Language of document : ECLI:EU:T:2009:445

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

18. November 2009(*)

„Staatliche Beihilfen – Landwirtschaft – Beihilferegelung zugunsten von Qualitätsprogrammen der Land- und Ernährungswirtschaft in Österreich – Entscheidung, keine Einwendungen zu erheben – Nichtigkeitsklage – Eigenschaft als Beteiligter – Wahrung der Verfahrensrechte – Zulässigkeit – Ernsthafte Schwierigkeiten – Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung“

In der Rechtssache T‑375/04

Scheucher-Fleisch GmbH mit Sitz in Ungerdorf (Österreich),

Tauernfleisch Vertriebs GmbH mit Sitz in Flattach (Österreich),

Wech-Kärntner Truthahnverarbeitung GmbH mit Sitz in Glanegg (Österreich),

Wech-Geflügel GmbH mit Sitz in Sankt Andrä (Österreich),

Johann Zsifkovics, wohnhaft in Wien (Österreich),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Hofer und T. Humer,

Kläger,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung C(2004) 2037 fin der Kommission vom 30. Juni 2004 über die staatliche Beihilfe NN 34A/2000 betreffend Qualitätsprogramme und Qualitätszeichen „AMA‑Biozeichen“ und „AMA‑Gütesiegel“ in Österreich

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. W. H. Meij sowie der Richter V. Vadapalas (Berichterstatter) und L. Truchot,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2009

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Kläger, die Scheucher-Fleisch GmbH, die Tauernfleisch Vertriebs GmbH, die Wech-Kärntner Truthahnverarbeitung GmbH, die Wech-Geflügel GmbH und Johann Zsifkovics sowie die Grandits GmbH (im Folgenden: Grandits) sind fünf Gesellschaften mit beschränkter Haftung und ein Einzelkaufmann nach österreichischem Recht, die im Bereich Tierschlachtung und -zerlegung tätig sind.

2        Im Jahre 1992 erließ die Republik Österreich das Bundesgesetz über die Errichtung der Marktordnungsstelle „Agrarmarkt Austria“ (BGBl. 376/1992) (im Folgenden: AMA-Gesetz 1992), nach dessen § 2 Abs. 1 eine juristische Person öffentlichen Rechts unter der Bezeichnung „Agrarmarkt Austria (AMA)“ eingerichtet wurde (im Folgenden: AMA). Die operativen Tätigkeiten werden von der AMA Marketing GmbH (im Folgenden: AMA Marketing), einer 100%igen Tochtergesellschaft der AMA, ausgeführt. Das AMA-Gesetz 1992 ist mehrmals geändert worden.

3        Gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 des AMA-Gesetzes 1992 hat die AMA zur Aufgabe, das Agrarmarketing zu fördern. Zu diesem Zweck ist sie verpflichtet, Beiträge einzuheben, die insbesondere nach § 21c Abs. 1 Z 3 des AMA-Gesetzes 1992 in der von den Klägern und von Grandits vorgelegten Fassung für die Schlachtung von Rindern, Kälbern, Schweinen, Lämmern, Schafen und Geflügel entrichtet werden müssen.

4        Die fraglichen Beihilfen bestehen in der Förderung der Erzeugung, Be- und Verarbeitung sowie Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Österreich durch das AMA-Biozeichen und das AMA-Gütesiegel (im Folgenden: AMA-Zeichen).

5        Als im Bereich Tierschlachtung und ‑zerlegung tätige Unternehmen sind die Kläger und Grandits nach § 21c Abs. 1 Z 3 des AMA-Gesetzes 1992 beitragspflichtig, ohne dass ihren Erzeugnissen die AMA-Zeichen zugutekommen.

6        Die Kläger und Grandits sowie etwa 20 weitere Schlachtbetriebe erhoben vor den österreichischen Behörden gegen die Einhebung der AMA-Beiträge Berufung. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft gab den Berufungen nicht Folge. Der von den Klägern angerufene Verwaltungsgerichtshof hob durch Erkenntnisse vom 20. März und vom 21. Mai 2003 die Bescheide des Bundesministers wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

7        Gleichzeitig legten die Kläger und Grandits am 21. September 1999 eine Beschwerde bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ein, in der sie geltend machten, sie seien durch bestimmte Vorschriften des AMA-Gesetzes 1992 in ihren Rechten verletzt worden.

8        Mit Schreiben vom 15. Februar 2000 übermittelte die Kommission die Beschwerde den österreichischen Behörden und ersuchte diese um Stellungnahme. Auf das Antwortschreiben der österreichischen Behörden vom 20. März 2000 teilte die Kommission den Klägern und Grandits mit Schreiben vom 19. Juni 2000 mit, dass die betreffenden Maßnahmen vorläufig als nicht angemeldete Beihilfe NN 34/2000 eingetragen worden seien.

9        Auf Ersuchen der österreichischen Behörden vom 8. März 2003 entschied die Kommission, die betreffenden Maßnahmen getrennt voneinander – je nachdem, ob sie vor oder nach dem 26. September 2002 ergangen waren – zu prüfen, da zu diesem Zeitpunkt die Durchführungsbestimmungen zum AMA-Gesetz 1992 bedeutsame Änderungen erfahren hatten. Das Prüfverfahren betreffend die Bestimmungen nach dem 26. September 2002 wurde unter dem Aktenzeichen NN 34A/2000 eingetragen.

10      Mit der Entscheidung vom 30. Juni 2004 über die staatliche Beihilfe NN 34A/2000 betreffend Qualitätsprogramme und Qualitätszeichen „AMA-Biozeichen“ und „AMA-Gütesiegel“ in Österreich beschloss die Kommission, keine Einwände gegen die „angemeldeten“ Maßnahmen zu erheben (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Sie hielt diese für mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG vereinbar, da sie die Bedingungen erfüllten, die in den Abschnitten 13 und 14 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (ABl. 2000, C 28, S. 2, und Berichtigung ABl. 2000, C 232, S. 19) und in den Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung für in Anhang I des EG-Vertrags genannte Erzeugnisse und bestimmte nicht in Anhang I genannte Erzeugnisse (ABl. 2001, C 252, S. 5) aufgestellt würden.

11      Nach dem 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung sind alle von der AMA und der AMA Marketing vor dem 26. September 2002 durchgeführten Maßnahmen ausdrücklich von der Prüfung ausgeschlossen.

12      Am 16. Juli 2004 übermittelte die AMA den Klägern und Grandits die angefochtene Entscheidung.

 Verfahren und Anträge der Parteien

13      Mit Klageschrift, die am 17. September 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger und Grandits die vorliegende Klage erhoben.

14      Am 10. November 2004 ist die Rechtssache an die Vierte Kammer des Gerichts verwiesen worden.

15      Mit Schriftsatz, der am 9. Dezember 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Die Kläger und Grandits haben am 25. Januar 2005 ihre Stellungnahme zu dieser Einrede eingereicht. Mit Beschluss des Gerichts (Vierte Kammer) vom 15. September 2006 ist die Entscheidung über die Einrede und über die Kosten dem Endurteil vorbehalten worden.

16      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Sechsten Kammer zugeteilt worden, der deshalb die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist.

17      Da ein Richter an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung einen anderen Richter bestimmt, durch den der Spruchkörper vervollständigt worden ist.

18      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Sechste Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und den Parteien, Grandits sowie der Regierung der Republik Österreich im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung schriftlich Fragen gestellt, die sie fristgemäß beantwortet haben.

19      Mit am 23. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schreiben hat Grandits nach Art. 99 der Verfahrensordnung dem Gericht mitgeteilt, dass sie die Klage zurücknehme. Mit Beschluss des Präsidenten der Sechsten Kammer des Gerichts vom 4. Februar 2009 ist der Name Grandits im Register der Kanzlei des Gerichts gestrichen und beschlossen worden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

20      Die Parteien haben in der Sitzung vom 12. Februar 2009 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

21      Die Kläger beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

22      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig oder, hilfsweise, als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

 Vorbringen der Parteien

23      Die Kommission macht erstens geltend, dass die Kläger von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell betroffen seien. Diese sei für die Kläger eine „generelle Rechtsnorm“, die sie aufgrund ihrer objektiven Eigenschaft als Beitragspflichtige in gleicher Weise betreffe wie jedes andere beitragspflichtige Unternehmen, das sich tatsächlich oder potenziell in der gleichen Lage befinde.

24      Die Kommission bestreitet zweitens die Behauptung der Kläger, dass nur vier Einzelhandelsketten durch die in Rede stehenden Maßnahmen begünstigt seien. Die AMA-Zeichen bezweckten die Förderung des Absatzes von qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Produkten und kämen daher den landwirtschaftlichen Unternehmen und den Erzeugern von Lebensmitteln insgesamt zugute.

25      Außerdem stünden die Kläger als Schlacht- oder Zerlegebetriebe nicht im Wettbewerb mit den Einzelhandelsgeschäften, die sie in ihrer Klageschrift als die durch die fraglichen Beihilfen unmittelbar Begünstigten bezeichneten. Außerdem erklärten sie nicht, warum der Umstand, dass die vier Einzelhandelsketten mit Gütesiegel namentlich bekannt seien, sie individualisiere. Sie gäben auch nicht an, warum sie kein AMA-Zeichen führten und warum sie nicht an die vier Einzelhandelsketten liefern könnten.

26      In ihrer Gegenerwiderung fügt die Kommission hinzu, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass es Schlacht- und Zerlegebetriebe gebe, die von den fraglichen Beihilfen profitierten und auf demselben geografischen Markt tätig seien. Überdies zahlten die Kläger zwar Beiträge, würden aber auch durch die mit den AMA-Zeichen organisierten Werbemaßnahmen begünstigt. Denn wie sie selbst geltend gemacht hätten, bestünden diese Werbemaßnahmen darin, den Verbrauchern zu empfehlen, Waren österreichischen Ursprungs zu kaufen. Den Klägern entstehe daher kein Schaden.

27      Zweitens seien die Kläger von den fraglichen Beihilfen nur mittelbar betroffen, wie sie in ihrer Klageschrift selbst eingeräumt hätten. Die in der angefochtenen Entscheidung geprüften Durchführungsmaßnahmen seien generell und abstrakt. Die Individualisierung erfolge erst durch individuelle Rechtsakte, nämlich durch behördliche Bescheide. Darüber hinaus verpflichte die angefochtene Entscheidung die Republik Österreich nicht, Schlacht- und Zerlegungsbetriebe mit Beiträgen zu belasten.

28      Drittens ergebe es sich aus den in Art. 88 Abs. 2 EG verankerten Verfahrensgarantien, dass die Kommission verpflichtet sei, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Im vorliegenden Fall hätten die Kläger jedoch mit ihrer Beschwerde schon Stellung genommen und damit ihr Recht, sich zu äußern, konsumiert.

29      Die Kläger tragen vor, sie seien Beteiligte im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG. Sie könnten folglich als von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar und individuell Betroffene eine Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 Abs. 4 EG erheben.

30      Durch die Beihilfen seien vier namentlich genannte Einzelhandelsunternehmen direkt begünstigt, die das Recht erworben hätten, das AMA-Gütesiegel zu verwenden. Zwischen den Klägern und den Schlacht- und Zerlegungsbetrieben, die das Siegel führten, bestehe auch ein direktes Wettbewerbsverhältnis, weil sich das AMA-Gütesiegelsystem von der Geburt eines Tieres bis zum Verkauf seines Fleischs im Einzelhandel durchziehe und ein Betrieb auf jeder Produktions- und Handelsstufe davon profitieren könne. Würden Tiere aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt und in Österreich geschlachtet, werde zwar kein AMA-Beitrag erhoben, der Absatz der Produkte werde jedoch durch die für die Zeichen veranstalteten Werbekampagnen behindert.

31      Unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2003, van Calster u. a. (C‑261/01 und C‑262/01, Slg. 2003, I‑12249), machen die Kläger geltend, dass die Kommission bei der Prüfung der Beihilfen auch die Finanzierungsweise berücksichtigen müsse, wenn diese, wie hier, integraler Bestandteil der Maßnahmen sei. Sie betonen insoweit, dass sie zur Finanzierung der Beihilfen beitrügen.

32      Darüber hinaus könne die Kommission nach dem Urteil van Calster u. a. (siehe oben, Randnr. 31) die Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nicht rückwirkend heilen. Da die angefochtene Entscheidung aber Maßnahmen betreffe, die nach dem 26. September 2002 ergriffen worden seien, hätten die Kläger möglicherweise rückwirkend bis zu diesem Stichtag Beiträge zu zahlen.

33      Schließlich wenden sich die Kläger gegen das Argument, sie hätten mit ihrer Beschwerde ihr Recht auf Stellungnahme konsumiert.

 Würdigung durch das Gericht

34      Nach Art. 230 Abs. 4 EG kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

35      Im vorliegenden Fall ist die angefochtene Entscheidung an die Republik Österreich und nicht an die Kläger gerichtet. Es ist daher zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung die Kläger unmittelbar und individuell betrifft.

36      Erstens ist ein Einzelner nur dann unmittelbar betroffen, wenn die beanstandete Maßnahme der Gemeinschaft sich auf seine Rechtsstellung unmittelbar auswirkt und ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihr Erlass vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Gemeinschaftsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandt werden. Für eine Entscheidung, mit der Beihilfen genehmigt werden, gilt das Gleiche, wenn die Möglichkeit, dass die nationalen Behörden die mit der streitigen Entscheidung der Kommission genehmigten Beihilfen versagen, nur rein theoretisch besteht, weil die Absicht der genannten Behörden, im Sinne der Entscheidung tätig zu werden, keinem Zweifel unterliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, Dreyfus/Kommission, C‑386/96 P, Slg. 1998, I‑2309, Randnrn. 43 und 44, und Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T‑289/03, Slg. 2008, II‑81, Randnr. 81).

37      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass die Republik Österreich die fraglichen Beihilfen zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung am 30. Juni 2004 bereits durchgeführt hatte. In diesem Zusammenhang haben die Kläger Ausdrucke der Internetseiten der AMA und eines Einzelhändlers vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass die AMA-Zeichen bereits vor Erlass der angefochtenen Entscheidung vergeben wurden. Sie haben auch die von AMA an Grandits gerichtete Zahlungsaufforderung für die Beiträge für den Zeitraum Mai 2002 bis April 2003 vorgelegt, die zumindest teilweise den Zeitraum der Geltung der von der angefochtenen Entscheidung erfassten Maßnahmen abdeckt.

38      Die Möglichkeit, dass die österreichischen Behörden entscheiden, die fraglichen Beihilfen nicht zu gewähren, erscheint daher rein theoretisch.

39      Daraus folgt, dass die Kläger von der angefochtenen Entscheidung im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar betroffen sind.

40      Zweitens ist hinsichtlich der individuellen Betroffenheit der Kläger daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung eine andere Person als der Adressat einer Entscheidung nur dann geltend machen kann, individuell betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten einer derartigen Entscheidung (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 213, 238, und vom 13. Dezember 2005, Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, C‑78/03 P, Slg. 2005, I‑10737, Randnr. 33).

41      Im Rahmen des in Art. 88 EG vorgesehenen Verfahrens zur Prüfung der staatlichen Beihilfen ist zwischen der Vorprüfungsphase nach Art. 88 Abs. 3 EG, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu ermöglichen, und der in Art. 88 Abs. 2 EG geregelten Prüfungsphase zu unterscheiden. Nur in dieser zweiten Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falles zu verschaffen, sieht der EG-Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Urteile des Gerichtshofs vom 19. Mai 1993, Cook/Kommission, C‑198/91, Slg. 1993, I‑2487, Randnr. 22, vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, Slg. 1993, I‑3203, Randnr. 16, und Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 34).

42      Stellt die Kommission, ohne das förmliche Prüfungsverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten, durch eine Entscheidung aufgrund von Art. 88 Abs. 3 EG fest, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, können die Personen, denen diese Verfahrensgarantien zugutekommen, deren Beachtung daher nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung vor dem Gemeinschaftsrichter anzufechten (Urteile Cook/Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 23, Matra/Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 17, und Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 35). Deshalb ist eine Klage auf Nichtigerklärung einer solchen Entscheidung, die von einem Beteiligten im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG erhoben wird, zulässig, wenn der Kläger mit der Erhebung der Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen (Urteil Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 35; vgl. in diesem Sinne auch Urteile Cook/Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnrn. 23 bis 26, und Matra/Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnrn. 17 bis 20).

43      Beteiligte im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG, die somit gemäß Art. 230 Abs. 4 EG Nichtigkeitsklage erheben können, sind die durch die Gewährung einer Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, d. h. insbesondere die mit dem Beihilfeempfänger konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände (Urteile des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 41, und Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 36).

44      Stellt der Kläger dagegen die Begründetheit der Entscheidung selbst, mit der die Beihilfe beurteilt wird, in Frage, ist die Klage nicht schon deshalb zulässig, weil er als Beteiligter im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG betrachtet werden kann. Er muss dann dartun, dass ihm eine besondere Stellung im Sinne der Rechtsprechung zukommt, die mit dem oben in Randnr. 40 angeführten Urteil Plaumann begründet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Marktstellung des Klägers durch die Beihilfe, die Gegenstand der betreffenden Entscheidung ist, spürbar beeinträchtigt wird (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Januar 1986, Cofaz u. a./Kommission, 169/84, Slg. 1986, 391, Randnrn. 22 bis 25, und Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum/Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 37).

45      Der Umstand schließlich, dass eine streitige Vorschrift ihrer Natur und ihrer Tragweite nach eine generelle Norm ist, die für sämtliche betroffene Wirtschaftsteilnehmer gilt, schließt es nicht aus, dass sie einige von ihnen individuell betrifft (Urteile des Gerichtshofs vom 18. Mai 1994, Codorníu/Rat, C‑309/89, Slg. 1994, I‑1853, Randnr. 19, und vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 32).

46      Im vorliegenden Fall machen die Kläger drei Klagegründe geltend.

47      Der erste Klagegrund betrifft die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er gliedert sich in vier Teile, mit denen erstens die nicht erfolgte Anmeldung der fraglichen Beihilfen bei der Kommission, zweitens ein Verstoß gegen die Verfahrensgarantien des Art. 88 Abs. 2 EG, drittens eine Verletzung der Begründungspflicht und viertens ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer gerügt wird. Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes tragen die Kläger ausdrücklich vor, dass die Kommission wegen der Bedenken, die hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt bestünden, das förmliche Prüfverfahren des Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 88 EG (ABl. L 83, S. 1) hätte einleiten müssen.

48      Der zweite Klagegrund betrifft einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG. Die Kläger machen insbesondere geltend, dass eine Qualitätsgarantie, wie die für die Führung der AMA-Zeichen vorgesehene, nicht den Begriff „Entwicklung“ im Sinne dieser Bestimmung betreffe.

49      Im Rahmen ihres dritten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass die Kommission die „Stillhalteklausel“ in Art. 88 Abs. 3 EG und Art. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 missachtet habe.

50      Da die Kläger damit zugleich die Weigerung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, und die Begründetheit der Entscheidung, mit der die Beihilfe beurteilt wurde, als solche in Frage stellen, ist erstens ihre Klagebefugnis im Hinblick auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte und zweitens ihre Klagebefugnis im Hinblick auf das Bestreiten der Begründetheit der angefochtenen Entscheidung zu prüfen, um festzustellen, ob sie hinsichtlich der vorliegenden Klage klagebefugt sind.

51      Was erstens die Klagebefugnis der Kläger im Hinblick auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte angeht, ist zunächst festzustellen, dass die AMA-Zeichen nach dem 14. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung nur Erzeugnissen verliehen werden, die bestimmte Qualitätskriterien in Bezug auf die Produktionsmethoden, die Produktmerkmale und, in bestimmten Fällen, die Anforderungen im Hinblick auf die geografische Herkunft erfüllen. Nach dem 27. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung begünstigen die Beihilfen bestimmte Unternehmen im Sektor der Erzeugung, Be- und Verarbeitung sowie Vermarktung von Agrarprodukten in Österreich.

52      Bei Fleisch besteht, wie die Kläger hervorheben, eine für die AMA-Zeichen spezifische Produktions- und Verteilungskette von der Geburt und Aufzucht der Tiere bis zum Verkauf im Einzelhandel, in deren Rahmen auf allen Stufen genaue Vorgaben hinsichtlich der Qualität und der Kontrollen, mit denen diese garantiert werden soll, eingehalten werden müssen, und zwar mit dem Ziel, den Absatz qualitativ hochwertiger Erzeugnisse zu steigern.

53      Daher kommen die fraglichen Beihilfen nicht nur den Einzelhändlern zugute. Sie umfassen auch alle Unternehmen, die Teil der für die AMA-Zeichen spezifischen Produktions- und Verteilungskette sind. Die Kläger als im Bereich der Schlachtung und Zerlegung von Tieren tätige Unternehmen sind Wettbewerber der Schlacht- und Zerlegungsbetriebe, die AMA-Zeichen führen. Sie sind auch auf demselben geografischen Markt, d. h. in Österreich, tätig, wie sie in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts ausgeführt haben.

54      Darüber hinaus kann der Umstand, dass die Kläger im vorliegenden Fall mit der Einlegung ihrer Beschwerde gegen die fraglichen Beihilfen die Möglichkeit hatten, ihre Argumente bereits im Vorprüfungsverfahren nach Art. 88 Abs. 3 EG geltend zu machen, ihnen nicht das Recht auf Beachtung der Verfahrensgarantien nehmen, die ihnen ausdrücklich durch Art. 88 Abs. 2 EG gewährt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil BUPA u. a./Kommission, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 76).

55      Daraus folgt, dass die Klägerinnen insoweit klagebefugt sind, als sie ihre aus Art. 88 Abs. 2 EG abgeleiteten Verfahrensrechte durchsetzen wollen.

56      Der zweite Teil des ersten Klagegrundes, mit dem eine Verletzung der Verfahrensgarantien des Art. 88 Abs. 2 EG gerügt wird, ist daher zulässig.

57      Was zweitens die Klagebefugnis der Klägerinnen im Hinblick auf das Bestreiten der Begründetheit der angefochtenen Entscheidung betrifft, ist daran zu erinnern, dass eine spürbare Beeinträchtigung nicht schon in dem bloßen Umstand liegt, dass die fragliche Entscheidung geeignet ist, die auf dem betreffenden Markt bestehenden Wettbewerbsverhältnisse zu beeinflussen, und dass die betroffenen Unternehmen in irgendeiner Wettbewerbsbeziehung zum Begünstigten dieser Entscheidung stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 10. Dezember 1969, Eridania u. a./Kommission, 10/68 und 18/68, Slg. 1969, 459, Randnr. 7, und British Aggregates/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 47). Es reicht also nicht aus, wenn sich ein Unternehmen lediglich auf seine Eigenschaft als Mitbewerber des begünstigten Unternehmens beruft, sondern es muss darüber hinaus darlegen, dass tatsächliche Umstände vorliegen, die es in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten einer Entscheidung (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 23. Mai 2000, Comité d’entreprise de la Société française de production u. a./Kommission, C‑106/98 P, Slg. 2000, I‑3659, Randnr. 41, und British Aggregates/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 48).

58      Es ist jedoch festzustellen, dass die Kläger in ihren Schriftsätzen kein rechtliches oder tatsächliches Argument zum Beleg ihrer besonderen Wettbewerbslage auf dem fraglichen Markt vortragen.

59      Ferner weisen die Kläger in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts zur spürbaren Beeinträchtigung ihrer Stellung lediglich auf „erhebliche Überkapazitäten“ auf dem Tierschlachtungs- und ‑zerlegungsmarkt hin, ohne dies näher zu erläutern, und betonen, dass die fraglichen Beihilfen spürbare Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel und den Wettbewerb hätten.

60      Die Kläger haben demnach nicht nachgewiesen, dass ihre Stellung auf dem Markt durch die Beihilfen, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, spürbar beeinträchtigt wird.

61      Folglich sind der erste Klagegrund in seinem ersten und seinem vierten Teil sowie der dritte Klagegrund zurückzuweisen, soweit sie nicht die Wahrung der Verfahrensrechte betreffen, die die Kläger aus Art. 88 Abs. 2 EG ableiten.

62      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Gericht das Vorbringen eines Klägers anhand seines Inhalts und nicht anhand seiner rechtlichen Einordnung auszulegen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 1961, Fives Lille Cail u. a./Hohe Behörde, 19/60, 21/60, 2/61 und 3/61, Slg. 1961, 613, 644). Somit kann es anderweitiges Vorbringen eines Klägers darauf untersuchen, ob es auch Gesichtspunkte zur Stützung eines Klagegrundes enthält, mit dem der Kläger ausdrücklich das Vorliegen von Bedenken geltend macht, die die Eröffnung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG gerechtfertigt hätten (Urteil des Gerichts vom 20. September 2007, Fachvereinigung Mineralfaserindustrie/Kommission, T‑254/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 48; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004, Thermenhotel Stoiser Franz u. a./Kommission, T‑158/99, Slg. 2004, II‑1, Randnrn. 141, 148, 155, 161 und 167).

63      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Klageschrift, dass der erste Klagegrund in seinem dritten Teil und der zweite Klagegrund Gesichtspunkte enthalten, die den zweiten Teil des ersten Klagegrundes insoweit stützen, als die Kläger dort ernsthafte Schwierigkeiten anführen, die die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens gerechtfertigt hätten. Die Kläger wollen nämlich mit dem zweiten Klagegrund auch geltend machen, dass die Verfahrensrechte, die sie aus Art. 88 Abs. 2 EG ableiten, durch den Erlass der angefochtenen Entscheidung verletzt worden seien. Auch der dritte Teil des ersten Klagegrundes, mit dem ein Begründungsmangel geltend gemacht wird, stützt den ersten Klagegrund in seinem zweiten Teil insoweit, als die Beteiligten bei einer unzureichenden Begründung nicht in der Lage sind, die Gründe für die Schlussfolgerung der Kommission zum Fehlen ernsthafter Schwierigkeiten zu kennen, und der Richter seine Kontrollaufgabe nicht wahrzunehmen kann.

64      Folglich sind der erste Klagegrund in seinem dritten Teil und der zweite Klagegrund, soweit sie die Wahrung der Verfahrensrechte betreffen, die die Kläger aus Art. 88 Abs. 2 EG ableiten, für zulässig zu erklären.

 Zur Begründetheit

 Vorbringen der Parteien

65      Die Kläger tragen vor, dass die Kommission nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 verpflichtet gewesen sei, das förmliche Verfahren zur Prüfung der fraglichen Beihilfen einzuleiten, weil Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt bestanden hätten. Sie berufen sich auf verschiedene Unterlagen, insbesondere Ausdrucke von Internetseiten der AMA und eines Einzelhändlers, die bewiesen, dass Erzeugnisse mit den AMA-Zeichen österreichischen Ursprungs sein müssten. Sie beziehen sich auch auf ein Schreiben der Kommission vom 19. Juni 2000, in dem die Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt, insbesondere mit Art. 28 EG, dargelegt worden seien. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage hätte die Kommission die Entscheidung treffen müssen, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten.

66      In ihrer Erwiderung führen die Kläger aus, dass § 21a des AMA-Gesetzes 1992 es ausschließe, für nichtösterreichische Erzeugnisse das AMA-Gütesiegel zu vergeben oder Marketingaktivitäten zu entfalten. Auch im Gesellschaftsvertrag der AMA Marketing sei angegeben, dass diese inländische land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse betreffe. Das AMA-Gesetz 1992 und der Gesellschaftsvertrag der AMA Marketing seien daher mit Art. 28 EG unvereinbar. Insoweit genüge es nicht, in die Richtlinien der AMA eine „Öffnungsklausel“ für ausländische Erzeugnisse aufzunehmen. Außerdem komme es nicht auf die Bestimmungen dieser Richtlinien, sondern auf die tatsächlich durchgeführten Maßnahmen an.

67      Die Kommission entgegnet darauf, dass alle Unterlagen, auf die sich die Kläger beriefen, aus der Zeit vor dem 26. September 2002 stammten. Nach der angefochtenen Entscheidung seien die von der AMA und der AMA Marketing vor dem 26. September 2002 getroffenen Maßnahmen ausdrücklich von der Prüfung ausgeschlossen. Ferner beruft sich die Kommission hinsichtlich der nach dem 26. September 2002 in Kraft getretenen Maßnahmen auf verschiedene AMA-Richtlinien vom Januar 2001, September 2002 und Februar 2003, die zeigten, dass die Vorwürfe der Kläger unbegründet seien. Die Kommission sei daher nicht verpflichtet gewesen, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten.

68      In ihrer Gegenerwiderung hebt die Kommission hervor, es treffe nicht zu, dass die Zeichen mit oder ohne Ursprungsangabe, wie die AMA-Richtlinien zeigten, österreichischen Betrieben und österreichischen Produkten vorbehalten seien. Die Kläger könnten keinen einzigen Fall vorweisen, in dem der Antrag eines nichtösterreichischen Antragstellers auf ein AMA-Gütesiegel unter Berufung auf den Gesellschaftsvertrag der AMA Marketing abgelehnt worden wäre.

–       Würdigung durch das Gericht

69      Vorab ist daran zu erinnern, dass die Kommission verpflichtet ist, das förmliche Prüfverfahren insbesondere dann zu eröffnen, wenn sie sich in Anbetracht der im Vorprüfungsverfahren erhaltenen Auskünfte bei der Beurteilung der betreffenden Maßnahme weiterhin ernsthaften Schwierigkeiten gegenübersieht. Diese Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus Art. 88 Abs. 3 EG in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung und findet, wenn die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung feststellt, dass die rechtswidrige Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit gibt, Bestätigung in Art. 4 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 (vgl. in diesem Sinne Urteil BUPA u. a./Kommission, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 328).

70      Nach ständiger Rechtsprechung ist das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG nämlich unerlässlich, wenn die Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt auf ernsthafte Schwierigkeiten stößt. Die Kommission darf sich also für den Erlass einer positiven Entscheidung über eine staatliche Maßnahme nur dann auf die Vorprüfungsphase des Art. 88 Abs. 3 EG beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnen kann, dass diese Maßnahme entweder keine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG darstellt oder, falls sie als Beihilfe eingestuft wird, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Gelangt die Kommission dagegen aufgrund dieser ersten Prüfung zur gegenteiligen Überzeugung oder hat sie damit nicht alle Schwierigkeiten ausräumen können, die sich bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt ergeben haben, ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten (Urteile Matra/Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 33; Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 39, und BUPA u. a./Kommission, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 329).

71      Die Kommission hat also nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Falles zu beurteilen, ob die Schwierigkeiten, auf die sie bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt gestoßen ist, die Eröffnung dieses Verfahrens erforderlich machen (Urteil Cook/Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 30). Diese Beurteilung muss drei Anforderungen genügen.

72      Erstens beschränkt Art. 88 EG die Befugnis der Kommission zur Entscheidung über die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt am Ende des Vorprüfungsverfahrens auf die Maßnahmen, die keine ernsthaften Schwierigkeiten aufwerfen, womit dies das ausschließliche Kriterium darstellt. Die Kommission darf also die Eröffnung des förmlichen Prüfungsverfahrens nicht wegen anderer Umstände wie Interessen Dritter oder Erwägungen der Verfahrensökonomie oder der administrativen Zweckmäßigkeit ablehnen (Urteil des Gerichts vom 15. März 2001, Prayon-Rupel/Kommission, T‑73/98, Slg. 2001, II‑867, Randnr. 44).

73      Zweitens ist die Kommission, wenn sie ernsthaften Schwierigkeiten begegnet, zur Eröffnung des förmlichen Verfahrens verpflichtet und verfügt insoweit über keinerlei Ermessen. Auch wenn sie in ihrer Entscheidung über die Verfahrenseröffnung gebunden ist, hat sie dennoch einen gewissen Spielraum bei der Ermittlung und Prüfung der Umstände des Einzelfalls, um festzustellen, ob diese ernsthafte Schwierigkeiten begründen. Nach dem Zweck des Art. 88 Abs. 3 EG und ihrer Pflicht zu ordnungsmäßiger Verwaltung kann die Kommission insbesondere einen Dialog mit dem anmeldenden Staat oder Dritten führen, um sich etwa ergebende Schwierigkeiten im Verlauf des Vorverfahrens zu überwinden (Urteil Prayon-Rupel/Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 45).

74      Drittens ist der Begriff der ernsthaften Schwierigkeiten objektiv. Ob solche Schwierigkeiten vorliegen, ist anhand der Umstände des Erlasses des angefochtenen Rechtsakts sowie seines Inhalts in objektiver Weise zu beurteilen, wobei die Gründe der Entscheidung zu den Angaben in Beziehung zu setzen sind, über die die Kommission verfügte, als sie sich zur Vereinbarkeit der streitigen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt äußerte (vgl. Urteil Prayon-Rupel/Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien, weil sie mit dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor und den Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung in Einklang stünden.

76      Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung für Erzeugnisse, die bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen, vorsehen:

„49. Nationale Qualitätskontrollprogramme sollten allein davon abhängen, dass dem Erzeugnis selbst objektive Eigenschaften innewohnen, die diesem die erforderliche Qualität verleihen oder die sich auf den Erzeugungsprozess beziehen, und nicht vom Ursprung der Produkte oder ihrem Anbauort. Unabhängig davon, ob solche Programme vorgeschrieben oder freiwillig sind, hat der Zugang hierzu allen in der Gemeinschaft hergestellten Erzeugnissen unabhängig von ihrem Ursprung offen zu stehen, sofern sie die vorgegebenen Bedingungen erfüllen. …

50. Gilt das Qualitätskontrollprogramm nur für Erzeugnisse eines bestimmten Ursprungs …, so steht dieses an sich schon im Widerspruch zum Vertrag, und es liegt auf der Hand, dass die Kommission Beihilfen zugunsten der Werbung für solche Programme nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ansehen kann.

…“

77      Aus diesen Gemeinschaftsleitlinien, und zwar ihrer Nr. 46, geht hervor, dass unter „Ursprung“ der Erzeugnisse der „nationale, regionale oder lokale Ursprung“ zu verstehen ist.

78      Sodann hat die Kommission im 52. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Beihilfen im vorliegenden Fall die Voraussetzung erfüllten, dass eine nationale Qualitätskontrollregelung nicht auf Erzeugnisse eines bestimmten Ursprungs beschränkt sein dürfe. Sie hat nämlich festgestellt:

„Die Verwendung des Gütesiegels steht allen in der Gemeinschaft angebauten bzw. hergestellten Erzeugnissen, die die mit der Zeichennutzung verbundenen Qualitätsanforderungen erfüllen, offen. Die besonderen Anforderungen für die sich für das Gütesiegel qualifizierenden Erzeugnisse betreffen entweder die Produktqualität oder scheinen darauf beschränkt zu sein, die Nachvollziehbarkeit der angeführten geografischen Herkunft des Erzeugnisses zu gewährleisten. Die besonderen Anforderungen können auf jeden Fall unabhängig von der geografischen Herkunft des Erzeugnisses erfüllt werden. Vergleichbare Kontrollen, die in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden, werden anerkannt.“

79      In diesem Sinne hat die Kommission im 66. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die von den Klägern in ihrer Beschwerde vorgetragenen Argumente, wonach die AMA-Zeichen ausschließlich österreichischen Erzeugern zur Verfügung stünden, mit folgenden Worten zurückgewiesen:

„…[D]ie das Biozeichen und das Güteziegel betreffenden angemeldeten Maßnahmen, angewandt ab dem 26.9.2002, [sind] nicht auf österreichische Erzeugnisse beschränkt … und … der Ursprung der Erzeugnisse [ist] weder auf dem Biozeichen/Gütesiegel noch in der einschlägigen Werbung als die Hauptwerbebotschaft enthalten …“

80      Ferner ergibt sich aus dem 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass sich die Kommission auf die Maßnahmen der AMA und der AMA Marketing gestützt hat, wie sie nach dem 26. September 2002 galten. Die Kommission führt in ihrer Klagebeantwortung insoweit drei AMA-Richtlinien vom Januar 2001, September 2002 und Februar 2003 an.

81      In ihrer Klageschrift tragen die Kläger vor, dass die Erzeugnisse mit den AMA-Zeichen ausschließlich österreichischen Ursprungs sein müssten. Hierfür legen sie insbesondere eine – von der Kommission nicht bestrittene – Fassung des AMA-Gesetzes 1992 vor, die in § 21a zum Beitragszweck vorsieht:

„Der Agrarmarketingbeitrag … wird für folgende Zwecke erhoben:

1.       zur Förderung und Sicherung des Absatzes von inländischen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen und daraus hergestellten Erzeugnissen;

2.       zur Erschließung und Pflege von Märkten für diese Erzeugnisse im In- und Ausland;

3.       zur Verbesserung des Vertriebs dieser Erzeugnisse;

4.       zur Förderung von allgemeinen Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung und ‑sicherung bezüglich dieser Erzeugnisse (insbesondere der entsprechenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse);

5.       zur Förderung sonstiger Marketingmaßnahmen (insbesondere damit zusammenhängender Serviceleistungen und Personalkosten).“

82      In Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts hat die Kommission zum einen angegeben, dass die österreichischen Behörden in den Verhandlungen mit ihr zugesagt hätten, für eine nachträgliche Anpassung des AMA-Gesetzes 1992 zu sorgen, und zum anderen, dass § 21a durch ein Bundesgesetz von 2007 (BGBl. 55/2007) mit Wirkung vom 1. Juli 2007 geändert worden sei. Seit diesem Zeitpunkt enthalte § 21a Z 1 des AMA-Gesetzes 1992 nicht mehr das Wort „inländischen“.

83      Die Kommission hebt zwar auch hervor, dass § 21a Z 5 des AMA-Gesetzes 1992 bereits in seiner ursprünglichen Fassung als einen der Beitragszwecke auch die „Förderung sonstiger Marketingmaßnahmen“ nenne, ohne dass eine Beschränkung auf inländische Erzeugnisse vorgesehen sei.

84      Doch ergibt sich aus der Antwort der Kommission, dass sich die wesentlichen Bestimmungen des § 21a des AMA-Gesetzes 1992 zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt prüfte, nur auf inländische Erzeugnisse bezogen.

85      Folglich entsprach diese Vorschrift nicht der in den Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung aufgestellten Voraussetzung, dass eine nationale Qualitätskontrollregelung nicht auf Erzeugnisse eines bestimmten Ursprungs beschränkt sein darf. Aus der schriftlichen Antwort der Kommission ergibt sich auch, dass ihr dies aufgrund ihrer Verhandlungen mit den österreichischen Behörden über diese Frage bekannt war.

86      Wenn die AMA-Richtlinien auch keine Bedingung bezüglich des Ursprungs der Erzeugnisse vorsahen, gab die Beschränkung auf inländische Erzeugnisse in § 21a Z 1 des AMA-Gesetzes 1992 doch Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit den Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung. Folglich hätte die Kommission Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 anwenden müssen.

87      Es ist daher festzustellen, dass die Beurteilung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt ernsthafte Schwierigkeiten aufwarf, die die Kommission hätten veranlassen müssen, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen.

88      Die angefochtene Entscheidung ist daher für nichtig zu erklären, ohne dass der dritte Teil des ersten Klagegrundes und der zweite Klagegrund zu prüfen sind.

 Kosten

89      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr ihre eigenen Kosten und die der Kläger aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung C(2004) 2037 fin der Kommission vom 30. Juni 2004 über die staatliche Beihilfe NN 34A/2000 betreffend Qualitätsprogramme und Qualitätszeichen „AMA-Biozeichen“ und „AMA-Gütesiegel“ in Österreich wird für nichtig erklärt.

2.      Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Scheucher-Fleisch GmbH, der Tauernfleisch Vertriebs GmbH, der Wech-Kärntner Truthahnverarbeitung GmbH, der Wech-Geflügel GmbH und von Johann Zsifkovics.

Meij

Vadapalas

Truchot

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. November 2009.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.