Language of document : ECLI:EU:T:2012:237

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

15. Mai 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Keen – Gemeinschaftsbildmarke KIN – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Ähnlichkeit der Zeichen – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑280/11

Rita Ewald, wohnhaft in Frauenwald (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin S. Reinhardt,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Kin Cosmetics, SA, mit Sitz in Sant Feliu de Guixols (Spanien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 3. März 2011 (Sache R 1383/2010‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Kin Cosmetics SA und Frau Rita Ewald

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin), der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 31. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 19. Oktober 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht der Berichterstatterin gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 10. Dezember 2007 meldete die Klägerin, Frau Rita Ewald, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Die Marke, deren Eintragung beantragt wurde, ist das Wortzeichen Keen.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 44 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper‑ und Schönheitspflege, insbesondere Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare; Haarfarben, Haarfärbemittel, Haarpflegemittel, Haarverformungsmittel, Dauerwellenprodukte, kosmetische Haarfixiermittel, Haarwaschmittel, Haarwässer, kosmetische Haarspülungen“;

–        Klasse 44: „Gesundheits‑ und Schönheitspflege; Haar‑, Körper‑ und Fußpflege; Dienstleistungen im Bereich der Ganzheitskosmetik, einschließlich der Durchführung von dekorativer Kosmetik; Dienstleistungen eines Friseurs“.

4        Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 18/2008 vom 5. Mai 2008 veröffentlicht.

5        Am 24. Juli 2008 erhob die Kin Cosmetics SA gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren und Dienstleistungen.

6        Der Widerspruch war insbesondere auf die am 13. Mai 2005 angemeldete und am 23. Mai 2006 unter der Nr. 4436911 eingetragene nachstehend abgebildete ältere Gemeinschaftsbildmarke gestützt, die „Haarfärbemittel und ‑tinkturen; Parfums und Parfümeriewaren aller Art, Haarwässer, Haarspray, Toiletteseifen, Shampoos und flüssige Seife“ der Klasse 3 und „Einzelhandelsverkauf in Geschäften und über weltweite Datennetze von Haarfärbemitteln und ‑tinkturen, Onduliermitteln für Haare, Haarwässern, Haarspray, Erzeugnissen aller Art für die Behandlung der Haare, Parfums und Parfümeriewaren sowie Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege aller Art, Seifen, Shampoos und flüssiger Seife, Haarnetzen und Haarschmuck“ der Klasse 35 kennzeichnet:

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7        Der Widerspruch wurde auf den Widerspruchsgrund des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) gestützt.

8        Mit Entscheidung vom 31. Mai 2010 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 statt.

9        Am 22. Juli 2010 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 3. März 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Ansicht, dass die mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen gleich oder sehr ähnlich seien und dass zwischen den genannten Marken eine geringe bildliche und eine starke klangliche Ähnlichkeit bestünden. In den Sprachen der Europäischen Union, in denen die einander gegenüberstehenden Zeichen verschiedene Bedeutungen hätten, nämlich im Englischen und im Niederländischen, könnten diese die zwischen den Zeichen bestehende klangliche und bildliche Ähnlichkeit neutralisieren, so dass eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne. In den übrigen Sprachen der Union bestehe jedoch Verwechslungsgefahr.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        den Widerspruch zurückzuweisen;

–        hilfsweise, die Sache an das HABM zurückzuverweisen;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

14      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

15      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Wenn sich der Schutz der älteren Marke auf die gesamte Union erstreckt, ist die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch den Verbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen in diesem Gebiet zu berücksichtigen. Jedoch ist eine Gemeinschaftsmarke bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ein relatives Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nur in einem Teil der Union vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

17      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich der von der älteren Marke erfassten Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 35 aus den Durchschnittsverbrauchern der Union und, was die Dienstleistungen in Klasse 35 angeht, daneben aus Einzelhandelsfachleuten bestünden. Die Parteien bestreiten diese Feststellungen nicht.

 Zur Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen

18      Zur Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zum Teil identisch und zum Teil sehr ähnlich seien. Die Parteien bestreiten diese Feststellung nicht.

 Zum Vergleich der Zeichen

19      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. Urteil HABM/Shaker, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Zum visuellen Vergleich ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Überprüfung der visuellen Ähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer Bildmarke nichts entgegensteht (vgl. Urteil des Gerichts vom 4. Mai 2005, Chum/HABM – Star TV [STAR TV], T‑359/02, Slg. 2005, II‑1515, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass die in den fraglichen Marken gleichen Anfangs‑ und Endbuchstaben eine bildliche Ähnlichkeit zwischen diesen Marken schüfen, die weder durch die unterschiedlichen Buchstaben in der Wortmitte noch durch das Bildelement der älteren Marke ausgeglichen werde. Diesem komme nur untergeordnete Bedeutung zu, da es die Natur der fraglichen Waren und Dienstleistungen beschreibe oder zumindest auf diese hinweise.

23      Die Klägerin macht hierzu erstens geltend, dass die Beschwerdekammer, anstatt die einander gegenüberstehenden Zeichen in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen, einen zergliedernden Einzelvergleich dieser Zeichen vorgenommen und lediglich deren Anfangs‑ und Endbuchstaben, nämlich die Buchstaben „k“ und „n“, miteinander verglichen habe. Sie habe dagegen weder die Unterschiede in der Wortmitte der einander gegenüberstehenden Zeichen noch das Bildelement und die weitere grafische Ausgestaltung der älteren Marke berücksichtigt.

24      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Die Beschwerdekammer hat nämlich nicht nur die Anfangs‑ und Endbuchstaben der einander gegenüberstehenden Zeichen miteinander verglichen, sondern insbesondere in Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass sich diese Zeichen voneinander unterschieden, was die Buchstaben in der Wortmitte betreffe, nämlich den Buchstaben „i“ in der älteren Marke und die Buchstabengruppe „ee“ in der angemeldeten Marke. Sie hat somit keineswegs die Unterschiede in der Wortmitte der einander gegenüberstehenden Zeichen unbeachtet gelassen, sondern diese sehr wohl berücksichtigt. Zwar hat sie bei dieser Würdigung den für eine bildliche Ähnlichkeit sprechenden Faktoren mehr Gewicht beigemessen, die Akte enthält jedoch nichts, was diese Gewichtung in Frage stellen könnte.

25      Die Klägerin macht zweitens geltend, dass die ältere Marke im Gegensatz zur angemeldeten Marke ein Bildelement umfasse und lediglich drei Großbuchstaben enthalte.

26      Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerin, dass die angemeldete Marke mit Ausnahme des groß geschriebenen Buchstabens „k“ in Kleinbuchstaben zu schreiben sei, rechtlich unerheblich ist. Der Schutz, der sich aus der Eintragung einer Wortmarke ergibt, erstreckt sich auf das in der Anmeldung angegebene Wort und nicht auf die besonderen grafischen oder gestalterischen Aspekte, die diese Marke möglicherweise annehmen kann.

27      Ferner enthält die angemeldete Marke zwar in der Wortmitte einen Buchstaben mehr als die ältere Marke, aber da dieser mit dem neben ihm stehenden Buchstaben identisch ist, ist der dadurch hervorgerufene visuelle Unterschied gering.

28      Zu der Auswirkung der Bildelemente der älteren Marke auf den visuellen Gesamteindruck ist schließlich auszuführen, dass, wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, die Stilisierung der Buchstaben und die Abbildung des Kopfes und der Haare einer Frau nur untergeordnete Bedeutung haben, da insbesondere die Stilisierung der Buchstaben ein rein dekoratives Element darstellt. Das Fehlen solcher Elemente in der angemeldeten Marke schließt daher die Feststellung einer bildlichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen nicht aus.

29      Drittens wird entgegen dem Vorbringen der Klägerin die bildliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen dadurch, dass es sich um kurze Zeichen handelt, nicht wesentlich verringert.

30      Viertens war die Beschwerdekammer entgegen den Ausführungen der Klägerin zu Recht der Ansicht, dass der Endbuchstabe „n“ der älteren Marke noch eindeutig zu erkennen sei, und zwar selbst für diejenigen Verbraucher, denen diese Marke nicht bekannt sei.

31      Zum klanglichen Vergleich hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, dass die gleiche Aussprache der Anfangs‑ und Endbuchstaben der einander gegenüberstehenden Marken in mehreren Sprachen der Union eine mittlere Ähnlichkeit und in einigen Sprachen der Union, insbesondere im Dänischen und Englischen, wo die Buchstaben in der Wortmitte – der Buchstabe „i“ in der älteren Marke und die Buchstabengruppe „ee“ in der angemeldeten Marke – ähnlich ausgesprochen würden, eine starke Ähnlichkeit schaffe.

32      Die Klägerin macht hierzu geltend, dass die Vokale in der Mitte der beiden Marken entgegen der Ansicht der Beschwerdekammer im Englischen und im Dänischen nicht ähnlich ausgesprochen würden. Im Englischen werde namentlich der Buchstabe „i“ als [ai] ausgesprochen, während die Buchstabengruppe „ee“ der angemeldeten Marke als [i:] ausgesprochen werde.

33      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Denn sowohl im Englischen als auch im Dänischen wird die angemeldete Marke mit dem langen Vokal [i:] ausgesprochen werden, während die ältere Marke mit dem kurzen Vokal [i] ausgesprochen werden wird, genauso wie das englische Wort „kin“. Die von der Klägerin angeführten Beispiele von englischen Wörtern, in denen der Buchstabe „i“ als [ai] ausgesprochen wird, sind insoweit ohne Belang. Sowohl für die englischsprachigen als auch für die dänischen Verbraucher unterscheidet sich die Aussprache der beiden Marken daher allein darin, dass der Vokal in der Wortmitte unterschiedlich lang ausgesprochen wird. Folglich werden die einander gegenüberstehenden Marken zwar nicht vollkommen gleich, aber doch sehr ähnlich ausgesprochen.

34      Da die Aussprache der einander gegenüberstehenden Zeichen im Englischen und im Dänischen sehr ähnlich ist, ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer von einer starken klanglichen Ähnlichkeit dieser Zeichen auszugehen.

35      Zum begrifflichen Vergleich hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass in der Mehrheit der Sprachen der Union, in denen die Begriffe „keen“ und „kin“ keine Bedeutung haben, kein solcher Vergleich möglich ist. Sie hat jedoch in zwei Sprachen einen begrifflichen Unterschied zwischen den fraglichen Zeichen festgestellt, nämlich im Englischen und im Niederländischen, wo diese Zeichen jeweils eine konkrete Bedeutung hätten. Die Parteien bestreiten dies nicht.

 Zur Verwechslungsgefahr

36      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und Urteil VENADO mit Rahmen u. a., Randnr. 74).

37      Die Beschwerdekammer war zu Recht der Ansicht, dass die fraglichen Marken, wenn man sie unter Berücksichtigung des Umstands, dass die mit ihnen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen teils identisch, teils sehr ähnlich seien, einer umfassenden Beurteilung unterziehe, als hinreichend ähnlich anzusehen seien, um bei den maßgeblichen Verkehrskreisen zu Verwechslungen zu führen. Denn die gleichen Anfangs‑ und Endkonsonanten der einander gegenüberstehenden Zeichen schaffen zwischen diesen eine schwache bis mittlere bildliche Ähnlichkeit, die nicht durch die übrigen grafischen Elemente ausgeglichen wird, sowie außerdem eine mittlere klangliche Ähnlichkeit in der Mehrheit der Sprachen der Union und eine starke klangliche Ähnlichkeit im Englischen und Dänischen. Die Durchschnittsverbraucher der Union könnten daher glauben, dass diese Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus miteinander verbundenen Unternehmen stammen, mit Ausnahme der Verbraucher der Niederlande, des niederländischsprachigen Teils Belgiens, des Vereinigten Königreichs und Irlands, für die die einander gegenüberstehenden Zeichen begriffliche Unterschiede aufweisen, die die Gefahr einer Verwechslung ausschließen.

38      Das Vorbringen der Klägerin stellt diese Feststellungen nicht in Frage.

39      Nach der Rechtsprechung ist zwar, wie die Klägerin geltend macht, der Grad der klanglichen Ähnlichkeit zwischen zwei Marken von geringerer Bedeutung, wenn es sich um Produkte handelt, die auf eine Weise vermarktet werden, bei der die maßgebenden Verkehrskreise beim Erwerb die sie kennzeichnenden Marken gewöhnlich auch optisch wahrnehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. Oktober 2003, Phillips‑Van Heusen/HABM – Pash Textilvertrieb und Einzelhandel [BASS], T‑292/01, Slg. 2003, II‑4335, Randnr. 55, und vom 3. März 2004, Mülhens/HABM – Zirh International [ZIRH], T‑355/02, Slg. 2003, II‑791, Randnr. 51). Doch auch wenn der Grad der klanglichen Ähnlichkeit nach dieser Rechtsprechung unter bestimmten Umständen von geringerer Bedeutung ist, bleibt er doch ein Faktor, der bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist.

40      Unter den Umständen des vorliegenden Falles reicht die Tatsache, dass der Grad der bildlichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen gering ist, selbst wenn diesem Faktor mehr Gewicht beigemessen wird, jedoch nicht aus, um den hohen Grad der klanglichen Ähnlichkeit wettzumachen, der insbesondere im Dänischen besteht. Insoweit ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer darauf hinzuweisen, dass die Bildelemente der älteren Marke dekorativ, wenn nicht anspielend oder sogar beschreibend sind, so dass sie nur geringe Unterscheidungskraft besitzen und die Aufmerksamkeit der Verbraucher somit in geringerem Maße auf sich ziehen werden.

41      Vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Beschwerdekammer hätte berücksichtigen müssen, dass zahlreiche für Waren oder Dienstleistungen der Klassen 3 und 44 eingetragene Marken ebenfalls die Buchstabengruppe „kin“ enthielten, was deren originäre Unterscheidungskraft verringere. Wie das HABM geltend macht, kann der bloße Umstand, dass eine Kombination aus drei Buchstaben in anderen Marken verwendet wird, nämlich nicht zu der Schlussfolgerung führen, dass diese Buchstaben nur eine begrenzte Unterscheidungskraft besitzen, insbesondere angesichts des Umstands, dass das Alphabet aus nur 26 Buchstaben besteht.

42      Auch wenn es denkbar ist, dass die häufige Verwendung eines Bestandteils einer Marke in anderen Marken, die für ähnliche Waren wie die mit der fraglichen Marke gekennzeichneten eingetragen sind, gegebenenfalls die Unterscheidungskraft dieses Bestandteils verringern kann, kann dies nicht zu einer zwingenden und ohne Rücksicht auf die übrigen besonderen Umstände des jeweiligen konkreten Falles anwendbaren Regel führen, nach der ein solcher Bestandteil im Rahmen einer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu vernachlässigen wäre. Dies gilt erst recht, wenn die übrigen Bestandteile der betroffenen Marke ihrerseits nur geringe Unterscheidungskraft besitzen. Genau dies ist jedoch hier der Fall, da, wie oben in Randnr. 40 festgestellt, die Bildelemente der älteren Marke nur geringe Unterscheidungskraft besitzen.

43      Um darzutun, dass die Unterscheidungskraft eines Bestandteils infolge seiner Verwendung in anderen ähnliche Waren kennzeichnenden Marken gemindert wird, müsste außerdem zumindest eine Benutzung der fraglichen Marken im geschäftlichen Verkehr nachgewiesen werden. Die Klägerin hat jedoch in Bezug auf die von ihr angeführten Marken keinen dahin gehenden Nachweis erbracht.

44      Schließlich reicht das bloße Nebeneinanderstehen der Buchstaben einer Marke nicht aus, um ihre Gesamtheit als abtrennbaren Bestandteil zu betrachten. Ein Verbraucher wird ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen nämlich in die Wortbestandteile aufteilen, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 2004, Vitakraft‑Werke Wührmann/HABM – Krafft [VITAKRAFT], T‑356/02, Slg. 2004, II‑3445, Randnr. 53). Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum ein Verbraucher, wenn er die von der Klägerin angeführten Marken KINETIX, kinki, KINESIA und KINEXIUM wahrnimmt, bei diesen jeweils die Buchstabenkombination „kin“ abtrennen sollte.

45      In Anbetracht des Vorstehenden ist festzustellen, dass der Klägerin nicht der Nachweis gelungen ist, dass die Würdigung der Beschwerdekammer, nach der die Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Marken besteht, fehlerhaft ist.

46      Der einzige Klagegrund der Klägerin ist daher zurückzuweisen und die Klage somit insgesamt abzuweisen, ohne dass geprüft werden müsste, ob, wie das HABM geltend macht, der zweite Antrag der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen ist.

 Kosten

47      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

48      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Rita Ewald trägt die Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Mai 2012.

Unterschriften


*Verfahrenssprache: Deutsch.