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Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato (Italien), eingereicht am 20. Juni 2012 - Cascina Tre Pini s.s./ Ministero dell'Ambiente e della Tutela del Territorio e del Mare u. a.

(Rechtssache C-301/12)

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Consiglio di Stato

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rechtsmittelführerin: Cascina Tre Pini s.s.

Rechtsmittelgegner: Ministero dell'Ambiente e della Tutela del Territorio e del Mare u. a.

Vorlagefragen

I.    1.    Verhindert eine nationale Rechtsvorschrift (Art. 3 Abs. 4-bis des Decreto del Presidente della Repubblica [Dekret des Präsidenten der Republik, im Folgenden: D.P.R.] Nr. 357/1997), die den Regionen und den Autonomen Provinzen die Befugnis überträgt, von Amts wegen eine Neufestlegung der GGB vorzuschlagen, ihnen aber nicht auch eine Handlungspflicht auferlegt, wenn private Eigentümer von Flächen innerhalb der GGB einen begründeten Antrag auf Ausübung dieser Befugnis stellen, jedenfalls zumindest, wenn sie eine in dem Gebiet eingetretene Umweltschädigung geltend machen, die zutreffende Anwendung der Art. 9 und 10 der Richtlinie 92/43/EWG?

    2.     Verhindert eine nationale Rechtsvorschrift (Art. 3 Abs. 4-bis des D.P.R. Nr. 357/1997), die den Regionen und den Autonomen Provinzen die Befugnis überträgt, von Amts wegen im Anschluss an eine in regelmäßigen Zeitabständen vorzunehmende Prüfung eine Neufestlegung der GGB vorzuschlagen, ohne festzulegen, wie oft die Prüfung stattfindet (z. B. alle zwei oder alle drei Jahre), und ohne vorzusehen, dass die den Regionen und Autonomen Provinzen übertragene, in regelmäßigen Zeitabständen vorzunehmende Prüfung öffentlich bekannt zu machen ist, um es den interessierten Kreisen zu ermöglichen, Stellungnahmen oder Anträge einzureichen, die zutreffende Anwendung der Art. 9 und 10 der Richtlinie 92/43/EWG?

    3.    Verhindert eine nationale Rechtsvorschrift (Art. 3 Abs. 4-bis des D.P.R. Nr. 357/1997), die die Initiative für die Neufestlegung der GGB den Regionen und Autonomen Provinzen überträgt, ohne ein solches Initiativrecht auch für den Staat, zumindest ersatzweise im Fall der Untätigkeit der Regionen oder Autonomen Provinzen, vorzusehen, die zutreffende Anwendung der Art. 9 und 10 der Richtlinie 92/43/EWG?

    4.     Verhindert eine nationale Rechtsvorschrift (Art. 3 Abs. 4-bis des D.P.R. Nr. 357/1997), die den Regionen und den Autonomen Provinzen die Befugnis überträgt, nach freiem Ermessen und ohne dazu verpflichtet zu sein, von Amts wegen eine Neufestlegung der GGB vorzuschlagen, auch wenn Umweltverschmutzungen oder -schädigungen eingetreten - und förmlich festgestellt worden - sind, die zutreffende Anwendung der Art. 9 und 10 der Richtlinie 92/43/EWG?

II.        Ist das Verfahren nach Art. 9 der Richtlinie 92/43/EWG, das der nationale Gesetzgeber in Art. 3 Abs. 4-bis des D.P.R. Nr. 357/1997 geregelt hat, als ein Verfahren anzusehen, das zwingend durch eine Handlung der Verwaltung abzuschließen ist, oder als ein Verfahren mit freigestellter Erledigung? Ist unter einem Verfahren, das zwingend durch eine Handlung der Verwaltung abzuschließen ist, ein Verfahren zu verstehen, das - wenn die Voraussetzungen erfüllt sind - beinhaltet, dass der Ministro dell'Ambiente e della tutela del territorio (Minister für Umwelt, Landschafts- und Meeresschutz) den Vorschlag der Region an die Europäische Kommission übermittelt, ohne dass Erwägungen erforderlich sind, ob es als ein Verfahren zu verstehen ist, das ausschließlich von Amts wegen oder auch auf Parteiantrag eingeleitet werden kann?

III.    1.    Steht das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinie 92/43/EWG, Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, die die Einleitung eines Verfahrens zur Aufhebung der Klassifizierung anstatt den Erlass weiterer Überwachungs- und Schutzmaßnahmen vorschreiben, wenn eine Privatperson eine Verschlechterung des Gebiets anzeigt?

    2.    Steht das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinie 92/43/EWG, Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, die die Einleitung eines Verfahrens zur Aufhebung der Klassifizierung eines in das Netz Natura 2000 einbezogenen Gebiets zum Schutz rein privater Interessen wirtschaftlicher Art vorschreiben?

    3.    Steht das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinie 92/43/EWG, Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, die bei Infrastrukturvorhaben von allgemeinem sozialem und wirtschaftlichem Interesse, die auch von der Europäischen Union anerkannt sind und die zur Schädigung eines nach der Richtlinie anerkannten natürlichen Lebensraums führen können, die Einleitung eines Verfahrens zur Aufhebung der Klassifizierung des Gebiets anstatt den Erlass von Ausgleichsmaßnahmen zur Gewährleistung der globalen Kohärenz des Netzes Natura 2000 vorsehen?

    4.    Steht das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinie 92/43/EWG, Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, die im Bereich natürlicher Lebensräume den wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Eigentümer Bedeutung beimessen, indem sie diesen ermöglichen, bei einem innerstaatlichen Gericht eine Verfügung zu erwirken, die zur Neuabgrenzung des Gebiets verpflichtet?

    5.    Steht das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinie 92/43/EWG, Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, die bei einer auf menschlicher Einwirkung und nicht auf natürlichen Ursachen beruhenden Verschlechterung die Aufhebung der Klassifizierung eines Gebiets vorsehen?

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1 - ABl. L 206, S. 7.