Language of document : ECLI:EU:T:2022:5

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

12. Januar 2022(*)

„Institutionelles Recht – Verstärkte Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft – Verordnung (EU) 2017/1939 – Ernennung der Europäischen Staatsanwälte der Europäischen Staatsanwaltschaft – Ernennung eines der von Belgien benannten Kandidaten – Vorschriften für die Ernennung der Europäischen Staatsanwälte“

In der Rechtssache T‑647/20,

Jean-Michel Verelst, wohnhaft in Éghezée (Belgien), vertreten durch Rechtsanwalt C. Molitor,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch K. Pleśniak, R. Meyer und K. Kouri als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Königreich Belgien, vertreten durch C. Pochet, M. Van Regemorter und M. Jacobs als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2020/1117 des Rates vom 27. Juli 2020 zur Ernennung der Europäischen Staatsanwälte der Europäischen Staatsanwaltschaft (ABl. 2020, L 244, S. 18), soweit mit ihm Herr Yves van den Berge zum Europäischen Staatsanwalt der Europäischen Staatsanwaltschaft ernannt und die Bewerbung des Klägers abgelehnt wird,

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira sowie der Richterinnen M. Kancheva (Berichterstatterin) und T. Perišin,

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Der Kläger, Herr Jean-Michel Verelst, ist seit 2010 als auf Steuerangelegenheiten spezialisierter Staatsanwalt des Prokurators des Königs in Brüssel (Belgien) tätig. Darüber hinaus war er seit Dezember 2013 beigeordneter Direktor des Zentralen Organs für Sicherstellung und Einziehung (im Folgenden: „ZOSE“) der belgischen Staatsanwaltschaft und ist seit dem 2. Januar 2017 dessen Direktor.

2        Am 12. Oktober 2017 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EU) 2017/1939 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) (ABl. 2017, L 283, S. 1). Mit dieser Verordnung wird die Europäische Staatsanwaltschaft als Einrichtung der Europäischen Union errichtet und ihre Arbeitsweise geregelt.

3        Im 40. Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1939 heißt es:

„Das Verfahren für die Ernennung des Europäischen Generalstaatsanwalts und der Europäischen Staatsanwälte sollte deren Unabhängigkeit gewährleisten. Ihre Legitimität sollte sich aus der Beteiligung der Organe der Union an dem Verfahren für die Ernennung herleiten.“

4        Im 41. Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1939 heißt es:

„Ein Auswahlausschuss sollte eine Auswahlliste der Bewerber für das Amt des Europäischen Generalstaatsanwalts erstellen. Die Befugnis zur Festlegung der Regeln für die Tätigkeit des Ausschusses und zur Ernennung seiner Mitglieder sollte dem Rat übertragen werden, der auf Vorschlag der [Europäischen] Kommission handelt. Eine solche Durchführungsbefugnis würde die spezifischen Befugnisse, die dem Rat nach Artikel 86 AEUV übertragen sind, und die Besonderheit der EUStA widerspiegeln, die fest in die nationalen Rechtsstrukturen eingebettet bleiben, zugleich aber eine Einrichtung der Union sein wird. Die EUStA wird in Verfahren tätig sein, in denen die meisten der übrigen Akteure nationale Akteure sind, beispielsweise die Gerichte, die Polizei und sonstige Strafverfolgungsbehörden; der Rat hat daher ein spezifisches Interesse daran, an dem Ernennungsverfahren eng beteiligt zu sein. Mit der Übertragung dieser Befugnisse auf den Rat wird außerdem dem potenziell sensiblen Charakter von Entscheidungsbefugnissen mit unmittelbaren Auswirkungen auf die nationalen Justiz- und Strafverfolgungsstrukturen angemessen Rechnung getragen. …“

5        Nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 benennt jeder Mitgliedstaat, der an der Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnimmt, drei Kandidaten für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts aus einem Kreis von Bewerbern, die aktive Mitglieder der Staatsanwaltschaft oder der Richterschaft des jeweiligen Mitgliedstaats sind, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten, die in diesem Mitgliedstaat die für hohe staatsanwaltliche oder richterliche Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen und die über einschlägige praktische Erfahrungen in den nationalen Rechtsordnungen, in Finanzermittlungen und in der internationalen justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verfügen.

6        Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2017/1939 sieht vor, dass der Rat nach Eingang der begründeten Stellungnahme des Auswahlausschusses gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (im Folgenden: Auswahlausschuss) einen der Kandidaten auswählt und ihn zum Europäischen Staatsanwalt des betreffenden Mitgliedstaats ernennt sowie dass die Stellungnahme des Auswahlausschusses bindend für den Rat ist, sofern der Auswahlausschuss festgestellt hat, dass ein Kandidat nicht die erforderlichen Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts erfüllt. Gemäß Art. 16 Abs. 3 der Verordnung 2017/1939 wählt der Rat die Europäischen Staatsanwälte mit einfacher Mehrheit aus und ernennt sie für eine Amtszeit von sechs Jahren, ohne dass eine Wiederernennung zulässig ist, und kann er beschließen, das Mandat am Ende der sechsjährigen Amtszeit um höchstens drei Jahre zu verlängern.

7        Art. 14 Abs. 3 der Verordnung 2017/1939 bestimmt, dass der Rat die Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses festlegt und einen Beschluss zur Ernennung seiner Mitglieder auf Vorschlag der Europäischen Kommission annimmt.

8        Am 13. Juli 2018 erließ der Rat den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1696 über die Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses nach Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/1939 (ABl. 2018, L 282, S. 8).

9        Der Anhang des Durchführungsbeschlusses 2018/1696 trägt die Überschrift „Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses“ (im Folgenden: Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses). Gemäß Regel VI.2 („Verfahren für die Ernennung der Europäischen Staatsanwälte“) dieser Regeln prüft der Auswahlausschuss nach Eingang der von einem Mitgliedstaat eingereichten Bewerbungen diese hinsichtlich der Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 und hört die benannten Kandidaten an, wobei die Anhörung in persönlicher Anwesenheit stattfindet. Regel VII.2 Abs. 1 der Regeln sieht vor, dass der Auswahlausschuss „[a]uf der Grundlage der Ergebnisse der Prüfung und Anhörung … eine [begründete] Stellungnahme zu den Qualifikationen der Kandidaten für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts ab[gibt] und … darin ausdrücklich [vermerkt], ob ein Kandidat die Voraussetzungen gemäß Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1939 erfüllt oder nicht. Der Auswahlausschuss begründet seine Stellungnahme.“ Nach Regel VII.2 Abs. 3 der Regeln legt „[d]er Auswahlausschuss … die Rangfolge der Kandidaten entsprechend ihren Qualifikationen und Erfahrungen fest“, wobei diese Rangfolge „der vom Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge [entspricht] und … für den Rat nicht bindend [ist]“.

10      Im Hinblick auf die in Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 vorgesehene Benennung der drei Kandidaten für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts veröffentlichten die belgischen Behörden im Moniteur belge (Belgisches Staatsblatt) vom 25. Januar 2019 eine Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen, auf die sechs Bewerber, darunter der Kläger, antworteten. Die Bewerber wurden am 14. März 2019 vom Kollegium der belgischen Generalprokuratoren und vom belgischen Föderalprokurator angehört. In Bezug auf die Bewerbung des Klägers für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts stellte das Kollegium der Generalprokuratoren in seiner Stellungnahme vom 20. März 2019 fest, dass „[d]ie früheren und gegenwärtigen Aufgaben [des Klägers], insbesondere im Bereich der Bekämpfung der Wirtschafts‑, Finanz- und Steuerkriminalität, sowie seine Erfahrungen bei der Leitung des ZOSE (europäische Missionen – nationale Vermögensabschöpfungsstellen – und internationale Missionen – CARIN), … für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts bei der Europäischen Staatsanwaltschaft von Vorteil [sind]“. Es führte jedoch aus, dass „[der Kläger] … das Kollegium nicht davon [hat] überzeugen können, dass er eine hinreichend klare Vorstellung der Aufgaben und des Auftrags der zukünftigen Europäischen Staatsanwaltschaft und [der Europäischen] Staatsanwälte [der Mitgliedstaaten] hat“. Im Ergebnis gab das Kollegium der Generalprokuratoren in Bezug auf den Kläger „(auf einer Skala von sehr befürwortend – befürwortend – mit Vorbehalt versehen – ablehnend) eine für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts mit Vorbehalt versehene Stellungnahme“ ab.

11      Mit Schreiben vom 11. April 2019 teilte der belgische Justizminister dem Kläger mit, dass er gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 dem Vorsitzenden des Auswahlausschusses am 29. März 2019 drei Kandidaten, darunter den Kläger, für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts vorgeschlagen habe.

12      Der Kläger wurde am 24. Mai 2019 vom Auswahlausschuss angehört.

13      Am 20. Juni 2019 richtete der Auswahlausschuss seine begründete Stellungnahme zu den vom Königreich Belgien für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts vorgeschlagenen Kandidaten an den Rat.

14      In dieser Stellungnahme führte der Auswahlausschuss zunächst aus, dass er auf der Grundlage der Prüfung der Lebensläufe und der Motivationsschreiben sowie der am 23. und 24. Mai 2019 durchgeführten Anhörungen der Ansicht sei, dass die vom Königreich Belgien für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts vorgeschlagenen Kandidaten die Voraussetzungen von Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 erfüllten.

15      Sodann führte er aus, dass er eine bevorzugte Reihenfolge der Kandidaten festgelegt habe, in der der Kläger an erster, hingegen Herr Yves van den Berge an dritter Stelle stehe.

16      In Bezug auf den Kläger begründete der Auswahlausschuss diese Einstufung wie folgt:

„Der Ausschuss ist der Auffassung, dass unter den vorgeschlagenen Kandidaten [der Kläger] am besten geeignet ist, die Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts bei der Europäischen Staatsanwaltschaft wahrzunehmen … [Der Kläger], Staatsanwalt des Prokurators des Königs in Brüssel, ist Direktor des [ZOSE] des Föderalen Öffentlichen Dienstes Justiz in Belgien. Im Lauf seines Berufslebens hat [er] umfangreiche Erfahrungen bei der Ermittlung und Verfolgung von schweren Finanzverbrechen, einschließlich Geldwäsche und schwerem Karussellbetrug, gesammelt. Außerdem verfügt er über wertvolle Erfahrungen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen. [Der Kläger] ist Mitglied der Steuerungsgruppe und Kontaktperson des Camdener zwischenstaatlichen Netzes der Vermögensabschöpfungsstellen (CARIN) und nimmt regelmäßig an den Arbeitsgruppen der [Union] zur Einziehung rechtswidrig erworbener Vermögenswerte teil. [Der Kläger] hat unter Beweis gestellt, dass er in hohem Maß in der Lage ist, in einem multikulturellen Umfeld zu arbeiten – einschließlich der Fähigkeit, sich mit Rechtsordnungen auseinanderzusetzen, die sich von der seinen unterscheiden – und dass er gründliche Kenntnisse des institutionellen Rechtsrahmens der Union aufweist … Außerdem verfügt er über solide Führungserfahrung.

Bei seiner Anhörung hat [der Kläger] eine strategische Vision der Rolle und der Arbeitsweise eines Europäischen Staatsanwalts bei der Europäischen Staatsanwaltschaft präsentiert und sehr präzise Antworten auf die Fragen des Ausschusses gegeben. Er hat ein gutes Verständnis der Verordnung [2017/1939] und der Herausforderungen, denen sich die Europäische Staatsanwaltschaft gegenübersehen könnte, gezeigt und tragfähige Lösungen zu ihrer Bewältigung vorgeschlagen. Der Ausschuss begrüßt, dass [der Kläger] betont hat, dass es notwendig sei, dass die Europäische Staatsanwaltschaft in ihren Verfahren die Grundrechte und die Verfahrensrechte achte. Der Ausschuss schätzt insbesondere seine speziellen Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Einziehung und der Wiedererlangung rechtswidrig erworbener Vermögenswerte sowie seinen pragmatischen Ansatz bei der Lösung möglicher Konflikte. Der Ausschuss ist davon überzeugt, dass [der Kläger] alle Anforderungen an einen leistungsfähigen Europäischen Staatsanwalt erfüllt.“

17      Der Rat „Justiz und Inneres“ des Rates beriet über die Auswahl und die Ernennung der Europäischen Staatsanwälte in sechs aufeinanderfolgenden Sitzungen (im Folgenden: COPEN-Sitzungen), die jeweils am 9. September, 26. November und 12. Dezember 2019 sowie am 1., 20. und 22. Juli 2020 abgehalten wurden.

18      Am 18. September 2019 richtete der Vorsitz des Rates ein Dokument mit dem Titel „Aufgaben und Verfahren zur Auswahl der Europäischen Staatsanwälte“ an den Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV), in dessen Nr. 8 es hieß:

„Die technischen Vorbereitungsarbeiten werden von den zuständigen Gremien des Rates (je nachdem COPEN-Gruppe und/oder JI-Rat) durchgeführt. Die Prüfung erfolgt auf der Grundlage der begründeten Stellungnahmen des Auswahlausschusses unter Berücksichtigung der nicht bindenden durch den Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge und der Tatsache, dass der Auswahlausschuss die Verdienste und die beruflichen Qualifikationen der in die Auswahlliste aufgenommenen Kandidaten bereits sorgfältig geprüft hat. Nach Abschluss dieser Prüfung schlägt das zuständige Gremium des Rates die Europäischen Staatsanwälte vor und empfiehlt dem [AStV] ihre Ernennung. Gemäß Art. 16 Abs. 3 und 4 der Verordnung [2017/1939] werden die Europäischen Staatsanwälte durch den Rat mit einfacher Mehrheit der teilnehmenden Mitgliedstaaten ausgewählt und ernannt …“

19      Auf der COPEN-Sitzung vom 26. November 2019 führte die belgische Delegation aus, dass [vertraulich](1).

20      Auf der COPEN-Sitzung vom 12. Dezember 2019 [vertraulich].

21      Am 27. Februar 2020 legte das Königreich Belgien dem Rat eine schriftliche Begründung bezüglich [vertraulich] vor.

22      In dieser schriftlichen Begründung trug das Königreich Belgien vor, dass [vertraulich].

23      Sodann äußerte sich das Königreich Belgien wie folgt zum Standpunkt des Kollegiums der Generalprokuratoren und des Föderalprokurators:

[vertraulich]

24      Das Königreich Belgien gab ferner wie folgt an, warum es der Ansicht sei, dass die Stellungnahme des Kollegiums der Generalprokuratoren im vorliegenden Fall zu berücksichtigen sei:

[vertraulich]

25      Das Königreich Belgien wies auch darauf hin, dass es „[vertraulich]“.

26      Als Ergebnis seiner schriftlichen Begründung führte das Königreich Belgien aus, „[vertraulich]“.

27      Auf der COPEN-Sitzung vom 1. Juli 2020 wies der Vorsitz des Rates darauf hin, dass [vertraulich].

28      Entsprechend wurde die Frage der Auswahl und der Ernennung des Europäischen Staatsanwalts des Königreichs Belgien in der Sitzung der „Antici-Gruppe“ vom 13. Juli 2020 erörtert.

29      Am 24. Juli 2020 nahm der AStV den Entwurf eines Beschlusses zur Ernennung der Europäischen Staatsanwälte der Europäischen Staatsanwaltschaft an.

30      Am 27. Juli 2020 erließ der Rat den Durchführungsbeschluss (EU) 2020/1117 zur Ernennung der Europäischen Staatsanwälte der Europäischen Staatsanwaltschaft (ABl. 2020, L 244, S. 18, im Folgenden: angefochtener Beschluss).

31      Der siebte und der achte Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lauten:

„(7)      Der Auswahlausschuss hat für jeden der benannten Kandidaten, der die Bedingungen des Artikels 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1939 erfüllt, eine begründete Stellungnahme erstellt und seinen Platz in der Rangfolge festgelegt und dem Rat diese Informationen, die der Rat am 29. Mai, 20. Juni, 11. Oktober, 18. November und 10. Dezember 2019 und am 16. Juli 2020 erhalten hat, übermittelt.

(8)      Gemäß Regel VII.2 Absatz 4 der Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses hat der Auswahlausschuss die Rangfolge der Kandidaten entsprechend ihren Qualifikationen und Erfahrungen festgelegt. Die Rangfolge entspricht der vom Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge und ist für den Rat nicht bindend.“

32      Im zwölften Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führte der Rat aus, er habe die jeweiligen Verdienste der Kandidaten unter Berücksichtigung der mit Gründen versehenen Stellungnahmen des Auswahlausschusses bewertet. Im 13. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führte er aus, dass das Ergebnis sei, dass er sich für alle durch die teilnehmenden Mitgliedstaaten benannten Kandidaten der nicht bindenden vom Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge angeschlossen habe; hiervon ausgenommen seien die vom Königreich Belgien, der Republik Bulgarien und der Portugiesischen Republik benannten Kandidaten, bei denen er sich auf eine andere, durch die einschlägigen Vorbereitungsgremien des Rates vorgenommene Bewertung der jeweiligen Verdienste gestützt habe.

33      Art. 1 des angefochtenen Beschlusses sieht vor:

„Die folgenden Personen werden für eine nicht erneuerbare Amtszeit von sechs Jahren ab dem … 29. Juli 2020 als Bedienstete auf Zeit der Besoldungsgruppe AD 13 zu Europäischen Staatsanwälten der EUStA ernannt:

Herr Yves van den Berge

…“

34      Mit Schreiben vom 7. Oktober 2020 eröffnete der Rat dem Kläger und allen anderen nicht erfolgreichen Kandidaten den angefochtenen Beschluss sowie die einschlägigen Angaben zu den Gründen, die seinen Beschluss, einen anderen Kandidaten – im vorliegenden Fall Herrn van den Berge – zu ernennen, stützen würden.

35      So führte der Rat aus [vertraulich].

36      Hierzu gab der Rat mehrere Erläuterungen. So wies er darauf hin [vertraulich].

37      Darüber hinaus legte der Rat dar [vertraulich].

38      Im Übrigen gab der Rat an [vertraulich].

39      In dieser Mitteilung wies der Rat auch darauf hin [vertraulich].

40      Mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 ersuchte der Kläger den Rat, ihm sämtliche Unterlagen über den Ablauf des ihn betreffenden Auswahlverfahrens zu übermitteln. In seiner Antwort übermittelte der Rat dem Kläger am 25. November 2020 die Bewertung seiner Bewerbung durch den Auswahlausschuss, die schriftliche Begründung des Königreichs Belgien betreffend die Abweichung von der bevorzugten Reihenfolge, die der Auswahlausschuss bezüglich der von diesem Mitgliedstaat für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts benannten Kandidaten aufgestellt hatte, Auszüge aus den Protokollen der COPEN-Sitzungen vom 26. November 2019, vom 12. Dezember 2019 und vom 1. Juli 2020, soweit sie die Auswahl der von diesem Mitgliedstaat benannten Kandidaten betrafen, das Dokument 12175/19 des Rates vom 18. September 2019 zur Festlegung des internen Verfahrens des Rates für die Ernennung der Europäischen Staatsanwälte sowie zwei weitere Dokumente über die Beteiligung der „Antici-Gruppe“ an diesem Verfahren.

 Verfahren und Anträge der Parteien

41      Mit Klageschrift, die am 21. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

42      Mit am 18. Januar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat das Königreich Belgien beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Mit Entscheidung vom 23. Februar 2021 hat die Präsidentin der Neunten Kammer des Gerichts den Streitbeitritt zugelassen. Das Königreich Belgien hat seinen Streithilfeschriftsatz eingereicht, und die Hauptparteien haben dem Gericht innerhalb der gesetzten Frist mitgeteilt, dass sie hierzu keine Bemerkungen hätten.

43      Am 26. Januar 2021 hat der Rat bei der Kanzlei des Gerichts die Klagebeantwortung eingereicht.

44      Auf am 11. Februar 2021 gestellten begründeten Antrag des Rates hat das Gericht gemäß Art. 66 seiner Verfahrensordnung beschlossen, in der öffentlichen Fassung des vorliegenden Urteils den Inhalt des der Klageschrift beigefügten Schreibens des Rates vom 7. Oktober 2020 und des der Klagebeantwortung beigefügten Schreibens des Rates vom 25. November 2020 und seiner Anlagen wegzulassen.

45      Der Kläger und der Rat haben am 12. März bzw. am 19. April 2021 die Erwiderung und die Gegenerwiderung eingereicht.

46      Infolge des Todes des Richters Berke am 1. August 2021 hat die Präsidentin der Neunten Kammer einen anderen Richter zur Vervollständigung der Kammer bestimmt.

47      Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung hat das Gericht den Parteien schriftliche Fragen gestellt. Die Parteien haben diese Fragen innerhalb der gesetzten Frist beantwortet.

48      Das Gericht hat gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung beschlossen, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden.

49      Der Kläger beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit durch diesen Herr van den Berge ab dem 29. Juli 2020 zu einem Europäischen Staatsanwalt der Europäischen Staatsanwaltschaft ernannt wird;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

50      Der Rat beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen;

–        hilfsweise, die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses gemäß Art. 264 Abs. 2 AEUV bis zu dessen Ersetzung durch einen neuen, in ordnungsgemäßer Form erlassenen Rechtsakt aufrechtzuerhalten, jedoch nicht länger als 24 Monate ab dem Wirksamwerden der endgültigen Entscheidung der Unionsgerichte über die vorliegende Rechtssache.

51      Das Königreich Belgien beantragt, die Klage abzuweisen.

 Rechtliche Würdigung

52      Der Kläger stützt seine Klage im Wesentlichen auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt er im Wesentlichen einen Verstoß gegen die für die Ernennung der Europäischen Staatsanwälte geltenden Vorschriften, insbesondere die Verfahrensvorschriften von Art. 14 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 1 bis 3 der Verordnung 2017/1939, sowie gegen Art. 1 des Durchführungsbeschlusses 2018/1696, gegen die Regeln VI.2 und VII.2 der Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses und gegen das Diskriminierungsverbot. Mit dem zweiten Klagegrund rügt er einen Verstoß gegen die in Art. 296 AEUV und Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Begründungspflicht. Mit dem dritten Klagegrund rügt er einen Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und gegen die Fürsorgepflicht sowie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Vorschriften für das Verfahren zur Ernennung der Europäischen Staatsanwälte und gegen das Diskriminierungsverbot

53      Der erste Klagegrund besteht aus zwei Teilen.

 Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes

54      Mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, der Rat habe gegen die Vorschriften über das Verfahren zum Erlass des angefochtenen Beschlusses verstoßen, indem er den Vergleich der Verdienste der drei vom Königreich Belgien benannten Kandidaten auf der Grundlage der Stellungnahme des Kollegiums der belgischen Generalprokuratoren und des belgischen Föderalprokurators – und nicht auf der Grundlage der Stellungnahme des Auswahlausschusses – vorgenommen habe.

55      Der Kläger macht insoweit geltend, aus Art. 16 der Verordnung 2017/1939 ergebe sich, dass der Rat nach Eingang der begründeten Stellungnahme des Auswahlausschusses einen der drei von jedem an der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmenden Mitgliedstaat benannten Kandidaten auswähle und ernenne. Daraus folge, dass die Auswahl eines der drei fraglichen Kandidaten durch den Rat notwendigerweise auf der Stellungnahme des Auswahlausschusses beruhen müsse. Der Rat könne somit die Stellungnahme des Auswahlausschusses nicht durch die Stellungnahme des betreffenden Mitgliedstaats oder der zuständigen nationalen Behörde ersetzen; deren Rolle sei darauf beschränkt, drei Kandidaten zu benennen, die die Voraussetzungen von Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 erfüllten.

56      Diese Auslegung von Art. 16 der Verordnung 2017/1939 sei durch den Rat selbst in dem der Klagebeantwortung als Anlage beigefügten internen Dokument 12175/19 vom 18. September 2019 zur Festlegung des Verfahrens des Rates für die Ernennung der Europäischen Staatsanwälte bestätigt worden.

57      Allerdings ergebe sich aus dem 13. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dem Schreiben des Rates vom 7. Oktober 2020 und den vom Rat in der Anlage zur Klagebeantwortung angeführten Beweisen, dass der Rat – indem er die vom Kollegium der belgischen Generalprokuratoren und dem belgischen Föderalprokurator abgegebene Stellungnahme übernommen habe – hinsichtlich der Ernennung eines vom Königreich Belgien benannten Kandidaten für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts unter Verstoß gegen Art. 16 der Verordnung 2017/1939 den Vergleich der Verdienste der von diesem Mitgliedstaat benannten Kandidaten, wie er vom Auswahlausschuss in seiner begründeten Stellungnahme vorgenommen worden sei, außer Acht gelassen habe, und zwar zugunsten eines anderen, in der Verordnung 2017/1939 nicht vorgesehenen und von nicht befugten Gremien vorgenommenen Vergleichs der Verdienste.

58      Der Rat und das Königreich Belgien treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

59      Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger den tatsächlichen Ablauf des Verfahrens, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat und in den Rn. 10 bis 30 des vorliegenden Urteils dargelegt wird, nicht bestreitet.

60      Auch hat der Kläger keine Einrede der Rechtswidrigkeit gegen Art. 16 oder Art. 14 der Verordnung 2017/1939 oder gegen die Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses erhoben, sondern macht geltend, der Rat habe im vorliegenden Fall gegen diese Bestimmungen verstoßen.

61      Insoweit ist zu den Bestimmungen über das Verfahren, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, darauf hinzuweisen, dass der Rat gemäß Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2017/1939 nach Eingang der begründeten Stellungnahme des Auswahlausschusses einen der drei vom betreffenden Mitgliedstaat benannten Kandidaten auswählt und ihn zum Europäischen Staatsanwalt dieses Mitgliedstaats ernennt. Diese Bestimmung sieht ebenfalls vor, dass die Stellungnahme des Auswahlausschusses bindend für den Rat ist, sofern der Ausschuss festgestellt hat, dass ein Kandidat nicht die erforderlichen Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts erfüllt.

62      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 16 Abs. 3 der Verordnung 2017/1939 „[d]er Rat … die Europäischen Staatsanwälte mit einfacher Mehrheit aus[wählt] und … sie für eine Amtszeit von sechs Jahren [ernennt]“.

63      Der genaue Umfang der Aufgaben, mit der der Auswahlausschuss betraut ist, wird in den Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses festgelegt.

64      So prüft der Auswahlausschuss gemäß Regel VI.2 der Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses die Bewerbungen der Kandidaten hinsichtlich der Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 und hört die Kandidaten an, wobei die Anhörung in persönlicher Anwesenheit stattfindet. Regel VII.2 Abs. 1 dieser Regeln bestimmt, dass der Auswahlausschuss auf der Grundlage der Ergebnisse der Prüfung und Anhörung eine begründete Stellungnahme zu den Qualifikationen der Kandidaten für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts abgibt und darin ausdrücklich vermerkt, ob ein Kandidat die Voraussetzungen gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 erfüllt oder nicht. In Regel VII.2 Abs. 2 der Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses heißt es, dass, wenn „benannte Kandidaten nicht die … genannten Voraussetzungen [erfüllen], … der Auswahlausschuss über sein Sekretariat den betreffenden Mitgliedstaat [ersucht], eine entsprechende Anzahl neuer Kandidaten zu benennen“. Schließlich legt der Auswahlausschuss gemäß Regel VII.2 Abs. 3 dieser Regeln die Rangfolge der Kandidaten entsprechend ihren Qualifikationen und Erfahrungen fest, wobei die Rangfolge der vom Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge entspricht und für den Rat nicht bindend ist.

65      Aus den genannten Bestimmungen ergibt sich, dass die Aufgabe des Auswahlausschusses im Hinblick auf das Verfahren zur Ernennung der Europäischen Staatsanwälte, wie der Rat zu Recht anmerkt, aus zwei verschiedenen Aufgaben besteht. Die erste Aufgabe besteht darin, eine begründete Stellungnahme zu den Qualifikationen der Kandidaten für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts zu verfassen und darin ausdrücklich zu vermerken, ob ein Kandidat die Voraussetzungen gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 erfüllt oder nicht. Diese Stellungnahme, die der Auswahlausschuss im Anschluss an die Prüfung der Bewerbungen und die persönliche Anhörung der Kandidaten abgibt, ist für den Rat bindend, sofern in ihr festgestellt wird, dass ein Kandidat nicht die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts erfüllt. In einem solchen Fall fordert der Auswahlausschuss den betreffenden Mitgliedstaat auf, einen neuen Kandidaten zu benennen. Der Rat, der nach Art. 16 Abs. 2 der Verordnung 2017/1939 erst dann einen der drei vom betreffenden Mitgliedstaat für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts benannten Kandidaten auswählen und ernennen kann, wenn die begründete Stellungnahme des Auswahlausschusses zu den Qualifikationen der Kandidaten für die Wahrnehmung dieses Amtes eingegangen ist, kann daher nur dann einen entsprechenden Beschluss fassen, wenn der Auswahlausschuss in seiner begründeten Stellungnahme drei vom betreffenden Mitgliedstaat benannte Kandidaten gutgeheißen hat. Daraus folgt, dass die erste Aufgabe des Ausschusses darin besteht, sicherzustellen, dass der Rat zwischen drei Kandidaten auswählt, von denen jeder einzelne hinsichtlich seiner Qualifikationen die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts erfüllt.

66      Die zweite Aufgabe des Auswahlausschusses besteht darin, die Rangfolge der vom betreffenden Mitgliedstaat benannten Kandidaten entsprechend ihren Qualifikationen und Erfahrungen festzulegen, d. h. einen Vergleich der Verdienste dieser Kandidaten vorzunehmen, wobei die Rangfolge der vom Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge entspricht. Wie in Rn. 64 des vorliegenden Urteils ausgeführt, bestimmt Regel VII.2 Abs. 3 der Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses ausdrücklich, dass die Rangfolge für den Rat nicht bindend ist. Daraus folgt, dass die zweite Aufgabe des Auswahlausschusses – die er lediglich in beratender Funktion wahrnimmt – darin besteht, einen Vergleich der Verdienste der drei vom betreffenden Mitgliedstaat benannten Kandidaten, die die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts erfüllen, vorzunehmen; auf diesen Vergleich kann der Rat gegebenenfalls seinen Beschluss, einen der Kandidaten zum Europäischen Staatsanwalt zu ernennen, stützen.

67      Im vorliegenden Fall ergibt aus der Stellungnahme des Auswahlausschusses vom 20. Juni 2020 zu den drei vom Königreich Belgien für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts benannten Kandidaten, deren Inhalt in den Rn. 14 bis 16 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, dass der Ausschuss nach der Prüfung der Bewerbungen und der Anhörung der Kandidaten der Auffassung war, dass die Kandidaten die in Art. 16 Abs. 1 der Verordnung 2017/1939 vorgesehenen Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts erfüllen. Des Weiteren geht aus der Stellungnahme hervor, dass der Auswahlausschuss eine Rangfolge der Kandidaten nach der von ihm bevorzugten Reihenfolge festgelegt hat und nach dieser Reihenfolge der Kläger an erster und Herr van den Berge an dritter Stelle stand, wobei die Reihenfolge auf einem Vergleich der Qualifikationen und der Erfahrungen der Kandidaten beruhte.

68      Außerdem ergibt sich aus den Protokollen mehrerer COPEN-Sitzungen (vgl. Rn. 19, 20 und 27 des vorliegenden Urteils), dass die Delegation des Königreichs Belgien in der Phase der Prüfung der Bewerbungen für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts darauf hingewiesen hat, dass [vertraulich].

69      Ferner geht aus dem 13. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (vgl. Rn. 32 des vorliegenden Urteils) und aus dem Schreiben des Rates vom 7. Oktober 2020 (vgl. Rn. 34 bis 36 des vorliegenden Urteils) hervor, dass der Rat seinen Beschluss über die Ernennung des Europäischen Staatsanwalts des Königreichs Belgien nicht auf die vom Auswahlausschuss festgelegte Rangfolge, sondern auf einen anderen Vergleich der Verdienste gestützt hat. Aus denselben Dokumenten ergibt sich, dass bei diesem Vergleich dem Umstand, dass [vertraulich], besonders Rechnung getragen wurde.

70      Somit ist festzustellen, dass zwar der Auswahlausschuss bei der Festlegung der Rangfolge entsprechend den Qualifikationen und den Erfahrungen der drei vom Königreich Belgien benannten Kandidaten für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts tatsächlich die Ansicht vertreten hat, dass der Kläger der für die Wahrnehmung der betreffenden Aufgaben am besten geeignete Kandidat sei, der Rat jedoch den angefochtenen Beschluss auf einen anderen Vergleich der Verdienste gestützt hat, bei dem die ihm von den belgischen Behörden übermittelte Stellungnahme des Kollegiums der Generalprokuratoren eine entscheidende Rolle gespielt hat.

71      Zum einen ist aber nach Regel VII.2 Abs. 3 der Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses die Rangfolge, die der Auswahlausschuss entsprechend den Qualifikationen und den Erfahrungen der drei vom betreffenden Mitgliedstaat benannten Kandidaten festgelegt, für den Rat nicht bindend (vgl. Rn. 63 des vorliegenden Urteils).

72      Zum anderen verbieten es weder Art. 16 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2017/1939 noch die Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses, dass der Rat – in Ausübung der ihm durch Art. 16 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2017/1939 verliehenen Befugnis – bei der Auswahl zwischen den drei von einem Mitgliedstaat benannten Kandidaten Informationen berücksichtigt, die ihm von den Regierungen der in ihm vertretenen Mitgliedstaaten, gegebenenfalls vom betreffenden Mitgliedstaat selbst, zur Verfügung gestellt werden.

73      Daraus folgt, dass der Kläger zu Unrecht geltend macht, der angefochtene Beschluss sei unter Verstoß gegen die seinen Erlass regelnden Verfahrensvorschriften, insbesondere die Art. 14 und 16 der Verordnung 2017/1939 sowie die Regeln VI.2 und VII.2 der Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses, erlassen worden.

74      Folglich ist der erste Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes

75      Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes macht der Kläger geltend, der Rat habe gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, indem er seinen Beschluss über die Ernennung der Europäischen Staatsanwälte des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien und der Portugiesischen Republik auf einen Vergleich der Verdienste gestützt habe, der von einem hierzu nicht befugten Gremium vorgenommen worden sei, während er denselben Ernennungsbeschluss hinsichtlich der anderen an der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmenden Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung 2017/1939 auf die Stellungnahme des Auswahlausschusses gestützt habe.

76      In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass nur dann ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bzw. den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vorliegt, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteile vom 5. Dezember 2013, Solvay/Kommission, C‑455/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:796, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 16. Juni 2021, Krajowa Izba Gospodarcza Chłodnictwa i Klimatyzacji/Kommission, T‑126/19, EU:T:2021:360, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Im vorliegenden Fall kann jedoch, entgegen dem Vorbringen des Klägers, aus dem Umstand, dass der Rat nicht der Rangfolge gefolgt ist, die der Auswahlausschuss für die Ernennung der Europäischen Staatsanwälte für das Königreich Belgien, die Republik Bulgarien und die Portugiesische Republik festgelegt hat, nicht abgeleitet werden, dass der Rat seinen Beschluss insoweit auf einen von einem hierzu nicht befugten Gremium vorgenommenen Vergleich der Verdienste gestützt hat.

78      Aus der Verordnung 2017/1939 und den Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses geht nämlich hervor, dass die Rangfolge, die der Auswahlausschuss für die von einem an der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmenden Mitgliedstaat benannten Kandidaten festlegt, für den Rat nicht bindend ist und dass es dem Rat freisteht, beim Vergleich der Verdienste der Kandidaten, den letztlich er vorzunehmen hat, Informationen zu berücksichtigen, die die in ihm vertretenen Mitgliedstaaten vorbringen (vgl. Rn. 71 und 72 des vorliegenden Urteils).

79      Mithin ist, wie der Rat geltend macht, der Umstand, dass die Anwendung der in der Verordnung 2017/1939 vorgesehenen Verfahrensvorschriften dazu geführt hat, dass der Rat in bestimmten Fällen der vom Auswahlausschuss festgelegten Rangfolge gefolgt und in anderen Fällen von dieser Rangfolge abgewichen ist und seinen Beschluss auf einen anderen Vergleich der Verdienste gestützt hat, nicht geeignet, eine Diskriminierung bestimmter Kandidaten zu belegen.

80      Daher ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

81      Der Kläger macht geltend, die im Amtsblatt veröffentlichte Fassung des angefochtenen Beschlusses enthalte keine Begründung dazu, warum sich der Rat entschieden habe, von der durch den Auswahlausschuss festgelegten Reihenfolge abzuweichen und sich auf einen anderen, von seinen Vorbereitungsgremien vorgenommenen Vergleich der Verdienste zu stützen.

82      Das Schreiben des Rates vom 7. Oktober 2020 sei nicht geeignet, diesen Begründungsmangel zu heilen. Zum einen handele es sich nämlich um eine nachträglich übermittelte Begründung, die daher in der im Amtsblatt veröffentlichten Fassung des angefochtenen Beschlusses nicht enthalten sei. Die Gründe für einen Beschluss, die gerade dazu dienten, die Grundlage des Beschlusses zu schaffen und die vom Rat getroffene Wahl zu rechtfertigen, müssten jedoch zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses vorliegen und angegeben werden.

83      Zum anderen seien die im Schreiben des Rates angeführten Gründe unerheblich, da sie gegen das mit der Verordnung 2017/1939 eingeführte System zur Bewertung der Bewerbungen um das Amt eines Europäischen Staatsanwalts verstießen. Der Kläger bezieht sich hier auf den Umstand, dass der Rat die Wahl des zum Europäischen Staatsanwalt des Königreichs Belgien ernannten Kandidaten damit begründet habe, dass [vertraulich]. Der Kläger bezieht sich insoweit auch darauf, dass der Rat seine Wahl damit begründet habe, dass [vertraulich]. Diese Umstände seien nicht geeignet gewesen, zu rechtfertigen, dass der Rat der Stellungnahme einer nationalen Behörde Vorrang vor der Stellungnahme des zuständigen Gremiums der Union, nämlich des Auswahlausschusses, einräume. Darüber hinaus sei das Kriterium in Bezug auf [vertraulich] nicht geeignet, die Bevorzugung der Bewerbung des ernannten Kandidaten gegenüber der Bewerbung des Klägers zu rechtfertigen.

84      Der Rat und das Königreich Belgien treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

85      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte von der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, abhängt. Die Begründung muss die Überlegungen des Organs so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass zum einen die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können, um ihre Rechte verteidigen und feststellen zu können, ob die Entscheidung begründet ist oder nicht, und zum anderen der Unionsrichter seine Rechtmäßigkeitskontrolle durchführen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Daraus folgt, dass die Begründung dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen ist und das Fehlen der Begründung nicht dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (Urteil vom 28. Februar 2008, Neirinck/Kommission, C‑17/07 P, EU:C:2008:134, Rn. 50; vgl. auch Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der Rat mit dem angefochtenen Beschluss jeweils einen der drei Kandidaten, die von jedem an der Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmenden Mitgliedstaat benannt worden waren, ausgewählt und zum Europäischen Staatsanwalt ernannt hat.

88      Allerdings kann zum einen ein solcher Ernennungsbeschluss nicht als Rechtsakt mit allgemeiner Geltung angesehen werden, da er keine allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen betrifft und auch nicht alle Unionsbürger, die in die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft fallen, als eine solche vom Ernennungsbeschluss erfasste Personengruppe angesehen werden können. Im Übrigen ändert die Tatsache, dass der angefochtene Beschluss im Amtsblatt veröffentlicht wurde, nichts an dessen Rechtsnatur (vgl. Beschluss vom 8. Juli 2021, Mendes de Almeida/Rat, T‑75/21, nicht veröffentlicht, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2021:424, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Zum anderen ist die Entscheidung, bestimmte von den an der Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmenden Mitgliedstaaten benannte Kandidaten zum Europäischen Staatsanwalt zu ernennen, untrennbar mit der stillschweigenden Ablehnung der Ernennung der anderen von diesen Mitgliedstaaten benannten Kandidaten verbunden (vgl. Beschluss vom 8. Juli 2021, Mendes de Almeida/Rat, T‑75/21, nicht veröffentlicht, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2021:424, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90      Daraus folgt, dass der angefochtene Beschluss als ein Bündel von Einzelmaßnahmen anzusehen ist, die andere Personen als die Adressaten – nämlich die von den an der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmenden Mitgliedstaaten benannten und vom Rat nicht zu Europäischen Staatsanwälten ernannten Kandidaten – beschweren (vgl. Beschluss vom 8. Juli 2021, Mendes de Almeida/Rat, T‑75/21, nicht veröffentlicht, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2021:424, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91      Somit war dem Kläger in Anbetracht der in den Rn. 85 und 86 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die Begründung des angefochtenen Beschlusses, soweit mit ihm seine Bewerbung für das Amt des Europäischen Staatsanwalts des Königreichs Belgien stillschweigend abgelehnt wurde, grundsätzlich gleichzeitig mit dem angefochtenen Beschluss zu übermitteln.

92      In diesem Zusammenhang ist die einzige Begründung, die in der im Amtsblatt veröffentlichten Fassung des angefochtenen Beschlusses enthalten ist, im 13. Erwägungsgrund zu finden. Darin heißt es, dass sich der Rat „[b]ei den von Belgien, Bulgarien und Portugal benannten Kandidaten … der nicht bindenden vom Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge aufgrund einer anderen Bewertung der Verdienste dieser Kandidaten durch die einschlägigen Vorbereitungsgremien des Rates nicht angeschlossen [hat]“.

93      Der Kläger macht geltend, diese Begründung habe es ihm nicht ermöglicht, die Gründe zu erkennen, aus denen der Rat beschlossen habe, von der vom Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge, wonach er unter den vom Königreich Belgien benannten Kandidaten der am besten für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts geeignete Kandidat gewesen sei, abzuweichen. Der Rat sei nämlich verpflichtet gewesen, im Hinblick auf den Inhalt der Stellungnahme des Auswahlausschusses zu begründen, warum er beschlossen habe, von der bevorzugten Reihenfolge abzuweichen.

94      Insoweit ist daran zu erinnern, dass in der Begründung nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden brauchen, da die Frage, ob die Begründung den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95      Wie jedoch in Rn. 66 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, ergibt sich aus Regel VII.2 Abs. 3 der Regeln für die Tätigkeit des Auswahlausschusses, dass die von diesem festgelegte Rangfolge der drei vom Königreich Belgien benannten Kandidaten für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts entsprechend ihren Qualifikationen und Erfahrungen für den Rat nicht bindend war. Mithin stand es dem Rat frei, sich diese Rangfolge zu eigen zu machen oder seinen Beschluss auf einen anderen Vergleich der Verdienste der Kandidaten zu stützen.

96      Somit macht der Kläger zu Unrecht geltend, die Begründung des angefochtenen Beschlusses hätte ihm ermöglichen müssen, zu erkennen, warum der Rat beschlossen habe, sich nicht der vom Auswahlausschuss bevorzugten Reihenfolge anzuschließen.

97      Allerdings können, entgegen dem Vorbringen des Rates, weder der Kläger noch das Gericht aus der im 13. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Begründung für sich genommen entnehmen, weshalb der Rat der Auffassung war, dass sich die Bewerbung des Kandidaten, der für das Amt des Europäischen Staatsanwalts des Königreichs Belgien ernannt wurde, durch größere Verdienste ausgezeichnet habe als die Bewerbung des Klägers.

98      Das Vorbringen des Rates, der Kläger habe erkennen können, warum die Bewerbung des ernannten Kandidaten seiner Bewerbung vorgezogen worden sei, weil der Kläger die Stellungnahme des Kollegiums der belgischen Generalprokuratoren sowie die Stellungnahme des Auswahlausschusses, soweit diese Dokumente ihn betroffen hätten, erhalten habe, ist nicht geeignet, diese Feststellung in Frage zu stellen, da der angefochtene Beschluss keinen Hinweis darauf enthielt, dass der Rat diesen Beschluss auf die vom Königreich Belgien zur Verfügung gestellten Informationen zur Stellungnahme des Kollegiums der Generalprokuratoren und des Föderalprokurators bezüglich des am besten für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts geeigneten Kandidaten gestützt hatte.

99      Gleichwohl hat der Rat in seinem Schreiben vom 7. Oktober 2020, dessen Inhalt in den Rn. 34 bis 36 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, hinreichend detailliert dargelegt, warum nach seiner Ansicht der ernannte Kandidat besser als die beiden anderen Kandidaten geeignet war, die Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts wahrzunehmen.

100    Daraus folgt, dass der Kläger – obwohl es wünschenswert gewesen wäre, dass ihm die ergänzenden Gründe für die Ablehnung seiner Bewerbung gleichzeitig mit der Veröffentlichung des angefochtenen Beschlusses im Amtsblatt mitgeteilt worden wären – durch das Schreiben des Rates vom 7. Oktober 2020, also vor der Klageerhebung, von diesen Gründen Kenntnis nehmen konnte und dass ihn diese Mitteilung im vorliegenden Fall in die Lage versetzt hat, die Begründetheit des Beschlusses zu beurteilen und seine Rechte zu verteidigen, was die zur Stützung des dritten Klagegrundes vorgebrachten Argumente, die sich ausdrücklich auf die vom Rat in seinem Schreiben vom 7. Oktober 2020 angeführten Gründe beziehen, belegen.

101    Daher kann der Kläger insoweit keinen Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend machen, wie sie in der Rechtsprechung, die in den Rn. 85 und 86 des vorliegenden Urteils angeführt ist, erläutert wird.

102    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV vom Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers unterscheidet. Während nämlich der erste, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, den Vorwurf einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne des Art. 263 AEUV enthält und einen Gesichtspunkt darstellt, den der Unionsrichter von Amts wegen prüfen muss, wird mit dem zweiten, der die materielle Rechtmäßigkeit einer Entscheidung betrifft, eine Verletzung einer bei der Durchführung des AEUV anzuwendenden Rechtsnorm im Sinne des Art. 263 AEUV gerügt, die nur vom Unionsrichter geprüft werden darf, wenn sich die klagende Partei darauf beruft. Folglich ist die Begründungspflicht von der Stichhaltigkeit der Begründung für den angefochtenen Beschluss zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 67).

103    Mithin ist das Vorbringen des Klägers, die Begründung des Rates im Schreiben vom 7. Oktober 2020 verstoße gegen das mit der Verordnung 2017/1939 eingeführte System zur Bewertung der Bewerbungen um das Amt eines Europäischen Staatsanwalts, weil der Rat der Stellungnahme des Kollegiums der belgischen Generalprokuratoren Vorrang vor der Stellungnahme des Auswahlausschusses eingeräumt habe, als ins Leere gehend zurückzuweisen, soweit es zur Stützung eines Klagegrundes der Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht wird.

104    Jedenfalls wird dieses Vorbringen im Rahmen des dritten Klagegrundes einer Prüfung unterzogen, da es sich weitgehend mit dem Vorbringen des Klägers zum dritten Klagegrund, soweit dieser auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler gestützt wird, überschneidet.

105    Daraus folgt, dass der zweite Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und gegen die Fürsorgepflicht sowie offensichtlicher Beurteilungsfehler

106    Der Kläger macht geltend, das Recht auf unparteiische und gerechte Behandlung sei, als Teil des Rechts auf eine gute Verwaltung, in Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte verankert. Dieser Grundsatz habe im Bereich des öffentlichen Dienstes, insbesondere bei der Ernennung oder Benennung für ein öffentliches Amt oder eine öffentliche Stelle, zur Entstehung einer Fürsorgepflicht geführt, die die Verwaltung verpflichte, bei der Prüfung eines Falles – und erst recht bei Ermessensentscheidungen – alle ihr unterbreiteten Gesichtspunkte objektiv zu prüfen. Das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union habe entschieden, dass ein Organ gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und seine Fürsorgepflicht verstoße sowie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begehe, wenn es bei einem Einstellungsverfahren das ihm zustehende Ermessen nicht konkret ausübe und es unterlasse, im Interesse der klagenden Partei liegende Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die sich zum einen auf die für die Einstellung geltenden Vorschriften und zum anderen auf die Qualifikationen und die Verdienste der betroffenen Partei bezögen, und das Organ auf diese Weise sein Ermessen nicht konkret und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Falles ausübe.

107    Da im vorliegenden Fall der Beschluss des Rates, einen der Kandidaten für das Amt des Europäischen Staatsanwalts des betreffenden Mitgliedstaats auszuwählen und zu ernennen, erst nach Eingang der begründeten Stellungnahme des Auswahlausschusses habe erlassen werden können und dieser Ausschuss damit beauftragt gewesen sei, die Rangfolge der Kandidaten entsprechend ihren Qualifikationen und Erfahrungen festzulegen, sei es jedenfalls Sache des Rates gewesen, die Auswahl und die Ernennung eines Kandidaten anhand eines – durch den Rat selbst vorgenommenen – tatsächlichen und konkreten Vergleichs der Verdienste der Kandidaten zu begründen, was entweder durch Bezugnahme auf die Stellungnahme des Auswahlausschusses oder auf der Grundlage der in dieser Stellungnahme enthaltenen Angaben habe geschehen können.

108    Darüber hinaus macht der Kläger geltend, der Rat sei verpflichtet gewesen, seinen Beschluss auf einen auf objektiven Daten beruhenden Vergleich der Verdienste zu stützen, d. h. den Vergleich der Bewerbungsunterlagen mit den Qualifikationen, die für die Ausübung des Amtes eines Europäischen Staatsanwalts erforderlich seien. Angesichts des Umfangs der Berufserfahrung des Klägers sowohl bei der Ermittlung und Verfolgung von Finanzverbrechen als auch bei der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen hätte ein solcher Vergleich der Verdienste den Rat zu der Feststellung veranlassen müssen, dass der Kläger über eine im Verhältnis zum ernannten Kandidaten umfangreichere Erfahrung verfüge, was aus der Stellungnahme des Auswahlausschusses eindeutig hervorgehe. Der Rat habe aber keinen solchen Vergleich der Verdienste vorgenommen, sondern sich darauf beschränkt, die Gesichtspunkte zu wiederholen, die in der von den belgischen Behörden vorgelegten schriftlichen Begründung betreffend die Verdienste des ausgewählten Kandidaten enthalten gewesen seien, ohne sie mit den Verdiensten der anderen Kandidaten, insbesondere des Klägers, zu vergleichen.

109    Außerdem habe der Rat der Stellungnahme des Kollegiums der belgischen Generalprokuratoren Vorrang vor der Stellungnahme des Auswahlausschusses eingeräumt, ohne zum Inhalt der letzteren Stellung zu beziehen oder zu begründen, warum er von ihr abgewichen sei.

110    Des Weiteren sei die Behauptung, der Standpunkt des Kollegiums der Generalprokuratoren und des Föderalprokurators habe u. a. auf einer allgemeinen Beurteilung der Leistung während der gesamten Laufbahn der Kandidaten beruht, nicht durch die Akten belegt. Dagegen habe der Auswahlausschuss seine Beurteilung sehr wohl u. a. auf den beruflichen Werdegang der benannten Kandidaten gestützt, wobei der Kläger im Übrigen, wie der Auswahlausschuss in seiner Stellungnahme ausgeführt habe, erhebliche Führungserfahrung habe vorweisen können, was bei den beiden anderen vom Königreich Belgien benannten Kandidaten nicht der Fall gewesen sei.

111    Der Kläger macht ferner geltend, die in der Klagebeantwortung enthaltene Behauptung des Rates, er habe „den Fähigkeiten und den Erfahrungen der Kandidaten in Bezug auf die Festlegung und die Koordinierung der Durchführung der Strafrechtspolitik auf zentraler Ebene der Mitgliedstaaten, einschließlich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, und der Fähigkeit, bedeutende Koordinierungs- und Überwachungsaufgaben wahrzunehmen, besondere Bedeutung beigemessen“, gehe weder aus den Akten, insbesondere aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses, hervor noch sei sie geeignet, die Bevorzugung des ernannten Kandidaten zu rechtfertigen, da der Kläger über eine im Verhältnis zu diesem umfangreichere Berufserfahrung in diesen Bereichen verfüge.

112    Auch entspreche die Behauptung des Rates, er habe „festgestellt, dass das Kollegium der Generalprokuratoren in Bezug auf die beiden anderen vo[m Königreich] Belgien benannten Kandidaten, darunter der Kläger, nicht unerhebliche Vorbehalte geäußert hat“, nicht den sich aus den Akten ergebenden Tatsachen. In Abschnitt E der den Kläger betreffenden Stellungnahme heiße es, dass „[seine] früheren und gegenwärtigen Aufgaben …, insbesondere im Bereich der Bekämpfung der Wirtschafts‑, Finanz- und Steuerkriminalität, sowie seine Erfahrungen bei der Leitung des ZOSE (europäische Missionen – nationale Vermögensabschöpfungsstellen – und internationale Missionen – CARIN), … für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts bei der Europäischen Staatsanwaltschaft von Vorteil [sind]“.

113    Schließlich müsse die ebenfalls in Abschnitt E der Stellungnahme enthaltene Aussage, der Kläger „hat das Kollegium [der Generalprokuratoren] nicht davon überzeugen können, dass er eine hinreichend klare Vorstellung der Aufgaben und des Auftrags der zukünftigen Europäischen Staatsanwaltschaft und ihrer nationalen Staatsanwälte hat“, relativiert werden, da sie gerade von einer nationalen Behörde stamme; jedenfalls müsse sie mit der Beurteilung der Bewerbung des Klägers in der begründeten Stellungnahme des Auswahlausschusses verglichen werden.

114    Der Rat und das Königreich Belgien treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

115    Der Kläger wirft dem Rat vor, den angefochtenen Beschluss zu Unrecht auf die Gesichtspunkte gestützt zu haben, die in der schriftlichen Begründung enthalten gewesen seien, die die belgischen Behörden vorgelegt hätten, um den Standpunkt betreffend die Abweichung von der vom Auswahlausschuss festgelegten bevorzugten Reihenfolge zu stützen, obwohl diese Gesichtspunkte nur die Verdienste des ernannten Kandidaten betroffen hätten und keinen Vergleich der Verdienste dieses Kandidaten mit denen der beiden anderen Kandidaten, darunter des Klägers, enthalten hätten. Darüber hinaus hätte die im Verhältnis zum ernannten Kandidaten umfangreichere Berufserfahrung des Klägers ihm zufolge den Rat dazu veranlassen müssen, ihn als den besten Kandidaten für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts zu betrachten.

116    Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Organe bei der Beurteilung und dem Vergleich der Verdienste der Bewerber um eine zu besetzende Stelle über ein weites Ermessen verfügen und dass die Elemente dieser Beurteilung nicht nur von der Kompetenz und den beruflichen Fähigkeiten der Betroffenen, sondern auch von ihrem Charakter, ihrem Verhalten und ihrer gesamten Persönlichkeit abhängen (vgl. Urteil vom 3. Februar 2005, Mancini/Kommission, T‑137/03, EU:T:2005:33, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

117    Dies gilt umso mehr, wenn die zu besetzende Stelle mit großer Verantwortung verbunden ist (Urteil vom 3. Februar 2005, Mancini/Kommission, T‑137/03, EU:T:2005:33, Rn. 98).

118    Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass nach Art. 9 der Verordnung 2017/1939 die Europäischen Staatsanwälte zusammen mit dem Europäischen Generalstaatsanwalt das Kollegium der Europäischen Staatsanwaltschaft bilden, das dafür zuständig ist, über strategische Fragen, einschließlich hinsichtlich der Festlegung der Prioritäten und der Ermittlungs- und Strafverfolgungspolitik der Europäischen Staatsanwaltschaft (vgl. den 24. Erwägungsgrund der Verordnung), sowie über allgemeine Fragen, die sich aus Einzelfällen ergeben, zu entscheiden, insbesondere um eine kohärente und wirksame Strafverfolgungspolitik der Europäischen Staatsanwaltschaft in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Das Kollegium nimmt eine Geschäftsordnung der Europäischen Staatsanwaltschaft an und trifft weitere Entscheidungen über die interne Organisation und die verschiedenen administrativen Aspekte der Funktionsweise der Europäischen Staatsanwaltschaft.

119    Ferner sind die Europäischen Staatsanwälte nach Art. 12 Abs. 1, 3 und 5 der Verordnung 2017/1939 für verschiedene Aufgaben zuständig. Sie beaufsichtigen u. a. die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen, für die die mit einem Verfahren betrauten Delegierten Europäischen Staatsanwälte in ihrem Herkunftsmitgliedstaat zuständig sind. Sie können dem mit einem spezifischen Fall betrauten Delegierten Europäischen Staatsanwalt Weisungen erteilen, und sie fungieren als Verbindungsstellen und Informationskanäle zwischen den Ständigen Kammern und den Delegierten Europäischen Staatsanwälten in ihrem jeweiligen Herkunftsmitgliedstaat. Sie überwachen außerdem die Durchführung der Aufgaben der Europäischen Staatsanwaltschaft in ihrem jeweiligen Mitgliedstaat, auch um Zuständigkeitskonflikte zwischen den nationalen Behörden und der Europäischen Staatsanwaltschaft zu vermeiden. Anders als die Delegierten Europäischen Staatsanwälte sind die Europäischen Staatsanwälte nicht mit der Durchführung von Ermittlungen oder Strafverfolgungsmaßnahmen oder mit der Anklageerhebung vor den Gerichten der Mitgliedstaaten betraut.

120    Im Übrigen hat die Europäische Staatsanwaltschaft, wie die zentralen Behörden der Mitgliedstaaten, die Aufgaben einer zentralen Behörde für die Zwecke der Zusammenarbeit auf der Grundlage der verschiedenen Instrumente der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen wahrzunehmen, wie in Art. 104 der Verordnung 2017/1939 vorgesehen (vgl. auch den 109. Erwägungsgrund der Verordnung).

121    Daraus folgt, dass die Europäischen Staatsanwälte eine hohe Verantwortung tragen, was im Übrigen dadurch bestätigt wird, dass sie zu der Besoldungsgruppe AD 13, die nach Anhang I des Statuts der Beamten der Europäischen Union der Funktion eines Beraters oder einer gleichwertigen Funktion entspricht, ernannt werden. Das Amt eines Europäischen Staatsanwalts bewegt sich somit im Bereich zwischen der Funktion eines Direktors (AD 14 bis AD 15) und der eines Referatsleiters oder einer gleichwertigen Funktion (AD 9 bis AD 14).

122    Daher verfügt der Rat nach der in den Rn. 116 und 117 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung bei der Beurteilung und dem Vergleich der Verdienste der Kandidaten für das Amt des Europäischen Staatsanwalts eines Mitgliedstaats über ein weites Ermessen.

123    Folglich ist das Vorbringen des Klägers unter Berücksichtigung des weiten Ermessens, über das der Rat verfügte, zu beurteilen.

124    Erstens ist zum Vorbringen des Klägers, der Rat habe keinen Vergleich der Verdienste der drei vom Königreich Belgien benannten Kandidaten vorgenommen, sondern seine Begründung auf die von diesem Mitgliedstaat vorgebrachten Gesichtspunkte, die sich ausschließlich auf die Verdienste des ernannten Kandidaten bezogen hätten, beschränkt, festzustellen, dass die belgischen Behörden dem Rat in ihrer schriftlichen Begründung vom 27. Februar 2020 mitgeteilt haben, dass [vertraulich].

125    Des Weiteren hat der Rat in seinem Schreiben vom 7. Oktober 2020, bevor er die Berufserfahrung des ernannten Kandidaten eingehend dargelegt hat, darauf hingewiesen, dass [vertraulich].

126    Somit enthält die Begründung des angefochtenen Beschlusses in der durch das Schreiben vom 7. Oktober 2020 ergänzten Fassung zwar keine detaillierte vergleichende Beurteilung der Verdienste jedes einzelnen der drei vom Königreich Belgien benannten Kandidaten, doch geht aus ihr hervor, dass nach Ansicht des Rates die in diesem Schreiben aufgeführten Verdienste des ernannten Kandidaten größer waren als die Verdienste der beiden anderen Kandidaten, zu denen auch der Kläger gehörte.

127    Daher ist Vorbringen des Klägers, der Rat habe den angefochtenen Beschluss nicht auf einen Vergleich der Verdienste der drei vom Königreich Belgien für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts benannten Kandidaten gestützt, zurückzuweisen.

128    Zweitens genügt zum Vorbringen des Klägers, der Rat habe sich zu Unrecht auf die Stellungnahme des Kollegiums der belgischen Generalprokuratoren gestützt, ohne diese Stellungnahme mit der des Auswahlausschusses zu vergleichen, der Hinweis, dass, wie in Rn. 63 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die vom Auswahlausschuss festgelegte Rangfolge der vom Königreich Belgien benannten Kandidaten für den Rat nicht bindend war.

129    Drittens ist zum Vorbringen des Klägers, der Rat habe zu Unrecht festgestellt, dass das Kollegium der belgischen Generalprokuratoren erhebliche Vorbehalte gegen ihn geäußert habe, festzustellen, dass die Stellungnahme des Kollegiums in der Tat die positive Beurteilung enthielt, dass „[d]ie früheren und gegenwärtigen Aufgaben [des Klägers], insbesondere im Bereich der Bekämpfung der Wirtschafts‑, Finanz- und Steuerkriminalität, sowie seine Erfahrungen bei der Leitung des ZOSE (europäische Missionen – nationale Vermögensabschöpfungsstellen – und internationale Missionen – CARIN), … für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Europäischen Staatsanwalts bei der Europäischen Staatsanwaltschaft von Vorteil [sind]“. In der Stellungnahme hieß es jedoch auch, dass „[der Kläger] … das Kollegium [der Generalprokuratoren] nicht davon [hat] überzeugen können, dass er eine hinreichend klare Vorstellung der Aufgaben und des Auftrags der zukünftigen Europäischen Staatsanwaltschaft und ihrer nationalen Staatsanwälte hat“. Außerdem gab das Kollegium der Generalprokuratoren als Ergebnis seiner Stellungnahme „(auf einer Skala von sehr befürwortend – befürwortend – mit Vorbehalt versehen – ablehnend) eine für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts mit Vorbehalt versehene Stellungnahme“ ab. Daher hat der Rat keinen Fehler begangen, indem er im Schreiben vom 7. Oktober 2020 festgestellt hat, dass das Kollegium der Generalprokuratoren erhebliche Vorbehalte gegen die Bewerbung des Klägers um das Amt eines Europäischen Staatsanwalts geäußert habe.

130    Viertens ist zum Vorbringen des Klägers, seine Berufserfahrung sei umfangreicher als die des ernannten Kandidaten, festzustellen, dass, wie aus dem Schreiben des Rates vom 7. Oktober 2020 hervorgeht, [vertraulich]. Unter diesen Umständen ist in Anbetracht des weiten Ermessens, über das der Rat verfügte, die Tatsache, dass die Berufserfahrung des Klägers in diesen Bereichen umfangreicher war als die des ernannten Kandidaten – angenommen, dies wäre erwiesen –, nicht geeignet, das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers des Rates zu begründen.

131    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass der Kläger nicht den Nachweis erbracht hat, dass der Rat im vorliegenden Fall die Grenzen seines weiten Ermessens überschritten hat, indem er Herrn van den Berge für das Amt eines Europäischen Staatsanwalts ausgewählt und ernannt hat.

132    Im Übrigen ist mit dem Rat festzustellen, dass das Vorbringen des Klägers zum Nachweis des behaupteten Verstoßes gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und gegen die Fürsorgepflicht auf der Annahme beruht, dass die Bewerbung des Klägers um das Amt eines Europäischen Staatsanwalts zwangsläufig erfolgreich gewesen wäre, wenn nur der Rat im vorliegenden Fall die sich aus diesen Grundsätzen ergebenden Verpflichtungen beachtet hätte. Dieses Vorbringen deckt sich jedoch mit den – bereits zurückgewiesenen – Rügen des Klägers im Rahmen des zweiten Klagegrundes betreffend einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes, soweit mit ihm ein offensichtlicher Beurteilungsfehler geltend gemacht wurde.

133    Unter diesen Umständen ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

134    Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

135    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm neben seinen eigenen Kosten gemäß dem Antrag des Rates dessen Kosten aufzuerlegen.

136    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Königreich Belgien trägt daher seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Jean-Michel Verelst trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten des Rates der Europäischen Union.

3.      Das Königreich Belgien trägt seine eigenen Kosten.

Costeira

Kancheva

Perišin

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Januar 2022.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch


1 Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.