‑301/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:324, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Aus der Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass alle Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Anreize zum Kauf der mit diesen Marken bezeichneten Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, naturgemäß in mehr oder weniger großem Umfang eine, sei es auch einfache, Sachaussage enthalten und dennoch geeignet sind, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den betreffenden Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (vgl. Urteil vom 30. April 2015, Steinbeck/HABM – Alfred Sternjakob [BE HAPPY], T‑707/13 und T‑709/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:252, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Der erste Klagegrund ist anhand der oben in den Rn. 38 bis 42 angeführten Rechtsprechung zu prüfen.

44      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die angegriffene Marke aus zwei Wörtern des italienischen Grundwortschatzes besteht, nämlich „a“ und „casa“. Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass „casa“ für den italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen Eigennamen mit der Bedeutung „Haus“ und „a“ eine Präposition mit der Bedeutung „in etwas befindlich“ darstellt.

45      Der Umstand, dass die beiden Wörter „a“ und „casa“ in der angegriffenen Marke ohne Leerzeichen zusammengeschrieben sind, ändert nichts daran, dass der italienischsprachige Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in der Lage sein wird, sie zu erkennen.

46      Nach ständiger Rechtsprechung nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke nämlich zwar regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten. Ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen wird er dennoch in die Wortbestandteile zerlegen, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2021, Dr. Spiller/EUIPO – Rausch [Alpenrausch Dr. Spiller], T‑6/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:920, Rn. 98 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Zudem handelt es sich, wie das EUIPO zu Recht ausgeführt hat, bei der Aneinanderreihung zweier Begriffe ohne Leerzeichen um ein werbeübliches Mittel und nicht um ein sprachregelwidriges, sonst wie auffälliges oder gar unterscheidungskräftiges Merkmal.

48      Im vorliegenden Fall ändert der Umstand, dass der Begriff „acasa“ als solcher im Italienischen nicht existiert und in italienischen Wörterbüchern nicht aufgeführt ist, nichts daran, dass diesem Begriff keine Bedeutung zukommt, die über die der italienischen Wörter hinausginge, aus denen er gebildet ist und die nach ihrer Zusammenfügung vom italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise als ein Ausdruck verstanden werden, der „zu Hause“ bedeutet.

49      Die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach die angegriffene Marke vom italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in zwei italienische Wörter zerlegt werde, nämlich „a“ und „casa“, die den Ausdruck „a casa“ in der Bedeutung „zu Hause“ bilden, ist folglich zu bestätigen.

50      Das Verständnis der angegriffenen Marke im Sinne von „zu Hause“ ist insoweit, wie das EUIPO zu Recht ausgeführt hat, nicht vage. Im Gegenteil, es ist im Verhältnis zu den fraglichen Dienstleistungen eindeutig und klar.

51      Im Bereich von Beherbergungsdienstleistungen wird nämlich, wie das EUIPO richtigerweise angemerkt hat, üblicherweise mit wie „zu Hause“ geworben. Denn den Verbrauchern soll das Gefühl gegeben werden, sich wie „zu Hause“ zu fühlen. Verpflegungsdienstleistungen werden wiederum damit beworben, dass die servierten oder gelieferten Gerichte wie zu Hause (also besonders lecker) schmecken oder hausgemacht sind. Insoweit hat die Beschwerdekammer richtigerweise darauf hingewiesen, dass ein Zeichen nach der Rechtsprechung nicht nur dann anpreisend sein kann, wenn es für konkrete Eigenschaften wirbt, die den erfassten Waren und Dienstleistungen direkt zuzuordnen sind, sondern auch durch Werbung für ihre abstrakten Eigenschaften (vgl. Beschluss vom 17. Oktober 2016, Orthema Service/EUIPO [Gehen wie auf Wolken], T‑620/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:625, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die fraglichen, oben in Rn. 3 aufgeführten Dienstleistungen nicht zu Hause erbracht würden und dass die angegriffene Marke daher auf einem inneren Widerspruch zwischen ihrer Aussage und der Art der von ihr erfassten Dienstleistungen beruhe, was die Herstellung einer Verbindung zwischen der Marke und diesen Dienstleistungen nicht zulasse. Aufgrund dieses Widerspruchs sei die angegriffene Marke außerdem interpretationsbedürftig und löse bei dem italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise ein gedankliches Spannungsfeld und einen Denkprozess aus, der die Marke unterscheidungskräftig mache.

53      Die Beschwerdekammer hat jedoch in den Rn. 34 und 43 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die angegriffene Marke dem italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise bezogen auf die fraglichen Dienstleistungen augenblicklich das Gefühl vermittelt, zu Hause zu sein, sich wie zu Hause zu fühlen oder wie zu Hause zu speisen, und damit klar und unmissverständlich eine lobende Aussage zum Ausdruck bringt, die eine allen fraglichen Dienstleistungen gemeinsame positive Eigenschaft herausstellt.

54      Im vorliegenden Fall bringen das EUIPO und der Streithelfer berechtigterweise vor, dass die angegriffene Marke jedenfalls eine herkömmliche Werbeaussage darstellt, die nicht geeignet ist, beim italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen Denkprozess auszulösen und damit auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Dienstleistungen hinzuweisen; die Marke kann allenfalls als allgemeine Information dieses Teils der maßgeblichen Verkehrskreise über einen Bezug zum Dienstleistungssektor der Beherbergung und Bewirtung von Gästen dienen.

55      In jedem Fall ist die angegriffene Marke, wie der Streithelfer zu Recht ausführt, in ihrer Formulierung alleine nicht markant genug, um unterscheidungskräftig zu sein und um vom italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise als Herkunftshinweis für die fraglichen Dienstleistungen aufgefasst zu werden. Die Verbindung der Wörter „a“ und „casa“ schafft keine Wortneuschöpfung, die dem italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise durch ihren phantasievollen, überraschenden oder unerwarteten Charakter auffiele, da sie für den italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine positive Eigenschaft, die alle fraglichen Dienstleistungen gemeinsam haben, beschreibt, und zwar ohne von diesem Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen Interpretationsaufwand zu fordern. Auch wenn die fraglichen Dienstleistungen nicht zu Hause, sondern in Hotels oder in Restaurants angeboten werden, stellt diese Bedeutung im Verhältnis zu den fraglichen Dienstleistungen eine herkömmliche Werbeaussage zum Anpreisen der konkreten Eigenschaften der Dienstleistungen dar, die das Gefühl schafft, zu Hause zu sein, sich zu Hause zu fühlen oder wie zu Hause zu essen, die nicht geeignet ist, beim italienischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen Denkprozess auszulösen und folglich die Funktion einer Angabe der betrieblichen Herkunft dieser Dienstleistungen zu erfüllen.

56      Folglich ist im Ergebnis festzuhalten, dass die angegriffene Marke nicht geeignet ist, die fraglichen Dienstleistungen von denen anderer Anbieter zu unterscheiden, da sie lediglich einen bloßen Werbeslogan darstellt, dem keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 zukommt.

57      Was die zweite Rüge zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO durch das Gericht betrifft, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass das Gericht im Rahmen dieser Rechtmäßigkeitskontrolle nicht durch die Entscheidungspraxis des EUIPO gebunden ist. Die Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke sind im Übrigen gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Verwaltungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen (Urteile vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65, und vom 13. Juli 2022, dennree/EUIPO [BioMarkt], T‑641/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:446, Rn. 49 bis 51).

58      Das EUIPO ist verpflichtet, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, wie dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, auszuüben. Nach diesen Grundsätzen muss das EUIPO die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, wobei die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden muss. Im Übrigen muss die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 73 bis 75 und 77).

59      Schließlich, auch wenn weder die Verfahrensbeteiligten noch das Gericht daran gehindert sind, in ihre Auslegung des Unionsrechts Elemente einzubeziehen, die sich aus der nationalen Rechtsprechung ergeben, bindet Letztere den Unionsrichter nach gefestigter Rechtsprechung gleichwohl nicht, da die Unionsmarke ein autonomes System ist, dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (vgl. Urteil vom 9. März 2012, Ella Valley Vineyards/HABM – HFP [ELLA VALLEY VINEYARDS], T‑32/10, EU:T:2012:118, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil vom 23. Februar 2022, Lackmann Fleisch- und Feinkostfabrik/EUIPO – Schuju [Хозяйка], T‑185/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:89, Rn. 96).

60      Der erste Klagegrund ist anhand der oben in den Rn. 57 bis 59 angeführten Rechtsprechung zu prüfen.

61      Im vorliegenden Fall können weder der Umstand, dass das EUIPO der internationalen Marke Nr. 1 384 344 ACASA in der Europäischen Union und damit auch in Italien und in Spanien für Waren der Klasse 9 Schutz gewährt hat, noch die Eintragung der minimal stilisierten nationalen Wort-/Bildmarke acasa für Dienstleistungen der Klassen 38 und 41 in Italien sowie ACASA für Dienstleistungen der Klasse 37 in Spanien – wie von der Klägerin behauptet – als ein starkes Indiz für die Schutzfähigkeit der Marke ACASA angesehen werden.

62      Die Klägerin kann sich nämlich, wie das EUIPO mit Recht ausgeführt hat, nicht auf eine vorherige Praxis des EUIPO berufen, um die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen. Sie kann sich insbesondere nicht auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Die von der Klägerin bezeichneten älteren Marken, einschließlich der oben in Rn. 35 genannten, beziehen sich außerdem auf Waren oder Dienstleistungen, die sich von den durch die angegriffene Marke erfassten unterscheiden – nämlich lediglich auf Waren der Klasse 9 oder Dienstleistungen der Klassen 37, 38 und 41 –, wohingegen die angegriffene Marke Dienstleistungen der Klasse 43 erfasst.

63      Wie oben aus den Rn. 29 bis 62 hervorgeht, hat die Beschwerdekammer vorliegend zu Recht festgestellt, dass der Anmeldemarke das Eintragungshindernis gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 entgegensteht, ohne dass diese Schlussfolgerung durch die vorherigen Entscheidungen des EUIPO oder nationaler Markenämter, auf die sich die Klägerin beruft, entkräftet werden könnte.

64      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

65      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

66      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO und des Streithelfers die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Einzelrichterin)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Consulta GmbH trägt die Kosten.

Škvařilová-Pelzl

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Mai 2023.

Der geschäftsführende Kanzler

 

Der Präsident

T. Henze

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.