Language of document : ECLI:EU:C:2018:80

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

YVES BOT

vom 20. Februar 2018(1)

Rechtssache C441/17

Europäische Kommission

gegen

Republik Polen


„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Umwelt – Richtlinie 92/43/EWG – Art. 6 Abs. 1 und 3 – Art. 12 Abs. 1 – Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – Richtlinie 2009/147/EG – Art. 4 und 5 – Erhaltung der wildlebenden Vogelarten – Änderung des Waldbewirtschaftungsplans – Natura‑2000‑Gebiet Puszcza Białowieska (Polen) – Besondere Schutzgebiete“






1.        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission beim Gerichtshof die Feststellung, dass die Republik Polen

–        dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG(2) verstoßen hat, dass sie einen Anhang zum Waldbewirtschaftungsplan des Forstbezirks Białowieża (Polen) angenommen hat, ohne sich zu vergewissern, dass durch diesen Anhang das Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (im Folgenden: GGB) und besondere Schutzgebiet (im Folgenden: BSG) PLC200004 Puszcza Białowieska als solches nicht beeinträchtigt wird;

–        dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie sowie aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG(3) verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen ergriffen hat, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II der Habitatrichtlinie sowie der Vögel nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie und der nicht in diesem Anhang aufgeführten regelmäßig auftretenden Zugvogelarten entsprechen, für die das GGB und das BSG PLC200004 Puszcza Białowieska eingerichtet wurden;

–        dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und d der Habitatrichtlinie verstoßen hat, dass sie keinen strengen Schutz für die in Anhang IV Buchst. a der Habitatrichtlinie aufgeführten xylobionten Käfer (Scharlachroter Plattkäfer [Cucujus cinnaberinus], Goldstreifiger Prachtkäfer [Buprestis splendens], Rothalsiger Düsterkäfer [Phryganophilus ruficollis] und Drachenkäfer [Pytho kolwensis(4)]) sichergestellt hat, d. h. deren absichtliche Tötung und Störung sowie die Beschädigung oder Vernichtung ihrer Fortpflanzungsstätten im Forstbezirk Białowieża nicht verboten hat;

–        dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie verstoßen hat, dass sie den Schutz der in Art. 1 der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Vogelarten nicht sichergestellt hat, insbesondere den des Weißrückenspechts (Dendrocopos leucotos), des Dreizehenspechts (Picoides tridactylus), des Sperlingskauzes (Glaucidium passerinum) und des Raufußkauzes (Aegolius funereus), d. h. nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese Arten im Forstbezirk Białowieża nicht getötet, während der Brut- und Aufzuchtzeit nicht gestört und ihre Nester und Eier nicht absichtlich zerstört, beschädigt oder entfernt werden.

2.        Die dem Gerichtshof damit vorgelegte Rechtssache wird ihm zum einen erneut Gelegenheit geben, hervorzuheben, wodurch sich Pläne für ein Natura‑2000-Gebiet, die unter Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie fallen, von den unter Art. 6 Abs. 3 fallenden Plänen unterscheiden, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, aber ein solches Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Zum anderen wird sie Anlass geben, auf das Maß an Stringenz hinzuweisen, das die Mitgliedstaaten bei der Planung und Umsetzung dieser Pläne oder Projekte aufgrund der besonders strengen Anforderungen zu beachten haben, die sich aus den von der Kommission angeführten Richtlinienbestimmungen in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof ergeben.

3.        In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich darlegen, weshalb diese Vertragsverletzungsklage meines Erachtens zulässig ist und ihr stattzugeben ist.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Die Habitatrichtlinie

4.        Die Erwägungsgründe 1, 3, 6, 10 und 15 der Habitatrichtlinie lauten:

„Wie in Artikel 130r des Vertrages [später Art. 174 EG, jetzt Art. 191 AEUV] festgestellt wird, sind Erhaltung, Schutz und Verbesserung der Qualität der Umwelt wesentliches Ziel der Gemeinschaft und von allgemeinem Interesse; hierzu zählt auch der Schutz der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen.

Hauptziel dieser Richtlinie ist es, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern, wobei jedoch die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Anforderungen berücksichtigt werden sollen. Diese Richtlinie leistet somit einen Beitrag zu dem allgemeinen Ziel einer nachhaltigen Entwicklung. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt kann in bestimmten Fällen die Fortführung oder auch die Förderung bestimmter Tätigkeiten des Menschen erfordern.

Zur Wiederherstellung oder Wahrung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse sind besondere Schutzgebiete auszuweisen, um nach einem genau festgelegten Zeitplan ein zusammenhängendes europäisches ökologisches Netz zu schaffen.

Pläne und Projekte, die sich auf die mit der Ausweisung eines Gebiets verfolgten Erhaltungsziele wesentlich auswirken könnten, sind einer angemessenen Prüfung zu unterziehen.

Ergänzend zur Richtlinie 79/409/EWG[(5)] ist ein allgemeines Schutzsystem für bestimmte Tier- und Pflanzenarten vorzusehen. Für bestimmte Arten sind Regulierungsmaßnahmen vorzusehen, wenn dies aufgrund ihres Erhaltungszustands gerechtfertigt ist; hierzu zählt auch das Verbot bestimmter Fang- und Tötungsmethoden, wobei unter gewissen Voraussetzungen Abweichungen zulässig sein müssen.

…“

5.        In Art. 1 der Habitatrichtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

a)      ‚Erhaltung‘: alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die natürlichen Lebensräume und die Populationen wildlebender Tier- und Pflanzenarten in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Buchstabens e) oder i) zu erhalten oder diesen wiederherzustellen.

b)      ‚Natürlicher Lebensraum‘: durch geographische, abiotische und biotische Merkmale gekennzeichnete völlig natürliche oder naturnahe terrestrische oder aquatische Gebiete.

d)      ‚Prioritäre natürliche Lebensraumtypen‘: die in dem in Artikel 2 genannten Gebiet vom Verschwinden bedrohten natürlichen Lebensraumtypen, für deren Erhaltung der Gemeinschaft aufgrund der natürlichen Ausdehnung dieser Lebensraumtypen im Verhältnis zu dem in Artikel 2 genannten Gebiet besondere Verantwortung zukommt; diese prioritären natürlichen Lebensraumtypen sind in Anhang I mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet.

e)      ‚Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums‘: die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner charakteristischen Arten in dem in Artikel 2 genannten Gebiet auswirken können.

Der ‚Erhaltungszustand‘ eines natürlichen Lebensraums wird als ‚günstig‘ erachtet, wenn

–        sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen und

–        die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich weiterbestehen werden

und

–        der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten im Sinne des Buchstabens i) günstig ist.

g)      ‚Arten von gemeinschaftlichem Interesse‘: Arten, die in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet

i)      bedroht sind … oder

ii)      potentiell bedroht sind, d. h., deren baldiger Übergang in die Kategorie der bedrohten Arten als wahrscheinlich betrachtet wird, falls die ursächlichen Faktoren der Bedrohung fortdauern, oder

iii)      selten sind, d. h., deren Populationen klein und, wenn nicht unmittelbar, so doch mittelbar bedroht oder potentiell bedroht sind. Diese Arten kommen entweder in begrenzten geographischen Regionen oder in einem größeren Gebiet vereinzelt vor, oder

iv)      endemisch sind und infolge der besonderen Merkmale ihres Habitats und/oder der potentiellen Auswirkungen ihrer Nutzung auf ihren Erhaltungszustand besondere Beachtung erfordern.

Diese Arten sind in Anhang II und/oder Anhang IV oder Anhang V aufgeführt bzw. können dort aufgeführt werden.

h)      ‚Prioritäre Arten‘: die unter Buchstabe g) Ziffer i) genannten Arten, für deren Erhaltung der Gemeinschaft aufgrund ihrer natürlichen Ausdehnung im Verhältnis zu dem in Artikel 2 genannten Gebiet besondere Verantwortung zukommt; diese prioritären Arten sind in Anhang II mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet.

i)      ‚Erhaltungszustand einer Art‘: die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können.

Der Erhaltungszustand wird als ‚günstig‘ betrachtet, wenn

–        aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird, und

–        das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und

–        ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

j)      ‚Gebiet‘: ein geographisch definierter Bereich mit klar abgegrenzter Fläche.

k)      ‚Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung‘: [ein] Gebiet, das in der oder den biogeographischen Region(en), zu welchen es gehört, in signifikantem Maße dazu beiträgt, einen natürlichen Lebensraumtyp des Anhangs I oder eine Art des Anhangs II in einem günstigen Erhaltungszustand zu bewahren oder einen solchen wiederherzustellen und auch in signifikantem Maße zur Kohärenz des in Artikel 3 genannten Netzes ‚Natura 2000‘ und/oder in signifikantem Maße zur biologischen Vielfalt in der biogeographischen Region beitragen kann.

Bei Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, entsprechen die Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse den Orten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten, welche die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweisen.

l)      ‚Besonderes Schutzgebiet‘: ein von den Mitgliedstaaten durch eine Rechts- oder Verwaltungsvorschrift und/oder eine vertragliche Vereinbarung als ein [Gebiet] von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden.

…“

6.        Art. 2 der Habitatrichtlinie lautet:

„(1)      Diese Richtlinie hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.

(2)      Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.

(3)      Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen tragen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung.“

7.        Art. 3 Abs. 1 der Habitatrichtlinie bestimmt:

„Es wird ein kohärentes europäisches ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung ‚Natura 2000‘ errichtet. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen, und muss den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleisten.

Das Netz ‚Natura 2000‘ umfasst auch die von den Mitgliedstaaten aufgrund der Richtlinie 79/409 … ausgewiesenen [BSG].“

8.        Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der Habitatrichtlinie sowie die Abs. 4 und 5 dieses Artikels lauten:

„(2)      …

Die Liste der Gebiete, die als [GGB] ausgewählt wurden und in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind, wird von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 festgelegt.

(4)      Ist ein Gebiet aufgrund des in Absatz 2 genannten Verfahrens als [GGB] bezeichnet worden, so weist der betreffende Mitgliedstaat dieses Gebiet so schnell wie möglich – spätestens aber binnen sechs Jahren – als besonderes Schutzgebiet aus und legt dabei die Prioritäten nach Maßgabe der Wichtigkeit dieser Gebiete für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eines natürlichen Lebensraumtyps des Anhangs I oder einer Art des Anhangs II und für die Kohärenz des Netzes Natura 2000 sowie danach fest, inwieweit diese Gebiete von Schädigung oder Zerstörung bedroht sind.

(5)      Sobald ein Gebiet in die Liste des Absatzes 2 Unterabsatz 3 aufgenommen ist, unterliegt es den Bestimmungen des Artikels 6 Absätze 2, 3 und 4.“

9.        Art. 6 der Habitatrichtlinie bestimmt:

„(1)      Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.

(3)      Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

(4)      Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen.

Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.“

10.      Art. 7 der Habitatrichtlinie bestimmt:

„Was die nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/409 … zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Artikel 4 Absatz 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der vorliegenden Richtlinie ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der Richtlinie 79/409 … zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Artikel 4 Absatz 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409 … ergeben.“

11.      Art. 12 („Artenschutz“) der Habitatrichtlinie sieht in Abs. 1 vor:

„Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet:

a)      alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten;

b)      jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten;

d)      jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.“

12.      In Art. 16 Abs. 1 der Habitatrichtlinie heißt es:

„Sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13 und 14 sowie des Artikels 15 Buchstaben a) und b) im folgenden Sinne abweichen:

b)      zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;

c)      im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;

…“

13.      Anhang I („Natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“) der Habitatrichtlinie nennt in Nr. 9 („Naturnahe und natürliche Wälder mit einheimischen Arten im Hochwaldstadium einschließlich Mittelwald mit typischem Unterholz, die den nachstehenden Kriterien entsprechen: selten oder Restbestände und/oder Vorkommen von Arten von gemeinschaftlichem Interesse“) und in Abschnitt 91 („Wälder des gemäßigten Europas“) den subkontinentalen Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald Galio-Carpinetum, Natura‑2000-Code 9170) sowie Moorwälder (Natura‑2000-Code 91D0) und Auenwälder mit Weiden, Pappeln, Erlen und Eschen (Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior[Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae], Natura‑2000-Code 91E0), wobei die beiden letztgenannten Wälder speziell als prioritäre Lebensraumtypen ausgewiesen werden.

14.      Die Anhänge II und IV der Habitatrichtlinie tragen die Überschriften „Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“ bzw. „Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse“. In Buchst. a jedes dieser Anhänge, in denen u. a. „Wirbellose Tiere“ aufgeführt sind, befindet sich eine Liste von Insektenarten, darunter Käferarten, zu denen u. a. der Goldstreifige Prachtkäfer, der Scharlachrote Plattkäfer, der Drachenkäfer und der Rothalsige Düsterkäfer zählen, wobei Anhang II die Klarstellung enthält, dass es sich bei der letztgenannten Art um eine prioritäre Art handelt. In Anhang II sind ferner der Ungleiche Furchenwalzkäfer (Rhysodes sulcatus) und der Boros schneideri(6) aufgeführt.

B.      Die Vogelschutzrichtlinie

15.      Die Erwägungsgründe 6 und 8 der Vogelschutzrichtlinie lauten:

„(6)      Die zu treffenden Maßnahmen sollten sich auf die verschiedenen auf die Vogelbestände einwirkenden Faktoren erstrecken, und zwar auf die nachteiligen Folgen der menschlichen Tätigkeiten wie insbesondere Zerstörung und Verschmutzung der Lebensräume der Vögel, Fang und Ausrottung der Vögel durch den Menschen sowie den durch diese Praktiken bewirkten Handel; der Umfang dieser Maßnahmen sollte daher im Rahmen einer Vogelschutzpolitik der Situation der einzelnen Vogelarten angepasst werden.

(8)      Schutz, Pflege oder Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und einer ausreichenden Flächengröße der Lebensräume ist für die Erhaltung aller Vogelarten unentbehrlich. Für einige Vogelarten sollten besondere Maßnahmen zur Erhaltung ihres Lebensraums getroffen werden, um Fortbestand und Fortpflanzung dieser Arten in ihrem Verbreitungsgebiet zu gewährleisten. Diese Maßnahmen sollten auch die Zugvogelarten berücksichtigen und im Hinblick auf die Schaffung eines zusammenhängenden Netzes koordiniert werden.“

16.      Art. 1 der Vogelschutzrichtlinie bestimmt:

„(1)      Diese Richtlinie betrifft die Erhaltung sämtlicher wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welches der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind. Sie hat den Schutz, die Bewirtschaftung und die Regulierung dieser Arten zum Ziel und regelt die Nutzung dieser Arten.

(2)      Sie gilt für Vögel, ihre Eier, Nester und Lebensräume.“

17.      Art. 2 der Vogelschutzrichtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Bestände aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht, wobei den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird.“

18.      Art. 3 der Vogelschutzrichtlinie bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der in Artikel 2 genannten Erfordernisse die erforderlichen Maßnahmen, um für alle unter Artikel 1 fallenden Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wieder herzustellen.

(2)      Zur Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensstätten und Lebensräume gehören insbesondere folgende Maßnahmen:

a)      Einrichtung von Schutzgebieten;

b)      Pflege und ökologisch richtige Gestaltung der Lebensräume in und außerhalb von Schutzgebieten;

c)      Wiederherstellung zerstörter Lebensstätten;

…“

19.      In Art. 4 Abs. 1, 2 und 4 der Vogelschutzrichtlinie heißt es:

(1)      Auf die in Anhang I aufgeführten Arten sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang sind zu berücksichtigen:

a)      vom Aussterben bedrohte Arten;

b)      gegen bestimmte Veränderungen ihrer Lebensräume empfindliche Arten;

c)      Arten, die wegen ihres geringen Bestands oder ihrer beschränkten örtlichen Verbreitung als selten gelten;

d)      andere Arten, die aufgrund des spezifischen Charakters ihres Lebensraums einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.

Bei den Bewertungen werden Tendenzen und Schwankungen der Bestände der Vogelarten berücksichtigt.

Die Mitgliedstaaten erklären insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu [BSG], wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind.

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. …

(4)      Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den [in den] Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.“

20.      Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie sieht vor:

„Unbeschadet der Artikel 7 und 9 erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten, insbesondere das Verbot

b)      der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern;

d)      ihres absichtlichen Störens, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit, sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt;

…“

21.      Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten können, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, aus den nachstehenden Gründen von den Artikeln 5 bis 8 abweichen:

a)      –      im Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit,

–        zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern,

(2)      In den in Absatz 1 genannten Abweichungen ist anzugeben,

a)      für welche Vogelarten die Abweichungen gelten;

c)      die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können;

d)      die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können;

e)      welche Kontrollen vorzunehmen sind.

(3)      Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission jährlich einen Bericht über die Anwendung der Absätze 1 und 2.

(4)      Die Kommission achtet anhand der ihr vorliegenden Informationen, insbesondere der Informationen, die ihr nach Absatz 3 mitgeteilt werden, ständig darauf, dass die Auswirkungen der in Absatz 1 genannten Abweichungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Sie trifft entsprechende Maßnahmen.“

22.      Zu den in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie genannten Arten gehören der Weißrückenspecht, der Dreizehenspecht, der Sperlingskauz, der Raufußkauz, der Wespenbussard (Pernis apivorus), der Zwergschnäpper (Ficedula parva) und der Halsbandschnäpper (Ficedula albicollis).

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits

A.      Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt

23.      Mit der Entscheidung 2008/25/EG vom 13. November 2007 gemäß der Habitatrichtlinie zur Verabschiedung einer ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region(7) genehmigte die Kommission auf Vorschlag der Mitgliedstaaten die Ausweisung des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska (Polen) nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der Habitatrichtlinie als GGB mit dem Code PLC200004 aufgrund des Vorhandenseins natürlicher Lebensräume und von Lebensräumen bestimmter prioritärer Tierarten. Dieses zum Schutz von zehn natürlichen Lebensraumtypen und von 55 Pflanzen- und Tierarten geschaffene Gebiet ist außerdem ein gemäß der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenes BSG für Vögel.

24.      Das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska gehört zu den am besten erhaltenen Naturwäldern Europas und ist durch große Mengen von Totholz und eine Vielzahl alter Bäume, die zum Teil über hundert Jahre alt sind, gekennzeichnet. In diesem Gebiet befinden sich natürliche Lebensräume, die als „prioritär“ im Sinne von Anhang I der Habitatrichtlinie definiert sind, Moorwälder (Natura‑2000-Code 91D0), Auenwälder mit Weiden, Pappeln, Erlen und Eschen (Natura‑2000-Code 91E0) sowie andere Lebensräume von „gemeinschaftlicher Bedeutung“, namentlich subkontinentaler Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Natura‑2000-Code 9170). Die Kommission hat angegeben, dass nach einem Bericht von Forest Europe die von Menschenhand unberührten Naturwälder im Jahr 2015 in Europa nur etwa 3 % der Gesamtwaldfläche ausmachten und dass auf sie in Polen 0,63 % der Gesamtwaldfläche entfielen(8).

25.      Innerhalb des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska finden sich zahlreiche in Anhang II der Habitatrichtlinie aufgeführte xylobionte Käferarten, u. a. der Boros schneideri und der Ungleiche Furchenwalzkäfer sowie auch in Anhang IV Buchst. a dieser Richtlinie als streng zu schützende Arten aufgenommene xylobionte Käfer wie der Scharlachrote Plattkäfer, der Goldstreifige Prachtkäfer, der Rothalsige Düsterkäfer und der Drachenkäfer. Ebenso finden sich zum einen von Anhang I der Vogelschutzrichtlinie erfasste Vogelarten, die ihren Lebensraum in absterbenden und toten Fichten – einschließlich solcher, die vom Buchdrucker (Ips typographus) besiedelt sind – haben, wie insbesondere der Wespenbussard, der Zwergschnäpper, der Halsbandschnäpper, der Weißrückenspecht, der Dreizehenspecht, der Sperlingskauz sowie der Raufußkauz, und zum anderen von Anhang II Teil B dieser Richtlinie erfasste Vogelarten wie die Hohltaube (Colomba oenas), eine unter Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie fallende Zugvogelart.

26.      In Anbetracht seines Naturwerts ist das Gebiet Puszcza Białowieska (im Folgenden: Wald von Białowieża) auch in die Welterbeliste der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) aufgenommen worden.

27.      Das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska, das sich über 63 147,58 ha erstreckt, wird von zwei verschiedenen Stellen verwaltet. Eine dieser Stellen ist zuständig für die Verwaltung des Białowieski Park Narodowy (Nationalpark Białowieża, Polen), eines Gebiets, das etwa 17 % der Fläche dieses Natura‑2000-Gebiets, mithin etwa 10 500 ha, ausmacht. Die zweite Stelle, die Lasy Państwowe (Staatsforste, Polen)(9), verwaltet auf einer Fläche von 52 646,88 ha die drei Forstbezirke Białowieża (12 586,48 ha), Browsk (20 419,78 ha) und Hajnówka (19 640,62 ha)(10). Der Forstbezirk Białowieża macht etwa 20 % der Gesamtfläche des Gebiets aus, mithin eine Fläche, die der Fläche des Nationalparks gleichkommt und etwa 24 % der Gesamtfläche der drei Forstbezirke entspricht.

28.      Am 17. Mai 2012 erließ der Minister Środowiska (Minister für Umwelt, Polen) eine Empfehlung zum Ausschluss von Bewirtschaftungsmaßnahmen innerhalb von über hundert Jahre alten Waldbeständen. Nach den Angaben der Republik Polen hätte diese Empfehlung in der Praxis die Durchführung effizienter Erhaltungsmaßnahmen in diesen Beständen, die darin bestanden hätten, vom Buchdrucker befallene Bäume rechtzeitig und in ausreichendem Umfang zu beseitigen und zu entfernen, verhindert, so dass die Möglichkeiten, schnell auf die zunehmende Ausbreitung des Buchdruckers reagieren zu können, beeinträchtigt worden wären.

29.      Am 9. Oktober 2012 nahm der Minister für Umwelt auf Antrag der Regionalna Dyrekcja Lasów Państwowych w Białymstoku (Regionaldirektion der Staatsforste von Białystok, Polen) und in Beantwortung einer im Juni 2011 von der Kommission eingeleiteten vorgerichtlichen EU-Pilot-Untersuchung(11) den Plan Urządzenia Lasu (Waldbewirtschaftungsplan) an, dem Prognosen zu den Umweltauswirkungen beigefügt waren (im Folgenden: WBP von 2012).

30.      Für den Forstbezirk Białowieża enthielt dieser Plan eine Beschreibung der für die Aufforstung bestimmten Wälder und Flächen mit einer Gesamtfläche von 12 592,71 ha, eine Analyse der Forstwirtschaft, ein Naturschutzprogramm und eine Definition der Aufgaben in Bezug auf

–        die Menge der forstwirtschaftlichen Erzeugnisse (hervorgegangen aus vor dem Fällen vorgenommenen Schnitten und aus Fällungen) in Höhe von 63 471 m3 Bauholz netto,

–        die für die Auf- und Wiederaufforstung vorgesehene Fläche (12,77 ha),

–        die für die Forstpflege vorgesehene Fläche (2 904,99 ha),

–        den Schutz der Wälder, darunter Brandschutzmaßnahmen,

–        die Jagdwirtschaft und

–        den Bedarf an technischer Infrastruktur.

31.      Dieser Plan, der den zulässigen Umfang der Holzgewinnung für die drei Forstbezirke auf etwa 470 000 m3 innerhalb von zehn Jahren und damit im Verhältnis zu der zwischen 2003 und 2012 gewonnenen Holzmenge von 1 500 000 m3 in erheblichem Umfang herabsetzte, setzte dabei die Höchstmenge für den Forstbezirk Białowieża auf 63 471 m3 fest(12).

32.      Fest steht jedoch, dass aufgrund massiver Holzgewinnung zwischen 2012 und 2015 die im WBP von 2012 für einen Zeitraum von zehn Jahren genehmigte Höchstmenge im Forstbezirk Białowieża in beinahe drei Jahren erreicht worden war. Zugleich stellten die Staatsforste während dieses Zeitraums eine Ausbreitung des Buchdruckers fest.

33.      Am 6. November 2015 verabschiedete der Regionalny Dyrektor Ochrony Środowiska w Białymstoku (Regionaldirektor für Umweltschutz von Białystok, Polen) einen Plan Zadań Ochronnych (Bewirtschaftungsplan)(13) (im Folgenden: PZO von 2015)(14), in dem in Übereinstimmung mit den in Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie genannten Zielen die Erhaltungsmaßnahmen hinsichtlich des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska für die drei Forstbezirke Białowieża, Browsk und Hajnówka festgelegt werden. Dieser PZO von 2015 ist ein lokaler Rechtsakt und ist nach Ansicht der Kommission als Plan anzusehen, der im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie „unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung [steht]“.

34.      In Anhang 3 des PZO von 2015 stellten die polnischen Behörden nach Maßgabe der natürlichen Lebensräume und der Lebensräume der in Anhang I der Habitatrichtlinie aufgeführten Tier- und Vogelarten sowie nach Maßgabe der Lebensräume der in Anhang II dieser Richtlinie aufgeführten Tierarten und der in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Vogelarten klar, welche Praktiken der Waldbewirtschaftung eine potenzielle Gefahr für die Beibehaltung eines günstigen Erhaltungszustands der Lebensräume im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska darstellen. Dabei wurden insbesondere das Fällen von Bäumen in über hundert Jahre alten Beständen in zwei Lebensraumtypen (Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald und Auenwälder), die Entfernung über hundert Jahre alter toter, absterbender oder käferbefallener Bäume (Kiefern oder vom Buchdrucker befallene Fichten) sowie Holzernten und Verjüngungsschnitte in Wäldern und Mischwäldern durch Maßnahmen der Waldbewirtschaftung aufgeführt.

35.      In Anhang 5 des PZO von 2015 werden die Erhaltungsmaßnahmen zur Vermeidung der in dessen Anhang 3 aufgeführten potenziellen Gefahren für die in den drei Forstbezirken vorhandenen geschützten Lebensräume und Arten wie folgt festgelegt:

–        Ausschluss von Maßnahmen der Waldbewirtschaftung (wie Fällen, Aufforstung, Pflege) in allen Waldbeständen der Lebensräume 91D0 (Moorwälder) und 91E0 (Auenwälder mit Weiden, Pappeln, Erlen und Eschen);

–        Ausschluss von Maßnahmen der Waldbewirtschaftung in allen Beständen einer Art, die zu mindestens 10 % aus über hundert Jahre alten Exemplaren besteht, im Lebensraum 9170 (subkontinentaler Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald), in den Lebensräumen des Wespenbussards, des Weißrückenspechts, des Dreizehenspechts, des Zwergschnäppers und des Halsbandschnäppers, des Goldstreifigen Prachtkäfers und des Scharlachroten Plattkäfers, des Boros schneideri und des Eremiten (Osmoderma eremita);

–        Ausschluss von Maßnahmen der Waldbewirtschaftung in allen Beständen einer Art, die zu mindestens 10 % aus über hundert Jahre alten Exemplaren (Bestände von Fichten und von Kiefern oder Mischbestände von Fichten und Kiefern) besteht, für die Lebensräume des Sperlingskauzes und des Raufußkauzes;

–        Bewahrung toter Bäume in den bewirtschafteten Waldbeständen zur Erhaltung der Lebensräume des Drachenkäfers, des Rothalsigen Düsterkäfers und des Ungleichen Furchenwalzkäfers, insbesondere durch die Bewahrung aller über hundert Jahre alten toten Fichten bis zu ihrer vollständigen Mineralisierung, ausgenommen den Fall einer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit.

36.      Am 25. März 2016 genehmigte der Minister für Umwelt auf Antrag des Generaldirektors der Staatsforste einen von der Regionaldirektion der Staatsforste in Białystok erstellten Anhang zum WBP von 2012 (im Folgenden: Anhang von 2016), durch den diejenigen Teile des WBP von 2012 abgeändert wurden, die erstens die Gesamtfläche der für die Aufforstung bestimmten Wälder und Flächen nach Maßgabe des Stands vom 1. Januar 2016, die sich (nach Änderung) auf 12 585,30 ha belief, zweitens das Volumen der hauptsächlichen forstwirtschaftlichen Erzeugnisse (hervorgegangen aus vor dem Fällen vorgenommenen Schnitten und aus Fällungen), das sich (nach Änderung) auf 188 000 m3 Bauholz netto belief und drittens die für die Auf- und Wiederaufforstung vorgesehene Fläche betrafen, die sich (nach Änderung) auf 28,63 ha belief.

37.      Die Genehmigung des Anhangs von 2016 wird begründet mit „dem Eintritt schwerwiegender Schäden innerhalb der Waldbestände infolge der anhaltenden Ausbreitung des Buchdruckers, die (während des Zeitraums der Durchführung des WBP [von 2012]) dazu geführt hat, dass eine Ausweitung der Holzgewinnung (gelegentlich anfallende Erzeugnisse) erforderlich wurde, um die Wälder in einem angemessenen Gesundheitszustand zu erhalten, die Nachhaltigkeit der Waldökosysteme sicherzustellen, die Verschlechterung des Zustands des Waldes aufzuhalten und einen Regenerationsprozess für die natürlichen Lebensräume, einschließlich der Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, einzuleiten“.

38.      In diesem Anhang wird angegeben, dass er „insbesondere die Beseitigung besiedelter Fichten zur Beschränkung der Ausbreitung des Buchdruckers (Notwendigkeit der Vornahme von Sanitärschnitten) betrifft“.

39.      Weiterhin wird klargestellt, dass „die Beseitigung der Bäume [vorgenommen wird], weil die Anhäufung absterbender Bäume eine Gefahr für die Allgemeinheit“ auf „touristischen Wegen sowie auf Rastplätzen und Erholungsbereichen im Wald [darstellt]“.

40.      Schließlich wird in dem Anhang festgestellt, dass „die Trockenheit in den vergangenen Jahren das Absterben der Bäume und Fichtenbestände verstärkt hat, was eine Zunahme des Brandrisikos im Wald von Białowieża zur Folge hatte“.

41.      Der Anhang von 2016 ermöglicht somit nahezu eine Verdreifachung der Holzgewinnung im Forstbezirk Białowieża, die für den Zeitraum von 2012 bis 2021 von 63 471 m3 auf 188 000 m3 erhöht wurde, sowie die Durchführung von Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung wie Sanitärschnitte, Aufforstung und Verjüngungsschnitte in Gebieten, die bis dahin von jeglichen Eingriffen ausgenommen waren.

42.      Wie bei der Verabschiedung des WBP von 2012 wurde eine positive Stellungnahme des Regionaldirektors für Umweltschutz von Białystok eingeholt. Im Übrigen ist unstreitig, dass die Regionaldirektion der Staatsforste in Białystok im Jahr 2015 im Hinblick auf die Verabschiedung des Anhangs von 2016 eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die vorgesehenen Maßnahmen vornahm, die ergab, dass diese „keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder insbesondere auf die Erhaltungsziele und die Unversehrtheit des Natura‑2000-Gebiets“ haben.

43.      In einem ebenfalls das Datum des 25. März 2016 tragenden Dokument erarbeiteten der Minister für Umwelt und der Generaldirektor der Staatsforste mit dem Ziel, die Meinungsverschiedenheiten über die Art der Bewirtschaftung des Waldes von Białowieża zu beseitigen, „auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse“ ein Abhilfeprogramm mit der Bezeichnung „Programm für den Wald von Białowieża als Natur- und Kulturerbe der [Unesco] und Gebiet des Netzes Natura 2000“. Dieses Programm soll „die verschiedenen Standpunkte genau dokumentieren sowie die Verantwortlichkeit konkreter Personen im Zusammenhang mit getroffenen Entscheidungen festlegen“. Daher wurde beschlossen,

–        wissenschaftliche und juristische Unterlagen zum Wald von Białowieża „zu erstellen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“;

–        unter Berücksichtigung bestimmter geschützter Lebensräume und Arten ein Studien- und Überwachungsprogramm durchzuführen, das eine Identifizierung und Beschreibung der Parzellen, die Gegenstand einer menschlichen Besiedlung und von Maßnahmen der Waldbewirtschaftung sind, enthält, wobei innerhalb jedes Waldbestands zum einen die Zahl und das Volumen toter Bäume errechnet und zum anderen der Gehalt der Waldstreu und des Bodenprofils an organischem Kohlenstoff gemessen werden, und

–        eine Fotodokumentation zu erstellen.

44.      Um die wissenschaftliche Kontroverse zur Zweckmäßigkeit eines menschlichen Eingreifens und des Fällens von Bäumen zu beenden, war in dem Programm weiterhin die Durchführung eines Langzeitexperiments vorgesehen, das darin besteht, dass ein Drittel der Fläche der Forstbezirke reserviert wird, um dort die Auswirkungen der unterbliebenen Durchführung der Waldbewirtschaftungsmaßnahmen zu untersuchen und diese mit den Auswirkungen der ab dem Jahr 2016 vorgesehenen „Maßnahmen der Abholzung und Bewirtschaftung der Bäume (unter anderem)“ im anderen Teil zu vergleichen. Weiterhin ist eine Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen beabsichtigt.

45.      Am 31. März 2016 erließ der Generaldirektor der Staatsforste im Einklang mit seinem Auftrag und „unter Berücksichtigung der Imperative, die sich aus der Diversifizierung der Risiken einer erheblichen Beeinträchtigung natürlicher Lebensräume und des Verlusts der Artenvielfalt aufgrund einer der historisch größten Ausbreitungen des Buchdruckers im Waldgebiet von Białowieża ergeben“, die Entscheidung Nr. 52, durch die „funktionelle Referenzgebiete“ auf der Fläche der Forstbezirke Białowieża und Browsk eingerichtet wurden. Diese machen ungefähr 33 % der Fläche des Forstbezirks Białowieża, nämlich 4 137,28 ha, aus und werden in Übereinstimmung mit den im WBP von 2012 festgelegten Maßnahmen bewirtschaftet. Die Entscheidung Nr. 52 sieht vor, dass innerhalb dieser Referenzgebiete ab dem 1. April 2016 und unter Berücksichtigung der in diesen Bezirken geltenden Waldbewirtschaftungspläne eine „Waldbewirtschaftung [vorgenommen wird], die darauf gerichtet ist, die Auswirkungen der Entstehung von Artenvielfalt (in der Praxis) ausschließlich aufgrund natürlicher Prozesse zu maximieren“. In der Entscheidung wird klargestellt, dass sich diese Bewirtschaftung darauf beschränken wird,

„1.      Bäume zu entfernen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sowie – aufgrund des Liegenlassens gefällter Bäume – ein Brandrisiko darstellen;

2.      eine natürliche Erneuerung der vorgenannten Gebiete im Sinne der Regeln der Waldbewirtschaftung zuzulassen;

3.      die Waldressourcen in einem Zustand zu erhalten, durch den ein Eindringen von Menschen in den Wald – vorbehaltlich des in Nr. 4 aufgeführten Zugangs zum Wald – möglichst beschränkt wird, um eine Beeinträchtigung der vorgenannten natürlichen Prozesse zu vermeiden;

4.      nicht produktive Funktionen des Waldes als Raum zur Ausführung wissenschaftlicher Studien und ähnlicher Maßnahmen wahrzunehmen;

5.      entlang der Grenzen dieser Gebiete durch das Aufstellen von Pheromonfallen, d. h. von Lösungen, mit denen verhindert werden soll, dass Schadorganismen in einem Umfang, durch den das Überleben der Wälder bedroht wird, diese Zonen verlassen (oder in sie gelangen), einen Schutzgürtel einzurichten“.

Die Entscheidung Nr. 52 sieht vor, dass die so ausgewiesenen Gebiete jedoch nicht die Naturschutzgebiete umfassen.

46.      In Abschnitt 2 der Entscheidung ist vorgesehen, dass die auf die Waldbewirtschaftungspläne gestützte Bewirtschaftung in den zu den Forstbezirken Białowieża und Browsk gehörenden Wäldern, die sich außerhalb der Referenzgebiete befinden, nach den Grundsätzen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung erfolgen wird. Es wird klargestellt, dass „diese Bewirtschaftung … jedoch so zu erfolgen [hat], dass der Naturschutz in der Praxis durch die Anwendung von Methoden der Waldbewirtschaftung sichergestellt ist“.

47.      Nach Abschnitt 3 der Entscheidung „werden die Maßnahmen im Bereich der Forstbezirke Białowieża und Browsk zur Inventarisierung des natürlichen Reichtums, zur Überwachung der Artenvielfalt, des Zustands der natürlichen Lebensräume und der Kohlenstoffbilanz der Waldökosysteme sowie zur Sammlung jeder faktischen Dokumentation in einer gesonderten Verordnung des Generaldirektors der Staatsforste hinsichtlich des Naturinventars aller von den Staatsforsten verwalteten Flächen geregelt“. Gemäß Abs. 2 dieses Abschnitts wird der Regionaldirektor der Staatsforste (beginnend mit dem 31. Januar 2017) alle zwei Jahre einen Bericht über die Überwachung der Maßnahmen und zum Erhaltungszustand der Artenvielfalt im Wald von Białowieża vorlegen.

48.      Nach Abschnitt 4 Buchst. b der Entscheidung Nr. 52 kann vom Ausschluss dieser Flächen von Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung „im Fall der Durchführung von Arbeiten [abgewichen werden], sofern sich die Verpflichtung zur Durchführung dieser Arbeiten aus allgemein anwendbaren Rechtsvorschriften, einschließlich des PZO für das Natura‑2000-Gebiet, ergibt“.

49.      Am 17. Februar 2017(15) erließ der Generaldirektor der Staatsforste für die drei Forstbezirke die Entscheidung Nr. 51 „über das Fällen vom Buchdrucker befallener Bäume und die Ernte von Bäumen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sowie ein Brandrisiko darstellen, in allen Altersklassen der Waldbestände der Forstbezirke Białowieża, Browsk und Hajnówka“(16).

50.      Art. 1 der Entscheidung Nr. 51 bestimmt: „Der Leiter der Regionaldirektion der Staatsforste in Białystok und die Forstinspektoren der Forstbezirke Białowieża, Browsk und Hajnówka sind in Anbetracht der durch die Ausbreitung des Buchdruckers im Gebiet Puszcza Białowieska verursachte außergewöhnliche und katastrophale Situation zu folgenden Maßnahmen verpflichtet:

1.      In den von den Staatsforsten verwalteten Wäldern sind in erster Linie entlang der Verkehrswege und Tourismusrouten unverzüglich Bäume zu fällen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, wobei als wesentliches und vorrangiges Anliegen auf den Schutz der öffentlichen Sicherheit zu achten ist.

2.      Kontinuierlich sind trockene Bäume sowie das Waldrestholz gemäß den geltenden Bestimmungen zur Verhütung von Waldbränden zu ernten, u. a. durch Abtransport oder Zerkleinerung und Abtransport.

3.      Kontinuierlich und rechtzeitig sind in allen Altersklassen der Waldbestände vom Buchdrucker befallene Bäume zu fällen sowie das Holz zu ernten und rechtzeitig abzutransportieren (oder zu entrinden und zu lagern).

4.      Die Strategien zur Wiederherstellung der Waldbestände nach der Ausbreitung des Buchdruckers im Waldgebiet Puszcza Białowieska sind – unter Verwendung des von den Staatsforsten im Jahr 2016 erstellten Naturinventars für die Wälder von Puszcza Białowieska – umzusetzen und ständig zu aktualisieren, wobei im Hinblick auf die Rekonstitution und die Wiederherstellung von Pflanzengemeinschaften und insbesondere im Hinblick auf den zum Schutz des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska gehörenden Schutz wertvoller natürlicher Lebensräume verschiedene Methoden zur Erneuerung (natürliche Regeneration, Wiederaufforstung durch Saat oder Pflanzung) und zum Schutz angewandt werden, und, falls eine künstliche Regeneration erforderlich sein sollte, Bäume und Sträucher aus dem Gebiet Puszcza Białowieska zu verwenden.

5.      Durch eine regelmäßige Bestandsaufnahme des Zustands der Wälder und eine Bewertung der Artenvielfalt, auch unter Rückgriff auf ein groß angelegtes Netz an Flächen zur Inventarisierung der Natur, sind die in Nr. 4 genannten Auswirkungen zu überwachen.

6.      Das im Anschluss an den in den Nrn. 1 bis 3 genannten Holzeinschlag geerntete Holz ist in die Durchführung des in der Verordnung Nr. 2 des Generaldirektors vom 17. Januar 2017 aufgeführten Projekts Leśne Gospodarstwa Węglowe (Wald-Carbon-Farmen) [Projekt zur Erhöhung des Umfangs des durch Wälder gebundenen CO2 und anderer Treibhausgase] zu integrieren. Nicht [vom Buchdrucker] befallenes trockenes Holz (steriles Totholz) kann in Einrichtungen gelagert werden, die übergangsweise auf gelichteten oder offenen Flächen angelegt werden. Für besiedeltes Holz (käferbefallenes Holz) sind eine Entrindung und eine Lagerung in Übereinstimmung mit den Anweisungen zum Schutz der Wälder erforderlich. Die Lagerbereiche sind vor Feuer zu schützen.

7.      Ein System zum Verkauf des aufgrund des in den Nrn. 1 bis 3 genannten Holzeinschlags geernteten Holzes ist auszuarbeiten, um den Bedarf der Bewohner der im Gebiet von Puszcza Białowieska gelegenen Gemeinden zu decken.“

51.      Art. 2 dieser Entscheidung sieht vor, dass „für die Wälder, die im Gebiet von Puszcza Białowieska von den Staatsforsten verwaltet werden, … bei dem in Art. 1 genannten Holzeinschlag von den Beschränkungen im Hinblick auf das Alter der Bäume und die Funktion der Baumbestände abgewichen [wird]“.

52.      Es ist unstreitig, dass nach Erlass der Entscheidung Nr. 51 in den drei Forstbezirken Białowieża, Browsk und Hajnówka in einem „Wiederaufforstungsgebiet mit einer Fläche von etwa 34 000 ha, was fast 54 % der Fläche des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska entspricht, mit der Beseitigung trockener Bäume und vom Buchdrucker befallener Bäume begonnen wurde.

53.      Nach dem Vorbringen der Kommission, die sich dabei auf Daten der Staatsforste stützt, machte der Holzeinschlag im Wald von Białowieża seit Anfang des Jahres 2017 im Übrigen insgesamt mehr als 35 000 m3 Holz aus, davon 29 000 m3 Fichten (mithin etwa 29 000 Bäume). Nach den von Nichtregierungsorganisationen nach Auswertung von Daten der Staatsforste übermittelten Informationen hat die Abholzung über hundert Jahre alter Bestände bis Mai 2017 im Forstbezirk Białowieża 2 385,13 m3, im Forstbezirk Browsk 1 874 m3 und im Forstbezirk Hajnówka 6 540 m3 Holz ergeben.

B.      Vorverfahren

54.      Nachdem die Kommission von der Annahme des Anhangs von 2016 unterrichtet worden war, übermittelte sie den polnischen Behörden über das vorgerichtliche elektronische Kommunikationssystem EU‑Pilot(17) ein Ersuchen um Klarstellung zu einer Reihe von Fragen nach den Auswirkungen der Ausweitung der Holzgewinnung im Forstbezirk Białowieża auf den Erhaltungszustand natürlicher Lebensräume und wildlebender Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska.

55.      In ihrer Antwort vom 18. April 2016 rechtfertigten die polnischen Behörden die Ausweitung der Holzgewinnung mit einer beispiellosen Ausbreitung des Buchdruckers.

56.      Am 9. und 10. Juni 2016 reisten Vertreter der Kommissionsdienststellen in den Wald von Białowieża, um in etwa zehn Bereichen des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska Untersuchungen durchzuführen.

57.      Am 17. Juni 2016 richtete die Kommission gemäß Art. 258 AEUV an die polnischen Behörden ein Aufforderungsschreiben, das sie damit begründete, dass die im Anhang von 2016 genehmigten Maßnahmen nicht gerechtfertigt seien, dass diese Behörden sich nicht vergewissert hätten, dass die Maßnahmen nicht das Natura‑2000-Gebiet als solches beeinträchtigen und dass sie durch die Genehmigung der Ausweitung der Holzgewinnung gegen ihre Verpflichtungen aus der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie verstoßen hätten.

58.      In einem an den Europäischen Kommissar für Umwelt gerichteten Schreiben vom 27. Juni 2016 teilte der polnische Minister für Umwelt mit, dass zusätzliche Informationen zu den Lebensräumen und Arten, die im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska vorkämen, erforderlich seien und dass derzeit eine Bestandsaufnahme vorgenommen werde.

59.      Die polnischen Behörden beantworteten das Aufforderungsschreiben am 18. Juli 2016 und wiesen die Rügen der Kommission in vollem Umfang zurück.

60.      Im Februar und März 2017 fand ein Schriftwechsel zwischen dem polnischen Minister für Umwelt und dem Europäischen Kommissar für Umwelt statt. Der Minister für Umwelt teilte mit, die ersten Ergebnisse der Bestandsaufnahme seien bereits bekannt, und er habe auf dieser Grundlage entschieden, mit dem im Anhang von 2016 vorgesehenen Holzeinschlag zu beginnen.

61.      Mit Schreiben vom 28. April 2017 richtete die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Republik Polen, in der sie ihr eine Verletzung ihrer Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 und 3 sowie Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und d der Habitatrichtlinie und aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie vorwarf. Die Kommission forderte die polnischen Behörden auf, der mit Gründen versehenen Stellungnahme innerhalb einer Frist von einem Monat ab deren Erhalt nachzukommen. Sie rechtfertigte diese Frist u. a. damit, dass nach ihren Informationen mit dem Holzeinschlag begonnen worden sei, und mit der unmittelbaren Gefahr, dass das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska dadurch eine schwere und nicht wiedergutzumachende Schädigung erleide.

62.      Am 26. Mai 2017 beantwortete die Republik Polen die mit Gründen versehene Stellungnahme und machte geltend, der Vorwurf der Vertragsverletzung sei unbegründet.

63.      Da die Kommission diese Antwort nicht für zufriedenstellend hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

C.      Verfahren vor dem Gerichtshof

64.      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 20. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Kommission einen Antrag auf einstweilige Anordnungen gemäß Art. 279 AEUV und Art. 160 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs gestellt und den Gerichtshof ersucht, anzuordnen, dass die Republik Polen bis zum Erlass des Urteils zur Hauptsache zum einen, ausgenommen den Fall einer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit, die Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung in den Lebensräumen 91D0 (Moorwälder) und 91E0 (Auenwälder mit Weiden, Pappeln, Erlen und Eschen), in den über hundert Jahre alten Waldbeständen im Lebensraum 9170 (subkontinentaler Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald) sowie in den Lebensräumen des Weißrückenspechts, des Dreizehenspechts, des Sperlingskauzes, des Raufußkauzes, des Wespenbussards, des Zwergschnäppers, des Halsbandschnäppers und der Hohltaube sowie in den Lebensräumen der xylobionten Käfer, nämlich des Scharlachroten Plattkäfers, des Boros schneideri, des Rothalsigen Düsterkäfers, des Drachenkäfers, des Ungleichen Furchenwalzkäfers und des Goldstreifigen Prachtkäfers, einstellt und zum anderen die Beseitigung über hundert Jahre alter toter Fichten sowie das Fällen von Bäumen im Rahmen der Ausweitung der Holzgewinnung im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska beendet, wobei die genannten Maßnahmen aus dem Anhang von 2016 und der Entscheidung Nr. 51 folgen.

65.      Die Kommission hat außerdem gemäß Art. 160 Abs. 7 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs wegen der Gefahr einer schwerwiegenden und nicht wiedergutzumachenden Schädigung der Lebensräume und der Unversehrtheit des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska beantragt, die vorstehend angeführten einstweiligen Anordnungen noch vor Eingang der Stellungnahme der Antragsgegnerin zu erlassen.

66.      Mit Beschluss vom 27. Juli 2017(18) hat der Vizepräsident des Gerichtshofs dem Antrag vorläufig, bis zur Verkündung des Beschlusses, mit dem das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beendet wird, stattgegeben.

67.      Am 13. September 2017 hat die Kommission ihren Antrag auf einstweilige Anordnungen dahin ergänzt, dass sie den Gerichtshof ersucht, der Republik Polen außerdem ein Zwangsgeld für den Fall aufzuerlegen, dass sie den im Rahmen des Verfahrens ergehenden Anordnungen nicht nachkommt.

68.      Am 28. September 2017 hat die Republik Polen beantragt, die vorliegende Rechtssache an die Große Kammer des Gerichtshofs zu verweisen. Der Vizepräsident des Gerichtshofs hat die Rechtssache gemäß Art. 161 Abs. 1 der Verfahrensordnung dem Gerichtshof übertragen, der sie in Anbetracht ihrer Bedeutung gemäß Art. 60 Abs. 1 der Verfahrensordnung an die Große Kammer verwiesen hat.

69.      Mit Beschluss vom 20. November 2017(19) hat der Gerichtshof dem Antrag der Kommission bis zur Verkündung des die vorliegende Rechtssache abschließenden Urteils stattgegeben, wobei er der Republik Polen ausnahmsweise die Durchführung der im Anhang von 2016 und in der Entscheidung Nr. 51 vorgesehenen Maßnahmen gestattet hat, wenn sie unbedingt erforderlich sind und soweit sie angemessen sind, um unmittelbar und sofort die öffentliche Sicherheit von Personen zu gewährleisten, und zwar unter der Voraussetzung, dass andere, weniger einschneidende Maßnahmen aus objektiven Gründen nicht möglich sind. Der Gerichtshof hat weiterhin angeordnet, dass die Republik Polen der Kommission spätestens 15 Tage nach Bekanntgabe des Beschlusses – unter genauer, begründeter Angabe der Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung, die sie in Anbetracht ihrer Notwendigkeit für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit fortzuführen gedenkt – sämtliche Maßnahmen mitzuteilen hat, die sie ergriffen hat, um dem Beschluss in vollem Umfang nachzukommen. Seine Entscheidung über den ergänzenden Antrag der Kommission auf Auferlegung eines Zwangsgeldes hat der Gerichtshof vorbehalten(20).

70.      Mit Schriftsatz, der am 7. August 2017 bei der Kanzlei eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, über die vorliegende Rechtssache gemäß Art. 53 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs mit Vorrang zu entscheiden. Mit Entscheidung vom 9. August 2017 hat der Präsident des Gerichtshofs diesem Antrag stattgegeben. Am 11. Oktober 2017(21) hat der Präsident des Gerichtshofs jedoch beschlossen, die vorliegende Rechtssache von Amts wegen gemäß Art. 23a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 133 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen.

III. Vorbringen der Parteien

A.      Zur Zulässigkeit

71.      Die Republik Polen macht geltend, die zweite, die dritte und die vierte von der Kommission erhobene Rüge seien unzulässig, da sie die in der Entscheidung Nr. 51 aufgeführten, in den Gebieten der Forstbezirke Browsk und Hajnówka durchgeführten Maßnahmen beträfen. Zum einen erweiterten diese Rügen nämlich den Umfang der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme definierten Rügen in ungerechtfertigter Weise, da sich diese nur auf die Folgen der Annahme des Anhangs von 2016 für den Forstbezirk Białowieża bezögen. Der Streitgegenstand werde somit nicht nur in örtlicher, sondern auch in sachlicher Hinsicht erweitert, da die in der Entscheidung Nr. 51 aufgeführten Maßnahmen von den im Anhang von 2016 definierten Maßnahmen abwichen. Zum anderen sei die Formulierung der Rügen unklar, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob sie ausschließlich mit der Annahme des Anhangs von 2016 verbunden seien oder ob sie auch die in der Entscheidung Nr. 51 vorgesehenen Maßnahmen beträfen.

72.      Zur Stützung der Zulässigkeit aller ihrer Rügen hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass der Streitgegenstand nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zwischen dem Vorverfahren und dem gerichtlichen Verfahren erweitert werden könne, wenn die vorgeworfenen Tatsachen derselben Art seien und demselben Verhalten zugrunde lägen. Wie aus den Akten hervorgehe, hätten die der Republik Polen in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vorgeworfenen Tatsachen deshalb ausschließlich den Forstbezirk Białowieża betroffen, weil die von den polnischen Behörden zu diesem Zeitpunkt ergriffenen Maßnahmen nur diesen Bezirk betroffen hätten. Die Republik Polen habe allerdings dieselben Maßnahmen auch für die beiden anderen zum Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska gehörenden Forstbezirke ergriffen. Da es sich um identische Tatsachen handele, die demselben Verhalten zugrunde lägen, sei es gerechtfertigt, die Vertragsverletzungsklage auf das gesamte zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichtshofs von den streitigen Maßnahmen erfasste Gebiet zu erstrecken. Überdies würde die Ausübung ihres Klagerechts sehr schwer oder sogar unmöglich gemacht, wenn die Zulässigkeit ihrer Klage mit der Begründung verneint würde, dass die mit Gründen versehene Stellungnahme keine nach ihr eingetretenen Tatsachen betreffe. Insoweit sei die zwischen der mit Gründen versehenen Stellungnahme und der Vertragsverletzungsklage erfolgte räumliche Erweiterung lediglich die Folge davon, dass die polnischen Behörden selbst beschlossen hätten, während des Vorverfahrens Entscheidungen derselben Art zu treffen und diese spät zu veröffentlichen, was ausschließe, dass die Erweiterung als Grund für die Unzulässigkeit ihrer Klage berücksichtigt werden könne.

B.      Zur Begründetheit

1.      Kommission

73.      Mit ihrer ersten Rüge macht die Kommission geltend, die Republik Polen habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie verstoßen, dass sie den Anhang von 2016 erlassen und die darin vorgesehenen Maßnahmen der Waldbewirtschaftung durchgeführt habe, ohne sich zu vergewissern, dass dadurch das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska als solches nicht beeinträchtigt wird.

74.      Da der Anhang von 2016 den WBP von 2012 abändere, stelle er einen Plan oder ein Projekt dar, der bzw. das nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska in Verbindung stehe oder hierfür nicht notwendig sei, dieses Gebiet jedoch aufgrund der darin vorgesehenen Verdreifachung des Kubikmaßes des im Forstbezirk Białowieża gewonnenen Holzes erheblich beeinträchtigen könnte. Anders als die PZO seien die WBP nämlich keine Bewirtschaftungspläne im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie, da sie nicht die Ziele und die nötigen Erhaltungsmaßnahmen für die Natura‑2000-Gebiete festlegten. Die WBP hätten hauptsächlich den Zweck, u. a. durch die Festlegung der Höchstmenge des verwertbaren Holzes und die Aufstellung von Maßnahmen zum Schutz des Waldes die Waldbewirtschaftungspraktiken zu regeln. Vor ihrer Annahme oder Änderung sei mithin gemäß Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für das betreffende Natura‑2000-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen durchzuführen, was hier im Übrigen der Fall gewesen sei, da die Republik Polen im Jahr 2015 eine solche Prüfung der Verträglichkeit des Entwurfs des Anhangs von 2016 mit der Erhaltung des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska durchgeführt habe.

75.      Die polnischen Behörden hätten sich jedoch nicht vergewissert, dass der Anhang von 2016 dieses Natura‑2000-Gebiet als solches nicht beeinträchtige, was voraussetze, dass seine grundlegenden Eigenschaften, die mit dem Vorkommen eines natürlichen Lebensraums zusammenhingen, zu dessen Erhaltung dieses Gebiet als GGB und BSG ausgewiesen worden sei, dauerhaft erhalten blieben. Im vorliegenden Fall handele es sich bei den Eigenschaften dieses Natura‑2000-Gebiets als solchem um folgende: die dort ablaufenden natürlichen ökologischen Prozesse (natürliche Verjüngung der Bäume, natürliche Selektion der Arten, natürliche ökologische Abfolge), die Vielfalt der Artenzusammensetzung und die Altersstruktur seiner Waldbestände, die insbesondere einen hohen Anteil an Bäumen in der Optimal- oder Endphase enthielten, der Reichtum an Totholz und das Vorkommen von Arten, die für von Menschenhand unberührte Naturwälder typisch seien und in den vorgenannten natürlichen Lebensräumen lebten.

76.      Die polnischen Behörden könnten nicht unter Berufung auf die im Jahr 2015 im Hinblick auf die Erstellung des Anhangs von 2016 durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ausschließen, dass wissenschaftliche Bedenken in Bezug auf das Fehlen nachteiliger Auswirkungen auf das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska als solches bestünden, da diese Prüfung auf der im Jahr 2012 im Hinblick auf die Annahme des WBP von 2012 durchgeführten Prüfung beruhe und sich auf vom Buchdrucker befallene Bestände konzentriert habe. Außerdem könnten auch die spätere Einrichtung von Referenzflächen und die Durchführung von Arbeiten zur Bestandsaufnahme nicht die zur Genehmigung der Waldbewirtschaftungsarbeiten erforderliche Sicherheit verschaffen.

77.      Insbesondere stellten die im Anhang von 2016 vorgesehenen Maßnahmen zur Entfernung toter oder absterbender Bäume, die Maßnahmen der Waldbewirtschaftung in Form von Sanitärschnitten und der Fällung von Bäumen im Fall von über hundert Jahre alten Beständen im subkontinentalen Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald und im Auenwald sowie die Maßnahmen zur Entfernung über hundert Jahre alter absterbender oder toter, vom Buchdrucker befallener Fichten „potenzielle Gefahr[en]“ für die im PZO von 2015 aufgeführten natürlichen Lebensräume und die Lebensräume der in Rede stehenden Arten dar. Dagegen werde die Aktivität des Buchdruckers nicht als „potenzielle Gefahr“ angesehen, denn in Anhang 3 des PZO von 2015 werde vielmehr die Entfernung vom Buchdrucker befallener Fichten ausdrücklich als Bedrohung für die Lebensräume von drei geschützten Vogelarten angesehen.

78.      Zudem sei hervorzuheben, dass die Ausbreitungsphasen des Buchdruckers nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand Teil der natürlichen Zyklen seien, die regelmäßig in Wäldern dieser Art beobachtet würden. Im Nationalpark Białowieża, in dem der Erhaltungszustand der Lebensräume besser sei als in den von den Staatsforsten verwalteten Forstbezirken, in denen Sanitärschnitte durchgeführt worden seien, würden diese im Übrigen nicht überwacht. Der bessere Erhaltungszustand der von menschlichen Eingriffen unberührten Lebensräume des Waldes von Białowieża ergebe sich auch aus wissenschaftlichen Untersuchungen. Ferner werde von Wissenschaftlern befürchtet, dass das Entfernen toter oder absterbender Bäume die Altersstruktur der Waldbestände aus dem Gleichgewicht bringe, die Vielfalt der geschützten Arten und Lebensräume verringere und wichtige Nahrungsquellen für zahlreiche geschützte Tierarten beseitige. Da es zur Bewahrung der Artenvielfalt notwendig sei, Totholz im Wald zu belassen, sei dessen Beseitigung im Rahmen von Sanitärschnitten mit den für die geschützten Gebiete festgelegten Erhaltungszielen unvereinbar.

79.      Des Weiteren ergebe sich aus der Antwort der polnischen Behörden auf die EU‑Pilot-Anfrage, dass die im Anhang von 2016 genehmigten Maßnahmen auf einer Fläche von 5 100 ha, was 58 % des Forstbezirks Białowieża und 8 % der Fläche des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska ausmache, umgesetzt würden. Die polnischen Behörden hätten in ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme angegeben, dass sich das Anwendungsgebiet des Anhangs von 2016 nach Berücksichtigung der Referenzflächen auf 3 401 ha, mithin 5,4 % der Fläche des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska, erstrecken würde. Die damit umgesetzten Maßnahmen hätten in Wirklichkeit sehr viel größere Auswirkungen, da die polnischen Behörden selbst zugestanden hätten, dass sich die Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des Buchdruckers auf eine Gesamtfläche von 34 000 ha erstreckten, während die Referenzflächen, auf denen diese Maßnahmen nicht umgesetzt würden, 17 000 ha umfassten. Unter diesen Umständen könnten die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den Umweltschutz nicht als unerheblich bezeichnet werden, zumal die zuständigen Behörden, indem sie im WBP von 2012 den Umfang der Holzgewinnung auf 63 471 m3 bis zum Jahr 2021 festgesetzt hätten, nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ein im Hinblick auf die für das Natura‑2000-Gebiet festgelegten Erhaltungsziele ausgeglichenes Bewirtschaftungsniveau gefunden hätten.

80.      Die polnischen Behörden hätten zu keinem Zeitpunkt des Entscheidungsprozesses die Vorbehalte und Stellungnahmen wissenschaftlicher Einrichtungen berücksichtigt. Insoweit beruhe die Umweltverträglichkeitsprüfung von 2015 zum einen auf einer falschen Methode, da sie sich nicht auf die besonderen Erhaltungsziele für die den Gegenstand des PZO von 2015 bildenden Lebensräume und Tierarten beziehe, und zum anderen auf einer Prüfung aus dem Jahr 2012. Ferner konzentriere sie sich auf vom Buchdrucker befallene Bestände. Auch werde in dieser Prüfung weder definiert, was unter der Unversehrtheit des in Rede stehenden Natura‑2000-Gebiets zu verstehen sei, noch angegeben, weshalb die vorgesehenen Maßnahmen diese Unversehrtheit beeinträchtigen könnten. Es bestehe die Gefahr, dass die vorgesehenen Maßnahmen der Waldbewirtschaftung ohne ausreichende Berücksichtigung der Bedürfnisse und der Erhaltungsziele für die betreffenden Lebensräume und Arten ausgeführt würden. Im Übrigen sei der Anhang von 2016 nicht auf der Grundlage aktualisierter Informationen angenommen worden, da die polnischen Behörden, um eine bessere Kenntnis über die Verbreitungsgebiete dieser Arten zu erlangen, im Jahr 2016 eine Bestandsaufnahme für dieses Gebiet durchgeführt hätten, deren Ergebnisse zum Zeitpunkt der Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme noch nicht endgültig gewesen seien.

81.      Zur Stützung des letztgenannten Arguments weist die Kommission darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung, mit der das Projekt genehmigt werde, aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehen dürfe, dass es sich nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirke(22). Die Republik Polen habe daher schon deshalb gegen Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie verstoßen, weil der Minister für Umwelt bei der Annahme des Anhangs von 2016 nicht habe sicher sein können, das sich die in diesem Anhang vorgesehenen Maßnahmen nicht nachteilig auf das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska als solches auswirken würden. Daraus ergebe sich, dass der Verstoß gegen diese Bestimmung selbst dann, wenn später festgestellt werde, dass keine nachteiligen Auswirkungen eingetreten seien, durch keinerlei Maßnahme behoben werden könne, da zum Zeitpunkt der Genehmigung des Anhangs die Voraussetzungen für die Annahme einer befürwortenden Entscheidung nicht erfüllt gewesen seien.

82.      Die Einrichtung von „Referenzflächen“ auf 33 % der Fläche des Natura‑2000-Gebiets könne daher nicht als Maßnahme zur Abschwächung der nachteiligen Auswirkungen der Umsetzung des Anhangs von 2016 angesehen werden. Zum einen seien diese Flächen nicht in die im Jahr 2015 durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung einbezogen worden. Zum anderen könnten die durch die Umsetzung dieses Anhangs verursachten nachteiligen Auswirkungen nicht durch die Einrichtung dieser Flächen vermieden oder reduziert werden. Sie erhielten lediglich die frühere Situation in einem Teil des Forstbezirks Białowieża aufrecht, beschränkten jedoch nicht die nachteiligen Auswirkungen aus den im Anhang von 2016 vorgesehenen Maßnahmen im übrigen Gebiet dieses Bezirks, dessen Fläche größer sei. Die „Referenzflächen“ seien ferner willkürlich ausgewiesen worden. Da die Ausweisung solcher Flächen in Wirklichkeit keine Auswirkungen auf das in diesem Anhang festgesetzte maximale Gesamtvolumen der Holzgewinnung habe, führe die Festlegung dieser Flächen zu einer Intensivierung des Holzeinschlags im restlichen Gebiet des Forstbezirks Białowieża.

83.      Außerdem könne vom Ausschluss dieser Flächen abgewichen werden, da die Entscheidung Nr. 52 in Abs. 4 Buchst. b eine Ausnahme von den für die Referenzflächen geltenden Einschränkungen zulasse und die Entscheidung Nr. 51 das Fällen und Entfernen trockener Bäume sowie vom Buchdrucker befallener Bäume aller Altersklassen anordne, ohne diese Flächen zu berücksichtigen.

84.      Mit ihrer zweiten Rüge macht die Kommission geltend, die Republik Polen habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie und aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie verstoßen, dass sie die im Anhang von 2016 und in der Entscheidung Nr. 51 vorgesehenen Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung durchgeführt habe.

85.      Gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie seien die Mitgliedstaaten gehalten, für die in ihrem Anhang I genannten Vogelarten, für die ein BSG ausgewiesen worden sei, und für nicht in diesem Anhang aufgeführte Zugvogelarten besondere Maßnahmen zur Erhaltung ihres natürlichen Lebensraums zu treffen, um den Fortbestand und die Fortpflanzung dieser Arten in ihrem Verbreitungsgebiet zu gewährleisten. Die Beibehaltung eines günstigen Erhaltungszustands der Lebensräume des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska betreffe nach Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie u. a. folgende Arten: den Wespenbussard, den Weißrückenspecht, den Dreizehenspecht, den Sperlingskauz, den Raufußkauz, den Zwergschnäpper und den Halsbandschnäpper. Die Hohltaube sei den in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie aufgeführten Zugvogelarten zuzuordnen.

86.      Das Ziel der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie bestehe darin, die Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Lebensräume dieser Arten zu ermöglichen und nicht bloß deren Aussterben zu verhindern. Das Argument, die Intensivierung der Holzschnitte sei mit den Vogelschutzbestimmungen vereinbar, da die Mindestzahl von Spechtpaaren im fraglichen Gebiet beibehalten werde, entbehre somit der Grundlage.

87.      Allein die Aufnahme der Erhaltungsmaßnahmen für das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska in den PZO von 2015 ohne tatsächliche Möglichkeit, diese auch anzuwenden, lasse nicht den Schluss zu, dass der in Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie vorgesehenen Verpflichtung zur Festlegung der nötigen Erhaltungsmaßnahmen entsprochen worden sei. Diese „Festlegung“ setze nämlich voraus, dass die Maßnahmen tatsächlich angewandt werden könnten und ihnen somit praktische Wirksamkeit verliehen werde. Diese Auslegung gelte auch für Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie.

88.      Die Durchführung von Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung wie Abholzung, Sanitärschnitte und Aufforstung in Lebensräumen, für die die Bewahrung ihres Erhaltungszustands solche Maßnahmen förmlich ausschließe, da sie Bedrohungen gleichzustellen seien, laufe jedoch Erhaltungsmaßnahmen zuwider, die u. a. den „Ausschluss von Maßnahmen der Waldbewirtschaftung in allen Beständen einer Art, die zu mindestens 10 % aus über hundert Jahre alten Exemplaren bestehen“, die „Bewahrung toter Bäume“ sowie die „Bewahrung aller über hundert Jahre alten toten Fichten bis zu ihrer vollständigen Mineralisierung“ vorsähen. Insoweit entsprächen die Bereiche, in denen diese Maßnahmen geplant seien, den Gebieten mit über hundert Jahre alten Waldbeständen und den Lebensräumen xylobionter Käfer, im Wesentlichen des Scharlachroten Plattkäfers und des Boros schneideri. Außerdem seien die Verdreifachung der Holzgewinnung bis zum Jahr 2021 und die damit verbundene Entfernung von Bäumen nicht mit den Erhaltungsmaßnahmen vereinbar und verhinderten, dass sie praktische Wirksamkeit entfalteten. Diese Maßnahmen stellten ihrem Wesen nach eine Bedrohung für die in Anhang 3 des PZO von 2015 aufgeführten natürlichen Lebensräume und die Lebensräume von Vogelarten und xylobionten Käfern dar.

89.      Die genannten Maßnahmen verstärkten nicht nur diese Bedrohung, sondern erschwerten außerdem die Durchführung der im PZO von 2015 festgelegten Erhaltungsmaßnahmen noch mehr. Sie könnten auch nachteilige Auswirkungen auf den allgemeinen Erhaltungszustand bestimmter xylobionter Käferarten, insbesondere des Rothalsigen Düsterkäfers und des Goldstreifigen Prachtkäfers, in Polen und Europa haben, für die das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska eines der letzten oder wichtigsten Verbreitungsgebiete in der Union darstelle.

90.      Mit ihrer dritten Rüge macht die Kommission geltend, die Republik Polen habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und d der Vogelschutzrichtlinie verstoßen, dass sie die im Anhang von 2016 und in der Entscheidung Nr. 51 vorgesehenen Maßnahmen der Waldbewirtschaftung durchgeführt habe, da diese nicht die Beschädigung oder die Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der in Anhang IV Buchst. a dieser Richtlinie aufgeführten xylobionten Käfer, nämlich des Scharlachroten Plattkäfers, des Goldstreifigen Prachtkäfers, des Rothalsigen Düsterkäfers und des Drachenkäfers, verhindern könnten und demzufolge eine ernsthafte Gefahr für deren Überleben darstellten.

91.      Art. 12 der Habitatrichtlinie erlege den Mitgliedstaaten nicht nur die Schaffung eines vollständigen gesetzlichen Rahmens auf, sondern auch die Durchführung konkreter Maßnahmen, um den Rückgang der Populationen der in diesem Anhang aufgeführten Arten aufzuhalten. Ein strenges Schutzsystem setze den Erlass kohärenter und koordinierter vorbeugender Maßnahmen voraus, die geeignet seien, tatsächlich die Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dieser Arten zu verhindern(23).

92.      Alle von diesem strengen Schutz erfassten xylobionten Käfer seien während ihres Lebenszyklus auf absterbende oder – stehende oder liegende – tote Bäume angewiesen. Diverse wissenschaftliche Studien bestätigten, dass tote Fichten einen wichtigen Lebensraum des Scharlachroten Plattkäfers darstellten und zentraler Bestandteil seines Lebenszyklus seien. Zwei oder drei Jahre nach ihrem Absterben oder in einer späteren Phase ihrer Zersetzung werde die Fichte von anderen xylobionten Käferarten wie dem Drachenkäfer und dem Rothalsigen Düsterkäfer besiedelt. Die Intensivierung der Abholzung von Beständen, insbesondere von Fichten, und die Beseitigung des Totholzes und der absterbenden, vom Buchdrucker befallenen Bäume führten daher zum Tod dieser streng geschützten Arten und zur Vernichtung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Da diese in Baumstümpfen und unter der Baumrinde lebenden Arten wenig sichtbar seien, könnten keine wirksamen Abhilfemaßnahmen wie beispielsweise ein selektiver Holzeinschlag gewählt werden. Die einzige zweckdienliche Maßnahme, die eine Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dieser Arten verhindern könne, bestehe darin, nicht in Lebensräumen tätig zu werden, von denen man wisse, dass sie sich dort befänden.

93.      Die in Art. 12 der Habitatrichtlinie aufgeführten Verbote seien absolut, unabhängig von Anzahl und Vorkommen von Exemplaren der Tierarten, für die strenge Erhaltungsmaßnahmen gälten. Die weite Verbreitung des Scharlachroten Plattkäfers könne daher nicht die Intensivierung der Waldbewirtschaftungsmaßnahmen, die zu einem Verstoß gegen diese Verbote führen könnten, rechtfertigen. Im Übrigen sei der Rothalsige Düsterkäfer eine äußerst seltene Art, für die es in Polen nur vier bekannte Lebensräume gebe, zwei davon im Forstbezirk Białowieża, so dass der Verlust eines einzigen Lebensraums erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Bewahrung seines Erhaltungszustands in Europa haben könne. Der Goldstreifige Prachtkäfer komme in Polen nur im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska vor. Schließlich sei dieses Gebiet der letzte und zugleich auch der bedeutendste Lebensraum des Drachenkäfers in Polen, wobei er in der Union daneben nur in Schweden und in Finnland vorkomme.

94.      Mit ihrer vierten Rüge macht die Kommission geltend, die Republik Polen habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie verstoßen, dass sie keine allgemeine Erhaltungsregelung festgelegt habe, die geeignet sei, insbesondere die absichtliche Zerstörung von Nestern und das Stören des Weißrückenspechts, des Dreizehenspechts, des Sperlingskauzes und des Raufußkauzes, bei denen es sich um in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführte Arten handele, im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska zu verhindern.

95.      Art. 5 der Vogelschutzrichtlinie erlege den Mitgliedstaaten ebenso wie Art. 12 der Habitatrichtlinie nicht nur die Schaffung eines vollständigen gesetzlichen Rahmens auf, sondern auch das Ergreifen konkreter und detaillierter Erhaltungsmaßnahmen einschließlich wirksamer Durchsetzungsmaßnahmen. Diese Regelung ergebe sich aus der Verpflichtung, den Rückgang der betreffenden Vogelarten wirksam aufzuhalten. Es sei jedoch offensichtlich, dass die beträchtliche Intensivierung der Holzgewinnung in Lebensräumen, die von höchster Bedeutung für die Fortpflanzung und die Rast der in dem in Rede stehenden Natura‑2000-Gebiet wildlebenden Arten seien, die Gefahr einer Zerstörung ihrer Nester und einer absichtlichen Störung, auch während ihrer Brutzeit, erhöhe.

96.      Das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska sei nämlich das wichtigste Verbreitungsgebiet des Weißrückenspechts und des Dreizehenspechts in Polen. Absterbende und tote Bäume und insbesondere über hundert Jahre alte Fichten seien die wichtigsten Nahrungs- und Brutstätten dieser beiden Spechtarten. Das Entfernen tausender, vom Buchdrucker befallener Bäume führe zu einer absichtlichen Vernichtung der Lebensräume dieser Spechte sowie zu einer großflächigen Störung dieser Arten. Insoweit hätten die polnischen Behörden keine Beweise dafür vorgelegt, dass diese beiden Spechtarten von der Intensivierung der Abholzung in ihren Lebensräumen profitierten; sie sei vielmehr geeignet, den Rückgang dieser Arten zu beschleunigen. Ferner lägen keine Daten vor, denen zu entnehmen sei, ob die Bestände dieser Spechtarten nach Beendigung der Ausbreitung des Buchdruckers wieder einen mehr oder weniger hohen Stand erreichen könnten. Es seien mehrere Jahrzehnte erforderlich, um durch die Pflanzung junger Fichten erneut einen für Spechte günstigen Zustand der Lebensräume – wie die von alten, insbesondere mehr als hundert Jahre alten Beständen gebildeten Lebensräume – zu erreichen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass sich die Fichten in den vom Buchdrucker befallenen Gebieten selbst regenerierten, ohne dass ein menschliches Eingreifen erforderlich sei.

97.      Ferner seien die absterbenden und toten Bäume auch wichtige Nistplätze des Sperlingskauzes und des Raufußkauzes, die auf von Spechten geschaffene Höhlen angewiesen seien. Die großflächige Beseitigung vom Buchdrucker befallener Fichten sei ein Faktor, der zur umfangreichen Vernichtung ihrer Vermehrungsgebiete beitrage. Bei dem Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska handele es sich jedoch um eines der dichtesten Verbreitungsgebiete des Sperlingskauzes und des Raufußkauzes. Die Tatsache, dass die Konzentration an Sperlingskäuzen dort höher als deren durchschnittliche Konzentration in Polen sei, rechtfertige nicht die Durchführung von Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung, die Tiere stören und die Nester dieser Art zerstören könnten.

98.      Den erhaltenen Informationen sei weiterhin zu entnehmen, dass die Entfernungen und Fällungen während der Brutzeit der vier Specht- und Kauzarten stattgefunden hätten. Der Anhang von 2016 und die Entscheidung Nr. 51 ließen eine Abholzung ohne zeitliche Beschränkung zu. Folglich könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einem Verstoß gegen das Verbot der Störung dieser Arten während der Brutzeit komme.

2.      Republik Polen

99.      Hinsichtlich der ersten, auf die Verletzung von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie gestützten Rüge macht die Republik Polen in Bezug auf den Status des Anhangs von 2016 zunächst geltend, dass der WBP von 2012 ebenso wie dieser Anhang ein „Bewirtschaftungsplan“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie sei. Der WBP sei ein technisches Instrument zur Durchführung des PZO. Da sich der PZO nicht auf den Umfang der Holzgewinnung im Gebiet der verschiedenen Forstbezirke beziehe, sondern lediglich die Orte angebe, an denen die für die Zwecke der Bewahrung von Arten und Lebensräumen erforderlichen Maßnahmen durchgeführt würden, könne er nicht ohne einen WBP angewandt werden. Die im Jahr 2015 durchgeführte strategische Umweltprüfung habe gezeigt, dass die Durchführung der Waldbewirtschaftungsmaßnahmen des Anhangs von 2016 keinerlei negative Auswirkung auf geschützte Arten und Lebensräume des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska oder auf die Kohärenz und die Unversehrtheit dieses Gebiets hätten.

100. Vorliegend ergebe sich die im WBP von 2012 erwähnte Notwendigkeit zur Ausweitung der Holzgewinnung u. a. daraus, dass es unmöglich gewesen sei, die damals im Entwurf des PZO aufgeführten Erhaltungsmaßnahmen vollständig durchzuführen. Der Anhang von 2016 ermögliche somit die Erfüllung der Schutzaufgaben, die darin bestünden, die Ausbreitung des Buchdruckers einzudämmen. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass der im Anhang von 2016 genannte Holzeinschlag von 188 000 m3 weit unter den in den WBP für die Zeiträume 1992–2001 (308 000 m3) und 2002–2011 (302 000 m3) angegebenen Werten liege. Die Kommission erläutere nicht, warum der zuvor in erheblich größerem Umfang erfolgte Holzeinschlag in Anbetracht der für dieses Natura‑2000-Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zulässig gewesen sei.

101. Zum Vorbringen der Kommission, wonach nicht geprüft worden sei, ob sich der Anhang von 2016 nachteilig auf das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska als solches auswirke, sei darauf hinzuweisen, dass nach dem Ustawa o udostępnianiu informacji o środowisku i jego ochronie, udziale społeczeństwa w ochronie środowiska oraz o ocenach oddziaływania na środowisko (Gesetz über den Zugang zu Informationen über die Umwelt und deren Schutz, die Beteiligung der Öffentlichkeit am Umweltschutz und die Umweltverträglichkeitsprüfung) vom 3. Oktober 2008(24) eine strategische Umweltprüfung erforderlich gewesen sei, da der Regionaldirektor für Umweltschutz von Białystok es für wahrscheinlich erachtet habe, dass die Umsetzung dieses Anhangs Auswirkungen auf das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska haben könne. Demzufolge habe der Anhang von 2016 erst genehmigt werden können, nachdem sichergestellt worden sei, dass die vorgesehenen Maßnahmen keine negativen Auswirkungen auf dieses Gebiet haben würden. Nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung sei somit der erste Entwurf des Anhangs, der eine Holzgewinnung im Umfang von 317 894 m3 zum Gegenstand gehabt habe, aufgrund der negativen Stellungnahme des amtierenden Regionaldirektors für Umweltschutz von Białystok verworfen worden. Die Holzgewinnung sei im Anhang von 2016 nach einer erneuten Prüfung, die gezeigt habe, dass keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf dieses Gebiet als solches gegeben seien, schließlich auf 129 000 m3 beschränkt worden. Demzufolge sei eine Prüfung vorgenommen worden, was die Kommission zugestanden habe. Der Anhang von 2016 habe sogar – zumindest mittelfristig – wesentliche positive Auswirkungen auf eine Reihe von Gesichtspunkten, die im PZO von 2015 genannt seien, da die Veränderung des Umfangs der Holzgewinnung unbedingt erforderlich sei, um die in diesem PZO vorgesehenen Erhaltungsmaßnahmen umzusetzen. Im Übrigen sehe dieser Anhang keine absichtliche Tötung oder den Fang oder die Störung von Tieren vor. Der derzeitige Erhaltungszustand der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten bleibe im Einklang mit den Bestimmungen des PZO von 2015 bestehen.

102. Die Kommission habe in Wirklichkeit zu Unrecht angenommen, dass mit den im Anhang von 2016 aufgezählten Maßnahmen für sich genommen eine Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska als solches verbunden sei. Die Kommission habe es insoweit versäumt, mit der gemäß Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie durchgeführten strategischen Umweltprüfung des Anhangs von 2016 die gesamten empirischen Daten und die wissenschaftlichen und historischen Unterlagen zu diesem Natura‑2000-Gebiet sowie zu dessen wichtigstem Aspekt zu berücksichtigen. Dabei handele es sich um die Feststellung, dass das gesamte Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska über Jahrhunderte hinweg durch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung von Menschenhand gestaltet worden sei. Insbesondere seien der Zustand und Umfang der Verbreitung der Lebensräume und der bei der Ausweisung des Gebiets PLC200004 Puszcza Białowieska als Bestandteil des Netzes Natura 2000 vorkommenden Arten das Ergebnis der früheren Bewirtschaftung des Waldes von Białowieża, d. h. der Holzgewinnung in Waldbeständen, die in der Vergangenheit gepflanzt worden seien. In Wirklichkeit sei es die auf Druck der Kommission im WBP von 2012 vorgenommene drastische Herabsetzung der Holzgewinnung in alternden Waldbeständen, die zum Absterben der Waldbestände, insbesondere der Fichten, geführt habe. Die Unterbrechung der nachhaltigen Bewirtschaftung der Ressourcen des Waldes von Białowieża habe die Ausbreitung des Buchdruckers begünstigt. Danach sei es zu Veränderungen der geschützten Lebensräume gekommen. So habe beispielsweise der Eichen-Hainbuchen-Wald, d. h. der vorherrschende Lebensraum, begonnen, sich in Sumpfgebiete und Graslandschaften umzuwandeln. Um der Ausbreitung des Buchdruckers entgegenzuwirken, hätten die polnischen Behörden daher ein Abhilfeprogramm ausgearbeitet, dessen Ausgangspunkt eine umfassende Bestandsaufnahme des Zustands der Lebensräume und Arten im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska gewesen sei, deren Ergebnisse zum Zeitpunkt der Einreichung der Klagebeantwortung der Republik Polen noch nicht verfügbar gewesen seien. Unter diesen Umständen stelle die Annahme des Anhangs von 2016 einen Versuch dar, erneut die frühere Bewirtschaftungsmethode anzuwenden.

103. Es sei deshalb die Unterbrechung der Erhaltungsmaßnahmen, die das Natura‑2000-Gebiet als solches und die Kontinuität der dort befindlichen Lebensräume gefährde. Die Kommission habe daher einen Fehler begangen, als sie sich auf die Eigenschaft des Waldes von Białowieża als Primärwald gestützt und behauptet habe, die in diesem Wald vorkommenden Arten seien typisch für von Menschenhand unberührte Gebiete. Eine Art wie beispielsweise der Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia), der in der Vergangenheit aufgrund der regelmäßigen Beweidung vorgekommen sei, sei nach deren Einstellung nicht mehr anzutreffen.

104. Auch andere Mitgliedstaaten hätten sich für eine aktive Waldbewirtschaftung entschieden. So sei in der Republik Österreich in Nationalparks und Gebieten von hohem Naturschutzwert ein Programm zur Begrenzung der Ausbreitung des Buchdruckers eingerichtet worden, in dessen Rahmen das Verbot der Durchführung von Arbeiten in „Artenzentren“ beibehalten worden sei, wobei gleichzeitig die angrenzenden Wirtschaftswälder durch die Anwendung von Waldbewirtschaftungstechniken geschützt würden. Es werde allgemein empfohlen, die Flächen, auf denen die natürlichen Prozesse geschützt würden, wie in Nationalparks, klar in ein Gebiet, in dem keine Eingriffe stattfänden, und in Randgebiete aufzuteilen, in denen die Maßnahmen zur Beschränkung der Ausbreitung des Buchdruckers durchgeführt würden. Durch die Einrichtung von Referenzgebieten habe die Republik Polen einen identischen Ansatz verfolgt. Selbst wenn im Übrigen von den Maßnahmen der Waldbewirtschaftung verursachte negative Effekte auf die Größe der Specht-Populationen vorhanden wären, seien deren Auswirkungen begrenzt, da sich die Anzahl der Spechte gemäß dem PZO für das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska auf einem relativ hohen Stand halte. Ferner könne die Einrichtung von Referenzgebieten entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht als Eingeständnis des Vorliegens negativer Auswirkungen der durchgeführten Maßnahmen auf die Umwelt oder als Versuch angesehen werden, die Folgen solcher Auswirkungen abzuschwächen.

105. Die im Anhang von 2016 vorgesehenen Maßnahmen stünden auch im Einklang mit dem PZO von 2015. Nach diesem Plan seien nämlich Bewirtschaftungsmaßnahmen wie Fällungen und vor dem Fällen vorgenommene Schnitte in Beständen einer Art, die zu mindestens 10 % aus über hundert Jahre alten Exemplaren bestünden, ausgeschlossen. In diesen Forstbeständen würden nur Sanitärschnitte durchgeführt, um vom Buchdrucker befallenes Fichtenholz zu beseitigen. Das trockene Holz werde dort nicht beseitigt. Ferner würden keinerlei Sanitärschnitte in Naturschutzgebieten und in Sumpf- und Feuchtlebensräumen vorgenommen. Die nicht von Sanitärschnitten betroffenen Bereiche machten 7 123 ha aus, mithin 58 % der Fläche des Forstbezirks Białowieża. Die Tatsache, dass die im Anhang von 2016 vorgesehenen Maßnahmen nur 5,4 % (d. h. 3 401 ha) des in Rede stehenden Gebiets erfassten, sei bei der Entscheidung über ihre Durchführung berücksichtigt worden. Unter diesen Umständen habe die im Jahr 2015 gemäß Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen, dass sich die im PZO von 2015 angeführte potenzielle Bedrohung im Zusammenhang mit der Entfernung toter oder absterbender Bäume realisieren könne.

106. Hinsichtlich der xylobionten Käfer sei ferner darauf hinzuweisen, dass keine toten Fichten, die den Lebensraum des Goldstreifigen Prachtkäfers darstellten, entfernt worden seien. Das Auftreten der Populationen des Scharlachroten Plattkäfers konzentriere sich nach den in den Jahren 2016 und 2017 an fast 12 000 Bäumen durchgeführten Untersuchungen auf Espen und Eschen.

107. Die seit April 2016 durchgeführte Bestandsaufnahme stelle das erste Vorhaben dieser Art dar, in dessen Rahmen die Bestandteile der Artenvielfalt auf 1 400 innerhalb eines regelmäßigen Rasters verteilten Gebieten, die das gesamte Waldgebiet Białowieża erfassten, objektiv und statistisch abgesichert bewertet worden seien. Die wichtigste Bedrohung für den Boros schneideri sei der Rückgang der Fichten im BSG. Für den Drachenkäfer, den Rothalsigen Düsterkäfer und den Ungleichen Furchenwalzkäfer ergebe sich die schwerwiegendste Bedrohung aus der Unterbrechung des kontinuierlichen Anfalls von groß dimensioniertem Totholz, die durch das rasche Absterben der älteren Fichtenbestände aufgrund der Ausbreitung des Buchdruckers verursacht worden sei.

108. Im Übrigen habe sich der Holzeinschlag im Zusammenhang mit der Entfernung toter Fichten positiv auf den Lebensraum des Eremiten und des Goldstreifigen Prachtkäfers ausgewirkt, da er den Lichteinfall im Wald erhöht habe. Was die anderen Arten (den Scharlachroten Plattkäfer, den Boros schneideri und den Ungleichen Furchenwalzkäfer) anbelange, so sei die Fichte nicht ihr bevorzugter Lebensraum. Der Wald von Białowieża weise derzeit durchschnittlich etwa 64 m3 Totholz pro Hektar auf. Angesichts des kontinuierlichen Entstehens von Totholz in der Landschaft gewährleiste dieser Umstand in vollem Umfang die Sicherheit der Lebensräume der in Rede stehenden Käferarten. Im Lauf des Verfahrens der strategischen Umweltprüfung seien die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf alle innerhalb des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska geschützten Elemente geprüft worden.

109. Zu berücksichtigen seien auch die Referenzflächen, die keineswegs darauf abzielten, die angeblich negativen Auswirkungen der in Rede stehenden Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung auszugleichen oder abzuschwächen. Diese Bereiche seien im Einklang mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV zu Zwecken des Vergleichs mit den anderen Bereichen des Waldes von Białowieża eingerichtet worden. Im Übrigen seien diese Bereiche keineswegs willkürlich definiert worden. Ihre Lage sei abhängig vom Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und davon, dass keine Durchführung von Schutzaufgaben nach Maßgabe des PZO von 2015 erforderlich sei. Die Kommission könne den polnischen Behörden auch nicht vorwerfen, keine Umweltverträglichkeitsprüfung für die Referenzflächen durchgeführt zu haben. Folgte man nämlich dieser Argumentation, so müsste die gleiche Kritik auch für die von der Kommission verlangte Unterbrechung der Bewirtschaftung im gesamten Wald von Białowieża gelten.

110. Die Kommission gehe insoweit zu Unrecht davon aus, dass sich Untätigkeit positiv auf die Artenvielfalt auswirke. Wie aus den Ergebnissen der seit April 2016 durchgeführten Bestandsaufnahme hervorgehe, sei beispielsweise im strengen Schutzgebiet des Nationalparks Białowieża eine einzige Kolonie des Boros schneideri festgestellt worden, während im Gebiet des Forstbezirks Białowieża 70 solcher Kolonien festgestellt worden seien. Eine ähnliche Situation ergebe sich für eine ganze Reihe anderer Arten.

111. Hinsichtlich der Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse sei festzustellen, dass bei zutreffender Auslegung dieses Begriffs die konkreten Umstände der Sache unter Berücksichtigung aller Stellungnahmen und der spezifischen Sachzwänge des betreffenden Gebiets heranzuziehen seien. Ebenso seien vor Durchführung der Erhaltungsmaßnahmen die Daten aus der strategischen Umweltprüfung berücksichtigt worden. Da es sich dabei um einen dynamischen Prozess handele, würden weiterhin Erkenntnisse gewonnen.

112. Der Wald von Białowieża sei ein derart spezielles und einzigartiges Ökosystem, dass die Ergebnisse in anderen Ökosystemen durchgeführter Untersuchungen zu den Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Organismen nicht einfach auf die Situation dieses Waldes übertragen werden könnten. Zwar treffe es zu, dass ein Teil der Wissenschaftler einer Behandlung der Ausbreitung des Buchdruckers durch das Schlagen befallener Bäume ablehnend gegenüberstehe, doch sei darauf hinzuweisen, dass auch eine Reihe wissenschaftlicher Arbeiten vorliege, denen zufolge gerade das Fehlen von Maßnahmen gegen den Buchdrucker im Wald von Białowieża eine schwerwiegende und nicht wiedergutzumachende Schädigung der natürlichen Lebensräume und der Lebensräume der Tierarten, zu deren Erhaltung das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska ausgewiesen worden sei, sehr wahrscheinlich mache. Im Übrigen gehe laut einer Veröffentlichung(25) „aus den in den ständigen Studiengebieten des Nationalparks Białowieża durchgeführten Studien … klar hervor, dass der strenge Schutz nur eine Ergänzung und nicht den Hauptaspekt der Strategie zur Bewahrung und Erhaltung der Artenvielfalt auf hohem Niveau darstellen darf“.

113. Zur zweiten, auf die Verletzung von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie gestützten Rüge macht die Republik Polen geltend, der Anhang von 2016 stehe im Einklang mit dem PZO von 2015, der wiederum der Erfüllung der Verpflichtung zur Festlegung der nötigen Erhaltungsmaßnahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie entspreche. Der Anhang von 2016 stelle die praktische Umsetzung dieser Erhaltungsmaßnahmen dar. Er gewährleiste die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten, für die das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska ausgewiesen worden sei. Die fehlende Durchführung dieser Maßnahmen führe zu einer Schädigung wertvoller natürlicher Lebensräume.

114. So bestünden die im PZO von 2015 für den Lebensraum „subkontinentaler Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald“ aufgeführten Erhaltungsmaßnahmen u. a. darin, die Zusammensetzung des Waldbestands so anzupassen, dass er dem natürlichen Lebensraum innerhalb der von Espen, Birken, Kiefern und seltener von Fichten dominierten Waldbeständen entspreche. Weiterhin beträfen diese Maßnahmen die Durchführung von Waldpflege- und Erhaltungsmaßnahmen, die auf die Ermittlung und Pflege isoliert stehender Triebe und Bäume, die zu den Laubholzarten gehörten, gerichtet seien. Diese Maßnahmen seien unmittelbar in den WBP von 2012 aufgenommen worden. Die Durchführung dieser aktiven Erhaltungsmaßnahmen korreliere jedoch mit einer Entnahme von Holz.

115. Das Vorbringen der Kommission, das Argument hinsichtlich einer Erhaltung der Population der betreffenden Art auf dem im Standarddatenbogen von 2007 (im Folgenden: SDB) und im PZO von 2015 angegebenen Stand sei unbegründet, widerspreche den Grundlagen des „ökologischen Wissens“ und dem gesunden Menschenverstand. Müsste das quantitative Niveau jeder in einem Natura‑2000-Gebiet geschützten Art ständig über den im SDB angegebenen Stand hinausgehen, so hätte dies nämlich eine unvorhersehbare Störung des Ökosystems in dem betreffenden Gebiet zur Folge. Dann stelle sich die Frage, welches Niveau akzeptabel sei.

116. Die quantitativen Änderungen, die innerhalb eines Teils der im Wald von Białowieża geschützten Arten beobachtet würden, seien das Ergebnis eines verbesserten Zugangs zu Nahrungsmitteln aufgrund einer kurzfristigen Störung, nämlich der großflächigen Ausbreitung des Buchdruckers. Die längerfristige natürliche Folge dieser Situation sei ein abrupter Rückgang. Die Populationsgröße der Dreizehenspechte und der Weißrückenspechte halte sich auf einem relativ hohen Stand. Im Randgebiet des Nationalparks komme es zu keinen abrupten quantitativen Veränderungen, da sich der Buchdrucker dort nicht massiv ausgebreitet habe. Diese Situation sei das Ergebnis sowohl des geringen Anteils, den die Fichten innerhalb dieser Waldbestände ausmachten, als auch der unterschiedlichen Natur der Waldlebensräume. Daraus folge, dass das dynamische Gleichgewicht in Lebensräumen, die durch unterschiedliche, ihre Anfälligkeit für einen massiven Befall durch den Buchdrucker bedingende Parameter gekennzeichnet seien, aufgrund selektiver Maßnahmen der Waldbewirtschaftung aufrechterhalten werden könne.

117. Der Anhang von 2016 und die Entscheidung Nr. 51 könnten auch keine nachteiligen Auswirkungen auf den Erhaltungszustand bestimmter xylobionter Käfer haben. Die Gefahr für bestimmte Arten wie den Rothalsigen Düsterkäfer und den Goldstreifigen Prachtkäfer ergebe sich nämlich im Wesentlichen aus der Begrenzung von Bränden und der Beseitigung von deren Auswirkungen. Andere Arten, wie etwa der Scharlachrote Plattkäfer und der Boros schneideri, fänden im Wald von Białowieża gute Entwicklungsbedingungen vor. Die langfristige Bedrohung des Boros schneideri ergebe sich aus der fehlenden Erneuerung der Fichte im Nationalpark Białowieża.

118. Zur dritten, auf die Verletzung von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und d der Habitatrichtlinie gestützten Rüge macht die Republik Polen geltend, dass alle im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska vorkommenden xylobionten Käfer im Laufe ihres Lebenszyklus auf tote oder absterbende Bäume angewiesen seien und das Vorkommen ihrer Larvenstadien nicht ohne Beeinträchtigung dieses Lebensraums festgestellt werden könne. Zur Gewährleistung eines angemessenen Schutzzustands hätten die polnischen Behörden in den Feuchtlebensräumen, im Referenzgebiet und in denjenigen Teilen aller Bestände des Waldes von Białowieża, in denen sich ein ständiges und natürliches Vorkommen toter Bäume befinde, ein System zur langfristigen Erhaltung des Lebensraums dieser Arten in Form eines Netzes von Kulturwald-Inseln in den Reservaten und von Schutzgebieten um die geschützten Arten herum eingeführt. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme werde durch die Ergebnisse der vom Instytut Badawczy Leśnictwa (Institut für Forststudien, Polen) im Jahr 2016 durchgeführten Bestandsaufnahme belegt.

119. Aus diesen Ergebnissen gehe hervor, dass der Scharlachrote Plattkäfer eine im gesamten Gebiet des Waldes von Białowieża häufig vorkommende Art sei, die Fichten weniger als andere Baumarten befalle und für die tote und absterbende Bäume keinen wesentlichen Lebensraum darstellten. Hinsichtlich des Boros schneideri bewiesen diese Ergebnisse, dass es sich um eine Art handele, die die Kiefer bevorzuge, für die tote oder absterbende Fichten kein wesentlicher Lebensraum seien und die ferner im gesamten Wald von Białowieża verbreitet sei. Für den Ungleichen Furchenwalzkäfer sei der Nationalpark Białowieża der einzige überprüfte Vorkommensort im Gebiet des Waldes von Białowieża. Alle Vorkommensorte des Rothalsigen Düsterkäfers befänden sich im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska, der wesentliche Bereich befinde sich im Nationalpark Białowieża. In den Wirtschaftswäldern, die auf der Grundlage historischer Informationen festgelegt worden seien, befänden sich die Vorkommensorte im Übrigen im Referenzgebiet. Die wesentliche Ursache für das Verschwinden des Rothalsigen Düsterkäfers sei ferner das Fehlen von verbranntem Holz. Ebenso sei kein Vorkommen des Drachenkäfers außerhalb dieses Nationalparks gemeldet worden. Die Aktivität des Buchdruckers könne dagegen die Kontinuität der von dieser Art besiedelten Lebensräume, nämlich tote, alte geschlagene Fichten in Feuchtlebensräumen, bedrohen. Was schließlich den Goldstreifigen Prachtkäfer anbelange, sei die wesentliche Ursache für dessen Verschwinden in Europa das Fehlen alter, nach Bränden abgestorbener Fichten, wobei es sich um dessen bevorzugten Lebensraum handele. Aufgrund der fehlenden Erneuerung der Fichte in diesem Nationalpark könne die Zukunft dieser Art nur in den Wirtschaftswäldern, in denen die Fichte künstlich erneuert worden sei, sichergestellt werden.

120. Aus allen diesen Gründen hätten die im Anhang von 2016 vorgesehenen Maßnahmen keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf die Population dieser Arten. Deren Erhaltung gehe einher mit der Kontinuität bestimmter, aus Störungen – wie etwa Bränden – entstandener Lebensräume. Ohne solche Störungen könne der Lebensraum dieser Arten nur durch aktive Schutzmaßnahmen erhalten werden.

121. Hinsichtlich der vierten, auf die Verletzung von Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie gestützten Rüge macht die Republik Polen geltend, die Umweltverträglichkeitsprüfung des Anhangs von 2016 habe ergeben, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller wildlebenden Vogelarten, u. a. das Verbot der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern sowie ihres absichtlichen Störens, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit, sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung der Vogelschutzrichtlinie erheblich auswirke, erlassen worden seien. Aus den Beständen der von der Kommission angeführten vier Vogelarten, die im Rahmen der im SDB enthaltenen Daten im Gebiet des Waldes festgestellt worden seien, ergebe sich für alle diese Arten, dass weder ihr Vorkommen noch ihre Lebensweise bedroht seien. Im Übrigen hätten sich die polnischen Behörden verpflichtet, mindestens 60 Paare jeder dieser Arten zu erhalten. Ferner könnten in allen Natura‑2000-Gebieten in Polen Bestände dieser beiden Spechtarten festgestellt werden, die über die im SDB angegebenen Bestände hinausgingen.

122. Insbesondere sei der Wert des globalen Abundanzindexes für Waldvögelpopulationen im Zeitraum 2000–2014 um 25 % gestiegen. In Übereinstimmung mit den forstwirtschaftlichen Grundsätzen und den geltenden Leitlinien für den Erhalt der Wälder seien die negativen Auswirkungen der gewerblichen Tätigkeiten auf die Artenvielfalt nämlich zurückgegangen. So komme es den Vögeln zugute, wenn man Gruppen alter Bäume auf den ausgelichteten Flächen belasse, biozönotische Bäume bewahre, komplexe Schnitte durchführe, samentragende Pflanzen auf den ausgelichteten Flächen belasse und so weit wie möglich auf die natürliche Erneuerung zurückgreife. Diese Grundsätze kämen in allen Forstbezirken der Staatsforste zur Anwendung. Bestimmten Studien zufolge hätten Sanitärschnitte im Allgemeinen keinerlei negative Auswirkungen auf Höhlenbrüter und andere Waldwirbeltierarten.

123. Die positiven Auswirkungen der großflächigen Ausbreitung des Buchdruckers auf das Überleben und die Fortpflanzung der Spechte könnten nur vorübergehender Art sein, da sie langfristig zum Verschwinden älterer Moorschichten führen würden. Den verfügbaren Daten sei zu entnehmen, dass es in Nadelwäldern bei einer Baummortalität von 70 % bis 100 % zu einem Verlust der Artenvielfalt und zu einer Verringerung der Bestände von Arten, die hohle Bäume bewohnten, komme. In Mischwäldern träten dagegen die negativen Auswirkungen auf die Mortalität der Nadelbäume in weit geringerem Maß auf. Der kontinuierliche Rückgang der Ausbreitung des Buchdruckers könne dazu beitragen, dass die Spechtpopulationen auf einem relativ stabilen Stand blieben.

124. Das Phänomen des Zusammenbruchs der Fleischfresser-Populationen aufgrund der Nahrungsverknappung sei außerdem eine wissenschaftliche Tatsache. Die Kommission habe keine wissenschaftlichen Daten vorgelegt, durch die das dargestellte Szenario der Veränderung der Umwelt nach der Ausbreitung des Buchdruckers in Frage gestellt werde. Es sei nur unmöglich, das Ausmaß der Veränderung vorherzusehen, d. h. die Frage, ob sich der Rückgang der Bestände von Arten, die von der starken Vermehrung einer bestimmten Insektenart profitierten, auf die Wiederherstellung der vor der Ausbreitung bestehenden Situation beschränken werde oder ob die Spechtbestände in Anbetracht des Verlusts der Nahrung und des Umstands, dass die Käfer keine anderen Bäume befallen könnten, nach diesem Rückgang geringer sein würden als die in den Erhaltungszielen für das Gebiet im Schutzmaßnahmenplan angegebenen Bestände.

125. Die Kommission lasse außer Acht, dass die in den Natura‑2000-Gebieten ablaufenden natürlichen Prozesse langfristige Prozesse seien. Eine dauerhafte Beschränkung der Ausbreitung des Buchdruckers, d. h. eine Beschränkung seiner flächenmäßigen Ausdehnung oder der Erhalt eines hohen Fichtenanteils in den Beständen, könne langfristig gesehen eine aktive Schutzmaßnahme sein, um die Spechtpopulationen auf einem relativ stabilen Stand zu halten. Trotz der durch die in Rede stehenden Maßnahmen der Waldbewirtschaftung verursachten möglichen negativen Auswirkungen auf die Spechtpopulationen hielten diese sich auf einem relativ hohen Stand, im Einklang mit dem PZO von 2015, und die sich aus Vorhersagemodellen für die Klimaänderung ergebenden etwaigen Veränderungen der Verbreitungsgebiete von Vogelarten erstreckten sich über einen längeren Zeitraum. Demzufolge könnten die letztlich eintretenden Auswirkungen der temporären Maßnahmen, die zusammen mit den bei der Waldbewirtschaftung angewandten Methoden durchgeführt würden, der vorherigen wesentlichen Abnahme der Spechtbestände entgegenwirken.

126. Was den Sperlingskauz anbelange, sei es unrealistisch, aufgrund der Entfernung von Fichten auf 5 % des Gebiets von einem Verlust von Brutstätten auszugehen. Für diese Art, die in von Spechten, im Allgemeinen dem zahlreich vertretenen Buntspecht (Dendrocopos major), angelegten Höhlen brüte, könne nämlich keine Bevorzugung einer bestimmten Baumart für ihre Brut festgestellt werden. Darüber hinaus trete der Sperlingskauz häufig in degradierten Lebensräumen auf. So komme er im bewirtschafteten Teil des Waldes von Białowieża häufiger vor als im Naturreservat außerhalb des Wirtschaftswaldes, wodurch das Ziel des PZO von 2015 erreicht werden könne, obwohl bei der während der Saison 2016 durchgeführten Bestandsaufnahme im Forstbezirk Browsk eine von der Verbreitung in den beiden anderen Bezirken abweichende Verbreitung festgestellt worden sei. Ebenso sei im Hinblick auf den Raufußkauz festzustellen, dass dieser häufig vom Schwarzspecht (Dryocopus martius) angelegte Höhlen besiedle. Mithin könne davon ausgegangen werden, dass die Entfernung von Fichten auf 5 % des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska keinerlei Auswirkungen auf die Bestände des Waldes von Białowieża habe.

127. Aus Finnland stammenden Daten sei im Übrigen zu entnehmen, dass die Waldbewirtschaftung durch Auslichtung von Flächen, sofern der abgeholzte Teil langfristig nicht über 50 % der Waldfläche hinausgehe, nicht nur keine negativen Auswirkungen auf diese Arten habe, sondern durch eine Verbesserung des Zugangs zu Nahrungsmitteln auch zu einer Zunahme der Fortpflanzung führe. Ferner vergrößerten sich die Populationen dieser Arten und dehnten sich auf neue Gebiete aus. Die positiven Aspekte der Waldbewirtschaftung seien als eine der Ursachen dieses Phänomens angeführt worden. Die sogenannten „biozönotischen“ Bäume würden nach ihrem biologischen Tod vor Ort belassen. Demzufolge blieben die potenziellen Nistplätze des Sperlingskauzes und des Raufußkauzes zugänglich, zumal der PZO von 2015 Maßnahmen vorsehe, die darin bestünden, „bei der Durchführung von Bewirtschaftungsmaßnahmen, ausgenommen den Fall einer Gefahr für die Öffentlichkeit, alle Kiefern und Tannen mit sichtbaren Höhlen zu erhalten“.

IV.    Würdigung

128. Nach Prüfung der Zulässigkeit der vorliegenden Vertragsverletzungsklage werde ich dem Gerichtshof vorschlagen, die erste und die zweite von der Kommission erhobene Rüge zusammen zu prüfen und anschließend die dritte und die vierte Rüge, die davon abhängen, ebenfalls zusammen zu prüfen.

A.      Zur Zulässigkeit der Klage

129. Die Republik Polen hat in ihren Schriftsätzen die Zulässigkeit der zweiten, der dritten und der vierten Rüge der Vertragsverletzungsklage mit der Begründung in Abrede gestellt, dass die Kommission in ihrer Klageschrift den Streitgegenstand gegenüber den im Lauf des Vorverfahrens und insbesondere in der mit Gründen versehenen Stellungnahme vorgebrachten Punkten erweitert habe.

130. Es ist unstreitig, dass das Vorverfahren ausschließlich die zum Zeitpunkt der Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme von den polnischen Behörden getroffene Entscheidung, d. h. den Anhang von 2016 hinsichtlich der auf den Forstbezirk Białowieża beschränkten Maßnahmen der Waldbewirtschaftung, betraf, während sich die Vertragsverletzungsklage auf das gesamte Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska bezieht und somit auf die drei Forstbezirke Białowieża, Browsk und Hajnówka, in denen die Maßnahmen der Waldbewirtschaftung durch die Entscheidung Nr. 51 vom 17. Februar 2017 ausgeweitet wurden.

131. Der Gerichtshof hat jedoch bereits ausgeführt, dass es der Zulässigkeit der Klage nicht entgegensteht, wenn sich der Streitgegenstand auf dem Verstoß zugrunde liegende Tatsachen erstreckt, die nach Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme eingetreten sind, sofern sie von derselben Art sind wie die, die in dieser Stellungnahme erwähnt wurden, und demselben Verhalten zugrunde liegen(26).

132. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass die von den polnischen Behörden im Anhang von 2016 und in der Entscheidung Nr. 51 ergriffenen Maßnahmen von derselben Art sind, da sie die Genehmigung des Fällens und Entfernens von Bäumen mit dem Ziel der Bekämpfung des Buchdruckers im gesamten Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska zum Gegenstand haben.

133. Obwohl die mit Gründen versehene Stellungnahme vom 28. April 2017 nur den am 25. März 2016 genehmigten Anhang von 2016 über Maßnahmen im Forstbezirk Białowieża betrifft, ist die Zulässigkeit der Klage der Kommission, die auch die Entscheidung Nr. 51 vom 17. Februar 2017 zum Gegenstand hat, zu bejahen, da mit dieser Entscheidung die Durchführung von Maßnahmen derselben Art, die demselben Verhalten zugrunde liegen, auf die anderen Forstbezirke Browsk und Hajnówka ausgeweitet wurde(27).

B.      Zur Begründetheit der Klage

134. Vorab ist festzustellen, dass es vorliegend nicht um die Eigenschaft der Wälder des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska als Primär- oder Naturwald geht, da feststeht, dass dieses Gebiet auf Vorschlag der Republik Polen durch die Entscheidung 2008/25 der Kommission vom 13. November 2007(28) gemäß der Habitatrichtlinie als GGB ausgewiesen wurde und auch ein gemäß der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenes BSG für Vögel darstellt. Ferner wurden die offiziellen quantitativen Daten, die der Erörterung in Bezug auf die in diesen Gebieten vorkommenden Lebensräume und Arten als Referenz zugrunde liegen, von der Republik Polen im SDB geliefert. Mithin sind die Habitat- und die Vogelschutzrichtlinie unabhängig von der Einstufung der Wälder des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska auf den Rechtsstreit anwendbar und bilden den zwingenden Rahmen für die Waldbewirtschaftung dieses Gebiets.

135. Die vorliegende Klage gibt dem Gerichtshof erneut Gelegenheit, die Verpflichtungen, die sich aus diesen Richtlinien ergeben, zu präzisieren und insbesondere darzulegen, ob die Pläne oder Projekte unter Art. 6 Abs. 1 oder Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie fallen.

1.      Zur ersten und zur zweiten Rüge

136. Mit ihrer ersten und ihrer zweiten Rüge macht die Kommission geltend, die Republik Polen habe gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 und 3 der Habitatrichtlinie sowie aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie verstoßen.

137. Zur Beurteilung der Begründetheit dieser beiden Rügen wird sich der Gerichtshof zu der Frage zu äußern haben, ob die in Rede stehenden Maßnahmen der Waldbewirtschaftung unter Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie oder unter ihren Art. 6 Abs. 3 fallen und ob die Beklagte durch die Annahme und Durchführung der in den streitigen Entscheidungen enthaltenen Maßnahmen der Waldbewirtschaftung tatsächlich die durch Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie und Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie vorgeschriebenen Erhaltungsmaßnahmen festgelegt hat.

138. Die Republik Polen hat nämlich zunächst geltend gemacht, dass es sich bei den im Anhang von 2016 und in der Entscheidung Nr. 51 aufgeführten Maßnahmen um Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie handele, bevor sie darüber hinaus, offenbar hilfsweise, in Betracht gezogen hat, dass diese Maßnahmen auch unter Art. 6 Abs. 3 fallen könnten.

139. Jede dieser Einstufungen der streitigen Entscheidungen schließt jedoch die andere aus. Während nämlich Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie vorsieht, dass die Mitgliedstaaten die für die besonderen Schutzgebiete nötigen Erhaltungsmaßnahmen festlegen, regelt Art. 6 Abs. 3 die Bedingungen für Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung der geschützten Gebiete in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, aber solche Gebiete einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten. Überdies hatte der Gerichtshof bereits Gelegenheit, sich zum jeweiligen Anwendungsbereich dieser Bestimmungen zu äußern.

140. Mithin ist vorab darauf hinzuweisen, dass nach Art. 1 Buchst. e der Habitatrichtlinie der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums u. a. dann als günstig erachtet wird, wenn sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen und die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich fortbestehen werden. In diesem Kontext hat der Gerichtshof entschieden, dass die Bestimmungen der Habitatrichtlinie darauf abzielen, dass die Mitgliedstaaten geeignete Schutzmaßnahmen treffen, um die ökologischen Merkmale der Gebiete, in denen diese natürlichen Lebensraumtypen vorkommen, zu erhalten(29). Speziell zu Art. 6 dieser Richtlinie hat der Gerichtshof festgestellt, dass er keine detaillierten Vorschriften enthält, sondern den Mitgliedstaaten eine Reihe von Verpflichtungen und besonderen Verfahren auferlegt, die darauf abzielen, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und insbesondere der besonderen Schutzgebiete zu bewahren oder gegebenenfalls wiederherzustellen(30).

141. Ferner hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Bestimmungen von Art. 6 der Habitatrichtlinie anhand der genannten Erhaltungsziele als zusammenhängender Normenkomplex auszulegen sind, da die Abs. 2 und 3 dieses Artikels das gleiche Schutzniveau für natürliche Lebensräume und Habitate von Arten gewährleisten sollen, während Abs. 4 nur eine Ausnahme von Abs. 3 darstellt(31).

142. Die Einstufung der im Anhang von 2016 und in der Entscheidung Nr. 51 vorgesehenen Maßnahmen, die insbesondere im Fällen und Entfernen toter und absterbender Bäume bestehen, hat mithin im Licht dieser Grundsätze zu erfolgen.

143. Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass es sich bei den von den Maßnahmen betroffenen Forstbezirken unstreitig um von der Republik Polen ausgewiesene besondere Schutzgebiete und GGB im Sinne der Habitatrichtlinie(32) handelt, in denen die Maßnahmen durchgeführt werden müssen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt wurde, erforderlich sind.

144. Zweitens ist ebenfalls unstreitig, dass die in Rede stehenden Maßnahmen zum Verlust eines Teils der Waldbestände geführt haben(33). Daraus folgt, dass solche Maßnahmen schon ihrem Wesen nach keine Maßnahmen darstellen können, durch die die Erhaltung des betreffenden Natura‑2000-Gebiets sichergestellt wird. Zur Rechtfertigung der ab dem Jahr 2016 getroffenen Entscheidungen macht die Republik Polen jedoch besondere Umstände geltend, nämlich eine beispiellose Ausbreitung des Buchdruckers, die das Natura‑2000-Gebiet als solches beeinträchtigen könne.

145. Aus dem Sachverhalt des Rechtsstreits ergibt sich jedoch, dass noch immer eine wissenschaftliche Kontroverse zu der Frage besteht, ob die ergriffenen Maßnahmen zum einen Auswirkungen auf die Ausbreitung des Buchdruckers haben werden und zum anderen eine geeignete Methode zur Erhaltung der geschützten Lebensräume darstellen. Hierzu kann festgestellt werden, dass im Abhilfeprogramm vom 25. März 2016 („Programm für den Wald von Białowieża als Natur- und Kulturerbe der [Unesco] und Gebiet des Netzes Natura 2000“) ausdrücklich auf die in diesem Punkt bestehenden Meinungsverschiedenheiten hingewiesen wird.

146. Überdies haben die polnischen Behörden im Jahr 2015 zwar einen PZO verabschiedet, mit dem die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen für das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska vorgeschrieben werden sollten. Aus den Akten ergibt sich jedoch, dass der Anhang von 2016 entgegen dem Vorbringen der Republik Polen nicht die konkrete Umsetzung des PZO darstellen kann, da darin Maßnahmen vorgesehen sind, die im PZO als potenzielle Gefahren für die Bewahrung der geschützten Lebensräume und Arten angesehen werden. Aus den Ausführungen der Kommission, denen die Republik Polen in diesem Punkt nicht entgegengetreten ist, ergibt sich nämlich, dass die Ausbreitung des Buchdruckers nicht als bestehende oder potenzielle Gefahr für die Beibehaltung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und der Lebensräume der in Anhang 3 des PZO aufgeführten Tierarten und Vögel eingestuft wurde; dagegen wurde dort das Entfernen vom Buchdrucker befallener Fichten ausdrücklich als potenzielle Gefahr für die Beibehaltung eines günstigen Erhaltungszustands der Lebensräume und insbesondere für den Schutz des Sperlingskauzes, des Raufußkauzes und des Dreizehenspechts angesehen.

147. Die sich aus dem Anhang von 2016 und der Entscheidung Nr. 51 ergebenden Maßnahmen stellen somit keine Maßnahmen zur Umsetzung des PZO von 2015 dar. Paradoxerweise haben sie sogar möglicherweise zur Folge, dass diesem die praktische Wirksamkeit genommen wird oder dass es den polnischen Behörden ermöglicht wird, dessen Bestimmungen zu missachten(34).

148. Daraus folgt, dass solche Maßnahmen keinesfalls als Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie betrachtet werden können. Daraus ergibt sich, dass die Republik Polen im Anschluss an die Verabschiedung des PZO von 2015 nicht die zur Erhaltung des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska erforderlichen Maßnahmen durchgeführt hat. Unter diesen Umständen schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass die Republik Polen gegen ihre Verpflichtungen sowohl aus Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie als auch aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie verstoßen hat, und infolgedessen zu entscheiden, dass die zweite von der Kommission erhobene Rüge begründet ist.

149. Die erste von der Kommission vorgebrachte Rüge wird vom Gerichtshof gleichwohl zu prüfen sein, da die Republik Polen auch geltend gemacht hat, dass die im Anhang von 2016 vorgesehenen Maßnahmen der Waldbewirtschaftung Pläne oder Projekte im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie darstellten, für deren Annahme sie im Jahr 2015 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt habe.

150. Um festzustellen, ob die im Anhang von 2016 und in der Entscheidung Nr. 51 enthaltenen Maßnahmen im Einklang mit den in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie aufgeführten Anforderungen angenommen und durchgeführt wurden, erscheint es angebracht, erstens darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung ein Prüfverfahren vorsieht, das mittels einer Vorabkontrolle gewährleisten soll, dass Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des betreffenden Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, es jedoch erheblich beeinträchtigen könnten, nur genehmigt werden, sofern sie das Gebiet als solches nicht beeinträchtigen(35).

151. Zweitens sieht diese Bestimmung, wie der Gerichtshof hervorgehoben hat, zwei Phasen vor. Die erste Phase verlangt von den Mitgliedstaaten eine Prüfung der Verträglichkeit von Plänen oder Projekten mit einem geschützten Gebiet, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Plan oder das Projekt das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigt(36). Insbesondere können Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, dieses Gebiet erheblich beeinträchtigen, wenn sie die dafür festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden drohen. Die Beurteilung einer solchen Gefahr ist namentlich anhand der besonderen Merkmale und Umweltbedingungen des Gebiets vorzunehmen(37).

152. In der in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Habitatrichtlinie geregelten zweiten Phase, die sich an die vorstehend beschriebene Verträglichkeitsprüfung anschließt, wird die Zustimmung zu dem ins Auge gefassten Plan oder Projekt vorbehaltlich des Art. 6 Abs. 4 nur erteilt, wenn das betreffende Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird(38).

153. Dazu hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Gebiet nicht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Habitatrichtlinie als solches beeinträchtigt wird, wenn es in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt, was impliziert, dass seine grundlegenden Eigenschaften, die mit dem Vorkommen eines natürlichen Lebensraumtyps zusammenhängen, zu dessen Erhaltung es in die Liste der GGB im Sinne dieser Richtlinie aufgenommen wurde, dauerhaft erhalten bleiben(39).

154. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie vorzunehmende Prüfung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht lückenhaft sein darf und vollständige, präzise und endgültige Feststellungen und Schlussfolgerungen enthalten muss, die geeignet sind, jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel hinsichtlich der Auswirkungen der in dem betreffenden Schutzgebiet geplanten Arbeiten auszuräumen(40). Ferner ist entschieden worden, dass diese Prüfung eines Plans oder Projekts auf Verträglichkeit mit dem betreffenden Gebiet bedeutet, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte des Plans oder Projekts zu ermitteln sind, die für sich oder in Verbindung mit anderen Plänen oder Projekten die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele beeinträchtigen können(41).

155. Der Gerichtshof hat weiterhin festgestellt, dass sich die etwaigen positiven Auswirkungen der künftigen Schaffung eines neuen Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität desselben Lebensraumtyps in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, im Allgemeinen nur schwer vorhersehen lassen und jedenfalls erst in einigen Jahren erkennbar sein werden(42).

156. Mithin ist im Licht dieser Rechtsprechung zu prüfen, ob die Tatsachen, auf denen die Klage beruht, hinreichend belegt sind. Meines Erachtens ergibt sich aus der bloßen Prüfung der zeitlichen Abfolge der streitigen Entscheidungen und der Kohärenz der vorgelegten Beweisstücke, dass die nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie erforderliche Prüfung nicht durchgeführt worden sein kann.

157. Erstens ergibt sich aus den Akten, dass die polnischen Behörden kurze Zeit vor der Annahme des Anhangs von 2016, durch den der WBP von 2012 abgeändert wurde, den PZO von 2015 verabschiedeten, dem zu entnehmen ist, dass das Fällen und Entfernen vom Buchdrucker befallener Bäume eine potenzielle Gefahr für die Erhaltung des betreffenden Natura‑2000-Gebiets darstellt.

158. Zwar ergibt sich aus den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung, dass im Hinblick auf die Erfüllung der in der Habitat- und in der Vogelschutzrichtlinie genannten Erhaltungsziele ein gewisses Gleichgewicht zwischen den aktiven und den passiven Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Buchdruckers gefunden werden muss. Diese Abwägung findet sich jedoch keineswegs in den Bestimmungen der Entscheidung Nr. 51 wieder, da diese ohne Einschränkung die Abholzung und Entfernung von Waldbeständen ermöglicht.

159. Außerdem ergibt sich aus den von der Republik Polen mitgeteilten Angaben, dass die polnischen Behörden an genau dem Tag, an dem der Anhang von 2016 angenommen wurde, auch ein Abhilfeprogramm mit der Bezeichnung „Programm für den Wald von Białowieża als Natur- und Kulturerbe der [Unesco] und Gebiet des Netzes Natura 2000“ verabschiedeten. Wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde, hatte dieses Programm im Wesentlichen zum Gegenstand, u. a. durch die Einrichtung von Referenzgebieten, innerhalb deren keine Maßnahmen der Waldbewirtschaftung durchgeführt werden dürfen, die künftigen Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen auf die Erhaltung des Gebiets zu beurteilen.

160. Zweitens hat die Republik Polen zwar in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass die Ausbreitung des Buchdruckers zwischen den Jahren 2012 und 2015 auf die bei der Verabschiedung des WBP von 2012 beschlossene Verringerung des Umfangs der Holzgewinnung zurückzuführen sei. Aus den Akten ergibt sich jedoch, dass der Umfang der zwischen den Jahren 2012 und 2015 festgestellten Holzgewinnung dem Umfang der Vorjahre entsprach und das Kubikmaß des im Bezirk Białowieża gewonnenen Holzes während dieses Zeitraums in Wirklichkeit stabil blieb. Somit kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die Ausbreitung des Buchdruckers auf die Herabsetzung des Umfangs der Holzgewinnung zwischen den Jahren 2012 und 2015 zurückzuführen sei.

161. Drittens machen die polnischen Behörden zwar geltend, dass sie im Einklang mit Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie eine Prüfung der Verträglichkeit des Anhangs von 2016 mit dem Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska vorgenommen hätten. Aus den Unterlagen ergibt sich jedoch, dass diese Prüfung tatsächlich während des Jahres 2015 stattfand, aber nur die im Anhang von 2016 allein für den Forstbezirk Białowieża vorgesehenen Maßnahmen und demzufolge nicht die in der Entscheidung Nr. 51 vom 17. Februar 2017 vorgesehenen Maßnahmen zur räumlichen und quantitativen Ausweitung der Fällungen und Entfernungen in allen drei Forstbezirken des Waldes von Białowieża betraf. Mithin ist festzustellen, dass die Auswirkungen der in der Entscheidung Nr. 51 angenommenen Maßnahmen zur Forstbewirtschaftung auf die Erhaltung und die Unversehrtheit des gesamten Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska nicht geprüft wurden. Aus den Akten ergibt sich auch nicht, dass die etwaigen kumulativen Auswirkungen des Anhangs von 2016 und der Entscheidung Nr. 51 von den polnischen Behörden in Betracht gezogen und bewertet worden wären(43).

162. Außerdem ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Prüfung der Verträglichkeit des Anhangs von 2016 mit dem Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska, dass sie auf der Grundlage von Daten aus dem Jahr 2012 durchgeführt wurde und nicht auf der Grundlage aktualisierter Daten auf dem Stand des Jahres 2015, wie es Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie nach seiner Auslegung durch den Gerichtshof verlangt(44). In Abschnitt 4.2 dieses Dokuments heißt es nämlich, dass „die in der ‚Umweltverträglichkeitsprüfung‘ für die Jahre 2012 bis 2021 enthaltenen Bestimmungen zu den Auswirkungen auf das Natura‑2000-Gebiet … grundsätzlich nicht zu aktualisieren [sind]. Festzustellen ist allerdings, dass die Maßnahmen in erster Linie die geschädigten Waldbestände betreffen werden.“

163. Schließlich geht aus den Schriftsätzen der Republik Polen hervor, dass sich zum Zeitpunkt des Erlasses der letzten streitigen Entscheidung und des Vorverfahrens eine Bestandsaufnahme der im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska vorhandenen Artenvielfalt noch in Arbeit befand.

164. Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die polnischen Behörden – und sei es auch am Tag der Annahme des Anhangs von 2016 – vergewisserten, dass die darin vorgesehenen Maßnahmen keine Auswirkungen auf das Natura‑2000-Gebiet als solches haben, so dass die erste Rüge schon deshalb als begründet anzusehen ist.

165. Ich werde jedoch darüber hinaus darlegen, warum meines Erachtens auch die anderen von der Republik Polen vorgetragenen Argumente zurückzuweisen sind. Erstens ist nämlich darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Prüfung von Plänen oder Projekten auf Verträglichkeit mit den betreffenden Gebieten unter Zugrundelegung der zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu erfolgen hat(45). Aus den Akten sowie aus den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich jedoch, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidungen noch immer eine wissenschaftliche Kontroverse in Bezug auf die am besten geeigneten Methoden für die Eindämmung der Ausbreitung des Buchdruckers bestand. Ferner ist festzustellen, dass sich die Meinungsverschiedenheiten in Wissenschaftskreisen sogar auf die Zweckmäßigkeit der Bekämpfung des Buchdruckers bezogen(46) und dass einige von ihnen der Ansicht waren, es handele sich um einen natürlichen Zyklus, der nach den Merkmalen des Gebiets, dessen Erhaltungsziel seine Aufnahme in die Liste der GGB und seine Ausweisung als BSG gerechtfertigt habe, im Lauf der Zeit immer wiederkehre.

166. Aus diesen Gründen kann auch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die vor dem Erlass der streitigen Maßnahmen durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung den Anforderungen von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie nach dessen Auslegung durch den Gerichtshof entsprochen habe.

167. Zweitens hat der Gerichtshof festgestellt, dass Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie auch den Vorsorgegrundsatz einschließt und es erlaubt, Beeinträchtigungen der Schutzgebiete als solche wirksam zu verhüten, die durch Pläne oder Projekte entstehen, die die zuständigen Behörden zur Verwirklichung der darin enthaltenen Maßnahmen umsetzen wollen. Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass ein weniger strenges Genehmigungskriterium als das in dieser Bestimmung genannte die Verwirklichung des mit der fraglichen Bestimmung verfolgten Ziels des Schutzes der Gebiete nicht ebenso wirksam gewährleisten könnte(47). Die zuständige Behörde hat nach diesem Grundsatz im Rahmen der Durchführung von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie die Verträglichkeit der Auswirkungen, die das Projekt auf das betreffende Gebiet hat, mit den Erhaltungszielen zu prüfen. Dabei hat sie die in das Projekt aufgenommenen Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen, mit denen etwaige unmittelbar durch das Projekt verursachte schädliche Auswirkungen verhindert oder verringert werden sollen, um dafür zu sorgen, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird(48).

168. Im vorliegenden Fall konnte diese Prüfung angesichts der fortbestehenden wissenschaftlichen Kontroverse, der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch in Arbeit befindlichen Bestandsaufnahme sowie des Gegenstands der Entscheidung Nr. 52, der darin bestand, Referenzflächen mit dem – von der Republik Polen in der mündlichen Verhandlung angegebenen – Ziel einzurichten, die Entwicklung der Eigenschaften des Natura‑2000-Gebiets Puszcza Białowieska ohne jede menschliche Einwirkung zu beurteilen, nicht abgeschlossen werden.

169. Da das tatsächliche Vorliegen und die Schwere der potenziellen Gefahr einer Beeinträchtigung der Erhaltung und der Unversehrtheit dieses Natura‑2000-Gebiets zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidungen nicht vollständig bekannt, bewertet und gegebenenfalls behoben waren, konnten die polnischen Behörden weder den Anhang von 2016 noch die Entscheidung Nr. 51 annehmen, ohne dadurch auch gegen den Vorsorgegrundsatz zu verstoßen.

170. Was drittens Art. 6 Abs. 4 der Habitatrichtlinie anbelangt, der von der Republik Polen unter Berufung auf Aspekte der öffentlichen Sicherheit geltend gemacht wird, die den Erlass der streitigen Entscheidungen erfordert hätten, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung als Ausnahme eng auszulegen ist und erst zur Anwendung kommen kann, nachdem die Auswirkungen eines Plans oder Projekts im Einklang mit den Bestimmungen von Art. 6 Abs. 3 analysiert wurden(49).

171. Die Beeinträchtigungen des betreffenden Gebiets müssen nämlich genau identifiziert werden, um die Art etwaiger Ausgleichsmaßnahmen bestimmen zu können. Für die Anwendung von Art. 6 Abs. 4 der Habitatrichtlinie ist es unerlässlich, dass die Auswirkungen eines Plans oder Projekts auf die für das fragliche Gebiet festgelegten Erhaltungsziele bekannt sind, da andernfalls keine der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Ausnahmeregelung geprüft werden kann. Die Prüfung etwaiger zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und der Frage, ob weniger nachteilige Alternativen bestehen, erfordert nämlich eine Abwägung mit den Beeinträchtigungen des Gebiets, die mit dem betreffenden Plan oder Projekt verbunden sind(50).

172. Daher ergreift der betreffende Mitgliedstaat nach Art. 6 Abs. 4 der Habitatrichtlinie, wenn ein Plan oder Projekt trotz negativer Ergebnisse der nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 dieser Richtlinie vorgenommenen Prüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art durchzuführen ist und keine Alternativlösung vorhanden ist, alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt wird. Daher dürfen die zuständigen Behörden in diesem Kontext eine Genehmigung nach Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie nur erteilen, sofern die dort festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind(51).

173. Im vorliegenden Fall ergibt sich sowohl aus den vorstehenden Feststellungen zur Nichtbeachtung der vorherigen Prüfungsphase gemäß Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie als auch aus dem Fehlen sonstiger spezieller Aktenstücke, dass die polnischen Behörden den Rückgriff auf alternative Maßnahmen oder Ausgleichsmaßnahmen(52) für die auf der Grundlage des Anhangs von 2016 und der Entscheidung Nr. 51 ergriffenen Maßnahmen nicht geprüft haben. Infolgedessen kann auch festgestellt werden, dass die polnischen Behörden zur Rechtfertigung des Erlasses und der Durchführung der streitigen Maßnahmen – deren negative Auswirkungen somit implizit eingeräumt werden – zwar Gründe der öffentlichen Sicherheit angeführt haben, dass aber die Ausnahmevorschriften des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie nicht eingehalten wurden.

174. Aus allen vorstehend dargelegten Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, die erste von der Kommission erhobene Rüge ebenso wie die zweite Rüge für begründet zu erklären, da die polnischen Behörden dadurch, dass sie die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie nicht beachtet und die beschlossenen Maßnahmen, die keinen Erhaltungsplan im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie darstellen können, durchgeführt haben, gegen die Verpflichtungen aus diesen Bestimmungen sowie aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie verstoßen haben.

2.      Zur dritten und zur vierten Rüge

175. Mit ihrer dritten und ihrer vierten Rüge macht die Kommission geltend, die Republik Polen habe auch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und d der Habitatrichtlinie sowie aus Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie verstoßen, was den Gerichtshof dazu veranlassen wird, sich mit der Frage zu befassen, ob die streitigen Maßnahmen der Waldbewirtschaftung geeignet sind, die Fortpflanzungsstätten von xylobionten Käferarten und wildlebenden Vogelarten, die durch diese Richtlinien besonders geschützt werden, zu beschädigen oder zu vernichten.

176. Die vorstehenden Feststellungen und Erwägungen zur ersten und zur zweiten Rüge veranlassen mich zu dem Schluss, dass die in Rede stehenden Maßnahmen der Waldbewirtschaftung zwangsläufig geeignet sind, zu einer Beschädigung der Fortpflanzungsstätten der im Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska lebenden geschützten Arten zu führen.

177. Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, die dritte und die vierte von der Kommission erhobene Rüge für begründet zu erklären.

178. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof deshalb vor, festzustellen, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 und 3 sowie Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und d der Habitatrichtlinie und aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie verstoßen hat, dass sie die im Anhang von 2016 und in der Entscheidung Nr. 51 enthaltenen Maßnahmen der Waldbewirtschaftung erlassen und durchgeführt hat, ohne sich zu vergewissern, dass sich diese Maßnahmen nicht nachteilig auf das Natura‑2000-Gebiet Puszcza Białowieska als solches auswirken, und ohne die Erhaltung und den Schutz der in der Klageschrift der Kommission aufgeführten geschützten Lebensräume und Arten sicherzustellen, für die dieses Gebiet als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung und als BSG ausgewiesen wurde.

V.      Kosten

179. Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Republik Polen beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

VI.    Ergebnis

180. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1.      Die Republik Polen hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 und 3 sowie Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und d der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen und aus Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 5 Buchst. b und d der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten verstoßen, dass sie die im Anhang zum Waldbewirtschaftungsplan des Forstbezirks Białowieża vom 9. Oktober 2012, der am 25. März 2016 vom Minister Środowiska (Minister für Umwelt, Polen) genehmigt wurde, und in der Entscheidung Nr. 51 des Dyrektor GeneralnyLasów Państwowych (Generaldirektor der Staatsforste, Polen) vom 17. Februar 2017 über das Fällen vom Buchdrucker befallener Bäume und die Ernte von Bäumen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sowie ein Brandrisiko darstellen, in allen Altersklassen der Waldbestände der Forstbezirke Białowieża, Browsk und Hajnówka enthaltenen Maßnahmen erlassen und durchgeführt hat, ohne sich zu vergewissern, dass sich diese Maßnahmen nicht nachteilig auf das Natura‑2000-Gebiet PLC200004 Puszcza Białowieska (Polen) als solches auswirken, und ohne die Erhaltung und den Schutz der in der Klageschrift der Kommission aufgeführten geschützten Lebensräume und Arten sicherzustellen, für die dieses Gebiet als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung und als besonderes Schutzgebiet ausgewiesen wurde.

2.      Die Republik Polen trägt die Kosten.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Richtlinie des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) in der zuletzt durch die Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. 2013, L 158, S. 193) geänderten Fassung (im Folgenden: Habitatrichtlinie).


3      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. 2010, L 20, S. 7) in der durch die Richtlinie 2013/17 geänderten Fassung (im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie).


4      [Betrifft nicht die deutsche Fassung.]


5      Richtlinie des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. 1979, L 103, S. 1).


6      Keine deutsche Übersetzung verfügbar.


7      ABl. 2008, L 12, S. 383.


8      State of Europe’s forests 2015, Forest Europe, 2015, Anhang 8, Schaubild Nr. 28, S. 274.


9      Im Folgenden: Staatsforste.


10      Dies ergibt sich aus Anhang 1 der Entscheidung des Dyrektor GeneralnyLasów Państwowych (Generaldirektor der Staatsforste, Polen) vom 31. März 2016 (im Folgenden: Entscheidung Nr. 52).


11      Sache EU-Pilot Nr. 2210/11/ENVI.


12      Die Höchstmenge wurde für den Forstbezirk Browsk auf 214 218 m3 und für den Forstbezirk Hajnówka auf 192 291 m3 festgesetzt.


13      Im Folgenden: PZO.


14      Der Nationalpark Białowieża ist Gegenstand eines gesonderten, am 7. November 2014 vom Minister für Umwelt verabschiedeten PZO.


15      Das Vorverfahren begann am 7. April 2016, siehe Nrn. 54 ff. der vorliegenden Schlussanträge. Nach den Angaben der Kommission wurde die Entscheidung Nr. 51 erst im Juni 2017 im Biuletyn Informacyjny Lasów Państwowych (Amtsblatt der Staatsforste) Nr. 6 (294) veröffentlicht.


16      Im Folgenden: Entscheidung Nr. 51.


17      Sache EU-Pilot Nr. 8460/16/ENVI.


18      Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 27. Juli 2017, Kommission/Polen (C‑441/17 R, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:622).


19      Beschluss vom 20. November 2017, Kommission/Polen (C‑441/17 R, EU:C:2017:877).


20      In Rn. 118 hat der Gerichtshof ausgeführt: „Sollte ein Verstoß festgestellt werden, wird der Gerichtshof der Republik Polen ein an die Kommission zu zahlendes Zwangsgeld in Höhe von mindestens 100 000 Euro pro Tag – beginnend mit dem Tag der Bekanntgabe [dieses] Beschlusses an die Republik Polen und so lange, bis dieser Mitgliedstaat diesen Beschluss befolgt, bzw. bis zur Verkündung des die Rechtssache … abschließenden Urteils – auferlegen.“


21      Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 11. Oktober 2017, Kommission/Polen (C‑441/17, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:794).


22      Urteil vom 26. April 2017, Kommission/Deutschland (C‑142/16, EU:C:2017:301, Rn. 42).


23      Urteil vom 9. Juni 2011, Kommission/Frankreich (C‑383/09, EU:C:2011:369, Rn. 18 bis 21).


24      Dz. U. von 2008, Nr. 199, Position 1227.


25      Brzeziecki, B., „Mehrjährige Dynamik der Waldbestände des Waldes von Białowieża (unter strengen Schutzbedingungen)“, Stan Ekosystemów leśnysh Puszczy Białowieskiej, Centrum Informacyjne Lasów Państwowych, Warschau, 2016, S. 45 bis 58.


26      Urteile vom 4. Februar 1988, Kommission/Italien (113/86, EU:C:1988:59, Rn. 11), und vom 9. November 2006, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑236/05, EU:C:2006:707, Rn. 12).


27      Vgl. entsprechend Urteil vom 5. April 2017, Kommission/Bulgarien (C‑488/15, EU:C:2017:267, Rn. 46).


28      Vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 1, 8 und 9 sowie den Anhang (S. 645) dieser Entscheidung, mit der diesem Gebiet der GGB‑Code PLC200004 Puszcza Białowieska zugeteilt wurde.


29      Urteile vom 11. April 2013, Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2013:220, Rn. 37 und 38), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 35 und 36).


30      Urteile vom 11. April 2013, Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2013:220, Rn. 36), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 31).


31      Urteil vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).


32      Vgl. die Definitionen in Art. 1 Buchst. k und l dieser Richtlinie.


33      Siehe Nr. 52 der vorliegenden Schlussanträge.


34      Es kann sogar festgestellt werden, dass die Bejahung der Vereinbarkeit der sich aus dem Anhang von 2016 und der Entscheidung Nr. 51 ergebenden Maßnahmen mit dem PZO von 2015 darauf hinauslaufen würde, den polnischen Behörden zu gestatten, den PZO abzuändern, ohne die Erhaltungsziele zu berücksichtigen, die ein solcher Rechtsakt normalerweise erfüllen muss.


35      Urteile vom 11. April 2013, Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2013:220, Rn. 28), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 43).


36      Urteile vom 11. April 2013, Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2013:220, Rn. 29), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 44).


37      Urteile vom 15. Mai 2014, Briels u. a. (C‑521/12, EU:C:2014:330, Rn. 20), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 45).


38      Urteil vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 46).


39      Urteile vom 11. April 2013, Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2013:220, Rn. 39), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 47).


40      Urteile vom 24. November 2011, Kommission/Spanien (C‑404/09, EU:C:2011:768, Rn. 100), vom 11. April 2013, Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2013:220, Rn. 44), sowie vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).


41      Urteil vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


42      Urteil vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).


43      Vgl. zur Veranschaulichung dieser Anforderung Urteil vom 26. April 2017, Kommission/Deutschland (C‑142/16, EU:C:2017:301, Rn. 61 und 62).


44      Vgl. Urteil vom 26. April 2017, Kommission/Deutschland (C‑142/16, EU:C:2017:301, Rn. 42).


45      Urteil vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


46      Vgl. in diesem Sinne insbesondere das vom Minister für Umwelt und vom Generaldirektor der Staatsforste erstellte „Programm für den Wald von Białowieża als Natur- und Kulturerbe der [Unesco] und Gebiet des Netzes Natura 2000“ vom 25. März 2016.


47      Urteile vom 11. April 2013, Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2013:220, Rn. 41 bis 43 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).


48      Urteile vom 15. Mai 2014, Briels u. a. (C‑521/12, EU:C:2014:330, Rn. 28), vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 54), und vom 26. April 2017, Kommission/Deutschland (C‑142/16, EU:C:2017:301, Rn. 34).


49      Urteile vom 15. Mai 2014, Briels u. a. (C‑521/12, EU:C:2014:330, Rn. 35), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).


50      Urteile vom 11. September 2012, Nomarchiaki Aftodioikisi Aitoloakarnanias u. a. (C‑43/10, EU:C:2012:560, Rn. 114 und 115), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).


51      Urteile vom 15. Mai 2014, Briels u. a. (C‑521/12, EU:C:2014:330, Rn. 37), und vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, Rn. 63).


52      Mit Ausnahme des Aufstellens von Pheromonfallen, was sich als ineffizient herausgestellt hat.