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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 24. Juni 2021(1)

Rechtssache C271/20

Aurubis AG

gegen

Bundesrepublik Deutschland

(Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Berlin [Deutschland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten – Übergangsregelung zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten – Beschluss 2011/278/EU – Art. 3 Buchst. d – Begriff ‚Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark‘ – Outukumpu-Verfahren – Autothermale Reaktion – Antrag auf Zuteilung, dem nicht vor Ablauf einer Handelsperiode stattgegeben wurde“






I.      Einleitung

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Berlin (Deutschland) betrifft im Wesentlichen die Auslegung des Begriffs „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ im Sinne von Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278/EU der Kommission vom 27. April 2011 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Artikel 10a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. 2003, L 275, S. 32)](2).

2.        Der „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ gehört zu den Kategorien von Industrieanlagen, denen im Sinne der Richtlinie 2003/87 kostenlose Emissionszertifikate zugeteilt werden können. Mit dieser Richtlinie wird ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten für die in der Europäischen Union tätigen Unternehmen geschaffen.

3.        Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Aurubis AG (im Folgenden: Aurubis) und der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Umweltbundesamt, Deutsche Emissionshandelsstelle (im Folgenden: DEHSt), in dem es um die Menge der Aurubis kostenlos zugeteilten Emissionszertifikate für die Tätigkeit der Herstellung von Primärkupfer geht.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

1.      Richtlinie 2003/87

4.        Die Richtlinie 2003/87 wurde mehrfach geändert, u. a. durch die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten(3) und durch die Richtlinie (EU) 2018/410 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Unterstützung kosteneffizienter Emissionsreduktionen und zur Förderung von Investitionen mit geringem CO2-Ausstoß und des Beschlusses (EU) 2015/1814(4). Angesichts des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens ist für die Beantwortung der ersten Frage meines Erachtens die im Jahr 2012 geltende Fassung maßgeblich, die daher herangezogen wird, sofern nichts anderes angegeben ist.

5.        Art. 1 („Gegenstand“) der Richtlinie 2003/87 bestimmt:

„Mit dieser Richtlinie wird ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der [Union] … geschaffen, um auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hinzuwirken.

…“

6.        Art. 2 („Geltungsbereich“) Abs. 1 der Richtlinie 2003/87 sieht vor:

„Diese Richtlinie gilt für die Emissionen aus den in Anhang I aufgeführten Tätigkeiten und die Emissionen der in Anhang II aufgeführten Treibhausgase.“

7.        Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2003/87 bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

b)      ‚Emissionen‘ die Freisetzung von Treibhausgasen in die Atmosphäre aus Quellen in einer Anlage; …

e)      ‚Anlage‘ eine ortsfeste technische Einheit, in der eine oder mehrere der in Anhang I genannten Tätigkeiten sowie andere unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten durchgeführt werden, die mit den an diesem Standort durchgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können;

t)      ‚Verbrennung‘ die Oxidierung von Brennstoffen ungeachtet der Art und Weise, auf welche die Wärme, der Strom oder die mechanische Arbeit, die in diesem Verfahren erzeugt werden, genutzt wird sowie alle sonstigen unmittelbar damit zusammenhängenden Tätigkeiten einschließlich der Abgasreinigung;

…“

8.        Art. 10a („[Unions]weite Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung“) Abs. 1 der Richtlinie 2003/87 bestimmt:

„Die Kommission erlässt bis zum 31. Dezember 2010 gemeinschaftsweite und vollständig harmonisierte Durchführungsmaßnahmen für die Zuteilung der in den Absätzen 4, 5, 7 und 12 genannten Zertifikate einschließlich etwa erforderlicher Vorschriften für eine einheitliche Anwendung von Absatz 19.

Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Richtlinie durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 23 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

Die Maßnahmen gemäß Unterabsatz 1 legen so weit wie möglich die gemeinschaftsweiten Ex-ante-Benchmarks fest, um sicherzustellen, dass durch die Art der Zuteilung Anreize für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen und für energieeffiziente Techniken geschaffen werden, indem sie den effizientesten Techniken, Ersatzstoffen, alternativen Herstellungsprozessen, der hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung, der effizienten energetischen Verwertung von Restgasen, der Verwendung von Biomasse sowie der Abscheidung und Speicherung von CO2, sofern entsprechende Anlagen zur Verfügung stehen, Rechnung tragen, und sie keine Anreize für eine Erhöhung der Emissionen bieten. Für die Stromerzeugung erfolgt keine kostenlose Zuteilung, mit Ausnahme der unter Artikel 10c fallenden Fälle und des aus Restgasen erzeugten Stroms.

In jedem Sektor bzw. Teilsektor wird der Benchmark grundsätzlich für die Produkte und nicht für die Einsatzstoffe berechnet, um die Treibhausgasemissionsreduktionen und Energieeinsparungen während sämtlicher Produktionsprozesse des betreffenden Sektors bzw. Teilsektors zu maximieren.

…“

2.      Beschluss 2011/278

9.        Die Erwägungsgründe 1, 5, 12 und 18 des Beschlusses 2011/278 lauteten wie folgt:

„(1)      Gemäß Artikel 10a der Richtlinie sind in gemeinschaftsweiten und vollständig harmonisierten Durchführungsmaßnahmen für die Zuteilung kostenloser Emissionszertifikate so weit wie möglich die Ex-ante-Benchmarks festzulegen, um sicherzustellen, dass durch die Art der kostenlosen Zuteilung Anreize für die Reduzierung der Emissionen von Treibhausgasen (THG) und für energieeffiziente Techniken geschaffen werden, indem sie den effizientesten Techniken, Ersatzstoffen, alternativen Herstellungsprozessen, der hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung, der effizienten energetischen Verwertung von Restgasen, der Verwendung von Biomasse sowie der Abscheidung und Speicherung von CO2, sofern entsprechende Anlagen zur Verfügung stehen, Rechnung tragen, und sie keine Anreize für eine Erhöhung der Emissionen bieten. Damit der Markt reibungslos funktionieren kann, müssen die Zuteilungen vor Beginn der Handelsperiode feststehen.

(5)      Nach Auffassung der Kommission ist das Benchmarking eines Produktes möglich, soweit, auch unter Berücksichtigung der Komplexität der Produktionsprozesse, Produktdefinitionen und Produktklassifikationen vorliegen, die eine Überprüfung der Produktionsdaten und eine EU-weit einheitliche Anwendung der Produkt-Benchmark zwecks Zuteilung von Emissionszertifikaten gestatten. Es wird nicht nach geografischen Standorten oder eingesetzten Technologien, Rohmaterialien oder Brennstoffen differenziert, um Verzerrungen von komparativen Vorteilen bezüglich der CO2-Effizienz in der EU-Wirtschaft zu vermeiden und um die Harmonisierung der übergangsweisen kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten zu erleichtern.

(12)      Soweit die Berechnung einer Produkt-Benchmark nicht möglich war, jedoch für die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten in Frage kommende Treibhausgase entstehen, sollten diese Zertifikate nach allgemeinen Fall-Back-Methoden zugeteilt werden. Es wurde eine Hierarchie von drei Fall-Back-Methoden entwickelt, um die THG-Emissionsreduktionen und Energieeinsparungen zumindest für Teile der betreffenden Produktionsprozesse zu maximieren. Die Wärme-Benchmark gilt für Wärmeverbrauchsprozesse, bei denen ein Träger messbarer Wärme eingesetzt wird. Die Brennstoff-Benchmark findet Anwendung, wenn nicht messbare Wärme verbraucht wird. Die Wärme- und Brennstoff-Benchmarkwerte wurden nach den Grundsätzen der Transparenz und Einfachheit und unter Zugrundelegung der Bezugsleistung eines gängigen Brennstoffes berechnet, der unter dem Gesichtspunkt der THG-Effizienz und unter Berücksichtigung der energieeffizienten Techniken als Brennstoff zweiter Wahl angesehen werden kann. Für Prozessemissionen sollten die Emissionszertifikate auf Basis der historischen Emissionen zugeteilt werden. …

(18)      Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und das reibungslose Funktionieren des CO2-Marktes zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass es bei der Festsetzung der Zuteilung an einzelne Anlagen weder zu Doppelzählungen noch zu Doppelzuteilungen kommt. Dies gilt besonders für Fälle, in denen ein unter eine Benchmark fallendes Produkt von mehreren Anlagen hergestellt wird, Fälle, in denen in einer Anlage mehrere unter eine Benchmark fallende Produkte hergestellt werden, oder Fälle, in denen Zwischenprodukte über die Anlagengrenzen hinaus ausgetauscht werden.“

10.      Art. 2 („Geltungsbereich“) dieses Beschlusses sah vor:

„Dieser Beschluss regelt die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten im Sinne von Kapitel III (ortsfeste Anlagen) der Richtlinie 2003/87… in Handelszeiträumen ab 2013 …“

11.      Art. 3 des Beschlusses 2011/278 bestimmte:

„Für die Zwecke dieses Beschlusses gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

b)      ‚Anlagenteil mit Produkt-Benchmark‘: Inputs, Outputs und diesbezügliche Emissionen im Zusammenhang mit der Herstellung eines Produktes, für das in Anhang I eine Benchmark festgesetzt wurde;

c)      ‚Anlagenteil mit Wärme-Benchmark‘: nicht unter einen Anlagenteil mit Produkt-Benchmark fallende Inputs, Outputs und diesbezügliche Emissionen im Zusammenhang mit der Erzeugung und/oder dem Import messbarer Wärme aus einer unter das EHS fallenden Anlage oder anderen Einrichtung, soweit diese Wärme

–        innerhalb der Grenzen der Anlage zur Herstellung von Produkten, zur Erzeugung anderer als zur Stromerzeugung verwendeter mechanischer Energie, zur Heizung oder zur Kühlung, jedoch nicht zur Stromerzeugung, verbraucht

–        oder an eine nicht unter das EHS fallende Anlage oder andere Einrichtung exportiert wird, ausgenommen Exporte für die Stromerzeugung;

d)      ‚Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark‘: nicht unter einen Anlagenteil mit Produkt-Benchmark fallende Inputs, Outputs und diesbezügliche Emissionen im Zusammenhang mit der Erzeugung durch Brennstoffverbrennung von nicht messbarer Wärme, die zur Herstellung von Produkten, zur Erzeugung anderer als zur Stromerzeugung verwendeter mechanischer Energie, zur Heizung oder zur Kühlung, jedoch nicht zur Stromerzeugung, verbraucht wird, einschließlich der Erzeugung von nicht messbarer Wärme durch Sicherheitsabfackelung;

e)      ‚messbare Wärme‘: ein über einen Wärmeträger (wie insbesondere Dampf, Heißluft, Wasser, Öl, Flüssigmetalle und Salze) durch erkennbare Rohre oder Leitungen transportierter Nettowärmefluss, für den ein Wärmezähler installiert wurde bzw. installiert werden könnte;

g)      ‚nicht messbare Wärme‘: jede Wärme mit Ausnahme messbarer Wärme;

h)      ‚Anlagenteil mit Prozessemissionen‘: andere Treibhausgasemissionen als CO2-Emissionen gemäß Anhang I der Richtlinie 2003/87…, die außerhalb der Systemgrenzen einer Produkt-Benchmark gemäß Anhang I auftreten, oder CO2-Emissionen, die außerhalb der Systemgrenzen einer Produkt-Benchmark gemäß Anhang I auftreten, die aus einem der nachstehenden Prozesse resultieren, und Emissionen aus der Verbrennung von unvollständig oxidiertem Kohlenstoff, der im Rahmen der nachstehenden Prozesse zwecks Erzeugung von messbarer Wärme, nicht messbarer Wärme oder Strom erzeugt wird, sofern Emissionen, die bei der Verbrennung einer dem technisch nutzbaren Energiegehalt des verbrannten unvollständig oxidierten Kohlenstoffs entsprechenden Menge Erdgas entstanden wären, abgezogen werden:

i) chemische oder elektrolytische Reduktion von Metallverbindungen in Erzen, Konzentraten und Sekundärstoffen;

ii) Entfernung von Unreinheiten aus Metallen und Metallverbindungen;

iii)      Zersetzung von Karbonaten, ausgenommen Karbonate für die Abgasreinigung;

iv)      chemische Synthesen, bei denen das kohlenstoffhaltige Material die Reaktion mitbestimmt und deren Hauptzweck nicht die Wärmeerzeugung ist;

v)      Verwendung kohlenstoffhaltiger Zusatzstoffe oder Rohstoffe, deren Hauptzweck nicht die Wärmeerzeugung ist;

vi) chemische oder elektrolytische Reduktion von Halbmetalloxiden oder Nichtmetalloxiden wie Siliciumoxiden und Phosphaten;

…“

12.      Art. 10 („Zuteilung an Anlagen“) Abs. 8 des Beschlusses 2011/278 bestimmte:

„Bei der Berechnung der vorläufigen Jahresgesamtmenge der den einzelnen Anlagen kostenlos zuzuteilenden Emissionszertifikate tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass Emissionen nicht doppelt gezählt werden und die Zuteilung nicht negativ ist …“

13.      Der Beschluss 2011/278 wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2021 durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/331 der Kommission vom 19. Dezember 2018 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Artikel 10a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(5) aufgehoben. Nach Art. 27 dieser Delegierten Verordnung ist er jedoch weiterhin auf Zuteilungen in Bezug auf den Zeitraum vor dem 1. Januar 2021 anwendbar.

B.      Deutsches Recht

1.      Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz

14.      § 9 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen (Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz, im Folgenden: TEHG) vom 21. Juli 2011(6) lautet wie folgt:

„(1) Anlagenbetreiber erhalten eine Zuteilung von kostenlosen Berechtigungen nach Maßgabe der Grundsätze des Artikels 10a … der Richtlinie [2003/87] in der jeweils geltenden Fassung und des Beschlusses [2011/278].

…“

15.      Nach Anhang 1 Teil 2 („Tätigkeiten“) Nr. 1 TEHG gehören zu den Anlagen, für deren Emissionen dieses Gesetz gilt, „Verbrennungseinheiten zur Verbrennung von Brennstoffen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von insgesamt 20 MW oder mehr in einer Anlage, soweit nicht von einer der nachfolgenden Nummern erfasst“.

2.      Zuteilungsverordnung 2020

16.      In § 2 Nrn. 27 und 29 der Verordnung über die Zuteilung von Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Handelsperiode 2013 bis 2020 vom 26. September 2011(7) (Zuteilungsverordnung 2020, im Folgenden: ZuV 2020) werden die Begriffe „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ und „Anlagenteil mit Prozessemissionen“ ähnlich definiert wie in Art. 3 Buchst. d und h des Beschlusses 2011/278.

III. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

17.      Aurubis betreibt in Hamburg (Deutschland) eine Anlage, die Primärkupfer herstellt. Da diese Tätigkeit unter die in Anhang I Nr. 6 der Richtlinie 2003/87 genannte Kategorie der Tätigkeiten „Herstellung oder Verarbeitung von Nichteisenmetallen … bei Betrieb von Verbrennungseinheiten mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung … von über 20 MW“ fällt, ist Aurubis emissionshandelspflichtig.

18.      Die Anlage besteht aus zwei Anlagenteilen, Rohhüttenwerk Nord und Rohhüttenwerk Ost (RWO). Der Rechtsstreit im Ausgangsverfahren betrifft nur das Letztere. Der RWO-Anlagenteil ist eine Primärhütte, in der aus Erz durch das Erschmelzen von Kupferkonzentrat im sogenannten Outukumpu-Verfahren („flash smelting“) Primärkupfer gewonnen wird(8). Nach Angaben von Aurubis wurde dieses Verfahren jedoch durch eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeiten verbessert, so dass der Schwebeschmelzofen ohne den Einsatz von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen betrieben werden könne(9).

19.      Auf den Antrag der Klägerin vom 20. Januar 2012 teilte die DEHSt ihr mit Bescheid vom 17. Februar 2014 für die Jahre 2013 bis 2020 insgesamt 2 596 999 kostenlose Emissionsberechtigungen zu.

20.      Die Klägerin legte am 14. März 2014 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2018 hob die DEHSt die Zuteilungsentscheidung teilweise auf, soweit die Zuteilung 1 784 398 Emissionsberechtigungen übersteigt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Kupferkonzentrat im Rahmen eines „Zuteilungselements mit Brennstoff-Emissionswert“ nicht berücksichtigt werden könne, sondern einem „Zuteilungselement mit Prozessemissionen“ zugeordnet werden müsse. Nach Neuberechnung des Zuteilungsanspruchs forderte die DEHSt 523 027 Berechtigungen zurück.

21.      Gegen den Widerspruchsbescheid wendet sich die Klägerin mit der am 30. April 2018 vor dem vorlegenden Gericht erhobenen Klage.

22.      Laut Vorabentscheidungsersuchen hat Aurubis vor dem vorlegenden Gericht vorgetragen, dass das von ihr für das Schwebeschmelzverfahren verwendete Kupferkonzentrat aus Kupfer- und Eisensulfiden (je 30 % Kupfer, Eisen und Schwefel) bestehe. Daneben enthalte das Konzentrat Spuren von Kohlenstoff und anderen Metallen. Zur Gewinnung von Primärkupfer werde dieses Konzentrat erst mit Sand und anderen Materialien vermischt, die gelegentlich Kleinstmengen von Kohlenstoff enthielten. Die so gewonnene Mischung werde in den Schwebeschmelzofen mit einem Gemisch aus Luft und Sauerstoff eingebracht. Durch die chemische Reaktion zwischen dem Sauerstoff und dem im Kupferkonzentrat enthaltenen Schwefel liege die Temperatur im Schwebeschmelzofen über 1 200 °C, was zur Aufschmelzung des Kupferkonzentrats führe. Der Sand werde auch aufgeheizt, und die Roheisenmassen würden auch aufgeschmolzen. Dieser Prozess laufe ohne fossile Energieträger ab.

23.      Dem Vorabentscheidungsersuchen zufolge handelt es sich bei den so gewonnenen Stoffen um Kupferstein (eine Mischung aus Kupfer- und Eisensulfid), Eisensilikat (als Schlacke) und Schwefeldioxid (SO2). Anschließend werde der Kupferstein in einen Konverter gegeben, und dort würden durch Einblasen von Luft/Sauerstoffgemisch die noch verbleibenden Schwefel- und Eisenanteile oxidiert. Auch hierbei entstehe Wärme. Das als Blisterkupfer bezeichnete Produkt dieses Schrittes werde in einen Anodenofen gegeben, und dort würden die verbliebenen Schwefelanteile zu SO2 verbrannt. So werde das Endprodukt, Primärkupfer, gewonnen.

24.      Bei diesem Verfahren würden somit offenbar keine fossilen Brennstoffe verwendet. Im Gegensatz zu anderen Kupferherstellern, die kohlenstoffhaltige Brennstoffe wie Schweröl oder Erdgas einsetzten, stelle der von Auburis entwickelte und angewandte Prozess daher eine Verbesserung im Hinblick auf den Klimaschutz dar. Bei diesem Verfahren entstehe im Allgemeinen SO2 – und kein Kohlendioxid (CO2), – allerdings emittiere der fragliche Schwebeschmelzofen kleine Mengen CO2 in die Atmosphäre aufgrund der im Kupferkonzentrat enthaltenen Kleinstmengen an Kohlenstoff. Das eingesetzte Kupferkonzentrat habe einen Kohlenstoffanteil von ca. 0,7 % (Masseanteil) gehabt. Daher emittiere das RWO 0,026 t CO2 pro Tonne Kupferkonzentrat bzw. durchschnittlich 29 024 t CO2 jährlich.

25.      Aurubis macht geltend, dass die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten nach § 2 Nr. 27 ZuV 2020 und Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 hätte erfolgen müssen, weil es sich für diese Zwecke bei dem im Schwebeschmelzofen verbrennenden Schwefel um einen „Brennstoff“ handele. Die Einordnung eines Einsatzmaterials als Brennstoff setze nicht voraus, dass der Hauptzweck der Verwendung dieses Einsatzmaterials die Wärmegewinnung sei oder dass es sich um einen Standardbrennstoff wie Kohle, Öl oder Erdgas handele. Im Kupferkonzentrat sei die Kupferkomponente der Rohstoff und die Schwefelkomponente der Brennstoff.

26.      Aurubis trägt weiter vor, die Beklagte sei stets von einem hierarchischen Verhältnis der drei sogenannten Fall-back-Methoden ausgegangen. Da die Tatbestandsmerkmale für einen „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ erfüllt seien, komme die Zuteilung auf der Grundlage der Prozessemissionen-Benchmark nicht in Betracht. Außerdem müsse für das Vorliegen der Voraussetzung des „Anlagenteils mit Prozessemissionen“ ein direkter und unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen CO2-Emissionen und dem verwendeten Prozess bestehen. Dies sei bei dem Outokumpu-Verfahren nicht der Fall.

27.      Aus diesen Gründen beantragt Aurubis die Aufhebung des Bescheids vom 3. April 2018 und die Zuteilung von zusätzlichen Emissionszertifikaten für die Jahre 2013 bis 2020.

28.      Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland liegt ein „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ im Sinne von § 2 Nr. 27 ZuV 2020 und Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 nur vor, wenn der Hauptzweck des Einsatzes der maßgeblichen Materialien die Wärmeerzeugung sei. Dies sei bei der RWO-Anlage nicht der Fall, da das Kupferkonzentrat ein Rohstoff sei und der Hauptzweck seiner Verwendung die Herstellung von Primärkupfer sei. Außerdem erfolge bei diesem Prozess keine vollständige Verbrennung des Konzentrats, anders als bei der Berechnung der Brennstoff-Benchmark vorausgesetzt werde. Zudem handele es sich bei Brennstoffen im Sinne der Brennstoff-Benchmark um solche, die durch andere Brennstoffe, insbesondere Erdgas, substituiert werden könnten.

29.      Das vorlegende Gericht weist zunächst darauf hin, dass, wenn man das RWO als „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ ansehen würde, dies darauf hinausliefe, das Kupferkonzentrat – oder den darin enthaltenen Schwefelanteil – als „Brennstoff“ einzustufen.

30.      Der Gerichtshof habe in Rn. 53 des Urteils vom 20. Juni 2019, ExxonMobil Production Deutschland (C‑682/17, EU:C:2019:518), entschieden, dass Art. 3 Buchst. t der Richtlinie 2003/87 den Begriff „Verbrennung“ nicht allein auf die Oxidationsreaktionen reduziere, die selbst ein Treibhausgas erzeugten. Diese Auslegung durch den Gerichtshof sei jedoch nicht notwendigerweise entscheidend für die Auslegung des Anwendungsbereichs des Begriffs „Brennstoff“ in Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278.

31.      Insbesondere sei zu prüfen, ob eine Zuteilung nach der Brennstoff-Benchmark voraussetze, dass der Hauptzweck der Verbrennung die Wärmeerzeugung sei. Die Besonderheit im vorliegenden Fall liege jedoch darin, dass das eingesetzte Kupferkonzentrat sowohl als Rohstoff als auch als Brennstoff diene. Auch die Frage, ob ein Brennstoff im Sinne der im Beschluss 2011/278 aufgeführten Brennstoff-Benchmark die Austauschbarkeit des Brennstoffs voraussetze, sei von der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht geklärt.

32.      Das vorlegende Gericht stellt schließlich fest, dass die dritte Handelsperiode am 31. Dezember 2020 ende. Nach der Rechtsprechung der deutschen Gerichte habe das Ende der ersten und der zweiten Handelsperiode dazu geführt, dass bis zum 30. April des auf das Ende der Handelsperiode folgenden Jahres noch offene Zuteilungsansprüche nicht mehr hätten erfüllt werden können, sondern mangels einer ausdrücklichen Überleitungsvorschrift im nationalen Recht untergegangen seien. Auch in Bezug auf die dritte Handelsperiode gebe es im nationalen Recht keine Überleitungsvorschrift. Die deutschen Behörden hätten eine solche Regelung mit der Begründung abgelehnt, dass die Regeln für die vierte Handelsperiode (2021‑2030) im Unionsrecht abschließend festgelegt worden seien und ein periodenübergreifender Ausgleich von Ansprüchen nur dann zulässig sei, wenn das in diesen Rechtsvorschriften vorgesehen sei.

33.      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts enthält keine der einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts eine Bestimmung über den Ausgleich periodenübergreifender Ansprüche. Außerdem seien keine spezifischen Quotenreserven im Vorgriff auf Gerichtsentscheidungen vorgesehen. Allerdings spreche der Beschluss 2015/1814(10), der vorsehe, dass bestimmte bis zum 31. Dezember 2020 nicht zugeteilte Zertifikate in die „Marktstabilitätsreserve“ eingestellt werden müssten, dafür, dass der Übergang von der dritten zur vierten Handelsperiode nicht zum Untergang von bis zum 31. Dezember 2020 nicht erfüllten Zuteilungsansprüchen führe.

IV.    Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

34.      Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Entscheidung vom 11. Juni 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juni 2020, beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind die Voraussetzungen nach Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 für eine kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten auf Grundlage eines Anlagenteils mit Brennstoff-Benchmark erfüllt, wenn in einer Anlage zur Herstellung von Nichteisenmetallen nach Anhang I der Richtlinie 2003/87 in einem Schwebeschmelzofen zur Herstellung von Primärkupfer ein schwefelhaltiges Kupferkonzentrat eingesetzt wird und die für das Aufschmelzen des im Konzentrat enthaltenen Kupfererzes benötigte nicht messbare Wärme im Wesentlichen durch die Oxidation des im Konzentrat enthaltenen Schwefels erzeugt wird, wodurch das Kupferkonzentrat sowohl als Rohstoffträger als auch als brennbares Material zur Wärmeerzeugung verwendet wird?

2.      Falls die Frage 1 mit „Ja“ beantwortet wird:

Können Ansprüche auf Mehrzuteilung von kostenlosen Emissionsberechtigungen für die dritte Handelsperiode nach dem Ende der dritten Handelsperiode mit Berechtigungen der vierten Handelsperiode erfüllt werden, wenn das Bestehen eines solchen Zuteilungsanspruchs erst nach Ablauf der dritten Handelsperiode gerichtlich festgestellt wird, oder gehen mit dem Ende der dritten Handelsperiode noch nicht erfüllte Zuteilungsansprüche unter?

35.      Aurubis, die Bundesrepublik Deutschland und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Außerdem haben sie in der Sitzung vom 19. Mai 2021 mündliche Ausführungen gemacht.

V.      Würdigung

A.      Zur ersten Frage

36.      Im Rahmen des bei ihm anhängigen Rechtsstreits hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob die Herstellung von Primärkupfer in einem Schwebeschmelzofen nach dem Outokumpu-Verfahren die Kriterien für einen „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ erfüllt. Die erste Frage des vorlegenden Gerichts betrifft folglich die Auslegung von Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278, der diesen Begriff für die Handelsperiode 2013 bis 2020 definiert.

37.      Aufgrund der besonderen Eigenschaften des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Prozesses ergeben sich drei spezifische Probleme bei der Auslegung der in Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 enthaltenen Definition des Begriffs „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“. Erstens handelt es sich bei dem Stoff sowohl um einen Rohstoff als auch um einen Brennstoff. Außerdem ist er ein kohlenstoffarmer Rohstoff, der einer autothermen Reaktion unterliegt. Es existiert also keine externe Wärmequelle, und eine Zuführung von kohlenstoffreichen Brennstoffen findet nicht statt. Zweitens wird der verwendete Brennstoff nur zum Teil verbrannt. Drittens ist die Wärmeerzeugung nicht notwendigerweise der Hauptzweck der Verwendung des fraglichen Materials.

38.      Allerdings bin ich aus den nachstehend dargelegten Gründen nicht der Auffassung, dass die Voraussetzungen nach Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 wegen dieser Besonderheiten nicht erfüllt sind, wenn in einer Anlage zur Herstellung von Nichteisenmetallen in einem Schwebeschmelzofen zur Herstellung von Primärkupfer ein schwefelhaltiges Kupferkonzentrat eingesetzt wird und die für das Aufschmelzen des im Konzentrat enthaltenen Kupfererzes benötigte nicht messbare Wärme im Wesentlichen durch die Oxidation des im selben Konzentrat enthaltenen Schwefels erzeugt wird.

39.      Diese Auslegung basiert auf den herkömmlichen Auslegungsmethoden, die der Gerichtshof im Kontext des Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten anwendet, d. h. auf der Berücksichtigung nicht nur des Wortlauts von Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278, sondern auch der allgemeinen Systematik der Richtlinie 2003/87 und des Beschlusses 2011/278 sowie der mit ihnen verfolgten Ziele(11). Ich werde diese im Folgenden jeweils gesondert behandeln.

1.      Wörtliche und systematische Auslegung

40.      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass zwar der Begriff „Brennstoff“ nicht im Beschluss 2011/278 definiert wird, jedoch der Begriff „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ in Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 definiert wird.

41.      Nach dieser Bestimmung handelt es sich bei einem „Anlagenteil mit Brennstoff-Benchmark“ um „nicht unter einen Anlagenteil mit Produkt-Benchmark fallende Inputs, Outputs und diesbezügliche Emissionen im Zusammenhang mit der Erzeugung durch Brennstoffverbrennung von nicht messbarer Wärme, die zur Herstellung von Produkten … verbraucht wird …“

42.      Aus dieser Definition ergibt sich, dass der Begriff „Verbrennung“ für die Ermittlung der Bedeutung des in Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 enthaltenen Begriffs „Brennstoff“ relevant sein kann. Jedoch ist der Begriff „Verbrennung“ in Art. 3 Buchst. t der Richtlinie 2003/87 definiert als „die Oxidierung von Brennstoffen ungeachtet der Art und Weise, auf welche die Wärme, … die in diesem Verfahren erzeugt [wird], genutzt wird sowie alle sonstigen unmittelbar damit zusammenhängenden Tätigkeiten …“. Außerdem hat der Gerichtshof im Urteil vom 20. Juni 2019, ExxonMobil Production Deutschland (C‑682/17, EU:C:2019:518), klargestellt, dass Art. 3 Buchst. t der Richtlinie 2003/87 den Begriff „Verbrennung“ nicht allein auf die Oxidationsreaktionen, die selbst ein Treibhausgas erzeugen, reduziert(12).

43.      Wie von Generalanwalt Saugmandsgaard Øe in seinen Schlussanträgen in jener Rechtssache dargelegt, bestätigen die maßgebenden Vorarbeiten zur Richtlinie 2009/29 dass dem Begriff „Verbrennung“ mit der Einfügung von Art. 3 Buchst. t in die Richtlinie 2003/87 eine weite Bedeutung gegeben werden sollte, die jede Oxidation von Brennstoffen erfassen sollte, ungeachtet ihres Zwecks(13).

44.      In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die beiden Bestimmungen des einschlägigen Rechtsrahmens, die auf den Begriff „Brennstoff“ Bezug nehmen, den Geltungsbereich dieses Begriffs in keiner Weise einschränken, und zwar weder hinsichtlich seiner Zusammensetzung oder Beschaffenheit, der Menge an Kohlenstoff, die er enthalten sollte, der Art und Weise, in der die Zündung erfolgen sollte, des prozentualen Anteils des in dem Prozess zu verwendenden Brennstoffs noch hinsichtlich des Zwecks der Verwendung des Materials, das den fraglichen Brennstoff enthält. Im Gegensatz zu den Bestimmungen von Art. 3 Buchst. h Ziff. v des Beschlusses 2011/278, der ausdrücklich auf die „Verwendung kohlenstoffhaltiger Zusatzstoffe oder Rohstoffe, deren Hauptzweck nicht die Wärmeerzeugung ist“, Bezug nimmt, verlangt Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 offenbar nur, dass die Inputs, Outputs und diesbezüglichen Emissionen im Zusammenhang mit der Erzeugung durch Brennstoffverbrennung von nicht messbarer Wärme, die zur Herstellung von Produkten verbraucht wird, stehen.

45.      Die mit der Richtlinie 2003/87 und dem Beschluss 2011/278 verfolgten Ziele bestätigen diese Auslegung.

2.      Teleologische Auslegung

46.      Wie der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu entnehmen ist, besteht das Ziel der Richtlinie 2003/87 darin, ein System für den Handel mit Emissionszertifikaten zu schaffen, das auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre auf ein Niveau abzielt, das eine gefährliche anthropogene Beeinträchtigung des Klimas verhindert und letztlich den Schutz der Umwelt bezweckt(14). Es ist aber klar, dass dieses System auf einer wirtschaftlichen Logik beruht, die jeden Teilnehmer dazu veranlasst, eine Treibhausgasmenge zu emittieren, die unter der Menge der ihm ursprünglich zugeteilten Zertifikate liegt, um die überschüssigen Zertifikate an einen anderen Teilnehmer abzugeben, der eine die ihm zugeteilten Zertifikate übersteigende Emissionsmenge erzeugt hat(15).

47.      Mit anderen Worten ist das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten auf Unionsebene ein wirtschaftliches Instrument für den Umweltschutz, das auf dem Verursacherprinzip beruht. Das Ziel dieses Instruments ist es, dass die globale Umweltverschmutzung insgesamt abnimmt. Daraus folgt, dass der Beschluss 2011/278, soweit möglich, so ausgelegt werden sollte, dass das Unternehmen, das Treibhausgasemissionen eingedämmt und reduziert hat, belohnt und nicht bestraft wird.

48.      In diesem Zusammenhang darf der Anreizmechanismus, der dem System des Handels mit Emissionszertifikaten zugrunde liegt, nicht unterschätzt werden. In der Tat besteht eine der Funktionen des Systems darin, dass ein Signal für Investitionen in die wirtschaftlich effiziente Verringerung von CO2-Emissionen sowie der Anstoß für Innovationen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ausgeht und damit ein Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels geleistet wird(16). Dieser Anreizmechanismus ist vom Unionsgesetzgeber eindeutig gewollt, denn nach Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 2003/87 sollen „durch die Art der Zuteilung Anreize für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen und für energieeffiziente Techniken geschaffen werden, indem sie den effizientesten Techniken, Ersatzstoffen, [und] alternativen Herstellungsprozessen … Rechnung tragen“. Im ersten Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/278 wird dieser Aspekt des Systems ausdrücklich betont.

49.      Wie ich jedoch bereits ausgeführt habe, ist es diese dem System zugrunde liegende wirtschaftliche Logik, die jeden Teilnehmer dazu veranlasst, eine Treibhausgasmenge zu emittieren, die unter der Menge der ihm ursprünglich zugeteilten Zertifikate liegt, um die überschüssigen Zertifikate an einen anderen Teilnehmer abzugeben, der eine die ihm zugeteilten Zertifikate übersteigende Emissionsmenge erzeugt hat. Auf diese Weise wird der zweite Teilnehmer seine Emissionen zwar nicht verringern, aber er wird für seine Emissionen zahlen müssen, und vor allem wird das Gesamtziel – da der erste Teilnehmer seine Emissionen verringert haben wird – dank einer Investition erreicht, deren positive Auswirkungen auf die Umwelt auch nach der vollständigen Abschaffung der kostenlosen Zertifikate fortbestehen werden(17). Bis dahin stellt die Beibehaltung von Emissionszertifikaten keine Erlaubnis zur Umweltverschmutzung dar(18), aber ein Gewinn aus der Abgabe von ungenutzten Zertifikaten ist in der Tat Bestandteil des mit dem Emissionshandelssystem geschaffenen Anreizsystems(19).

50.      Vor diesem Hintergrund bin ich der Auffassung, dass angesichts der Ziele der Richtlinie 2003/87 und des Beschlusses 2011/278 eine Auslegung abzulehnen ist, nach der von dem in Art. 3 Buchst. d der Entscheidung 2011/278 verwendeten Begriff „Brennstoff“ ein Konzentrat wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende nur deswegen ausgenommen ist, weil seine Verbrennung nur teilweise erfolgt oder weil der Hauptzweck seiner Verwendung nicht in der Wärmeerzeugung besteht, während erstens der fragliche Prozess unstreitig die Erzeugung nicht messbarer Wärme durch einen Verbrennungsvorgang herbeiführt und vor allem zweitens dieser Prozess eine Innovation darstellt, die eine Reduzierung von Treibhausgasemissionen gewährleistet oder zumindest ein gewisses Potenzial zur Verringerung von CO2-Emissionen aufzuweisen scheint(20).

51.      Dieser Auslegung halten die Kommission und die Bundesrepublik Deutschland entgegen, dass die Gefahr einer Überschneidung und Doppelzählung von Emissionen bestehe, obwohl eine solche Überschneidung durch mehrere Bestimmungen des Beschlusses 2011/278 verboten sei(21). In der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2021 hat der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland betont, dass der Beschluss 2011/278 keine Kriterien enthalte, die bei Fällen mit einer doppelten Verwendung eine Unterscheidung zwischen Brennstoff einerseits und Rohmaterial andererseits möglich machten.

52.      Meines Erachtens besteht eine solche Gefahr jedoch nicht. Tatsächlich habe ich kürzlich in meinen Schlussanträgen vom 3. Juni 2021 in der Rechtssache ExxonMobil (C‑126/20, EU:C:2021:457) dargelegt, warum ich der Ansicht bin, dass es der Systematik von Art. 10a der Richtlinie 2003/87 und des Beschlusses 2011/278 widersprechen würde, das im zwölften Erwägungsgrund dieses Beschlusses ausdrücklich genannte Rangverhältnis zwischen den verschiedenen Benchmarks nicht anzuwenden(22).

53.      In dieser Hinsicht weise ich daher darauf hin, dass der Gerichtshof zwar bereits mehrfach festgestellt hat, dass sich die Definitionen der verschiedenen Anlagenteile mit Benchmark gegenseitig ausschließen(23), er jedoch ebenfalls entschieden hat, dass der Beschluss 2011/278 eine „Hierarchie von drei Fall-Back-Methoden entwickelt [hat], um die Treibhausgasemissionsreduktionen und Energieeinsparungen zumindest für Teile der betreffenden Produktionsprozesse zu maximieren“(24). Daher ist befunden worden, dass „nur dann, wenn die Berechnung einer Produkt-Benchmark nicht möglich ist, aber für die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten in Frage kommende Treibhausgase entstehen, diese Zertifikate anhand von drei anderen, hierarchisch festgelegten sogenannten ‚Fall-Back‘-Methoden zugeteilt werden [sollen]“(25). Bereits die Existenz dieser Hierarchie spricht dagegen, dass die Gefahr einer Doppelzählung besteht.

3.      Ergebnis zur ersten Frage

54.      Folglich sollte meines Erachtens auf der Grundlage einer wörtlichen, systematischen und teleologischen Auslegung von Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278 diese Vorschrift dahin ausgelegt werden, dass die Voraussetzungen für eine kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten auf Grundlage eines „Anlagenteils mit Brennstoff-Benchmark“ erfüllt sind, wenn in einer Anlage zur Herstellung von Nichteisenmetallen nach Anhang I der Richtlinie 2003/87 in einem Schwebeschmelzofen zur Herstellung von Primärkupfer ein schwefelhaltiges Kupferkonzentrat eingesetzt wird und die für das Aufschmelzen des im Konzentrat enthaltenen Kupfererzes benötigte nicht messbare Wärme im Wesentlichen durch die Oxidation des im Konzentrat enthaltenen Schwefels erzeugt wird, wodurch das Kupferkonzentrat sowohl als Rohstoffträger als auch als brennbares Material zur Wärmeerzeugung verwendet wird.

B.      Zur zweiten Frage

55.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Ansprüche auf kostenlose Zertifikate für die dritte Handelsperiode, die von einem Gericht erst nach Ablauf dieser Handelsperiode festgestellt werden, durch kostenlose Zertifikate für die vierte Handelsperiode erfüllt werden können.

56.      Diese Frage entspricht wortwörtlich der fünften Frage in der Rechtssache ExxonMobil (C‑126/20).

57.      Nach meiner Analyse in den Schlussanträgen in jener Rechtssache bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Frage zu bejahen ist. Da hierzu noch kein Urteil des Gerichtshofs ergangen ist, halte ich an dieser Auslegung fest und erlaube mir, im Hinblick auf weitere Ausführungen auf meine früheren Schlussanträge zu verweisen(26).

VI.    Ergebnis

58.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof daher vor, die vom Verwaltungsgericht Berlin (Deutschland) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 3 Buchst. d des Beschlusses 2011/278/EU der Kommission vom 27. April 2011 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Artikel 10a der Richtlinie 2003/87 ist dahin auszulegen, dass die Voraussetzungen für eine kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten auf Grundlage eines „Anlagenteils mit Brennstoff-Benchmark“ erfüllt sind, wenn in einer Anlage zur Herstellung von Nichteisenmetallen nach Anhang I der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates, geändert durch die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009, in einem Schwebeschmelzofen zur Herstellung von Primärkupfer ein schwefelhaltiges Kupferkonzentrat eingesetzt wird und die für das Aufschmelzen des im Konzentrat enthaltenen Kupfererzes benötigte nicht messbare Wärme im Wesentlichen durch die Oxidation des im Konzentrat enthaltenen Schwefels erzeugt wird, wodurch das Kupferkonzentrat sowohl als Rohstoffträger als auch als brennbares Material zur Wärmeerzeugung verwendet wird.

2.      Ansprüche auf Mehrzuteilung kostenloser Emissionsberechtigungen für die dritte Handelsperiode können nach dem Ende der dritten Handelsperiode mit Berechtigungen der vierten Handelsperiode erfüllt werden, wenn das Bestehen eines solchen Zuteilungsanspruchs erst nach Ablauf der dritten Handelsperiode gerichtlich festgestellt wird. Zertifikate für die dritte Handelsperiode gehen mit dem Ende der dritten Handelsperiode nicht unter.


1      Originalsprache: Englisch.


2      ABl. 2011, L 130, S. 1.


3      ABl. 2009, L 140, S. 63.


4      ABl. 2018, L 76, S. 3.


5      ABl. 2019, L 59, S. 8.


6      BGBl. 2011 I S. 1475.


7      BGBl. 2011 I S. 1921.


8      Dieses Verfahren ist nach einer (inzwischen stillgelegten) Kupfermine in Ostfinnland benannt, in der dieses Schmelzverfahren für schwefelhaltige Erze in den späten 1940er Jahren erstmals entwickelt wurde.


9      Siehe Rn. 8 der schriftlichen Erklärungen von Aurubis.


10      Beschluss (EU) 2015/1814 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 2015 über die Einrichtung und Anwendung einer Marktstabilitätsreserve für das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union und zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG (ABl. 2015, L 264, S. 1).


11      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Januar 2018, INEOS (C‑58/17, EU:C:2018:19, Rn. 34 und 35), und vom 3. Dezember 2020, Ingredion Germany (C‑320/19, EU:C:2020:983, Rn. 49 und 50).


12      Rn. 53.


13      Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe in der Rechtssache ExxonMobil Production Deutschland (C‑682/17, EU:C:2019:167, Nr. 44).


14      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Juni 2019, ExxonMobil Production Deutschland (C‑682/17, EU:C:2019:518, Rn. 62), und vom 3. Dezember 2020, Ingredion Germany (C‑320/19, EU:C:2020:983, Rn. 38).


15      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. März 2017, ArcelorMittal Rodange et Schifflange (C‑321/15, EU:C:2017:179, Rn. 22), vom 20. Juni 2019, ExxonMobil Production Deutschland (C‑682/17, EU:C:2019:518, Rn. 63), und vom 3. Dezember 2020, Ingredion Germany (C‑320/19, EU:C:2020:983, Rn. 39).


16      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. April 2018, PPC Power (C‑302/17, EU:C:2018:245, Rn. 27), und vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat (C‑5/16, EU:C:2018:483, Rn. 61).


17      Der Grundsatz, dass die kostenlosen Emissionszertifikate bis 2027 vollständig abgeschafft werden sollen, ist in Art. 10a Abs. 11 der Richtlinie 2003/87 in der im vorliegenden Fall geltenden Fassung verankert. Dieser Grundsatz ist jedoch mit den durch Art. 1 Abs. 14 Buchst. k und Abs. 15 der Richtlinie 2018/410 vorgenommenen Änderungen der Art. 10a und 10b der Richtlinie 2003/87 in Frage gestellt worden.


18      Vgl. in diesem Sinne (implizit) Urteil vom 17. Oktober 2013, Billerud Karlsborg und Billerud Skärblacka (C‑203/12, EU:C:2013:664, Rn. 32).


19      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. April 2018, PPC Power (C‑302/17, EU:C:2018:245, Rn. 27).


20      Nach meinem Verständnis des in Rede stehenden Vorgangs, wie er von Aurubis und dem vorlegenden Gericht in seinem Vorabentscheidungsersuchen dargelegt wird, und daher vorbehaltlich der Überprüfung durch dieses Gericht.


21      Vgl. in diesem Zusammenhang Art. 6 Abs. 2, Art. 7 Abs. 7 und Art. 8 Abs. 5 des Beschlusses 2011/278 sowie Urteil vom 8. September 2016, Borealis u. a. (C‑180/15, EU:C:2016:647, Rn. 69 und 70).


22      Vgl. meine Schlussanträge vom 3. Juni 2021 in der Rechtssache ExxonMobil (C‑126/20, EU:C:2021:457, Rn. 79 bis 87).


23      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. September 2016, Borealis u. a. (C‑180/15, EU:C:2016:647, Rn. 62), vom 18. Januar 2018, INEOS (C‑58/17, EU:C:2018:19, Rn. 29), vom 20. Juni 2019, ExxonMobil Production Deutschland (C‑682/17, EU:C:2019:518, Rn. 104), und vom 3. Dezember 2020, Ingredion Germany (C‑320/19, EU:C:2020:983, Rn. 68).


24      Urteil vom 8. September 2016, Borealis u. a. (C‑180/15, EU:C:2016:647, Rn. 67). Hervorhebung nur hier.


25      Urteil vom 18. Januar 2018, INEOS (C‑58/17, EU:C:2018:19, Rn. 30). Hervorhebung nur hier.


26      Vgl. meine Schlussanträge vom 3. Juni 2021 in der Rechtssache ExxonMobil (C‑126/20, EU:C:2021:457, Rn. 89 bis 98).