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Rechtsmittel der Europäischen Kommission gegen das Urteil des Gerichts (Siebte erweiterte Kammer) vom 19. Januar 2022 in der Rechtssache T-610/19, Deutsche Telekom AG gegen Europäische Kommission, eingelegt am 28. März 2022

(Rechtssache C-221/22 P)

Verfahrenssprache: Deutsch

Verfahrensbeteiligte

Rechtsmittelführerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: D. Calleja Crespo, B. Martenczuk, N. Khan, P. Rossi, L. Wildpanner, Bevollmächtigte)

Andere Verfahrensbeteiligte: Deutsche Telekom AG

Anträge der Rechtsmittelführerin

Die Rechtsmittelführerin ersucht den Gerichtshof,

das Urteil des Gerichts vom 19. Januar 2022 in der Rechtssache T-610/19 aufzuheben, soweit es der Klage der Deutschen Telekom AG stattgibt;

über die offenen Punkte des Rechtsstreits selbst zu entscheiden; oder

hilfsweise, den Rechtsstreit, soweit er noch nicht entschieden ist, zur erneuten Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen;

der Deutschen Telekom AG sämtliche Kosten aufzuerlegen, die sich aus dem vorliegenden Verfahren und dem Verfahren vor dem Gericht ergeben.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Im Kern dreht sich das vorliegende Rechtsmittel, dem die Europäische Kommission grundsätzliche Bedeutung für die Auslegung und Anwendung von Art. 266 AEUV beimisst, um die der Kommission obliegende Pflicht zur Verzinsung einer wettbewerbsrechtlichen Geldbuße im Falle ihrer Rückzahlung. Aufgrund eines Beschlusses der Kommission hatte die Deutsche Telekom AG wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 102 AEUV vorläufig eine Geldbuße beglichen, die jedoch später vom Gericht der Europäischen Union herabgesetzt wurde1 . Die Kommission wendet sich nun gegen die ihr gegenüber durch das Gericht im angefochtenen Urteil ausgesprochene Verpflichtung, auf den zurückzuerstattenden Teil der Geldbuße Verzugszinsen mit Sanktionscharakter im Sinne der Printeos-Rechtsprechung2 zu entrichten.

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es davon ausging, die Kommission treffe aufgrund von Art. 266 AEUV im Falle der gerichtlichen Herabsetzung einer Geldbuße auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts eine absolute und unbedingte Pflicht, ab dem Datum der vorläufigen Zahlung der Geldbuße Verzugszinsen mit Sanktionscharakter zu entrichten.

Dabei bringt die Kommission insbesondere Folgendes vor:

Das Gericht habe zu Unrecht festgestellt, dass die Kommission Art. 266 AEUV verletzt hatte, indem sie keine Verzugszinsen in der von der Deutschen Telekom AG geforderten Höhe bezahlte (erster Teil des ersten Rechtsmittelgrundes).

Das angefochtene Urteil stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung der Unionsgerichte vor dem Urteil Kommission/Printeos (zweiter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes).

Zudem regle sekundäres Unionsrecht die für die Durchführung von Urteilen zu zahlenden Zinsen, und das Gericht hätte dieses sekundäre Unionsrecht anwenden sollen oder aber das sekundäre Unionsrecht für ungültig erklären müssen (dritter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes).

Die Voraussetzungen einer Schadensersatzklage nach Art. 340 AEUV seien nicht gegeben, so dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es die Verzugszinsen im Wege des Schadensersatzes zusprach (vierter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes).

Die Ex-tunc-Wirkung von Urteilen führe nicht dazu, dass Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt der vorläufigen Zahlung einer Geldbuße durch das betreffende Unternehmen entrichtet werden müssten (fünfter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes).

Die Zahlung von Verzugszinsen im Sinne des angefochtenen Urteils laufe der abschreckenden Wirkung von Geldbußen zuwider (sechster Teil des ersten Rechtsmittelgrundes).

Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund bringt die Kommission für den Fall der Abweisung ihres ersten Rechtsmittelgrundes vor, dass das Gericht einen rechtlichen Fehler begangen habe, als es davon ausging, der Zinssatz, den die Kommission zu entrichten habe, liege analog zu Art. 83 Abs. 2 Buchst. b der delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/20121 bei dem Refinanzierungszinssatz der Europäischen Zentralbank zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkten.

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1 Urteil vom 13. Dezember 2018, Deutsche Telekom/Kommission (T‑827/14, EU:T:2018:930).

1 Urteil vom 20. Januar 2021, Kommission/Printeos (C-301/19 P, EU:C:2021:39).

1 Delegierte Verordnung der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. 2012, L 362, S. 1).