Language of document : ECLI:EU:T:2004:38

Verbundene Rechtssachen T-215/01, T-220/01 und T-221/01

Calberson GE

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Verordnung (EG) Nr. 111/1999 – Nahrungsmittelhilfe für Russland – Verordnung (EG) Nr. 1799/1999 – Lieferung von Rindfleisch – Verordnung (EG) Nr. 1815/1999 – Lieferung von Magermilchpulver – Ausschreibung über die Lieferung – Vertragsverhältnis – Schiedsklausel – Vertragliche Haftung – Außervertragliche Haftung – Zulässigkeit“

Leitsätze des Urteils

1.      Verfahren – Anrufung des Gerichts aufgrund einer Schiedsklausel – Voraussetzung – Bestehen eines Vertrages – Beziehung zwischen dem Empfänger des Zuschlags für die Lieferung einer Nahrungsmittelhilfe und der Kommission – Vertragliche Natur

(Verordnung Nr. 2802/98 des Rates; Verordnung Nr. 111/1999 der Kommission, Artikel 16)

2.      Verfahren – Anrufung des Gerichts aufgrund einer Schiedsklausel – Antrag auf Zahlung von Verzugszinsen – Zulässigkeit

3.      Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Nahrungsmittelhilfe – Durchführung – Ausschreibung über die Lieferung von Magermilchpulver – Verpflichtung des Zuschlagsempfängers zur Verladung der Ware – Fehlen – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung der finanziellen Mittel der Gemeinschaft

(Verordnungen Nrn. 1643/89 und 1815/1999 der Kommission, Artikel 2)

4.      Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Nahrungsmittelhilfe – Durchführung – Ausschreibung über die Lieferung von Rindfleisch – Verpflichtung des Zuschlagsempfängers zur Verladung der Ware

(Verordnungen Nrn. 1643/89 und 1799/1999 der Kommission, Artikel 2)

5.      Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Kurze Darstellung der Klagegründe – Klage auf Ersatz der von einem Gemeinschaftsorgan verursachten Schäden

(Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 44 § 1 Buchstabe c)

1.      Das Fehlen einer ausdrücklichen Qualifizierung des von der Kommission einem Auftragnehmer im Rahmen der Verordnung Nr. 111/1999 mit allgemeinen Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 2802/98 erteilten Zuschlags für die Lieferung einer Nahrungsmittelhilfe als Vertrag schließt gleichwohl nicht aus, dass die Beziehung zwischen der Kommission und dem Zuschlagsempfänger vertraglicher Natur ist. Durch das Angebot des Zuschlagsempfängers und die Annahme seitens der Kommission ist nämlich eine Rechtsbeziehung zwischen diesen beiden Parteien entstanden, aus der sich gegenseitige Rechte und Pflichten ergeben und die die Kriterien eines gegenseitigen Vertrags erfüllt. Die Klausel in Artikel 16 der Verordnung Nr. 111/1999, wonach bei Rechtsstreitigkeiten über die Erfüllung, Nichterfüllung oder Auslegung der Bestimmungen zur Durchführung der Lieferungen gemäß dieser Verordnung der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entscheidet, ist nur bei Vorliegen einer vertraglichen Beziehung zwischen der Kommission und einem Zuschlagsempfänger wie der Klägerin sinnvoll.

(vgl. Randnrn. 85-87)

2.      In den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ist allgemein anerkannt, dass eine verspätete Zahlung zu einem Nachteil führt, für den der Gläubiger zu entschädigen ist. Das Gemeinschaftsrecht erkennt eine solche Entschädigungspflicht als allgemeinen Rechtsgrundsatz an. Wenn ein Antrag sich auf die Zahlung von Verzugszinsen als pauschale und abstrakte Entschädigung bezieht, bedarf er keiner besonderen Begründung und ist als solcher zulässig.

(vgl. Randnrn. 90-91)

3.      Artikel 2 der Verordnung Nr. 1815/1999 über die Lieferung von Magermilchpulver an Russland, wonach die Lieferung, zu der der Zuschlagsempfänger sich verpflichtet, neben der Beförderung die Übernahme der Ware ab Lagerhaus der Interventionsstellen an der Laderampe umfasst, kann nicht dazu führen, dass dem betreffenden Zuschlagsempfänger die Sachmaßnahme der Verladung der Ware übertragen wird, wenn diese Sachmaßnahme nach der Verordnung Nr. 1643/89 zur Definition der Pauschbeträge, die zur Finanzierung der Sachmaßnahmen im Zusammenhang mit der öffentlichen Lagerung von Agrarerzeugnissen dienen, bereits Gegenstand einer gesonderten Gemeinschaftsfinanzierung ist. Es ist mit dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung der finanziellen Mittel der Gemeinschaft nicht vereinbar, wenn die Verladung ein zweites Mal bezahlt wird, indem sie dem Unternehmen übertragen wird, das den Zuschlag für die Lieferung im Rahmen der Ausschreibung erhalten hat, die durch die Verordnung Nr. 1815/1999 zur Bestimmung der Kosten für den Transport von Magermilchpulver aus Interventionsbeständen zur Lieferung an verschiedene Bestimmungsorte in Russland eröffnet worden war. Da die Verladung der Ware nicht dem Zuschlagsempfänger aufgebürdet werden kann, fällt sie folglich in die Verantwortung der Kommission als Partei eines Beförderungsvertrags, in dessen Rahmen die Verladeleistung ein zwangsläufig vorgeschalteter Vorgang ist, um die Ware anschließend befördern zu können.

(vgl. Randnrn. 132-134, 136)

4.      Artikel 2 der Verordnung Nr. 1799/1999 über die Lieferung von Rindfleisch an Russland, wonach die Lieferung, zu der sich der Zuschlagsempfänger verpflichtet, neben der Beförderungsleistung auch die Übernahme der Ware ab Lagerhaus der Interventionsstelle an der Laderampe umfasst, spricht nicht dagegen, dass die Übernahme der Ware die Verladung der Ware umfasst, wenn diese Tätigkeit nicht Gegenstand einer gesonderten Gemeinschaftsfinanzierung nach der Verordnung Nr. 1643/89 zur Definition der Pauschbeträge ist, die zur Finanzierung der Sachmaßnahmen im Zusammenhang mit der öffentlichen Lagerung von Agrarerzeugnissen dienen. Da die Verladung Teil des Beförderungsvertrags war, der zwischen der Kommission und dem Empfänger des Zuschlags für die Lieferung geschlossen worden war, war letzterer also für die Verladung aufgrund der Zuschlagserteilung im Rahmen der durch die Verordnung Nr. 1799/1999 eröffneten Ausschreibung zur Bestimmung der Kosten für den Transport bestimmter Partien Rindfleisch aus Interventionsbeständen an verschiedene Bestimmungsorte in Russland zuständig.

(vgl. Randnrn. 148-149)

5.      Eine Klageschrift, mit der auf der Grundlage der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft Ersatz der von einem Gemeinschaftsorgan angeblich verursachten Schäden verlangt wird, genügt den Erfordernissen des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts nur, wenn sie Angaben enthält, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angibt, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem angeblich erlittenen Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet.

(vgl. Randnr. 176)