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Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato (Italien), eingereicht am 23. November 2016 – Enzo Buccioni/Banca d’Italia

(Rechtssache C-594/16)

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Consiglio di Stato

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rechtsmittelführer: Enzo Buccioni

Rechtsmittelgegnerin: Banca d’Italia

Vorlagefragen

1.    Steht der Grundsatz der Transparenz, der in Art. 15 der konsolidierten Fassung des Vertrags über die Europäische Union als allgemeines verbindliches Ziel klar niedergelegt ist, wenn er dahin verstanden wird, dass (dieser Grundsatz) durch die dort in Abs. 3 vorgesehenen Rechtsquellen oder gleichwertige Quellen geregelt werden kann, deren Inhalt Ausdruck eines übermäßig weiten Ermessens ohne Grundlage in höherrangigen unionsrechtlichen Vorschriften über die notwendige Festsetzung von nicht zur Disposition stehenden Mindestgrundsätzen sein könnte, nicht im Widerspruch zu einer beschränkenden Absicht auf dem Gebiet des europäischen Bankenaufsichtsrechts, die so weit geht, dass dieser Grundsatz der Transparenz auch in dem Fall seines Sinnes entleert würde, in dem das Interesse am Zugang seine Grundlage in wesentlichen Interessen des Antragstellers hat, die offensichtlich denen gleichstehen, für die begünstigende Ausnahmen von den Einschränkungsfällen auf diesem Gebiet bestehen?

2.    Sind folglich Art. 22 Abs. 2 sowie Art. 27 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank1 nicht als nicht außergewöhnliche Fälle, in denen von der Nichtzugänglichkeit der Dokumente abgewichen werden kann, auszulegen, und als Vorschriften, die nach den umfassenderen Zielen von Art. 15 der konsolidierten Fassung des Vertrags über die Europäische Union auszulegen und als solche auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Unionsrechts zurückzuführen sind, wonach der Zugang nach einer angemessenen und verhältnismäßigen Abwägung der Erfordernisse der Kreditwirtschaft gegen die grundlegenden Interessen des von einem burden sharing betroffenen Sparers, je nach den maßgeblichen, von einer Aufsichtsbehörde, die ähnliche organisatorische Merkmale und Bereichszuständigkeiten hat wie die Europäische Zentralbank, gesammelten Umständen, nicht eingeschränkt werden kann?

3.    Sind daher Art. 53 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (Text von Bedeutung für den EWR)2 , und die Vorschriften des nationalen Rechts, soweit sie mit dieser Bestimmung im Einklang stehen, mit den übrigen unter 1. angeführten Vorschriften und Grundsätzen des Unionsrechts in dem Sinn unvereinbar, dass der Zugang im Fall eines Antrags in diesem Sinne, der nach der Eröffnung des Zwangsliquidationsverfahrens gegen das Bankinstitut gestellt wurde, gewährt werden kann, auch wenn der Antragsteller nicht ausschließlich im Rahmen von zivil- oder handelsrechtlichen Verfahren, die tatsächlich zum Schutz von Vermögensinteressen, die aufgrund der Eröffnung des Zwangsliquidationsverfahrens über das Bankinstitut beeinträchtigt wurden, eingeleitet wurden, den Zugang beantragt, sondern auch in dem Fall, dass dieser Antragsteller, gerade um die konkrete Möglichkeit solcher zivil- oder handelsrechtlichen Verfahren vorsorglich zu prüfen, ein vom Staat zum Schutz des Rechts auf Zugang und Transparenz befugtes Gericht gerade zur vollen Wahrung seines Verteidigungs- und Klagerechts anruft, insbesondere im Hinblick auf den Antrag eines Sparers, der bereits von den Auswirkungen des burden sharing in einem Konkursverfahren gegen das Kreditinstitut, bei dem er seine Ersparnisse angelegt hatte, betroffen ist?

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1 ABl. L 287, S. 63.

2 ABl. L 176, S. 338.