Language of document : ECLI:EU:T:2019:757

URTEIL DES GERICHTS (Neunte erweiterte Kammer)

24. Oktober 2019(*)

„Sozialpolitik – Dialog zwischen den Sozialpartnern auf Unionsebene – Vereinbarung ‚Allgemeiner Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung der Beamten und Angestellten der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden‘ – Gemeinsamer Antrag der Unterzeichnerparteien auf Durchführung dieser Vereinbarung auf Unionsebene – Weigerung der Kommission, dem Rat einen Beschlussvorschlag zu unterbreiten – Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlung – Zulässigkeit – Ermessensspielraum der Kommission – Autonomie der Sozialpartner – Subsidiaritätsprinzip – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑310/18,

European Federation of Public Service Unions (EPSU) mit Sitz in Brüssel (Belgien),

Jan Goudriaan, wohnhaft in Brüssel,

Prozessbevollmächtigte: R. Arthur, Solicitor, sowie R. Palmer und K. Apps, Barristers,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch I. Martínez del Peral, M. van Beek und M. Kellerbauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend einen Antrag gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 5. März 2018, dem Rat der Europäischen Union keinen Beschlussvorschlag zur Durchführung der am 21. Dezember 2015 von der Gewerkschaftsdelegation für nationale und europäische Verwaltungen (TUNED) und den Arbeitgebern in der öffentlichen europäischen Verwaltung (EUPAE) unterzeichneten Vereinbarung „Allgemeiner Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung von Beamten und Angestellten der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden“ zu unterbreiten,

erlässt

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni, der Richter L. Madise und R. da Silva Passos, der Richterin K. Kowalik-Bańczyk (Berichterstatterin) und des Richters C. Mac Eochaidh,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit dem Anhörungsdokument K(2015) 2303 endg. vom 10. April 2015 wurden die Sozialpartner von der Europäischen Kommission gemäß Art. 154 Abs. 2 AEUV aufgefordert, sich zu der möglichen Ausrichtung einer Unionsmaßnahme zur Konsolidierung der EU-Richtlinien über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu äußern. Die Anhörung betraf u. a. die mögliche Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Richtlinien auf Beamte und Angestellte der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten.

2        Am 2. Juni 2015 teilten die Sozialpartner, die dem Ausschuss für den sozialen Dialog für die zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden angehören, d. h. die Gewerkschaftsdelegation für nationale und europäische Verwaltungen (TUNED) und die Arbeitgeber in der öffentlichen europäischen Verwaltung (EUPAE), der Kommission gemäß Art. 154 Abs. 4 AEUV mit, dass sie eine Vereinbarung nach Art. 155 Abs. 1 AEUV aushandeln und abschließen wollten.

3        Am 21. Dezember 2015 schlossen die TUNED und die EUPAE die Vereinbarung „Allgemeiner Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung von Beamten und Angestellten der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden“ (im Folgenden: Vereinbarung).

4        Mit Schreiben vom 1. Februar 2016 beantragten die TUNED und die EUPAE gemeinsam bei der Kommission, dem Rat der Europäischen Union einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene gemäß Art. 155 Abs. 2 AEUV zu unterbreiten.

5        Am 5. März 2018 teilte die Kommission der TUNED und den EUPAE mit, dass sie entschieden habe, dem Rat keinen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene zu unterbreiten (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

6        In der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission im Wesentlichen erstens fest, dass die zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden den Regierungen der Mitgliedstaaten unterstellt seien und hoheitliche Befugnisse ausübten und ihre Struktur, Organisation und Funktionsweise vollständig in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen. Zweitens wies sie darauf hin, dass zahlreiche Mitgliedstaaten bereits über Bestimmungen verfügten, die einen gewissen Grad an Unterrichtung und Anhörung von Beamten und Angestellten dieser Verwaltungsbehörden gewährleisteten. Drittens hänge die Bedeutung dieser Verwaltungsbehörden von dem Grad der Zentralisierung oder Dezentralisierung der Mitgliedstaaten ab, so dass bei einer Durchführung der Vereinbarung durch einen Beschluss des Rates der Umfang des Schutzes von Beamten und Angestellten in Verwaltungsbehörden je nach Mitgliedstaat erheblich variieren werde.

 Verfahren und Anträge der Parteien

7        Mit Klageschrift, die am 15. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger, d. h. erstens die European Federation of Public Service Unions (EPSU), die als Dachverband europäischer Gewerkschaftsorganisationen, die die Arbeitnehmer öffentlicher Verwaltungen in Europa vertreten, gemeinsam mit der Europäischen Union Unabhängiger Gewerkschaften (CESI) die TUNED gegründet hat, und zweitens Jan Goudriaan, Generalsekretär der EPSU, die vorliegende Klage erhoben.

8        Die Kommission hat am 26. Juli 2018 die Klagebeantwortung eingereicht.

9        Die Kläger haben die Erwiderung am 19. September 2018 eingereicht.

10      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 11. Oktober 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger beantragt, bestimmte Angaben in den Anlagen zur Klageschrift gegenüber der Öffentlichkeit vertraulich zu behandeln.

11      Die Kommission hat am 14. November 2018 die Gegenerwiderung eingereicht.

12      Mit Beschluss vom 13. Dezember 2018, EPSU und Willem Goudriaan/Kommission (T‑310/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:1018), hat der Präsident der Neunten Kammer des Gerichts einen Antrag der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) zurückgewiesen, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kläger zugelassen zu werden.

13      Mit prozessleitender Maßnahme nach Art. 89 Abs. 3 Buchst. a und b seiner Verfahrensordnung hat das Gericht den Parteien schriftliche Fragen zur Beantwortung in der mündlichen Verhandlung gestellt.

14      In der Sitzung vom 23. Mai 2019 haben die Parteien mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet. Am Ende der Sitzung hat der Präsident der Neunten erweiterten Kammer des Gerichts beschlossen, die mündliche Verhandlung nicht zu schließen.

15      Mit prozessleitender Maßnahme nach Art. 89 Abs. 3 Buchst. b seiner Verfahrensordnung hat das Gericht die Kläger aufgefordert, zu einem von der Kommission in der Sitzung geäußerten Vorbringen schriftlich Stellung zu nehmen. Die Kläger sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

16      Die mündliche Verhandlung ist durch Entscheidung des Präsidenten der Neunten erweiterten Kammer des Gerichts vom 24. Juni 2019 geschlossen worden.

17      Die Kläger beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

18      Die Kommission beantragt,

–        die Klage, soweit sie von Herrn Goudriaan erhoben worden ist, als unzulässig abzuweisen;

–        die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

 Zum Vorliegen einer anfechtbaren Handlung

19      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter gemäß Art. 263 Abs. 1 AEUV die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe „mit Rechtswirkung gegenüber Dritten“ überwacht.

20      Folglich ist die Nichtigkeitsklage gegen alle Maßnahmen der Organe, die Rechtswirkungen erzeugen sollen, unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder Form statthaft (Urteile vom 31. März 1971, Kommission/Rat, 22/70, EU:C:1971:32, Rn. 39 und 42, und vom 23. April 1986, Les Verts/Parlament, 294/83, EU:C:1986:166, Rn. 24).

21      Im vorliegenden Fall ist erstens zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung als vorbereitende Handlung eingestuft werden kann, und zweitens, ob sich das Bestehen eines weiten Ermessensspielraums der Kommission auf die Zulässigkeit der Klage auswirken kann.

–       Etwaige Einstufung als vorbereitende Handlung

22      Nach ständiger Rechtsprechung sind anfechtbare Handlungen grundsätzlich nur Maßnahmen, die den Standpunkt eines Organs beim Abschluss eines Verwaltungsverfahrens endgültig festlegen und verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen, was u. a. Zwischenmaßnahmen, die der Vorbereitung der endgültigen Entscheidung dienen und keine solche Wirkung haben, ausschließt (Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 10, und vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, EU:C:2008:422, Rn. 42).

23      Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn Handlungen oder Entscheidungen im Rahmen des vorbereitenden Verfahrens zum einen selbst ein besonderes Verfahren, das sich vom Hauptsacheverfahren unterscheidet, abschließen und zum anderen selbst verbindliche Rechtswirkungen erzeugen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 11).

24      Die Bezugnahme auf den Begriff „Vorschlag“ weist darauf hin, dass der Inhalt einer Handlung nicht dazu bestimmt war, Rechtswirkungen zu erzeugen, und die Handlung somit keine anfechtbare Handlung darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Dezember 2005, Italien/Kommission, C‑301/03, EU:C:2005:727, Rn. 22 und 33). Dies gilt u. a. für einen Vorschlag der Kommission im Rahmen eines mehrstufigen Verfahrens, da ein solcher Vorschlag nur eine Zwischenhandlung darstellt, die keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugt (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 15. Mai 1997, Berthu/Kommission, T‑175/96, EU:T:1997:72, Rn. 21 und 22).

25      Zudem ist eine ablehnende Entscheidung nach der Art des Antrags zu beurteilen, der durch sie beschieden wird (Urteile vom 8. März 1972, Nordgetreide/Kommission, 42/71, EU:C:1972:16, Rn. 5, und vom 24. November 1992, Buckl u. a./Kommission, C‑15/91 und C‑108/91, EU:C:1992:454, Rn. 22). Folglich ist eine Weigerung eine im Wege der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV anfechtbare Handlung, wenn die Handlung, deren Vornahme das Unionsorgan ablehnt, nach dieser Vorschrift hätte angefochten werden können (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1996, Salt Union/Kommission, T‑330/94, EU:T:1996:154, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Somit sind Nichtigkeitsklagen gegen die Weigerung, einen Vorschlag zu unterbreiten, grundsätzlich unzulässig, ebenso wie Nichtigkeitsklagen gegen einen Vorschlag (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 13. März 2007, Arizona Chemical u. a./Kommission, C‑150/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:164, Rn. 23 und 24).

27      Falls jedoch ein Text ein Vorverfahren organisiert, das bestimmten Personen die Möglichkeit einräumt, die Kommission zu ersuchen, einen Vorschlag für einen Rechtsakt zu unterbreiten, dann stellt die Weigerung der Kommission, einen solchen Vorschlag zu unterbreiten, eine anfechtbare Handlung dar. Die Weigerung schließt nämlich zum einen das Vorverfahren ab, das auf der Grundlage des genannten Textes eingeleitet wurde, und schließt zum anderen die Eröffnung des eigentlichen Verfahrens für den Erlass des Rechtsakts aus. Eine solche Weigerung drückt den endgültigen Standpunkt der Kommission aus und erzeugt verbindliche Rechtswirkungen, weshalb sie Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juni 1998, Lilly Industries/Kommission, T‑120/96, EU:T:1998:141, Rn. 53, 55, 56 und 58, und vom 23. April 2018, One of Us u. a./Kommission, T‑561/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:210, Rn. 66, 77 und 101).

28      Aus dem unten in Rn. 49 wiedergegebenen Wortlaut von Art. 155 AEUV ergibt sich, dass diese Bestimmung die Sozialpartner ermächtigt, auf Unionsebene eine Vereinbarung auszuhandeln und anschließend gemeinsam bei der Kommission zu beantragen, dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung der Vereinbarung zu unterbreiten. Unter diesen Umständen stellt die Entscheidung, mit der die Kommission es ablehnt, einen Vorschlag gemäß Art. 155 Abs. 2 AEUV zu unterbreiten, keine rein vorläufige oder vorbereitende Handlung dar, sondern vielmehr einen endgültigen Standpunkt der Kommission, der zum einen das Vorverfahren abschließt, das zugunsten der Sozialpartner vorgesehen ist, und zum anderen dazu führt, dass das eigentliche Verfahren für den Erlass eines Rechtsakts nicht eingeleitet wird. Folglich erzeugt eine solche Entscheidung verbindliche Rechtswirkungen.

29      Somit handelt es sich bei der angefochtenen Entscheidung nicht um eine vorbereitende Handlung.

–       Mögliche Auswirkung des Bestehens eines weiten Ermessensspielraums

30      Zwar führt das Bestehen eines weiten Ermessensspielraums in bestimmten Fällen zur Unzulässigkeit der Nichtigkeitsklage. Dies ist der Fall bei einer Klage gegen die Entscheidung der Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren nicht einzuleiten, da die Kommission insoweit über ein freies Ermessen verfügt (Urteile vom 17. Mai 1990, Sonito u. a./Kommission, C‑87/89, EU:C:1990:213, Rn. 6, und vom 20. Februar 1997, Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission, C‑107/95 P, EU:C:1997:71, Rn. 10, 11 und 19). Dies ist ebenso der Fall, wenn sich die Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung des Europäischen Parlaments hinsichtlich der weiteren Behandlung einer Petition, die die Voraussetzungen des Art. 227 AEUV erfüllt, richtet, da das Parlament insoweit über ein weites politisches Ermessen verfügt (Urteil vom 9. Dezember 2014, Schönberger/Parlament, C‑261/13 P, EU:C:2014:2423, Rn. 24).

31      Bei den oben in Rn. 30 genannten Fällen handelt es sich jedoch um sehr spezielle Ausnahmen.

32      Das Bestehen eines weiten Ermessens eines Organs hat nämlich grundsätzlich nur zur Folge, dass Umfang und Intensität der vom Unionsrichter ausgeübten Kontrolle beschränkt werden (vgl. unten, Rn. 110).

33      Insbesondere wenn das Initiativrecht der Kommission in Rede steht, das darin besteht, Unionsrechtsakte vorzuschlagen, genügt der weite Wertungsspielraum dieses Organs nicht, um die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage auszuschließen. Insoweit hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Entscheidung der Kommission, einen Vorschlag für einen Gesetzgebungsakt zurückzunehmen, Gegenstand einer Nichtigkeitsklage und somit einer gerichtlichen Kontrolle sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. April 2015, Rat/Kommission, C‑409/13, EU:C:2015:217, Rn. 76 bis 78). Gleiches gilt für die Entscheidung der Kommission, sich zu weigern, auf eine europäische Bürgerinitiative hin einen Vorschlag für einen Rechtsakt zu unterbreiten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2018, One of Us u. a./Kommission, T‑561/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:210, Rn. 88 bis 101, 169 und 170).

34      Die Entscheidung, mit der sich die Kommission weigert, einen Vorschlag zur Durchführung einer von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarung auf Unionsebene zu unterbreiten, hängt mit der Ausübung ihres Initiativrechts zusammen (siehe auch unten, Rn. 73).

35      Selbst wenn sich daher im Stadium der Prüfung der Begründetheit der Klage herausstellen sollte, dass die Kommission im vorliegenden Fall über einen weiten Ermessensspielraum verfügte, würde dies der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht entgegenstehen.

36      Somit handelt es sich bei der angefochtenen Entscheidung um eine anfechtbare Handlung.

 Zur Klagebefugnis der Kläger

37      Die Kommission macht geltend, die Klage sei unzulässig, soweit sie von Herrn Goudriaan erhoben worden sei, da es ihm an einer Klagebefugnis fehle.

38      Eine Klage, die von mehreren Klägern erhoben wird, ist zulässig, wenn einer von ihnen klagebefugt ist. In einem solchen Fall braucht nicht geprüft zu werden, ob die anderen Kläger klagebefugt sind (vgl. Urteil vom 18. Oktober 2018, ArcelorMittal Tubular Products Ostrava u. a./Kommission, T‑364/16, EU:T:2018:696, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      In der vorliegenden Rechtssache wird die Klagebefugnis der EPSU von der Kommission nicht bestritten. Insoweit steht fest, dass die angefochtene Entscheidung u. a. an die TUNED adressiert ist. Die TUNED verfügt über keine Rechtspersönlichkeit und keine Autonomie, weshalb die Ergebnisse des sozialen Dialogs, an dem sie beteiligt ist, von den Entscheidungsgremien der EPSU und der CESI genehmigt werden müssen. Unter diesen Umständen sind letztere als Adressaten der angefochtenen Entscheidung auf Seiten der Arbeitnehmerverbände anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. März 2010, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑50/05, EU:T:2010:101, Rn. 40, und vom 22. Mai 2012, Sviluppo Globale/Kommission, T‑6/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:245, Rn. 19). Folglich ist die EPSU gemäß der ersten Fallgruppe von Art. 263 Abs. 4 AEUV klagebefugt.

40      Nach alledem und angesichts der oben in Rn. 38 angeführten Rechtsprechung ist die Einrede der Unzulässigkeit, die auf eine fehlende Klagebefugnis von Herrn Goudriaan gestützt wird, nicht zu prüfen.

 Zur Zulässigkeit der Anlage C.3

41      Nach Auffassung der Kommission ist die Anlage C.3 der Erwiderung, die ein Rechtsgutachten eines Professors der Rechtswissenschaften enthält, wegen des Grundsatzes iura novit curia unzulässig. Die Anlagen hätten nämlich eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion und könnten nicht aus Rechtsgutachten bestehen, die die Auslegung von Unionsrecht beträfen.

42      Insoweit ist festzustellen, dass der Grundsatz iura novit curia nicht bedeuten kann, dass Anlagen der Klageschrift, die die Auslegung von Unionsrecht betreffen, grundsätzlich unzulässig sind (Urteil vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission, T‑691/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:922, Rn. 102).

43      Die Klageschrift kann nämlich in einzelnen Punkten durch die Bezugnahme auf Teile der als Anlage beigefügten Schriftstücke untermauert und vervollständigt werden, vorausgesetzt, dass die wesentlichen Bestandteile der rechtlichen Ausführungen in der Klageschrift selbst enthalten sind (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission, T‑217/03 und T‑245/03, EU:T:2006:391, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Im vorliegenden Fall haben die Kläger ihre Auffassung zur Auslegung von Art. 155 Abs. 2 AEUV in der Klageschrift und der Erwiderung hinreichend dargelegt. Folglich dient das Rechtsgutachten in Anlage C.3 der Erwiderung nur der Untermauerung und Vervollständigung dieser Auffassung. Somit ist die Anlage zulässig.

 Zur Begründetheit

45      Die Kläger stützen ihre Klage auf zwei Klagegründe: erstens einen Rechtsfehler in Bezug auf den Umfang der Befugnisse der Kommission und zweitens eine unzureichende und offensichtlich fehlerhafte Begründung der angefochtenen Entscheidung.

 Zum ersten Klagegrund: Rechtsfehler in Bezug auf den Umfang der Befugnisse der Kommission

46      Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, als sie von einem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht habe, das ihr nach Art. 155 Abs. 2 AEUV nicht zustehe. Sofern die Kommission nicht die fehlende Repräsentativität der Unterzeichner einer Vereinbarung oder die Rechtswidrigkeit der Bestimmungen der Vereinbarung feststelle, sei sie verpflichtet, einem gemeinsamen Antrag der Unterzeichner auf Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene stattzugeben und dem Rat zu diesem Zweck einen Vorschlag für einen Beschluss zu unterbreiten. Im vorliegenden Fall habe die Kommission es abgelehnt, dem gemeinsamen Antrag der Unterzeichner der Vereinbarung stattzugeben, und sich dabei auf andere Gründe gestützt, die die Ungeeignetheit dieser Maßnahme beträfen.

47      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen. Sie macht insbesondere geltend, dass sie allein darüber zu entscheiden habe, ob eine Ausübung ihres Initiativrechts angebracht sei, einschließlich im Rahmen von Art. 155 Abs. 2 AEUV.

48      Art. 155 Abs. 2 AEUV ist unter Berücksichtigung nicht nur seines Wortlauts, sondern auch des Zusammenhangs dieser Vorschrift und ihrer Ziele auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. November 1983, Merck, 292/82, EU:C:1983:335, Rn. 12, und vom 10. März 2005, easyCar, C‑336/03, EU:C:2005:150, Rn. 21).

–       Auslegung nach dem Wortlaut

49      Art. 155 AEUV bestimmt:

„(1)      Der Dialog zwischen den Sozialpartnern auf Unionsebene kann, falls sie es wünschen, zur Herstellung vertraglicher Beziehungen einschließlich des Abschlusses von Vereinbarungen führen.

(2)      Die Durchführung der auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen erfolgt entweder nach den jeweiligen Verfahren und Gepflogenheiten der Sozialpartner und der Mitgliedstaaten oder – in den durch Artikel 153 [AEUV] erfassten Bereichen – auf gemeinsamen Antrag der Unterzeichnerparteien durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission. Das … Parlament wird unterrichtet.

…“

50      Somit geht aus Art. 155 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV hervor, dass eine auf Unionsebene geschlossene Vereinbarung der Sozialpartner auf zwei verschiedene Arten durchgeführt werden kann, nämlich entweder nach den jeweiligen Verfahren und Gepflogenheiten der Sozialpartner und der Mitgliedstaaten oder in den durch Art. 153 AEUV erfassten Bereichen auf Unionsebene nach einem besonderen Verfahren, das zum Erlass eines Unionsrechtsakts führt (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juni 1998, UEAPME/Rat, T‑135/96, EU:T:1998:128, Rn. 73).

51      Was speziell das Verfahren zur Durchführung einer Vereinbarung auf Unionsebene betrifft, beschränkt sich Art. 155 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV auf den Hinweis, dass die Durchführung in Form eines Beschlusses des Rates erfolgt, der auf gemeinsamen Antrag der Unterzeichnerparteien und auf Vorschlag der Kommission gefasst wird, und dass das Parlament unterrichtet wird.

52      Art. 155 Abs. 2 AEUV legt jedoch nicht ausdrücklich fest, ob die Kommission, wenn die Unterzeichnerparteien einen gemeinsamen Antrag auf Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene bei ihr einreichen, verpflichtet ist, dem Rat einen entsprechenden Vorschlag für einen Beschluss zu unterbreiten, oder ob sie sich im Gegenteil weigern kann, dem Rat einen solchen Vorschlag vorzulegen.

53      Nach Auffassung der Kläger begründen die Formulierungen „shall be implemented“ und „intervient“ in der englischen bzw. französischen Fassung von Art. 155 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV eine Handlungspflicht der Kommission. Sie beziehen sich auch auf die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung und machen geltend, bei der Aushandlung des Vertrags von Maastricht sei die ursprüngliche Formulierung, die der Kommission einen Wertungsspielraum zugestanden habe, in diesen beiden Sprachfassungen durch eine zwingende Formulierung ersetzt worden, die jeglichen Wertungsspielraum ausschließe.

54      Insoweit ist auf die Ursprünge des derzeitigen Art. 155 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV hinzuweisen, dessen Wortlaut bei der Aushandlung des Vertrags von Maastricht festgelegt wurde.

55      In einem ersten Schritt hatte die luxemburgische Ratspräsidentschaft am 18. Juni 1991 einen Entwurf des Vertrags über die Europäische Union (CONF‑UP-UEM 2008/91) vorgelegt, der einen neuen Artikel enthielt, und zwar Art. 118b Abs. 2 des EG-Vertrags. Die französische Originalfassung dieser Bestimmung lautete: „[S]i les partenaires sociaux le souhaitent, la Commission peut présenter des propositions pour la transposition au niveau communautaire des accords [conclus par les partenaires sociaux].“ („Auf Wunsch der Sozialpartner kann die Kommission Vorschläge für die Umsetzung der [von den Sozialpartnern geschlossenen] Vereinbarungen auf Gemeinschaftsebene vorlegen.“)

56      In einem zweiten Schritt verhandelten und unterzeichneten die Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas (UNICE), der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) und der Europäische Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) im Rahmen einer Ad-hoc-Gruppe des sozialen Dialogs am 31. Oktober 1991 eine Vereinbarung zu Redaktionsvorschlägen für bestimmte Artikel des Vertrags, der Gegenstand der Verhandlungen war (im Folgenden: Vereinbarung vom 31. Oktober 1991). Durch diese Vereinbarung wurde der Text von Art. 118b Abs. 2 des EG-Vertrags, wie ihn die luxemburgische Ratspräsidentschaft vorgesehen hatte, dahin gehend geändert, dass erstmals zwei verschiedene und alternative Verfahren zur Durchführung der von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarungen festgelegt wurden. In Bezug auf die Durchführung der Vereinbarungen nach einem der beiden oben in Rn. 50 genannten Verfahren verwendeten die englische und die französische Fassung der Vereinbarung vom 31. Oktober 1991 die Formulierungen „[the] agreements … may be realized“ („die Vereinbarungen … können durchgeführt werden“) bzw. „la mise en œuvre des accords … interviendra“ („die Durchführung der Vereinbarungen … erfolgt“).

57      In einem dritten Schritt erfolgte die Aufnahme des Vorschlags aus der Vereinbarung vom 31. Oktober 1991 in Art. 4 des Abkommens zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über die Sozialpolitik (ABl. 1992, C 191, S. 91, im Folgenden: Abkommen über die Sozialpolitik) im Anhang des Protokolls (Nr. 14) über die Sozialpolitik, das dem EG-Vertrag beigefügt worden war. Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 des Abkommens über die Sozialpolitik sah vor, dass die Durchführung der von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarungen nach einem der beiden oben in Rn. 50 genannten Verfahren erfolgt. Die englische und die französische Fassung dieser Bestimmung enthielten die Formulierungen „[the a]greements … shall be implemented“ („die Vereinbarungen … werden umgesetzt“] bzw. „la mise en œuvre des accords … intervient“ („die Durchführung der Vereinbarungen … erfolgt“). Diese Formulierungen wurden später in Art. 155 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV übernommen.

58      Somit hatte die Unterbreitung eines Vorschlags zur Durchführung einer Vereinbarung auf Unionsebene durch die Kommission in der Formulierung, die zu Beginn der Verhandlungen über den Vertrag von Maastricht erwogen wurde, aufgrund der Verwendung der Hilfsverben „may“ in der englischen Fassung und „pouvoir“ in der französischen Fassung einen eindeutig fakultativen Charakter. Allerdings wurden diese Hilfsverben in der Fassung, die am Ende der Verhandlungen beschlossen wurde, durch eine Formulierung ersetzt, die in einigen Sprachfassungen aufgrund der Verwendung des Indikativ Präsens, etwa in der französischen Fassung („intervient“), oder des Indikativ Futur, etwa in der englischen Fassung („shall be implemented“), zwingenden Charakter hat.

59      Wie die Kommission jedoch zu Recht geltend macht, wurde die oben in Rn. 58 genannte zwingende Formulierung im Rahmen der Abfassung des Abkommens über die Sozialpolitik eingeführt, d. h. zu dem Zeitpunkt, zu dem die zwei oben in Rn. 50 genannten Verfahren zur Durchführung der von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarungen gemäß dem Vorschlag, den die Sozialpartner in der Vereinbarung vom 31. Oktober 1991 formuliert hatten, in einem Satz zusammengefasst wurden. Ab diesem Zeitpunkt bezog das Verb dieses Satzes sich nicht mehr auf die Unterbreitung von Vorschlägen für die Durchführung der Vereinbarungen auf Unionsebene, sondern auf die Durchführung der Vereinbarungen nach dem einen oder dem anderen der oben in Rn. 50 genannten Verfahren. Insoweit kann die oben genannte zwingende Formulierung dazu dienen, die Ausschließlichkeit dieser zwei Verfahren zum Ausdruck zu bringen.

60      Unter diesen Umständen lässt der Wortlaut von Art. 155 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV für sich genommen nicht den Schluss zu, dass die Kommission verpflichtet ist, dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zu unterbreiten, wenn die Unterzeichnerparteien einen entsprechenden gemeinsamen Antrag stellen.

61      Zudem bedingt die von den Klägern vorgeschlagene Auslegung nach dem Wortlaut, dass sich die oben in Rn. 58 dargelegte zwingende Formulierung auf die Durchführung der von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarungen bezieht. Folgte man dieser Auslegung, hätte das zwei Konsequenzen.

62      Erstens würde die von den Klägern vorgeschlagene Auslegung bedeuten, dass sowohl die Kommission als auch der Rat bei einem gemeinsamen Antrag der Sozialpartner auf Durchführung einer Vereinbarung auf Unionsebene in jedem Fall verpflichtet wären, dem Antrag stattzugeben – erstere, indem sie dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung der Vereinbarung unterbreiten würde und letzterer, indem er den Vorschlag annehmen würde. Eine solche Auslegung widerspräche jedoch der zutreffenden Auffassung beider Parteien, wonach zum einen die Kommission sich zumindest in bestimmten Fällen weigern kann, dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung einer Vereinbarung zu unterbreiten (vgl. unten, Rn. 75), und zum anderen der Rat unter keinen Umständen verpflichtet ist, einen solchen Vorschlag der Kommission anzunehmen (vgl. unten, Rn. 76).

63      Zweitens würde die von den Klägern vorgeschlagene Auslegung bedeuten, dass, wenn die Sozialpartner keinen gemeinsamen Antrag auf Durchführung einer Vereinbarung auf Unionsebene stellen, die Sozialpartner und die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, die Vereinbarung auf ihrer Ebene nach ihren eigenen Verfahren und Gepflogenheiten durchzuführen. Eine solche Folge, auf die auch die Kläger nicht Bezug nehmen, widerspräche jedoch dem Willen der elf Mitgliedstaaten, die das Abkommen über die Sozialpolitik unterzeichnet haben. Aus der zweiten Erklärung im Anhang des Abkommens über die Sozialpolitik geht nämlich hervor, dass sich die betreffenden Mitgliedstaaten beim Abschluss des Abkommens nicht verpflichten wollten, die zwischen den Sozialpartnern auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen unmittelbar anzuwenden oder diesbezügliche Umsetzungsregeln zu erarbeiten.

–       Systematische Auslegung

64      Als Erstes ist allgemein die Rolle der Kommission bei der Ausarbeitung von Unionsrechtsakten in Erinnerung zu rufen.

65      Art. 17 Abs. 1 EUV bestimmt: „Die Kommission fördert die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen zu diesem Zweck. Sie sorgt für die Anwendung der Verträge sowie der von den Organen kraft der Verträge erlassenen Maßnahmen. Sie überwacht die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union. …“ In Art. 17 Abs. 2 EUV heißt es: „Soweit in den Verträgen nichts anderes festgelegt ist, darf ein Gesetzgebungsakt der Union nur auf Vorschlag der Kommission erlassen werden. Andere Rechtsakte werden auf der Grundlage eines Kommissionsvorschlags erlassen, wenn dies in den Verträgen vorgesehen ist.“ Zudem übt die Kommission gemäß Art. 17 Abs. 3 Unterabs. 3 EUV „ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus“, und „[d]ie Mitglieder der Kommission dürfen … Weisungen von einer Regierung, einem Organ, einer Einrichtung oder jeder anderen Stelle weder einholen noch entgegennehmen“.

66      Das der Kommission durch Art. 17 Abs. 2 EUV in Bezug auf Gesetzgebungsakte oder durch eine spezielle Vorschrift der Verträge in Bezug auf Rechtsakte, die keine Gesetzgebungsakte sind, eingeräumte Initiativrecht bedeutet, dass es Sache der Kommission ist, zu entscheiden, ob sie einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorlegt oder nicht, abgesehen von dem Fall, dass sie nach dem Unionsrecht zur Vorlage eines solchen Vorschlags verpflichtet ist (vgl. entsprechend Urteile vom 14. April 2015, Rat/Kommission, C‑409/13, EU:C:2015:217, Rn. 70, und vom 23. April 2018, One of Us u. a./Kommission, T‑561/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:210, Rn. 109).

67      Das der Kommission durch die Verträge übertragene Initiativrecht erklärt sich durch die Rolle der Kommission, die gemäß Art. 17 Abs. 1 EUV u. a. darin besteht, die allgemeinen Interessen der Union zu fördern und die Einhaltung des Unionsrechts sicherzustellen, sowie durch die Unabhängigkeit, die sie gemäß Art. 17 Abs. 3 Unterabs. 3 EUV bei der Ausübung ihrer Tätigkeit genießt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2018, One of Us u. a./Kommission, T‑561/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:210, Rn. 110).

68      Als Zweites sind einige Merkmale des Verfahrens nach Art. 155 Abs. 2 AEUV näher darzulegen.

69      Art. 155 Abs. 2 AEUV nimmt nicht ausdrücklich auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren oder das besondere Gesetzgebungsverfahren Bezug. Folglich ist das Verfahren zur Durchsetzung der von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarungen auf Unionsebene nicht als Gesetzgebungsverfahren im Sinne von Art. 289 Abs. 1 und 2 AEUV einzustufen und stellen die nach diesem Verfahren erlassenen Maßnahmen keine Gesetzgebungsakte im Sinne von Art. 289 Abs. 3 AEUV dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Slowakei und Ungarn/Rat, C‑643/15 und C‑647/15, EU:C:2017:631, Rn. 60 bis 62 und 65 bis 67).

70      Das Verfahren zum Abschluss und zur Durchführung der in Art. 155 AEUV genannten Vereinbarungen auf Unionsebene besteht aus mehreren Phasen, in denen den Sozialpartnern und Organen, u. a. der Kommission und dem Rat, unterschiedliche und spezielle Rollen zugewiesen sind.

71      Zunächst können die Sozialpartner der Kommission im Rahmen der von ihr nach Art. 154 Abs. 2 und 3 AEUV durchgeführten Anhörung mitteilen, dass sie den Prozess nach Art. 155 AEUV in Gang setzen wollen.

72      Anschließend können die Sozialpartner im Rahmen der eigentlichen Verhandlungsphase gemäß Art. 155 Abs. 1 AEUV vertragliche Beziehungen herstellen, u. a. durch Abschluss einer Vereinbarung.

73      Schließlich beginnt die Phase der Durchführung der Vereinbarung nach einem der beiden in Art. 155 Abs. 2 AEUV genannten Verfahren (vgl. oben, Rn. 50). In Bezug auf das Verfahren zur Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene sieht diese Bestimmung ausdrücklich vor, dass der Beschluss des Rates „auf Vorschlag der Kommission“ erfolgt. Insoweit konkretisiert diese Bestimmung im Rahmen des in ihr vorgesehenen nicht legislativen Verfahrens das in Art. 17 Abs. 2 EUV verankerte Initiativrecht der Kommission.

74      Somit ist festzustellen, dass zwar die Initiative für die Verhandlungsphase und den Abschluss einer Vereinbarung ausschließlich bei den betreffenden Sozialpartnern liegt, jedoch in der Phase der Durchführung der Vereinbarung der Rat auf Vorschlag der Kommission tätig wird. Aus diesem Grund müssen die Sozialpartner, wenn sie eine Vereinbarung geschlossen haben und gemeinsam deren Durchführung auf Unionsebene beantragen, ihren gemeinsamen Antrag an die Kommission richten. In diesem Fall darf die Kommission wieder eingreifen und übernimmt die Herrschaft über das Verfahren. Sie hat dann zu prüfen, ob es angezeigt ist, dass sie dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene unterbreitet (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juni 1998, UEAPME/Rat, T‑135/96, EU:T:1998:128, Rn. 75, 76, 79 und 84).

75      Das Gericht hat bereits festgestellt, dass das Eingreifen der Kommission den Grundsätzen entsprechen muss, die für ihr Tätigwerden im Bereich der Sozialpolitik gelten. Wie sowohl die Kläger als auch die Kommission zutreffend ausgeführt haben, hat die Kommission insbesondere die Repräsentativität der Unterzeichner der Vereinbarung zu prüfen (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juni 1998, UEAPME/Rat, T‑135/96, EU:T:1998:128, Rn. 85 und 88). Ebenso sind sich die Parteien zutreffend darüber einig, dass die Kommission die Rechtmäßigkeit der Bestimmungen einer Vereinbarung der Sozialpartner prüfen kann und muss, bevor sie deren Durchführung durch Beschluss des Rates vorschlägt.

76      Der Rat hat seinerseits zu prüfen, ob die Kommission die Verpflichtungen erfüllt hat, die ihr nach den Verträgen und insbesondere gemäß dem Dritten Teil, Titel X („Sozialpolitik“) des AEU-Vertrags obliegen, weil er andernfalls Gefahr liefe, einen Fehler zu bestätigen, der die Rechtmäßigkeit des von ihm letztlich erlassenen Rechtsakts beeinträchtigen könnte (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juni 1998, UEAPME/Rat, T‑135/96, EU:T:1998:128, Rn. 87). Zudem räumen sowohl die Kläger als auch die Kommission ein, dass der Rat bei der Entscheidung über den Erlass eines Beschlusses zur Durchführung einer Vereinbarung über einen Ermessensspielraum verfügt und dass er einen solchen Beschluss womöglich nicht erlassen kann, wenn die nötige Zustimmung – je nach Fall mit qualifizierter Mehrheit oder einstimmig – nicht zustande kommt.

77      Die Kläger machen dennoch geltend, dass die Kommission abgesehen von den zwei oben in Rn. 75 genannten Fällen verpflichtet sei, dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung einer von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarung zu unterbreiten.

78      Eine solche Auslegung würde jedoch erstens den in Art. 17 Abs. 3 Unterabs. 3 EUV enthaltenen Grundsatz in Frage stellen, wonach die Kommission ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit ausübt und keinerlei Weisungen entgegennimmt.

79      Zweitens würde eine solche Auslegung die Kommission daran hindern, ihrer Rolle, die gemäß Art. 17 Abs. 1 EUV darin besteht, die allgemeinen Interessen der Union zu fördern und gegebenenfalls zu diesem Zweck geeignete Initiativen zu ergreifen, vollständig gerecht zu werden. Die Rolle, die der Kommission durch Art. 17 Abs. 1 EUV übertragen wird, bedingt nämlich, dass sie vor der Ausübung ihres Initiativrechts im Hinblick auf die allgemeinen Interessen der Union prüft, ob die erwogene Initiative angebracht ist. Folglich muss die Kommission, wenn sie mit einem Antrag auf Durchführung einer von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarung auf Unionsebene befasst ist, nicht nur die Rechtmäßigkeit der Bestimmungen der Vereinbarung prüfen, sondern auch beurteilen, ob ihre eventuelle Durchführung auf Unionsebene zweckmäßig ist, was politische, wirtschaftliche und soziale Erwägungen einschließt.

80      Wie darüber hinaus die Kommission geltend macht, kann ihre Rolle, die allgemeinen Interessen der Union zu fördern, nicht stellvertretend allein durch Sozialpartner, die eine Vereinbarung unterzeichnet haben, wahrgenommen werden. Auch wenn die Sozialpartner nämlich hinreichend repräsentativ sind und gemeinsam handeln, vertreten sie nur einen Teil der zahlreichen Interessen, die bei der Gestaltung der Sozialpolitik der Union zu berücksichtigen sind.

81      Drittens würde die von den Klägern vorgeschlagene Auslegung das institutionelle Gleichgewicht zu Ungunsten der Kommission und zugunsten der Sozialpartner verschieben, obwohl diese nicht zu den in Art. 13 Abs. 1 EUV abschließend aufgeführten Organen gehören.

82      Zudem würde die von den Klägern vertretene Auffassung den Sozialpartnern eine Zwangsbefugnis gegenüber der Kommission verleihen, die weder dem Parlament noch dem Rat zusteht. Die Art. 225 und 241 AEUV erlauben nämlich dem Parlament und dem Rat, die Kommission aufzufordern, ihnen geeignete Vorschläge zu unterbreiten, während sie der Kommission die Möglichkeit einräumen, keinen Vorschlag vorzulegen, sofern sie die Gründe dafür mitteilt.

–       Teleologische Auslegung

83      Gemäß Art. 151 Abs. 1 AEUV gehört der soziale Dialog zu den Zielen der Union. Art. 152 Abs. 1 AEUV bestimmt: „Die Union anerkennt und fördert die Rolle der Sozialpartner auf Ebene der Union unter Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der nationalen Systeme. Sie fördert den sozialen Dialog und achtet dabei die Autonomie der Sozialpartner.“ In Art. 154 Abs. 1 AEUV heißt es: „Die Kommission hat die Aufgabe, die Anhörung der Sozialpartner auf Unionsebene zu fördern, und erlässt alle zweckdienlichen Maßnahmen, um den Dialog zwischen den Sozialpartnern zu erleichtern, wobei sie für Ausgewogenheit bei der Unterstützung der Parteien sorgt.“

84      Aus den oben in Rn. 83 angeführten Bestimmungen ergibt sich, dass Titel X des Dritten Teils des AEU-Vertrags u. a. dazu dient, die Rolle der Sozialpartner zu fördern und den sozialen Dialog unter Wahrung der Autonomie der Sozialpartner zu unterstützen.

85      Daher ist nicht nur in Art. 154 Abs. 2 und 3 AEUV vorgesehen, dass die Kommission die Sozialpartner anhört, sondern auch in Art. 155 AEUV festgelegt, dass die Sozialpartner Vereinbarungen aushandeln und abschließen können, die anschließend nach einem der beiden oben in Rn. 50 genannten Verfahren durchgeführt werden können.

86      Die in Art. 152 Abs. 1 AEUV anerkannte Autonomie der Sozialpartner bedingt, dass sie während der Phase, in der eine Vereinbarung ausgehandelt und abgeschlossen wird, was ausschließlich Sache der Sozialpartner ist (vgl. oben, Rn. 74), frei einen Dialog miteinander führen und handeln können, ohne Erhalt jeglicher Anordnungen oder Weisungen von Dritten und insbesondere ohne Weisungen der Mitgliedstaaten oder der Organe. Folglich dürfen die Organe und insbesondere die Kommission jegliches Verhalten unterlassen, das darauf gerichtet ist, den Ablauf der Verhandlungen unmittelbar zu beeinflussen und den Sozialpartnern den Abschluss oder den Inhalt einer Vereinbarung vorzuschreiben.

87      Sobald die Sozialpartner jedoch eine Vereinbarung frei ausgehandelt und abgeschlossen haben und die Unterzeichnerparteien die Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene gemeinsam beantragt haben, steht der Kommission wieder ein Interventionsrecht zu und sie übernimmt die Herrschaft über das Verfahren (vgl. oben, Rn. 74).

88      Die Kläger machen zwar geltend, wenn die Kommission berechtigt wäre, sich aufgrund von Zweckmäßigkeitserwägungen zu weigern, einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung einer von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarung zu unterbreiten, würden diese in der Praxis veranlasst, den Inhalt der Vereinbarung im Voraus mit der Kommission auszuhandeln, um die spätere Durchführung der Vereinbarung zu ermöglichen, wodurch die Autonomie der Sozialpartner beeinträchtigt würde.

89      Art. 155 AEUV beschränkt sich jedoch darauf, die Sozialpartner in den Prozess zum Erlass bestimmter Rechtsakte, die keine Gesetzgebungsakte sind, einzubinden, ohne ihnen eine Entscheidungsbefugnis zu verleihen. Die Sozialpartner sind lediglich berechtigt, eine Vereinbarung zu schließen und anschließend zu beantragen, dass die Kommission einen Vorschlag zur Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene unterbreitet. Dagegen sind die Sozialpartner weder befugt, selbst Rechtsakte zu erlassen, die verbindliche Rechtswirkung gegenüber Dritten entfalten, noch direkt dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung einer Vereinbarung zu unterbreiten.

90      Daher folgt aus dem Ziel der Förderung der Rolle der Sozialpartner und ihres sozialen Dialogs unter Wahrung ihrer Autonomie nicht, dass die Organe, d. h. die Kommission und später der Rat, verpflichtet sind, einem gemeinsamen Antrag der Unterzeichnerparteien einer Vereinbarung auf Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene stattzugeben.

–       Weiteres Vorbringen der Kläger

91      Zur Stützung ihrer Auslegung von Art. 155 Abs. 2 AEUV berufen sich die Kläger außerdem auf mehrere weitere Vorschriften, Grundsätze und Ziele der Union.

92      Erstens verweisen sie auf den in Art. 13 Abs. 2 EUV enthaltenen Grundsatz, wonach jedes Organ nach Maßgabe der ihm durch die Verträge zugewiesenen Befugnisse handelt.

93      Dem ist zu entgegnen, dass sich die Kommission bei ihrer Prüfung der Zweckmäßigkeit der Durchführung einer Vereinbarung der Sozialpartner auf Unionsebene auf die Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Art. 155 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 bis 3 EUV beschränkt (vgl. oben, Rn. 66, 67 und 79).

94      Zweitens berufen sich die Kläger auf das in Art. 10 Abs. 1 und 2 EUV verankerte Demokratieprinzip.

95      Das Demokratieprinzip kommt in erster Linie durch die Beteiligung des Parlaments am Entscheidungsprozess zum Ausdruck (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juni 1998, UEAPME/Rat, T‑135/96, EU:T:1998:128, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung). Allerdings kann das Parlament die Kommission nicht zwingen, von ihrem Initiativrecht Gebrauch zu machen (vgl. oben, Rn. 82). Nur hilfsweise, wenn das Parlament nicht beteiligt ist, kann die Wahrung des demokratischen Prinzips auf andere Weise durch Vermittlung der Sozialpartner sichergestellt werden, sofern letztere hinreichend repräsentativ sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juni 1998, UEAPME/Rat, T‑135/96, EU:T:1998:128, Rn. 89).

96      Die von den Klägern vertretene Auslegung würde jedoch dadurch, dass sie die Kommission in bestimmten Fällen verpflichtet, die Durchführung einer Vereinbarung durch einen Beschluss des Rates auf der Grundlage von Art. 155 Abs. 2 AEUV vorzuschlagen, in der Praxis dazu führen, dass die Kommission daran gehindert wäre, auf der Grundlage von Art. 153 Abs. 2 AEUV einen Vorschlag mit dem gleichen Ziel und gegebenenfalls dem gleichen Inhalt zu unterbreiten. Somit hätte diese Auslegung zur Folge, dass einem nicht legislativen Verfahren, in dem das Parlament lediglich in Kenntnis gesetzt wird, systematisch der Vorrang gegenüber einem Gesetzgebungsverfahren eingeräumt würde, in dem das Parlament grundsätzlich eine Mitentscheidungsbefugnis hat.

97      Drittens machen die Kläger einen Grundsatz der „horizontalen Subsidiarität“ geltend, wonach die Sozialpartner am besten in der Lage seien, darüber zu entscheiden, ob eine Vereinbarung auf Ebene der Sozialpartner und der Mitgliedstaaten oder auf Unionsebene durchzuführen sei.

98      Das Subsidiaritätsprinzip, das in Art. 5 Abs. 3 EUV verankert ist, regelt die Ausübung der Zuständigkeiten, die die Union mit den Mitgliedstaaten teilt. Folglich hat das Prinzip eine „vertikale“ Dimension, da es die Beziehungen zwischen der Union einerseits und den Mitgliedstaaten andererseits regelt. Dagegen hat das Prinzip entgegen dem Vorbringen der Kläger im Unionsrecht keine „horizontale“ Dimension, da es nicht dazu dient, die Beziehungen zwischen der Union einerseits und den Sozialpartnern auf Unionsebene andererseits zu regeln. Zudem kann das Subsidiaritätsprinzip nicht geltend gemacht werden, um das institutionelle Gleichgewicht zu verschieben.

99      Die Kläger berufen sich viertens auf das in Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Recht, Tarifverträge auszuhandeln und zu schließen, auf die Vereinigungsfreiheit, die durch Art. 12 der Grundrechtecharta insbesondere im gewerkschaftlichen Bereich gewährleistet wird, sowie auf die in Art. 3 Abs. 3 EUV und Art. 9 AEUV genannten Ziele der Union, wie eine „soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt“ und die „Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes“.

100    Insoweit ist festzustellen, dass keine der oben in Rn. 99 genannten Bestimmungen bedingt, dass die Sozialpartner, die eine Vereinbarung unterzeichnet haben, die Organe zwingen könnten, die Vereinbarung auf Unionsebene durchzuführen.

101    Fünftens beziehen sich die Kläger auf die Auffassungen, die die Kommission in mehreren Mitteilungen und insbesondere in den Mitteilungen KOM(93) 600 endg. vom 14. Dezember 1993 über die Anwendung des Protokolls über die Sozialpolitik, KOM(1998) 322 endg. vom 20. Mai 1998, „Anpassung und Förderung des Sozialen Dialogs auf Gemeinschaftsebene“, und KOM(2002) 341 endg. vom 26. Juni 2002, „Der europäische soziale Dialog, Determinante für Modernisierung und Wandel“, vertreten habe.

102    Insoweit ist festzustellen, dass die oben in Rn. 101 genannten Mitteilungen nicht rechtsverbindlich sind. Folglich können die genannten Mitteilungen nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, um der Auslegung einer Bestimmung der Verträge entgegenzutreten, die sich aus dem Wortlaut, dem Zusammenhang und den Zielen der Bestimmung ergibt.

103    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass, wenn die Sozialpartner gemäß Art. 155 Abs. 1 AEUV eine Vereinbarung ausgehandelt und abgeschlossen haben und die Unterzeichnerparteien gemäß Art. 155 Abs. 2 AEUV gemeinsam die Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene durch einen Beschluss des Rates beantragt haben, die Kommission nicht verpflichtet ist, dem Antrag stattzugeben, und zu prüfen hat, ob es angezeigt ist, dass sie dem Rat einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet.

104    Folglich hat die Kommission keinen Rechtsfehler in Bezug auf den Umfang ihrer Befugnisse begangen, als sie sich weigerte, dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung der Vereinbarung zu unterbreiten.

105    Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: unzureichende und offensichtlich fehlerhafte Begründung der angefochtenen Entscheidung

106    Nach Ansicht der Kläger sind die Gründe, aus denen die Kommission sich weigerte, dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene zu unterbreiten, unzureichend und offensichtlich irrig. Mit den drei in der angefochtenen Entscheidung genannten Gründen lasse sich die Weigerung nämlich nicht rechtfertigen.

107    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

108    Vorab ist festzustellen, dass die Kommission, wenn sie mit einem Antrag auf Durchführung einer von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarung auf Unionsebene befasst ist, die allgemeinen Interessen der Union berücksichtigen und prüfen muss, ob die Durchführung der Vereinbarung, einschließlich im Hinblick auf politische, wirtschaftliche und soziale Erwägungen, zweckmäßig ist (vgl. oben, Rn. 79).

109    Daraus folgt, dass sie im Rahmen ihrer Prüfung, ob es zweckmäßig ist, dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung einer von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarung auf Unionsebene vorzulegen, über einen weiten Ermessensspielraum verfügt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 23. April 2018, One of Us u. a./Kommission, T‑561/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:210, Rn. 169).

110    Nach ständiger Rechtsprechung ist die gerichtliche Kontrolle in Fällen, in denen ein Organ über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, grundsätzlich auf die Prüfung beschränkt, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob kein Rechtsfehler, keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 143 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111    Die Beschränkung der Kontrolle durch den Unionsrichter ist insbesondere dann geboten, wenn die Unionsorgane widerstreitende Interessen gegeneinander abzuwägen und im Rahmen der in ihrem Verantwortungsbereich zu treffenden politischen Entscheidungen eine bestimmte Wahl zu treffen haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Rat, C‑280/93, EU:C:1994:367, Rn. 91, und vom 14. Juli 2005, Rica Foods/Kommission, C‑40/03 P, EU:C:2005:455, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112    Somit muss die angefochtene Entscheidung Gegenstand einer eingeschränkten Kontrolle seitens des Gerichts sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2018, One of Us u. a./Kommission, T‑561/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:210, Rn. 170).

113    Dabei ist die Frage der Einhaltung der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht, die ein wesentliches Formerfordernis darstellt, von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 67, und vom 18. Juni 2015, Ipatau/Rat, C‑535/14 P, EU:C:2015:407, Rn. 37).

–       Zur Einhaltung der Begründungspflicht

114    In ihren Schriftsätzen beanstanden die Kläger eine „unzureichende Begründung“.

115    Sofern die Kläger mit diesem Vorbringen einen Klagegrund geltend machen wollen, der sich auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV richtet, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die durch Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein muss und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 63, und vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 88).

116    Im vorliegenden Fall ist die angefochtene Entscheidung auf die oben in Rn. 6 genannten drei Gründe gestützt. Die Gründe beruhen im Wesentlichen auf erstens dem besonderen Charakter zentralstaatlicher Verwaltungsbehörden und insbesondere dem Umstand, dass sie hoheitliche Befugnisse ausüben, zweitens dem Vorliegen von Bestimmungen zur Unterrichtung und Anhörung von Beamten und Beschäftigten dieser Verwaltungsbehörden in den nationalen Rechtsordnungen zahlreicher Mitgliedstaaten und drittens darauf, dass zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Definition und den Aufgabenbereich der genannten Behörden bestehen, so dass ein etwaiger Beschluss des Rates zur Durchführung der Vereinbarung je nach Mitgliedstaat einen unterschiedlich weiten Anwendungsbereich hätte.

117    Es ist erstens festzustellen, dass die Kommission die Sozialpartner zur Zweckmäßigkeit einer Maßnahme der Union in Bezug auf die Unterrichtung und Anhörung von Beamten und Angestellten der Verwaltungsbehörden angehört hat und die Sozialpartner gerade infolge dieser Anhörung die Vereinbarung ausgehandelt und unterzeichnet haben (vgl. oben, Rn. 1 bis 3). Zweitens hat die Kommission über zwei Jahre gebraucht, um den von den Sozialpartnern gemäß Art. 155 Abs. 2 AEUV gestellten Antrag zu bescheiden (vgl. oben, Rn. 4 und 5). Unter diesen Umständen und angesichts der Haltung der Kommission konnten die Adressaten der angefochtenen Entscheidung erwarten, von diesem Organ eine ausführlichere Begründung als die relativ knappen Ausführungen zu erhalten, die oben in den Rn. 6 und 116 zusammengefasst sind.

118    Selbst wenn diese Vorgehensweise der Kommission überraschen mag, ist jedoch festzustellen, dass die Adressaten der angefochtenen Entscheidung, d. h. die TUNED und die EUPAE, die Möglichkeit hatten, von den drei Gründen für die Entscheidung Kenntnis zu nehmen, und das Gericht in der Lage ist, seine Kontrolle auszuüben. Zudem machen die Kläger nicht geltend, dass sie aufgrund der Knappheit oder Unklarheit der genannten Gründe daran gehindert gewesen seien, die Stichhaltigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu beanstanden.

119    Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung der Begründungspflicht gemäß Art. 296 AEUV genügt.

–       Zur Stichhaltigkeit der Begründung

120    In ihren Schriftsätzen stellen die Kläger die Stichhaltigkeit der drei oben in den Rn. 6 und 116 genannten Gründe der angefochtenen Entscheidung in Abrede.

121    Die Kläger machen als Erstes geltend, die drei Gründe der angefochtenen Entscheidung zählten nicht zu denjenigen, aus denen die Kommission es ablehnen dürfe, einem gemeinsamen Antrag der Unterzeichner einer Vereinbarung auf Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene stattzugeben, nämlich fehlende Repräsentativität der Unterzeichner und Rechtswidrigkeit der Bestimmungen der Vereinbarung.

122    Hierzu ergibt sich aus der Beantwortung des ersten Klagegrundes, dass eine Weigerung der Kommission, im Rahmen des nicht legislativen Verfahrens nach Art. 155 Abs. 2 AEUV von ihrem Initiativrecht Gebrauch zu machen, auf andere Gründe als die fehlende Repräsentativität der Unterzeichner einer Vereinbarung oder die Rechtswidrigkeit der Bestimmungen der Vereinbarung gestützt werden kann.

123    Als Zweites führen die Kläger an, die drei Gründe der angefochtenen Entscheidung seien irrig, irrelevant und unzureichend, um die Entscheidung zu rechtfertigen.

124    Zum ersten Grund der angefochtenen Entscheidung tragen die Kläger vor, die Union sei für den Schutz der sozialen Rechte der Beamten und Angestellten der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden zuständig. Außerdem stelle die Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Festlegung der Struktur, Organisation und Funktionsweise der Behörden nicht in Frage. Ferner sei es immer weniger gerechtfertigt, sämtliche Beamte und Angestellte der genannten Behörden von der Anwendung des Sozialrechts der Union auszuschließen, insbesondere wenn die Aufgaben Letzterer nicht mit der nationalen Sicherheit oder der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden seien.

125    Zum zweiten Grund der angefochtenen Entscheidung tragen die Kläger vor, die Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene sei weiterhin sinnvoll, da sie für Beamte und Angestellte zentralstaatlicher Verwaltungsbehörden in allen Mitgliedstaaten ein Mindestmaß an Unterrichtung und Anhörung gewährleiste, insbesondere in den Mitgliedstaaten, in denen dieses Mindestmaß noch nicht erreicht sei.

126    Zum dritten Grund der angefochtenen Entscheidung machen die Kläger geltend, die Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene führe dazu, die derzeit zwischen Arbeitnehmern bestehenden Unterschiede im Hinblick auf das Schutzniveau zu verringern. Eine Durchführung auf Unionsebene würde nämlich nach Auffassung der Kläger bewirken, dass sich die Situation der Beamten und Angestellten der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden der Situation von Arbeitnehmern annähere, die vom Anwendungsbereich der Unionsrichtlinien zur Regelung des Rechts auf Unterrichtung und Anhörung erfasst seien.

127    Zudem äußern die Kläger ihr Erstaunen darüber, dass sich die Kommission auf Gründe gestützt habe, die sie zwangsläufig bereits ausgeschlossen habe, als sie 2015 eine Anhörung der Sozialpartner eingeleitet habe.

128    Im Folgenden sind nun die oben in den Rn. 123 bis 127 zusammengefassten Rügen der Kläger zu prüfen.

129    Erstens haben die Kläger nicht nachgewiesen, dass die Gesichtspunkte, die im Rahmen der drei Gründe der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt wurden, sachlich unzutreffend oder für eine Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene irrelevant sind.

130    Was nämlich den ersten Grund der angefochtenen Entscheidung betrifft, hat die Kommission nicht in Frage gestellt, dass es eine Zuständigkeit der Union für den Erlass von Rechtsakten betreffend die sozialen Rechte von Beamten und Angestellten der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden gibt. Vielmehr hat sich die Kommission auf die Besonderheiten dieser Behörden bezogen. Die Kläger stellen diese Besonderheiten und insbesondere den Umstand, dass einige Beamte und einige Angestellte dieser Behörden hoheitliche Befugnisse ausüben, nicht ernsthaft in Frage. Zudem könnte sich die Durchführung der Vereinbarung entgegen dem Vorbringen der Kläger auf die Funktionsweise der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden auswirken, indem sie die Beziehungen zwischen diesen Behörden und ihren Beamten und Angestellten verändert.

131    Was den zweiten Grund der angefochtenen Entscheidung betrifft, stand es der Kommission frei, das Schutzniveau, das bereits in einigen Mitgliedstaaten gewährleistet ist, zu berücksichtigen, und dies trotz etwaiger Schutzlücken in anderen Mitgliedstaaten. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger das Vorbringen der Kommission nicht bestritten, wonach 2014 bereits 22 Mitgliedstaaten über Vorschriften für die Unterrichtung und Anhörung von Beamten und Angestellten der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden verfügten.

132    Was den dritten Grund der angefochtenen Entscheidung betrifft, stellt das Vorbringen der Kläger, die Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene bewirke eine Annäherung der Situation der Beamten und Angestellten der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden an die Situation von Arbeitnehmern des privaten Sektors, nicht den Umstand in Frage, dass die Durchführung sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten hätte, und zwar je nach ihrem Zentralisierungs- bzw. Dezentralisierungsgrad. Die Kommission war jedoch durch nichts daran gehindert, den zuletzt genannten Umstand als unerwünschte Folge der Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene zu berücksichtigen.

133    Zweitens ist der weite Ermessensspielraum hervorzuheben, über den die Kommission verfügte (vgl. oben, Rn. 109), einschließlich bei der Entscheidung darüber, ob es notwendig war, eine etwaige Lücke im Anwendungsbereich der Unionsrichtlinien zur Regelung des Rechts auf Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern zu schließen, und ob die Durchführung der Vereinbarung ein geeignetes Mittel zur Schließung dieser Lücke war. Im Rahmen ihrer Beanstandung der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung beschränken sich die Kläger jedoch auf den Hinweis, dass eine Zuständigkeit der Union gegeben sei und die Ausübung dieser Zuständigkeit im vorliegenden Fall zweckmäßig sein könne. Insoweit und angesichts aller Umstände, die die Kommission im Rahmen der drei Gründe der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt hat, ist nicht ersichtlich, dass sie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler beging, als sie sich weigerte, dem Rat einen Vorschlag für einen Beschluss zur Durchführung der Vereinbarung zu unterbreiten.

134    Dieses Ergebnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Kommission 2015 eine Anhörung eingeleitet hatte, die sich u. a. auf die Situation von Beamten und Angestellten der Verwaltungsbehörden im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Richtlinien zur Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern bezog. Bei dieser Gelegenheit beschränkte sich die Kommission nämlich darauf, eine Debatte zu eröffnen, ohne eine Entscheidung über Form und Inhalt eventuell zu ergreifender Maßnahmen vorwegzunehmen.

135    Als Drittes machen die Kläger geltend, im vorliegenden Fall gebe es keine Rechtfertigung dafür, dass die Kommission die Durchführung der Vereinbarung auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abgelehnt habe. Sie werfen der Kommission u. a. vor, dass sie im Hinblick auf diese Grundsätze keine Folgenabschätzung vorgenommen habe.

136    Aus dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung geht nicht hervor, dass die Kommission die angefochtene Entscheidung damit begründet hätte, dass die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, wie sie in Art. 5 Abs. 3 und 4 EUV enthalten sind, der Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene durch einen gemäß Art. 155 Abs. 2 AEUV gefassten Beschluss des Rates rechtlich entgegenstünden.

137    Der Begründung der angefochtenen Entscheidung ist vielmehr zu entnehmen, dass die Kommission die Durchführung der Vereinbarung auf Unionsebene weder für notwendig noch für geeignet hielt und insoweit anführte, dass die Mitgliedstaaten für die Funktionsweise der zentralstaatlichen Verwaltungsbehörden zuständig seien und viele von ihnen bereits über Bestimmungen verfügten, die einen gewissen Grad an Unterrichtung und Anhörung von Beamten und Angestellten dieser Behörden sicherstellten. Zudem kündigte die Kommission bei einem Treffen mit den Sozialpartnern am 17. Januar 2018 an, in welche Richtung die angefochtene Entscheidung ergehen werde, indem sie darauf hinwies, dass es „schwerpunktmäßig um die Subsidiarität geht“ und sie es für besser hielte, wenn die Vereinbarung von den Sozialpartnern auf nationaler Ebene durchgeführt würde. Somit hat die Kommission Erwägungen im Zusammenhang mit der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu dem Zeitpunkt berücksichtigt, als sie die Zweckmäßigkeit einer Unionsmaßnahme beurteilte, und nicht, als sie die Möglichkeit einer solchen Maßnahme prüfte. Aus den Ausführungen oben in Rn. 133 ergibt sich jedoch, dass die Kommission ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler zu der Auffassung gelangte, es sei nicht zweckmäßig, die Vereinbarung auf Unionsebene durchzuführen.

138    Was schließlich die fehlende Folgenabschätzung betrifft, haben die Kläger nicht dargelegt, aufgrund welcher Vorschrift die Kommission verpflichtet gewesen sein soll, eine Folgenabschätzung vorzunehmen, bevor sie sich weigerte, von ihrem Initiativrecht Gebrauch zu machen.

139    Folglich ist die Rüge einer Verletzung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit selbst unter der Annahme als unbegründet zurückzuweisen, dass eine auf die Verletzung des Subsidiaritätsprinzips gestützte Rüge in einem Fall wie dem vorliegenden erheblich sein kann.

140    Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

141    Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

142    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 135 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht jedoch aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei ihre eigenen Kosten trägt, aber nur zur Tragung eines Teils der Kosten der Gegenpartei oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist.

143    Im vorliegenden Fall sind die Kläger mit ihren Anträgen unterlegen. Außerdem hat die Kommission ausdrücklich beantragt, ihnen die Kosten aufzuerlegen. Angesichts der Umstände des vorliegenden Falls und insbesondere der Haltung der Kommission (vgl. oben, Rn. 117 und 118) ist es jedoch aus Gründen der Billigkeit gemäß Art. 135 Abs. 1 der Verfahrensordnung geboten, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die European Federation of Public Service Unions (EPSU) und Jan Goudriaan zum einen und die Europäische Kommission zum anderen tragen ihre eigenen Kosten.


Gervasoni

Madise

da Silva Passos

Kowalik-Bańczyk

 

      Mac Eochaidh

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. Oktober 2019.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis




*      Verfahrenssprache: Englisch.