Language of document : ECLI:EU:C:2021:513

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

24. Juni 2021(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Eisenbahnverkehr – Grenzübergreifende Güterverkehrskorridore – Verordnung (EU) Nr. 913/2010 – Art. 13 Abs. 1 – Errichtung einer einzigen Anlaufstelle für jeden Güterverkehrskorridor – Art. 14 – Rechtsnatur der vom Exekutivrat erlassenen Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor – Art. 20 – Regulierungsstellen – Richtlinie 2012/34/EU – Art. 27 – Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität – Funktion der Infrastrukturbetreiber – Art. 56 und 57 – Aufgaben der Regulierungsstelle und Zusammenarbeit zwischen Regulierungsstellen“

In der Rechtssache C‑12/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Deutschland) mit Entscheidung vom 10. Dezember 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Januar 2020, in dem Verfahren

DB Netz AG

gegen

Bundesrepublik Deutschland


erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter M. Ilešič, E. Juhász, C. Lycourgos (Berichterstatter) und I. Jarukaitis,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der DB Netz AG, vertreten durch die Rechtsanwälte H. R. J. Krüger und M. Kaufmann,

–        der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch C. Mögelin und J. Arnade als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch W. Mölls und C. Vrignon, dann durch die Letztgenannte, als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Februar 2021

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und 9, Art. 18 Buchst. c und Art. 20 der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr (ABl. 2010, L 276, S. 22) sowie von Art. 27 Abs. 1 und 2, Art. 57 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 und des Anhangs IV Nr. 3 Buchst. a der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABl. 2012, L 343, S. 32, Berichtigung ABl. 2015, L 67, S. 32).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der DB Netz AG und der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Deutschland) (im Folgenden: Bundesnetzagentur), weil diese der beabsichtigten Änderung der Bedingungen für die Beantragung von Infrastrukturkapazität für im Voraus vereinbarte grenzüberschreitende Zugtrassen bei der einzigen Anlaufstelle widersprochen hatte.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Verordnung Nr. 913/2010

3        Die Erwägungsgründe 4, 7, 25 und 26 der Verordnung Nr. 913/2010 lauten:

„(4)      Die Öffnung des Schienengüterverkehrsmarkts hat zwar den Eintritt neuer Betreiber ins Schienennetz ermöglicht, aber die Marktmechanismen reichen bislang nicht aus, um den Schienengüterverkehr zu organisieren, zu regeln und zu sichern. Um die Nutzung des Netzes zu optimieren und seine Zuverlässigkeit zu gewährleisten, ist es sinnvoll, zusätzliche Verfahren einzuführen, mit denen die Zusammenarbeit zwischen den Betreibern der Infrastruktur bei der Zuweisung von grenzüberschreitenden Zugtrassen für Güterzüge intensiviert wird.

(7)      Diese Verordnung sollte, sofern nicht anders festgelegt, die Rechte und Pflichten der Betreiber der Infrastruktur nach der Richtlinie 91/440/EWG [des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. 1991, L 237, S. 25)] und der Richtlinie 2001/14/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl. 2001, L 75, S. 29)] und gegebenenfalls die Rechte und Pflichten der Zuweisungsstellen nach Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 2001/14… unberührt lassen. Diese Rechtsakte bleiben in Kraft, auch in Bezug auf Bestimmungen, die Güterverkehrskorridore betreffen.

(25)      Um einen diskriminierungsfreien Zugang zum grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr zu gewährleisten, bedarf es hinsichtlich der verschiedenen Netzabschnitte des Güterverkehrskorridors einer wirksamen Koordinierung der Kontrollorgane.

(26)      Zur Vereinfachung des Zugangs zu den Informationen über die Nutzung aller wichtigen Infrastrukturen in einem Güterverkehrskorridor und zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu diesem Korridor sollte der Verwaltungsrat ein Dokument, in dem all diese Informationen zusammengefasst sind, erstellen, regelmäßig aktualisieren und veröffentlichen.“

4        Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 bestimmt:

„In dieser Verordnung werden Vorschriften für die Einrichtung und Organisation grenzübergreifender Güterverkehrskorridore für einen wettbewerbsfähigen Schienengüterverkehr festgelegt mit dem Ziel, ein europäisches Schienennetz für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr zu schaffen. Es werden Vorschriften für die Auswahl, die Organisation, das Management und die indikative Investitionsplanung von Güterverkehrskorridoren festgelegt.“

5        Art. 2 dieser Verordnung sieht vor:

„(1)      Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 der Richtlinie 2001/14…

(2)      Neben den in Absatz 1 genannten Begriffsbestimmungen bezeichnet der Ausdruck:

a)      ‚Güterverkehrskorridor‘ alle im Gebiet der oder zwischen den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls in europäischen Drittländern ausgewiesenen Eisenbahnstrecken, einschließlich Eisenbahnfähren, die zwei oder mehr Terminals entlang einer Hauptroute und gegebenenfalls anbindenden Umleitungsstrecken und Abschnitten, einschließlich der Schieneninfrastruktur und dazugehörigen Ausrüstungen und wichtigen Eisenbahndienstleistungen gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2001/14… miteinander verbinden;

…“

6        In Art. 8 der Verordnung Nr. 913/2010 heißt es:

„(1)      Die betreffenden Mitgliedstaaten richten für jeden Güterverkehrskorridor einen Exekutivrat ein, dessen Aufgabe es ist, die allgemeinen Ziele des Güterverkehrskorridors festzulegen und die in Absatz 7 des vorliegenden Artikels sowie in den Artikeln 9 und 11, Artikel 14 Absatz 1 und Artikel 22 ausdrücklich genannten Maßnahmen zu ergreifen und zu überwachen. Der Exekutivrat setzt sich aus Vertretern der Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten zusammen.

(2)      Die betreffenden Betreiber der Infrastruktur und gegebenenfalls die betreffenden Zuweisungsstellen im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 der Richtlinie 2001/14… richten für jeden Güterverkehrskorridor einen Verwaltungsrat ein, dessen Aufgabe es ist, die in den Absätzen 5, 7, 8 und 9 des vorliegenden Artikels sowie in den Artikeln 9 bis 12, Artikel 13 Absatz 1, Artikel 14 Absätze 2, 6 und 8, Artikel 16 Absatz 1, Artikel 17 Absatz 1, Artikel 18 und 19 der vorliegenden Verordnung ausdrücklich vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Der Verwaltungsrat setzt sich aus Vertretern der Betreiber der Infrastruktur zusammen.

(3)      Die an einem Güterverkehrskorridor beteiligten Mitgliedstaaten und Betreiber der Infrastruktur arbeiten im Rahmen des in den Absätzen 1 und 2 genannten Exekutivrates bzw. Verwaltungsrates zusammen, um sicherzustellen, dass der Korridor im Einklang mit dem dazugehörigen Umsetzungsplan verwirklicht wird.

(4)      Der Exekutivrat fasst seine Beschlüsse in gegenseitigem Einvernehmen der Vertreter der Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten.

(9)      Der Verwaltungsrat koordiniert in Übereinstimmung mit nationalen und europäischen Einführungsplänen die Nutzung interoperabler IT‑Anwendungen oder alternativer Lösungen, die in der Zukunft zur Handhabung von Anfragen bezüglich internationaler Zugtrassen und des Betriebs des internationalen Verkehrs im Güterverkehrskorridor zur Verfügung stehen können.“

7        Art. 12 der Verordnung Nr. 913/2010 lautet:

„In angemessener Weise und innerhalb angemessener Fristen koordiniert der Verwaltungsrat seinen Zeitplan für die Durchführung aller Arbeiten an der Infrastruktur und den dazugehörigen Ausrüstungen, die die verfügbare Kapazität des Güterverkehrskorridors einschränken, und gewährleistet die Veröffentlichung an einem Ort.“

8        Art. 13 dieser Verordnung sieht vor:

„(1)      Der Verwaltungsrat für einen Güterverkehrskorridor benennt oder gründet eine gemeinsame Stelle für Antragsteller, damit diese die Möglichkeit haben, an einem einzigen Ort und in einem einzigen Vorgang Infrastrukturkapazität für Güterzüge, die mindestens eine Grenze entlang des Güterverkehrskorridors überqueren, zu beantragen und diesbezüglich Antworten zu bekommen (nachstehend ‚einzige Anlaufstelle‘ genannt).

(2)      Die einzige Anlaufstelle stellt ferner als Koordinierungsinstrument grundlegende Informationen über die Zuweisung von Infrastrukturkapazität zur Verfügung, einschließlich der Informationen nach Artikel 18. Sie zeigt die zum Zeitpunkt der Antragstellung verfügbare Infrastrukturkapazität und die entsprechenden Merkmale in Übereinstimmung mit vorher festgelegten Parametern, wie zum Beispiel Geschwindigkeit, Zuglänge, Lichtraumprofil oder Achslasten, die jeweils für die in dem Güterverkehrskorridor verkehrenden Güterzüge zugelassen sind, an.

…“

9        In Art. 14 dieser Verordnung heißt es:

„(1)      Der Exekutivrat legt die Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2001/14… fest.

(2)      Der Verwaltungsrat bewertet den Kapazitätsbedarf der im Güterverkehrskorridor verkehrenden Güterzüge und berücksichtigt dabei die in Artikel 9 Absatz 3 der vorliegenden Verordnung genannte Verkehrsmarktstudie, die zu den früheren und aktuellen Netzfahrplänen gestellten Anträge auf Zuweisung von Fahrwegkapazität sowie die Rahmenverträge.

(6)      Der Verwaltungsrat unterstützt die Koordinierung von Vorrangregeln für die Kapazitätszuweisung im Güterverkehrskorridor.

(9)      Der Verwaltungsrat des Güterverkehrskorridors und die in Artikel 8 Absatz 7 genannte beratende Gruppe richten Verfahren ein, um zwischen Betreibern der Infrastruktur eine optimale Koordinierung der Zuweisung von Kapazitäten zu gewährleisten, was gleichermaßen für Anträge gemäß Artikel 13 Absatz 1 wie für Anträge, die bei den betreffenden Betreibern der Infrastruktur eingegangen sind, gilt. Dabei wird auch der Zugang zu Terminals berücksichtigt.

…“

10      Art. 16 Abs. 1 der Verordnung führt aus:

„Der Verwaltungsrat des Güterverkehrskorridors richtet Verfahren für die Koordinierung des Verkehrsmanagements in dem Güterverkehrskorridor ein. Die Verwaltungsräte miteinander verbundener Güterverkehrskorridore richten Verfahren für die Koordinierung des Verkehrs in diesen Güterverkehrskorridoren ein.“

11      Art. 18 der Verordnung Nr. 913/2010 bestimmt:

„Der Verwaltungsrat erstellt und veröffentlicht ein Dokument, das regelmäßig aktualisiert wird und Folgendes enthält:

a)      sämtliche Informationen der gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/14… erstellten nationalen Schienennetz-Nutzungsbedingungen, die den Güterverkehrskorridor betreffen;

c)      Informationen über die in den Artikeln 13 bis 17 der vorliegenden Verordnung genannten Verfahren und

…“

12      Art. 20 dieser Verordnung sieht vor:

„(1)      Die in Artikel 30 der Richtlinie 2001/14… genannten Regulierungsstellen arbeiten bei der Überwachung des Wettbewerbs im Güterverkehrskorridor zusammen. Sie gewährleisten insbesondere den diskriminierungsfreien Zugang zum Korridor und fungieren als Beschwerdestellen gemäß Artikel 30 Absatz 2 der genannten Richtlinie. Sie tauschen untereinander erforderliche Informationen aus, die sie von den Betreibern der Infrastruktur und anderen einschlägigen Beteiligten erhalten haben.

(3)      Im Falle einer von einem Antragsteller an eine Regulierungsstelle gerichteten Beschwerde in Bezug auf grenzüberschreitende Schienengüterverkehrsdienste oder im Rahmen von Untersuchungen aus eigener Initiative durch eine Regulierungsstelle konsultiert diese Regulierungsstelle die Regulierungsstellen aller anderen Mitgliedstaaten, durch die die betreffende internationale Zugtrasse für Güterzüge verläuft, und ersucht sie vor ihrer Entscheidung um alle notwendigen Informationen.

…“

 Richtlinie 2012/34

13      Art. 3 Nrn. 2, 19 und 26 der Richtlinie 2012/34 bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

2.      ‚Infrastrukturbetreiber‘ jede Stelle oder jedes Unternehmen, die bzw. das insbesondere für die Einrichtung, die Verwaltung und die Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahn, einschließlich Verkehrsmanagement, Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung, zuständig ist; mit den bei einem Netz oder Teilen eines Netzes wahrzunehmenden Funktionen des Infrastrukturbetreibers können verschiedene Stellen oder Unternehmen betraut werden;

19.      ‚Antragsteller‘ ein Eisenbahnunternehmen oder eine internationale Gruppierung von Eisenbahnunternehmen oder andere natürliche oder juristische Personen wie zuständige Behörden im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. 2007, L 315, S. 1)], Verlader, Spediteure und Unternehmen des kombinierten Verkehrs, die ein gemeinwirtschaftliches oder einzelwirtschaftliches Interesse am Erwerb von Fahrwegkapazität haben;

26.      ‚Schienennetz-Nutzungsbedingungen‘ eine detaillierte Darlegung der allgemeinen Regeln, Fristen, Verfahren und Kriterien für die Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen einschließlich der zusätzlichen Informationen, die für die Beantragung von Fahrwegkapazität benötigt werden“.

14      In Art. 27 dieser Richtlinie heißt es:

„(1)      Der Infrastrukturbetreiber erstellt und veröffentlicht nach Konsultation mit den Beteiligten Schienennetz-Nutzungsbedingungen, die gegen Zahlung einer Gebühr, die nicht höher sein darf als die Kosten für die Veröffentlichung dieser Unterlagen, erhältlich sind. Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen werden in mindestens zwei Amtssprachen der Union veröffentlicht. Ihr Inhalt wird unentgeltlich in elektronischer Form in dem Internetportal des Infrastrukturbetreibers bereitgestellt und über ein gemeinsames Internetportal zugänglich gemacht. Dieses Internetportal wird von den Infrastrukturbetreibern im Rahmen ihrer Zusammenarbeit nach den Artikeln 37 und 40 eingerichtet.

(2)      Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen enthalten Angaben zum Fahrweg, der den Eisenbahnunternehmen zur Verfügung steht, und zu den Zugangsbedingungen für den betreffenden Fahrweg. Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen enthalten ferner Informationen zu den Bedingungen für den Zugang zu Serviceeinrichtungen, die an das Netz des Infrastrukturbetreibers angeschlossen sind, und für die Erbringung der Leistungen in diesen Einrichtungen oder verweisen auf eine Website, auf der diese Informationen unentgeltlich in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden. Anhang IV enthält den Inhalt der Schienennetz-Nutzungsbedingungen.

…“

15      Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten können eine Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität schaffen, sofern dabei die Unabhängigkeit der Geschäftsführung gemäß Artikel 4 gewahrt wird. Es werden spezifische Regeln für die Zuweisung von Fahrwegkapazität aufgestellt. Der Infrastrukturbetreiber führt die Verfahren zur Zuweisung von Fahrwegkapazität durch. Insbesondere gewährleistet der Infrastrukturbetreiber, dass die Fahrwegkapazität gerecht und nichtdiskriminierend unter Einhaltung des Unionsrechts zugewiesen wird.“

16      Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Infrastrukturbetreiber im Interesse einer effizienten Schaffung und Zuweisung von netzübergreifender Fahrwegkapazität im Eisenbahnsystem in der Union zusammenarbeiten, auch bei Rahmenverträgen gemäß Artikel 42. Die Infrastrukturbetreiber schaffen die dafür erforderlichen Verfahren gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie und richten die entsprechenden netzübergreifenden Zugtrassen ein.

Unbeschadet der besonderen Bestimmungen des Unionsrechts über Schienengüterverkehrsnetze sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass Vertreter der Infrastrukturbetreiber, deren Zuweisungsentscheidungen sich auf andere Infrastrukturbetreiber auswirken, zusammenarbeiten, um die Fahrwegkapazität auf internationaler Ebene zuzuweisen oder deren Zuweisung zu koordinieren. Die im Rahmen dieser Zusammenarbeit aufgestellten Grundsätze und Kriterien für die Kapazitätszuweisung veröffentlichen die Infrastrukturbetreiber gemäß Anhang IV Nummer 3 in ihren Schienennetz-Nutzungsbedingungen. Gegebenenfalls können an diesem Verfahren Vertreter von Infrastrukturbetreibern aus Drittstaaten beteiligt werden.“

17      Art. 55 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34 sieht vor:

„Jeder Mitgliedstaat richtet für den Eisenbahnsektor eine einzige nationale Regulierungsstelle ein. Diese Stelle ist unbeschadet des Absatzes 2 eine eigenständige Behörde, die in Bezug auf ihre Organisation, Funktion, hierarchische Stellung und Entscheidungsfindung rechtlich getrennt und unabhängig von anderen öffentlichen oder privaten Stellen ist. Sie ist außerdem organisatorisch, bei ihren Finanzierungsbeschlüssen, rechtlich und in ihrer Entscheidungsfindung von Infrastrukturbetreibern, entgelterhebenden Stellen, Zuweisungsstellen und Antragstellern unabhängig. Darüber hinaus ist die Regulierungsstelle funktionell unabhängig von allen zuständigen Behörden, die bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge mitwirken.“

18      In Art. 56 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie lautet:

„(1)      Ist ein Antragsteller der Auffassung, ungerecht behandelt, diskriminiert oder auf andere Weise in seinen Rechten verletzt worden zu sein, so hat er unbeschadet des Artikels 46 Absatz 6 das Recht, die Regulierungsstelle zu befassen, und zwar insbesondere gegen Entscheidungen des Infrastrukturbetreibers oder gegebenenfalls des Eisenbahnunternehmens oder des Betreibers einer Serviceeinrichtung betreffend:

a)      den Entwurf und die Endfassung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen;

b)      die darin festgelegten Kriterien;

c)      das Zuweisungsverfahren und dessen Ergebnis;

d)      die Entgeltregelung;

e)      die Höhe oder Struktur der Wegeentgelte, die er zu zahlen hat oder hätte;

f)      die Zugangsregelungen gemäß Artikel 10 bis 13;

g)      den Zugang zu Leistungen gemäß Artikel 13 und die dafür erhobenen Entgelte.

(2)      Unbeschadet der Befugnisse der nationalen Wettbewerbsbehörden für die Sicherstellung des Wettbewerbs in den Schienenverkehrsmärkten ist die Regulierungsstelle berechtigt, die Wettbewerbssituation in den Schienenverkehrsmärkten zu überwachen; sie prüft insbesondere von sich aus die in Absatz 1 Buchstaben a bis g genannten Punkte, um der Diskriminierung von Antragstellern vorzubeugen. Sie prüft insbesondere, ob die Schienennetz-Nutzungsbedingungen diskriminierende Bestimmungen enthalten oder den Infrastrukturbetreibern einen Ermessensspielraum geben, der die Diskriminierung von Antragstellern ermöglicht.“

19      Art. 57 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2012/34 hat folgenden Wortlaut:

„Die Regulierungsstellen tauschen Informationen über ihre Arbeit und ihre Entscheidungsgrundsätze und ihre Entscheidungspraxis aus und tauschen insbesondere Informationen über die wichtigsten Fragen ihrer Verfahren und Probleme bei der Auslegung des umgesetzten Unionsrechts für den Eisenbahnsektor aus. Sie arbeiten auch anderweitig zusammen, um ihre Entscheidungen in der gesamten Union zu koordinieren. Sie sind zu diesem Zweck Mitglied in einem regelmäßig tagenden Netzwerk, in dem sie zusammenarbeiten. Die Kommission ist Mitglied, koordiniert und unterstützt die Arbeit des Netzwerks und unterbreitet ihm gegebenenfalls Empfehlungen. Sie sorgt dafür, dass die betreffenden Regulierungsstellen aktiv zusammenarbeiten.“

20      Art. 65 der Richtlinie sieht vor:

„Die Richtlinien 91/440…, 95/18/EG [des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (ABl. 1995, L 143, S. 70)] und 2001/14… in der Fassung der in Anhang IX Teil A aufgeführten Richtlinien werden unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang IX Teil B genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtlinien in nationales Recht mit Wirkung vom 17. Juni 2015 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobenen Richtlinien gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang X zu lesen.“

21      In Anhang IV der Richtlinie 2012/34 heißt es:

„Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen gemäß Artikel 27 müssen folgende Angaben enthalten:

3.      Einen Abschnitt über die Grundsätze und die Kriterien für die Zuweisung von Fahrwegkapazität. Es sind Angaben zu den allgemeinen Kapazitätsmerkmalen des Fahrwegs, der den Eisenbahnunternehmen zur Verfügung steht, … zu machen. In diesem Abschnitt sind ferner die Abwicklung und die Fristen des Verfahrens der Zuweisung von Fahrwegkapazität anzugeben. Er enthält spezifische Kriterien, die für dieses Verfahren von Belang sind, insbesondere

a)      die Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität durch Antragsteller beim Betreiber der Infrastruktur,

b)      Anforderungen an Antragsteller,

…“

 Deutsches Recht

 AEG

22      § 14 Abs. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: AEG) bestimmt:

„Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind verpflichtet, die diskriminierungsfreie Benutzung der von ihnen betriebenen Eisenbahninfrastruktur und die diskriminierungsfreie Erbringung der von ihnen angebotenen Leistungen in dem durch eine auf Grund des § 26 Abs. 1 Nr. 6, 7 und Abs. 4 Nr. 1 ergangenen Rechtsverordnung bestimmten Umfang zu gewähren. …“

23      In § 14d AEG heißt es:

„Die öffentlichen Eisenbahninfrastrukturuntemehmen haben die Regulierungsbehörde zu unterrichten über

6.      die beabsichtigte Neufassung oder Änderung von Schienennetz-Benutzungsbedingungen und von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen einschließlich der jeweils vorgesehenen Entgeltgrundsätze und Entgelthöhen.

…“

24      § 14e AEG sieht vor:

„(1)      Die Regulierungsbehörde kann nach Eingang einer Mitteilung nach § 14d innerhalb von

4.      vier Wochen der beabsichtigten Neufassung oder Änderung nach § 14d Satz 1 Nr. 6

widersprechen, soweit die beabsichtigten Entscheidungen nicht den Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur entsprechen.

(3)      Übt die Regulierungsbehörde ihr Widerspruchsrecht aus,

2.      treten im Fall des Absatzes 1 Nr. 4 die Schienennetz-Benutzungsbedingungen oder die Nutzungsbedingungen von Serviceeinrichtungen einschließlich der vorgesehenen Entgeltgrundsätze und Entgelthöhen insoweit nicht in Kraft.

…“

 EIBV

25      § 3 Abs. 1 der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung vom 3. Juni 2005 (BGBl. 2005 I, S. 1566, im Folgenden: EIBV) lautet:

„Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind verpflichtet, die Benutzung der von ihnen betriebenen Serviceeinrichtungen diskriminierungsfrei zu gewähren sowie die damit verbundenen Leistungen und die in Anlage 1 Nr. 2 beschriebenen Leistungen, wenn sie zu ihrem Geschäftsbetrieb gehören, diskriminierungsfrei zu erbringen. Betreiber der Schienenwege sind zusätzlich verpflichtet, die von ihnen betriebenen Schienenwege, die zugehörigen Steuerungs- und Sicherungssysteme sowie die zugehörigen Anlagen zur streckenbezogenen Versorgung mit Fahrstrom zur Nutzung bereitzustellen, Zugtrassen nach Maßgabe dieser Verordnung zuzuweisen und die in Anlage 1 Nr. 1 beschriebenen Leistungen zu erbringen.“

26      § 4 EIBV bestimmt:

„(1)      Der Betreiber der Schienenwege ist verpflichtet, Benutzungsbedingungen (Schienennetz-Benutzungsbedingungen) für die Erbringung der in Anlage 1 Nr. 1 genannten Leistungen zu erstellen und … bekannt zu machen.

Der Betreiber der Schienenwege hat Zugangsberechtigten auf deren Verlangen gegen Erstattung der Aufwendungen die Schienennetz-Benutzungsbedingungen zuzusenden.

(2)      Die Schienennetz-Benutzungsbedingungen müssen mindestens die in Anlage 2 festgelegten und die sonst nach dieser Verordnung vorgeschriebenen Angaben sowie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Benutzung der Zugtrassen enthalten. Die Liste der Entgelte ist nicht Bestandteil der Schienennetz- Benutzungsbedingungen.

…“

27      In Art. 6 Abs. 1 EIBV heißt es:

„Zugangsberechtigte können bei dem Betreiber der Schienenwege jederzeit einen Antrag auf Zuweisung von Zugtrassen stellen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist. …“

28      Anlage 1 zur EIBV sieht vor:

„1.      Die Pflichtleistungen des Betreibers der Schienenwege umfassen:

a)      die Bearbeitung von Anträgen auf Zuweisung von Zugtrassen;

…“

29      In Anlage 2 zur EIBV heißt es:

„Die Schienennetz-Benutzungsbedingungen nach § 4 müssen folgende Angaben enthalten:

3.      Grundsätze und Kriterien für die Zuweisung von Schienenwegkapazität

Es sind Angaben zu den allgemeinen Kapazitätsmerkmalen des Schienenweges, der den Zugangsberechtigten zur Verfügung steht, sowie zu etwaigen Nutzungseinschränkungen, einschließlich des zu erwartenden Kapazitätsbedarfs für Instandhaltungszwecke, zu machen. Es sind ferner Angaben zur Abwicklung und zu den Fristen des Verfahrens der Zuweisung von Schienenwegkapazität anzugeben, insbesondere

a)      zum Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Zugtrassen durch Zugangsberechtigte beim Betreiber der Schienenwege;

…“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

30      DB Netz gehört als 100%ige Tochtergesellschaft zum Konzern der Deutsche Bahn AG und betreibt als öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen das größte Schienenwegenetz in Deutschland.

31      Als Infrastrukturbetreiberin ist DB Netz nach dem zur Umsetzung von Art. 27 der Richtlinie 2012/34 erlassenen deutschen Recht, insbesondere § 4 Abs. 1 und 2 EIBV sowie Anlage 2 Nr. 3 Satz 3 Buchst. a zur EIBV, verpflichtet, Schienennetz-Benutzungsbedingungen zu erstellen und zu veröffentlichen, die Angaben zur Abwicklung und zu den Fristen des Verfahrens der Zuweisung von Schienenwegekapazität, insbesondere zum Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Zugtrassen durch Zugangsberechtigte beim Betreiber der Schienenwege, enthalten.

32      DB Netz ist darüber hinaus am Betrieb europäischer Güterverkehrskorridore im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 913/2010 beteiligt. Sechs dieser Korridore betreffen das Schienennetz von DB Netz. Nach den Bestimmungen dieser Verordnung richtet sie gemeinsam mit den anderen Infrastrukturbetreibern, die an den jeweiligen in Rede stehenden Güterverkehrskorridoren beteiligt sind, einen Verwaltungsrat ein, der am Management des betreffenden Güterverkehrskorridors beteiligt ist. Der Verwaltungsrat ist für die Benennung und Gründung einer einzigen Anlaufstelle für jeden Güterverkehrskorridor zuständig, damit die Nutzer des Korridors die Möglichkeit haben, an einem einzigen Ort und in einem einzigen Vorgang Infrastrukturkapazität für ihre grenzüberschreitenden Güterzüge zu beantragen. Der Verwaltungsrat richtet Verfahren ein, um zwischen den Betreibern der Infrastruktur eine Koordinierung der Zuweisung von Kapazität zu gewährleisten, und erstellt und veröffentlicht ein als „Corridor Information Document (CID)“ bezeichnetes Dokument mit Informationen zu den geltenden Nutzungsbedingungen des betreffenden Güterverkehrskorridors. In der Praxis sämtlicher Güterverkehrskorridore, an denen DB Netz beteiligt ist, wird für das Antragsverfahren bei der einzigen Anlaufstelle das elektronische Buchungstool „Path Coordination System“ (Trassenkoordinierungssystem) (im Folgenden: Buchungstool PCS) genutzt.

33      Im Jahr 2015 beschlossen die Verwaltungsräte der Güterverkehrskorridore, an denen DB Netz beteiligt war, dass Anträge auf Zuweisung von Fahrwegkapazität auf im Voraus vereinbarten grenzüberschreitenden Zugtrassen bei der für diese Korridore jeweils vorgesehenen einzigen Anlaufstelle ausschließlich über das Buchungstool PCS gestellt werden könnten. Diese Regelungen wurden in Buch 4 des CID veröffentlicht.

34      Am 31. August 2015 unterrichtete DB Netz die Bundesnetzagentur als zuständige nationale Regulierungsstelle im Sinne von Art. 55 der Richtlinie 2012/34 über eine beabsichtigte Änderung ihrer Schienennetz-Benutzungsbedingungen 2016. Diese Änderung betraf u. a. das Verfahren zur Beantragung von Schienenwegekapazität auf im Voraus vereinbarten Zugtrassen in Güterverkehrskorridoren nach der Verordnung Nr. 913/2010 bei der dafür jeweils zuständigen einzigen Anlaufstelle. Nach der beabsichtigten Änderung sollte diese Antragstellung ausschließlich über das Buchungstool PCS möglich sein und die für den Fall eines technischen Ausfalls dieses Tools vorgesehene Möglichkeit der Nutzung eines Anmeldeformulars gestrichen werden. Begründet wurde die Änderung insbesondere damit, dass die Nutzung eines solchen Formulars in den durch die Verwaltungsräte der Güterverkehrskorridore beschlossenen und veröffentlichten Bestimmungen über die Antragstellung nicht vorgesehen sei.

35      Mit Bescheid vom 22. September 2015 widersprach die Bundesnetzagentur gestützt auf § 14e Abs. 1 AEG der von DB Netz vorgelegten beabsichtigten Änderung der Schienennetz-Benutzungsbedingungen 2016. Den von der Betreiberin eingelegten Widerspruch wies die Bundesnetzagentur mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 zurück. Sie begründete dies damit, dass die beabsichtigte Änderung, mit der die Möglichkeit zur Nutzung einer alternativen Lösung bei einem technischen Ausfall des Buchungstools PCS gestrichen werden sollte, gegen die aus § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und Anlage 1 Ziff. 1 EIBV folgende Pflicht von DB Netz verstoße, eine diskriminierungsfreie Benutzung der von ihr betriebenen Eisenbahninfrastruktur und eine diskriminierungsfreie Erbringung der von ihr angebotenen Pflichtleistungen einschließlich der Bearbeitung von Anträgen auf Zuweisung von Zugtrassen zu gewährleisten.

36      Am 15. März 2016 erhob DB Netz Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln (Deutschland), mit der sie die Aufhebung des Ablehnungsbescheids der Bundesnetzagentur beantragte. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 20. April 2018 ab und folgte dabei im Wesentlichen der Argumentation der Bundesnetzagentur.

37      Gegen dieses Urteil legte DB Netz Berufung zum vorlegenden Gericht ein, das sich fragt, ob die Bundesnetzagentur der von DB Netz beabsichtigten Änderung der Schienennetz-Benutzungsbedingungen 2016 zu Recht widersprochen hat.

38      Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, für die Bundesnetzagentur habe hinreichender Anlass für die Annahme bestanden, dass das in Ziff. 4.2.5.1. der Schienennetz-Benutzungsbedingungen 2016 geregelte Verfahren für die Beantragung von Schienenwegekapazität bei der einzigen Anlaufstelle nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 ohne eine alternative Lösung für den Fall einer technischen Störung des Buchungstools PCS Diskriminierungspotenzial aufweise.

39      Das vorlegende Gericht fragt sich allerdings erstens, ob dieses Verfahren überhaupt von DB Netz in ihren Schienennetz-Benutzungsbedingungen gemäß § 4 Abs. 1 und 2 EIBV in Verbindung mit Anlage 2 Ziff. 3 Satz 3 Buchst. a EIBV geregelt werden kann und deshalb vollumfänglich der Kontrolle durch die Bundesnetzagentur unterliegt oder ob hierfür nicht ausschließlich der Verwaltungsrat des betreffenden Güterverkehrskorridors zuständig ist. Da § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anlage 2 Ziff. 3 Satz 3 Buchst. a EIBV der Umsetzung von Art. 27 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang IV Nr. 3 Buchst. a der Richtlinie 2012/34 diene, komme es maßgeblich darauf an, ob das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Schienenwegekapazität unter diese Bestimmungen der Richtlinie 2012/34 falle.

40      Für den Fall, dass dieses Verfahren tatsächlich von DB Netz in ihren Schienennetz-Benutzungsbedingungen zu regeln wäre, fragt sich das vorlegende Gericht zweitens, ob die nationale Regulierungsstelle bei der Überprüfung dieser Bedingungen im Sinne von Art. 27 der Richtlinie 2012/34 die Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 zu beachten hat, der eine Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsstellen vorsehe, und bejahendenfalls, ob diese Pflicht zur Zusammenarbeit jegliches einseitiges Vorgehen ausschließt oder ob die nationale Regulierungsstelle danach zumindest verpflichtet ist, sich um ein abgestimmtes Vorgehen zu bemühen. Sollte Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 nicht anwendbar sein, stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob sich vergleichbare Pflichten aus der Richtlinie 2012/34, insbesondere aus ihrem Art. 57, ergeben. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts könnten bei einem unabgestimmten Vorgehen in diesem Bereich sich ausschließende Vorgaben der nationalen Regulierungsstellen die Erreichung des mit Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 verfolgten Ziels, Infrastrukturkapazität an einem einzigen Ort und in einem einzigen Vorgang beantragen zu können, erschweren oder sogar unmöglich machen.

41      Falls der Verwaltungsrat eines Güterverkehrskorridors befugt sein sollte, das Verfahren für die Beantragung von Infrastrukturkapazität bei der einzigen Anlaufstelle selbst festzulegen, hält es das vorlegende Gericht drittens für zweifelhaft, ob die Bundesnetzagentur die Schienennetz-Benutzungsbedingungen 2016 von DB Netz auf mehr als ihre inhaltliche Übereinstimmung mit den vom Verwaltungsrat getroffenen Regelungen überprüfen darf.

42      Für den Fall, dass die nationalen Regulierungsstellen zu einer solchen Überprüfung befugt sein sollten, bedarf es nach Ansicht des vorlegenden Gerichts viertens der Klärung, welche Bedeutung der durch den Exekutivrat für einen Güterverkehrskorridor nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 festgelegten Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor zukommt. Das vorlegende Gericht stellt sich die Frage, wie sich einerseits der Umstand, dass die Exekutivräte der betroffenen Güterverkehrskorridore vorliegend in Art. 8 Abs. 2 ihrer Rahmenregelung festgelegt hätten, dass die Korridorkapazität über ein internationales Antragssystem zu veröffentlichen und zuzuweisen sei, welches mit den anderen Güterverkehrskorridoren abgestimmt sein solle, nämlich das Buchungstool PCS, zu andererseits dem einseitigen Vorgehen der Bundesnetzagentur verhalte, mit dem DB Netz ohne Abstimmung mit den nationalen Regulierungsstellen der übrigen betroffenen Mitgliedstaaten Vorgaben zur Gestaltung des Antragssystems gemacht werden sollten. In diesem Zusammenhang hat das vorlegende Gericht Zweifel hinsichtlich Rechtsnatur und Bindungswirkung der Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 und fragt sich, ob die Rahmenregelung der Auslegung der nationalen Gerichte oder des Gerichtshofs unterliegt.

43      Unter diesen Umständen hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Deutschland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist die Verordnung Nr. 913/2010 insbesondere im Hinblick auf die in Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 9 und Art. 18 Buchst. c dieser Verordnung dem Verwaltungsrat eines Güterverkehrskorridors zugewiesenen Aufgaben dahin auszulegen, dass der Verwaltungsrat für einen Güterverkehrskorridor ermächtigt ist, das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität bei der in Art. 13 Abs. 1 der Verordnung genannten einzigen Anlaufstelle selber festzulegen und dabei etwa – wie unter den vorliegenden Umständen – die ausschließliche Anwendung eines elektronischen Buchungstools vorzuschreiben, oder unterfällt dieses Verfahren den allgemeinen Bestimmungen aus Art. 27 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Nr. 3 Buchst. a des Anhangs IV der Richtlinie 2012/34, so dass es allein durch die an einem Güterverkehrskorridor beteiligten Infrastrukturbetreiber in ihren jeweiligen Schienennetz-Nutzungsbedingungen geregelt werden darf?

2.      Falls die erste Frage dahin zu beantworten ist, dass eine Regelung des in dieser Frage genannten Verfahrens allein in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen der an einem Güterverkehrskorridor beteiligten Infrastrukturbetreiber zu erfolgen hat, richtet sich die Überprüfung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen durch eine nationale Regulierungsstelle insoweit nach Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 oder ebenfalls ausschließlich nach den Bestimmungen der Richtlinie 2012/34 und den zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechtsvorschriften?

a)      Falls sich die Überprüfung nach Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 richtet, ist es mit dessen Bestimmungen vereinbar, dass eine nationale Regulierungsstelle eine Regelung in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen wie die in der ersten Frage genannte beanstandet, ohne dabei gemeinsam und in der Sache einheitlich mit den Regulierungsstellen der übrigen am Güterverkehrskorridor beteiligten Mitgliedstaaten vorzugehen oder diese zumindest in dem Bemühen um ein einheitliches Vorgehen vorab zu konsultieren?

b)      Soweit sich die Überprüfung nach den Bestimmungen der Richtlinie 2012/34 und den zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechtsvorschriften richtet, ist es mit diesen, insbesondere der in Art. 57 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 dieser Richtlinie vorgesehenen allgemeinen Koordinierungspflicht, vereinbar, dass eine nationale Regulierungsstelle eine solche Regelung beanstandet, ohne dabei gemeinsam und in der Sache einheitlich mit den Regulierungsstellen der übrigen am Güterverkehrskorridor beteiligten Mitgliedstaaten vorzugehen oder diese zumindest in dem Bemühen um ein einheitliches Vorgehen vorab konsultiert zu haben?

3.      Falls die erste Frage dahin zu beantworten ist, dass der Verwaltungsrat für einen Güterverkehrskorridor ermächtigt ist, das in der ersten Frage genannte Verfahren selber festzulegen, ist eine nationale Regulierungsstelle nach Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 oder den Bestimmungen der Richtlinie 2012/34 und den zu ihrer Umsetzung geschaffenen Rechtsvorschriften befugt, die Schienennetz-Nutzungsbedingungen eines Infrastrukturbetreibers auf mehr als ihre inhaltliche Übereinstimmung mit dem durch den Verwaltungsrat festgelegten Verfahren zu überprüfen und gegebenenfalls zu beanstanden, wenn die Schienennetz-Nutzungsbedingungen eines Infrastrukturbetreibers Regelungen zu diesem Verfahren enthalten? Falls dies zu bejahen sein sollte, wie sind die in der zweiten Frage aufgeführten Fragen im Hinblick auf diese Befugnis der Regulierungsstelle zu beantworten?

4.      Soweit den nationalen Regulierungsstellen ausgehend von den vorherigen Fragen Befugnisse zur Überprüfung des in der ersten Frage genannten Verfahrens zustehen, ist Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 dahin auszulegen, dass es sich bei der nach dieser Vorschrift durch den Exekutivrat festgelegten Rahmenregelung um die nationalen Regulierungsstellen und die nationalen Gerichte bindendes Unionsrecht handelt, dem ein Anwendungsvorrang vor nationalem Recht zukommt und das der letztverbindlichen Auslegung des Gerichtshofs unterliegt?

5.      Falls die vierte Frage zu bejahen ist, steht die nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 durch die Exekutivräte sämtlicher Güterverkehrskorridore unter Art. 8 Abs. 2 der jeweiligen Rahmenregelung getroffene Bestimmung, nach der die Korridorkapazität über ein internationales Antragssystem zu veröffentlichen und zuzuweisen ist, welches so weit wie möglich mit den anderen Güterverkehrskorridoren abgestimmt sein soll, der Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde entgegen, mit welcher einem an einem Güterverkehrskorridor beteiligten Infrastrukturbetreiber für dessen Schienennetz-Nutzungsbedingungen Vorgaben zur Gestaltung dieses Antragssystems gemacht werden, die nicht mit den nationalen Regulierungsstellen der an den Güterverkehrskorridoren im Übrigen beteiligten Staaten abgestimmt sind?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

44      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 9 und Art. 18 Buchst. c der Verordnung Nr. 913/2010 sowie Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2012/34 in Verbindung mit deren Anhang IV Nr. 3 Buchst. a dahin auszulegen sind, dass die Behörde, die befugt ist, die Regelungen über das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität einschließlich der ausschließlichen Nutzung eines bestimmten elektronischen Buchungstools bei der in Art. 13 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen einzigen Anlaufstelle zu erlassen, der gemäß Art. 8 Abs. 2 dieser Verordnung eingerichtete Verwaltungsrat ist, oder dahin, dass die hierzu befugte Behörde der in Art. 3 Nr. 2 dieser Richtlinie definierte Infrastrukturbetreiber ist.

45      Diese Frage betrifft die Auslegung von Bestimmungen der Verordnung Nr. 913/2010 und der Richtlinie 2012/34. Deshalb ist vorab festzuhalten, dass die Anwendung der Verordnung Nr. 913/2010 ausweislich ihres siebten Erwägungsgrundes die Rechte und Pflichten der Betreiber der Infrastruktur nach den Richtlinien 91/440 und 2001/14 unberührt lassen soll, sofern nichts anderes festgelegt ist. Da diese beiden Richtlinien durch die Richtlinie 2012/34 aufgehoben worden sind und gemäß Art. 65 der Richtlinie 2012/34 Bezugnahmen auf die aufgehobenen Richtlinien als Bezugnahmen auf diese Richtlinie gelten, sind die Bestimmungen der Verordnung Nr. 913/2010 in Zusammenschau mit der Richtlinie 2012/34 zu lesen, es sei denn, es ist etwas anderes bestimmt.

46      Zur Beantwortung der ersten Frage ist daher zu prüfen, welche Funktion die Verordnung Nr. 913/2010 dem Verwaltungsrat der Güterverkehrskorridore zuweist; dabei sind die Bestimmungen der Richtlinie 2012/34 über die den Betreibern der Infrastruktur übertragenen Aufgaben zu berücksichtigen.

47      Insoweit geht aus der ständigen Rechtsprechung hervor, dass bei der Auslegung von Bestimmungen des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Januar 2021, De Ruiter, C‑361/19, EU:C:2021:71, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Was als Erstes den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 913/2010 und der Richtlinie 2012/34 betrifft, geht erstens aus Art. 8 Abs. 2 dieser Verordnung hervor, dass die betreffenden Betreiber der Infrastruktur für jeden Güterverkehrskorridor einen Verwaltungsrat einrichten, der sich aus Vertretern dieser Betreiber zusammensetzt und dessen Aufgabe es ist, u. a. die in Art. 8 Abs. 9, Art. 12, Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2, 6 und 9, Art. 16 Abs. 1 und Art. 18 der Verordnung Nr. 913/2010 ausdrücklich vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen.

49      So koordiniert der Verwaltungsrat zunächst nach Art. 8 Abs. 9 und Art. 12 der Verordnung Nr. 913/2010 zum einen in Übereinstimmung mit nationalen und europäischen Einführungsplänen die Nutzung interoperabler IT‑Anwendungen oder alternativer Lösungen, die in der Zukunft zur Handhabung von Anfragen bezüglich internationaler Zugtrassen und des Betriebs des internationalen Verkehrs im Güterverkehrskorridor zur Verfügung stehen können; zum anderen koordiniert und veröffentlicht er seinen Zeitplan für die Durchführung aller Arbeiten an der Infrastruktur und den dazugehörigen Ausrüstungen, die die verfügbare Kapazität des Güterverkehrskorridors einschränken.

50      Sodann benennt oder gründet der Verwaltungsrat nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 eine einzige Anlaufstelle, die aus einer gemeinsamen Stelle für Antragsteller besteht, damit diese die Möglichkeit haben, an einem einzigen Ort und in einem einzigen Vorgang Infrastrukturkapazität für Güterzüge, die mindestens eine Grenze entlang des Güterverkehrskorridors überqueren, zu beantragen und diesbezüglich Antworten zu bekommen. Gemäß Art. 14 Abs. 2, 6 und 9 sowie Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 bewertet der Verwaltungsrat in diesem Zusammenhang den Kapazitätsbedarf der im Güterverkehrskorridor verkehrenden Güterzüge, unterstützt die Koordinierung von Vorrangregeln für die Kapazitätszuweisung im Güterverkehrskorridor, richtet Verfahren ein, um zwischen Betreibern der Infrastruktur eine optimale Koordinierung der Zuweisung von Kapazitäten zu gewährleisten, was gleichermaßen für Anträge gemäß Art. 13 Abs. 1 wie für Anträge, die bei den betreffenden Betreibern der Infrastruktur eingegangen sind, gilt, und richtet Verfahren für die Koordinierung des Verkehrsmanagements in dem Güterverkehrskorridor ein.

51      Schließlich geht aus Art. 18 der Verordnung Nr. 913/2010 hervor, dass der Verwaltungsrat ein Dokument erstellt und veröffentlicht, das regelmäßig aktualisiert wird und das im Wesentlichen Informationen zu den Nutzungsbedingungen des Güterverkehrskorridors enthält, einschließlich, wie sich aus den Buchst. a und c dieser Bestimmung ergibt, sämtlicher Informationen der gemäß Art. 27 der Richtlinie 2012/34 erstellten nationalen Schienennetz-Nutzungsbedingungen, die den Güterverkehrskorridor betreffen, und Informationen über die in den Art. 13 bis 17 der Verordnung Nr. 913/2010 genannten Verfahren.

52      Somit ergibt sich aus dem Wortlaut der in den Rn. 48 bis 51 des vorliegenden Urteils genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 913/2010 zum einen, dass der Unionsgesetzgeber ausdrücklich die Maßnahmen präzisieren wollte, die den Aufgabenbereich des Verwaltungsrats bilden, und zum anderen, dass dieser Rat im Wesentlichen eine Koordinierungsfunktion hat, die sich u. a. auf die Infrastrukturkapazität, die hierzu verfügbaren Informationen und bestimmte Aspekte der Beantragung von Infrastrukturkapazität erstreckt.

53      Diese Bestimmungen enthalten jedoch keinerlei Angaben dahin, dass sich die Funktion des Verwaltungsrats darauf erstrecken könnte, dass er das Verfahren für die Einreichung von Anträgen zur Buchung von Infrastrukturkapazität bei der einzigen Anlaufstelle bestimmen könnte.

54      Was zweitens die dem Betreiber der Infrastruktur durch die Richtlinie 2012/34 übertragenen Aufgaben betrifft, ergibt sich zum einen aus Art. 27 Abs. 1 dieser Richtlinie, dass jeder Infrastrukturbetreiber nationale Schienennetz-Nutzungsbedingungen erstellen und veröffentlichen muss; zum anderen müssen diese Bedingungen nach Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2012/34 in Verbindung mit deren Anhang IV Nr. 3 Buchst. a die Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität durch Antragsteller beim Betreiber der Infrastruktur beinhalten.

55      Aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen der Richtlinie 2012/34 ergibt sich somit, dass der Erlass von Regeln für das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität, wie diejenigen, die bei der einzigen Anlaufstelle für Güterzüge, die mindestens eine Grenze entlang des Güterverkehrskorridors überqueren, im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 gestellt werden, in die Zuständigkeit des Infrastrukturbetreibers fällt.

56      Als Zweites bestätigt die Prüfung des Zusammenhangs der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 913/2010 und der Richtlinie 2012/34 die Schlussfolgerungen in den Rn. 52 und 55 des vorliegenden Urteils.

57      Erstens soll, wie im 26. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 913/2010 ausgeführt ist, das Erfordernis, dass der Verwaltungsrat das in Art. 18 dieser Verordnung genannte Dokument erstellt, regelmäßig aktualisiert und veröffentlicht, den Zugang zu den insbesondere in den nationalen Schienennetz-Nutzungsbedingungen enthaltenen Informationen über die Nutzung aller wichtigen Infrastrukturen in einem Güterverkehrskorridor und zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu diesem Korridor vereinfachen.

58      Daraus folgt, wie der Generalanwalt in Nr. 71 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, dass dieses Dokument informatorischen Charakter hat.

59      Zweitens verleiht Art. 56 Abs. 2 der Richtlinie 2012/34 der gemäß Art. 55 Abs. 1 dieser Richtlinie eingerichteten Regulierungsstelle, bei der es sich um eine eigenständige und unabhängige Behörde handelt, die Befugnis, insbesondere zu prüfen, ob die in Art. 3 Nr. 26 dieser Richtlinie definierten Schienennetz-Nutzungsbedingungen diskriminierende Bestimmungen enthalten oder den Infrastrukturbetreibern einen Ermessensspielraum geben, der die Diskriminierung von Antragstellern ermöglicht. Aus dieser Kontrolle der Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung im Rahmen der Schienennetz-Nutzungsbedingungen ergibt sich somit, dass es Sache des Infrastrukturbetreibers, der diese Bedingungen zu erstellen und zu veröffentlichen hat, und nicht Sache des Verwaltungsrats ist, das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität durch die Antragsteller festzulegen.

60      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Rahmen der Prüfung von Art. 27 Abs. 1 und 2 sowie von Anhang IV der Richtlinie 2012/34 bereits entschieden hat, dass nach dieser Richtlinie jeder Antrag auf Zuweisung von Fahrwegkapazität von einem Eisenbahnunternehmen beim Infrastrukturbetreiber gemäß den von diesem festgelegten Schienennetz-Nutzungsbedingungen gestellt werden und den darin dargelegten Grundsätzen und Kriterien entsprechen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2019, SJ, C‑388/17, EU:C:2019:161, Rn. 38).

61      Was als Drittes das Ziel betrifft, das mit der Verordnung Nr. 913/2010 in Verbindung mit der Richtlinie 2012/34 verfolgt wird, ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung, dass darin Vorschriften für die Einrichtung und Organisation grenzübergreifender Güterverkehrskorridore für einen wettbewerbsfähigen Schienengüterverkehr festgelegt werden mit dem Ziel, ein europäisches Schienennetz für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr zu schaffen, und dass darin Vorschriften für die Auswahl, die Organisation und das Management von Güterverkehrskorridoren festgelegt werden.

62      In diesem Zusammenhang führt die Verordnung Nr. 913/2010, wie in ihrem vierten Erwägungsgrund ausgeführt ist, zusätzliche Verfahren, mit denen die Zusammenarbeit zwischen den Betreibern der Infrastruktur bei der Zuweisung von grenzüberschreitenden Zugtrassen für Güterzüge intensiviert wird, ein, um die Nutzung des Netzes zu optimieren und seine Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

63      Zwar kann eine solche Zusammenarbeit zwischen den Betreibern der Infrastruktur im Rahmen eines Güterverkehrskorridors nur innerhalb des Verwaltungsrats gewährleistet werden, der insbesondere mit dem Erlass von Regeln für die Einrichtung der einzigen Anlaufstelle für jeden Güterverkehrskorridor beauftragt ist, doch ergibt sich daraus nicht, dass dieser Verwaltungsrat befugt wäre, speziell das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität festzulegen. Eine solche Befugnis könnte nämlich die in der Richtlinie 2012/34 vorgesehenen Aufgaben der Infrastrukturbetreiber beeinträchtigen, was dem im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 913/2010 zum Ausdruck gebrachten Willen des Unionsgesetzgebers zuwiderliefe, die den Betreibern der Infrastruktur von der Richtlinie übertragenen Rechte und Pflichten zu wahren bzw. zu beachten, sofern nichts anderes festgelegt ist.

64      Insoweit ist das Vorbringen von DB Netz zurückzuweisen, wonach dieses Ziel der Zusammenarbeit gefährdet sein könnte, wenn es in die Zuständigkeit der Infrastrukturbetreiber fiele, das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität in ihren Schienennetz-Nutzungsbedingungen zu regeln, da eine solche Zuständigkeit die Gefahr widersprüchlicher Regelungen in den verschiedenen nationalen Schienennetz-Nutzungsbedingungen mit sich bringen könnte.

65      Wie der Generalanwalt in Nr. 69 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, spiegelt nämlich das in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehene Verfahren, das insbesondere das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Infrastrukturkapazität bei der einzigen Anlaufstelle umfasst, gerade die Zusammenarbeit zwischen den Infrastrukturbetreibern wider, wie dies aus den Bestimmungen in Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34 hervorgeht. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es zur Gewährleistung des Ziels der Zusammenarbeit der Infrastrukturbetreiber erforderlich ist, die Bestimmungen der Verordnung Nr. 913/2010 über die Funktion des Verwaltungsrats, die in den Rn. 48 bis 51 des vorliegenden Urteils geprüft worden sind, dahin auszulegen, dass dem Verwaltungsrat die Aufgabe zukommt, sicherzustellen, dass die nationalen Schienennetz-Nutzungsbedingungen keine widersprüchlichen Regelungen enthalten.

66      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 9 und Art. 18 Buchst. c der Verordnung Nr. 913/2010 sowie Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2012/34 in Verbindung mit deren Anhang IV Nr. 3 Buchst. a dahin auszulegen sind, dass der in Art. 3 Nr. 2 dieser Richtlinie definierte Infrastrukturbetreiber die Behörde ist, die dazu befugt ist, im Rahmen der nationalen Schienennetz-Nutzungsbedingungen die Regelungen über das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität einschließlich der ausschließlichen Nutzung eines bestimmten elektronischen Buchungstools bei der in Art. 13 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen einzigen Anlaufstelle zu erlassen.

 Zur zweiten Frage

67      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich die Überprüfung der in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehenen Regelungen über das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität bei der einzigen Anlaufstelle durch die nationale Regulierungsstelle nach den Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 oder nach den Bestimmungen der Richtlinie 2012/34, insbesondere deren Art. 57 Abs. 1 Unterabs. 1, richtet und ob diese Bestimmungen dahin auszulegen sind, dass die Regulierungsstelle eines Mitgliedstaats diesen Regelungen widersprechen kann, ohne mit den Regulierungsstellen der übrigen an dem Güterverkehrskorridor beteiligten Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten oder diese zumindest vorab zu konsultieren, um so weit wie möglich zu einem einheitlichen Vorgehen zu gelangen.

68      Dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 und 3 der Verordnung Nr. 913/2010 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass die Regulierungsstellen bei der Überwachung des Wettbewerbs im Güterverkehrssektor zusammenarbeiten und sich konsultieren, um insbesondere den diskriminierungsfreien Zugang zum Korridor zu gewährleisten.

69      Darüber hinaus sieht Art. 56 Abs. 2 der Richtlinie 2012/34 vor, dass die Regulierungsstelle von sich aus die Schienennetz-Nutzungsbedingungen prüft, „um der Diskriminierung von Antragstellern vorzubeugen“, und führt näher aus, dass diese Stelle „insbesondere [prüft], ob die Schienennetz-Nutzungsbedingungen diskriminierende Bestimmungen enthalten“. Insoweit und hinsichtlich sämtlicher Befugnisse, die den Regulierungsstellen übertragen sind und eine Entscheidungsbefugnis beinhalten, ergibt sich aus Art. 57 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie, dass die Regulierungsstellen zusammenarbeiten, um ihre Entscheidungsprozesse in der gesamten Union zu koordinieren.

70      Hieraus folgt, dass die Überprüfung von Schienennetz-Nutzungsbedingungen, die von einer Regulierungsstelle durchgeführt wird, um Diskriminierungen vorzubeugen, zum einen sowohl unter die Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 als auch unter die Bestimmungen von Art. 56 Abs. 2 der Richtlinie 2012/34 fallen kann. Zum anderen schreiben sowohl Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 als auch Art. 57 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2012/34 vor, dass die Regulierungsstellen in einem solchen Fall zusammenarbeiten. In einem Fall wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in dem sich die Überprüfung insbesondere auf die Regelungen über das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Fahrwegkapazität eines Güterverkehrskorridors bezieht, müssen die Regulierungsstellen jedoch den speziell in Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 vorgesehenen Pflichten zur Zusammenarbeit nachkommen.

71      Hinsichtlich der Frage, ob, in welchem Rahmen und unter welchen Voraussetzungen Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 verlangt, dass die Regulierungsstelle eines Mitgliedstaats die Schienennetz-Nutzungsbedingungen des Infrastrukturbetreibers allein oder in Zusammenarbeit mit den Regulierungsstellen der übrigen, an einem Güterverkehrskorridor beteiligten Mitgliedstaaten prüft, ergibt sich zum einen zunächst aus Art. 20 Abs. 1 Satz 1 dieser Verordnung, dass die Regulierungsstellen bei der Überwachung des Wettbewerbs im Güterverkehrskorridor zusammenarbeiten müssen. Sodann konsultiert die Regulierungsstelle des betroffenen Mitgliedstaats nach Art. 20 Abs. 3 der Verordnung Nr. 913/2010 im Fall einer Beschwerde in Bezug auf grenzüberschreitende Schienengüterverkehrsdienste oder im Rahmen von Untersuchungen aus eigener Initiative die Regulierungsstellen aller anderen Mitgliedstaaten, durch die die betreffende internationale Zugtrasse für Güterzüge verläuft, und ersucht sie vor ihrer Entscheidung um alle notwendigen Informationen.

72      Schließlich bedarf es nach dem 25. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 913/2010, der in Art. 20 Abs. 1 Satz 2 dieser Verordnung aufgegriffen wird, hinsichtlich der verschiedenen Netzabschnitte des Güterverkehrskorridors einer wirksamen Koordinierung der Kontrollorgane, um einen diskriminierungsfreien Zugang zum grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr zu gewährleisten.

73      Somit ergibt sich aus Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 in Verbindung mit ihrem 25. Erwägungsgrund eine Pflicht der Regulierungsstellen der Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit, die sie dazu verpflichtet, so weit wie möglich zu einem einheitlichen Vorgehen zu gelangen, wenn sie im Rahmen ihrer Kontrollbefugnisse eine Entscheidung treffen, mit der der diskriminierungsfreie Zugang zu den Schienengüterverkehrskorridoren gewährleistet werden soll.

74      Zum anderen ist hervorzuheben, dass diese Pflicht zur Zusammenarbeit auch dazu beiträgt, das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel zu gewährleisten, nämlich die Zusammenarbeit zwischen den Infrastrukturbetreibern insbesondere durch die Einrichtung von Verwaltungsräten zu verstärken, deren Aufgabe es ist, die einzige Anlaufstelle zu benennen oder zu gründen. Arbeiten die Regulierungsstellen, die insbesondere mit der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu den Güterverkehrskorridoren beauftragt sind, nicht zusammen, könnte dies nämlich zur Entstehung unterschiedlicher und möglicherweise widersprüchlicher Auswahl- und Organisationsregelungen für die Schienengüterverkehrsdienste für denselben Güterverkehrskorridor führen, was zur Folge haben könnte, dass das von der einzigen Anlaufstelle eingeführte Koordinierungssystem in Frage gestellt würde.

75      Folglich kann im vorliegenden Fall die Bundesnetzagentur keine Entscheidung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende treffen, ohne den sich aus Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 ergebenden Pflichten zur Zusammenarbeit nachzukommen und insbesondere ohne die anderen betroffenen Regulierungsstellen vorab zu konsultieren.

76      Wie der Generalanwalt in Nr. 85 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, geht allerdings aus keiner Bestimmung der Verordnung Nr. 913/2010 hervor, dass die Pflicht der Regulierungsstellen zur Zusammenarbeit bedeutet, dass eine Regulierungsstelle eines Mitgliedstaats verpflichtet wäre, die Zustimmung der Regulierungsstellen der anderen betroffenen Mitgliedstaaten einzuholen, bevor sie eine Entscheidung trifft, oder dass sie an die Entscheidungen dieser anderen Regulierungsstellen gebunden wäre.

77      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass sich die Überprüfung der in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehenen Regelungen über das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität bei der einzigen Anlaufstelle durch die nationale Regulierungsstelle nach den Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010 richtet. Diese Bestimmungen sind dahin auszulegen, dass die Regulierungsstelle eines Mitgliedstaats diesen Regelungen nicht widersprechen kann, ohne den sich aus diesem Art. 20 ergebenden Pflichten zur Zusammenarbeit nachzukommen und insbesondere ohne die Regulierungsstellen der übrigen an dem Güterverkehrskorridor beteiligten Mitgliedstaaten zu konsultieren, um so weit wie möglich zu einem einheitlichen Vorgehen zu gelangen.

 Zur dritten Frage

78      In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage braucht die dritte Frage nicht geprüft zu werden.

 Zur vierten Frage

79      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 dahin auszulegen ist, dass die vom Exekutivrat nach dieser Bestimmung festgelegte Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor einen Rechtsakt der Union darstellt.

80      In diesem Zusammenhang stellt sich das vorlegende Gericht insbesondere die Frage, ob diese Rahmenregelung eine nationale Regulierungsstelle daran hindern kann, eine Entscheidung zu erlassen, mit der ein System für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität bei der einzigen Anlaufstelle vorgeschrieben wird, ohne dass dies mit den übrigen vom Güterverkehrskorridor betroffenen nationalen Regulierungsstellen abgestimmt worden ist.

81      Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 wird von betreffenden Mitgliedstaaten, d. h. von denjenigen Mitgliedstaaten, durch deren Hoheitsgebiet der Güterverkehrskorridor verläuft, für jeden Güterverkehrskorridor ein Exekutivrat eingerichtet, dessen Aufgabe es ist, die allgemeinen Ziele des Güterverkehrskorridors festzulegen und u. a. die in Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung ausdrücklich genannten Maßnahmen zu ergreifen und zu überwachen. Der Exekutivrat setzt sich aus Vertretern der Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten zusammen und fasst nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 913/2010 seine Beschlüsse in gegenseitigem Einvernehmen dieser Vertreter.

82      Darüber hinaus ist dem Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 zu entnehmen, dass der Exekutivrat die Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im betreffenden Güterverkehrskorridor gemäß Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 festlegt, der in Anbetracht der Ausführungen in Rn. 45 des vorliegenden Urteils Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34 entspricht.

83      Nach Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34 können die Mitgliedstaaten eine Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität schaffen, sofern dabei die Unabhängigkeit der Geschäftsführung gemäß Art. 4 der Richtlinie gewahrt wird.

84      Aus diesen Bestimmungen ergibt sich somit, dass die Schaffung des Exekutivrats gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 zwar durch das Unionsrecht vorgeschrieben ist, dieser Exekutivrat aber von den Mitgliedstaaten eingerichtet wird und somit weder ein Organ noch eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union darstellt.

85      Der Umstand, dass die Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 vom Exekutivrat erlassen wird, bedeutet lediglich, dass ihr Erlass durch ein gemeinsames Vorgehen der Infrastrukturbetreiber und damit der betroffenen Mitgliedstaaten erfolgt, mit dem das Unionsrecht, wie es in der Verordnung Nr. 913/2010 und der Richtlinie 2012/34 enthalten ist, umgesetzt werden soll.

86      Folglich stellt diese Rahmenregelung keinen Rechtsakt des Unionsrechts dar und weist daher nicht dessen spezifische Merkmale auf.

87      Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall, wie der Generalanwalt in Nr. 96 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die vom Exekutivrat für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 festgelegte Rahmenregelung die betroffene nationale Regulierungsstelle nicht daran hindert, in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens einzugreifen, um ein eventuelles Problem der Diskriminierung im Zusammenhang mit dem in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen des Infrastrukturbetreibers vorgesehenen Verfahren für die Beantragung von Infrastrukturkapazität bei der einzigen Anlaufstelle auszuräumen.

88      Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 dahin auszulegen ist, dass die vom Exekutivrat nach dieser Bestimmung festgelegte Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor keinen Rechtsakt der Union darstellt.


 Zur fünften Frage

89      In Anbetracht der Antwort auf die vierte Frage braucht die fünfte Frage nicht geprüft zu werden.

 Kosten

90      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 9 und Art. 18 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr sowie Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums in Verbindung mit deren Anhang IV Nr. 3 Buchst. a sind dahin auszulegen, dass der in Art. 3 Nr. 2 dieser Richtlinie definierte Infrastrukturbetreiber die Behörde ist, die dazu befugt ist, im Rahmen der nationalen Schienennetz-Nutzungsbedingungen die Regelungen über das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität einschließlich der ausschließlichen Nutzung eines bestimmten elektronischen Buchungstools bei der in Art. 13 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen einzigen Anlaufstelle zu erlassen.

2.      Die Überprüfung der in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehenen Regelungen für das Verfahren für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Infrastrukturkapazität bei der einzigen Anlaufstelle durch die nationale Regulierungsstelle richtet sich nach den Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 913/2010. Diese Bestimmungen sind dahin auszulegen, dass die Regulierungsstelle eines Mitgliedstaats diesen Regelungen nicht widersprechen kann, ohne den sich aus diesem Art. 20 ergebenden Pflichten zur Zusammenarbeit nachzukommen und insbesondere ohne die Regulierungsstellen der übrigen an dem Güterverkehrskorridor beteiligten Mitgliedstaaten zu konsultieren, um so weit wie möglich zu einem einheitlichen Vorgehen zu gelangen.


3.      Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 913/2010 ist dahin auszulegen, dass die vom Exekutivrat nach dieser Bestimmung festgelegte Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität im Güterverkehrskorridor keinen Rechtsakt der Union darstellt.

Regan

Ilešič

Juhász

Lycourgos

 

Jarukaitis

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. Juni 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident der Fünften Kammer

A. Calot Escobar

 

E. Regan


*      Verfahrenssprache: Deutsch.