Language of document : ECLI:EU:T:2022:313

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

1. Juni 2022(*)

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Bei Ausfall oder wahrscheinlichem Ausfall eines Unternehmens anwendbares Abwicklungsverfahren – Festlegung eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español durch den SRB – Anspruch auf rechtliches Gehör – Begründungspflicht – Art. 18 und 20 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 – Außervertragliche Haftung“

In der Rechtssache T‑523/17,

Eleveté Invest Group, SL mit Sitz in Madrid (Spanien) und die weiteren im Anhang aufgeführten Kläger(1), vertreten durch B. Cremades Román, J. López Useros, S. Cajal Martín und P. Marrodán Lázaro, Rechtsanwälte,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn und A. Steiblytė als Bevollmächtigte im Beistand von J. Rivas Andrés, Rechtsanwalt,

und

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), vertreten durch J. King und M. Fernández Rupérez als Bevollmächtigte im Beistand von B. Meyring, S. Schelo, F. Fernández de Trocóniz Robles, T. Klupsch und S. Ianc, Rechtsanwälte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Spanien, vertreten durch J. Rodríguez de la Rúa Puig und L. Aguilera Ruiz als Bevollmächtigte,

und durch

Banco Santander, SA mit Sitz in Santander (Spanien), vertreten durch J. Rodríguez Cárcamo, A. M. Rodríguez Conde, D. Sarmiento Ramírez-Escudero und J. Remón Peñalver, Rechtsanwälte,

Streithelfer,

wegen erstens Nichtigerklärung nach Art. 263 AEUV des Beschlusses SRB/EES/2017/08 der Präsidiumssitzung des SRB vom 7. Juni 2017 über ein Abwicklungskonzept für die Banco Popular Español, SA und des Beschlusses (EU) 2017/1246 der Kommission vom 7. Juni 2017 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español (ABl. 2017, L 178, S. 15), zweitens Ersatz des Schadens nach Art. 268 AEUV, den die Kläger infolge dieser Beschlüsse erlitten zu haben behaupten, und drittens Feststellung der Nichtigerklärung der vorläufigen Bewertung und Zuerkennung einer Entschädigung

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richter M. Jaeger, V. Kreuschitz und G. De Baere (Berichterstatter) sowie der Richterin G. Steinfatt,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2021

folgendes

Urteil

I.      Rechtlicher Rahmen

1        Nach der Finanzkrise von 2008 wurde beschlossen, eine Bankenunion innerhalb der Europäischen Union zu schaffen, die auf ein umfassendes und detailliertes einheitliches Regelwerk für Finanzdienstleistungen im Binnenmarkt als Ganzes gestützt ist und einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus sowie neue Rahmenbedingungen für die Einlagensicherung und die Abwicklung von Kreditinstituten umfasst.

2        Der erste Schritt zur Schaffung der Bankenunion bestand in der Einrichtung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. 2013, L 287, S. 63). Dem zwölften Erwägungsgrund dieser Verordnung zufolge sollte der SSM sicherstellen, dass die Politik der Union hinsichtlich der Beaufsichtigung von Kreditinstituten kohärent und wirksam umgesetzt wird, dass das einheitliche Regelwerk für Finanzdienstleistungen auf die Kreditinstitute in allen betroffenen Mitgliedstaaten in der gleichen Weise angewandt wird und dass bei der Beaufsichtigung dieser Kreditinstitute höchste, von nicht aufsichtsrechtlichen Überlegungen unbeeinflusste Standards Anwendung finden. Zu diesem Zweck wurden der Europäischen Zentralbank (EZB) mit der Verordnung Nr. 1024/2013 besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute übertragen, um zur Sicherheit und Solidität von Kreditinstituten und zur Stabilität des Finanzsystems in der Union und in jedem einzelnen Mitgliedstaat beizutragen.

3        Im Anschluss daran wurde die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) erlassen. In ihrem ersten Erwägungsgrund heißt es:

„Die Finanzkrise hat gezeigt, dass es auf der Ebene der Union eindeutig an angemessenen Instrumenten für den wirksamen Umgang mit unsoliden oder ausfallenden Kreditinstituten und Wertpapierfirmen … mangelt. Derartige Instrumentarien werden vor allem zur Verhinderung einer Insolvenz benötigt oder, falls eine solche eintritt, zur Minimierung der negativen Auswirkungen, indem die systemisch wichtigen Funktionen des jeweiligen Instituts aufrechterhalten werden. Während der Krise trugen diese Herausforderungen wesentlich dazu bei, dass die Mitgliedstaaten Institute unter Rückgriff auf das Geld der Steuerzahler retten mussten. Ziel eines glaubwürdigen Sanierungs- und Abwicklungsrahmens ist es, solchen Maßnahmen so weit wie möglich vorzubeugen.“

4        Die Richtlinie 2014/59 hat die Schaffung gemeinsamer Regeln zur Mindestharmonisierung der nationalen Bestimmungen über die Abwicklung von Banken in der Union zum Ziel und sieht eine Zusammenarbeit zwischen Abwicklungsbehörden bei Ausfällen von grenzüberschreitend tätigen Banken vor. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2014/59 benennt jeder Mitgliedstaat eine oder in Ausnahmefällen mehrere Abwicklungsbehörden, die ermächtigt sind, die Abwicklungsinstrumente anzuwenden und die Abwicklungsbefugnisse auszuüben.

5        Jedoch wurde in der Erwägung, dass die Richtlinie 2014/59 zum einen nicht zu einer Zentralisierung des Entscheidungsprozesses im Bereich der Abwicklung führt, im Wesentlichen Abwicklungsinstrumente und gemeinsame Abwicklungsbefugnisse für die nationalen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten vorsieht und diesen Behörden bei der Anwendung der Instrumente und der Nutzung der nationalen Finanzierungsmechanismen für die Abwicklungsverfahren einen Ermessensspielraum belässt und dass sie zum anderen getrennte und potenziell inkohärente Entscheidungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Abwicklung grenzüberschreitender Gruppen nicht vollständig verhindert, die Einführung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) beschlossen.

6        Als zweiter Schritt zur Schaffung der Bankenunion wurde somit die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsfonds und eines [SRM] sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) erlassen.

7        Der zwölfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 lautet:

„Die Gewährleistung wirksamer Beschlüsse über die Abwicklung ausfallender Banken innerhalb der Union, einschließlich über die Verwendung der auf Unionsebene aufgebrachten Mittel, ist von wesentlicher Bedeutung für die Verwirklichung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen. Im Binnenmarkt kann der Ausfall von Banken in einem Mitgliedstaat die Stabilität der Finanzmärkte in der Union als Ganzes beeinträchtigen. Die Sicherstellung wirksamer und einheitlicher Abwicklungsvorschriften und gleicher Bedingungen für die Finanzierung von Abwicklungen in allen Mitgliedstaaten liegt nicht nur im Interesse der Mitgliedstaaten, in denen Banken tätig sind, sondern auch allgemein im Interesse aller Mitgliedstaaten, da es sich um ein Mittel zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen und für ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts handelt. Die Bankensysteme im Binnenmarkt sind eng miteinander verflochten, die Bankengruppen sind international aufgestellt und die Banken besitzen einen prozentual hohen Anteil an Auslandsvermögen. Ohne einen [SRM] würden sich Bankkrisen in Mitgliedstaaten, die am einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmen, auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten stärker auf das Bankensystem auswirken. Mit der Einrichtung des [SRM] soll ein neutraler Ansatz beim Umgang mit ausfallenden Banken sichergestellt und damit die Stabilität der Banken der teilnehmenden Mitgliedstaaten gestärkt und zudem verhindert werden, dass Krisen auf nicht teilnehmende Mitgliedstaaten übergreifen, wodurch das Funktionieren des Binnenmarkts insgesamt gefördert wird. Die Mechanismen der Zusammenarbeit hinsichtlich der Institute, die sowohl in teilnehmenden als auch in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, sollten klar sein, und kein Mitgliedstaat und keine Gruppe von Mitgliedstaaten sollte unmittelbar oder mittelbar als Handelsplatz für Finanzdienstleistungen diskriminiert werden.“

8        Gegenstand der Verordnung Nr. 806/2014 ist nach ihrem Art. 1 Abs. 1 die Festlegung einheitlicher Regeln und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung der in Art. 2 genannten Unternehmen, die in den teilnehmenden Mitgliedstaaten ansässig sind, d. h. Banken, deren Aufsichtsbehörde im Herkunftsmitgliedstaat entweder die EZB oder die zuständige nationale Behörde in denjenigen Mitgliedstaaten ist, deren Währung der Euro ist, bzw. in denjenigen Mitgliedstaaten ist, deren Währung nicht der Euro ist und die eine enge Zusammenarbeit nach Maßgabe von Art. 7 der Verordnung Nr. 1024/2013 eingegangen sind (vgl. den 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014).

9        Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 werden diese einheitlichen Regeln und dieses einheitliche Verfahren von dem mit Art. 42 dieser Verordnung errichteten Einheitlichen Abwicklungsausschuss (SRB) in Zusammenarbeit mit dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Abwicklungsbehörden im Rahmen des mit dieser Verordnung geschaffenen SRM angewandt. Der SRM wird durch einen einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) unterstützt.

10      Gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 entscheidet der SRB über eine Abwicklungsmaßnahme für ein Finanzinstitut, das in einem teilnehmenden Mitgliedstaat ansässig ist, wenn die drei Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung erfüllt sind.

11      Die erste Voraussetzung ist, dass das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt. Die Bewertung dieser Voraussetzung erfolgt durch die EZB nach Anhörung des SRB oder durch den SRB, und sie gilt als erfüllt, wenn die Lage des Unternehmens eine oder mehrere der in Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt.

12      Als zweite Voraussetzung gilt, dass nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitraums durch alternative Maßnahmen der Privatwirtschaft oder der Aufsichtsbehörden abgewendet werden kann.

13      Die dritte Voraussetzung ist, dass eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich ist, dass sie also für das Erreichen der Abwicklungsziele notwendig ist und sich diese bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang erreichen ließen.

14      In Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 werden folgende Abwicklungsziele genannt: die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen, die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln, der Schutz der Einleger und der Anleger sowie der Schutz der Gelder und Vermögenswerte der Kunden.

15      Nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 muss, bevor Abwicklungsmaßnahmen getroffen werden oder die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten ausgeübt wird, der SRB sicherstellen, dass eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens durch eine von öffentlichen Stellen – einschließlich des SRB und der nationalen Abwicklungsbehörde – und dem betroffenen Unternehmen unabhängige Person vorgenommen wird.

16      Nach Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 ist die Bewertung integraler Bestandteil der Entscheidung über die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bzw. der Entscheidung über die Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten.

17      Sind die Voraussetzungen gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt, legt der SRB ein Abwicklungskonzept fest.

18      Wenn sie im Abwicklungsverfahren tätig werden, müssen der SRB, der Rat und die Kommission dafür sorgen, dass die Abwicklung im Einklang mit bestimmten, in Art. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 aufgeführten Grundsätzen erfolgt, darunter dem Grundsatz, dass Verluste zuerst von den Anteilseignern des in Abwicklung befindlichen Instituts getragen werden, und dem Grundsatz, dass kein Gläubiger größere Verluste zu tragen hat, als er im Fall einer Liquidation eines von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens zu tragen gehabt hätte.

19      Im Abwicklungskonzept bestimmt der SRB die Anwendung der Abwicklungsinstrumente. Nach Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 stehen als Abwicklungsinstrumente die Unternehmensveräußerung, ein Brückeninstitut, die Ausgliederung von Vermögenswerten und das Bail-in‑Instrument zur Verfügung.

20      Im Abwicklungskonzept kann der SRB unter den in Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Voraussetzungen auch die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten ausüben. Nach Art. 19 der Verordnung Nr. 806/2014 kann eine Abwicklungsmaßnahme ebenfalls die Gewährung staatlicher Beihilfen oder die Inanspruchnahme des SRF umfassen.

21      Nach Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 übermittelt der SRB das Abwicklungskonzept unmittelbar nach seiner Festlegung der Kommission. Innerhalb von 24 Stunden ab Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den SRB muss die Kommission das Abwicklungskonzept entweder billigen oder in den Fällen, die nicht unter Unterabs. 3 fallen, Einwände hinsichtlich der Aspekte des Abwicklungskonzepts erheben, bei denen ein Ermessensspielraum besteht (im Folgenden: Ermessensaspekte), nämlich in Bezug auf die Einhaltung des Kriteriums des öffentlichen Interesses oder eine erhebliche Änderung des Betrags des SRF. Hinsichtlich der letztgenannten Ermessensaspekte kann die Kommission innerhalb von zwölf Stunden nach Übermittlung des Abwicklungsplans durch den SRB dem Rat vorschlagen, gegen das vom SRB festgelegte Abwicklungskonzept Einwände mit der Begründung zu erheben, dass dieses nicht das Kriterium des öffentlichen Interesses erfülle, oder eine erhebliche Änderung des Betrags des SRF, der im Abwicklungskonzept des SRB vorgesehen ist, zu billigen oder Einwände dagegen zu erheben.

22      Nach Art. 18 Abs. 9 der Verordnung Nr. 806/2014 sorgt der SRB dafür, dass die betreffenden nationalen Abwicklungsbehörden die zur Durchführung des Abwicklungskonzepts notwendigen Abwicklungsmaßnahmen einleiten. Das Abwicklungskonzept ist an diese Behörden gerichtet und weist sie an, gemäß Art. 29 alle zur Umsetzung des Konzepts notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und zu diesem Zweck Abwicklungsbefugnisse auszuüben.

23      Gemäß Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 stellt der SRB sicher, dass nach der Durchführung einer Abwicklungsmaßnahme eine Bewertung durch eine unabhängige Person vorgenommen wird, um festzustellen, ob Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre. Diese Bewertung kann nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 zu Entschädigungszahlungen an Anteilseigner oder Gläubiger führen, falls sie größere Verluste erlitten haben, als sie bei einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erlitten hätten.

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits und Sachverhalt nach Klageerhebung

24      Die Kläger, die Eleveté Invest Group, SL und die 19 natürlichen oder juristischen Personen, deren Namen im Anhang angeführt sind, waren Anteilseigner oder Inhaber von Instrumenten des Kernkapitals oder solchen des Ergänzungskapitals der Banco Popular Español, SA (im Folgenden: Banco Popular), bevor für Letztere ein Abwicklungskonzept angenommen wurde.

A.      Zur Situation von Banco Popular vor der Festlegung des Abwicklungskonzepts

25      Die Banco-Popular-Gruppe, deren Muttergesellschaft Banco Popular war, war zum Zeitpunkt der Abwicklung die sechstgrößte spanische Bankengruppe.

26      2016 nahm Banco Popular eine Kapitalerhöhung von 2,5 Mrd. Euro vor.

27      Am 5. Dezember 2016 verabschiedete die Präsidiumssitzung des SRB einen Abwicklungsplan für die Banco-Popular-Gruppe (im Folgenden: Abwicklungsplan von 2016). Bevorzugtes Abwicklungsinstrument im Abwicklungsplan von 2016 war das in Art. 27 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bail-in‑Instrument.

28      Am 3. Februar 2017 veröffentlichte Banco Popular ihren Jahresbericht 2016, in dem sie einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro mit der Folge eines konsolidierten Verlusts von 3,485 Mrd. Euro und die Ernennung eines neuen Präsidenten ankündigte.

29      Am 10. Februar 2017 stufte die DBRS Ratings Limited (jetzt DBRS Morningstar) das Rating von Banco Popular angesichts ihrer geschwächten Kapitalsituation infolge eines höheren Nettoverlusts als in ihrem in der vorstehenden Rn. 28 erwähnten Jahresbericht vorhergesehen und ihrer Bemühungen, ihren noch hohen Bestand an notleidenden Vermögenswerten abzubauen, mit negativem Ausblick herab.

30      Am 3. April 2017 gab Banco Popular das Ergebnis interner Prüfungen bekannt, wonach Korrekturen gegenüber dem Jahresbericht 2016 erforderlich sein könnten. Diese Berichtigungen wurden im Finanzbericht von Banco Popular für das erste Quartal 2017 vorgenommen.

31      Am 10. April 2017 gab der Vorstandsvorsitzende in der Hauptversammlung der Anteilseigner von Banco Popular bekannt, dass die Bank aufgrund der Eigenkapitalsituation der Gruppe und des Niveaus der notleidenden Vermögenswerte entweder eine Kapitalerhöhung oder eine Unternehmensübertragung beabsichtige. Der Generaldirektor von Banco Popular wurde weniger als ein Jahr nach der Aufnahme seiner Tätigkeit ausgewechselt.

32      Im Anschluss an die am 3. April 2017 erfolgte Bekanntgabe der Notwendigkeit einer Anpassung der finanziellen Ergebnisse von 2016 stufte DBRS am 6. April 2017 das Rating von Banco Popular mit weiter negativem Ausblick herab. Auch Standard & Poor’s und Moody’s Investors Service (im Folgenden: Moody’s) stuften am 7. April bzw. 21. April 2017 das Rating von Banco Popular mit negativem Ausblick herab.

33      Im April 2017 leitete Banco Popular ein privates Veräußerungsverfahren mit dem Ziel ihrer Veräußerung an einen starken Wettbewerber ein, um ihre Finanzlage zu verbessern. Die Angebotsfrist für Interessenten für den Erwerb von Banco Popular endete am 10. Juni 2017 und wurde später bis Ende Juni 2017 verlängert.

34      Am 5. Mai 2017 legte Banco Popular ihren Finanzbericht für das erste Quartal 2017 vor, in dem sie Verluste in Höhe von 137 Mio. Euro bekannt gab.

35      Am 12. Mai 2017 unterschritt Banco Popular die für sie geltende Liquiditätsdeckungsanforderung (Liquidity Coverage Requirement) von mindestens 80 %, die in Art. 460 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2013, L 176, S. 1) festgelegt ist.

36      Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 teilte die Banco Santander, SA Banco Popular mit, dass sie im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens kein verbindliches Angebot abgeben könne.

37      Am 16. Mai 2017 erklärte Banco Popular in einer Mitteilung einer relevanten Tatsache an die Comisión nacional del mercado de valores (CNMV, Nationale Wertpapiermarktkommission, Spanien), dass potenzielle Erwerber ihr Interesse an dem privaten Veräußerungsverfahren bekundet hätten, dass aber kein verbindliches Angebot eingegangen sei.

38      Am 19. Mai 2017 stufte die Agentur FITCH das langfristige Rating von Banco Popular herab.

39      Am 23. Mai 2017 gab die Vorsitzende des SRB, Frau Elke König, dem Fernsehsender Bloomberg ein Interview, in dem sie u. a. zur Situation von Banco Popular befragt wurde.

40      Im Mai 2017 war in zahlreichen Presseartikeln über die Schwierigkeiten von Banco Popular berichtet worden. Beispielsweise erschien auf der Website elconfidencial.com am 11. Mai 2017 ein Artikel mit dem Titel „Saracho empfiehlt wegen eines Konkursrisikos den dringenden Verkauf von Popular an JP Morgan und Lazard“ (Saracho encarga la venta urgente del Popular a JP Morgan y Lazard por riesgo de quiebra). Diesem Artikel zufolge hatte der Präsident der Bank JP Morgan und Lazard beauftragt, den dringenden Verkauf der Bank wegen Konkursgefahr aufgrund der massiven Einlagenflucht privater und institutioneller Kunden zu organisieren, und war der Ansicht, dass die Existenzfähigkeit der Bank nur durch die vollständige und sofortige Veräußerung der gesamten Gruppe sichergestellt werden könne. In dem Artikel heißt es, dass „für die Bank angesichts der anhaltenden Einlagenabflüsse und der Schließung externer Finanzierungsquellen ein ernsthaftes Insolvenzrisiko besteht und [ihr Präsident] daher gezwungen war, zur drastischsten Maßnahme zu greifen und den Verkauf ihrer Vermögenswerte schrittweise einzustellen, um die Kapitalquote zu verbessern und den Forderungen der EZB nachzukommen“.

41      Am 15. Mai 2017 wurde in einem auf der Website elconfidencial.com veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Mitten im Veräußerungsprozess prüft die EZB Banco Popular zwei Monate lang“ (El BCE inspecciona a Banco Popular durante dos meses en pleno proceso de venta) berichtet, dass der Präsident von Banco Popular seinen Plan zu deren Veräußerung nach der Prüfung durch die EZB, die das Rückstellungsdefizit bestätigt habe, umgesetzt habe. Diesem Artikel zufolge waren die Prüfer der EZB zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schwierigkeiten von Banco Popular mit ihrem Defizit bei Rückstellungen zur Deckung ihrer Risikoposition bei Immobilien zusammenhingen und gelegentliche Einlagenabflüsse vermieden werden müssten. Die Prüfer hätten auch ihre Unzufriedenheit hinsichtlich der Vorlage der Jahresabschlüsse von 2016 zum Ausdruck gebracht.

42      Am 31. Mai 2017 veröffentlichte die Agentur Reuters einen Artikel mit dem Titel „EU, Warnung vor der Gefahr einer Abwicklung von Banco Popular“ (La UE, advertida de riesgo de una resolución ordenada en Banco Popular). In diesem Artikel heißt es u. a., dass einem hohen, nicht namentlich genannten Unionsbeamten zufolge eine der wichtigsten Bankenaufsichtspersonen in Europa die Unionsbeamten darauf hingewiesen habe, dass die Abwicklung von Banco Popular erforderlich sein könnte, wenn sie keinen Käufer finde. In diesem Artikel heißt es weiter, dass diesem Beamten zufolge die Vorsitzende des SRB kürzlich eine „Frühwarnung“ abgegeben und erklärt habe, dass der SRB das Verfahren (Banco Popular) mit besonderer Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine mögliche Intervention verfolge.

43      Am selben Tag veröffentlichte der SRB eine Pressemitteilung, in der er dem Inhalt dieses Artikels entgegentrat.

44      In den ersten Junitagen 2017 sah sich Banco Popular massiven Liquiditätsabzügen gegenüber.

45      Am 5. Juni 2017 stellte Banco Popular am Vormittag einen ersten Antrag auf Notfallliquiditätshilfe bei der Banco de España (Bank von Spanien) und am Nachmittag einen zweiten Antrag mit einer Ausweitung des gewünschten Betrags wegen erheblicher Liquiditätsbewegungen. Auf Antrag der Bank von Spanien und nach der Beurteilung des Antrags von Banco Popular auf Notfallliquiditätshilfe vom selben Tag durch die EZB erhob der EZB-Rat keine Einwände gegen eine Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular für den Zeitraum bis zum 8. Juni 2017. Nachdem Banco Popular einen Teil dieser Notfallliquiditätshilfe erhalten hatte, erklärte die Bank von Spanien, dass sie zu einer zusätzlichen Notfallliquiditätshilfe nicht in der Lage sei.

46      Am 6. Juni 2017 stuften DBRS und Moody’s das Rating von Banco Popular herab.

B.      Zum weiteren Sachverhalt vor Annahme des Abwicklungskonzepts

47      Am 23. Mai 2017 beauftragte der SRB Deloitte als unabhängigen Sachverständigen mit der Bewertung von Banco Popular gemäß Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014.

48      Am 24. Mai 2017 forderte der SRB auf der Grundlage von Art. 34 der Verordnung Nr. 806/2014 bei Banco Popular die für die Durchführung ihrer Bewertung erforderlichen Informationen an. Am 2. Juni 2017 forderte er Banco Popular auch auf, Informationen über das private Veräußerungsverfahren zur Verfügung zu stellen und einen Zugang zu dem gesicherten virtuellen Datenraum vorzusehen, den die Bank im Rahmen dieses Verfahrens eingerichtet hatte.

49      Am 3. Juni 2017 erließ die Präsidiumssitzung des SRB den Beschluss SRB/EES/2017/06 über die Vermarktung von Banco Popular, der an den Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria (FROB, Fonds zur geordneten Umstrukturierung von Kreditinstituten, Spanien) gerichtet war (im Folgenden: Vermarktungsbeschluss). Der SRB billigte die sofortige Einleitung des Verfahrens zur Veräußerung von Banco Popular durch den FROB und teilte diesem die Anforderungen für die Veräußerung gemäß Art. 39 der Richtlinie 2014/59 mit. Der SRB wies den FROB u. a. darauf hin, dass er an die fünf potenziellen Erwerber herantreten müsse, die im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden waren.

50      Von den fünf potenziellen Erwerbern entschieden sich zwei gegen eine Teilnahme am Veräußerungsverfahren, ein weiterer wurde von der EZB aus aufsichtsrechtlichen Gründen ausgeschlossen.

51      Am 4. Juni 2017 unterzeichneten die beiden potenziellen Erwerber, die beschlossen hatten, am Verkaufsverfahren teilzunehmen, Banco Santander und die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, SA (BBVA), eine Nichtoffenlegungsvereinbarung und erhielten am 5. Juni 2017 Zugang zu dem virtuellen Datenraum.

52      Am 5. Juni 2017 nahm der SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 eine erste Bewertung (im Folgenden: Bewertung 1) zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 vor.

53      Am 6. Juni 2017 nahm die EZB nach Anhörung des SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Bewertung der Lage von Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend vor.

54      In dieser Bewertung wies die EZB darauf hin, dass sich die Liquiditätssituation von Banco Popular in den vorangegangenen Monaten erheblich verschlechtert habe, was hauptsächlich auf eine signifikante Erschöpfung ihrer Einlagenbasis zurückzuführen sei. Banco Popular sei in allen Kundensegmenten mit erheblichen Liquiditätsabflüssen konfrontiert gewesen. Die EZB führte die Geschehnisse auf, die zu den Liquiditätsproblemen von Banco Popular geführt hätten.

55      Im Februar 2017 habe Banco Popular bei Vorlage ihrer Jahresabschlüsse einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro offengelegt, was zu Verlusten in Höhe von 3,485 Mrd. Euro im Jahr 2016 geführt habe, und sie habe die Auswechslung ihres langjährigen Präsidenten bekannt gegeben, der eine Änderung der Strategie der Bank betrieben habe. Die Ankündigung zusätzlicher Rückstellungen und Verluste am Ende des Geschäftsjahrs habe zu einer Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch DBRS am 10. Februar 2017 geführt und große Besorgnis bei deren Kundschaft ausgelöst, die dazu geführt habe, dass Einlagen in erheblichem Umfang und unerwartet abgezogen worden seien und viele Kunden die Zweigstellen der Bank aufgesucht hätten.

56      Die Veröffentlichung einer öffentlichen Ad-hoc-Erklärung am 3. April 2017, mit der das Ergebnis mehrerer interner Prüfungen mitgeteilt worden sei, die einen erheblichen Einfluss auf die Bilanzen des Instituts haben könnten, sowie die Bestätigung, dass der Generaldirektor des Instituts weniger als ein Jahr nach seinem Dienstantritt ausgewechselt werde, hätten zu einer weiteren Welle von Einlagenabzügen geführt. Diese Abzugswelle sei auch gespeist worden durch

–        eine Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch Standard & Poor’s am 7. April 2017;

–        die Ankündigung von Banco Popular vom 10. April 2017, dass sie keine Dividenden auszahlen werde und dass aufgrund der gespannten Eigenkapitalsituation und der notwendigen Anpassung der Absicherung der notleidenden Vermögenswerte an ihre Mitbewerber eine Kapitalerhöhung oder eine Unternehmensübertragung erforderlich sein könne;

–        eine Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch Moody’s am 21. April 2017;

–        die Offenlegung der Ergebnisse des ersten Quartals 2017, die schlechter gewesen seien als vorgesehen;

–        die anhaltende negative Berichterstattung in den Medien, wie die oben in den Rn. 40 und 41 angeführten Artikel vom 11. und 15. Mai 2017, die nahelegten, dass der Präsident von Banco Popular wegen eines unmittelbar drohenden Konkursrisikos oder wegen fehlender Liquidität eine dringliche Veräußerung der Bank angeordnet habe und dass sich die Bank nach einer Vor-Ort-Prüfung durch die Bankenaufsicht einem zusätzlichen Rückstellungsbedarf gegenübersehe.

57      Seit dem 31. Mai 2017, so die EZB, seien die Einlagenverluste besonders erheblich gewesen, nachdem in den Medien verbreitet worden sei, dass die Bank liquidiert werden könnte, wenn der laufende Veräußerungsprozess nicht sehr kurzfristig erfolgreich abgeschlossen werden könne.

58      Obwohl Banco Popular in den vorangegangenen Wochen verschiedene zusätzliche Maßnahmen zur Liquiditätsbeschaffung entwickelt und mit deren Umsetzung begonnen habe, habe der Umfang der realisierten und noch erwarteten Zuflüsse nicht ausgereicht, um der Erschöpfung der Liquiditätssituation von Banco Popular zum Zeitpunkt der Bewertung abzuhelfen. Selbst mit dem Rückgriff auf die Notfallliquiditätshilfe, gegen die der EZB-Rat am 5. Juni 2017 keine Einwände erhoben habe, genüge die Liquiditätssituation zu diesem Zeitpunkt nicht, um die Fähigkeit von Banco Popular zu gewährleisten, ihren Verpflichtungen bis zum 7. Juni 2017 nachzukommen.

59      Die von Banco Popular bereits ergriffenen Maßnahmen seien nicht wirksam genug gewesen, um die Verschlechterung ihrer Liquiditätssituation umzukehren. Als alternative Maßnahme zur Gewährleistung ihrer Fähigkeit, ihren fällig werdenden Verpflichtungen nachzukommen, versuche Banco Popular, eine Unternehmensübertragung durchzuführen, nämlich ihre Veräußerung an einen stärkeren Wettbewerber. In Anbetracht der Verschlechterung der Liquiditätssituation von Banco Popular, des fehlenden Nachweises ihrer Fähigkeit, diese Entwicklung in naher Zukunft umzukehren, und der Tatsache, dass die Verhandlungen bisher nicht zu einem positiven Ergebnis geführt hätten, sei, so die EZB, die Bestätigung eines solchen privaten Geschäfts nicht innerhalb einer Frist absehbar gewesen, die es Banco Popular ermöglicht hätte, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

60      Gleichzeitig gebe es keine Aufsichts- oder Frühinterventionsmaßnahmen, die es ermöglichten, die Liquiditätssituation von Banco Popular sofort wieder zu verbessern, und die ihr genügend Zeit für eine Unternehmensübertragung oder eine andere Lösung verschafften. Mit den Maßnahmen, die der EZB als zuständiger Behörde gemäß der nationalen Umsetzung von Art. 104 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. 2013, L 176, S. 338) und den Art. 27 bis 29 der Richtlinie 2014/59 oder Art. 16 der Verordnung Nr. 1024/2013 zur Verfügung stünden, lasse sich angesichts von Ausmaß und Geschwindigkeit der beobachteten Liquiditätsverschlechterung nicht sicherstellen, dass Banco Popular ihre Schulden und sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit werde begleichen können.

61      Die EZB gelangte unter Berücksichtigung insbesondere der exzessiven Einlagenabflüsse, der Geschwindigkeit der Liquiditätsverluste der Bank und deren Unvermögen, anderweit Liquidität zu generieren, zu dem Schluss, dass es objektive Anhaltspunkte dafür gebe, dass Banco Popular in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. Es sei davon auszugehen, dass Banco Popular ausfalle oder jedenfalls wahrscheinlich in naher Zukunft ausfalle im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

62      Am 6. Juni 2017 teilte der Verwaltungsrat von Banco Popular der EZB mit, er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Bank wahrscheinlich ausfalle.

63      Ebenfalls an diesem Tag erging ein Schreiben des FROB, das Informationen über das Veräußerungsverfahren enthielt (im Folgenden: Verfahrensschreiben) und in dem das Ende der Frist für die Einreichung der Angebote auf den 6. Juni 2017 um Mitternacht festgesetzt wurde.

64      Am selben Tag teilte BBVA, einer der beiden potenziellen Erwerber von Banco Popular, dem FROB mit, dass sie kein Angebot abgeben werde.

65      Ebenfalls am 6. Juni 2017 übermittelte Deloitte dem SRB gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 eine zweite Bewertung (im Folgenden: Bewertung 2). Die Bewertung 2 sollte der Veranschlagung des Wertes der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular, der Schätzung, wie die Anteilseigner und Gläubiger behandelt würden, wenn ein reguläres Insolvenzverfahren für Banco Popular durchgeführt würde, sowie der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Anteile und Eigentumstitel und dem Verständnis des SRB dafür dienen, was unter kommerziellen Bedingungen für das Instrument der Unternehmensveräußerung zu verstehen ist. Im Rahmen dieser Bewertung wurde u. a. der wirtschaftliche Wert von Banco Popular auf 1,3 Mrd. Euro im besten Szenario, auf minus 8,2 Mrd. Euro im ungünstigsten Szenario und auf minus 2 Mrd. Euro für die beste Schätzung veranschlagt.

66      Am 7. Juni 2017 gab Banco Santander ein verbindliches Angebot ab.

67      Mit Schreiben vom 7. Juni 2017 teilte der FROB dem SRB mit, dass Banco Santander am 7. Juni um 03.12 Uhr ein Angebot abgegeben und für den Kauf der Anteile von Banco Popular einen Preis von einem Euro geboten habe. Der FROB wies darauf hin, dass sein Lenkungsausschuss Banco Santander als Zuschlagsempfänger im wettbewerbsbasierten Verfahren zur Veräußerung von Banco Popular ausgewählt und beschlossen habe, dem SRB vorzuschlagen, in seinem Beschluss über die Annahme eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular Banco Santander als Erwerber zu bestimmen.

C.      Zum Abwicklungskonzept für Banco Popular vom 7. Juni 2017

68      Am 7. Juni 2017 erließ die Präsidiumssitzung des SRB auf der Grundlage der Verordnung Nr. 806/2014 den Beschluss SRB/EES/2017/08 über ein Abwicklungskonzept für Banco Popular (im Folgenden: Abwicklungskonzept).

69      Art. 1 des Abwicklungskonzepts zufolge sah der SRB die Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt an und beschloss, Banco Popular ab dem Abwicklungsdatum abzuwickeln.

70      Der SRB war der Ansicht, erstens falle Banco Popular aus oder wahrscheinlich aus, zweitens gebe es keine anderen Maßnahmen, mit denen der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könne und drittens sei eine Abwicklungsmaßnahme in Form eines Instruments der Unternehmensveräußerung von Banco Popular im öffentlichen Interesse erforderlich. Hierzu wies der SRB darauf hin, dass die Abwicklung notwendig sei und in angemessenem Verhältnis zur Erreichung von zwei in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Zielen stehe, nämlich der Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen der Bank und der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität.

71      In Art. 5.1 des Abwicklungskonzepts beschloss der SRB:

„Das Abwicklungsinstrument für Banco Popular besteht in einer Unternehmensveräußerung gemäß Artikel 24 der Verordnung Nr. 806/2014 durch Übertragung der Anteile auf einen Erwerber. Die Herabschreibung und die Umwandlung der Kapitalinstrumente erfolgen unmittelbar vor Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung.“

72      Art. 6 des Abwicklungskonzepts betrifft die Herabschreibung der Kapitalinstrumente und das Instrument der Unternehmensveräußerung. In Art. 6.1 nannte der SRB die Maßnahmen, die er in Ausübung seiner Herabschreibungsbefugnis gemäß Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 erlassen hatte.

73      So beschloss der SRB in Art. 6.1 des Abwicklungskonzepts,

–        zunächst den Nominalbetrag des Grundkapitals von Banco Popular um 2 098 429 046 Euro herabzuschreiben, was zur Löschung von 100 % der Anteile von Banco Popular führte;

–        sodann den gesamten Nennwert der von Banco Popular ausgegebenen und zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Abwicklungskonzept im Umlauf befindlichen Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals in neu ausgegebene Anteile von Banco Popular, die „neuen Anteile I“, umzuwandeln;

–        sodann den Nennwert der „neuen Anteile I“ auf null herabzuschreiben, was zur Löschung von 100 % dieser „neuen Anteile I“ führte;

–        schließlich den gesamten Nennwert der von Banco Popular ausgegebenen und zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung im Umlauf befindlichen Instrumente des Ergänzungskapitals in neu ausgegebene Anteile von Banco Popular, die „neuen Anteile II“, umzuwandeln.

74      Nach Art. 6.3 des Abwicklungskonzepts beruhen diese Herabschreibungs- und Umwandlungsmaßnahmen auf der Bewertung 2, die durch die Ergebnisse eines transparenten und offenen Veräußerungsprozesses durch die spanische Abwicklungsbehörde, den FROB, bestätigt werde.

75      In Art. 6.5 des Abwicklungskonzepts ordnete der SRB in Ausübung seiner Befugnisse nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend das Instrument der Unternehmensveräußerung an, dass die „neuen Anteile II“ frei von allen Rechten oder Vorrechten Dritter gegen Zahlung eines Kaufpreises von einem Euro auf Banco Santander übertragen würden. Der Erwerber habe der Übertragung bereits zugestimmt.

76      Der SRB wies auch darauf hin, dass die Übertragung der „neuen Anteile II“ auf der Grundlage des verbindlichen Angebots des Erwerbers vom 7. Juni 2017 erfolgen und vom FROB gemäß der Ley 11/2015 de recuperación y resolución de entidades de crédito y empresas de servicios de inversión (Gesetz 11/2015 zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen) vom 18. Juni 2015 (BOE Nr. 146 vom 19. Juni 2015, S. 50797, im Folgenden: Gesetz 11/2015) umgesetzt werden sollte.

77      Das Abwicklungskonzept wurde der Kommission am 7. Juni 2017 um 05.13 Uhr vorgelegt.

78      Am 7. Juni 2017 um 06.30 Uhr erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2017/1246 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular (ABl. 2017, L 178, S. 15) und stellte ihn dem SRB zu. Demgemäß trat das Abwicklungskonzept am selben Tag in Kraft.

79      Der vierte Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/1246 lautet:

„Die Kommission stimmt dem Abwicklungskonzept zu. Sie stimmt insbesondere auch den Argumenten zu, die der [SRB] zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse nach Artikel 5 der Verordnung … Nr. 806/2014 nennt.“

80      Am selben Tag erließ der FROB gemäß Art. 29 der Verordnung Nr. 806/2014 die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung des Abwicklungskonzepts. In diesem Rahmen erteilte der FROB seine Zustimmung zur Übertragung der neuen Anteile von Banco Popular aus der Umwandlung der Instrumente des Ergänzungskapitals (der „neuen Anteile II“) auf Banco Santander.

D.      Zum Sachverhalt nach Erlass des Abwicklungsbeschlusses

81      Am 14. Juni 2018 übermittelte Deloitte dem SRB die in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bewertung in Bezug auf unterschiedliche Behandlung, mit der festgestellt werden sollte, ob Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre (im Folgenden: Bewertung 3). Am 31. Juli 2018 übermittelte Deloitte dem SRB einen Nachtrag zu dieser Bewertung, mit dem bestimmte formale Fehler berichtigt wurden.

82      Am 28. September 2018 wurde Banco Santander infolge einer Verschmelzung durch Aufnahme Gesamtrechtsnachfolgerin von Banco Popular.

83      Am 17. März 2020 erließ der SRB den Beschluss SRB/EES/2020/52 zur Feststellung, ob den Anteilseignern und Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen für Banco Popular betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss. Eine Bekanntmachung dieses Beschlusses wurde am 20. März 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2020, C 91, S. 2) veröffentlicht. In diesem Beschluss vertrat der SRB die Auffassung, dass die von der Abwicklung von Banco Popular betroffenen Anteilseigner und Gläubiger keinen Anspruch auf eine Entschädigung durch den SRF nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 hätten.

III. Verfahren und Anträge der Parteien

84      Mit am 7. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

85      Mit am 31. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz hat der SRB gemäß Art. 92 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Beweiserhebung zur Vorlage bestimmter, in der Anlage genannter Schriftstücke beantragt. Am 28. November 2017 hat das Gericht beschlossen, diesem Antrag beim damaligen Verfahrensstand nicht stattzugeben.

86      Mit am 6. November bzw. 5. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Schriftsätzen haben Banco Santander und das Königreich Spanien beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission und des SRB zum vorliegenden Verfahren zugelassen zu werden.

87      Am 16. Februar 2018 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung den SRB aufgefordert, die letzte nicht vertrauliche Fassung des Abwicklungskonzepts und eine nicht vertrauliche Fassung der Bewertung 2 vorzulegen, die auf dessen Website veröffentlicht sind. Der SRB hat die Schriftstücke fristgerecht vorgelegt.

88      Am 6. Juli 2018 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung den Hauptparteien schriftliche Fragen gestellt. Die Hauptparteien haben diese Fragen fristgerecht beantwortet.

89      Mit am 1. August 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Kläger einen Antrag auf vertrauliche Behandlung bestimmter Anlagen zur Klageschrift gegenüber Banco Santander und dem Königreich Spanien beantragt.

90      Mit Beschluss vom 12. April 2019 hat der Präsident der Achten Kammer des Gerichts das Königreich Spanien und Banco Santander als Streithelfer zugelassen und den Anträgen der Kläger auf vertrauliche Behandlung diesen gegenüber stattgegeben.

91      Mit am 16. April 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Kläger eine Änderung der in der Klageschrift und in der Erwiderung gestellten Beweisanträge beantragt. Die Kommission und der SRB sowie das Königreich Spanien und Banco Santander haben fristgerecht zu diesem Antrag Stellung genommen.

92      Mit am 6. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Kläger gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt. Die Kommission und der SRB haben fristgerecht zu diesem neuen Beweis Stellung genommen.

93      Das Königreich Spanien und Banco Santander haben am 4. Juli 2019 ihre Streithilfeschriftsätze eingereicht, zu denen die Kläger und der SRB fristgerecht Stellung genommen haben.

94      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung der Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.

95      Auf Vorschlag der Dritten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung entschieden, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

96      Mit am 9. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Kläger gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt. Die Kommission und der SRB sowie das Königreich Spanien und Banco Santander haben fristgerecht zu diesem neuen Beweis Stellung genommen.

97      Am 16. März 2021 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung den SRB zur Vorlage mehrerer Schriftstücke aufgefordert. Mit Schriftsatz vom 30. März 2021 hat der SRB geantwortet, dass diese Schriftstücke zum Teil vertraulich seien und vorgelegt werden könnten, wenn das Gericht eine Beweiserhebung beschließe.

98      Mit Beschluss vom 12. Mai 2021 hat das Gericht auf der Grundlage von Art. 24 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie Art. 91 Buchst. b, Art. 92 Abs. 3 und Art. 103 der Verfahrensordnung dem SRB aufgegeben, die vollständigen Fassungen des Abwicklungskonzepts, der Bewertung 2, der Bewertung der EZB vom 6. Juni 2017 betreffend den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular und des Schreibens der EZB an Banco Popular vom 18. Mai 2017 vorzulegen. Das Gericht hat dem SRB zudem aufgegeben, die nicht vertrauliche Fassung des Schreibens der EZB an Banco Popular vom 18. Mai 2017 vorzulegen.

99      Mit Beschluss vom 9. Juni 2021 hat das Gericht die vertraulichen Fassungen der vom SRB gemäß dem Beschluss vom 12. Mai 2021 vorgelegten Schriftstücke aus den Akten entfernt.

100    Wegen Verhinderung zweier Mitglieder der Dritten erweiterten Kammer hat der Präsident des Gerichts zwei andere Richter zur Ergänzung der Kammer bestimmt.

101    Die Parteien haben in der Sitzung vom 16. Juni 2021 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

102    Die Kläger beantragen,

–        das Abwicklungskonzept und den Beschluss 2017/1246 (im Folgenden zusammen: angefochtene Beschlüsse) für nichtig zu erklären und demgemäß die Kommission und den SRB zu verurteilen, ihnen ihre Investitionen in Banco Popular zurückzuerstatten, oder sie zu verurteilen, ihnen eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung zu leisten;

–        die Kommission und den SRB zu verurteilen, ihnen eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung zu leisten;

–        die Nichtigkeit der Bewertung 2 festzustellen und die Kommission und den SRB zu verurteilen, ihnen einen Ausgleich zu zahlen;

–        der Kommission und dem SRB die Kosten aufzuerlegen;

–        anzuordnen, dass die zugesprochenen Beträge um Ausgleichszinsen ab dem 23. Mai 2017, hilfsweise ab dem 7. Juni 2017, bis zum Tag der Verkündung des Urteils sowie um Verzugszinsen ab diesem Tag zu erhöhen sind, mit Ausnahme der Kosten des vorliegenden Verfahrens, auf die Verzugszinsen nur ab dem Tag der Verkündung des Urteils zu entrichten sind;

–        ihnen jede weitere vom Gericht für rechtlich angemessen erachtete Wiedergutmachung zuzuerkennen.

103    Die Kommission beantragt,

–        die Klage, soweit sie auf Nichtigerklärung gerichtet ist, als unbegründet abzuweisen;

–        die Klage, soweit mit ihr außervertragliche Haftung geltend gemacht wird, als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

–        die Klage, soweit sie gegen die Bewertung 2 gerichtet ist, als unzulässig abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

104    Der SRB beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

105    Banco Santander und das Königreich Spanien beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

IV.    Rechtliche Würdigung

106    Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger der Sache nach drei Klagebegehren. Der erste Klageantrag ist auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse gerichtet, der zweite enthält Schadensersatzbegehren und der dritte ist auf die Nichtigerklärung der Bewertung 2 und auf Leistung eines Ausgleichs gerichtet.

A.      Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse

107    Die Kläger stützen ihren Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse auf vier Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund rügen sie einen Verstoß gegen Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014. Mit dem zweiten Klagegrund rügen sie einen Verstoß gegen Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014. Mit dem dritten Klagegrund rügen sie eine Verletzung der in Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Rechte auf Gehör und auf Zugang zu den Akten. Mit dem vierten Klagegrund rügen sie eine Verletzung der Begründungspflicht. In ihren Stellungnahmen zu den Streithilfeschriftsätzen rügen die Kläger mit einem neuen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014.

108    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der SRB zum Umfang der vom Gericht ausgeübten Kontrolle ausführt, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs müsse der Unionsrichter bei komplexen technischen Fragen die von der Behörde getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen überprüfen, untersuchen, ob die erlassene Maßnahme mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch behaftet sei, und prüfen, ob die Behörde ihr Ermessen offensichtlich überschritten habe.

109    Nach Ansicht der Kläger gelten die vom SRB angeführten Grenzen der richterlichen Kontrolle im vorliegenden Fall nicht.

110    Die Rechtsprechung hat die vom Gericht ausgeübte Kontrolle sowohl in Fällen begrenzt, in denen die angefochtene Handlung auf hochkomplexe tatsächliche Umstände wissenschaftlicher und technischer Art gestützt ist, als auch in solchen, in denen es um komplexe wirtschaftliche Wertungen geht.

111    Zum einen muss sich in den Fällen, in denen die Unionsbehörden über ein weites Ermessen insbesondere in Bezug auf die Beurteilung hochkomplexer wissenschaftlicher und technischer tatsächlicher Umstände bei der Festlegung von Art und Umfang der von ihnen erlassenen Maßnahmen verfügen, die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränken, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist oder einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob diese Behörden die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten haben. In einem solchen Kontext darf der Unionsrichter nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen der Unionsbehörden setzen, denen allein der AEU‑Vertrag diese Aufgabe zugewiesen hat (Urteile vom 21. Juli 2011, Etimine, C‑15/10, EU:C:2011:504, Rn. 60, und vom 7. März 2013, Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, T‑93/10, EU:T:2013:106, Rn. 76; vgl. auch Urteil vom 11. Mai 2017, Deza/ECHA, T‑115/15, EU:T:2017:329, Rn. 163 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112    Zum anderen handelt es sich bei der Kontrolle, die die Unionsgerichte in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Unionsbehörden ausüben, um eine beschränkte Kontrolle, die sich zwangsläufig auf die Prüfung beschränkt, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt. Im Rahmen dieser Kontrolle darf der Unionsrichter somit nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, EU:C:1985:327, Rn. 34, vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. Januar 2020, Iberpotash/Kommission, T‑257/18, EU:T:2020:1, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    Da die Beschlüsse, die der SRB im Rahmen eines Abwicklungsverfahrens zu erlassen hat, auf hochkomplexen wirtschaftlichen und technischen Beurteilungen beruhen, gelten die Grundsätze, die sich aus der oben in den Rn. 111 und 112 angeführten Rechtsprechung ergeben, für die Kontrolle, die das Gericht auszuüben hat.

114    Auch wenn dem SRB ein Beurteilungsspielraum in wirtschaftlichen und technischen Fragen zusteht, bedeutet dies jedoch nicht, dass der Unionsrichter die Auslegung der Wirtschaftsdaten durch den SRB, die dessen Beschluss zugrunde liegen, nicht kontrollieren darf. Denn der Unionsrichter muss, wie der Gerichtshof entschieden hat, selbst bei komplexen Beurteilungen nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing, C‑525/04 P, EU:C:2007:698, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 26. März 2019, Kommission/Italien, C‑621/16 P, EU:C:2019:251, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. Dezember 2020, Comune di Milano/Kommission, C‑160/19 P, EU:C:2020:1012, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115    Ein die Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts rechtfertigender offensichtlicher Fehler der Kommission bei der Würdigung des Sachverhalts kann nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgelegten Beweise ausreichen, um die in diesem Konzept vorgenommene Sachverhaltswürdigung nicht plausibel erscheinen zu lassen (vgl. entsprechend Urteile vom 14. Juni 2018, Lubrizol France/Rat, C‑223/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:442, Rn. 39, vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, EU:T:1996:195, Rn. 59, und vom 13. Dezember 2018, Comune di Milano/Kommission, T‑167/13, EU:T:2018:940, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

1.      Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014

116    Die Kläger machen geltend, der SRB habe gegen Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 verstoßen, weil die drei in diesem Artikel aufgestellten Voraussetzungen für die Annahme des Abwicklungskonzepts nicht erfüllt gewesen seien. Dieser Klagegrund besteht aus drei Teilen, mit denen ein Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. a bis c der Verordnung Nr. 806/2014 gerügt wird.

117    Gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 legt der SRB nur dann ein Abwicklungskonzept fest, wenn er zu der Einschätzung gelangt, dass folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

„a)      Das Unternehmen fällt aus oder fällt wahrscheinlich aus.

b)      Bei Berücksichtigung zeitlicher Zwänge und anderer relevanter Umstände besteht nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch alternative Maßnahmen des privaten Sektors, einschließlich Maßnahmen durch ein institutsbezogenes Sicherungssystem, oder Maßnahmen der Aufsichtsbehörden (einschließlich Frühinterventionsmaßnahmen oder Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten gemäß Artikel 21), die in Bezug auf das Unternehmen getroffen werden, abgewendet werden kann.

c)      Eine Abwicklungsmaßnahme ist gemäß Absatz 5 im öffentlichen Interesse erforderlich.“

a)      Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014

118    Die Kläger führen aus, der SRB habe die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 wegen eines Liquiditäts- und nicht eines Solvenzproblems von Banco Popular als erfüllt angesehen. Der Sache nach erheben die Kläger drei Rügen. Ihrer Ansicht nach hätten der SRB und die Kommission nicht auf einen Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular schließen dürfen, denn erstens hätte die Bank, da sie vor einem Liquiditätsproblem gestanden habe, vorrangig eine Liquiditätshilfe erhalten müssen, zweitens habe sich diese Situation aus der Verletzung der Vertraulichkeitspflichten des SRB ergeben und sei drittens eine Folge der Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung durch den SRB und die Kommission.

119    Vorab ist die Anwendung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014, dass das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, im vorliegenden Fall zu prüfen.

120    In dieser Hinsicht nahm erstens die EZB am 6. Juni 2017 nach Anhörung des SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Bewertung der Frage des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular vor. In dieser Bewertung gelangte die EZB unter Berücksichtigung insbesondere der exzessiven Einlagenabzüge, der Geschwindigkeit der Liquiditätsverluste der Bank und deren Unvermögen, anderweit Liquidität zu generieren, zu dem Schluss, dass es objektive Anhaltspunkte dafür gebe, dass Banco Popular in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. Es sei davon auszugehen, dass Banco Popular ausfalle oder jedenfalls wahrscheinlich in naher Zukunft ausfallen werde im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

121    Zweitens teilte der Verwaltungsrat von Banco Popular der EZB mit Schreiben vom 6. Juni 2017 mit, er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Bank wahrscheinlich ausfalle.

122    In ihrem Schreiben vom 6. Juni 2017 an die EZB bezieht sich Banco Popular auf ihre Mitteilung an diese gemäß Art. 414 der Verordnung Nr. 575/2013 betreffend die Verletzung der Mindestanforderungen an die Liquiditätsdeckung und verweist auf die von ihrem Verwaltungsrat durchgeführte Bewertung in der Anlage zu diesem Schreiben, wonach Banco Popular ausfalle, und auf die Informationen und Analysen, aufgrund deren der Verwaltungsrat zu diesem Schluss gelangt sei.

123    In diesem Schreiben heißt es:

„Gemäß Art. 21.4 des Gesetzes 11/2015 und den Art. 45 und 46 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1075 [der Kommission vom 23. März 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen der Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und Gruppenabwicklungsplänen, die Mindestkriterien, anhand deren die zuständige Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne zu bewerten hat, die Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle Unterstützung, die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter, die vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen, die Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und Aussetzungsbekanntmachungen und die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien festgelegt w[erden] (ABl. 2016, L 184, S. 1)], teilt Banco Popular hiermit mit, dass ihr Verwaltungsrat die Bewertung ausgesprochen hat, dass die Bank wahrscheinlich ausfällt.“

124    Dazu machen die Kläger geltend, in seinem Teilprotokoll vom 6. Juni 2017, das diesem Schreiben als Anlage beigefügt gewesen sei, habe der Verwaltungsrat von Banco Popular ausgeführt, dass die Bank ausfalle, aber auch, dass er alles in seiner Macht Stehende tun werde, um diese Situation in Erwartung einer Notfallliquiditätshilfe zu bewältigen.

125    Es ist festzustellen, dass der Verwaltungsrat von Banco Popular in diesem Teilprotokoll vom 6. Juni 2017 die Schwierigkeiten hervorhob, denen sich Banco Popular gegenübersah, nämlich geringere Eigenmittelquoten der Gruppe als die ihrer Hauptwettbewerber, ein hohes Risiko bei notleidenden Vermögenswerten und eine geringere Deckung bei diesen im Vergleich zu den größten spanischen Instituten sowie insbesondere die Veröffentlichung von Presseartikeln während der vorangegangenen Monate über die finanzielle Gesundheit der Gruppe und deren Auswirkungen auf ihre Liquiditätssituation. Er wies auch auf die Herabstufung des Ratings durch die Ratingagenturen, den Kurssturz der Aktie von Banco Popular im Lauf des Jahres 2017 und auf die Verschlechterung der Liquiditäts- und der Finanzierungssituation der Bank hin. Der Verwaltungsrat war der Auffassung, dass sich die Liquiditätssituation von Banco Popular bis zur Unhaltbarkeit verschlechtert habe und dass die Nichteinhaltung der Liquiditätsdeckungsanforderung nicht nur mehr vorübergehend und für die Beurteilung der Frage ihres Ausfalls signifikant sei. Er gelangte daher zu dem Schluss, dass Banco Popular zu diesem Zeitpunkt als ausfallend angesehen werde.

126    Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Verwaltungsrat hinzufügte, er werde bis zu einer Entscheidung der zuständigen Behörden im Anschluss an die Übermittlung seiner Schlussfolgerung an die EZB weiter nach einer privaten Lösung für die derzeitige Situation durch eine Unternehmensübertragung suchen und weiter auf anderen Handlungsfeldern arbeiten, die eine Kapitalbeschaffung für das Institut ermöglichen könnten.

127    Drittens wies der SRB in Art. 2 des Abwicklungskonzepts auf das Ergebnis der Bewertung der EZB hin und gelangte in Art. 2.2 zu dem Schluss, dass danach die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt sei.

128    So wurde im vorliegenden Fall der Ausfall oder wahrscheinliche Ausfall von Banco Popular auf der Grundlage von Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 festgestellt, wonach für die Zwecke von Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels das Unternehmen als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten ist, wenn folgende Voraussetzung erfüllt ist:

„Das Unternehmen ist nicht in der Lage, seine Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen, oder es liegen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird.“

129    Als Erstes ist festzustellen, dass sich weder die EZB noch der SRB auf den Tatbestand von Art. 18 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 beriefen, wonach ein Unternehmen als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten ist, wenn „[seine] Vermögenswerte … die Höhe seiner Verbindlichkeiten [unterschreiten] oder … objektive Anhaltspunkte dafür vor[liegen], dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird“.

130    Somit ist die Insolvenz des Unternehmens keine Voraussetzung für die Feststellung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls nach Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 und folglich auch keine Voraussetzung für die Annahme eines Abwicklungskonzepts.

131    In dieser Hinsicht heißt es, wie der SRB ausführt, im 57. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014:

„Der Beschluss zur Abwicklung eines Unternehmens sollte gefasst werden, bevor ein Finanzunternehmen bilanzmäßig insolvent ist und das gesamte Eigenkapital aufgezehrt ist. Die Abwicklung sollte eingeleitet werden, nachdem festgestellt wurde, dass ein Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt und dass keine alternativen Maßnahmen des privaten Sektors einen solchen Ausfall innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abwenden würden. …“

132    Demnach war die Insolvenz von Banco Popular nicht der einzige Fall, in dem diese als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 angesehen werden konnte.

133    Da Insolvenz des betreffenden Unternehmens kein Tatbestandsmerkmal von Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 ist, gehen die Anhaltspunkte, die die Kläger anführen, um die Solvenz von Banco Popular darzutun, ins Leere. Die Tatsache, dass ein Unternehmen bilanzmäßig solvent ist, bedeutet nämlich nicht, dass es über ausreichend Liquidität, also frei verfügbare Mittel verfügt, um seine fällig werdenden Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten zu begleichen.

134    Als Zweites räumen die Kläger ein, dass Banco Popular zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts Liquiditätsprobleme hatte. Zudem bringen sie nichts vor, um in Frage zu stellen, dass sich Banco Popular zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts in der in Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 bezeichneten Situation befand, d. h., dass sie in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein würde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

135    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der SRB im 23. Erwägungsgrund des Abwicklungskonzepts unter Bezugnahme auf die von der EZB durchgeführte Bewertung feststellte, dass sich die Liquiditätssituation von Banco Popular wegen des Abzugs von Einlagen in allen Kundensegmenten seit Oktober 2016 erheblich verschlechtert habe. Daraus leitete er ab, dass die Bank nicht mehr über genügend Optionen zur Wiederherstellung ihrer Liquiditätsposition verfügt habe, um sich zu vergewissern, dass sie in einer stabilen Position sein würde, um ihren Verpflichtungen bei Fälligkeit nachzukommen.

136    Im Abwicklungskonzept führte der SRB die einzelnen Geschehnisse an, die seit Februar 2017 zu einer rapiden Verschlechterung der Liquiditätsposition von Banco Popular geführt hätten. Der SRB verwies u. a. auf die Veröffentlichung des Jahresberichts 2016 von Banco Popular im Februar 2017, in dem sie einen konsolidierten Verlust von 3,485 Mrd. Euro, einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro und die Ernennung eines neuen Präsidenten angekündigt habe, und auf die Veröffentlichung des Finanzberichts für das erste Quartal 2017 im Mai 2017, in dem sie weniger gute Ergebnisse als vom Markt erwartet angekündigt habe. Der SRB erwähnte die Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch verschiedene Ratingagenturen im Februar, April und Juni 2017. Zudem habe die anhaltende negative Berichterstattung in den Medien über die finanziellen Ergebnisse und über ein angeblich unmittelbar drohendes Konkurs- oder Illiquiditätsrisiko für Banco Popular zu einem vermehrten Abzug von Einlagen geführt.

137    Außerdem legte der SRB dar, am 12. Mai 2017 sei die Liquiditätsdeckungsanforderung für Banco Popular unter die Mindestschwelle von 80 % gesunken, die in Art. 460 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 575/2013 festgelegt sei, und ihr sei es nicht gelungen, diese Schwelle zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts wieder zu erreichen.

138    In ihrem Bericht vom 5. Juni 2017 zum Antrag von Banco Popular auf Notfallliquiditätshilfe führte die EZB zudem aus, infolge der massiven Einlagenabzüge und eines erheblichen Rückgangs der Sicherheiten von hoher Qualität und hoher Liquidität (high quality liquid assets) habe Banco Popular am 12. Mai 2017 die Schwelle von 80 % für die Liquiditätsdeckungsanforderung unterschritten und sei danach nicht wieder in der Lage gewesen, die gesetzliche Mindestgrenze einzuhalten.

139    Art. 412 Abs. 1 der Verordnung Nr. 575/2013 definiert die Liquiditätsdeckungsanforderung wie folgt:

„Institute müssen über liquide Aktiva verfügen, deren Gesamtwert die Liquiditätsabflüsse abzüglich der Liquiditätszuflüsse unter Stressbedingungen abdeckt, damit gewährleistet wird, dass sie über angemessene Liquiditätspuffer verfügen, um sich einem möglichen Ungleichgewicht zwischen Liquiditätszuflüssen und ‑abflüssen unter erheblichen Stressbedingungen während 30 Tagen stellen zu können. In Stressperioden dürfen Institute ihre liquiden Aktiva zur Deckung ihrer Netto-Liquiditätsabflüsse verwenden.“

140    Diese verschiedenen Anhaltspunkte sind enthalten in den Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vom 6. August 2015 zur Interpretation der Umstände, unter denen ein Institut gemäß Art. 32 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59 als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten ist (EBA/GL/2015/07) (im Folgenden: EBA-Leitlinien).

141    Diese ab dem 1. Januar 2016 geltenden Leitlinien enthalten eine Reihe objektiver Anhaltspunkte für die Feststellung, ob ein Unternehmen im Einklang mit den in Art. 32 Abs. 4 Buchst. a bis c der Richtlinie 2014/59 festgelegten Voraussetzungen als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend gilt. Art. 32 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2014/59 entspricht in seinem Wortlaut Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

142    Gemäß Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 bemühen sich der SRB, der Rat und die Kommission nach Kräften, die Leitlinien und Empfehlungen der EBA zu befolgen, die sich auf die Art der von diesen Gremien wahrzunehmenden Aufgaben beziehen.

143    Nach den EBA-Leitlinien gilt ein Institut als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Art. 32 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2014/59, wenn es gegen die regulatorischen Liquiditätsanforderungen verstößt, wenn es nicht in der Lage ist, seine Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen, oder wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird.

144    Unter den zu berücksichtigenden objektiven Anhaltspunkten nennen die EBA-Leitlinien u. a. erstens bedeutende nachteilige Entwicklungen, die sich auf die Entwicklung der Liquiditätsposition des Instituts und die Nachhaltigkeit seines Finanzierungsprofils sowie seine Fähigkeit zur Einhaltung der in der Verordnung Nr. 575/2013 festgelegten Mindest-Liquiditätsanforderungen und der gemäß ihrem Art. 105 auferlegten zusätzlichen Anforderungen oder jedweder nationaler Mindest- Liquiditätsanforderungen auswirken, zweitens eine beträchtlich nachteilige Entwicklung der aktuellen und zukünftigen Verbindlichkeiten des Instituts, bei deren Bewertung gegebenenfalls erwartete und außergewöhnliche Liquiditätsabflüsse, einschließlich sich abzeichnender Anzeichen eines möglichen Ansturms auf die Banken, berücksichtigt werden sollten, und drittens Entwicklungen, die den Ruf des Instituts wahrscheinlich ernsthaft schädigen würden, insbesondere bedeutende Herabstufungen des Ratings durch eine oder mehrere Ratingagenturen, wenn sie zu bedeutenden Mittelabflüssen oder der Unfähigkeit zur Erneuerung der Finanzierung oder der Aktivierung der vertraglichen auf externen Ratings basierenden Auslösebedingungen führen.

145    Daraus ergibt sich, dass entgegen dem Vorbringen der Kläger eine Liquiditätsknappheit einen hinreichenden Umstand darstellte, der die Abwicklung von Banco Popular rechtfertigte, zumal diese Situation nicht mehr vorübergehend war.

146    Die verschiedenen Anhaltspunkte, die die EZB und der SRB gemäß den EBA-Leitlinien berücksichtigt haben und die im Übrigen von den Klägern nicht in Frage gestellt werden, ließen zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts den Schluss zu, dass Banco Popular ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014.

147    Somit ist dem SRB und der Kommission kein Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt angesehen haben. Diese Schlussfolgerung wird durch die von den Klägern erhobenen Rügen nicht in Frage gestellt.

1)      Zur ersten Rüge, die die Notwendigkeit einer Liquiditätshilfe betrifft

148    Die Kläger machen geltend, nach dem 57. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 müsse, wenn eine Liquiditätshilfe gewährt werden könne, diese Lösung Vorrang vor der Feststellung des Ausfalls der Bank haben. Das Gebot der Bereitstellung von Liquidität sei zwingend, wenn wie im vorliegenden Fall die Liquiditätsknappheit von Banco Popular von den europäischen Organen und den spanischen öffentlichen Stellen verursacht worden sei. Sie verweisen auf die Erklärung, die die Vorsitzende des SRB vom 23. Mai 2017 in ihrem Interview im Fernsehsender Bloomberg abgegeben habe, auf den Artikel von Reuters vom 31. Mai 2017 und auf den Umstand, dass die spanischen öffentlichen Stellen bei Banco Popular Einlagen in Höhe von Milliarden von Euro abgezogen hätten, was zu einem Sturz der Aktie von Banco Popular und zu massiven Einlagenabzügen geführt habe. Damit machen die Kläger der Sache nach geltend, dass der SRB nicht auf den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular hätte schließen dürfen, denn ihr hätte, da sie vor einem Liquiditätsproblem gestanden habe, vorrangig eine Liquiditätshilfe gewährt werden müssen.

149    Diese Rüge beruht auf einem Fehlverständnis des 57. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 806/2014, wonach „[d]ie Notwendigkeit einer Notfallliquiditätshilfe von Seiten der Zentralbank … nicht für sich genommen eine Gegebenheit sein [sollte], die hinreichend nachweist, dass ein Unternehmen nicht in der Lage ist – oder es in naher Zukunft wahrscheinlich nicht sein wird –, seine Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu erfüllen“.

150    Dieser Erwägungsgrund ist dahin auszulegen, dass die Tatsache, dass ein Unternehmen bei einer Zentralbank eine Notfallliquiditätshilfe beantragt und ihm diese gewährt wird, nicht automatisch darauf schließen lässt, dass es ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014.

151    Wie indes die Kommission ausführt, wäre der Ausfall von Banco Popular nicht allein dadurch bestimmt worden, dass das Unternehmen eine Notfallliquiditätshilfe erhalten oder eine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe benötigt hätte.

152    Entgegen dem Vorbringen der Kläger kann aus dem 57. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 nicht abgeleitet werden, dass einer Bank im Fall von Liquiditätsproblemen vor der Feststellung ihres Ausfalls zunächst eine Notfallliquiditätshilfe zu gewähren ist.

153    Zudem stellte der SRB im 26. Erwägungsgrund Buchst. c des Abwicklungskonzepts fest, dass Banco Popular am 5. Juni 2017 eine erste Notfallliquiditätshilfe erhalten habe, nachdem die EZB keine Einwände erhoben habe, dass aber die Bank von Spanien nicht in der Lage gewesen sei, ihr eine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe zu gewähren.

154    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Bank von Spanien mit einem Schreiben vom 5. Juni 2017 bei der EZB die Genehmigung einer Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular beantragt hatte, um deren schwerer Liquiditätskrise zu begegnen. Am selben Tag richtete die Bank von Spanien ein weiteres Schreiben an die EZB mit einem Antrag auf Ausweitung der Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular, nachdem diese sie von äußerst umfangreichen Liquiditätsbewegungen informiert hatte. Diese beiden der EZB am selben Tag übermittelten Schreiben zeugen davon, wie rapide sich die Liquiditätssituation von Banco Popular verschlechtert hatte.

155    Wie die Kläger selbst einräumen, hatte der anhaltende Einlagenabzug zur Folge, dass die von der Bank von Spanien gewährte Notfallliquiditätshilfe im Lauf eines einzigen Tages erschöpft war.

156    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die EZB und der Verwaltungsrat von Banco Popular am 6. Juni 2017 wegen des Ausmaßes und der Schnelligkeit der Liquiditätsabflüsse zu dem Schluss gelangt waren, dass die Bank nicht mehr in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit am 7. Juni zu begleichen. Da der Ausfall von Banco Popular somit festgestellt war, kam eine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe nicht mehr in Betracht.

157    Der SRB stellte in Art. 3.2 Buchst. d des Abwicklungskonzepts ebenfalls fest, dass eine Notfallliquiditätshilfe angesichts der rapiden Verschlechterung der Liquiditätsposition von Banco Popular nicht ausgereicht hätte.

158    Insoweit ist zu beachten, dass dem SRB keine Rolle bei der Leistung einer Notfallliquiditätshilfe zukommt, die in die Zuständigkeit der nationalen Zentralbanken fällt, wie die Kläger einräumen.

159    Somit konnte der SRB im Abwicklungskonzept nur feststellen, dass zum einen die EZB in ihrer Bewertung der Situation von Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu der Ansicht gelangt sei, dass sich mit der von ihr genehmigten Notfallliquiditätshilfe die Liquiditätskrise von Banco Popular nicht bewältigen lasse, und dass zum anderen die Bank von Spanien keine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular genehmigt habe.

160    Daher ist die erste Rüge zurückzuweisen.

2)      Zur zweiten Rüge, die die Verletzung der Vertraulichkeitspflichten betrifft

161    Die Kläger machen geltend, der Ausfall von Banco Popular gehe darauf zurück, dass der SRB seine Vertraulichkeitspflichten nach Art. 339 AEUV sowie den Art. 88 und 89 der Verordnung Nr. 806/2014 verletzt habe. Die Illiquiditätssituation von Banco Popular sei durch die Erklärungen und die Indiskretionen des SRB vom 23. und 31. Mai 2017 verursacht worden, die zu massiven Einlagenabzügen und zum Sturz der Aktie von Banco Popular geführt hätten. Der SRB hätte nicht auf den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular schließen dürfen, da sich diese Situation aus der Verletzung seiner Vertraulichkeitspflichten ergeben habe.

162    Nach Ansicht der Kommission und des SRB setzt die Gültigkeit eines Abwicklungskonzepts und seiner Billigung durch die Kommission nur voraus, dass das Unternehmen ausfalle und dass die übrigen Voraussetzungen für eine Abwicklung bei der Annahme des Abwicklungskonzepts erfüllt seien. Es sei unerheblich, welche Gründe zu dieser Situation geführt hätten.

163    Es ist darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn die Kläger nachgewiesen hätten, dass der SRB vertrauliche Informationen an die Presse weitergegeben hat, nach ständiger Rechtsprechung eine Unregelmäßigkeit dieser Art nur dann zur Nichtigerklärung der fraglichen Entscheidung führen kann, wenn erwiesen ist, dass ohne sie die Entscheidung inhaltlich anders ausgefallen wäre (vgl. Urteile vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, EU:T:2000:180, Rn. 283 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, EU:T:2006:103, Rn. 416, sowie vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 402 und die dort angeführte Rechtsprechung).

164    Wie die Kommission und der SRB geltend machen, ist ein Abwicklungskonzept rechtswirksam angenommen, wenn die Voraussetzungen gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt sind, unabhängig von den Gründen, die zum Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall des betreffenden Unternehmens geführt haben.

165    Da der SRB die Voraussetzungen gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt ansah, legte er somit das Abwicklungskonzept für Banco Popular fest, das die Kommission als mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 im Einklang stehend billigte. Welche Umstände dazu geführt haben, dass Banco Popular die Voraussetzungen für die Annahme des Abwicklungskonzepts erfüllte, insbesondere die Voraussetzung ihres Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls, ist unerheblich.

166    Folglich ist das Vorbringen der Kläger, dass die Liquiditätskrise von Banco Popular auf die Erklärung der Vorsitzenden des SRB vom 23. Mai 2017 und den oben in Rn. 42 erwähnten Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 zurückgehe, für die Frage, ob die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt war, und damit für die Beurteilung der Gültigkeit des Abwicklungskonzepts unerheblich.

167    Ein von den Klägern behaupteter Kausalzusammenhang zwischen diesen Offenlegungen und der Liquiditätskrise ist unerheblich und kann nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse führen. Soweit die Kläger geltend machen, dass die Erklärung der Vorsitzenden des SRB vom 23. Mai 2017 und der Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 eine Verletzung der Vertraulichkeitspflicht durch den SRB darstellten, auf die ihr Schaden zurückzuführen sei, wird deren Inhalt im Rahmen des zweiten Schadensersatzbegehrens geprüft.

168    Die Kläger treten dem Vorbringen entgegen, es sei unerheblich, welche Gründe zum Ausfall der Bank geführt hätten. In einem solchen Fall verfügten der SRB, die Kommission und der FROB über einen in der Verordnung Nr. 806/2014 nicht vorgesehenen Ermessensspielraum, was dem Grundsatz nemo auditur propriam turpitudinem allegans zuwiderlaufe.

169    Zur Berufung der Kläger auf diesen Grundsatz, wonach sich niemand gegenüber einem anderen auf sein eigenes Fehlverhalten berufen kann, um einen Vorteil zu erlangen, genügt es, mit dem SRB festzustellen, dass dieser Grundsatz im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Wie der SRB darlegt, gilt dieser Grundsatz, wenn eine Partei unzulässigerweise Nutzen aus ihrem eigenen unrechtmäßigen Verhalten zu ziehen versucht. Die Kläger geben jedoch nicht an, welchen Vorteil der SRB aus der Annahme des Abwicklungskonzepts gezogen haben soll.

170    Daher ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

3)      Zur dritten Rüge, die eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung betrifft

171    Die Kläger machen geltend, da der SRB die Liquiditätskrise von Banco Popular ausgelöst habe, seien er und die Kommission verpflichtet, den verursachten Schaden gemäß dem in Art. 41 der Charta verankerten Grundsatz der guten Verwaltung zu mindern. Der SRB und die Kommission hätten den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung dadurch verletzt, dass sie den angeblichen Ausfall von Banco Popular nicht sorgfältig und unparteiisch geprüft hätten, dass sie außer Acht gelassen hätten, dass dieser durch die Erklärungen des SRB und den massiven Einlagenabzug durch die spanischen öffentlichen Stellen verursacht worden sei, und dass sie nicht berücksichtigt hätten, dass die Situation durch eine Notfallliquiditätshilfe hätte bewältigt werden können. Zudem hätten der SRB und die Kommission den Sorgfaltsgrundsatz verletzt, weil sie in Kenntnis dessen, dass die Erklärungen des SRB zu der Liquiditätskrise von Banco Popular geführt hätten, nichts unternommen hätten, um dieser abzuhelfen und die Abwicklung zu vermeiden, insbesondere durch die Gewährung einer Notfallliquiditätshilfe.

172    In der Erwiderung erläutern die Kläger, sie machten mit dieser Rüge geltend, dass der SRB und die Kommission gemäß dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung in Bezug auf die Abwicklung von Banco Popular anders hätten vorgehen und den von ihnen verursachten Schaden verringern müssen.

173    Es ist unklar, welchen Zusammenhang die Kläger zwischen der geltend gemachten Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Nichtbeachtung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 herstellen. Auch die Bezugnahme auf einen Schaden, den der SRB und die Kommission hätten mindern müssen, ist im Kontext der Prüfung der Beachtung dieser Voraussetzung schwer verständlich.

174    Zudem ist auf das Ergebnis der Prüfung der zweiten Rüge hinzuweisen, wonach die Ursachen für den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular unerheblich sind für die Frage, ob die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt war, und damit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beschlüsse. In dieser Hinsicht erläutern die Kläger zum einen nicht, inwiefern es nicht möglich gewesen wäre, den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular wegen fehlender Liquidität festzustellen, wenn der SRB und die Kommission diese Umstände berücksichtigt hätten, und so die Erfüllung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 festzustellen. Zum anderen berücksichtigt das Vorbringen der Kläger auch nicht, dass sich die Feststellung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls aus der von der EZB vorgenommenen Bewertung ergibt.

175    Zu dem Vorbringen, der SRB und die Kommission hätten nicht berücksichtigt, dass sich die Situation von Banco Popular durch Gewährung einer Notfallliquiditätshilfe durch die Bank von Spanien hätte bewältigen lassen, genügt der Verweis auf die Prüfung der ersten Rüge und darauf, dass eine solche Maßnahme in die Zuständigkeit der nationalen Zentralbanken fällt.

176    Zu dem Vorbringen, der SRB und die Kommission hätten die Situation von Banco Popular zur Vermeidung der Abwicklung durch Frühinterventionsmaßnahmen gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 bewältigen müssen, genügt die Feststellung, dass die Kläger nicht erläutern, auf welche Art von in die Zuständigkeit des SRB oder der Kommission fallenden Maßnahmen sie sich beziehen. Für den Erlass von Frühinterventionsmaßnahmen nach Art. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 sind die EZB und die zuständigen nationalen Behörden zuständig.

177    Somit ist die dritte Rüge und damit der erste Teil zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014

178    Die Kläger rügen einen Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014, weil der SRB alternative Lösungen gegenüber der Abwicklung nicht ordnungsgemäß geprüft habe. Es habe mehrere durchführbare alternative Maßnahmen gegenüber der Abwicklung gegeben.

179    Als Erstes führen die Kläger aus, dass die Gewährung der gesamten von der EZB ursprünglich genehmigten Notfallliquiditätshilfe und die Bemühungen von Banco Popular um die Beschaffung von Mitteln bis zum 16. Juni 2017 dieser erlaubt hätten, ihre Geschäftstätigkeit bis zum 21. Juni 2017 fortzuführen und ein privates Veräußerungsverfahren oder eine Kapitalerhöhung durchzuführen.

180    Wie die Prüfung der ersten Rüge des ersten Teils ergeben hat, stellte der SRB im Abwicklungskonzept fest, dass die Bank von Spanien nach der Gewährung einer ersten Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular am 5. Juni 2017 nicht in der Lage gewesen sei, ihr eine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe zu gewähren. Da für die Gewährung einer Notfallliquiditätshilfe die nationalen Zentralbanken zuständig sind, konnte der SRB nur zur Kenntnis nehmen, dass eine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe nicht zur Verfügung stand.

181    Die Kläger führen dazu aus, trotz der Weigerung der Bank von Spanien, eine neue Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular zu gewähren, sei eine Ausweitung der Notfallliquiditätshilfe für diese möglich gewesen. Eine realistischere Bewertung der Sicherheiten hätte die Gewährung der von Banco Popular beantragten zusätzlichen Notfallliquiditätshilfe erlaubt, und selbst im Fall unzureichender Sicherheiten seitens Banco Popular hätte der spanische Staat diese Garantie stellen können. Auch der FROB hätte Banco Popular Liquidität zur Verfügung stellen können.

182    Hierzu genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen auf bloßen Vermutungen über eine Hilfe beruht, die Dritte und insbesondere die spanischen öffentlichen Stellen Banco Popular hätten leisten können.

183    Zudem ist zu beachten, dass nach Art. 6 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 „Beschlüsse oder Maßnahmen des [SRB], des Rates oder der Kommission … weder von den Mitgliedstaaten die Gewährung einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln verlangen noch die Haushaltshoheit oder die haushaltspolitischen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten beeinträchtigen [dürfen]“. Weder dem SRB noch der Kommission war es demnach möglich, den spanischen Stellen die Leistung einer finanziellen Unterstützung in Form von Liquidität oder Garantien an Banco Popular vorzuschreiben.

184    Außerdem hatte die EZB in ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular festgestellt, dass selbst mit dem Rückgriff auf die Notfallliquiditätshilfe, gegen die der EZB-Rat am 5. Juni 2017 keine Einwände erhoben habe, die Liquiditätssituation zum Zeitpunkt der Bewertung nicht ausreiche, um die Fähigkeit von Banco Popular zu gewährleisten, ihren Verpflichtungen bis zum 7. Juni 2017 nachzukommen.

185    Somit ist die Prämisse, auf der das Vorbringen der Kläger beruht, Banco Popular hätte die gesamte von der EZB ursprünglich genehmigte Notfallliquiditätshilfe erhalten können, unzutreffend. Die von den Klägern angeführten alternativen Lösungen kamen, da sie die Gewährung dieser zusätzlichen Notfallliquiditätshilfe voraussetzten, nicht in Betracht. Zudem ist das Vorbringen der Kläger, die Gewährung der gesamten Notfallliquiditätshilfe hätte Banco Popular die Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit bis zum 21. Juni 2017 erlaubt, eine bloße Annahme, die weder den Folgen der weiteren Einlagenabflüsse noch deren Ausmaß Rechnung trägt.

186    Als Zweites machen die Kläger der Sache nach geltend, der SRB habe in Art. 3 des Abwicklungskonzepts nicht erläutert, aus welchen Gründen andere Maßnahmen nicht in Betracht gekommen seien.

187    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der SRB in Art. 3 des Abwicklungskonzepts unter Berücksichtigung der Bewertung der EZB zu dem Schluss gelangte, dass es keine alternative Maßnahme gebe, mit der der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könne, und dass die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt sei.

188    Im Einzelnen führte der SRB in Art. 3.2 des Abwicklungskonzepts aus, nach vernünftigem Ermessen bestehe keine Aussicht, dass der Ausfall von Banco Popular durch andere Maßnahmen des privaten Sektors abgewendet werden könne. Das Fehlen solcher Maßnahmen lasse sich u. a. aus folgenden Umständen ableiten:

–        Die Bank selbst habe in einem Schreiben an die EZB vom 6. Juni 2017 ihren Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall eingeräumt;

–        das private Veräußerungsverfahren habe kein positives Ergebnis innerhalb eines Zeitraums erbracht, der es der Bank erlaubt hätte, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen;

–        es sei wenig wahrscheinlich, dass die Bank in der Lage sein werde, rechtzeitig zusätzliche Liquidität durch Marktgeschäfte, durch Maßnahmen der Zentralbank oder durch in ihrem Rücklagenfonds und in ihren Rettungsplänen vorgesehene Maßnahmen zu beschaffen;

–        eine Notfallliquiditätshilfe wäre angesichts der rapiden Verschlechterung der Liquiditätsposition unzureichend gewesen.

189    In Art. 3.3 des Abwicklungskonzepts führte der SRB aus, es bestehe keine Aussicht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, einschließlich solcher der Frühintervention, abgewendet werden könne. In ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular habe die EZB bestätigt, dass keine Maßnahmen der Aufsichtsbehörden oder der Frühintervention zur Verfügung stünden, mit denen die Liquiditätsposition der Bank sofort wiederhergestellt und ihr genügend Zeit für eine Unternehmensübertragung oder eine andere Lösung verschafft werden könnte. Mit den Maßnahmen, die der EZB als der zuständigen Behörde gemäß der nationalen Umsetzung von Art. 104 der Richtlinie 2013/36 und den Art. 27 bis 29 der Richtlinie 2014/59 oder gemäß Art. 16 der Verordnung Nr. 1024/2013 zur Verfügung stünden, könne angesichts der festgestellten erheblichen und rapiden Verschlechterung der Liquiditätsposition nicht gewährleistet werden, dass die Bank in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

190    In Art. 3.4 des Abwicklungskonzepts legte der SRB dar, nach vernünftigem Ermessen bestehe auch keine Aussicht, dass mit der Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung und zur Umwandlung von Kapitalinstrumenten nach Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könne. Da Banco Popular wegen ihrer Liquiditätsposition ausfalle oder wahrscheinlich ausfalle, reichten die Herabschreibung und die Umwandlung von Kapitalinstrumenten zur Wiederherstellung der Liquiditätssituation nicht aus.

191    Diese Bestimmungen sind in voller Länge in der Fassung des Abwicklungskonzepts enthalten, die am 2. Februar 2018 auf der Website des SRB veröffentlicht wurde und der Erwiderung als Anlage beigefügt ist. Daher können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass der SRB im Abwicklungskonzept nicht begründet habe, warum alternative Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, einschließlich solcher der Frühintervention, oder Maßnahmen des privaten Sektors nicht in Betracht gekommen seien.

192    Wie zudem die Kommission und der SRB geltend machen, durfte sich Letzterer nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Zeit und der Umstände auf die Prüfung der alternativen Maßnahmen beschränken, mit denen der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden konnte.

193    Als Drittes meinen die Kläger, dass eine Erhöhung des Kapitals von Banco Popular möglich gewesen sei. Davon ausgehend, dass die fehlende Liquidität von Banco Popular auf eine Entkapitalisierung zurückzuführen gewesen sei, machen sie geltend, dass Banco Popular 2 bis 5 Mrd. Euro benötigt habe. Presseberichten zufolge hätten Investitionsbanken an einer Kapitalerhöhung von 4 oder 5 Mrd. Euro gearbeitet. Nach Ansicht der spezialisierten Analysten wäre diese Kapitalerhöhung aus zwei Gründen durchführbar gewesen. Zum einen sei das Gesellschaftskapital von Banco Popular zu ungefähr 31,5 % in den Händen von Großinvestoren gewesen, die bereit gewesen wären, 2017 eine Kapitalerhöhung zu zeichnen. Zum anderen hätten die Analysten im Mai 2017, vor den Erklärungen der Vorsitzenden des SRB, die Aktie von Banco Popular als unterbewertet angesehen, es habe also Vertrauen in die Revalorisierung dieser Aktie gegeben. In einem Schreiben der Barclays Bank vom 3. Juni 2017 und einem Schreiben der Deutschen Bank vom 5. Juni 2017 an Banco Popular hätten diese ihre Bereitschaft bekundet, sich an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen.

194    Wie die Kläger selbst angeben, stützt sich diese Lösung auf die Annahme, dass die fehlende Liquidität von Banco Popular auf eine Entkapitalisierung zurückzuführen gewesen sei. Wie bereits festgestellt, ergab sich die fehlende Liquidität von Banco Popular aber aus dem Ansturm auf die Bank infolge eines Vertrauensverlusts der Einleger, und nur eine Maßnahme, mit der rasch ausreichend Liquidität beschafft werden konnte, damit Banco Popular ihren Verpflichtungen zum 7. Juni 2017 nachkommen konnte, war als eine gangbare alternative Lösung anzusehen. Die Kläger haben nicht dargelegt, dass dies bei der von ihnen angeführten Kapitalerhöhung der Fall gewesen wäre, die im Übrigen rein hypothetisch war und die jedenfalls erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt wäre.

195    Das Schreiben der Barclays Bank vom 3. Juni 2017 und das Schreiben der Deutschen Bank vom 5. Juni 2017 haben die Kläger in Auszügen als Anlagen zur Erwiderung vorgelegt. Mit am 6. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Kläger gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt, das auf die Vorlage der vollständigen Fassung dieser beiden Schreiben nach ihrer Veröffentlichung auf der Website von Diario 16 am 9. April 2019 gerichtet ist. In einem Artikel mit dem Titel „Abwicklung und Verkauf von Banco Popular entsprachen nicht den gesetzlichen Bestimmungen“ wurde auf der Website von Diario 16 eine Reihe von Dokumenten veröffentlicht, darunter das Schreiben der Barclays Bank vom 3. Juni 2017 und das der Deutschen Bank vom 5. Juni 2017 in ihrem vollen Wortlaut.

196    Nach Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung können die Hauptparteien ausnahmsweise noch vor Abschluss des mündlichen Verfahrens oder vor einer Entscheidung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden, Beweise oder Beweisangebote vorlegen, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist.

197    Mit dem Hinweis darauf, dass ihnen diese Schreiben vor ihrer Veröffentlichung im Internet am 9. April 2019 nicht in ihrem vollen Wortlaut zugänglich gewesen seien, haben die Kläger die Gründe dargelegt, aus denen sie diese ihren früheren Schriftsätzen nicht als Anlage beifügen konnten. Diese neuen Beweise sind somit als zulässig anzusehen.

198    Zum Inhalt der beiden Schreiben ist festzustellen, dass sie keinerlei verbindliche Zusage dieser Banken enthalten, sich an einer Kapitalerhöhung von Banco Popular zu beteiligen, sondern nur Gespräche über eine mögliche künftige Kapitalerhöhung widerspiegeln. Aus diesen Schreiben geht hervor, dass das Vorhaben einer Kapitalerhöhung von Banco Popular zum Zeitpunkt ihrer Versendung noch in seinem sehr frühen Stadium war.

199    So bezieht sich die Barclays Bank in ihrem Schreiben vom 3. Juni 2017 an Banco Popular nur auf kürzlich geführte Gespräche über eine Kapitalerhöhung mit dem Ziel für Banco Popular, ihren zusätzlichen Deckungsbedarf zu befriedigen und ein deutlich höheres Kapitalniveau zu erreichen, um die Herausforderungen durch besondere Risikopositionen im Immobiliensektor und andere notleidende Vermögenswerte abzumildern, denen sie sich gegenübersehe.

200    In diesem Schreiben bekräftigte die Barclays Bank ihre Unterstützung für Banco Popular und führte aus, sie sei in der Lage, diese bei dieser wichtigen Transaktion zu unterstützen. Die Barclays Bank bekundete ihr Interesse daran, als Konsortialführer oder Bookrunner 50 % der Transaktion zu Marktbedingungen zu zeichnen. Sie meldete rechtliche Vorbehalte an mit dem Hinweis, dass sich „[j]ede Verpflichtung oder jedes Angebot im Zusammenhang mit einer derartigen Zeichnung … in einer oder mehreren gesonderten Vereinbarungen zwischen Banco Popular und [ihr] niederschlagen [würde], sofern die Marktbedingungen zufriedenstellend sind, eine Vorabprüfung gute Ergebnisse erbracht hat, die Parteien sich über die Konditionen und die Preise zu diesem Zeitpunkt verständigt haben … und alle erforderlichen internen Genehmigungen vorliegen“. Schließlich hob die Barclays Bank hervor, dass dieses Schreiben kein Angebot für die Zeichnung der Transaktion oder irgendeiner Finanzierung darstelle und nicht auf die Schaffung eines Rechtsverhältnisses zwischen ihr und Banco Popular ziele.

201    Somit deutet zum einen nichts in diesem Schreiben darauf hin, dass die Barclays Bank bereit war, sich finanziell an dieser Kapitalerhöhung zu beteiligen, und zum anderen erwähnt die Barclays Bank nicht die Liquiditätskrise, in der sich Banco Popular befand, und schlägt keine Lösung zu deren Bewältigung vor.

202    In ihrem Schreiben vom 5. Juni 2017 an Banco Popular erwähnt die Deutsche Bank lediglich ihr Interesse daran, 50 % einer möglichen Kapitalerhöhung von 4 Mrd. Euro sicherzustellen. Sie führt nur aus, dass „[s]elbstverständlich … bestimmte Voraussetzungen [bestehen, dass] dem Schreiben … aber unsere Überzeugung zugrunde [liegt], dass unter Bedingungen, die wir für realistischerweise erfüllbar halten, eine [Kapital‑]Erhöhung durchgeführt werden könnte, die die Bank stabilisieren würde“. Die Deutsche Bank gab an, sie sei an verschiedene Investoren herangetreten und halte, „selbstverständlich ohne absolute Gewissheit“, eine Kapitalerhöhung für möglich.

203    Dieses Schreiben kann somit nicht dahin ausgelegt werden, dass es eine verbindliche Zusage der Deutschen Bank enthält, sich an einer Erhöhung des Kapitals von Banco Popular zu beteiligen, und es betrifft keine Lösung zur Bewältigung von deren Liquiditätskrise.

204    Die Kläger weisen weiter darauf hin, dass Banco Popular in ihrem Kapitalplan vom April 2017 vorhergesehen habe, dass eine Kapitalerhöhung innerhalb eines Monats durchgeführt werden könne. Dazu genügt der Hinweis, dass Banco Popular in diesem Dokument einen Zeitraum von einem bis drei Monaten für die Durchführung einer Kapitalerhöhung nennt und dass der veranschlagte Zeitraum von einem Monat ab Unterzeichnung des Zeichnungsvertrags berechnet ist. Da jedoch kein verbindliches Angebot für eine Kapitalerhöhung abgegeben worden war, ist diesem Vorbringen nicht zu folgen.

205    Zudem wird die Aussicht, dass sich durch eine Kapitalerhöhung ausreichend Liquidität zur Abwendung der Abwicklung von Banco Popular würde beschaffen lassen, dadurch widerlegt, dass der Verwaltungsrat von Banco Popular am 6. Juni 2017 zu dem Schluss gelangte, dass die Bank wahrscheinlich ausfalle.

206    Die Kläger erläutern somit weder, wie diese Kapitalerhöhung so rechtzeitig hätte durchgeführt werden können, dass genügend Liquidität zur Abwendung des Ausfalls von Banco Popular beschafft worden wäre, noch, wie diese in der Lage gewesen sein sollte, die Einlagenflucht einzudämmen und die Liquiditätsposition von Banco Popular langfristig wiederherzustellen. Die Kläger haben somit nicht dargetan, dass eine Kapitalerhöhung eine durchführbare alternative Lösung gegenüber der Abwicklung von Banco Popular war.

207    Als Viertes machen die Kläger geltend, dass eine Ausgliederung von Vermögenswerten von Banco Popular möglich gewesen sei. Diese habe an einer Veräußerung ihres Immobilienvermögens für 6 Mrd. Euro gearbeitet und am 5. Mai 2017 erklärt, dass Fortschritte in diesem Sinne gemacht worden seien. Nach Ansicht der Kläger haben spätere Ereignisse bestätigt, dass die Ausgliederung aller oder eines Teils der unproduktiven Vermögenswerte von Banco Popular möglich gewesen sei. Banco Santander habe 51 % der beschlagnahmten Vermögenswerte und der zweifelhaften Forderungen von Banco Popular nach deren Erwerb zum Verkauf angeboten, und internationale Fonds hätten ihr Interesse am Erwerb dieser Vermögenswerte bekundet. Zudem habe Banco Popular im Mai 2017 erklärt, sie beabsichtige, ihre nicht strategischen Vermögenswerte zu veräußern, und habe verbindliche Angebote für mehrere von ihnen erhalten. Die Kläger machen geltend, selbst wenn es keinen sofortigen Erwerber für die unproduktiven und die nicht strategischen Vermögenswerte von Banco Popular gegeben haben sollte, hätten diese auf das Brückeninstitut übertragen werden können. Die Ausgliederung von Vermögenswerten hätte es Banco Popular erlaubt, kurzfristig Liquidität zu erhalten, um ihre Geschäftstätigkeit für einige Wochen fortzuführen und so die private Veräußerung oder eine Kapitalerhöhung durchzuführen.

208    Es ist festzustellen, dass das Vorbringen der Kläger auf bloßen Annahmen beruht, dass Veräußerungen von Vermögenswerten möglich gewesen wären. Sie führen aus, dass Banco Popular notleidende oder nicht strategische Vermögenswerte hätte veräußern können, ohne zu erläutern, um welche Vermögenswerte genau es sich dabei gehandelt haben soll, zu welchem Preis sie hätten veräußert werden können oder ob es Interessenten für einen solchen Erwerb oder gar laufende Transaktionen gegeben habe. Insoweit sprechen die Kläger selbst den Fall an, dass es keinen sofortigen Erwerber für diese Vermögenswerte gegeben hätte. Sie tun demnach nicht dar, dass Veräußerungen von Vermögenswerten tatsächlich so rechtzeitig durchführbar gewesen wären, dass Banco Popular ausreichend Liquidität hätte beschaffen können, um den massiven Einlagenabzügen standzuhalten und einen Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall am 6. Juni 2017 abzuwenden.

209    Zu der von den Klägern für den Fall, dass es keinen sofortigen Erwerber gegeben hätte, angeführten Möglichkeit, die notleidenden oder die nicht strategischen Vermögenswerte auf ein Brückeninstitut zu übertragen, um sie sodann gemäß den Art. 25 und 26 der Verordnung Nr. 806/2014 zu veräußern, genügt die Feststellung, dass dies keine alternativen Lösungen gegenüber der Abwicklung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 sind, sondern andere Abwicklungsinstrumente, deren Anwendung definitionsgemäß voraussetzt, dass das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt.

210    Zum Vorbringen der Kläger, Banco Popular habe am 5. Mai 2017 mitgeteilt, dass es Fortschritte bei der Veräußerung von Immobilienvermögenswerten gegeben habe, genügt die Feststellung, dass die Kläger nicht nachweisen, dass dieses Vorhaben vor der Feststellung des Ausfalls von Banco Popular hätte abgeschlossen werden können.

211    Für ihr Vorbringen, Banco Popular habe verbindliche Angebote für mehrere ihrer Vermögenswerte erhalten, legen die Kläger keinen Beweis vor. Nur unter Anführung von Presseartikeln erwähnen sie die Veräußerung von Targo Bank an den Crédit mutuel am 2. Juni 2017 und Gespräche über die Veräußerung von TotalBank für 500 Mio. Euro. Es genügt jedoch der Hinweis, dass zum einen die Veräußerung von Targo Bank den Ausfall von Banco Popular nicht verhindert hat und dass zum anderen die Kläger nicht dargetan haben, dass die Veräußerung von TotalBank so rechtzeitig möglich gewesen wäre, dass Banco Popular ausreichend Liquidität hätte finden können, um ihren Verpflichtungen zum 7. Juni 2017 nachzukommen.

212    Zum Vorbringen der Kläger, nach der Veräußerung von Banco Popular habe Banco Santander Vermögenswerte veräußert, genügt die Feststellung, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Abwicklungskonzepts unerheblich ist.

213    Schließlich ist mit dem SRB darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen, diese Veräußerungen von Vermögenswerten hätten erfolgreich durchgeführt werden können, rein spekulativ ist, selbst wenn Banco Popular über mehr Zeit verfügt hätte. Jedenfalls erläutern die Kläger nicht, wie solche Maßnahmen, selbst wenn diese Veräußerungen von Vermögenswerten so rechtzeitig hätten erfolgen können, dass neue Liquidität hätte zugeführt werden können, es erlaubt hätten, die Einlagenabzüge einzudämmen und das Vertrauen des Marktes wiederherzustellen und so die Liquiditätsabflüsse zu unterbrechen und die langfristige Existenzfähigkeit von Banco Popular wiederherzustellen.

214    Die Kläger machen auch geltend, die EZB habe am 5. Juni 2017 festgestellt, dass Banco Popular eine Kapitalerhöhung mit Veräußerung nicht strategischer Vermögenswerte und einen Plan zur Veräußerung von Vermögenswerten vorgesehen habe, und habe die Umsetzung dieser Lösungen nicht als unmöglich bezeichnet.

215    Mit diesem Vorbringen beziehen sich die Kläger auf die Bewertung des Antrags von Banco Popular auf Notfallliquiditätshilfe, die die EZB am 5. Juni 2017 vornahm und in der diese die objektiven Anhaltspunkte betreffend die Entwicklung der Liquiditätssituation von Banco Popular, wie die Entwicklung der Liquiditätsdeckungsanforderungen, ihrer zusätzlich realisierbaren Liquidität (counterbalancing capacity) und der Einlagenabflüsse, sowie die Umsetzung der von der Bank ergriffenen, noch laufenden Maßnahmen zur Beschaffung von Liquidität beschrieb. Dazu führte die EZB aus, dass nach den Informationen von Banco Popular für Mitte Juni eine Mobilisierung zusätzlicher Liquidität mittels Entschuldung, Verkauf von Anleihen und Verkauf unproduktiver Vermögenswerte erwartet worden sei.

216    Es ist festzustellen, dass die EZB lediglich die tatsächliche Entwicklung der Liquiditätsposition von Banco Popular beschrieb, und zwar, wie sie ausführt, auf der Grundlage der von der Bank selbst gelieferten Daten. Für die EZB ging es nicht darum, sich zur Machbarkeit der von der Bank geplanten Maßnahmen zu äußern. Zudem wird klargestellt, dass diese Maßnahmen Banco Popular Mitte Juni, also nach der Abwicklung, neue Liquidität verschaffen sollten.

217    Indes stellte die EZB am 6. Juni 2017 in ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular fest, diese habe zwar in den vorangegangenen Wochen verschiedene Maßnahmen zur Beschaffung zusätzlicher Liquidität entwickelt und mit ihrer Umsetzung begonnen, doch habe der Umfang der realisierten und noch erwarteten Zuflüsse nicht ausgereicht, um der Verschlechterung der Liquiditätsposition der Bank zum Zeitpunkt der Bewertung abzuhelfen. Banco Popular habe nur sehr begrenzte Optionen für die Beschaffung von Mitteln durch normale Marktgeschäfte oder durch Maßnahmen der nationalen Zentralbank und sei nicht in der Lage, ausreichend zusätzliche Liquidität durch die in ihrem Notfinanzierungs- und Rettungsplan vorgesehenen Maßnahmen aufzubringen. Banco Popular habe bereits verschiedene Maßnahmen zur Korrektur ihrer Liquiditätsposition getroffen, diese hätten jedoch letztlich nicht ausgereicht, um der Verschlechterung ihrer Liquiditätsposition zu begegnen.

218    Als Fünftes machen die Kläger geltend, die private Veräußerung von Banco Popular an einen Dritten sei durchführbar gewesen. Diese Lösung sei vom SRB aus Zeitgründen angesichts der fehlenden Liquidität und nicht wegen Undurchführbarkeit verworfen worden. Obwohl mehrere Institute Angebote abgegeben und so ihr Interesse an einem Erwerb von Banco Popular bekundet hätten, hätten die europäischen Stellen nur zwei potenzielle Erwerber zur Teilnahme an dem Veräußerungsverfahren Anfang Juni 2017 eingeladen. Es treffe zudem nicht zu, dass das private Veräußerungsverfahren im Mai 2017 gescheitert sei, denn die am Erwerb von Banco Popular interessierten Unternehmen hätten für die Abgabe eines Angebots bis Ende Juni 2017 Zeit gehabt.

219    Dieses Vorbringen beruht auf einem Fehlverständnis der Tatsachen.

220    Wie oben in Rn. 59 dargelegt, hatte die EZB in ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular festgestellt, dass die Verhandlungen im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens bis dahin zu keinem positiven Ergebnis geführt hätten und dass die Durchführung dieser Veräußerung nicht innerhalb einer Frist absehbar gewesen sei, die es Banco Popular ermöglicht hätte, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

221    Es ist auch festzustellen, dass der Verwaltungsrat von Banco Popular durch die Anerkennung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls der Bank am 6. Juni 2017 eingeräumt hat, dass die private Veräußerung zu diesem Zeitpunkt als Lösung nicht mehr in Betracht kam.

222    So beschrieb der SRB im 26. Erwägungsgrund des Abwicklungskonzepts die Maßnahmen, die Banco Popular ergriffen hatte, um ihren Liquiditätsproblemen abzuhelfen, darunter ein im April 2017 eingeleitetes privates Veräußerungsverfahren. Er wies darauf hin, dass die Angebotsfrist für potenzielle Erwerber ursprünglich am 10. Juni 2017 geendet habe und später bis Ende Juni 2017 verlängert worden sei. Dieses Verfahren sei aber zum Zeitpunkt des Abwicklungskonzepts nicht erfolgreich abgeschlossen gewesen.

223    In Art. 3.2 des Abwicklungskonzepts führte der SRB aus, nach vernünftigem Ermessen bestehe keine Aussicht, dass der Ausfall von Banco Popular durch andere Maßnahmen des privaten Sektors abgewendet werden könne, und das Fehlen solcher Maßnahmen lasse sich u. a. daraus ableiten, dass das private Veräußerungsverfahren kein positives Ergebnis innerhalb eines Zeitraums erbracht habe, der es der Bank erlaubt hätte, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. In Art. 6.6 des Abwicklungskonzepts wies der SRB zudem darauf hin, dass Banco Popular in der Zeit unmittelbar vor der Abwicklung ein privates Veräußerungsverfahren durchgeführt habe und dass sich in der Woche des 29. Mai 2017 gezeigt habe, dass dieses Verfahren scheitern werde.

224    Der SRB stellte somit fest, dass das von Banco Popular eingeleitete private Veräußerungsverfahren gescheitert gewesen sei. Entgegen dem Vorbringen der Kläger hatte keiner der potenziellen Erwerber, die sich an diesem Verfahren beteiligt hatten, ein verbindliches Angebot für den Erwerb von Banco Popular abgegeben.

225    Da das von der Bank seit April 2017 betriebene private Veräußerungsverfahren nicht zu einem verbindlichen Angebot geführt hatte und eine Verlängerung der Angebotsfrist erforderlich geworden war, kam es nicht in Betracht, dass es Erfolg haben könnte, bevor Banco Popular für ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend erklärt würde. Der Umstand, dass die potenziellen Erwerber ein Angebot bis Ende Juni abgeben konnten, kann diese Feststellung nicht in Frage stellen. Die Kläger haben somit nicht nachgewiesen, dass das private Veräußerungsverfahren als alternative Lösung gegenüber der Abwicklung in Betracht kam.

226    Als Sechstes machen die Kläger geltend, wenn keine der vorgenannten alternativen Maßnahmen durchführbar gewesen wäre, hätte der Zusammenbruch von Banco Popular mit der Gewährung einer staatlichen Beihilfe oder einer Finanzierung durch den SRF abgewendet werden können. Nichts habe den spanischen Staat an einer befristeten Investition in das Kapital von Banco Popular gehindert.

227    Hierzu genügt zum einen die Feststellung, dass der SRB nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 innerhalb des Abwicklungskonzepts bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente den SRF nur insoweit heranziehen kann, als es für die wirksame Anwendung der Abwicklungsinstrumente u. a. für die Gewährung von Darlehen an das in Abwicklung befindliche Institut erforderlich ist. Daraus geht klar hervor, dass diese Möglichkeit nur im Rahmen einer Abwicklungsmaßnahme in Betracht kommt und keinesfalls eine dieser gegenüber alternative Maßnahme darstellt.

228    Zum anderen ergibt sich aus der vorstehenden Rn. 183, dass nur die zuständigen nationalen Behörden über die Gewährung einer Beihilfe entscheiden können und dass weder der SRB noch die Kommission einem Mitgliedstaat vorschreiben können, einem Unternehmen eine Beihilfe zu gewähren.

229    Wie zudem die Kommission ausführt, liefe eine solche Lösung den Zielen der Abwicklung zuwider, die darauf gerichtet ist, die Kosten für die Steuerzahler möglichst gering zu halten. Insoweit ist auf Art. 14 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 hinzuweisen, wonach eines der Abwicklungsziele der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln ist.

230    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kläger nicht nachgewiesen haben, dass es durchführbare alternative Lösungen gab, die der SRB hätte berücksichtigen müssen.

231    Mithin ist dem SRB und der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt angesehen haben, so dass der zweite Teil zurückzuweisen ist.

c)      Zum dritten Teil: Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014

232    Die Kläger machen geltend, der SRB habe gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 verstoßen, weil das öffentliche Interesse nicht die wesentlichen Grundsätze des Unionsrechts verletzen könne und der SRB unterschiedliche Interessen gegeneinander hätte abwägen müssen. Er hätte demnach feststellen müssen, dass das öffentliche Interesse weder eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit noch eine diskriminierende und willkürliche Intervention rechtfertige.

233    Nach Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 ist für die Zwecke von dessen Abs. 1 Buchst. c eine Abwicklungsmaßnahme als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten, wenn sie für das Erreichen eines oder mehrerer der in Art. 14 genannten Abwicklungsziele notwendig und mit Blick auf diese Ziele verhältnismäßig ist und wenn dies bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang der Fall wäre.

234    Die Abwicklungsziele sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen, die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln und der Schutz der Einleger sowie der Gelder und Vermögenswerte der Kunden.

235    Zur Beachtung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 ist zu prüfen, ob die in deren Art. 14 genannten Ziele, u. a. die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen und die Wahrung der Finanzstabilität, besser durch eine Abwicklungsmaßnahme als durch die Liquidation des Unternehmens zu erreichen sind.

236    In Art. 4 des Abwicklungskonzepts gelangte der SRB unter Abwägung der Abwicklungsziele gemäß Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 gegen die Art und die Umstände des vorliegenden Falles zu dem Schluss, dass die Abwicklung in Form des Instruments der Unternehmensveräußerung im öffentlichen Interesse im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 erforderlich sei.

237    In Art. 4.2 des Abwicklungskonzepts wies der SRB darauf hin, dass die Abwicklung notwendig sei und in angemessenem Verhältnis zu den in Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Zielen stehe, nämlich der Sicherstellung der Kontinuität der kritischen Funktionen und der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, einschließlich von Marktinfrastrukturen, und durch die Erhaltung der Marktdisziplin. Durch eine Liquidation von Banco Popular im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens hätten sich diese Ziele nicht im selben Umfang erreichen lassen. Sodann nahm der SRB in Art. 4.4 des Abwicklungskonzepts eine Analyse im Licht der Abwicklungsziele und unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Umstände vor.

238    Im vierten Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/1246 zur Billigung des Abwicklungskonzepts stimmte die Kommission diesem Konzept und insbesondere den Argumenten zu, die der SRB zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse nach Art. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 genannt hatte.

239    Das Vorbringen der Kläger kann die Feststellungen des SRB und der Kommission nicht in Frage stellen, dass die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt war.

240    Zum einen machen die Kläger nicht geltend, dass das Abwicklungskonzept nicht den im öffentlichen Interesse liegenden Zielen nach Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 entspreche, die kritischen Funktionen von Banco Popular zu schützen und die Finanzstabilität aufrechtzuerhalten. Zum anderen führen die Kläger nichts zum Beweis dafür an, dass diese Ziele erreicht worden wären, wenn Banco Popular im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens liquidiert worden wäre.

241    Als Erstes machen die Kläger geltend, das Abwicklungskonzept laufe dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuwider. Die in Art. 17 der Charta vorgesehenen Einschränkungen des Eigentumsrechts wie im Fall einer Abwicklung müssten notwendig sein und in angemessenem Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit ergäben sich aus Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014. Dazu verweisen sie auf Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014, wonach die Abwicklungsmaßnahme keine Werte vernichten dürfe.

242    Die Kläger führen der Sache nach aus, dass die Abwicklungsmaßnahme nicht dem Kriterium des öffentlichen Interesses nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 genüge, weil sie zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in ihr Eigentumsrecht und zu einer unnötigen Vernichtung von Werten führe.

243    Entgegen dem Vorbringen der Kläger hat jedoch der SRB zur Beachtung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 nicht die von ihnen angeführten unterschiedlichen Interessen, d. h. das öffentliche Interesse an einer Abwicklung der Bank einerseits und die privaten Interessen der Anteilseigner andererseits, gegeneinander abzuwägen.

244    Es ist festzustellen, dass sich die Kläger auf ein Fehlverständnis von Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 stützen, wonach „[d]er [SRB], der Rat, die Kommission und gegebenenfalls die nationale Abwicklungsbehörde … bei der Verfolgung der in Unterabsatz 1 genannten Ziele bemüht sein [müssen], die Kosten der Abwicklung möglichst gering zu halten und die Vernichtung von Werten zu vermeiden, wenn sie nicht zur Verwirklichung der Abwicklungsziele erforderlich ist“.

245    Wie sich aus dieser Bestimmung ergibt, müssen die in Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Abwicklungsziele möglichst mit einem Abwicklungsinstrument verfolgt werden, das zu einer geringstmöglichen Wertvernichtung führt. Wie es in dieser Bestimmung heißt, kann die Abwicklung jedoch nicht als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn die durch das gewählte Abwicklungsinstrument ausgelöste Wertvernichtung zur Erreichung dieser Ziele und somit im öffentlichen Interesse erforderlich ist.

246    Wie zudem die Kommission ausführt, bezieht sich die Wertvernichtung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 nicht nur auf die Vermögensinteressen der Anteilseigner und der Inhaber von Kapitalinstrumenten des Unternehmens, sondern auch auf die seiner Einleger, seiner Beschäftigten und seiner übrigen Gläubiger.

247    Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der SRB in Art. 4.5 des Abwicklungskonzepts zu dem Schluss gelangte, dass die Abwicklung auch zur Minimierung der Wertvernichtung beitrage, weil eine Liquidation von Banco Popular für die Gläubiger zu höheren Verlusten geführt hätte als die Abwicklung. In Art. 4.6 des Abwicklungskonzepts heißt es, dass die Nachteile und die Kosten der Annahme der Abwicklungsmaßnahme, in erster Linie die Verluste der Anteilseigner und der nachrangigen Gläubiger, durch die sich daraus ergebenden Vorteile ausgeglichen würden, nämlich die Aufrechterhaltung der kritischen Funktionen, die Begrenzung der negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Finanzstabilität sowie die Vermeidung möglicher Verluste für andere Gläubiger.

248    Die Kläger machen auch geltend, gemäß Art. 6 Abs. 3 und Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 seien die Abwicklungsinstrumente so anzuwenden, dass die Auswirkungen auf die Gruppe als Ganzes so gering wie möglich gehalten würden.

249    Hierzu genügt die Feststellung, dass der SRB in Art. 4.7 des Abwicklungskonzepts gemäß Art. 6 Abs. 3 und 5 der Verordnung Nr. 806/2014 unter Berücksichtigung des Umstands, dass Banco Popular eine Tochtergesellschaft in Portugal hatte, ausführte, dass sich die Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung nicht auf die portugiesische Tochtergesellschaft auswirken werde, während eine Liquidation von Banco Popular negative Auswirkungen auf diese haben würde.

250    Die Kläger machen zudem geltend, selbst wenn die Abwicklung von Banco Popular notwendig gewesen sein sollte, hätten anstelle der Herabschreibung der Kapitalinstrumente und der Veräußerung von Banco Popular eine oder mehrere der im zweiten Teil des vorliegenden Klagegrundes genannten Maßnahmen angewandt werden können, wodurch die Vernichtung von Werten der Investoren und der Eingriff in ihr Eigentumsrecht vermieden worden wäre.

251    Hierzu genügt die Feststellung, dass die von den Klägern angeführten alternativen Maßnahmen, wie sich aus der Prüfung des zweiten Teils ergibt, nicht in Betracht kamen. Jedenfalls kann mit diesem Vorbringen, mit dem die Kläger in Wirklichkeit die Verhältnismäßigkeit der Abwicklungsmaßnahme gegenüber den von ihnen angeführten alternativen Maßnahmen hinsichtlich des Eingriffs in ihr Eigentumsrecht in Abrede stellen, die Beurteilung der Beachtung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 durch den SRB und die Kommission nicht in Frage gestellt werden.

252    Als Zweites machen die Kläger geltend, das Abwicklungskonzept sei diskriminierend und willkürlich. Das Diskriminierungsverbot sei im 46. Erwägungsgrund und in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 enthalten sowie in Art. 21 Abs. 1 der Charta und in Art. 18 AEUV verankert. Die Interventionen des SRB und der spanischen Behörden seien diskriminierend und willkürlich gegenüber Banco Popular gewesen, denn diese hätten die Bank aufgegeben, weil ihr Gesellschaftskapital in privater Hand, mit einem hohen Prozentsatz ausländischer Anleger, gewesen sei.

253    Dieses Vorbringen der Kläger kann nicht so ausgelegt werden, dass es auf den Nachweis einer Verletzung der Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 gerichtet ist. Es handelt sich um rein spekulative Behauptungen ohne Bezug zur Beachtung des Kriteriums des öffentlichen Interesses.

254    Jedenfalls geht der Vorwurf, die spanischen Behörden hätten Banco Popular eine Hilfe verweigert, obwohl sie diese in anderen Fällen gewährt hätten, ins Leere, da er sich weder gegen den SRB noch gegen die Kommission richtet. Zu dem Vorbringen, die Kommission habe die Gewährung von staatlichen Beihilfen an italienische Banken genehmigt und der SRB habe in diesen Fällen die Verordnung Nr. 806/2014 nicht angewandt, ist festzustellen, dass zum einen die Fälle, in denen ein Mitgliedstaat öffentliche Mittel zur Sanierung eines Unternehmens eingesetzt hat, eng mit besonderen Umständen zusammenhängen und mit der Situation im vorliegenden Fall nicht vergleichbar sind, und dass zum anderen, wie die Kläger selbst ausführen, der SRB der Ansicht war, dass eine Abwicklung dieser italienischen Banken nicht im öffentlichen Interesse gerechtfertigt gewesen sei, weil diese keine kritischen Funktionen wahrgenommen hätten oder weil ihre Liquidation keine nennenswerten Auswirkungen auf die Finanzstabilität gehabt hätte. Da zudem, wie die Kommission hervorhebt, die vorliegende Rechtssache der erste Fall der Abwicklung eines Unternehmens ist, kann von einer Diskriminierung bei der Anwendung der Verordnung Nr. 806/2014 gegenüber anderen Fällen keine Rede sein.

255    Aus dem Vorstehenden folgt, dass dem SRB und der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie die Voraussetzung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt angesehen haben, so dass der dritte Teil zurückzuweisen ist.

256    Nach alledem ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

257    Ferner beanstanden die Kläger zum einen im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes erstmals in den Rn. 47 und 48 der Erwiderung das Veräußerungsverfahren für Banco Popular, weil es nicht im Einklang mit Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie den Art. 38 und 39 der Richtlinie 2014/59 stehe. Zum anderen führen die Kläger in ihren Stellungnahmen zu den Streithilfeschriftsätzen einen neuen Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 an und nehmen dafür ausdrücklich auf ihr Vorbringen in den Rn. 47 und 48 der Erwiderung Bezug.

258    In diesen Stellungnahmen zu den Streithilfeschriftsätzen führen die Kläger aus, sie hätten in ihren vorangegangenen Schriftsätzen den Vorwurf der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hilfsweise auf die Rechtswidrigkeit des Veräußerungsverfahrens gestützt. Es ist jedoch festzustellen, dass die Kläger in dem Teil der Klageschrift, in dem sie geltend machen, dass die Abwicklungsmaßnahme den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletze, und allgemeiner in dem Teil, der den Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 betrifft, nichts zur Beanstandung des Veräußerungsverfahrens vorbringen. Die Kläger verweisen zwar ausdrücklich auf Randnummern der Erwiderung, sie bezeichnen jedoch keine Randnummer der Klageschrift, in der sie dies bereits geltend gemacht hätten.

259    Zudem ist nicht erkennbar, welchen Zusammenhang die Kläger zwischen diesem Vorbringen zur Beanstandung des Veräußerungsverfahrens und einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Anwendung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 herstellen. Dieses Vorbringen ist somit als ein neuer Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 zu prüfen.

260    Dazu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 84 der Verfahrensordnung das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Lauf des Verfahrens unzulässig ist, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

261    Dieser Klagegrund ist erstmals in der Erwiderung angeführt und in den Stellungnahmen zu den Streithilfeschriftsätzen wiederholt worden, ohne dass die Kläger erläutern, aus welchem Grund sie die Rechtmäßigkeit des Veräußerungsverfahrens nicht in der Klageschrift in Frage gestellt haben. Dieser neue Klagegrund wird nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt, die den Klägern bei Klageerhebung nicht bekannt waren, und der Wunsch der Kläger, auf Vorbringen in einem Streithilfeschriftsatz zu antworten, kann nicht als Rechtfertigung für das verspätete Anführen dieses Klagegrundes angesehen werden.

262    Daher sind das Vorbringen der Kläger zur Rechtmäßigkeit des Veräußerungsverfahrens in der Erwiderung und der neue Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014, der erstmals in den Stellungnahmen zu den Streithilfeschriftsätzen angeführt worden ist, als unzulässig zurückzuweisen.

2.      Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014

263    Die Kläger machen geltend, der SRB habe gegen Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 verstoßen. Dieser Klagegrund besteht aus fünf Teilen, mit denen erstens ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014, zweitens ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 5 Buchst. a bis c und f dieser Verordnung, drittens fehlende Unabhängigkeit von Deloitte, viertens ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014, weil die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ gewesen sei, und fünftens ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 7 und 9 dieser Verordnung geltend gemacht werden.

264    Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 lautet:

„Bevor Abwicklungsmaßnahmen getroffen werden oder die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten ausgeübt wird, stellt der [SRB] sicher, dass eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 durch eine von staatlichen Stellen – einschließlich des [SRB] und der nationalen Abwicklungsbehörde – und dem betroffenen Unternehmen unabhängige Person vorgenommen wird.“

265    Die vor der Annahme des Abwicklungskonzepts durchgeführte Bewertung von Banco Popular umfasst zwei dem Abwicklungskonzept beigefügte Berichte.

266    Die Bewertung 1 vom 5. Juni 2017 wurde vom SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 erstellt und diente der fundierten Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung erfüllt waren.

267    Die Bewertung 2 vom 6. Juni 2017 wurde von Deloitte als unabhängigem Sachverständigem gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 erstellt.

268    Im Abwicklungskonzept heißt es, in Anbetracht der Dringlichkeit sei es Ziel der gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 erstellten Bewertung 2, den Wert der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular zu schätzen, eine Einschätzung abzugeben, wie die Anteilseigner und Gläubiger behandelt würden, wenn ein reguläres Insolvenzverfahren über Banco Popular durchgeführt würde, sowie eine fundierte Entscheidung über die zu übertragenden Anteile und Eigentumstitel und dem SRB das Verständnis zu ermöglichen, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke des Instruments der Unternehmensveräußerung zu verstehen sei.

269    In der Bewertung 2 wies Deloitte darauf hin, dass sie sich auf die Anforderungen nach Art. 36 der Richtlinie 2014/59 (der Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht) und auf Kapitel 3 des endgültigen Entwurfs der technischen Regulierungsstandards der EBA Nrn. 2017/05 und 2017/06 vom 23. Mai 2017 für die Bewertung zum Zweck der Abwicklung und die Bewertung zur Bestimmung der unterschiedlichen Behandlung infolge der Abwicklung nach der Richtlinie 2014/59 (im Folgenden: technische Standards der EBA) gestützt habe.

270    Gemäß Art. 36 Abs. 15 der Richtlinie 2014/59 kann die EBA Entwürfe technischer Regulierungsstandards ausarbeiten, in denen die Kriterien für die in einem Abwicklungsverfahren vorzunehmenden Bewertungen festgelegt werden.

271    Kapitel 3 der technischen Standards der EBA betrifft den Entwurf der technischen Regulierungsstandards Nr. 2017/05 für die Bewertung zum Zweck der Abwicklung (im Folgenden: technische Regulierungsstandards) und enthält u. a. gemäß Art. 36 Abs. 15 der Richtlinie 2014/59 den Entwurf einer Delegierten Verordnung der Kommission zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 durch technische Regulierungsstandards, in denen die Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Instituten oder Unternehmen festgelegt sind.

272    Zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts waren die technischen Regulierungsstandards nicht verbindlich, da nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 der SRB, der Rat und die Kommission den von der EBA ausgearbeiteten verbindlichen technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards unterliegen, wenn diese von der Kommission erlassen worden sind. Diese technischen Regulierungsstandards sind in die Delegierte Verordnung (EU) 2018/345 der Kommission vom 14. November 2017 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Instituten oder Unternehmen (ABl. 2018, L 67, S. 8) übernommen worden.

273    In Art. 6.3 des Abwicklungskonzepts führte der SRB aus, er habe sich für die Entscheidung zur Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular auf die Bewertung 2 gestützt, wie sie durch die Ergebnisse des vom FROB durchgeführten Veräußerungsverfahrens ergänzt und bestätigt worden sei.

274    Da die Bewertung 2 komplexe wirtschaftliche und technische Beurteilungen enthält, ist dem SRB ein weiter Ermessensspielraum für die Einschätzung dieser Bewertung als zulässige Grundlage für die Entscheidung über die Abwicklungsmaßnahmen zuzuerkennen.

275    Demnach ist die vom Gericht ausgeübte Kontrolle gemäß der oben in den Rn. 110 bis 115 angeführten Rechtsprechung auf die Prüfung beschränkt, ob dem SRB kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als er die Bewertung 2 für im Einklang mit den Anforderungen nach Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 stehend befunden hat. Es ist Sache der Kläger, ausreichende Beweise für eine fehlende Plausibilität der Bewertung 2 beizubringen.

a)      Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014

276    Die Kläger machen einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 geltend, weil sich der SRB geweigert habe, die endgültigen Fassungen der Bewertungen 1 und 2 vorzulegen. In seiner Antwort vom 30. Juli 2018 auf die prozessleitende Maßnahme des Gerichts vom 6. Juli 2018 habe der SRB erklärt, er werde keine endgültigen Fassungen dieser Bewertungen vorlegen. Deloitte habe eingeräumt, dass die endgültigen Fassungen der Bewertungen erforderlich seien und dass sie mit deren Erstellung beauftragt worden sei. Die Kläger verweisen auf ihre Erklärungen vom 21. September 2018 zur Antwort des SRB auf diese prozessleitende Maßnahme und machen geltend, gemäß dem 64. Erwägungsgrund und Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 sei der SRB verpflichtet, endgültige Fassungen der Bewertungen 1 und 2 vorzulegen.

277    Was die Bewertung 1 angeht, deren Ziel oben in Rn. 266 beschrieben worden ist und die der Feststellung diente, ob Banco Popular ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 war, erläutern die Kläger nicht, welchem Zweck eine solche Bewertung nach Annahme des Abwicklungskonzepts dienen soll. Zudem war die Bewertung 1, die der Feststellung diente, ob Banco Popular ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend war, nach der am 6. Juni 2017 von der EZB vorgenommenen Bewertung der Lage von Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend hinfällig geworden.

278    Zur Bewertung 2 hat der SRB am 30. Juli 2018 in Beantwortung der vom Gericht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme gestellten Fragen ausgeführt, dass auf diese keine endgültige Ex-post-Bewertung folgen werde. Wegen der Besonderheiten des vorliegenden Falles sei er zu dem Schluss gekommen, dass eine endgültige Ex-post-Bewertung keinem praktischen Zweck im Rahmen von Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 dienen und nicht zu einer Ausgleichsentscheidung nach Art. 20 Abs. 12 dieser Verordnung führen würde.

279    Es ist darauf hinzuweisen, dass die endgültige Ex-post-Bewertung nach Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 definitionsgemäß zeitlich nach der Annahme des Abwicklungskonzepts und dem Erlass des Beschlusses der Kommission liegt.

280    Zudem bildet gemäß Art. 20 Abs. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 eine vorläufige Bewertung wie die Bewertung 2 eine zulässige Grundlage für die Annahme des Abwicklungskonzepts. Die Kläger stellen nicht in Abrede, dass angesichts der Dringlichkeit der Rückgriff auf eine vorläufige Bewertung im Sinne von Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 gerechtfertigt war.

281    Es genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen ist (vgl. Urteil vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Demzufolge können Umstände, die nach dem Erlass des Rechtsakts der Union eingetreten sind, bei der Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit nicht berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

282    Daraus folgt, dass es für die Gültigkeit der angefochtenen Beschlüsse unerheblich ist, ob eine endgültige Ex-post-Bewertung, die zeitlich offenkundig nach der Annahme des Abwicklungskonzepts liegt, vorgenommen wird oder nicht, und dass das Vorbringen der Kläger ins Leere geht.

283    Was ferner das Vorbringen der Kläger betrifft, die Weigerung des SRB, die endgültigen Fassungen der Bewertungen 1 und 2 vorzulegen, zeige, dass die vorläufigen Fassungen unrichtig seien und dass Banco Popular nicht hätte abgewickelt werden dürfen, so genügt die Feststellung, dass es sich um reine Spekulation ohne Grundlage handelt.

284    Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 schließlich, wonach „[d]ie Bewertung … integraler Bestandteil der Entscheidung über die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bzw. [der] Entscheidung über die Ausübung der Befugnis zur [Herab]schreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten [ist]“, kann entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht dahin ausgelegt werden, dass die endgültige Ex-post-Bewertung integraler Bestandteil des Abwicklungsbeschlusses ist. Die in dieser Bestimmung angesprochene Bewertung ist diejenige, auf die sich der SRB für die Annahme des Abwicklungskonzepts gestützt hat, d. h. im vorliegenden Fall die Bewertung 2.

285    Daher ist der erste Teil zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Art. 20 Abs. 5 Buchst. a bis c und f der Verordnung Nr. 806/2014

286    Die Kläger machen einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 geltend, weil der unabhängige Sachverständige in der Bewertung 2 nicht die in den Buchst. a bis c und f dieser Bestimmung genannten Ziele analysiert habe. Die Annahme eines Abwicklungskonzepts unter Nichtbeachtung der in Art. 20 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 enthaltenen Orientierungen laufe dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwider. Es sei Sache des unabhängigen Sachverständigen und nicht des SRB, zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 erfüllt seien, und die Anhaltspunkte für die Entscheidung über die am besten geeignete Abwicklungsmaßnahme und deren Umfang zu liefern. Dies sei im Abwicklungsplan von 2016 vorgesehen wie auch, dass der unabhängige Sachverständige die Bewertungen 1 und 2 vorzunehmen habe.

287    In den Rn. 42 und 43 des Abwicklungskonzepts erwähne der SRB nicht, dass Deloitte in der Bewertung 2 den in Art. 20 Abs. 5 Buchst. a bis c und f der Verordnung Nr. 806/2014 festgelegten Zielen Rechnung getragen habe. Deloitte habe bestätigt, dass sie die in diesen Bestimmungen vorgesehene Prüfung nicht vorgenommen habe. Diese Prüfung fehle auch in der Bewertung 1. Der SRB habe den Mindestkaufpreis für Banco Popular festgesetzt, ohne sich auf eine Bewertung zu stützen. Die Bewertung 1 habe sich auf die Schlussfolgerung beschränkt, dass Banco Popular solvent sei, ohne ihre Liquidität zu prüfen. Der SRB habe auf die Analyse der EZB betreffend den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular Bezug genommen. Die Prüfung von Art. 20 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 könne nicht an einen Dritten wie die EZB delegiert werden.

288    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen der Kläger aus Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 ausdrücklich hervorgeht, dass es Sache des SRB und nicht des unabhängigen Bewerters ist, in seiner Präsidiumssitzung einzuschätzen, ob die in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.

289    Zudem ist der Umstand, dass nach dem Abwicklungsplan von 2016 der unabhängige Sachverständige die Bewertungen 1 und 2 vornehmen sollte, unerheblich, da dieser Plan im vorliegenden Fall nicht angewandt worden ist.

290    Die Kläger machen geltend, der unabhängige Sachverständige habe in der Bewertung 2 keine Analyse der in Art. 20 Abs. 5 Buchst. a bis c und f der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Ziele durchgeführt.

291    Erstens dient die Bewertung nach Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 „der fundierten Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung oder die Voraussetzungen für die Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt sind“.

292    Wie dargelegt, nahm der SRB am 5. Juni 2017 die Bewertung 1 gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 vor, mit der festgestellt werden sollte, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung oder die Voraussetzungen für eine Herabschreibung oder eine Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt waren. Dem SRB zufolge sollte die Bewertung 1 zur Beantwortung der Frage beitragen, ob Banco Popular ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 war.

293    Daraus ergibt sich, dass der SRB in der Bewertung 1 eine Analyse des in Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Ziels vorgenommen hat. Zu Unrecht machen die Kläger geltend, dass diese Analyse von einem unabhängigen Sachverständigen hätte vorgenommen werden müssen, da der SRB nach Art. 20 Abs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 zur Vornahme der Bewertung 1 befugt ist. Da der SRB diese Analyse vorgenommen hatte, konnte Deloitte zudem in ihrem Bericht ausführen, dass sie diese nicht in die Bewertung 2 aufnehmen werde.

294    Jedenfalls ist zu beachten, dass die Bewertung 1, die der Feststellung diente, ob Banco Popular ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend war, nach der Bewertung der EZB vom 6. Juni 2017 hinfällig geworden war. In der Bewertung 1 hatte der SRB nämlich ausgeführt, dass Banco Popular zum Zeitpunkt seiner Bewertung, d. h. am 31. März 2017, solvent gewesen sei. Dagegen stützte sich die EZB auf die erheblichen Einlagenabzüge bei Banco Popular seit den Monaten April und Mai 2017 und auf deren Unvermögen, neue Liquidität zu generieren, um am 6. Juni 2017 auf den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular zu schließen. Das Vorbringen zur Beanstandung der Bewertung 1 geht somit ins Leere.

295    Zudem wird gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 die Voraussetzung nach Unterabs. 1 Buchst. a, d. h. die Frage, ob das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, von der EZB nach Anhörung des SRB bewertet.

296    In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 der EZB eine vorrangige, wenn auch nicht ausschließliche Rolle zuerkennt. Es ist in der Regel Aufgabe der EZB, die Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls eines Unternehmens vorzunehmen. Zwar kann auch der SRB eine solche Bewertung vornehmen, jedoch erst nach Unterrichtung der EZB über seine Absicht und nur dann, wenn die EZB die Bewertung nicht innerhalb von drei Kalendertagen nach Eingang der Unterrichtung vornimmt. Der EZB wird daher eine vorrangige Zuständigkeit für die Vornahme einer solchen Bewertung zuerkannt, die mit dem Fachwissen zusammenhängt, über das die EZB als Aufsichtsbehörde verfügt. Als solche hat sie Zugang zu allen für die Aufsicht relevanten Informationen über das betreffende Unternehmen und ist daher am besten in der Lage, im Hinblick auf die Definition des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls in Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014, in der insbesondere auf für die Aufsicht relevante Informationen wie die Zulassungsvoraussetzungen, das Verhältnis der Vermögenswerte zur Höhe der Verbindlichkeiten oder die gegenwärtige oder zukünftige Verschuldung abgestellt wird, zu beurteilen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist (Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB, C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 62).

297    Die Kläger machen somit zu Unrecht geltend, dass die Analyse des in Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Ziels in der Bewertung 2 enthalten sein müsse und nicht von der EZB hätte vorgenommen werden dürfen.

298    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger in der Klageschrift und in der Erwiderung das in Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 bezeichnete Ziel als den in Art. 20 Abs. 5 Buchst. a und c genannten Zielen entsprechend erwähnen, ohne auf das in Buchst. c genannte Ziel besonders einzugehen.

299    Zweitens dient die Bewertung nach Art. 20 Abs. 5 Buchst. f der Verordnung Nr. 806/2014, „wenn das Instrument der Unternehmensveräußerung angewandt wird, der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten oder Eigentumstitel und dem Verständnis der Abwicklungsbehörde dafür, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke des Artikels 24 Absatz 2 Buchstabe b zu verstehen ist“.

300    Entgegen dem Vorbringen der Kläger heißt es im 42. Erwägungsgrund Buchst. c des Abwicklungskonzepts ausdrücklich, dass die vorläufige Bewertung der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Anteile oder Eigentumstitel und dem Verständnis des SRB dafür gedient habe, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke des Instruments der Unternehmensveräußerung zu verstehen sei.

301    Ferner führt Deloitte aus, ihr Bericht sei zu dem Zweck erstellt worden, eine unabhängige Bewertung gemäß den in Art. 36 Abs. 4 Buchst. b, f und g der Richtlinie 2014/59 genannten Zielen abzugeben. Diese Bestimmungen der Richtlinie 2014/59 entsprechen aber Art. 20 Abs. 5 Buchst. b, f und g der Verordnung Nr. 806/2014.

302    Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 eine vorläufige Bewertung vorgenommen wird, wenn es aufgrund der gebotenen Dringlichkeit nicht möglich ist, die Anforderungen nach den Art. 7 und 9 zu erfüllen. Diese Bestimmung sieht ausdrücklich vor, dass bei dieser Bewertung die Anforderungen nach Abs. 4 und – soweit dies unter den gegebenen Umständen angemessen und durchführbar ist – die Anforderungen nach den Abs. 1, 7 und 9 erfüllt werden müssen. Zudem gilt nach Art. 20 Abs. 11 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Bewertung, die nicht sämtliche in den Abs. 1 und 4 bis 9 festgelegten Anforderungen erfüllt, als vorläufig.

303    Demgemäß handelt es sich in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Bewertung mit Dringlichkeit vorzunehmen ist, um eine vorläufige Bewertung, die nicht alle in Art. 20 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Ziele zu erfüllen braucht.

304    Daher ist der zweite Teil zurückzuweisen.

c)      Zum dritten Teil: fehlende Unabhängigkeit von Deloitte

305    Die Kläger machen geltend, der SRB habe wegen der fehlenden Unabhängigkeit von Deloitte gegen Art. 20 Abs. 1 und Art. 44 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit den Art. 38 bis 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 verstoßen.

306    Nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 ist die Bewertung von einer von öffentlichen Stellen – einschließlich des SRB und der nationalen Abwicklungsbehörde – und dem betroffenen Unternehmen unabhängigen Person vorzunehmen.

307    Die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter ergeben sich aus den Art. 37 bis 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075. Nach deren Art. 38 gilt der Bewerter als unabhängig von einschlägigen Behörden und dem einschlägigen Unternehmen, wenn drei Bedingungen erfüllt sind. Erstens muss der Bewerter über die erforderlichen Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen verfügen und die Bewertung wirksam und ohne übermäßige Abhängigkeit von einer einschlägigen Behörde oder dem einschlägigen Unternehmen vornehmen können. Zweitens muss er rechtlich von der einschlägigen Behörde und dem einschlägigen Unternehmen getrennt sein. Drittens darf der Bewerter keine wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen im Sinne von Art. 41 haben.

308    Die Kläger behaupten aber nicht, dass Deloitte nicht über die erforderlichen Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen verfüge, um die Bewertung wirksam im Sinne der ersten Bedingung des Art. 38 der Delegierten Verordnung 2016/1075 vorzunehmen. Sie behaupten auch nicht, dass Deloitte nicht rechtlich getrennt von den einschlägigen Behörden, dem SRB und dem FROB, und von Banco Popular im Sinne der zweiten Bedingung des Art. 38 der Delegierten Verordnung 2016/1075 gewesen sei.

309    Als Erstes machen die Kläger geltend, dass der SRB entgegen Art. 39 Abs. 3 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2016/1075 einen nicht gerechtfertigten Einfluss auf Deloitte ausgeübt habe, indem er dieser die Vorgabe gemacht habe, nicht zu Art. 20 Abs. 5 Buchst. a bis c und f der Verordnung Nr. 806/2014 Stellung zu nehmen und damit den ihr als unabhängigem Sachverständigen obliegenden Pflichten zuwiderzuhandeln. Deloitte sei auf Weisung des SRB von dem Grundsatz ausgegangen, dass das Instrument der Unternehmensveräußerung zur Anwendung kommen werde, statt die Grundlagen für eine fundierte Entscheidung über das Abwicklungsinstrument zu liefern. Der SRB habe Deloitte angewiesen, keine endgültige Bewertung zu erstellen. Die Abwicklungsbehörde könne den Sachverständigen zwar konsultieren, sie könne ihm aber keine Weisungen erteilen.

310    Nach Art. 39 Abs. 3 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2016/1075 fordert der Bewerter bei der Durchführung der Bewertung von einer einschlägigen Behörde oder dem einschlägigen Unternehmen Anweisungen oder Leitlinien weder an noch nimmt er solche entgegen.

311    Zudem sieht Art. 39 Abs. 4 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2016/1075 vor, dass „Absatz 3 … nicht … der Bereitstellung von Anweisungen, Leitlinien, Räumlichkeiten, technischer Ausrüstung oder anderer Formen der Unterstützung [entgegensteht], wenn dies nach Einschätzung der bestellenden Behörde oder einer anderen Behörde, die im betreffenden Mitgliedstaat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ermächtigt ist, für die Erreichung der Ziele der Bewertung erforderlich ist“.

312    Dazu heißt es näher im 35. Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung 2016/1075:

„Auch sollte sichergestellt werden, dass der unabhängige Bewerter ohne unzulässige Inanspruchnahme einer zuständigen Behörde, auch der Abwicklungsbehörde, und des in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d der Richtlinie 2014/59… genannten Instituts oder Unternehmens zur wirksamen Durchführung der Bewertung in der Lage ist. Werden allerdings Anweisungen oder Leitlinien ausgegeben, die zur Durchführung der Bewertung unerlässlich sind und beispielsweise die Methodik betreffen, die das Unionsrecht im Bereich der Bewertung zu Abwicklungszwecken vorsieht, so sollte dies nicht als unzulässige Inanspruchnahme betrachtet werden. …“

313    Folglich kann Art. 39 der Delegierten Verordnung 2016/1075 entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht dahin ausgelegt werden, dass er der Abwicklungsbehörde verbietet, dem unabhängigen Bewerter Weisungen jedweder Art zu erteilen.

314    Zudem ist zu beachten, dass Art. 20 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 die Zwecke der Bewertung nach Maßgabe des angewandten Abwicklungsinstruments definiert. Art. 20 Abs. 5 Buchst. f der Verordnung Nr. 806/2014 legt die Bewertungszwecke im Fall der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung fest, die sich von den Zwecken unterscheiden, die Art. 20 Abs. 5 Buchst. d und e dieser Verordnung für die Fälle der Anwendung des Bail-in‑Instruments bzw. des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten nennt.

315    Art. 20 Abs. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014, wonach, falls die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, die Bewertung der fundierten Entscheidung über die in Bezug auf ein Unternehmen zu treffenden angemessenen Abwicklungsmaßnahmen dient, ist dahin auszulegen, dass die Bewertung dem SRB die in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht fundierte Entscheidung über die Umsetzung des von ihm gewählten Abwicklungsinstruments ermöglichen soll.

316    Aus dieser Bestimmung geht nicht hervor, dass es Sache des Bewerters ist, selbst zu bestimmen, welches das am besten geeignete Abwicklungsinstrument wäre. Die Entscheidung über die Wahl des anzuwendenden Abwicklungsinstruments trifft die Abwicklungsbehörde und nicht der unabhängige Bewerter.

317    Die Beauftragung eines unabhängigen Bewerters mit der Durchführung einer Bewertung zum Zweck der Anwendung eines spezifischen Abwicklungsinstruments, wenn dies zur Erreichung der Abwicklungsziele erforderlich ist, kann keine unzulässige Inanspruchnahme der Abwicklungsbehörde durch den Bewerter darstellen. Demnach ist darin, dass der SRB das Instrument der Unternehmensveräußerung als das am besten geeignete Instrument zur Erreichung der Abwicklungsziele ansah und Deloitte mit einer den Zwecken dieses Instruments entsprechenden Bewertung beauftragte, eine Form der Weisung zu sehen, die im Einklang mit Art. 39 Abs. 4 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2016/1075 steht und die Unabhängigkeit des Bewerters nicht beeinträchtigt.

318    Zu dem Vorbringen, der SRB habe Deloitte die Vorgabe gemacht, nicht zu Art. 20 Abs. 5 Buchst. a bis c und f der Verordnung Nr. 806/2014 Stellung zu nehmen, wird auf die Prüfung des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes verwiesen.

319    Zu dem Vorbringen, der SRB habe Deloitte angewiesen, keine endgültige Bewertung zu erstellen, genügt der Hinweis, dass dieser Umstand, der zeitlich nach der Annahme des Abwicklungskonzepts liegt, dessen Rechtmäßigkeit jedenfalls nicht in Frage stellen kann.

320    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kläger nicht nachgewiesen haben, dass der SRB Deloitte unter Verstoß gegen Art. 39 Abs. 3 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2016/1075 Weisungen erteilt hat.

321    Als Zweites machen die Kläger geltend, wegen dieses Einflusses des SRB auf Deloitte habe der Bewerter entgegen Art. 38 der Delegierten Verordnung 2016/1075 wesentliche gemeinsame oder widersprüchliche Interessen mit einer einschlägigen Behörde im Sinne von Art. 41 Abs. 1 dieser Verordnung gehabt. Deloitte habe auch gegen Art. 39 Abs. 3 Buchst. b der Delegierten Verordnung 2016/1075 verstoßen, weil sie seit der Abwicklung die Eingliederung von Banco Popular in Banco Santander steuere.

322    Zunächst ist, wie aus den vorstehenden Rn. 310 bis 320 hervorgeht, dieses Vorbringen zurückzuweisen, soweit damit das Bestehen wesentlicher gemeinsamer oder widersprüchlicher Interessen daraus abgeleitet wird, dass der SRB unter Verstoß gegen Art. 39 Abs. 3 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2016/1075 einen nicht gerechtfertigten Einfluss auf Deloitte ausgeübt habe.

323    Was weiter einen Verstoß gegen die dritte Voraussetzung nach Art. 38 der Delegierten Verordnung 2016/1075 angeht, darf nach deren Art. 41 Abs. 1 der unabhängige Bewerter keine wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen mit einer einschlägigen Behörde oder dem einschlägigen Unternehmen haben.

324    Nach Art. 41 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2016/1075 gilt für die Zwecke von Abs. 1 ein tatsächliches oder potenzielles Interesse als wesentlich, wenn es nach Einschätzung der bestellenden Behörde oder einer anderen Behörde, die im betreffenden Mitgliedstaat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ermächtigt ist, das Urteil des unabhängigen Bewerters bei der Durchführung der Bewertung beeinflussen könnte oder eine solche Einflussnahme nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann. Nach Abs. 3 dieses Artikels sind insoweit gemeinsame oder widersprüchliche Interessen mit Mitgliedern des Leitungsorgans des einschlägigen Unternehmens oder mit dessen Gläubigern relevant.

325    Hierzu genügt die Feststellung, dass die Kläger nicht ausführen, welche wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen im Verhältnis zwischen Deloitte und dem SRB oder zwischen Deloitte und Banco Popular bestehen sollen.

326    Schließlich sieht Art. 39 Abs. 3 Buchst. b der Delegierten Verordnung 2016/1075 hinsichtlich der Durchführung der Bewertung vor, dass der unabhängige Bewerter von einer einschlägigen Behörde oder dem einschlägigen Unternehmen finanzielle oder andere Vorteile weder anfordert noch entgegennimmt.

327    Mit der Kommission und dem SRB ist festzustellen, dass geschäftliche Vereinbarungen, die Deloitte und Banco Santander möglicherweise nach der Abwicklung miteinander geschlossen haben, nicht relevant sind und keinen Interessenkonflikt auf Seiten von Deloitte zum Zeitpunkt der Durchführung der Bewertung 2 begründen können.

328    Folglich vermögen die Kläger mit ihrem Vorbringen keine fehlende Unabhängigkeit von Deloitte nachzuweisen.

329    Der dritte Teil ist daher zurückzuweisen.

d)      Zum vierten Teil: Verstoß gegen Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014, weil die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ gewesen sei

330    Die Kläger machen geltend, der SRB habe gegen Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 verstoßen, wonach er eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Unternehmens sicherstellen müsse. Diese Bestimmung räume dem SRB keinen großen Ermessensspielraum ein, und dieser müsse dartun, dass die Bewertungen im Einklang mit den geltenden Bestimmungen stünden. Dieser Teil besteht der Sache nach aus drei Rügen.

1)      Zur ersten Rüge, wonach der Bewertung 2 fehlerhafte Kriterien zugrunde lägen

331    Die Kläger machen geltend, die Bewertung 2 nehme nur auf die Richtlinie 2014/59 und das Gesetz 11/2015 Bezug und entspreche daher nicht der Verordnung Nr. 806/2014. Deloitte räume ein, dass der Bewertung 2 nicht die Hypothese einer Weiterführung des Geschäftsbetriebs zugrunde liege, sondern dass sie eine Bewertung im Rahmen einer Liquidation vorgenommen habe. Sie habe somit nicht dem Wert der Vermögenswerte Rechnung getragen, den ein Erwerber berücksichtigt hätte, wenn er die Fortführung der Tätigkeiten von Banco Popular beabsichtigt hätte, wozu es auch tatsächlich gekommen sei. Es sei irrig, ihren Verlust mit dem gleichzusetzen, was sie im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erhalten hätten. Deloitte hätte einen Wert auf der Grundlage einer Weiterführung des Geschäftsbetriebs berechnen müssen. Mit der Heranziehung des Liquidationswerts habe Deloitte die Vermögenswerte von Banco Popular unterbewertet.

332    Es ist darauf hinzuweisen, dass die in der Bewertung 2 angeführte Richtlinie 2014/59 Bestimmungen enthält, die denen der Verordnung Nr. 806/2014 entsprechen.

333    Dieses Vorbringen beruht zudem auf einem Fehlverständnis der in der Bewertung 2 angewandten Methode. Die Bewertung 2 besteht nämlich aus zwei Teilen, einem ersten mit der vorläufigen Bewertung von Banco Popular und einem zweiten mit der Simulation eines Liquidationsszenarios. Der erste Teil dient der Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular im Rahmen der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung. Der zweite Teil dient der Feststellung, ob die Anteilseigner und die Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren nach spanischem Recht eingeleitet worden wäre.

334    Der SRB legte das Abwicklungskonzept unter Berücksichtigung des ersten Teils der Bewertung 2 fest, der die eigentliche Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular enthält. Da Deloitte angegeben hatte, dass sie in diesem Stadium weder über alle nötigen Informationen noch über ausreichend Zeit für eine mehr als nur annähernde Schätzung verfüge, entspricht dagegen der zweite Teil der Bewertung 2 einer ersten Simulation gemäß Art. 20 Abs. 9 der Verordnung Nr. 806/2014. Die Bewertung 3, bei der es sich um die endgültige Bewertung zum Zweck der Feststellung gemäß Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 handelt, ob die Anteilseigner und die Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, wurde nach der Abwicklung vorgenommen.

335    Der Liquidationswert, dessen Heranziehung durch Deloitte die Kläger beanstanden, entspricht aber dem zweiten Teil der Bewertung 2.

336    Soweit das Vorbringen der Kläger gegen den zweiten Teil der Bewertung 2 gerichtet ist, genügt die Feststellung, dass es ins Leere geht. Denn die Frage, wie sich die Behandlung der Anteilseigner von Banco Popular im Rahmen der Abwicklung von ihrer möglichen Behandlung im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens unterscheidet, ist Gegenstand der Bewertung 3, und die endgültige Bewertung des den Anteilseignern entstandenen Verlusts ist in dem auf der Grundlage der Bewertung 3 erlassenen Beschluss des SRB vom 17. März 2020 enthalten.

337    Soweit sich das Vorbringen der Kläger dagegen richtet, dass Deloitte im ersten Teil der Bewertung 2 den Liquidationswert zur Bewertung der Vermögenswerte von Banco Popular verwendet habe, genügt der Hinweis, dass Deloitte in diesem ersten Teil den Veräußerungswert von Banco Popular und keinen Liquidationswert berücksichtigt hat.

338    Zur angewandten Methode führte Deloitte in der Bewertung 2 aus, dass das zur Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes herangezogene Szenario die Veräußerung der Bank mittels des Instruments der Unternehmensveräußerung gewesen sei. Gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. f der Verordnung Nr. 806/2014 habe die Bewertung der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten oder Eigentumstitel und dem Verständnis des SRB dafür gedient, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke des Art. 24 Abs. 2 Buchst. b zu verstehen sei.

339    Deloitte erläuterte, dass „[ihre] wirtschaftliche Bewertung … eine Schätzung des Wertes ermöglichen [soll], der nach einem offenen, fairen und wettbewerbsbasierten Versteigerungsverfahren von einem potenziellen Erwerber für die Bank als Ganzes vorgeschlagen werden kann (ein ‚Veräußerungswert‘ gemäß Art. 11 der technischen Regulierungsstandards) …“

340    Nach dem sechsten Erwägungsgrund der technischen Regulierungsstandards sollte für die von der Abwicklungsbehörde in Betracht gezogenen Abwicklungsmaßnahmen die am besten geeignete Bemessungsgrundlage (Haltewert oder Veräußerungswert) gewählt werden.

341    Zur Wahl der Bemessungsgrundlage heißt es in Art. 11 Abs. 4 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 11 Abs. 4:

„Wenn die Abwicklungsmaßnahmen gemäß Artikel 10 Absatz 1 erfordern, dass ein fortgeführtes Unternehmen weiterhin Vermögenswerte und Verbindlichkeiten hält, ist der Haltewert die vom Bewerter verwendete geeignete Bemessungsgrundlage. Der Haltewert kann, sofern er als fair, vorsichtig und realistisch angesehen wird, eine Normalisierung der Marktbedingungen vorwegnehmen.

Der Haltewert darf nicht als Bemessungsgrundlage verwendet werden, wenn Vermögenwerte gemäß Artikel 42 der Richtlinie 2014/59… auf eine eigens für die Vermögensverwaltung errichtete Zweckgesellschaft oder gemäß Artikel 40 der Richtlinie auf ein Brückeninstitut übertragen werden, oder wenn ein Instrument der Unternehmensveräußerung gemäß Artikel 38 der Richtlinie 2014/59… genutzt wird.“

342    Nach Art. 12 Abs. 4 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 4, „[beziehen sich, wenn] sich ein Unternehmen in einer Lage [befindet], in der es einen Vermögenswert nicht halten oder einen Geschäftsbereich nicht fortführen kann, oder [wenn] die Abwicklungsbehörde aus anderen Gründen eine Veräußerung für notwendig [erachtet], um die Abwicklungsziele zu erreichen, … die erwarteten Zahlungsströme auf die innerhalb eines bestimmten Veräußerungszeitraums erwarteten Veräußerungswerte“.

343    Die Faktoren, die für die Bestimmung des Veräußerungswerts im Hinblick auf die Verwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung zu berücksichtigen sind, sind in Art. 12 Abs. 5 bis 7 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 5 bis 7, definiert.

344    Demnach können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Heranziehung des Veräußerungswerts nicht die korrekte Methode zur Beurteilung des Wertes von Banco Popular im Rahmen der Bewertung 2 gewesen sei.

345    Die erste Rüge ist daher zurückzuweisen.

2)      Zur zweiten Rüge, wonach die Bewertungen 1 und 2 hochspekulativ seien

346    Als Erstes machen die Kläger geltend, der SRB habe angegeben, dass die Bewertung 1 keine Gewähr für die Richtigkeit der in dem Bericht enthaltenen Ergebnisse biete und dass Deloitte in der Bewertung 2 zahlreiche Vorbehalte hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und der Frage äußere, ob die überprüften Informationen ausreichend seien.

347    Aus den oben in Rn. 294 dargelegten Gründen geht das Vorbringen, mit dem die Bewertung 1 beanstandet wird, ins Leere.

348    Was die Bewertung 2 angeht, führte Deloitte in dem Begleitschreiben zu deren Übermittlung an den SRB aus, sie sei wegen der schwierigen Liquiditätssituation von Banco Popular aufgefordert worden, ihre Bewertung äußerst kurzfristig vorzunehmen. Für die Hauptarbeit hätten nur zwölf Tage ab Zugang zu der Dokumentation zur Verfügung gestanden, während ein solches Vorhaben normalerweise sechs Wochen in Anspruch nehme. Deloitte wies auf eine Reihe von Lücken und Inkohärenzen in den verfügbaren Informationen hin. Die Bewertung sei als höchst ungesichert und vorläufig im Sinne von Art. 36 der Richtlinie 2014/59 anzusehen, und gemäß Art. 36 Abs. 9 dieser Richtlinie, der Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht, sei ein Puffer für zusätzliche Verluste eingefügt worden.

349    Wie die Kläger ausführen, erwähnte Deloitte auch die zeitlichen Zwänge und die begrenzten verfügbaren Informationen in dem mit „Reichweite, Arbeitsgrundlagen und Grenzen“ (scope, basis of work and limitations) überschriebenen Teil des Anhangs der Bewertung 2, in dem sie die Bedingungen schildert, unter denen sie die Bewertung 2 vornehmen musste.

350    Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht ausdrücklich den Fall vor, dass es aufgrund der gebotenen Dringlichkeit nicht möglich ist, die Anforderungen nach den Abs. 7 und 9 dieses Artikels zu erfüllen, also u. a. den Fall, dass sich die Bewertung nicht durch bestimmte in den Büchern und Aufzeichnungen eines Unternehmens enthaltene Unterlagen ergänzen lässt. Zudem wird in dieser Bestimmung anerkannt, dass jeder vorläufigen Bewertung Unsicherheiten innewohnen, da ihr Unterabs. 2 die Einfügung eines Puffers für zusätzliche Verluste vorsieht.

351    Gemäß dieser Bestimmung beschränkte sich Deloitte demnach auf die Angabe, wegen der Kürze der für die Bewertung zur Verfügung stehenden Zeit habe sie sich auf unvollständige Informationen stützen müssen, und stellte klar, dass die von ihr vorgenommene Bewertung als vorläufig im Sinne von Art. 36 Abs. 9 der Richtlinie 2014/59 anzusehen sei.

352    Zudem geht aus Art. 20 Abs. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 hervor, dass sich der SRB wegen der Dringlichkeit der Situation auf die nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgenommene Bewertung stützen durfte, um das Abwicklungskonzept anzunehmen.

353    Die der Bewertung 2 innewohnenden Unsicherheiten werden ferner in den technischen Regulierungsstandards hervorgehoben, nach denen sich der Bewerter bei der Schätzung und Abzinsung der Zahlungsströme, die das Unternehmen aus bestehenden Vermögenswerten und Verbindlichkeiten erwarten kann, auf faire, vorsichtige und realistische Annahmen stützen und verschiedene Faktoren und Umstände berücksichtigen muss.

354    Im Einzelnen sieht Art. 12 Abs. 5 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 5, hinsichtlich der Schätzungen des Veräußerungswerts vor:

„Der Veräußerungswert wird vom Bewerter auf der Grundlage der Zahlungsströme – abzüglich der Veräußerungskosten und des erwarteten Wertes etwaiger Sicherheiten – bestimmt, die das Unternehmen unter den derzeit vorherrschenden Marktbedingungen bei einer ordnungsgemäßen Veräußerung oder Übertragung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten nach vernünftigem Ermessen erwarten kann. Gegebenenfalls kann der Bewerter unter Berücksichtigung der im Rahmen des Abwicklungskonzepts zu ergreifenden Maßnahmen den Veräußerungswert bestimmen, indem er auf den beobachtbaren Marktpreis dieser Veräußerung oder Übertragung einen Abschlag anwendet, um einem möglichen Preisnachlass bei einer beschleunigten Veräußerung Rechnung zu tragen. Zur Bestimmung des Veräußerungswertes von Vermögenswerten, für die es keinen liquiden Markt gibt, zieht der Bewerter beobachtbare Preise an Märkten heran, an denen ähnliche Vermögenswerte gehandelt werden, oder Modellrechnungen mithilfe beobachtbarer Marktparameter, wobei aufgrund der Illiquidität gegebenenfalls Abschläge anzuwenden sind.“

355    Nach Art. 12 Abs. 6 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 12 Abs. 6, berücksichtigt der Bewerter verschiedene Faktoren, die sich auf die Veräußerungswerte und ‑zeiträume auswirken könnten.

356    Daraus ergibt sich, dass die Bewertung 2 auf Annahmen beruht und von multiplen Faktoren abhängt. So stützte sich Deloitte gemäß den technischen Regulierungsstandards zur Bestimmung des Veräußerungswerts von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung in der Bewertung 2 auf Schätzungen und vorausschauende Bewertungen und legte ihr Ergebnis als eine Spannbreite von Werten vor.

357    Daher ist festzustellen, dass in Anbetracht der zeitlichen Zwänge und der verfügbaren Informationen jeder nach Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgenommenen vorläufigen Bewertung bestimmte Unsicherheiten und Schätzungen innewohnen und dass die von Deloitte zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte nicht bedeuten, dass die Bewertung 2 nicht „fair, vorsichtig und realistisch“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 war.

358    Als Zweites machen die Kläger geltend, nach Art. 20 Abs. 1, 4 und 12 der Verordnung Nr. 806/2014 müsse die Bewertung die Gesamtheit der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des betreffenden Unternehmens erfassen. Deloitte habe aber angegeben, dass sie sich auf bestimmte Kategorien von Vermögenswerten konzentriert habe, deren Bewertung höchst unsicher gewesen sei.

359    Die Kläger beziehen sich auf die Aussage von Deloitte im Begleitschreiben zu dem Bericht zur Bewertung 2, sie habe wegen der Kürze der für die Erstellung der Bewertung 2 zur Verfügung stehenden Zeit der Prüfung der verfügbaren Informationen strikten Vorrang einräumen müssen, indem sie sich allein auf die Schlüsselvermögenswerte und ‑verbindlichkeiten konzentriert habe, deren Bewertung höchst unsicher gewesen sei.

360    Hierzu genügt der Hinweis, dass dieses Vorgehen im Einklang mit Art. 8 der technischen Regulierungsstandards steht, in dem es heißt:

„Der Bewerter legt besonderes Augenmerk auf Bereiche mit erheblichen Bewertungsunsicherheiten, die sich beträchtlich auf die Gesamtbewertung auswirken. Für diese Bereiche gibt der Bewerter die Ergebnisse der Bewertung … in Form der besten Punktschätzungen und gegebenenfalls als Spannbreiten an. …“

361    Als Drittes machen die Kläger geltend, die Bewertung der Kategorien von Vermögenswerten in der Bewertung 2 genüge nicht den Mindestanforderungen nach Art. 20 Abs. 4 und 6 der Verordnung Nr. 806/2014. Sie treten der von Deloitte vorgenommenen Bewertung verschiedener Kategorien von Vermögenswerten in der Bewertung 2 entgegen.

362    Die Kläger machen für mehrere Kategorien von Vermögenswerten geltend, Deloitte habe nicht über hinreichende Informationen verfügt und das Ergebnis ihrer Bewertung weiche von dem der Bewertung 1 ab.

363    In dieser Hinsicht folgt zum einen aus dem Vorstehenden, dass die Unsicherheiten definitionsgemäß jeder vorläufigen Bewertung innewohnen und dass Deloitte wegen der sehr kurzen ihr zur Verfügung stehenden Zeit nicht über bestimmte Informationen verfügen konnte. Diese Unsicherheiten kommen u. a. darin zum Ausdruck, dass Deloitte in der Bewertung 2 gemäß den technischen Regulierungsstandards angab, dass die Ergebnisse der Bewertung als Spannbreiten von Werten vom ungünstigsten Szenario bis zur bestmöglichen Bewertung vorgelegt würden.

364    Zum anderen ist unerheblich, dass die Bewertung dieser Vermögenswerte in der Bewertung 2 von der in der Bewertung 1 abweicht, da diese beiden Bewertungen unterschiedlichen Zwecken dienten und auf unterschiedlichen Berechnungsmethoden beruhten. Die Bewertung 2 diente der Feststellung des Veräußerungswerts der Vermögenswerte für einen potenziellen Erwerber, die Anpassungen gegenüber deren Buchwert voraussetzte. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass Deloitte in der Bewertung 2 Anpassungen des Wertes jeder Kategorie von Vermögenswerten auf der Grundlage der konsolidierten Bilanz von Banco Popular zum 31. März 2017 vornahm.

365    Somit sind die von den Klägern angestellten Vergleiche zwischen dem Wert der Anpassungen, die in der Bewertung 2 für die Darlehen und Forderungen, das Immobilienvermögen und die Steueransprüche berechnet wurden, und dem Wert dieser Kategorien von Vermögenswerten in der Bewertung 1 unerheblich.

366    Zu prüfen ist das übrige Vorbringen der Kläger zu den einzelnen Kategorien von Vermögenswerten.

367    Zur Bewertung der Darlehen und Forderungen machen die Kläger geltend, da Deloitte nicht zu einer Analyse der abgezinsten Zahlungsströme (Discounted Cash Flows) in der Lage gewesen sei, habe sie hochspekulative Bewertungen vorgenommen, was zu einer Unterbewertung dieser Vermögenswerte mit einer Anpassung von 3,5 Mrd. Euro im Grundszenario gegenüber einer Anpassung von 501 bis 774 Mio. Euro in der Bewertung 1 geführt habe.

368    In der Bewertung 2 führte Deloitte aus, ihre Methode zur Berechnung des wirtschaftlichen Wertes der Darlehen und Forderungen bestehe in der Schätzung des erwarteten Kreditverlusts. Auf diese Weise gelangte sie zu einer Anpassungsspanne zwischen 2,7 Mrd. Euro im günstigsten und 6,9 Mrd. Euro im ungünstigsten Szenario und zu einer besten Schätzung von 3,5 Mrd. Euro.

369    Diese Methode steht im Einklang mit den technischen Regulierungsstandards.

370    Darlehen und Forderungen gehören gemäß Art. 8 Buchst. a der technischen Regulierungsstandards zu den Bereichen mit erheblichen Bewertungsunsicherheiten, auf die der Bewerter besonderes Augenmerk legt; dort heißt es:

„Darlehen oder Darlehensportfolios, deren erwartete Zahlungsströme von der Fähigkeit, Bereitschaft oder Motivation einer Gegenpartei abhängen, ihrer Verpflichtung nachzukommen, sofern diese Erwartungen auf Annahmen über Ausfallquoten, Ausfallwahrscheinlichkeiten, die Verlustquote bei Ausfall oder Merkmale von Instrumenten beruhen, insbesondere dann, wenn bei einem Darlehensportfolio Ausfallmuster ersichtlich werden“.

371    Überdies erläuterte Deloitte auf den S. 4 bis 11 des Anhangs der Bewertung 2 die Anpassungen, die sie bei der Bewertung der Darlehen und Forderungen insbesondere wegen des Zahlungsausfallrisikos vorgenommen habe. Die Kläger treten diesen Anpassungen mit ihrem Vorbringen nicht entgegen. Über ihre Bezugnahme auf die Bewertung 1 hinaus erläutern die Kläger nicht, aus welchem Grund die Bewertung der von Deloitte in ihrer besten Schätzung vorgenommenen Anpassungen eine Unterbewertung darstellen soll.

372    Zur Bewertung des Immobilienvermögens bringen die Kläger vor, Deloitte habe nur eine Stichprobe von 112 Bewertungsberichten geprüft und sie habe die Liquidität des Portfolios sowie sonstiges Immobilienvermögen mit einem Wert von 1,043 Mrd. Euro nicht berücksichtigt, was zu einer erheblichen Unterbewertung führe.

373    Dieses Vorbringen beruht auf einem Fehlverständnis der Bewertung 2.

374    In dieser Hinsicht führte Deloitte auf S. 5 des Berichts zur Bewertung 2 aus, ihre Bewertung beruhe auf Informationen, die 93 % des Immobilienportfolios von Banco Popular abdeckten, extrapoliert zur Erfassung sämtlicher Vermögenswerte. Sie habe ihre eigene Bewertungsmethode angewandt und habe zur Verifizierung der erhaltenen Ergebnisse eine zweite Methode herangezogen, indem sie für die wichtigsten Immobilienvermögenswerte eine Datensatzkontrolle vorgenommen habe, die auf eine Stichprobe von 112 von Dritten erstellten Bewertungsberichten gestützt gewesen sei, um ihre Hypothesen anzupassen und eine genauere „Top-down“-Bewertung abzugeben. Die Kläger können somit nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Bewertung des Immobilienvermögens in der Bewertung 2 allein auf 112 Berichte gestützt sei.

375    Zudem bedeutet die Angabe von Deloitte, dass die Liquidität des analysierten Immobilienvermögensportfolios begrenzt gewesen sei, entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht, dass Deloitte diese Liquidität nicht geprüft hat. Deloitte erwähnt z. B. auf den S. 15 und 16 des Anhangs der Bewertung 2 in ihrer Bewertung des Immobilienportfolios von Banco Popular nach der Art des Vermögenswerts mehrfach deren begrenzte Liquidität.

376    Ferner geht aus dem Schaubild „Ergebnis der Bewertung (Struktur der Bilanz)“ auf S. 26 des Anhangs der Bewertung 2 hervor, dass Deloitte Immobilienvermögenswerte, die in der Bilanz von Banco Popular als „sonstige“ eingestuft waren, mit einem Wert von 1,043 Mrd. Euro berücksichtigt hat. Mit der Angabe auf S. 12 des Anhangs der Bewertung 2, dass diese als „sonstige“ eingestuften Immobilienvermögenswerte nicht bewertet worden seien, wies Deloitte lediglich darauf hin, dass auf sie keine Anpassung angewandt worden sei. Somit konnte sich daraus entgegen dem Vorbringen der Kläger keine Unterbewertung ergeben.

377    Hinsichtlich der Bewertung der Steueransprüche stützen sich die Kläger für ihr Vorbringen, Deloitte habe eine Unterbewertung vorgenommen, auf die von Banco Santander nach der Abwicklung durchgeführte Berechnung.

378    Hierzu genügt der Hinweis, dass die von Deloitte durchgeführte Analyse zur Bestimmung des Wertes der einzelnen Kategorien von Vermögenswerten für jeden potenziellen Erwerber diente. Der diesen Vermögenswerten von Banco Santander nach dem Erwerb von Banco Popular beigemessene Wert, der von den Synergien zwischen diesen beiden Unternehmen abhängt, ist somit für die Beurteilung der Gültigkeit der Bewertung 2 unerheblich.

379    Im Bericht zur Bewertung 2 führte Deloitte ferner aus, dass die Bewertung der nicht geschützten latenten Steueransprüche von den vorweggenommenen steuerpflichtigen Gewinnen des Erwerbers (Geschäftsplan) und der Höhe der bestehenden Steuergutschriften abhänge. Auf S. 32 des Anhangs der Bewertung 2 erläuterte sie insbesondere, die Bewertung der nicht geschützten latenten Steueransprüche hänge vom Erwerber ab, und zwar u. a. davon, ob dieser eine spanische oder eine ausländische Bank sei, und falls der Erwerber eine spanische Bank sei, hänge ihre Beitreibbarkeit und ihre Einstellung in die Bilanz vom Geschäftsplan von Banco Popular und von dem des Erwerbers ab. Dem Bericht zu der Bewertung zufolge berücksichtigte die von Deloitte vorgenommene Bewertung diese verschiedenen Hypothesen.

380    Zur Bewertung der Rückstellungen wegen Rechtsrisiken machen die Kläger geltend, Deloitte habe ein Rechtsgutachten zur Begründetheit der Forderungen, die zu diesen Rückstellungen geführt hätten, nicht geprüft.

381    In der Bewertung 2 führte Deloitte aus, sie habe sich auf die Berechnungen der Geschäftsleitung von Banco Popular gestützt und Anpassungen auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrung und der Tendenzen in diesem Bereich vorgenommen. Es ist davon auszugehen, dass diese Methode eine „faire, vorsichtige und realistische“ Bewertung im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 ermöglicht.

382    Zur Bewertung der gemeinsamen Unternehmen, der Tochtergesellschaften und der assoziierten Unternehmen machen die Kläger geltend, Deloitte habe eine auf dem Marktwert beruhende Methode angewandt und habe ihr Ergebnis nicht durch eine auf andere Methoden gestützte Bewertung bestätigt. Dem Ergebnis der Bewertung 2 widersprächen außerdem die Bewertung 3, Bewertungen anderer Marktanalysten und die spätere Veräußerung einiger dieser Vermögenswerte.

383    Zum einen hat Deloitte, wie dargelegt, zu Recht eine auf den Veräußerungswert von Banco Popular gestützte Methode angewandt, der gemäß den technischen Regulierungsstandards dem Preis entspricht, der auf dem Markt für einen bestimmten Vermögenswert oder eine bestimmte Gruppe von Vermögenswerten unter Berücksichtigung einer angemessenen Anpassung erzielt werden könnte. Die Erklärung von Deloitte, sie sei nicht zu einem Abgleich mit anderen Methoden in der Lage gewesen, kann das Ergebnis der auf die angemessene Analysemethode gestützten Bewertung 2 nicht in Frage stellen.

384    Zum anderen sind die nach der Abwicklung vorgenommenen Bewertungen unerheblich. Zudem vergleichen die Kläger zu Unrecht den in der Bewertung 2 berücksichtigten Wert von 1,9 Mrd. Euro mit dem in der Bewertung 3 genannten Betrag von 7,496 Mrd. Euro. In der Bewertung 2 erläuterte Deloitte, dass sich ihre Analyse auf eine konsolidierte Grundlage stütze und dass dieser Teil ihrer Bewertung auf die gemeinsamen und die assoziierten Unternehmen beschränkt sei, während die Bewertung 3 die Tochtergesellschaften einschließe.

385    Zur Bewertung der immateriellen Vermögenswerte machen die Kläger geltend, Deloitte habe dem Geschäfts- oder Firmenwert von Banco Popular einen Wert null und der Marke Banco Pastor einen begrenzten Wert zuerkannt, was nicht der Realität entspreche. Sie habe erklärt, dass sie nicht über die Werthaltigkeitstests verfüge, so dass sie den tatsächlichen Wert der immateriellen Vermögenswerte nicht habe bestätigen können.

386    Es ist darauf hinzuweisen, dass Deloitte in der Bewertung 2 zum Geschäfts- oder Firmenwert erläuterte, dass ein potenzieller Erwerber einem früheren Geschäfts- oder Firmenwert keinen Wert zuerkennen würde, da es sich nicht um einen im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses feststellbaren Vermögenswert handle. Wegen der starken Präsenz der Marke Banco Pastor in Galicien habe diese Marke einen Wert für einen Dritten, und sie habe die Wertspanne mittels der Nutzungsentgeltmethode geschätzt, die die geläufigste Methode zur Bewertung von Marken sei. Die Kläger bringen nichts vor, was diese Erläuterungen in Frage stellen könnte.

387    Im Bericht zur Bewertung 2 gab Deloitte an, ihr seien die Werthaltigkeitstests nicht zur Verfügung gestellt worden, so dass sie die von Banco Popular für diese Vermögenswerte verwendete Berechnungsgrundlage nicht habe analysieren können, jedoch sei die schwache Leistung von Banco Popular in den letzten Jahren ein Indiz für potenzielle Wertminderungen gewesen. Daraus ergibt sich, dass es zwangsläufig zu einem niedrigeren Wert gegenüber dem von Deloitte berücksichtigten Wert in der konsolidierten Bilanz von März 2017 geführt hätte, wenn Banco Popular diese Informationen geliefert hätte.

388    Zu den Vermögenswerten und Forderungstiteln machen die Kläger geltend, Deloitte habe mangels hinreichender Informationen über die Merkmale der drittrangigen Vermögenswerte ihre eigenen Schätzungen vorgenommen.

389    Mit diesem Vorbringen begnügen sich die Kläger ein weiteres Mal mit einem Verweis auf die Sätze des Berichts zur Bewertung 2, in denen Deloitte darlegt, aus welchen Gründen ihre Bewertung mit Unsicherheiten behaftet sei, die einer vorläufigen Bewertung innewohnen. Sie bringen jedoch nichts vor, um diese Schätzungen in Frage zu stellen.

390    Zu den Synergien und den sonstigen Schlüsselfaktoren schließlich machen die Kläger geltend, da die von Deloitte vorgenommene Berechnung bereinigt sei, lasse sich nicht überprüfen, ob deren Schätzung der Rentabilität entspreche, die Banco Santander im Anschluss an den Erwerb von Banco Popular erklärt habe.

391    In dieser Hinsicht führte Deloitte im Bericht zur Bewertung 2 aus, dass sie bei ihrer Schätzung öffentlich verfügbare Informationen über die Fusionen und Erwerbsvorgänge im Bankensektor in Spanien berücksichtigt habe, dass „die Synergien je nach Erwerber unterschiedliche sein können und insbesondere vom Grad der Überlappung der Tochtergesellschaften abhängen“ und dass „die Synergien umso höher sein können, je stärker sich die Tochtergesellschaften überlappen“. Die Synergien hingen stark vom Erwerber ab. Deloitte musste aber ihre Bewertung unter Berücksichtigung jedes beliebigen potenziellen Erwerbers vornehmen. Das Ergebnis dieser Bewertung kann nicht mit den Synergien verglichen werden, die Banco Santander im Anschluss an den Erwerb von Banco Popular erzielt hat.

392    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kläger nichts vorgebracht haben, was die Bewertung der Vermögenswerte von Banco Popular in Frage stellen kann, die Deloitte in der Bewertung 2 vorgenommen hat.

393    Daher ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

3)      Zur dritten Rüge, wonach die Bewertung 2 keine „faire, vorsichtige und realistische“ Bewertung sei

394    Erstens machen die Kläger geltend, die von Deloitte für den Wert von Banco Popular geschätzte Spanne sei nicht akzeptabel, weil die verschiedenen Szenarien zu weit auseinanderlägen.

395    In der Bewertung 2 führte Deloitte aus, deren Ergebnis bewege sich in einer Spanne zwischen 1,3 Mrd. Euro und minus 8,2 Mrd. Euro, mit einer besten Schätzung innerhalb dieser Spanne von minus 2 Mrd. Euro.

396    Es ist zum einen festzustellen, dass sich die Kläger damit begnügen, diese Spanne zu beanstanden, ohne etwas Konkretes vorzubringen. Zum anderen ist die Breite dieser Spanne durch die in der Bewertung 2 angewandte Methode gerechtfertigt.

397    Zu der in der Bewertung 2 angewandten Methode führte Deloitte aus, sie sei Kategorie für Kategorie vorgegangen, indem sie die Buchwerte jeder Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten angepasst habe, um die Verluste und Gewinne sowie andere Wertanpassungen zu schätzen, die jeder Erwerber vornehmen würde. Sie legte für jede Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten eine Bewertungsspannbreite vor.

398    Diese Methode steht im Einklang mit Art. 2 Abs. 3 der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren Art. 2 Abs. 3, der Folgendes vorsieht:

„Der Bewerter gibt die beste Punktschätzung des Wertes eines bestimmten Vermögenswertes, einer bestimmten Verbindlichkeit oder von Kombinationen davon ab. Die Ergebnisse der Bewertung werden gegebenenfalls auch in Form von Spannbreiten angegeben.“

399    Auf diese Weise lieferte die Addition der niedrigsten Werte für jede Kategorie von Vermögenswerten und von Verbindlichkeiten die niedrige und die Addition der höchsten Werte die hohe Schätzung der Spanne. Aus dieser Methode ergibt sich somit die in der Bewertung 2 enthaltene Spannbreite.

400    Zudem beträgt, wie der SRB hervorhebt, angesichts des Bilanzumfangs von Banco Popular von über 130 Mrd. Euro der Unterschied zwischen den beiden Werten der Spanne nur etwa 7 % der Bilanzsumme. Damit spiegelt dieser Unterschied den dem Bewertungsprozess innewohnenden Unsicherheitsgrad wider.

401    Zweitens halten die Kläger die negative Bewertung von Banco Popular in der Bewertung 2 für unvereinbar mit den Schätzungen der EZB, des SRB und der spanischen Behörden, nach deren Ansicht die Bank solvent gewesen sei. Die Bewertung 2 sei unvereinbar mit der Bewertung 1, in der der SRB Banco Popular – selbst mit Anpassungen – für weiter solvent erachtet habe. Die Begründungen der Bewertungen 1 und 2 widersprächen einander hinsichtlich des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular.

402    Der einleitenden Zusammenfassung der technischen Standards der EBA zufolge ist es wichtig, zwischen zwei Arten der Bewertung vor der Abwicklung zu unterscheiden, der Bewertung 1 gemäß Art. 36 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2014/59, der Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht, und der Bewertung 2 gemäß Art. 36 Abs. 4 Buchst. b bis g der Richtlinie 2014/59, der Art. 20 Abs. 5 Buchst. b bis g der Verordnung Nr. 806/2014 entspricht.

403    Im ersten Erwägungsgrund der technischen Regulierungsstandards, übernommen in die Delegierte Verordnung 2018/345 als deren erster Erwägungsgrund, wird an diese Unterscheidung zwischen anfänglichen Bewertungen, anhand deren ermittelt wird, ob die Bedingungen für die Herabschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten oder eine Abwicklung erfüllt sind, und anschließenden Bewertungen, die als Grundlage für die Entscheidung über die Anwendung eines oder mehrerer Abwicklungsinstrumente dienen, erinnert. Die technischen Regulierungsstandards legen unterschiedliche Kriterien für die Durchführung der Bewertung 1 und der Bewertung 2 fest.

404    Für die Bewertung 1 ist das relevante Kriterium gemäß den technischen Regulierungsstandards, ob das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt.

405    Entgegen dem Vorbringen der Kläger diente die Bewertung 2 nicht der Feststellung, ob Banco Popular ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, so dass die Kläger insoweit keinen Widerspruch zur Bewertung 1 geltend machen können.

406    Zudem erklären sich unterschiedliche Schlussfolgerungen der Bewertung 1 und der Bewertung 2 dadurch, dass diese wegen ihres unterschiedlichen Gegenstands auf unterschiedliche Bewertungskriterien gestützt sind, die in den technischen Standards der EBA festgelegt sind. So diente die Bewertung 1 nach den technischen Standards der EBA in erster Linie der Feststellung, ob der Gesamtwert der Vermögenswerte des Unternehmens dessen Verbindlichkeiten überstieg, ob das Unternehmen also bilanzmäßig solvent war, während der Bewertung 2 der wirtschaftliche Wert und nicht der Buchwert des Unternehmens zugrunde liegen musste.

407    Jedenfalls genügt zum Vorbringen der Kläger, die Schlussfolgerungen der Bewertung 1 und der Bewertung 2 widersprächen einander, die Feststellung, dass dieses Vorbringen ins Leere geht, da die Schlussfolgerungen der Bewertung 1 nach der Bewertung durch die EZB am 6. Juni 2017 aus den oben in Rn. 294 genannten Gründen nicht mehr relevant waren.

408    Zudem stützte sich die EZB in ihrer Bewertung für ihre Schlussfolgerung, dass Banco Popular ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, nicht auf deren Insolvenz. Die Schlussfolgerung der EZB, dass Banco Popular wegen ihrer Liquiditätssituation und ihres Unvermögens, neue Liquidität zu generieren, in naher Zukunft nicht in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen, steht nicht im Widerspruch dazu, dass Banco Popular buchmäßig solvent war.

409    Da die Bewertung 2 den wirtschaftlichen Wert und nicht den Buchwert von Banco Popular berücksichtigen muss, können die Kläger keinen Widerspruch zwischen der in der Bewertung 1, in der Bewertung der EZB oder von der Bank von Spanien getroffenen Feststellung, dass Banco Popular solvent sei, und den Schlussfolgerungen der Bewertung 2 rügen.

410    Daher ist ihr Vorbringen zur Berechnung des Wertes des Nettovermögens von Banco Popular unter Berücksichtigung der von der EZB und von Banco Popular vorgesehenen Anpassungen der unproduktiven Vermögenswerte ebenfalls unerheblich für die Beurteilung der Gültigkeit der Bewertung 2.

411    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die dritte Rüge und folglich der vierte Teil zurückzuweisen ist.

e)      Zum fünften Teil: Verstoß gegen Art. 20 Abs. 7 und 9 der Verordnung Nr. 806/2014

412    Die Kläger machen einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 geltend, wonach die Bewertung u. a. durch eine aktualisierte Bilanz und einen Bericht über die Finanzlage des Unternehmens ergänzt wird. Deloitte habe eingeräumt, dass sie keine Analyse der Struktur des Unternehmens und der Bilanzen der Einzelunternehmen vorgenommen habe. In Ermangelung von Bilanzen jedes Einzelunternehmens der Banco-Popular-Gruppe habe Deloitte ihre Bewertung auf einer konsolidierten Grundlage vorgenommen. Deloitte habe aber angegeben, dass eine Analyse jedes Einzelunternehmens von ausschlaggebender Bedeutung sei.

413    Die Kläger machen weiter einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 9 der Verordnung Nr. 806/2014 geltend, weil Deloitte eingeräumt habe, dass sie nicht zur Unterteilung der Gläubiger in Klassen entsprechend ihrem Rang in der Lage gewesen sei. Deloitte habe jedoch unter Verwendung der am 6. Juni 2017 verfügbaren Informationen eine Rangordnung der Gläubiger in die Bewertung 3 aufgenommen.

414    Es ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall die Bewertung 2 eine vorläufige Bewertung auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 war und dass aus dieser oben in Rn. 302 angeführten Bestimmung ausdrücklich hervorgeht, dass diese Bewertung die Anforderungen nach Art. 20 Abs. 7 und 9 nur erfüllen musste, soweit dies unter den gegebenen Umständen angemessen und durchführbar war.

415    Zudem schreibt Art. 20 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht vor, dass die Bewertung durch eine aktualisierte Bilanz und einen Bericht über die Finanzlage jedes Unternehmens der abgewickelten Gruppe ergänzt wird. Der Begriff „Unternehmen“ wird in diesem Artikel in seiner in Art. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 definierten Bedeutung verwendet. Die Bewertung 2 stützte sich auf die konsolidierte Bilanz der Banco-Popular-Gruppe.

416    Die Kläger stützen sich weiter auf Auszüge der Bewertung 2, die nicht erheblich sind.

417    In einem von den Klägern angeführten Auszug aus dem Anhang der Bewertung 2 legte Deloitte dar, ihr seien die Gesellschaftsstruktur des Unternehmens und die Bilanzen der Einzelunternehmen nicht zur Verfügung gestellt worden, so dass ihr Liquidationsszenario zur Veranschaulichung auf einer konsolidierten Grundlage erstellt worden sei, und dies laufe dem spanischen Recht zuwider. In einem weiteren von den Klägern angeführten Auszug aus diesem Anhang führte Deloitte aus, die Analyse jedes Einzelunternehmens sei für eine Simulation des Liquidationsszenarios von ausschlaggebender Bedeutung. Die Kläger nehmen auch Bezug auf die Auszüge, in denen Deloitte darlegt, dass sie nicht über ausreichende Daten oder genug Zeit verfügt habe, um die Gläubiger nach ihrem Rang einstufen zu können, und dass der Umstand, dass ihre Berechnungen auf der Ebene der Banco-Popular-Gruppe vorgenommen worden seien, sich wertmäßig erheblich für die Gläubiger bestimmter Unternehmen auswirken könne, deren Forderungen zulasten der Gläubiger anderer Unternehmen zu 100 % befriedigt würden.

418    Diese Auszüge, die dem zweiten Teil des Anhangs der Bewertung 2 betreffend die Simulation des Liquidationsszenarios entnommen sind und nicht dem ersten Teil dieses Anhangs betreffend die vorläufige Bewertung von Banco Popular, sind nicht erheblich. Denn das Abwicklungskonzept wurde, wie dargelegt, unter Berücksichtigung des ersten Teils der Bewertung 2 angenommen, der die vorläufige Bewertung von Banco Popular enthält, die im Hinblick auf die Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung erstellt wurde.

419    Wie es in Rn. 3 des Berichts zur Bewertung 2 heißt, diente die Simulation des Liquidationsszenarios der Beantwortung der Frage, ob die Anteilseigner und die Gläubiger von Banco Popular besser behandelt worden wären, wenn für sie ein reguläres Insolvenzverfahren nach spanischem Recht eingeleitet worden wäre.

420    Zum einen erläuterte Deloitte jedoch im zweiten Teil des Anhangs der Bewertung 2, der diese Simulation enthält, sie hätte mit mehr Daten betreffend die Bilanz jedes Einzelunternehmens und mehr Zeit ihre Liquidationshypothesen verfeinern und eine Strategie des Liquidationsszenarios vorbereiten können. Damit stellte sie klar, dass die Simulation des Liquidationsszenarios im Anhang der Bewertung 2 Hinweischarakter hatte.

421    Somit nahm Deloitte gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 die Einschätzung nach Art. 20 Abs. 9 dieser Verordnung nur vor, soweit dies unter den gegebenen Umständen angemessen und durchführbar war.

422    Zum anderen gehört die Frage der Behandlung der Anteilseigner und der Gläubiger im Rahmen des Liquidationsszenarios zur Bewertung 3, mit der nach Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 festgestellt werden soll, ob die Anteilseigner und die Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre. Deloitte übermittelte dem SRB die Bewertung 3 am 14. Juni 2018, also nach der Annahme des Abwicklungskonzepts.

423    Zudem ist das Vorbringen der Kläger, Deloitte habe in die Bewertung 3 eine Rangfolge der Gläubiger allein auf der Grundlage von am 6. Juni 2017 verfügbaren Informationen aufgenommen, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Abwicklungskonzepts unerheblich. Jedenfalls geht dieses Vorbringen fehl, da es in der Bewertung 3 zwar heißt, diese beruhe auf den am 6. Juni 2017 verfügbaren Finanzinformationen, zugleich aber ausgeführt wird, dieser Bewertung lägen zahlreiche Informationen zugrunde, die nach der Annahme des Abwicklungskonzepts erlangt worden und demnach zum Zeitpunkt der Erstellung der Bewertung 2 nicht verfügbar gewesen seien.

424    Daher ist der fünfte Teil zurückzuweisen.

425    Nach alledem ist dem SRB mit der Einstufung der Bewertung 2 als im Einklang mit Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 stehend kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen. Der zweite Klagegrund ist daher in vollem Umfang zurückzuweisen.

3.      Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Gehör und des Rechts auf Akteneinsicht, beide verankert in Art. 41 Abs. 2 der Charta

426    Die Kläger machen geltend, der SRB habe das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta verankerte Recht auf Gehör verletzt, weil sie vor der Annahme des Abwicklungskonzepts nicht angehört worden seien und keinen Zugang zu den Akten gehabt hätten. Dieser Klagegrund besteht der Sache nach aus zwei Teilen.

a)      Zum ersten Teil: Verletzung des Rechts auf Gehör

427    Die Kläger machen geltend, das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta verankerte Recht auf Gehör gelte für jede Maßnahme, durch die eine Person betroffen sein könne, und u. a. im Fall eines Instituts, an dem diese Person Anteile besitze. Die angefochtenen Beschlüsse beträfen die Abwicklung einer einzigen Bank, und die betroffenen Personen seien deren Anteilseigner und deren Gläubiger. Die Inhaber von Kapitalinstrumenten einer Bank müssten angehört werden, bevor ihnen ihr Eigentum entzogen werde.

428    Die Kommission macht geltend, der Abwicklungsbeschluss stelle hinsichtlich der Kläger keine individuelle Maßnahme dar, sondern eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung und Art. 41 der Charta sei nicht anwendbar. Selbst wenn den Klägern ein Recht auf Gehör vor der Annahme des Abwicklungskonzepts zustehen sollte, könne dieses Recht Einschränkungen unterliegen.

429    Der SRB hält die Begrenzung des Rechts auf Gehör, sollte ein solches bestehen, für gerechtfertigt durch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Abwicklungsbeschlüsse und die Stabilität der Finanzmärkte sicherzustellen.

430    Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird.

431    Das Recht, gehört zu werden, garantiert jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen möglicherweise nachteilige Entscheidung erlassen wird. Das Recht auf Gehör dient einem doppelten Zweck. Es dient zum einen der Zusammenstellung der Akten und einer möglichst genauen und zutreffenden Ermittlung des Sachverhalts und ermöglicht es zum anderen, einen wirksamen Schutz der betroffenen Person zu gewährleisten. Das Recht auf Gehör soll insbesondere gewährleisten, dass jede beschwerende Entscheidung in Kenntnis aller Umstände getroffen wird, und soll u. a. der zuständigen Behörde erlauben, einen Fehler zu berichtigen, und der betroffenen Person, individuelle Umstände vorzutragen, die für oder gegen den Erlass oder für oder gegen einen bestimmten Inhalt der Entscheidung sprechen (vgl. Urteil vom 4. Juni 2020, EAD/De Loecker, C‑187/19 P, EU:C:2020:444, Rn. 68 und 69 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

432    Der Gerichtshof hat die Bedeutung des Rechts auf Gehör und seine sehr weite Geltung in der Rechtsordnung der Union bekräftigt, indem er dargelegt hat, dass dieses Recht in allen Verfahren gelten muss, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen können. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dieses Recht auch dann zu wahren, wenn die anwendbare Regelung ein solches Verfahrensrecht nicht ausdrücklich vorsieht (vgl. Urteile vom 22. November 2012, M., C‑277/11, EU:C:2012:744, Rn. 85 und 86 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. November 2019, ADDE/Parlament, T‑48/17, EU:T:2019:780, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

433    Da der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, der das Recht auf Gehör einschließt, ein fundamentaler und allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, kann seine Anwendung durch eine Verordnung weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden, und seine Beachtung ist daher sowohl bei völligem Fehlen einer Sonderregelung als auch bei Vorliegen einer Regelung, die ihm nicht selbst Rechnung trägt, sicherzustellen (vgl. Urteil vom 18. Juni 2014, Spanien/Kommission, T‑260/11, EU:T:2014:555, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

434    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit dem vom SRB festgelegten Abwicklungskonzept die Abwicklung von Banco Popular bezweckt wird, die somit als die Person anzusehen ist, der gegenüber eine individuelle Maßnahme getroffen wird und der das Recht auf Gehör durch Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta garantiert ist.

435    Somit ist zu berücksichtigen, dass die Kläger weder Adressaten des Abwicklungskonzepts, das keine ihnen gegenüber getroffene individuelle Maßnahme ist, noch des Beschlusses 2017/1246 zur Billigung dieses Abwicklungskonzepts sind.

436    Allerdings hat der SRB die Befugnis gemäß Art. 21 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 zur Herabschreibung oder Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular ausgeübt.

437    Auch wenn das vom SRB durchgeführte Verfahren zur Annahme des Abwicklungskonzepts kein gegenüber den Klägern eröffnetes individuelles Verfahren ist, kann es doch zum Erlass einer Maßnahme führen, die für deren Interessen als Anteilseigner oder Inhaber von Kapitalinstrumenten von Banco Popular nachteilig sein kann.

438    In der oben in Rn. 432 angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist aber das Recht auf Gehör weit dahin ausgelegt worden, dass es jeder Person in einem Verfahren garantiert ist, das zu einer sie beschwerenden Maßnahme führen kann.

439    Zudem steht zum einen die Verordnung Nr. 806/2014 ihrem 121. Erwägungsgrund zufolge im Einklang mit den Grundrechten und den insbesondere in der Charta verankerten Rechten, Freiheiten und Grundsätzen, darunter den Verteidigungsrechten, und ist im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen anzuwenden. Zum anderen sieht zwar Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 keine Anhörung der Anteilseigner oder der Inhaber von Kapitalinstrumenten des betroffenen Unternehmens während des Abwicklungsverfahrens vor, doch steht keine Bestimmung der Verordnung Nr. 806/2014 einer solchen Anhörung ausdrücklich entgegen.

440    Die Kläger erheben keine Einrede der Unzulässigkeit der Verordnung Nr. 806/2014, weil diese keine Anhörung der Anteilseigner oder der Inhaber von Kapitalinstrumenten vor der Annahme eines Abwicklungskonzepts vorsehe. Sie machen geltend, das Recht auf Gehör müsse ihnen gemäß Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta im Rahmen des Abwicklungsverfahrens für Banco Popular zuerkannt werden, auch wenn die anwendbare Regelung es nicht vorsehe.

441    Das Recht auf Gehör, sollten sich die Anteilseigner und die Gläubiger des von der Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens im Rahmen des Abwicklungsverfahrens darauf berufen können, kann jedoch nach Art. 52 Abs. 1 der Charta Einschränkungen unterworfen werden.

442    Art. 52 Abs. 1 der Charta lautet:

„Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“

443    Der Gerichtshof hat entschieden, dass Grundrechte wie das Recht auf Beachtung der Verteidigungsrechte nicht schrankenlos gewährleistet sind, sondern Einschränkungen unterliegen können, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen, die mit der fraglichen Maßnahme verfolgt werden, und keinen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und untragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. Urteile vom 10. September 2013, G. und R., C‑383/13 PPU, EU:C:2013:533, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 20. Dezember 2017, Prequ’Italia, C‑276/16, EU:C:2017:1010, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

444    Demgemäß konnte das Fehlen einer Anhörung der Kläger als Anteilseigner oder Inhaber von Kapitalinstrumenten von Banco Popular im Rahmen des Abwicklungsverfahrens, sei es durch den SRB oder durch die Kommission, gerechtfertigt sein.

445    In Art. 4.2 des Abwicklungskonzepts wies der SRB, wie dargelegt, darauf hin, dass die Abwicklung dem öffentlichen Interesse entspreche, weil sie notwendig sei und in angemessenem Verhältnis zu zwei in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Zielen stehe, nämlich der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität und der Sicherstellung der Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular. Im Beschluss 2017/1246 billigte die Kommission ausdrücklich die vom SRB für die Notwendigkeit einer Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse angeführten Gründe.

446    Im vorliegenden Fall lässt sich die Einschränkung des Rechts der Kläger auf Gehör zum einen mit der Verfolgung der Ziele des Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 und zum anderen mit der Notwendigkeit rechtfertigen, die Wirksamkeit der Abwicklung von Banco Popular sicherzustellen, die rasch durchgeführt werden musste.

447    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass nach mehreren Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 806/2014, u. a. den Erwägungsgründen 12, 58 und 61, die Stabilität der Finanzmärkte eines der Ziele ist, die mit den mit dieser Verordnung eingeführten Abwicklungsmechanismen verfolgt werden.

448    Zudem ist gemäß Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Abwicklungsmaßnahme als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten, wenn sie für das Erreichen eines oder mehrerer der in Art. 14 dieser Verordnung genannten Abwicklungsziele notwendig und mit Blick auf diese Ziele verhältnismäßig ist und wenn dies bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang der Fall wäre. Zu den in Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Abwicklungszielen gehören u. a. „die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, beispielsweise von Marktinfrastrukturen, und durch die Erhaltung der Marktdisziplin“, sowie „der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“.

449    Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass Finanzdienstleistungen in der Wirtschaft der Union eine zentrale Rolle spielen. Banken und sonstige Kreditinstitute sind eine wesentliche Finanzierungsquelle für auf den verschiedenen Märkten tätige Unternehmen. Außerdem sind Banken häufig eng untereinander verbunden, und viele operieren auf internationaler Ebene. Deshalb besteht das Risiko, dass die Insolvenz einer oder mehrerer Banken rasch auf andere Banken – sowohl im Herkunftsstaat als auch in anderen Mitgliedstaaten – übergreift. Dies wiederum birgt die Gefahr, dass negative Auswirkungen auch in anderen Wirtschaftssektoren spürbar werden (Urteile vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 50, vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 72, und vom 25. März 2021, Balgarska Narodna Banka, C‑501/18, EU:C:2021:249, Rn. 108).

450    Der Gerichtshof hat entschieden, dass das Ziel, die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, gleichzeitig aber übermäßige öffentliche Ausgaben zu vermeiden und Wettbewerbsverzerrungen auf ein Minimum zu beschränken, ein hochrangiges öffentliches Interesse darstellt (Urteil vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 69).

451    Außerdem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) in seiner Entscheidung vom 1. April 2004, Camberrow MM5 AD/Bulgarien (CE:ECHR:2004:0401DEC005035799, § 6), befunden, dass die Staaten in sensiblen Wirtschaftsbereichen wie der Stabilität des Bankensystems über einen weiten Einschätzungsspielraum verfügten und dass es daher im Hinblick auf die legitimen Ziele des Schutzes der Rechte der Gläubiger und der Sicherung der ordnungsgemäßen Verwaltung der Insolvenz der Bank nicht unverhältnismäßig sei, wenn sich ein Anteilseigner nicht an einem Verfahren beteiligen könne, das zum Verkauf der Bank führe.

452    Darüber hinaus ist das Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a. (C‑41/15, EU:C:2016:836), anzuführen, das auf ein Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Art. 8, 25 und 29 der Zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels [54 Abs. 2 AEUV] im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. 1977, L 26, S. 1), ergangen ist. Diese Rechtssache betraf eine außergewöhnliche Maßnahme der nationalen Behörden, mit der durch eine Kapitalerhöhung die Insolvenz einer Aktiengesellschaft verhindert werden sollte, die nach Ansicht des vorlegenden Gerichts die finanzielle Stabilität der Union bedroht hätte. Der Gerichtshof befand, dass sich der den Aktionären und Gläubigern einer Aktiengesellschaft durch die Zweite Richtlinie 77/91 verliehene Schutz in Bezug auf das Gesellschaftskapital der Aktiengesellschaft nicht auf eine derartige, in der Situation einer gravierenden Störung der Wirtschaft und des Finanzsystems eines Mitgliedstaats getroffene nationale Maßnahme erstreckte, die eine aus der unzureichenden Eigenkapitalausstattung der betroffenen Aktiengesellschaft resultierende systemische Bedrohung der finanziellen Stabilität der Union beseitigen sollte (Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a., C‑41/15, EU:C:2016:836, Rn. 50). Die Bestimmungen der Zweiten Richtlinie standen folglich einer das Gesellschaftskapital einer Aktiengesellschaft betreffenden außergewöhnlichen Maßnahme wie der in Rede stehenden Anordnung nicht entgegen, die von den nationalen Behörden in der Situation einer gravierenden Störung der Wirtschaft und des Finanzsystems eines Mitgliedstaats ohne die Zustimmung der Hauptversammlung der Gesellschaft getroffen wurde, um eine systemische Gefahr abzuwenden und die finanzielle Stabilität der Union zu sichern (vgl. Urteil vom 8. November 2016, Dowling u. a., C‑41/15, EU:C:2016:836, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

453    Diese Erwägungen gelten entsprechend für die Situation früherer Anteilseigner oder Inhaber von Kapitalinstrumenten einer gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 in Abwicklung befindlichen Bank wie der Kläger.

454    Aus dem Vorstehenden folgt, dass mit dem durch die Verordnung Nr. 806/2014 geschaffenen und in ihrem Art. 18 beschriebenen Abwicklungsverfahren ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta verfolgt wird, nämlich das Ziel der Gewährleistung der Stabilität der Finanzmärkte, das eine Einschränkung des Rechts auf Gehör zu rechtfertigen vermag.

455    Im vorliegenden Fall stellen die Kläger nicht in Abrede, dass das Abwicklungsverfahren für Banco Popular dem in Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Ziel entsprach, die Finanzstabilität zu gewährleisten.

456    Dazu erläuterte der SRB in Art. 4.4.2 des Abwicklungskonzepts, er sei aufgrund verschiedener Anhaltspunkte zu dem Schluss gelangt, dass die Situation von Banco Popular eine wachsende Gefahr erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität in Spanien berge. Zu diesen Anhaltspunkten gehörten erstens die Größe und die Bedeutung von Banco Popular, die die Muttergesellschaft der sechstgrößten Bankengruppe Spaniens mit Vermögenswerten von insgesamt 147 Mrd. Euro sei und 2017 von der Bank von Spanien als systemrelevantes Institut eingestuft worden sei. Banco Popular sei einer der Hauptakteure auf dem Markt in Spanien mit einem signifikanten Marktanteil im Segment der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und habe in ganz Spanien einen relativ hohen Marktanteil bei den Einlagen (fast 6 %) und eine hohe Zahl von Kunden (etwa 1,4 Millionen). Zweitens sei die Art der Tätigkeit von Banco Popular berücksichtigt worden, deren Schwerpunkt im Firmenkundengeschäft liege und sich hauptsächlich auf das Angebot von Finanzierungen, die Verwaltung von Sparguthaben und Dienstleistungen für Privatkunden, Familien und Unternehmen (insbesondere KMU) konzentriere. Die Ähnlichkeit des Geschäftsmodells von Banco Popular und anderer spanischer Geschäftsbanken könne zum indirekten Ansteckungspotenzial im Verhältnis zu diesen Banken beitragen, die als vor denselben Schwierigkeiten stehend angesehen werden könnten.

457    Auch das zweite Abwicklungsziel, nämlich die Sicherstellung der Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular, ist dem Gemeinwohlziel des Schutzes der Stabilität der Finanzmärkte zuzurechnen.

458    Art. 2 Abs. 1 Nr. 35 der Richtlinie 2014/59 definiert die kritischen Funktionen eines Instituts als „Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte, deren Einstellung aufgrund der Größe, des Marktanteils, der externen und internen Verflechtungen, der Komplexität oder der grenzüberschreitenden Tätigkeiten eines Instituts oder einer Gruppe wahrscheinlich in einem oder mehreren Mitgliedstaaten die Unterbrechung von für die Realwirtschaft wesentlichen Dienstleistungen oder eine Störung der Finanzstabilität zur Folge hat, besonders mit Blick auf die Substituierbarkeit dieser Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte“.

459    In dieser Hinsicht sieht Art. 6 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/778 der Kommission vom 2. Februar 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59 in Bezug auf die Umstände und Bedingungen, unter denen die Entrichtung von außerordentlichen nachträglich erhobenen Beiträgen teilweise oder vollständig aufgeschoben werden kann, und auf die Kriterien für die Bestimmung der Tätigkeiten, Dienstleistungen und Geschäfte im Zusammenhang mit „kritischen Funktionen“ und zur Präzisierung der Kriterien für die Bestimmung der Geschäftsbereiche und damit verbundenen Dienste im Zusammenhang mit den Kerngeschäftsbereichen (ABl. 2016, L 131, S. 41) die Kriterien zur Bestimmung der kritischen Funktionen vor. Eine Funktion gilt als kritisch, wenn sie von einem Institut für Dritte erbracht wird, die nicht dem Institut oder der Gruppe angehören, und wenn ihr plötzlicher Ausfall wahrscheinlich wesentliche negative Auswirkungen auf die Dritten hätte, zu Ansteckung führen würde oder das allgemeine Vertrauen der Marktteilnehmer untergraben würde, da die Funktion für Dritte und ihre Ausübung durch das Institut oder die Gruppe systemrelevant sind.

460    Das in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Ziel, die Kontinuität der kritischen Funktionen des von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmens sicherzustellen, soll somit eine Unterbrechung dieser Funktionen verhindern, die zu Störungen nicht nur auf dem betreffenden Markt, sondern auch für die gesamte Finanzstabilität der Union führen könnte.

461    Da eine Abwicklungsmaßnahme die Finanzlage eines Kreditinstituts sichern oder wiederherstellen soll und insbesondere eine Alternative zu dessen Liquidation darstellt, ist davon auszugehen, dass sie tatsächlich einem von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Ziel entspricht (vgl. entsprechend Urteil vom 25. März 2021, Balgarska Narodna Banka, C‑501/18, EU:C:2021:249, Rn. 108).

462    In Art. 4.2 des Abwicklungskonzepts wies der SRB darauf hin, dass die Abwicklung von Banco Popular zur Erreichung des in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Ziels, die Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular sicherzustellen, notwendig und verhältnismäßig sei.

463    In Art. 4.4 des Abwicklungskonzepts benannte der SRB drei kritische Funktionen im Sinne von Art. 6 der Delegierten Verordnung 2016/778, und zwar das Einlagengeschäft mit Haushalten und Nichtfinanzunternehmen, die Kreditvergabe an KMU und Barzahlungsdienstleistungen.

464    Die Kläger bringen nichts vor, um diesen Beurteilungen entgegenzutreten.

465    Aus dem Vorstehenden folgt, dass mit dem Abwicklungsverfahren für Banco Popular ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta verfolgt wurde, nämlich das Ziel, die Stabilität der Finanzmärkte zu gewährleisten, das eine Einschränkung des Rechts auf Gehör rechtfertigen konnte.

466    Als Zweites erfordert es das allgemeine Interesse der Union, insbesondere die Verfolgung der Ziele, die Stabilität der Finanzmärkte zu erhalten und die Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular sicherzustellen, bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 unverzüglich eine Abwicklungsmaßnahme zu treffen.

467    Mehreren Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 806/2014 ist zu entnehmen, dass eine erforderlich gewordene Abwicklungsmaßnahme rasch erlassen werden muss. Es handelt sich um die Erwägungsgründe 26, 31, 53 und insbesondere 56 dieser Verordnung, nach dem die Abwicklung innerhalb kurzer Zeit vollzogen werden sollte, um eine Störung des Finanzmarkts und der Wirtschaft so gering wie möglich zu halten.

468    Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass mit der Verordnung Nr. 806/2014, wie es in ihrem achten Erwägungsgrund heißt, effizientere Abwicklungsmechanismen geschaffen werden sollen, die ein unentbehrliches Instrument zur Verhütung von Schäden sind, die in der Vergangenheit durch Ausfälle von Banken verursacht wurden, und dass die Erreichung dieses Ziels eine rasche Beschlussfassung voraussetzt, wie die kurzen Fristen zeigen, die in Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehen sind, damit die Finanzstabilität nicht gefährdet wird (Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB, C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 55).

469    Demgemäß sieht Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 u. a. vor, dass die EZB, wenn sie zu der Einschätzung gelangt, dass ein Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, diese Einschätzung umgehend der Kommission und dem SRB mitteilt. Nach Abs. 2 dieses Artikels wird eine vom SRB selbst vorgenommene Bewertung unverzüglich der EZB mitgeteilt. Sind die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, legt der SRB ein Abwicklungskonzept fest, das gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 unmittelbar danach der Kommission übermittelt wird. Die Kommission verfügt sodann über eine Frist von 24 Stunden, um das Abwicklungskonzept entweder zu billigen oder Einwände zu erheben.

470    Somit sieht Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 den unverzüglichen Erlass eines Beschlusses vor, wenn ein Unternehmen die Voraussetzungen für die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme erfüllt, es also erstens ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, zweitens nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass dieser Ausfall innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch andere Maßnahmen des privaten Sektors oder der Aufsichtsbehörden abgewendet werden kann, und drittens seine Abwicklung erforderlich ist, um eins oder mehrere der in Art. 14 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Ziele zu erreichen.

471    Somit musste, nachdem die EZB den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular festgestellt hatte und der SRB die Voraussetzungen des Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 als erfüllt ansah, das Abwicklungskonzept schnellstmöglich angenommen werden.

472    Diese rasche Beschlussfassung war durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Kontinuität der kritischen Funktionen von Banco Popular sicherzustellen und die erheblichen negativen Auswirkungen ihrer Situation auf die Finanzmärkte zu verhindern, indem insbesondere dem Ansteckungsrisiko vorgebeugt wurde. Da im vorliegenden Fall der Ausfall von Banco Popular an einem Wochentag eingetreten war, musste vor der Öffnung der Märkte am Morgen des 7. Juni 2017 das Verfahren abgeschlossen und der Beschluss gefasst worden sein.

473    Wie Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona in Nr. 80 seiner Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:16) ausgeführt hat, müssen die zuständigen Organe und Agenturen der Union ihre Entscheidungen so schnell treffen, um negative Auswirkungen der Abwicklung des Bankinstituts auf die Finanzmärkte zu verhindern, und dieser Zeitdruck verpflichtet sie dazu, die Entscheidung de facto schon „vorbereitet“ zu haben, bevor sie das Verfahren einleiten, um die Schließung der Wertpapiermärkte nutzen zu können.

474    Die Schnelligkeit der Beschlussfassung war somit eine Voraussetzung für die Wirksamkeit des Beschlusses.

475    Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, rechtfertigte daher die Dringlichkeit, die ein sofortiges Tätigwerden der zuständigen Behörde gebot, die Einschränkung des Rechts auf Gehör von Personen, die von Maßnahmen betroffen waren, die im Bereich der Umwelthaftung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2010, ERG u. a., C‑379/08 und C‑380/08, EU:C:2010:127, Rn. 67) und in dem der Landwirtschaft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2006, Dokter u. a., C‑28/05, EU:C:2006:408, Rn. 76) getroffen worden waren.

476    Zudem hat der Gerichtshof im Bereich des Einfrierens von Geldern entschieden, dass es die Wirksamkeit der nach dem Unionsrecht gebotenen Maßnahmen des Einfrierens von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen beeinträchtigen würde, wenn die Gründe, auf denen die erstmalige Aufnahme einer Person oder einer Organisation in die Liste der Personen beruht, die mit Restriktionen belegt worden sind, diesen vor ihrer Aufnahme in die Liste mitgeteilt würden. Um das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel zu erreichen, müssen solche Maßnahmen naturgemäß einen Überraschungseffekt haben und unverzüglich zur Anwendung kommen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 338 bis 340, vom 21. Dezember 2011 Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran, C‑27/09 P, EU:C:2011:853, Rn. 61, und vom 12. Februar 2020, Amisi Kumba/Rat, T‑163/18, EU:T:2020:57, Rn. 51).

477    Aus Gründen, die ebenfalls mit dem mit der streitigen Verordnung verfolgten Ziel und der Wirksamkeit der darin vorgesehenen Maßnahmen zusammenhängen, sind die Unionsbehörden auch nicht verpflichtet, die Kläger vor der erstmaligen Aufnahme ihrer Namen in die Liste der mit Restriktionen belegten Personen anzuhören (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 341, und vom 25. April 2013, Gbagbo/Rat, T‑119/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:216, Rn. 103).

478    Dies gilt erst recht, wenn wie im vorliegenden Fall die Einschränkung des Rechts auf Gehör nicht das von der Abwicklung betroffene Unternehmen, nämlich Banco Popular, sondern die Kläger als Anteilseigner oder Inhaber von Kapitalinstrumenten dieses Unternehmens betrifft.

479    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der EGMR in seiner Entscheidung vom 1. April 2004, Camberrow MM5 AD/Bulgarien (CE:ECHR:2004:0401DEC005035799), festgestellt hat, dass der Verkauf der insolventen Bank als arbeitendes Unternehmen zur schnelleren und sichereren Befriedigung der Gläubiger, die seit Jahren auf den Erhalt der ihnen zustehenden Gelder gewartet hätten, und zum raschen Abschluss des Insolvenzverfahrens erfolgt sei. Folglich sei das Gebot der Einfachheit und Schnelligkeit des Verfahrens zum Verkauf der Bank von herausragender Bedeutung gewesen. Wäre das Insolvenzgericht gesetzlich verpflichtet gewesen, alle Anteilseigner und Gläubiger der Bank zu konsultieren, hätte dies zu einer erheblichen Verlangsamung des Verfahrens und damit zu einer weiteren Verzögerung bei der Zahlung der den Gläubigern geschuldeten Beträge und der Durchführung des Insolvenzverfahrens geführt.

480    Im Urteil vom 24. November 2005, Capital Bank AD/Bulgarien (CE:ECHR:2005:1124JUD004942999, § 136), hat der EGMR entschieden, dass in einem wirtschaftlich sensiblen Bereich wie dem der Stabilität des Bankensystems und in bestimmten Situationen eine unabweisbare Notwendigkeit bestehen könne, so rasch wie möglich und ohne Ankündigung zu handeln, um irreparable Schäden für die Bank, ihre Einleger und ihre sonstigen Gläubiger oder für das Banken- und Finanzsystem als Ganzes zu verhindern.

481    Auch der Umstand, dass die Abwicklungsmaßnahme zu einem Eingriff in das Eigentumsrecht der Anteilseigner und der Gläubiger des betreffenden Unternehmens führen kann, vermag keine Verpflichtung zu rechtfertigen, ihnen ein Recht auf Gehör vor der Annahme dieser Maßnahme zu gewähren.

482    Hierzu hat das Gericht in Rn. 282 des Urteils vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a. (T‑680/13, EU:T:2018:486), ausgeführt, dass die anwendbaren Verfahren dem Betroffenen eine angemessene Gelegenheit bieten müssen, sein Anliegen den zuständigen Stellen vorzutragen. Um die Einhaltung dieses Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten innewohnenden Erfordernisses sicherzustellen, sind die anwendbaren Verfahren abstrakt zu betrachten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 368 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 25. April 2013, Gbagbo/Rat, T‑119/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:216, Rn. 119, sowie EGMR, vom 20. Juli 2004, Bäck/Finnland, CE:ECHR:2004:0720JUD003759897, § 56). Das genannte Erfordernis kann deshalb nicht dahin ausgelegt werden, dass der Betroffene unter allen Umständen in der Lage sein muss, vor dem Erlass der Maßnahmen, die sein Eigentumsrecht beeinträchtigen, seinen Standpunkt gegenüber den zuständigen Behörden geltend zu machen (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 19. September 2006, Maupas u. a./Frankreich, CE:ECHR:2006:0919JUD001384402, §§ 20 und 21).

483    Dies war dem Gericht zufolge insbesondere der Fall, wenn, wie bei einer Abwicklungsmaßnahme, die betreffenden Maßnahmen keine Sanktionen darstellten und in einem Kontext besonderer Dringlichkeit standen. In letzterer Hinsicht ging es darum, die unmittelbar bevorstehende Gefahr eines Zusammenbruchs der betroffenen Banken abzuwenden, um die Stabilität des Finanzsystems eines Mitgliedstaats zu erhalten und damit ein Übergreifen auf andere Mitgliedstaaten der Eurozone zu verhindern. Die Durchführung eines Verfahrens zur vorherigen Konsultation, in dem Tausende von Einlegern und Anteilseignern der betroffenen Banken vor dem Erlass der nachteiligen Bestimmungen ihren Standpunkt hätten geltend machen können, hätte die Anwendung der Maßnahmen, mit denen dieser Zusammenbruch verhindert werden sollte, unweigerlich verzögert. Die Erreichung des Ziels, die Stabilität des Finanzsystems dieses Mitgliedstaats zu wahren und damit ein Übergreifen auf andere Mitgliedstaaten der Eurozone zu verhindern, wäre erheblich gefährdet gewesen (vgl. Urteil vom 13. Juli 2018, K. Chrysostomides & Co. u. a./Rat u. a., T‑680/13, EU:T:2018:486, Rn. 282 und die dort angeführte Rechtsprechung).

484    Der Gerichtshof hat diese Beurteilung bestätigt und festgestellt, dass das Gericht seine Erwägungen zutreffend auf das Urteil des EGMR vom 21. Juli 2016, Mamatas u. a./Griechenland (CE:ECHR:2016:0721JUD006306614), gestützt hat, wonach das Erfordernis, dass jede Einschränkung des Eigentumsrechts gesetzlich vorgesehen sein muss, nicht dahin ausgelegt werden kann, dass die Betroffenen vor dem Erlass dieses Gesetzes hätten konsultiert werden müssen, insbesondere wenn eine solche vorherige Konsultation unweigerlich die Anwendung der Maßnahmen, mit denen der Zusammenbruch der betroffenen Banken verhindert werden sollte, verzögert hätte (Urteil vom 16. Dezember 2020, Rat u. a./K. Chrysostomides & Co. u. a., C‑597/18 P, C‑598/18 P, C‑603/18 P und C‑604/18 P, EU:C:2020:1028, Rn. 159).

485    Ferner ist festzustellen, dass durch das Gebot, rasch zu handeln, ohne die Anteilseigner und die Gläubiger eines Unternehmens vom unmittelbaren Bevorstehen eines dieses Unternehmen betreffenden Abwicklungsverfahrens zu unterrichten, eine Verschlechterung der Lage dieses Unternehmens verhindert werden soll, die der Wirksamkeit der Abwicklungsmaßnahme abträglich wäre. Würden nämlich die Anteilseigner oder die Inhaber von Anleihen der Bank davon unterrichtet, dass für diese ein Abwicklungsverfahren eingeleitet werden könnte, dass die Bank also als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend angesehen worden ist, könnte das ein Anreiz für sie sein, ihre Wertpapiere auf den Märkten zu veräußern, und auch zu einem massiven Abzug von Einlagen führen, was zur Folge hätte, dass die Finanzlage der Bank verschlechtert und eine Lösung, die ihre Liquidation verhindern könnte, erschwert oder unmöglich gemacht würde.

486    Wie dazu aus dem 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 hervorgeht, können alle bereitgestellten Informationen in Bezug auf eine noch nicht gefällte Entscheidung, beispielsweise darüber, ob die Abwicklungsvoraussetzungen erfüllt sind, über die Anwendung eines spezifischen Instruments oder über Maßnahmen im Verlauf des Verfahrens, Auswirkungen auf die öffentlichen und privaten Interessen haben, die von den Maßnahmen betroffen sind.

487    Daher ist festzustellen, dass die Anhörung der Kläger als Anteilseigner und Inhaber von Anleihen von Banco Popular vor der Annahme einer Abwicklungsmaßnahme oder vor dem Erlass des Beschlusses 2017/1246 eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens nach sich gezogen und sowohl die Erreichung der Ziele als auch die Wirksamkeit der Maßnahme gefährdet hätte.

488    Aus dem Vorstehenden folgt zum einen, dass eine vorherige Anhörung der Kläger, bei der sie von einer möglichen Abwicklungsmaßnahme unterrichtet worden wären, die Gefahr heraufbeschworen hätte, dass sie sich in einer Weise auf dem Markt verhielten, die die Finanzlage von Banco Popular verschlimmert hätte. Eine solche Anhörung hätte damit der Wirksamkeit der beabsichtigten Abwicklungsmaßnahme abträglich sein können.

489    Zum anderen wäre es in Anbetracht der Dringlichkeit des Erlasses einer Abwicklungsmaßnahme nicht möglich gewesen, die Kläger wie auch die übrigen Anteilseigner oder Inhaber von Kapitalinstrumenten von Banco Popular vorher zu konsultieren, und zwar nicht nur wegen der Schwierigkeiten ihrer Identifizierung, sondern auch, weil es unmöglich gewesen wäre, ihre Stellungnahmen vor der Annahme des Abwicklungskonzepts sachdienlich zu prüfen.

490    Die Kläger führen aus, wenn sie vor der Annahme des Abwicklungskonzepts angehört worden wären, wäre Banco Popular nicht abgewickelt worden, denn sie hätten dargelegt, dass die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt gewesen seien, oder die Abwicklung wäre unter anderen Bedingungen erfolgt, denn sie hätten geltend machen können, dass eine Notfallliquiditätshilfe abgewartet werden müsse, oder die Anwendung einer alternativen Maßnahme oder eines anderen Abwicklungsinstruments vorschlagen können.

491    Hierzu genügt der Hinweis auf das Ergebnis der Prüfung des ersten Klagegrundes, wonach zum einen die Kläger nicht dargetan haben, dass die Voraussetzungen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 nicht erfüllt waren. Zum anderen ist festgestellt worden, dass der SRB, nachdem die Bank von Spanien die Gewährung einer zusätzlichen Notfallliquiditätshilfe abgelehnt hatte, keinen Grund hatte, deren Gewährung abzuwarten, und dass die von den Klägern angeführten alternativen Lösungen kurzfristig nicht in Betracht kamen. Die Kläger haben somit nicht dargetan, dass ihre Anhörung im Rahmen des Abwicklungsverfahrens den Inhalt des Abwicklungskonzepts verändert hätte.

492    Aus alledem ergibt sich, dass eine Anhörung der Kläger vor der Annahme des Abwicklungskonzepts die Ziele des Schutzes der Stabilität der Finanzmärkte und der Kontinuität der kritischen Funktionen des Unternehmens sowie die Erfüllung der Erfordernisse der Schnelligkeit und der Wirksamkeit des Abwicklungsverfahrens gefährdet hätte.

493    Somit stellt das Fehlen einer Anhörung der Kläger im Rahmen des Abwicklungsverfahrens für Banco Popular eine Einschränkung des Rechts auf Gehör dar, die im Einklang mit Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt und notwendig war, um einem dem Gemeinwohl dienenden Ziel zu entsprechen, und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrte.

494    Daher ist der erste Teil zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Teil: Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht

495    Die Kläger machen geltend, als dem Beschluss des SRB unterworfene Personen hätten sie ein Recht auf Akteneinsicht gemäß Art. 90 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 41 Abs. 2 der Charta.

496    Als Erstes führen sie aus, vor dem Erlass einer beschwerenden Maßnahme dürfe das Unionsorgan keine Informationen oder Unterlagen berücksichtigen, ohne zuvor dem Adressaten der Maßnahme die Möglichkeit gegeben zu haben, seinen Standpunkt vorzutragen, was einen Zugang zu den Verwaltungsakten voraussetze. Das Abwicklungskonzept müsse für nichtig erklärt werden, weil es auf einer vorläufigen Bewertung beruhe, die den Klägern nicht zur Verfügung gestellt worden sei.

497    Das Recht auf Akteneinsicht ist in Art. 90 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 wie folgt vorgesehen:

„Die von den Beschlüssen des [SRB] betroffenen Personen haben vorbehaltlich des legitimen Interesses anderer Personen an dem Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse das Recht auf Zugang zu den Akten des [SRB]. Vom Recht auf Akteneinsicht ausgenommen sind vertrauliche Informationen sowie interne vorbereitende Unterlagen des [SRB].“

498    Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Zweck der Akteneinsicht in Wettbewerbssachen insbesondere darin besteht, es den Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte zu ermöglichen, von den in den Akten der Kommission enthaltenen Beweismitteln Kenntnis zu nehmen, damit sie auf deren Grundlage zu den Schlussfolgerungen, zu denen die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte gelangt ist, sachgerecht Stellung nehmen können. Dieses Recht auf Akteneinsicht bedeutet, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit gibt, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (vgl. Urteil vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltung und NKT/Kommission, C‑607/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:385, Rn. 261 und 262 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

499    Zweitens verlangt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren vor der Kommission, das die Verhängung einer Geldbuße gegen ein Unternehmen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften zum Gegenstand hat, dass dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit gegeben wurde, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr für ihre Behauptung einer Zuwiderhandlung herangezogenen Schriftstücken sachdienlich Stellung zu nehmen. Diese Rechte sind Gegenstand von Art. 41 Abs. 2 Buchst. a und b der Charta (vgl. Urteil vom 28. November 2019, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, C‑591/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:1026, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

500    Drittens umfasst allgemeiner das in Art. 41 Abs. 2 der Charta verankerte Recht auf Achtung der Verteidigungsrechte den Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht auf Akteneinsicht unter Beachtung der berechtigten Interessen an Vertraulichkeit (vgl. Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 2. Dezember 2020, Kalai/Rat, T‑178/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:580, Rn. 73).

501    Viertens kann die Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht im Verfahren vor dem Erlass einer Entscheidung grundsätzlich deren Nichtigerklärung nach sich ziehen, wenn die Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden sind (vgl. Urteile vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑109/10 P, EU:C:2011:686, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 15. Juli 2015, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑47/10, EU:T:2015:506, Rn. 349 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).

502    Aus der in den vorstehenden Rn. 498 bis 501 angeführten Rechtsprechung geht hervor, dass sowohl das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta verankerte Recht auf Akteneinsicht als auch im Besonderen das Recht auf Akteneinsicht in Wettbewerbssachen Personen oder Unternehmen betreffen, gegen die Verfahren eingeleitet worden oder Beschlüsse ergangen sind.

503    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus Art. 90 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014, dass das Recht auf Akteneinsicht das Unternehmen betrifft, für das das Abwicklungskonzept angenommen wurde, d. h. Banco Popular, und nicht dessen Anteilseigner oder Gläubiger.

504    Daher können die Kläger kein Recht auf Akteneinsicht geltend machen.

505    Zudem sehen sowohl Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta als auch Art. 90 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 vor, dass bestimmte Daten geschützt sein können, wenn sie vertraulich sind.

506    Demnach können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, es stelle eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht dar, dass der SRB ihnen im Verwaltungsverfahren, das zur Annahme des Abwicklungskonzepts geführt habe, nicht die Bewertung 2 übermittelt habe.

507    Als Zweites machen die Kläger in der Erwiderung geltend, nach einer Abwicklung bestehe gegenüber den Anteilseignern und den Gläubigern keine Vertraulichkeitspflicht, denn eine Abwicklungsmaßnahme berühre ihr Vermögen und sie müssten Kenntnis von den Gründen für die Abwicklung erlangen können. Zudem sehe Art. 88 der Verordnung Nr. 806/2014 eine Ausnahme vom Berufsgeheimnis für den Fall vor, dass die Offenlegung für ein Gerichtsverfahren erforderlich sei. Nach dem 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 könne die Bereitstellung von Informationen vor der Annahme des Abwicklungskonzepts Auswirkungen auf das Abwicklungsverfahren haben, während das Abwicklungsziel nach dem Erlass des Abwicklungsbeschlusses durch eine solche Bereitstellung nicht mehr gefährdet werde.

508    Es ist festzustellen, dass dieses Vorbringen nicht das Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren im Sinne von Art. 90 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 betrifft, sondern das Recht, nach der Annahme des Abwicklungskonzepts Zugang zu den Dokumenten zu erhalten, auf die sich der SRB für dessen Annahme des Abwicklungskonzepts gestützt hat.

509    Ferner ist zu beachten, dass der SRB gemäß Art. 339 AEUV, Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta und Art. 88 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 zum Schutz der vertraulichen Daten aller Unternehmen, einschließlich der Geschäftsgeheimnisse, verpflichtet ist.

510    Hierzu ergibt sich aus Art. 34 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014, dass der SRB unter voller Ausschöpfung aller bei der EZB oder den nationalen zuständigen Behörden verfügbaren Informationen zur Wahrnehmung seiner Aufgaben im Sinne dieser Verordnung u. a. von den von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Unternehmen über die nationalen Abwicklungsbehörden oder, nachdem diese von ihm darüber informiert worden sind, direkt sämtliche Informationen anfordern kann, die für die Wahrnehmung der ihm durch diese Verordnung zugewiesenen Aufgaben erforderlich sind. Gemäß Abs. 2 dieses Artikels entbindet die Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses die Unternehmen nicht von der Pflicht, diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Nach Art. 34 Abs. 4 der Verordnung Nr. 806/2014 kann der SRB hinsichtlich eines Instituts, das seinen Abwicklungsbefugnissen unterliegt, alle Informationen, die für die Ausübung seiner Funktionen im Sinne dieser Verordnung erforderlich sind, insbesondere über das Kapital, die Liquidität sowie die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, auch kontinuierlich einholen.

511    Art. 88 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht vor:

„Vor der Offenlegung von Informationen trägt der [SRB] dafür Sorge, dass diese Informationen keine vertraulichen Angaben enthalten, indem er insbesondere die Folgen einer etwaigen Weitergabe dieser Informationen mit Blick auf öffentliche Interessen der Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik, Geschäftsinteressen natürlicher und juristischer Personen und die Zwecke von Inspektions‑, Untersuchungs- und Prüftätigkeiten bewertet. Die Verfahren zur Überprüfung der Folgen einer Offenlegung von Informationen enthalten eine konkrete Bewertung der Folgen einer Weitergabe der Inhalte und Einzelheiten von Abwicklungsplänen im Sinne der Artikel 8 und 9, der Ergebnisse der nach Artikel 10 durchgeführten Bewertungen oder des Abwicklungskonzepts nach Artikel 18 …“

512    Diese Bestimmung verpflichtet den SRB ausdrücklich, vor der Veröffentlichung des Abwicklungskonzepts oder seiner Übermittlung an einen Dritten dafür Sorge zu tragen, dass dieses keine vertraulichen Angaben enthält, die er möglicherweise in Anwendung von Art. 34 der Verordnung Nr. 806/2014 erlangt hat. Diese Verpflichtung gilt auch für die Bewertung 2, die einen Anhang des Abwicklungskonzepts darstellt und nach dessen Art. 12.2 integraler Bestandteil desselben ist.

513    Die Kläger meinen, nach dem 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 gelte das Berufsgeheimnis nur während des Abwicklungsverfahrens, solange der Abwicklungsbeschluss noch nicht veröffentlicht worden sei.

514    Der 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 lautet:

„Abwicklungsmaßnahmen sollten ordnungsgemäß gemeldet und – vorbehaltlich der beschränkten Ausnahmen nach dieser Verordnung – veröffentlicht werden. Da die von dem [SRB], den nationalen Abwicklungsbehörden und ihren professionellen Beratern während des Abwicklungsverfahrens erhaltenen Informationen vertraulich sein dürften, sollten sie vor der Veröffentlichung der Abwicklungsentscheidung der Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses unterliegen. Es muss berücksichtigt werden, dass Informationen über den Inhalt und die Einzelheiten von Abwicklungsplänen und über die Ergebnisse einer Bewertung dieser Pläne weitreichende Auswirkungen haben können, insbesondere für die betroffenen Unternehmen. Bei allen bereitgestellten Informationen in Bezug auf eine noch nicht gefällte Entscheidung, beispielsweise darüber, ob die Abwicklungsbedingungen erfüllt sind, über die Anwendung eines spezifischen Instruments oder über Maßnahmen im Verlauf des Verfahrens, muss davon ausgegangen werden, dass sie Auswirkungen auf die öffentlichen und privaten Interessen haben, die von den Maßnahmen betroffen sind. Jedoch könnte die Information, dass der [SRB] und die nationalen Abwicklungsbehörden ein bestimmtes Unternehmen untersuchen, ausreichen, um negative Folgen für dieses Unternehmen zu haben. Deshalb muss sichergestellt werden, dass geeignete Mechanismen für die Wahrung der Vertraulichkeit entsprechender Informationen, beispielsweise des Inhalts und der Einzelheiten der Abwicklungspläne und des Ergebnisses von in diesem Zusammenhang vorgenommenen Bewertungen, existieren.“

515    Zum einen geht aus diesem Erwägungsgrund hervor, dass Informationen, die der SRB besitzt und die im Abwicklungskonzept, in der Bewertung 2 und in den Dokumenten, auf die er sich gestützt hat, enthalten sind, unter das Berufsgeheimnis fallen und vertraulich sind.

516    In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof zur Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. 2004, L 145, S. 1) entschieden, dass es das wirksame Funktionieren des Systems zur Überwachung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen, das auf einer Überwachung innerhalb eines Mitgliedstaats und dem Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden mehrerer Mitgliedstaaten beruht, erfordert, dass sowohl die überwachten Firmen als auch die zuständigen Behörden sicher sein können, dass die übermittelten vertraulichen Informationen grundsätzlich auch vertraulich bleiben (vgl. Urteil vom 19. Juni 2018, Baumeister, C‑15/16, EU:C:2018:464, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

517    Dem Gerichtshof zufolge könnte das Fehlen eines solchen Vertrauens die reibungslose Übermittlung der vertraulichen Informationen gefährden, die zur Ausübung der Überwachungstätigkeit erforderlich sind. Daher stellt Art. 54 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39 zum Schutz nicht nur der besonderen Interessen der unmittelbar betroffenen Firmen, sondern auch des allgemeinen Interesses am normalen Funktionieren der Unionsmärkte für Finanzinstrumente die Grundregel auf, dass das Berufsgeheimnis zu wahren ist (vgl. Urteil vom 19. Juni 2018, Baumeister, C‑15/16, EU:C:2018:464, Rn. 32 und 33 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

518    Art. 88 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 über das von den Mitgliedern des SRB zu wahrende Berufsgeheimnis enthält eine Art. 54 Abs. 1 der Richtlinie 2004/39 entsprechende Bestimmung.

519    Zum anderen werden zwar im 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 die Verpflichtungen des SRB zur Wahrung des Berufsgeheimnisses vor der Annahme eines Abwicklungsbeschlusses erwähnt. Soweit bestimmte Informationen im Besitz des SRB vertraulich sind und dem Berufsgeheimnis unterliegen, dürfen sie vor der Annahme einer Abwicklungsmaßnahme nicht veröffentlicht werden. Denn die Bereitstellung von Informationen darüber, dass ein Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt und dass es Gegenstand einer Abwicklungsmaßnahme sein kann, könnte u. a. die Anteilseigner dazu veranlassen, ihre Wertpapiere auf den Märkten zu verkaufen, und auch zu einem massiven Abzug von Einlagen führen, was eine Verschlechterung der Finanzlage der Bank zur Folge hätte und der Wirksamkeit des Handelns des SRB und dem Funktionieren des Marktes abträglich wäre.

520    In diesem Erwägungsgrund heißt es jedoch auch ausdrücklich, dass Abwicklungsmaßnahmen „ordnungsgemäß gemeldet und – vorbehaltlich der beschränkten Ausnahmen nach dieser Verordnung – veröffentlicht werden [sollten]“. Der oben in Rn. 511 angeführte Art. 88 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht aber ausdrücklich vor, dass der SRB vor der Offenlegung von Informationen dafür Sorge zu tragen hat, dass diese Informationen keine vertraulichen Angaben enthalten.

521    Demnach kann der 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 nicht dahin ausgelegt werden, dass die Regeln über die Vertraulichkeit und das Berufsgeheimnis nur vor der Veröffentlichung des Abwicklungsbeschlusses gelten.

522    Die Kläger verweisen auch auf Art. 88 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014, wonach „[d]ie unter die Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses fallenden Informationen … keiner anderen öffentlichen oder privaten Stelle gegenüber offengelegt [werden], es sei denn, die Offenlegung ist für ein Gerichtsverfahren erforderlich“.

523    Diese Bestimmung kann indes nicht bedeuten, dass der SRB verpflichtet ist, einen Abwicklungsbeschluss in vollem Umfang zu veröffentlichen, sobald ein Gerichtsverfahren eingeleitet worden ist. Sie verweist auf die Möglichkeit für ein Gericht, die Vorlage von Dokumenten anzuordnen, einschließlich solcher, die vertrauliche Informationen enthalten.

524    Gemäß Art. 91 Buchst. b und Art. 92 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht den SRB im Wege einer Beweisaufnahme zur Vorlage aller Schriftstücke auffordern, die es für die Entscheidung über den Rechtsstreit für erheblich erachtet. Nach Art. 103 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht jedoch bestimmten in diesen Schriftstücken enthaltenen Informationen vertraulichen Charakter beimessen und daher entscheiden, dass sie den anderen Parteien, u. a. den Klägern, nicht bekannt gegeben werden.

525    Daraus ergibt sich, dass eine Entscheidung des Gerichts, mit der die Vorlage von Schriftstücken angeordnet wird, den Parteien keinen vollständigen Zugang zu diesen Schriftstücken garantiert, wenn diese nach Ansicht des Gerichts vertrauliche Angaben enthalten.

526    Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens hat das Gericht dem SRB mit Beweisbeschluss vom 12. Mai 2021 die Vorlage bestimmter Schriftstücke aufgegeben, darunter die vertraulichen Fassungen des Abwicklungskonzepts, der Bewertung 2 und der Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular durch die EZB. Nach Prüfung des Inhalts dieser Schriftstücke gemäß Art. 103 der Verfahrensordnung ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Teile, die in den auf den Websites des SRB und der EZB veröffentlichten Fassungen dieser Schriftstücke unkenntlich gemacht worden sind, für die Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit nicht erheblich sind. Daher hat das Gericht die vertraulichen Fassungen dieser Schriftstücke mit Beschluss vom 9. Juni 2021 aus den Akten entfernt.

527    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen können, nach der Annahme des Abwicklungskonzepts bestehe ihnen gegenüber keine Vertraulichkeitspflicht und es stehe ihnen ein Recht auf Übermittlung der gesamten Akten zu, auf die sich der SRB gestützt hat.

528    Folglich ist der zweite Teil und damit der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

4.      Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

529    Die Kläger machen geltend, die angefochtenen Beschlüsse seien unzureichend begründet.

530    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss die gemäß Art. 296 AEUV erforderliche Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteile vom 8. Mai 2019, Landeskreditbank Baden-Württemberg/EZB, C‑450/17 P, EU:C:2019:372, Rn. 85 und 87 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Oktober 2020, EZB/Estate of Espírito Santo Financial Group, C‑396/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:845, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

531    Zudem müssen die Anforderungen, die an die Begründung einer Entscheidung zu stellen sind, den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen die Entscheidung ergeht (vgl. Urteile vom 6. November 2012, Éditions Odile Jacob/Kommission, C‑551/10 P, EU:C:2012:681, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 23. Mai 2019, KPN/Kommission, T‑370/17, EU:T:2019:354, Rn. 139 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 27. Januar 2021, KPN/Kommission, T‑691/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:43, Rn. 162).

532    Als Erstes machen die Kläger mehrere Begründungsmängel des Abwicklungskonzepts geltend.

533    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der SRB im vorliegenden Fall am 7. Juni 2017 auf seiner Website eine Mitteilung über die Annahme des Abwicklungskonzepts veröffentlichte, der eine Zusammenfassung der Auswirkungen der Abwicklung gemäß Art. 29 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 beigefügt war. Am 11. Juli 2017 veröffentlichte der SRB eine nicht vertrauliche Fassung des Abwicklungskonzepts. Ferner veröffentlichte er am 2. Februar 2018 und sodann am 31. Oktober 2018, also vor Einreichung der Erwiderung, auf seiner Website weniger stark gekürzte nicht vertrauliche Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2.

534    Erstens betreffen Teile des Vorbringens der Kläger das Verfahren zur Veräußerung von Banco Popular. Die Kläger machen geltend, dass die Gründe, weshalb nur zwei potenzielle Erwerber zur Unterzeichnung der Vertraulichkeitsvereinbarungen aufgefordert worden seien und nur einer von ihnen ein Angebot vorgelegt habe, im Abwicklungskonzept nicht erläutert seien. Dieser Umstand sei wichtig für die Beantwortung der Frage, ob Banco Popular im Einklang mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 veräußert worden sei.

535    Das Veräußerungsverfahren für Banco Popular wurde, wie dargelegt, vom FROB durchgeführt. In dem am 6. Juni 2017 im Zusammenhang mit einer möglichen Abwicklung von Banco Popular ergangenen Verfahrensschreiben forderte der FROB die potenziellen Erwerber auf, am Veräußerungsverfahren teilzunehmen und ihm ein Angebot für den Erwerb von 100 % des Kapitals von Banco Popular zu den in diesem Schreiben genannten Bedingungen vorzulegen.

536    In Art. 6.6 des Abwicklungskonzepts stellte der SRB fest, dass die Bemühungen des FROB um eine Vermarktung von Banco Popular vor Annahme des Abwicklungskonzepts den Anforderungen nach Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 39 der Richtlinie 2014/59 genügt hätten. Er wies darauf hin, dass Banco Popular in der Zeit unmittelbar vor der Abwicklung ein privates Veräußerungsverfahren betrieben habe und dass sich in der Woche vom 29. Mai 2017 gezeigt habe, dass dieses Verfahren fehlschlagen werde. Die Entscheidung, seine Veräußerungsbemühungen auf die Banken zu begrenzen, die schon im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens ein allgemeines Interesse am Erwerb von Banco Popular bekundet hätten, habe den Anforderungen nach Art. 39 der Richtlinie 2014/59 entsprochen. Nach Einleitung des Veräußerungsverfahrens durch den FROB seien letztlich zwei Banken zur Teilnahme an der Veräußerung aufgefordert worden. An alle potenziellen Erwerber sei am selben Tag herangetreten worden, sie hätten Zugang zu demselben virtuellen Datenraum gehabt, und für ihre Angebote hätten dieselben Bedingungen und dieselbe Frist gegolten. Der SRB stellte fest, dass von den beiden potenziellen Erwerbern nur ein gültiges Angebot eingegangen sei, und befand es, da allein der Erwerber ein Angebot abgegeben habe, für ratsam, dessen Bedingungen anzunehmen und so einer unkontrollierten Insolvenz von Banco Popular zuvorzukommen, die u. a. deren kritische Funktionen hätte beeinträchtigen können.

537    Diese Angaben, die in der der Erwiderung als Anhang beigefügten Fassung des Abwicklungskonzepts enthalten sind, reichen für das Verständnis des Ablaufs des Veräußerungsverfahrens für Banco Popular aus. Da das Veräußerungsverfahren vom FROB durchgeführt worden war, konnte sich der SRB mit der Feststellung begnügen, dass nur ein Angebot abgegeben worden sei, und konnte das Ergebnis dieser Veräußerung berücksichtigen. Außerdem ist unerheblich, warum die anderen potenziellen Erwerber kein Angebot vorgelegt haben.

538    Die Kläger machen ferner geltend, dass weder die Festsetzung des Verkaufspreises für Banco Popular auf einen Euro erläutert noch erklärt worden sei, ob dieser Preis den Marktwert widerspiegle, und dass sie nicht wüssten, aus welchem Grund BBVA keine zusätzliche Frist zur Abgabe eines Angebots eingeräumt worden sei.

539    Dieses Vorbringen betrifft das vom FROB durchgeführte Veräußerungsverfahren, und die Kläger erläutern nicht, aus welchem Grund diese Angaben im Abwicklungskonzept enthalten oder inwieweit sie für dessen Verständnis wesentlich sein sollen.

540    Zudem beruht dieses Vorbringen auf einem Fehlverständnis des Sachverhalts. Zum einen wurde der Verkaufspreis von einem Euro nicht vom SRB festgesetzt. Im Verfahrensschreiben hatte der FROB nämlich angegeben, dass der Angebotspreis mindestens einen Euro betragen müsse. Der im Abwicklungskonzept genannte Verkaufspreis ist das Ergebnis des vom FROB durchgeführten wettbewerbsbasierten Veräußerungsverfahrens und des von Banco Santander angebotenen Preises. Daher spiegelt dieser Preis definitionsgemäß den Marktwert von Banco Popular wider. Zum anderen brauchte, da BBVA dem FROB am 6. Juni 2017 mitgeteilt hatte, sie habe beschlossen, kein Angebot abzugeben, im Abwicklungskonzept kein besonderer Grund dafür genannt zu werden, dass der FROB ihr keine weitere Frist eingeräumt hatte.

541    Zweitens betreffen Teile des Vorbringens der Kläger die Begründung der Beachtung der Voraussetzungen für die Abwicklung. Die Kläger machen geltend, es fehle eine Begründung für die Feststellung in Art. 2.1 des Abwicklungskonzepts, dass Banco Popular in naher Zukunft nicht in der Lage sein werde, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen. Es werde u. a. nicht klargestellt, ob die Ursache dafür die Erklärungen und die Indiskretionen oder die Einlagenabzüge durch die spanischen Stellen oder aber das Fehlen einer Notfallliquiditätshilfe sei. Der SRB habe in Art. 3.1 des Abwicklungskonzepts geschlossen, dass es keine alternativen Maßnahmen gebe, mit denen der Ausfall von Banco Popular innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abgewendet werden könne, ohne die im zweiten Teil des ersten Klagegrundes angeführten alternativen Lösungen geprüft zu haben. Es sei nicht erläutert worden, warum unter diesen anderen Maßnahmen das Instrument der Unternehmensveräußerung gewählt worden sei.

542    Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass der SRB in Art. 2 des Abwicklungskonzepts ausführte, die EZB habe Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 806/2014 angesehen. Es gebe verschiedene Anhaltspunkte dafür, dass Banco Popular in naher Zukunft nicht in der Lage gewesen wäre, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen.

543    Im 23. Erwägungsgrund des Abwicklungskonzepts stellte der SRB fest, dass sich die Liquiditätssituation von Banco Popular, wie von der EZB in ihrer Bewertung beschrieben, erheblich verschlechtert habe, und führte im 24. Erwägungsgrund die Umstände an, die zu dieser Situation geführt hätten. Zudem werden die Gründe, aus denen die EZB der Ansicht war, dass Banco Popular ausfalle oder wahrscheinlich ausfalle, in ihrer Bewertung klar dargelegt, die Teil des Kontexts ist, in dem das Abwicklungskonzept angenommen wurde. Die EZB veröffentlichte am 14. August 2017 eine nicht vertrauliche Fassung ihrer Bewertung auf ihrer Website.

544    Daher können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, der SRB habe die Gründe, aus denen Banco Popular ausfalle oder wahrscheinlich ausfalle, nicht hinreichend dargelegt.

545    Zum anderen geht aus der Prüfung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes (siehe oben, Rn. 188 bis 192) hervor, dass der SRB in Art. 3 des Abwicklungskonzepts das Fehlen alternativer Lösungen des privaten Sektors oder der Aufsichtsbehörden hinreichend begründet hat. Zudem hat der SRB in Art. 5 des Abwicklungskonzepts, insbesondere in dessen Art. 5.3, die Wahl des Instruments der Unternehmensveräußerung begründet und die Gründe dargelegt, aus denen die anderen in Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Abwicklungsinstrumente die Erreichung der Abwicklungsziele nicht im selben Umfang zuließen.

546    Die Kläger machen nicht geltend, dass diese Bestimmungen des Abwicklungskonzepts für das Verständnis seiner Tragweite nicht ausreichten, sondern begnügen sich mit dem Vorwurf, der SRB habe die im ersten Klagegrund angeführten alternativen Lösungen nicht geprüft.

547    Hierzu genügt der Hinweis, dass der SRB nicht verpflichtet war, die von den Klägern angeführten Lösungen zu prüfen, die, wie aus den vorstehenden Rn. 193 bis 230 hervorgeht, nicht durchführbar waren.

548    Drittens beanstanden die Kläger in der Erwiderung die Begründung der Bewertung 2. Sie wüssten nicht, warum die Bewertung 2 verwendet worden sei, obwohl es in ihr heiße, dass sie nur der Veranschaulichung diene und nicht für eine Beschlussfassung herangezogen werden dürfe, warum in den Bewertungsberichten die in Art. 20 Abs. 5 Buchst. a bis c und f der Verordnung Nr. 806/2014 geforderte Analyse nicht durchgeführt worden sei, warum die Bewertungen 1 und 2 hinsichtlich der Insolvenz von Banco Popular inkohärent seien und warum die Bewertung der unproduktiven Vermögenswerte von Banco Popular durch die EZB nicht herangezogen worden sei, obwohl der SRB erklärt habe, dass es sich um die beste Schätzung handle.

549    Es ist festzustellen, dass die Kläger hiermit nur Vorbringen wiederholen, die sie im Rahmen des zweiten Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 geltend gemacht haben. Sie legen nicht dar, warum Erläuterungen zu Fragestellungen, die lediglich ihren eigenen Klagegründen entsprechen, im Abwicklungskonzept enthalten sein und inwieweit sie für dessen Verständnis erforderlich sein sollen.

550    Viertens werfen die Kläger dem SRB vor, im Abwicklungskonzept nicht die Frage behandelt zu haben, ob Deloitte die Unabhängigkeitsvoraussetzungen nach den Art. 37 bis 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 erfüllt habe.

551    In dieser Hinsicht führte der SRB im 41. Erwägungsgrund des Abwicklungskonzepts aus, er habe einen unabhängigen Bewerter mit der Erstellung der Bewertung 2 beauftragt. Dazu genügt die Feststellung, dass es nicht Gegenstand des Abwicklungskonzepts ist, zu erläutern, warum dieser Bewerter die Anforderungen nach der Delegierten Verordnung 2016/1075 erfüllte, und dass die Kläger nicht darlegen, inwieweit solche Erläuterungen für das Verständnis der vom SRB festgelegten Abwicklungsmaßnahme erforderlich sein sollen.

552    Fünftens bringen die Kläger vor, der SRB habe weder die Abwicklungsstrategie noch das Abwicklungsinstrument, die im Abwicklungsplan von 2016 enthalten gewesen seien, bezeichnet und lege nicht dar, warum diesem Plan nicht gefolgt worden sei.

553    Insoweit genügt die Feststellung, dass der SRB in den Erwägungsgründen 44 bis 46 des Abwicklungskonzepts, die in voller Länge in der Fassung des Abwicklungskonzepts enthalten sind, die am 2. Februar 2018 auf der Website des SRB veröffentlicht wurde und der Erwiderung als Anlage beigefügt ist, erläutert hat, aus welchen Gründen das im Abwicklungsplan von 2016 vorgesehene Abwicklungsinstrument den zum Zeitpunkt der Abwicklung bestehenden Umständen nicht angemessen sei. Dem Abwicklungsplan von 2016 habe die Hypothese zugrunde gelegen, dass der Ausfall von Banco Popular mit einer Verschlechterung ihrer Kapitalsituation zusammenhänge. Da aber der Ausfall von Banco Popular aus der Verschlechterung ihrer Liquiditätssituation folge, sei nicht gewährleistet, dass es das in diesem Plan vorgesehene Bail-in‑Instrument erlaubt hätte, der Liquiditätskrise von Banco Popular sofort und wirksam zu begegnen.

554    Diese Erläuterungen genügen als Darlegung der Gründe, aus denen der Abwicklungsplan von 2016 im Abwicklungskonzept nicht umgesetzt wurde.

555    Sechstens machen die Kläger geltend, sie wüssten nicht, warum der SRB vor der Abwicklung von Banco Popular nicht die Gewährung der gesamten bereits von der EZB genehmigten Notfallliquiditätshilfe abgewartet habe.

556    Hierzu genügt der Hinweis auf das Ergebnis der Prüfung der ersten Rüge des ersten Teils des ersten Klagegrundes, wonach der SRB im Abwicklungskonzept festgestellt hat, dass die Bank von Spanien nach der am 5. Juni 2017 erfolgten Gewährung einer ersten Notfallliquiditätshilfe nicht in der Lage gewesen sei, ihr eine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe zu gewähren. Da für die Gewährung einer Notfallliquiditätshilfe die nationalen Zentralbanken zuständig sind, konnte der SRB nur feststellen, dass eine zusätzliche Notfallliquiditätshilfe nicht zur Verfügung stand.

557    Da somit für den SRB kein Grund bestand, die Gewährung dieser Notfallliquiditätshilfe abzuwarten, hatte er dies im Abwicklungskonzept nicht zu begründen.

558    Zu dem Vorbringen, zahlreiche Passagen des Abwicklungskonzepts und der Bewertungen seien gekürzt, was die Kläger an deren Verständnis hindere, genügt die Feststellung, dass es sich nur um eine allgemeine Erwägung handelt, mit der ohne genaue Bezeichnung der Teile des Abwicklungskonzepts oder der Bewertung 2, die die Kläger nicht zu verstehen behaupten, der Nachweis einer Verletzung der Begründungspflicht nicht erbracht werden kann.

559    Aus dem Vorstehenden folgt, dass keines der von den Klägern vorgebrachten Argumente für den Nachweis geeignet ist, dass der SRB seine Begründungspflicht verletzt hat.

560    Als Zweites machen die Kläger geltend, sie hätten nur eine partielle „nicht vertrauliche“ Kopie des Abwicklungskonzepts erhalten und weder Zugang zu dessen Anhängen noch zu den Verwaltungsakten gehabt. Daher hätten sie die Begründung der angefochtenen Beschlüsse nicht gekannt. In der Erwiderung fügen die Kläger hinzu, die Begründungspflicht schütze jede von der Maßnahme betroffene Person und nicht nur deren Adressaten, und sie hätten somit Anspruch auf den Erhalt einer vollständigen Begründung der angefochtenen Beschlüsse. Ebenfalls in der Erwiderung führen sie aus, sie forderten nicht die allgemeine Veröffentlichung der Dokumente, da Art. 88 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 dem entgegenzustehen scheine, sondern die Übermittlung eines mit Gründen versehenen Beschlusses und die Gewährung eines vertraulichen Zugangs zu den Akten im vorliegenden Verfahren.

561    Mit diesem Vorbringen werfen die Kläger dem SRB der Sache nach vor, ihnen nicht das vollständige Abwicklungskonzept und die vollständige Bewertung 2 übermittelt zu haben.

562    Wie die Prüfung des zweiten Teils des dritten Klagegrundes insoweit ergeben hat, steht den Klägern nach der Annahme des Abwicklungskonzepts kein Anspruch auf Übermittlung der gesamten Akten zu, auf die sich der SRB gestützt hat, da dieser zum Schutz der darin enthaltenen vertraulichen Informationen verpflichtet ist. Dasselbe gilt auch für das Abwicklungskonzept und die Bewertung 2, die vertrauliche Daten enthalten.

563    Zudem ist das Abwicklungskonzept, wie dargelegt, nicht an die Kläger, sondern an den FROB gerichtet. Die Kläger sind als Dritte anzusehen und haben somit keinen Anspruch auf Übermittlung des gesamten Abwicklungskonzepts.

564    Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, kann ein Beschluss der Kommission, mit dem das Vorliegen einer von einem Kläger beanstandeten staatlichen Beihilfe verneint wird, aus der Sicht der Verpflichtung zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses hinreichend begründet sein, ohne dass in ihm sämtliche bezifferten Angaben angeführt sind, auf die die Kommission ihre Erwägungen stützt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 108 bis 111). Wenn eine nicht vertrauliche Fassung eines solchen Beschlusses klar und eindeutig die Überlegungen der Kommission und die von ihr verwendete Methodik zum Ausdruck bringt und es damit den Betroffenen ermöglicht, von diesen Gründen Kenntnis zu nehmen, und dem Gericht, insoweit seine Kontrolle auszuüben, genügt sie den Anforderungen an die der Kommission obliegende Begründungspflicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 55).

565    Was zudem die wirtschaftlichen Gesichtspunkte angeht, die Deloitte in der Bewertung 2 herangezogen und der SRB im Abwicklungskonzept berücksichtigt haben, lässt sich nicht bestreiten, dass es sich um komplexe technische Beurteilungen handelt. Da das Abwicklungskonzept die Erwägungen des SRB klar zum Ausdruck bringt und es so ermöglicht, deren Stichhaltigkeit später vor dem zuständigen Gericht in Frage zu stellen, wäre es übertrieben, eine besondere Begründung für jede der fachlichen Entscheidungen oder der Zahlen zu verlangen, auf die sich diese Erwägungen stützen (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

566    Zum einen räumen die Kläger indes ein, dass Art. 88 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 der Veröffentlichung des gesamten Abwicklungskonzepts entgegensteht. Indem diese oben in Rn. 511 angeführte Bestimmung vorsieht, dass der SRB vor der Offenlegung von Informationen dafür Sorge trägt, dass diese keine vertraulichen Angaben enthalten, betrifft sie nicht nur den Fall ihrer Veröffentlichung, sondern auch den ihrer Übermittlung an Dritte.

567    Zum anderen haben die Kläger nicht dargelegt, inwieweit die in den nicht vertraulichen Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2 unkenntlich gemachten Daten für das Verständnis des Abwicklungskonzepts erforderlich waren.

568    Die Kläger haben somit nicht nachgewiesen, dass der SRB die ihm obliegende Begründungspflicht dadurch verletzt hat, dass er die wirtschaftlichen Daten in den nicht vertraulichen Fassungen des Abwicklungskonzepts und der Bewertung 2 unkenntlich gemacht hat.

569    Daher können die Kläger keinen Anspruch auf Übermittlung des vollständigen Abwicklungskonzepts und der vollständigen Bewertung 2 geltend machen.

570    Als Drittes machen die Kläger geltend, nach dem Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), könne nur die Kommission die Aspekte des Abwicklungskonzepts kontrollieren, bei denen ein Ermessensspielraum bestehe. Hierzu schweige der Beschluss 2017/1246 jedoch und ermangele jeder Begründung.

571    Der vierte Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/1246 lautet:

„Die Kommission stimmt dem Abwicklungskonzept zu. Sie stimmt insbesondere auch den Argumenten zu, die der [SRB] zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse nach Artikel 5 der Verordnung … Nr. 806/2014 nennt.“

572    Zudem verweist die Kommission zum einen im zweiten Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/1246 darauf, dass der SRB im Abwicklungskonzept festgestellt habe, dass alle Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 in Bezug auf Banco Popular erfüllt seien, und geprüft habe, ob eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich sei. Zum anderen weist die Kommission im dritten Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/1246 zur Billigung des Abwicklungskonzepts darauf hin, dass durch das Abwicklungskonzept im Einklang mit Art. 18 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 die Abwicklung von Banco Popular beschlossen und bestimmt werde, das Instrument der Unternehmensveräußerung anzuwenden, und dass in ihm auch begründet werde, weshalb dies angemessen sei.

573    Daraus ergibt sich, dass die Kommission im Beschluss 2017/1246 ausdrücklich auf die Gründe Bezug genommen hat, aus denen der SRB die Voraussetzungen für die Annahme des Abwicklungskonzepts für erfüllt und die Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung für angebracht hielt. Demgemäß ist die im vierten Erwägungsgrund des Beschlusses 2017/1246 enthaltene Billigung des Abwicklungskonzepts im Licht der übrigen Erwägungsgründe zu sehen und erstreckt sich auf die Gesamtheit dieser Gründe. In diesem Erwägungsgrund stimmt die Kommission ausdrücklich den im Abwicklungskonzept angeführten Gründen für die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme für Banco Popular zu, insbesondere hinsichtlich des Kriteriums des öffentlichen Interesses.

574    Somit sind das Abwicklungskonzept und seine Begründung im Sinne der oben in Rn. 530 angeführten Rechtsprechung als Teil des Kontexts anzusehen, in dem der Beschluss 2017/1246 erlassen worden ist.

575    Zudem ist zu beachten, dass die Kommission gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 entweder das Abwicklungskonzept billigt oder hinsichtlich seiner Aspekte, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, Einwände erhebt.

576    Daraus folgt, dass sich, wenn die Kommission wie im vorliegenden Fall das Abwicklungskonzept billigt, die Begründung ihres Beschlusses auf die Angabe beschränken kann, dass sie den in diesem enthaltenen Gründen zustimmt. Jede weitere zusätzliche Rechtfertigung ihrer Billigung könnte nur in einer Wiederholung der schon im Abwicklungskonzept enthaltenen Gesichtspunkte bestehen. Gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 hat aber die Kommission die vom SRB vorgenommene Analyse nicht erneut vorzunehmen, sondern nur zu billigen.

577    Ferner ist nach der oben in Rn. 531 angeführten Rechtsprechung zu berücksichtigen, dass die Kommission gemäß Art. 18 Abs. 7 der Verordnung Nr. 806/2014 nach der Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den SRB über einen sehr kurzen Zeitraum für den Erlass ihres Beschlusses verfügte.

578    Folglich ist eine Begründung, mit der die Kommission erklärt, dass sie dem Inhalt des Abwicklungskonzepts und den vom SRB für dessen Annahme angeführten Gründen zustimmt, als zur Rechtfertigung seiner Annahme ausreichend anzusehen.

579    In der Erwiderung führen die Kläger aus, keines der Dokumente, die der Kommission zufolge Bestandteil ihrer Verwaltungsakten seien, belege eine über den Erlass ihres Beschlusses hinausgehende Beteiligung der Kommission an dem Verfahren. Die Kläger erläutern, dieses Vorbringen sei auf den Nachweis gerichtet, dass die Kommission die Verpflichtungen verletzt habe, die ihr nach Art. 291 AEUV und dem Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), oblägen.

580    Mit diesem Vorbringen machen die Kläger nicht geltend, dass die Kommission ihre Begründungspflicht verletzt habe, sondern rügen eine Verletzung der im Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7), aufgestellten Grundsätze betreffend die Übertragung von Befugnissen. In der Erwiderung führen die Kläger aus, dieses Vorbringen knüpfe an Rn. 153 der Klageschrift an. In dieser Randnummer der Klageschrift erwähnen die Kläger aber nur, dass die Kommission in der Begründung nicht ausgeführt habe, dass sie die Aspekte des Abwicklungskonzepts, bei denen ein Ermessensspielraum bestehe, geprüft habe, sondern sich auf dessen Billigung beschränkt habe.

581    Daher ist dieses Vorbringen als erstmals in der Erwiderung enthalten anzusehen und als neuer Klagegrund auszulegen.

582    Nach Art. 84 der Verfahrensordnung ist das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Lauf des Verfahrens unzulässig, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

583    Die Kläger machen aber nicht geltend, dass sich dieses neue Vorbringen auf tatsächliche Gesichtspunkte stütze, die ihnen bei Einreichung der Klage nicht bekannt gewesen seien, so dass dieses Vorbringen als unzulässig zurückzuweisen ist.

584    Aus alledem ergibt sich, dass der vierte Klagegrund zurückzuweisen ist.

585    Da sämtliche Klagegründe zurückgewiesen worden sind, ist das Begehren, die angefochtenen Beschlüsse für nichtig zu erklären, zurückzuweisen.

586    Daher ist auch das im ersten Klageantrag der Kläger enthaltene Begehren, als Folge der Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse „die Kommission und den SRB zu verurteilen, ihnen ihre Investitionen in Banco Popular zurückzuerstatten“, zurückzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit dieses Begehrens entschieden zu werden braucht. Das im ersten Klageantrag enthaltene alternative Begehren, den SRB und die Kommission zu verurteilen, „ihnen eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung zu leisten“, deckt sich mit dem ersten Schadensersatzbegehren, das nachstehend geprüft wird.

B.      Zu den Schadensersatzbegehren

587    Der zweite Antrag der Kläger geht dahin, den SRB und die Kommission zu verurteilen, ihnen eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung zu leisten. Die Kläger erheben zwei getrennte Schadensersatzbegehren, deren erstes sie auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse stützen, während das zweite unabhängig davon ist.

1.      Zum ersten Schadensersatzbegehren

588    Mit dem ersten Schadensersatzbegehren fordern die Kläger für den Fall der Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung und die Bestätigung der Wirkungen dieser Beschlüsse gemäß Art. 264 AEUV.

589    Sie führen aus, nach Art. 264 AEUV könne das Gericht die Wirkungen des für nichtig erklärten Beschlusses bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten seien, und beantragen für diesen Fall hilfsweise zu ihrem Antrag auf Nichtigerklärung, den SRB und die Kommission zu verurteilen, ihnen eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung zu leisten. Hinsichtlich des Ersatzes der Schäden, die ihnen im Fall der Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse entstünden, sehe Art. 266 Abs. 2 AEUV vor, dass die Verpflichtung, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Kläger in die vorherige Lage zurückzuversetzen, unbeschadet der Verpflichtung bestehe, die sich aus der Anwendung von Art. 340 Abs. 2 AEUV ergebe.

590    Nach ständiger Rechtsprechung sind Anträge auf Ersatz eines materiellen oder immateriellen Schadens zurückzuweisen, wenn sie in einem engen Zusammenhang mit Nichtigkeitsanträgen stehen, die ihrerseits als unzulässig oder als unbegründet zurückgewiesen wurden (vgl. Urteil vom 29. April 2020, Tilly-Sabco/Rat und Kommission, T‑707/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:160, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

591    Insoweit genügt der Hinweis, dass das erste Schadensersatzbegehren der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlüsse voraussetzt. Da aber der Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse zurückgewiesen worden ist, ist das erste Schadensersatzbegehren der Kläger zurückzuweisen.

2.      Zum zweiten Schadensersatzbegehren

592    Die Kläger fordern eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung des SRB und der Kommission gemäß Art. 87 der Verordnung Nr. 806/2014, wonach der SRB für den in Ausübung seiner Amtstätigkeit verursachten Schaden hafte, sowie gemäß den Art. 266, 268 und 340 AEUV, die sowohl für den SRB als auch für die Kommission gälten.

593    Die Kläger machen geltend, unabhängig davon, ob die angefochtenen Beschlüsse für nichtig erklärt würden oder nicht, seien der SRB und die Kommission zu verurteilen, ihnen eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung zu leisten wegen ihres rechtswidrigen Verhaltens, das in den auf Nichtigerklärung gerichteten Klagegründen beschrieben worden sei, das in den Erklärungen und Offenlegungen des SRB, die zur Abwicklung von Banco Popular geführt hätten, in der Passivität der Unionsorgane angesichts des Zusammenbruchs von Banco Popular und des Fehlens von ordnungsgemäßer Verwaltung und Frühintervention sowie in der Rechtswidrigkeit des Abwicklungsverfahrens bestehe. Ohne diese rechtswidrigen Handlungen des SRB wäre Banco Popular nicht oder zumindest nicht unter denselben Bedingungen abgewickelt worden.

594    Gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV ersetzt die Union im Bereich der außervertraglichen Haftung den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

595    Nach ständiger Rechtsprechung hängt die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich der Rechtswidrigkeit des dem Unionsorgan vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Vorliegen des Schadens und dem Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des Organs und dem geltend gemachten Schaden (vgl. Urteile vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 16. Dezember 2020, Rat u. a./K. Chrysostomides & Co. u. a., C‑597/18 P, C‑598/18 P, C‑603/18 P und C‑604/18 P, EU:C:2020:1028, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 25. Februar 2021, Dalli/Kommission, C‑615/19 P, EU:C:2021:133, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

596    Daher ist die Klage, wenn eine dieser Voraussetzungen nicht vorliegt, insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union geprüft zu werden brauchen. Zudem ist der Unionsrichter nicht gehalten, diese Voraussetzungen in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen (vgl. Urteile vom 5. September 2019, Europäische Union/Guardian Europe und Guardian Europe/Europäische Union, C‑447/17 P und C‑479/17 P, EU:C:2019:672, Rn. 148 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. März 2021, AM/EIB, T‑134/19, EU:T:2021:119, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

597    Nach ständiger Rechtsprechung ist zur Erfüllung der ersten Voraussetzung betreffend die Rechtswidrigkeit des dem Unionsorgan vorgeworfenen Verhaltens ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm nachzuweisen, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll (vgl. Urteile vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB, C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 25. Februar 2021, Dalli/Kommission, C‑615/19 P, EU:C:2021:133, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 24. Oktober 2019, Liaño Reig/SRB, T‑557/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:771, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

598    Mit dem Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, durch die dem Einzelnen Rechte verliehen werden sollen, soll unabhängig von der Natur der beanstandeten rechtswidrigen Handlung verhindert werden, dass durch das Risiko, die von den betroffenen Personen behaupteten Schäden tragen zu müssen, die Fähigkeit des betreffenden Organs eingeschränkt wird, seine Befugnisse im Rahmen seiner normativen oder seiner wirtschaftliche Entscheidungen einschließenden Tätigkeit wie auch in der Sphäre seiner Verwaltungszuständigkeit in vollem Umfang im Allgemeininteresse auszuüben, ohne dass dabei allerdings die Folgen offenkundiger und unentschuldbarer Pflichtverletzungen Dritten aufgebürdet werden (vgl. Urteile vom 3. März 2010, Artegodan/Kommission, T‑429/05, EU:T:2010:60, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 23. November 2011, Sison/Rat, T‑341/07, EU:T:2011:687, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 14. Dezember 2018, East West Consulting/Kommission, T‑298/16, EU:T:2018:967, Rn. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung).

599    Ein solcher Verstoß ist gegeben, wenn das betreffende Organ die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat, wobei zu den insoweit zu berücksichtigenden Gesichtspunkten insbesondere die Komplexität der zu regelnden Sachverhalte, das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Rechtsnorm sowie der Umfang des Ermessensspielraums gehören, den die verletzte Rechtsnorm dem Unionsorgan belässt (vgl. Urteile vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 18. November 2020, H/Rat, T‑271/10 RENV II, EU:T:2020:548, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nur wenn das Unionsorgan lediglich über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Unionsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht anzunehmen (vgl. Urteile vom 20. Januar 2021, Kommission/Printeos, C‑301/19 P, EU:C:2021:39, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 20. September 2019, Dehousse/Gerichtshof der Europäischen Union, T‑433/17, EU:T:2019:632, Rn. 165 und die dort angeführte Rechtsprechung).

a)      Zu der geltend gemachten Rechtswidrigkeit

600    Was das Verhalten der Kommission und des SRB angeht, machen die Kläger geltend, die Erklärungen und Offenlegungen des SRB vom 23. und 31. Mai 2017 und an den darauffolgenden Tagen hätten eine allgemeine Panik ausgelöst, die zum Absturz der Aktien von Banco Popular und zu massiven Einlagenabzügen ihrer Kunden geführt habe. Der SRB habe seine Vertraulichkeitspflichten verletzt. Zu Beginn des Durchsickerns von Informationen hätten sich der SRB und die Kommission, anstatt Maßnahmen zur Begrenzung des Schadens zu treffen, im Widerspruch zu dem Recht auf eine ordnungsgemäße Verwaltung und dem Recht auf eine Frühintervention passiv verhalten. Als der SRB Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend angesehen habe, habe er das Abwicklungskonzept festgelegt, ohne die Kläger weniger belastende Maßnahmen zu berücksichtigen, womit er gegen die Verordnung Nr. 806/2014 und wesentliche Grundsätze verstoßen habe, wie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Verbot von Diskriminierung und Willkür, das Recht auf Gehör und das Recht auf die Begründung von Beschlüssen.

601    Nach Ansicht der Kläger ist der Verstoß gegen das Unionsrecht durch den SRB und die Kommission klar nachgewiesen, was für den Nachweis des Vorliegens eines hinreichend qualifizierten Rechtsverstoßes genüge. Es handle sich um einen unentschuldbaren Fehler des SRB, der dessen außervertragliche Haftung auslöse. Er hätte keine Erklärungen abgeben und keine Informationen preisgeben dürfen, und nachdem Banco Popular ein Schaden entstanden sei, hätten der SRB und die Kommission versuchen müssen, diesen zu begrenzen, und hätten, wenn der Ausfall unabwendbar gewesen wäre, ein Abwicklungskonzept beschließen müssen, das im Einklang mit dem Recht und den wesentlichen Grundsätzen gestanden hätte.

602    Das Vorbringen der Kläger zum Verhalten der Kommission und des SRB besteht aus zwei Rügen, die zum einen die Verletzung der Vertraulichkeitspflichten und zum anderen die passive Haltung des SRB und der Kommission betreffen.

1)      Zur ersten Rüge, die die Verletzung der Vertraulichkeitspflichten betrifft

603    Die Kläger machen geltend, aus dem 116. Erwägungsgrund sowie den Art. 88 und 90 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 339 AEUV ergebe sich, dass das Kriterium der Sorgfalt und Zurückhaltung äußerst streng sei. Es treffe nicht zu, dass die Öffentlichkeit aus dem Interview, das die Vorsitzende des SRB dem Fernsehsender Bloomberg am 23. Mai 2017 gewährt habe, nicht habe ableiten können, dass Banco Popular untersucht werde im Sinne des 116. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 806/2014.

604    Die Erklärungen und das Durchsickern von Informationen vom 23. und 31. Mai 2017 seien dem SRB oder zumindest Beamten der Union, die am Abwicklungsverfahren beteiligt gewesen seien, zuzurechnen. Der SRB habe nicht in Abrede gestellt, dass der von Reuters am 31. Mai 2017 veröffentlichte Presseartikel auf durchgesickerte Informationen zurückgehe. Die Kommission und der SRB hätten nicht in Abrede gestellt, dass spanische Stellen, insbesondere der FROB, Einlagen abgezogen hätten. Der SRB und die Kommission hätten keine interne Untersuchung vorgelegt, der sich entnehmen lasse, dass das Durchsickern von Informationen nicht auf sie zurückgehe. Der SRB habe das Verfahren zur Überprüfung der Folgen einer Offenlegung von Informationen nach Art. 88 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 nicht durchgeführt, was einen hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß darstelle.

605    Art. 339 AEUV sieht vor:

„Die Mitglieder der Organe der Union, die Mitglieder der Ausschüsse sowie die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union sind verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit Auskünfte, die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen, nicht preiszugeben; dies gilt insbesondere für Auskünfte über Unternehmen sowie deren Geschäftsbeziehungen oder Kostenelemente.“

606    Nach ständiger Rechtsprechung bezieht sich diese Bestimmung zwar in erster Linie auf bei Unternehmen eingeholte Auskünfte, doch zeigt das Adverb „insbesondere“, dass es sich insoweit um einen allgemeinen Grundsatz handelt, der auch für andere vertrauliche Informationen gilt (vgl. entsprechend Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 400 und die dort angeführte Rechtsprechung).

607    Art. 88 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 lautet:

„Mitglieder des [SRB], der stellvertretende Vorsitzende, die Mitglieder des [SRB] gemäß Artikel 43 Absatz 1 Buchstabe b, das Personal des [SRB] und Mitarbeiter, die im Rahmen eines Austauschs mit oder einer Entsendung von den teilnehmenden Mitgliedstaaten Abwicklungsaufgaben wahrnehmen, sind nach Artikel 339 AEUV und den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit das Berufsgeheimnis zu wahren. Insbesondere ist es ihnen untersagt, vertrauliche Informationen, die sie in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten oder von einer zuständigen Behörde oder einer Abwicklungsbehörde im Zusammenhang mit ihren Funktionen nach dieser Verordnung erhalten haben, an andere Personen oder Stellen weiterzugeben, es sei denn, dies geschieht im Rahmen ihrer Funktionen nach dieser Verordnung oder in zusammengefasster oder allgemeiner Form, die keine Rückschlüsse auf die Unternehmen im Sinne des Artikels 2 zulässt, oder die Behörde oder das Unternehmen, von der bzw. dem die Information stammt, hat im Voraus ausdrücklich ihre bzw. seine Zustimmung erteilt.“

608    Zudem ist der oben in Rn. 514 angeführte 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 zu nennen, der die Vertraulichkeit der Informationen im Besitz des SRB vor der Annahme eines Abwicklungsbeschlusses betrifft.

609    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger in der Klageschrift die „Erklärungen und Offenlegungen des SRB vom 23. und 31. Mai 2017 und an den darauffolgenden Tagen“ erwähnen. In der Erwiderung beziehen sie sich allein auf das Interview der Vorsitzenden des SRB vom 23. Mai 2017 und auf den am 31. Mai 2017 von Reuters veröffentlichten Artikel.

610    Da die Kläger nicht angeben, um welche anderen Erklärungen des SRB es sich handeln soll, wird sich das Gericht darauf beschränken, den Inhalt der Äußerungen der Vorsitzenden des SRB vom 23. Mai 2017 und den Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 zu prüfen, auf die die Kläger den Vorwurf einer Verletzung der Vertraulichkeitspflicht stützen.

611    Was als Erstes das Interview der Vorsitzenden des SRB im Fernsehsender Bloomberg vom 23. Mai 2017 angeht, fragte der Journalist:

„Darf ich Sie nach Spanien mitnehmen? Ich möchte unserem Publikum etwas zeigen, das auf unserem Radarschirm hier bei Bloomberg sehr präsent ist, es geht um Banco Popular und die bedingten CoCos (Pflichtwandelanleihen), die gegenwärtig etwas unter Druck stehen. Dieses Institut hat einen leicht über 7 % liegenden CET 1. Haben Sie das auch auf Ihrem Schirm?“ (Can I take you to Spain? I want to show our audience something that is very much on our radar screen here at Bloomberg and that is Banco Popular and the CoCos [Contingent Convertibles] which are under a little bit of pressure right now. This is an institution with a CET 1 just north of 7 per cent. Is it on your radar screen as well?)

612    Die Vorsitzende des SRB antwortete:

„Ich spreche nie über einzelne Banken. Wir haben mehr als eine Bank auf unserem Radarschirm, und natürlich ist auch Banco Popular ein Fall, den wir beobachten, sie ist aber nicht der einzige.“ (Well, I am never talking about individual banks. There are more banks than just one on our radar screen and of course, Banco Popular is also a case we are watching but it is not the only one we are watching.)

613    Zum einen ist mit dem SRB festzustellen, dass diese Äußerungen allgemeinen Charakter haben, da die Aufsicht über die Institute Teil des Auftrags des SRB in Zusammenarbeit mit der EZB ist. Die Information, dass Banco Popular als vom einheitlichen Aufsichtsmechanismus erfasstes Institut „beobachtet“ wird, ist nicht vertraulich.

614    Wie zudem aus dem oben in Rn. 41 genannten von elconfidencial.com am 15. Mai 2017 veröffentlichten Artikel hervorgeht, war die Öffentlichkeit bereits darüber informiert, dass Banco Popular Gegenstand einer Prüfung durch die EZB war.

615    Zum anderen erwähnt die Vorsitzende des SRB in diesem Interview nicht die Möglichkeit einer Abwicklung von Banco Popular. Aus diesen Äußerungen lässt sich keinerlei Schluss auf eine baldige Abwicklung von Banco Popular ziehen, geschweige denn auf das vom SRB möglicherweise eingesetzte Abwicklungsinstrument.

616    Zudem gehören diese Äußerungen, da sie nicht dahin ausgelegt werden können, dass Banco Popular abgewickelt werden sollte, zu keinem der Fälle, die im 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 betreffend die Bereitstellung von Informationen über einen Abwicklungsbeschluss vor dessen Annahme aufgeführt sind.

617    Zu einem weiteren, in Rn. 16 der Klageschrift angeführten Auszug aus diesem Interview genügt der Hinweis, dass die Äußerungen der Vorsitzenden des SRB allgemeinen Charakter haben und nicht die spezifische Situation von Banco Popular betreffen. Denn in diesem Teil des Interviews antwortete die Vorsitzende des SRB auf eine Frage zur Zukunft der Institute wie Banco Popular, die unlängst Mittel auf dem Markt beschafft und anscheinend Schwierigkeiten hatten, dies erneut zu tun:

„Nun, noch einmal, ich werde nicht über Banco Popular sprechen. Wie Sie verstehen, denke ich, dass eine Behandlung des Themas genau auf die Frage nach der tieferen Ursache zurückführt, und das ist eine individuelle und idiosynkratische Frage von Fall zu Fall: Kann man das NPL-Portfolio auf eine Bad Bank übertragen? Kann man versuchen, es zu verkaufen? Wie kann man es restrukturieren? Eine Option ist immer die Fusion. Ich denke, meine klare Botschaft ist, dass wir in den letzten beiden Jahren hart gearbeitet haben, um zu versuchen, Abwicklungspläne aufzustellen, die hoffentlich auch Lösungen bieten, die den privaten Sektor stärker einbeziehen. Bevor man an die Grenze der Existenzfähigkeit gelangt und in die Abwicklung eintritt, wird die Bank so strukturiert, dass man alternative, private Lösungen finden kann. Ich würde sagen, es gibt immer, auch aus unserer Sicht, eine bevorzugte Lösung. Und es gibt nicht nur eine einzige Lösung.“

618    Daher ist festzustellen, dass die Äußerungen der Vorsitzenden des SRB in dem Interview vom 23. Mai 2017 keine vertraulichen Informationen enthalten und weder den Grundsatz der Vertraulichkeit noch die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses nach Art. 88 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 339 AEUV verletzen.

619    Was als Zweites den am 31. Mai 2017 von Reuters veröffentlichten Artikel mit dem Titel „EU, Warnung vor der Gefahr einer Abwicklung von Banco Popular“ (La UE, advertida de riesgo de una resolución ordenada en Banco Popular) angeht, so heißt es dort, dass einem hohen, nicht namentlich genannten Unionsbeamten zufolge eine der wichtigsten Bankenaufsichtspersonen in Europa die Unionsbeamten darauf hingewiesen habe, dass die Abwicklung von Banco Popular erforderlich sein könnte, wenn sie keinen Käufer finde, und dass die Vorsitzende des SRB kürzlich eine „Frühwarnung“ ausgesprochen habe. Dieser hohe Beamte habe auch angegeben, dass die Vorsitzende des SRB erklärt habe, dass der SRB das Verfahren (Banco Popular) mit besonderer Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine mögliche Intervention verfolge, und er habe hinzugefügt, dass das Fusionsangebot der Bank erfolglos sein könnte.

620    In diesem Artikel von Reuters heißt es weiter, dass einer anderen, ebenfalls anonymen Quelle zufolge allgemeine Vorbereitungen getroffen würden, obwohl noch keine konkrete Maßnahme ergriffen worden sei. Ein Sprecher von Banco Popular habe erklärt, die Bank arbeite auf mehreren Ebenen, einschließlich Fusion, Kapitalerhöhung und Verkauf von Vermögenswerten.

621    Zu beachten ist auch, dass in diesem Artikel die Pressemitteilung des SRB vom selben Tag erwähnt wird, in der dieser erklärt hat, dass er die speziellen Schwierigkeiten einer bestimmten Bank nicht kommentiere, dass er die Auslegungen betreffend die angeblichen Zitate seiner Vorsitzenden nicht bestätigen könne und dass er niemals Warnungen in Bezug auf Banken ausspreche.

622    Die Kläger erwähnen den Auszug aus diesem Artikel, wonach „allgemeine Vorbereitungen im Gang“ seien“. Dazu genügt die Feststellung, dass diese Äußerungen dem Artikel zufolge von „einer zweiten Quelle“ stammen, die ebenfalls anonym bleibt und von der nicht gesagt wird, dass es sich um einen Unionsbeamten handle. Diese Äußerungen können somit nicht einem Beamten der Kommission oder einem Mitarbeiter des SRB zugeschrieben werden. Zudem ist der Ausdruck „allgemeine Vorbereitungen“ sehr vage und gibt keinerlei Hinweis, der die Feststellung erlaubt, ob diese Vorbereitungen auf ein möglicherweise für Banco Popular eingeleitetes Abwicklungsverfahren zielten oder sich auf die von der Bank selbst gehegten und in diesem Artikel ebenfalls erwähnten Pläne bezogen.

623    Zudem ist festzustellen, dass die Kläger nicht darlegen, welche in diesem Artikel enthaltenen Informationen vertraulich sein sollen oder inwieweit deren Offenlegung eine Verletzung des Berufsgeheimnisses durch den SRB oder die Kommission begründen soll. Jedenfalls bezogen sich die in diesem Artikel wiedergegebenen Äußerungen dieses Unionsbeamten nicht auf vertrauliche Informationen, die nur Mitgliedern des SRB oder der Kommission bekannt sein konnten, und sind nicht als Nachweis des von den Klägern beanstandeten Durchsickerns von Informationen geeignet.

624    So soll erstens der Beamte eine „Frühwarnung“ erwähnt haben, die die Vorsitzende des SRB ausgesprochen habe. Diese Behauptung entspricht jedoch keiner Befugnis des SRB, worauf dieser im Übrigen in seiner Pressemitteilung vom 31. Mai 2017 hingewiesen hat.

625    Zweitens genügt zu der Angabe dieses Beamten, „die Vorsitzende des SRB [habe] erklärt …, dass der SRB das Verfahren (Banco Popular) mit besonderer Aufmerksamkeit im Hinblick auf eine mögliche Intervention verfolge“, die Feststellung, dass diese Äußerungen den Kern dessen wiedergeben, was die Vorsitzende des SRB in dem dem Fernsehsender Bloomberg am 23. Mai 2017 gewährten Interview öffentlich geäußert hatte, nämlich, dass Banco Popular „beobachtet“ werde. Zudem trat der SRB in seiner Pressemitteilung der weiten Auslegung dieser Äußerungen mit einem Dementi entgegen.

626    Außerdem genügt die Wiedergabe angeblicher Äußerungen der Vorsitzenden des SRB in diesem Artikel nicht als Beweis ihrer Authentizität, zumal die Identität der Person selbst, von der diese Wiedergabe stammen soll, nicht mitgeteilt wird.

627    Was drittens die Äußerung dieses Beamten betrifft, dass das Fusionsangebot der Bank erfolglos sein könnte, so geht aus diesem Artikel hervor, dass Banco Popular selbst angegeben hatte, dass die Dauer der ursprünglich am 10. Juni 2017 ablaufenden Frist für die Einreichung der Angebote im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens flexibel sei.

628    In dieser Hinsicht haben die Kläger als Anlage zur Klageschrift einen Artikel von El País vom 31. Mai 2017 mit dem Titel „Banco Popular verlängert die Frist für die Einreichung von Angeboten bis Ende Juni“ (El Popular amplía el plazo para presentar ofertas hasta fin de junio) vorgelegt, was bestätigt, dass die Bank die am 10. Juni endende Angebotsfrist bis zur letzten Woche dieses Monats verlängert hat.

629    Demnach kann die Möglichkeit eines Scheiterns des im April 2017 eingeleiteten privaten Veräußerungsverfahrens nicht als eine vertrauliche Information angesehen werden, sondern lässt sich einfach aus den Umständen ableiten, nämlich daraus, dass Banco Popular am 31. Mai 2017 immer noch keinen Erwerber im Rahmen dieses Verfahrens gefunden hatte und dass dessen Abschluss hinausgeschoben worden war.

630    Was viertens die Angabe betrifft, einem hohen, nicht namentlich genannten Unionsbeamten zufolge habe eine der wichtigsten Bankenaufsichtspersonen in Europa die Unionsbeamten darauf hingewiesen, dass die Abwicklung von Banco Popular erforderlich sein könnte, wenn sie keinen Käufer finde, ist darauf hinzuweisen, dass in mehreren Presseartikeln bereits im Lauf des Monats Mai erwähnt worden war, dass Banco Popular in Schwierigkeiten sei und ein privates Veräußerungsverfahren eingeleitet habe.

631    So hatte einem oben in Rn. 40 angeführten auf der Website elconfidencial.com veröffentlichten Artikel vom 11. Mai 2017 zufolge der Präsident von Banco Popular den dringlichen Verkauf der Bank wegen Konkursgefahr angeordnet. Der Hinweis im Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 darauf, dass die Unionsbeamten von „eine[r] der wichtigsten Bankenaufsichtspersonen in Europa“ informiert worden seien, scheint der in diesem Artikel vom 11. Mai 2017 mitgeteilten Information zu entsprechen, dass der Präsident von Banco Popular wegen ernsthafter Konkursgefahr u. a. aufgrund des anhaltenden Abflusses von Einlagen gezwungen gewesen sei, das Veräußerungsverfahren einzuleiten, um den Forderungen der EZB nachzukommen. Einem oben in Rn. 41 angeführten auf der Website elconfidencial.com veröffentlichten Artikel vom 15. Mai 2017 zufolge wurde der Plan zur Veräußerung von Banco Popular nach der Prüfung durch die EZB ins Werk gesetzt.

632    Somit war seit Mitte Mai 2017 öffentlich bekannt, dass Banco Popular konkursgefährdet war, wenn sie in dem von ihr eingeleiteten Veräußerungsverfahren keinen Käufer finden sollte.

633    Daraus ergibt sich, dass entgegen dem Vorbringen der Kläger die in diesem Artikel wiedergegebenen Äußerungen des anonymen Unionsbeamten keine vertraulichen Informationen im Sinne des 116. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 806/2014 über die Durchführung eines Abwicklungsverfahrens für Banco Popular enthalten, die nur Beamten der Kommission oder Mitgliedern des SRB bekannt sein konnten.

634    Zudem stützt sich dieser Reuters-Artikel auf Äußerungen, die von einem anonym gebliebenen Unionsbeamten stammen sollen, von dem nicht gesagt wird, welchem Organ oder welcher Einrichtung der Union er angehört.

635    Wie der SRB ausführt, konnten derartige Äußerungen von zahlreichen anderen Personen als Mitgliedern des SRB oder Beamten der Kommission abgegeben werden, insbesondere angesichts des in Art. 88 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehenen Informationsaustauschs.

636    Nach der Rechtsprechung hat im Rahmen einer Schadensersatzklage der Kläger zu beweisen, dass die Voraussetzungen für eine außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gemäß Art. 340 AEUV erfüllt sind. Daher könnte eine Veröffentlichung von Informationen in der Presse, sofern die Kläger im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen hätten, dass sie auf eine der Kommission oder dem SRB zuzurechnende Preisgabe von Informationen zurückgeht, diesen grundsätzlich nicht vorgeworfen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2008, Franchet und Byk/Kommission, T‑48/05, EU:T:2008:257, Rn. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung).

637    Die Kläger haben nichts dafür vorgebracht, dass der in diesem Artikel zitierte Beamte ein Beamter der Kommission oder ein Mitarbeiter des SRB wäre.

638    Die Kläger begnügen sich mit dem Vorbringen, dieser Artikel beweise das Durchsickern von Informationen und der SRB habe nicht in Abrede gestellt, dass es dazu gekommen sei. Der SRB und die Kommission hätten keinen Bericht vorgelegt und keine Untersuchung durchgeführt, die den Schluss zuließen, dass das Durchsickern der in dem Reuters-Artikel enthaltenen Information nicht auf sie zurückgehe. Da eine solche interne Untersuchung nicht erfolgt sei, könnten der SRB und die Kommission keinen Beweis vorlegen, mit dem sie die Vermutung umkehren könnten, die sich aus dem 116. Erwägungsgrund sowie den Art. 88 und 91 der Verordnung Nr. 806/2014 ergebe.

639    Selbst unterstellt, die in diesem Artikel wiedergegebenen Äußerungen gingen auf die Indiskretion eines Unionsbeamten zurück, kann jedoch mangels eines Nachweises, dass die Dienststellen der Kommission oder des SRB für das Durchsickern von Informationen, von dem die von den Klägern angeführten Presseartikel zeugen, verantwortlich sind, nach der Rechtsprechung ein solcher Ursprung der Indiskretion nicht vermutet werden (vgl. Urteil vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, EU:T:2006:74, Rn. 605).

640    Zudem reicht selbst dann, wenn es wahrscheinlich wäre, dass die undichte Stelle bei der Kommission oder beim SRB zu suchen sein könnte, diese Möglichkeit allein entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht aus, diesen die Last des Gegenbeweises aufzuerlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, EU:T:2006:103, Rn. 412).

641    Entgegen dem Vorbringen der Kläger können weder der 116. Erwägungsgrund noch Art. 88 der Verordnung Nr. 806/2014, nach denen die Weitergabe vertraulicher Informationen an andere Personen oder Stellen untersagt ist, dahin ausgelegt werden, dass sie eine Vermutung enthalten, dass jedes Durchsickern von Informationen betreffend die Abwicklung eines Unternehmens auf einen Mitarbeiter des SRB zurückgeht, die mit einer Umkehr der Beweislast verbunden ist.

642    Da es im vorliegenden Fall an einer Vermutung fehlt, dass das vermeintliche Durchsickern von Informationen auf die Kommission oder den SRB zurückgeht, brauchen diese nicht darzutun, dass dies nicht der Fall ist.

643    Zudem kann aus dem Fehlen einer internen Untersuchung nicht der Beweis abgeleitet werden, dass der SRB oder die Kommission ihre Vertraulichkeitspflichten verletzt haben. Somit ist der Umstand, dass der SRB und die Kommission nach der Annahme des Abwicklungsbeschlusses keine interne Untersuchung durchgeführt haben, unerheblich für die Frage, ob ein rechtswidriges Verhalten Ursache des von den Klägern geltend gemachten Schadens ist.

644    In dieser Hinsicht haben die Kläger mit am 9. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vorgelegt. Dieses Beweisangebot bezieht sich auf zwei interne E‑Mails des SRB vom 10. und 18. August 2017 betreffend ein mögliches Durchsickern von Informationen als Ursprung des Reuters-Artikels vom 31. Mai 2017. Die Kläger führen aus, sie hätten Zugang zu diesen Dokumenten im Anschluss an die Entscheidung des Beschwerdeausschusses des SRB vom 15. April 2020 über ihren nach Art. 90 der Verordnung Nr. 806/2014 gestellten Antrag auf Zugang zu Dokumenten erhalten, und der SRB habe ihnen diese beiden E‑Mails am 27. August 2020 übermittelt. Diese E‑Mails belegten, dass es beim SRB keine interne Untersuchung des Durchsickerns von Informationen gegeben habe, auf das der Artikel vom 31. Mai 2017 zurückgehe.

645    Hierzu genügt der Hinweis, dass die Kläger nicht dargetan haben, dass die im Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 wiedergegebenen Äußerungen auf ein Durchsickern von Informationen seitens eines Mitglieds des SRB zurückgehen, und dass es für die Frage, ob der SRB seine Vertraulichkeitspflichten verletzt hat, unerheblich ist, dass dieser keine interne Untersuchung durchgeführt hat. Dieser neue Beweis, mit dem das Fehlen einer internen Untersuchung des angeblichen Durchsickerns von Informationen nachgewiesen werden soll, auf das den Klägern zufolge der Artikel vom 31. Mai 2017 zurückgeht, ist daher unerheblich.

646    Nach alledem haben die Kläger nicht dargetan, dass der SRB oder die Kommission den Grundsatz der Vertraulichkeit und die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verletzt haben.

2)      Zur zweiten Rüge, die das passive Verhalten des SRB und der Kommission betrifft

647    Die Kläger machen geltend, zu Beginn des Durchsickerns von Informationen hätten der SRB und die Kommission, anstatt Maßnahmen zur Begrenzung des Schadens zu treffen, im Widerspruch zu dem Recht auf eine ordnungsgemäße Verwaltung und dem Recht auf eine Frühintervention eine passive Haltung eingenommen. Als der SRB Banco Popular als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend angesehen habe, habe er das Abwicklungskonzept festgelegt, ohne die Kläger weniger belastende Maßnahmen zu berücksichtigen, womit er gegen die Verordnung Nr. 806/2014 und wesentliche Grundsätze verstoßen habe, wie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Verbot von Diskriminierung und Willkür, das Recht auf Gehör und das Recht auf die Begründung von Beschlüssen. Da der SRB und die Kommission eine Situation der Ungewissheit geschaffen hätten, seien sie zum Handeln verpflichtet gewesen, um den verursachten Schaden zu minimieren.

648    Es ist festzustellen, dass die Kläger nicht darlegen, was genau sie der Kommission und dem SRB mit dem Hinweis auf deren „passive Haltung“ vorwerfen oder welche Maßnahmen diese „zur Begrenzung des Schadens“ hätten treffen müssen.

649    Wie die Kommission ausführt, können nach der Rechtsprechung Unterlassungen der Unionsorgane nur dann die Haftung der Union begründen, wenn die Organe gegen eine Rechtspflicht zum Tätigwerden verstoßen haben, die sich aus einer Bestimmung des Unionsrechts ergibt (Urteil vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, EU:C:1994:329, Rn. 58; vgl. auch Urteile vom 14. Dezember 2005, Beamglow/Parlament u. a., T‑383/00, EU:T:2005:453, Rn. 166 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. November 2017, Acquafarm/Kommission, T‑458/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:810, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Kläger legen aber nicht dar, aufgrund welcher Bestimmungen der SRB und die Kommission zum Handeln verpflichtet sein sollen, um die Annahme eines Abwicklungsbeschlusses zu vermeiden.

650    Soweit die Kläger Bezug auf das Vorbringen nehmen, das sie schon im Rahmen des Nichtigkeitsbegehrens angeführt haben, genügt der Hinweis, dass dieses Vorbringen im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes zurückgewiesen worden ist. Insbesondere ist das Vorbringen zur passiven Haltung des SRB und der Kommission im Widerspruch zu dem Recht auf eine ordnungsgemäße Verwaltung im Rahmen der Prüfung der dritten Rüge des ersten Teils des ersten Klagegrundes oben in den Rn. 173 bis 176 und das Vorbringen zur Nichtberücksichtigung von die Kläger weniger belastenden Maßnahmen im Rahmen des zweiten und des dritten Teils des ersten Klagegrundes zurückgewiesen worden.

651    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kläger kein rechtswidriges Verhalten des SRB oder der Kommission dargetan und somit keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, durch die dem Einzelnen Rechte verliehen werden sollen, nachgewiesen haben. Da nach der oben in Rn. 596 angeführten Rechtsprechung die erste Voraussetzung für die Auslösung der außervertraglichen Haftung des SRB oder der Kommission nicht erfüllt ist, ist das zweite Schadensersatzbegehren zurückzuweisen, ohne dass es der Prüfung der übrigen Voraussetzungen bedarf.

652    Das Gericht erachtet es jedoch im Interesse einer geordneten Rechtspflege für angebracht, das Vorbringen der Kläger zum Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem vorgeblich rechtswidrigen Verhalten des SRB und der Kommission und dem von ihnen geltend gemachten Schaden zu prüfen.

b)      Zum Kausalzusammenhang

653    Die Kläger machen geltend, der Kausalzusammenhang betreffend die Offenlegung vertraulicher Informationen werde im 116. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 erwähnt, da diese die Abwicklung eines Bankinstituts bewirken könne. Die Verwendung des Ausdrucks „muss davon ausgegangen werden“ im 116. Erwägungsgrund bedeute, dass im Fall einer Verletzung der Vertraulichkeitspflichten die Unionsorgane das Fehlen eines Kausalzusammenhangs beweisen müssten.

654    Die Kläger weisen erneut darauf hin, dass die Erklärung der Vorsitzenden des SRB vom 23. Mai 2017, wonach der SRB mit der Prüfung von Banco Popular befasst sei, und der Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017, in dem berichtet werde, dass der SRB ein Abwicklungsverfahren einleiten werde, eine allgemeine Panik verursacht hätten, die zu einem Absturz der Börsennotierung von Banco Popular und zu massiven Einlagenabzügen geführt habe. Nach diesem Durchsickern von Informationen hätten der SRB und die Kommission nichts getan, um diese Situation zu bereinigen, und der SRB habe Banco Popular als ausfallend angesehen und das Abwicklungsverfahren eingeleitet. Zudem habe der SRB bei der Annahme des Abwicklungskonzepts mehrere Rechtsverstöße begangen. Alle diese Rechtsverstöße seien für den Schaden der Kläger ursächlich. Der SRB und die Kommission hätten die Abwicklungsmaßnahme für Banco Popular nicht annehmen dürfen, in welchem Fall die Kläger noch über ihre Investitionen verfügen würden, oder sie hätten sie zu anderen Bedingungen annehmen müssen, in welchem Fall die Kläger möglicherweise keinen Vermögensschaden erlitten hätten.

655    Was die Voraussetzung des Bestehens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem beanstandeten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden angeht, muss sich dieser Schaden mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem gerügten Verhalten ergeben, das der ausschlaggebende Grund für den Schaden sein muss, während keine Verpflichtung der Union zu Schadensersatz für jede noch so entfernte nachteilige Folge von rechtswidrigen Verhaltensweisen ihrer Organe besteht. Der Kläger hat zu beweisen, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem gerügten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht (vgl. Urteil vom 11. Juli 2019, BP/FRA, T‑838/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:494, Rn. 217 und die dort angeführte Rechtsprechung).

656    Nach Ansicht der Kläger ist die Liquiditätskrise von Banco Popular auf die Erklärungen der Vorsitzenden des SRB vom 23. Mai 2017 und auf den Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 zurückzuführen.

657    Dieses Vorbringen beruht auf einer partiellen und fehlerhaften Darstellung des der Liquiditätskrise von Banco Popular zugrunde liegenden Sachverhalts und der Ursachen, die zu deren Ausfall oder wahrscheinlichem Ausfall geführt haben.

658    So hatte, wie dargelegt, die EZB in ihrer Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular darauf hingewiesen, dass Banco Popular wegen ihrer geringen Rentabilität, der schlechten Qualität ihrer Vermögenswerte und ihrem im Vergleich zu ihren Wettbewerbern niedrigen Deckungsgrad die Aufmerksamkeit auf sich gezogen habe und dass sie seit Januar 2017 Gegenstand negativer Berichterstattung in den Medien gewesen sei. Der EZB zufolge hatte Banco Popular im Februar 2017 bei der Bekanntgabe ihres Jahresergebnisses für 2016 auf einen Sonderrückstellungsbedarf und auf die Auswechslung ihres Präsidenten hingewiesen. Diese Ankündigungen hätten zu einer Herabstufung des Ratings von Banco Popular durch DBRS geführt und große Besorgnis bei ihrer Kundschaft ausgelöst, was sich in unerwarteten Einlagenabzügen niedergeschlagen habe.

659    Der EZB zufolge wurde eine weitere Welle von Einlagenabzügen dadurch ausgelöst, dass Banco Popular am 3. April 2017 eine öffentliche Ad-hoc-Erklärung veröffentlicht habe, mit der das Ergebnis mehrerer interner Prüfungen mitgeteilt worden sei, und durch weitere, oben in Rn. 56 erwähnte Ereignisse verstärkt.

660    Im 24. Erwägungsgrund des Abwicklungskonzepts führte der SRB mehrere Umstände an, die zur rapiden Verschlechterung der Liquiditätssituation von Banco Popular geführt hätten:

–        Im Februar 2017 habe Banco Popular einen Sonderrückstellungsbedarf in Höhe von 5,7 Mrd. Euro angekündigt mit der Folge von Verlusten in Höhe von 3,485 Mrd. Euro und habe einen neuen Präsidenten ernannt;

–        am 10. Februar 2017 habe DBRS das Rating von Banco Popular herabgestuft;

–        am 3. April 2017 habe Banco Popular eine öffentliche Ad-hoc-Erklärung veröffentlicht, mit der sie das Ergebnis interner Prüfungen bekannt gegeben habe, die erhebliche Auswirkungen auf ihre Bilanzen haben könnten, und habe die Auswechslung ihres Generaldirektors weniger als ein Jahr nach seinem Dienstantritt bestätigt;

–        am 7. bzw. 21. April 2017 hätten Standard & Poor’s und Moody’s das Rating von Banco Popular herabgestuft;

–        am 12. Mai 2017 habe Banco Popular die Liquiditätsdeckungsanforderung in Höhe von 80 % unterschritten und sei danach nicht wieder in der Lage gewesen, die gesetzliche Mindestgrenze einzuhalten;

–        die anhaltende negative Berichterstattung in den Medien über die finanziellen Ergebnisse von Banco Popular und ein unmittelbar drohendes Risiko des Konkurses oder der Zahlungsunfähigkeit hätten zu vermehrten Einlagenabzügen geführt;

–        am 6. Juni 2017 hätten DBRS und Moody’s das Rating von Banco Popular herabgestuft.

661    Dem SRB zufolge verursachten alle diese Umstände erhebliche Einlagenabzüge.

662    Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsrat von Banco Popular im Protokoll der Sitzung vom 6. Juni 2017, an deren Ende er den Ausfall der Bank erklärte, die Gründe nannte, die zur Situation von Banco Popular geführt hätten, darunter die in den vorangegangenen Monaten veröffentlichten Presseartikel über die Finanzlage der Gruppe im Allgemeinen und die von Banco Popular im Besonderen, sowie deren Auswirkungen auf die Liquiditätssituation. Dem Verwaltungsrat zufolge war die Periode extremer finanzieller Spannungen für Banco Popular auf mehrere Faktoren zurückzuführen, insbesondere die geringere Solvenz, die Qualität der Vermögenswerte und ihre Deckung mit Blick auf die Vergleichsgruppe sowie die anhaltende und äußerst negative Berichterstattung in bestimmten Medien. Daraus ergibt sich, dass der Verwaltungsrat zwar einräumt, dass die Informationen über die finanziellen Schwierigkeiten der Gruppe, die seit mehreren Monaten in der Presse verbreitet wurden, zur Situation von Banco Popular beigetragen hätten, dass er diese jedoch nur als einen Faktor unter anderen anführt und weder die Erklärung der Vorsitzenden des SRB vom 23. Mai 2017 noch den Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 erwähnt.

663    Aus diesen von den Klägern nicht bestrittenen Tatsachen ergibt sich, dass sich die Situation von Banco Popular schon deutlich vor dem 23. Mai 2017 verschlechtert hatte und dass deren Liquiditätskrise durch multiple Faktoren verursacht worden war, die ihren Ursprung in den im Februar und April 2017 angekündigten schlechten Ergebnissen der Bank hatten. Insbesondere genügte die Liquiditätsdeckung von Banco Popular seit dem 12. Mai 2017 nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen.

664    Den Klägern konnte die Gesamtheit der objektiven Umstände, die insbesondere seit April 2017 zu den Liquiditätsproblemen von Banco Popular geführt hatten, nicht unbekannt sein. Sie können nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Liquiditätskrise von Banco Popular auf die Erklärung vom 23. Mai 2017 und den Artikel vom 31. Mai 2017 zurückzuführen gewesen sei, selbst wenn diesen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Vertraulichkeit durch den SRB zugrunde gelegen haben sollte.

665    Folglich haben die Kläger einen Kausalzusammenhang zwischen den ihrer Ansicht nach vom SRB und der Kommission begangenen Rechtsverstößen und dem geltend gemachten Schaden nicht nachgewiesen.

666    Diese Schlussfolgerung wird durch das übrige Vorbringen der Kläger nicht in Frage gestellt.

667    Die Kläger machen geltend, die EZB habe in ihrer Bewertung der Frage des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular ausgeführt, dass die Einlagenverluste seit dem 31. Mai 2017 besonders erheblich gewesen seien, nachdem in den Medien berichtet worden sei, dass die Bank vor einer Liquidation stehen könnte, wenn das private Veräußerungsverfahren nicht innerhalb sehr kurzer Zeit erfolgreich abgeschlossen würde.

668    Aus der Bewertung der EZB geht hervor, dass aus deren Sicht die Ankündigung des Fehlschlags des privaten Veräußerungsverfahrens und der Gefahr einer Liquidation des Unternehmens die Einlagenverluste von Banco Popular verschärfte. Es handelt sich jedoch nur um einen Faktor unter den zahlreichen anderen von der EZB angeführten, auf die diese Einlagenflucht zurückgeht. Die Kläger können nicht mit Erfolg geltend machen, die EZB habe eingeräumt, dass der Reuters-Artikel vom 31. Mai 2017 die Ursache für die Liquiditätskrise von Banco Popular gewesen sei.

669    Die EZB wies auf die umfangreiche negative Berichterstattung über Banco Popular während dieser Zeit in den Medien hin und führte sogar als Beispiele die am 11. und 15. Mai 2017 veröffentlichten, oben in den Rn. 40 und 41 erwähnten Artikel an. Die Kläger können nicht den einzigen Artikel, in dem ein Unionsbeamter erwähnt wird, aus der Gesamtheit dieser Presseartikel herausgreifen, um geltend zu machen, die Liquiditätsabflüsse bei Banco Popular gingen allein auf diesen Artikel zurück.

670    Die Kläger machen auch geltend, dass der SRB in der Bewertung 1 und die EZB in ihrer Bewertung vom 5. Juni 2017 betreffend den Antrag von Banco Popular auf Gewährung von Notfallliquiditätshilfe angegeben hätten, dass der 23. und der 31. Mai 2017 wichtige Daten in der Liquiditätskrise von Banco Popular gewesen seien.

671    In dieser Hinsicht führte die EZB in ihrer Bewertung vom 5. Juni 2017 betreffend den Antrag von Banco Popular auf Gewährung von Notfallliquiditätshilfe aus:

„Banco Popular sah sich zwischen dem 31. März und dem 1. Juni 2017 umfangreichen Einlagenabzügen in allen Kundensegmenten gegenüber, was zu einer erheblichen Verschlechterung ihrer Einlagenbasis … und ihrer zusätzlich realisierbaren Liquidität (CBC …) geführt hat. Ausgelöst durch eine Verschlechterung des Rufs der Bank infolge der Berichterstattung in den Medien und durch die Ankündigung der Bank, dass entweder eine Kapitalerhöhung oder eine ‚Mergers & Acquisitions‘-Transaktion erforderlich sei wegen der Verschlechterung ihrer Finanzlage in Verbindung mit der Auswirkung der erheblichen Herabstufung ihres Ratings, überschritten die Einlagenabzüge während der vergangenen Wochen wiederholt 500 Mio. Euro täglich (am 12. Mai, 16. Mai, 22. Mai, 23. Mai, 31. Mai und 1. Juni), und dies im Kontext eines anhaltenden Mittelschwunds mit begrenztem Liquiditätspuffer.“

672    Der SRB übernahm diese Analyse in der Bewertung 1 unter Hinweis darauf, dass er sich auf die Informationen der EZB gestützt habe.

673    Daraus ergibt sich, dass die Daten 23. und 31. Mai 2017 vom SRB und von der EZB nur neben anderen Daten erwähnt werden, an denen es zu Einlagenabzügen von mehr als 500 Mio. Euro gekommen ist, und in keinem Zusammenhang mit der Erklärung der Vorsitzenden des SRB und dem Reuters-Artikel stehen. Entgegen dem Vorbringen der Kläger bezeichneten die EZB und der SRB diese Daten nicht als wichtiger als die anderen genannten Daten. Zudem betonten sie, dass die Ursachen der Einlagenabzüge vielfältig seien, und daraus lässt sich entgegen der Ansicht der Kläger nicht ableiten, dass die Liquiditätskrise von Banco Popular auf die Erklärung vom 23. Mai und den Artikel vom 31. Mai zurückzuführen war.

674    Zudem ist der Kurs der Aktie von Banco Popular zwischen Juni 2016 und Juni 2017 ständig gefallen. Entgegen dem Vorbringen der Kläger belegt diese Entwicklung keinerlei Zusammenhang zwischen der Erklärung vom 23. Mai und dem Artikel vom 31. Mai 2017 und dem Kurs der Aktie von Banco Popular. Der Kursverfall der Aktien von Banco Popular erklärt sich durch die schlechte Finanzlage der Bank und ist in Bezug zu setzen zu den oben in den Rn. 32, 38 und 46 erwähnten aufeinanderfolgenden Herabstufungen des Ratings von Banco Popular durch die Ratingagenturen.

675    Nach alledem sind die Schadensersatzbegehren der Kläger zurückzuweisen.

C.      Zu dem auf Nichtigerklärung der Bewertung 2 und auf Zahlung eines Ausgleichs gerichteten Begehren

676    Mit dem dritten Klageantrag fechten die Kläger die Bewertung 2 auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 15 sowie der Art. 86 und 87 der Verordnung Nr. 806/2014 an und beanspruchen einen Ausgleich.

677    Nach Ansicht der Kommission ist die Anfechtung der Bewertung 2 unzulässig. Der SRB macht geltend, die Bewertung 2 könne nicht getrennt von dem Abwicklungsbeschluss angefochten werden.

678    Als Erstes beantragen die Kläger, die Bewertung 2 unabhängig von der Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse für nichtig zu erklären. In der Klageschrift legen sie nämlich ausdrücklich dar, dass das Recht zur Anfechtung der Bewertung auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 ein Begehren darstelle, das auf partielle Nichtigerklärung des Abwicklungsbeschlusses, genauer gesagt, des vom SRB für die Abwicklung herangezogenen Sachverständigengutachtens, gerichtet sei. Ihr auf Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 beruhendes Begehren sei unabhängig von der Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse und ihren Schadensersatzbegehren. Dieses Begehren sei selbst für den Fall zulässig, dass ihre übrigen Klagebegehren zurückgewiesen würden.

679    Zudem stellen die Kläger selbst in ihrem am 16. April 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Schriftsatz das Begehren, die angefochtenen Beschlüsse für nichtig zu erklären, die Klage aus außervertraglicher Haftung und die Anfechtung der Bewertung 2 in Verbindung mit einem Schadensersatzbegehren als drei selbständige Klagen dar.

680    Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht vor:

„Die Bewertung ist integraler Bestandteil der Entscheidung über die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bzw. die Entscheidung über die Ausübung der Befugnis zur Abschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten. Gegen die Bewertung selbst kann kein gesondertes Rechtsmittel eingelegt werden, aber gegen sie kann zusammen mit dem Beschluss des [SRB] ein Rechtsmittel eingelegt werden.“

681    Insoweit stützen sich die Kläger auf eine fehlerhafte Auslegung dieser Bestimmung und des 63. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 806/2014, wonach „[e]ine solche Bewertung … einem Rechtsmittel nur zusammen mit einem Abwicklungsbeschluss unterliegen [sollte].“ Entgegen dem Vorbringen der Kläger bedeutet die Möglichkeit gegen die Bewertung und das Abwicklungskonzept „zusammen“ Klage zu erheben, nicht, dass die Bewertung mit einer Klage angefochten werden kann, die von der Klage auf Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts verschieden wäre, selbst wenn sie gleichzeitig mit dieser mit einer einzigen Klageschrift erhoben wird.

682    Aus dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 geht klar hervor, dass die Bewertung 2 als integraler Bestandteil des Abwicklungskonzepts nur im Rahmen einer Klage auf dessen Nichtigerklärung angefochten werden, nicht aber Gegenstand einer selbständigen Klage sein kann.

683    Somit ist festzustellen, dass das Begehren der Kläger, das auf die Nichtigerklärung allein der Bewertung 2, unabhängig von ihrem Begehren, die angefochtenen Beschlüsse für nichtig zu erklären, gerichtet ist, als eine von der Klage auf Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts verschiedene Klage auszulegen ist. Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014, auf den die Kläger ihr Begehren stützen, die Bewertung 2 für nichtig zu erklären, schließt aber die Möglichkeit der Erhebung einer solchen Klage ausdrücklich aus.

684    Daher ist das Begehren, die Bewertung 2 für nichtig zu erklären, als unzulässig zurückzuweisen.

685    Als Zweites machen die Kläger ein Recht geltend, das sich unmittelbar aus Art. 17 der Charta ergebe, auch wenn die Verordnung Nr. 806/2014 keine Entschädigungsregelung vorsehe. Zu der Entschädigung machen die Kläger geltend, die Anteilseigner und die Inhaber von Anleihen von Banco Popular hätten nach der Abwicklung gemäß Art. 20 Abs. 12 der Verordnung Nr. 806/2014 einen Ausgleich in Höhe des Nettovermögenswerts erhalten müssen und nicht in Höhe des Liquidationswerts. Dieses Begehren sei zulässig, obwohl sie den Umfang des Schadens und den genauen Betrag des geforderten Ersatzes nicht beziffert hätten.

686    Die Kläger führen zudem aus, dass „[d]ie in Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 bezeichnete Klage … unabhängig von der Nichtigkeitsklage und von der Klage aus außervertraglicher Haftung“ sei und dass die für die Zwecke dieser Bestimmung herangezogene Bewertung „von der Berechnung des Schadens im Fall der Nichtigerklärung mit Bestätigung der Wirkungen oder der Berechnung im Fall der außervertraglichen Haftung verschieden“ sei. In der Erwiderung machen sie ein Recht auf eine Entschädigung in Höhe des Nettovermögenswerts von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung gemäß Art. 20 Abs. 12 und 16 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 15 sowie den Art. 86 und 87 dieser Verordnung geltend.

687    In der Erwiderung führen die Kläger aus, wenn die Bewertung 2 den Nettovermögenswert von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung widergespiegelt hätte, wäre die Bank nicht abgewickelt worden oder es hätte ein höherer Mindestpreis festgesetzt werden müssen, was den Anteilseignern und den Inhabern von Kapitalinstrumenten zugutegekommen wäre. Unter Berücksichtigung der Schätzungen der EZB und von Banco Popular sei deren Nettovermögenswert positiv gewesen und habe 7 Mrd. Euro betragen, und die Anteilseigner sowie die Inhaber von Kapitalinstrumenten müssten in Höhe eines Betrags entschädigt werden, der auf der Grundlage dieses Wertes berechnet sei, d. h. mit 1,67 Euro pro Aktie.

688    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger mit ihrem am 16. April 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Schriftsatz ihren in der Klageschrift enthaltenen Antrag auf Bestellung eines Sachverständigen für eine „faire, vorsichtige und realistische“ Bewertung zur Berechnung des Nettovermögenswerts von Banco Popular zurückgenommen haben.

689    Es ist festzustellen, dass das Vorbringen der Kläger nicht erkennen lässt, auf welche Rechtsgrundlage dieses im Rahmen der Anfechtung der Bewertung 2 gestellte Schadensersatzbegehren gestützt sein soll.

690    Erstens sind die Bezugnahmen der Kläger auf Art. 20 Abs. 15 der Verordnung Nr. 806/2014 als Grundlage für ihr Schadensersatzbegehren unverständlich. Diese oben in Rn. 680 angeführte Bestimmung sieht lediglich vor, dass die vom SRB zugrunde gelegte Bewertung integraler Bestandteil des Abwicklungskonzepts ist und nicht Gegenstand eines gesonderten Rechtsbehelfs sein kann.

691    Zweitens ist zu dem Vorbringen, das Recht auf eine Entschädigung ergebe sich unmittelbar aus der Verletzung des in Art. 17 Abs. 1 der Charta verankerten Eigentumsrechts, darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn die Abwicklung von Banco Popular zu einem Eingriff in das Eigentumsrecht der Kläger geführt haben sollte, dieser Eingriff nicht aus der Bewertung 2 folgen kann.

692    Die von einem unabhängigen Sachverständigen vorgenommene Bewertung 2 soll nämlich dem SRB die fundierte Entscheidung über die Annahme des Abwicklungskonzepts ermöglichen und entfaltet, wie die Kommission darlegt, für sich genommen keine verbindlichen Rechtswirkungen, die die Interessen der Kläger berühren können. Allein das Abwicklungskonzept und der Beschluss 2017/1246 entfalten verbindliche Rechtswirkungen. Die Kläger können somit nicht die Zuerkennung einer Entschädigung auf der Grundlage einer Anfechtung der Bewertung 2 unabhängig von der Anfechtung der angefochtenen Beschlüsse beanspruchen.

693    Drittens genügt zu der Bezugnahme der Kläger auf Art. 20 Abs. 12 der Verordnung Nr. 806/2014 die Feststellung, dass diese Bestimmung im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist.

694    Art. 20 Abs. 12 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht vor:

„Fällt die im Rahmen der endgültigen Ex-post-Bewertung durchgeführte Schätzung des Nettovermögenswerts eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 höher aus als die im Rahmen der vorläufigen Bewertung durchgeführte Schätzung des Nettovermögenswerts dieses Unternehmens, kann der [SRB] die Abwicklungsbehörde ersuchen,

a)      ihre Befugnis zur Erhöhung des Werts der Forderungen von Gläubigern oder Eigentümern relevanter Kapitalinstrumente [auszuüben], die im Rahmen des Bail-in‑Instruments herabgeschrieben wurden;

b)      ein Brückeninstitut oder eine für die Vermögensverwaltung gegründete Zweckgesellschaft anzuweisen, eine weitere Gegenleistung in Bezug auf die Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten an ein in Abwicklung befindliches Unternehmen oder gegebenenfalls in Bezug auf Eigentumstitel an die Eigner dieser Eigentumstitel zu entrichten.“

695    Es genügt die Feststellung, dass der SRB im vorliegenden Fall keine endgültige Ex-post-Bewertung auf der Grundlage dieser Bestimmung vorgenommen hat. Jedenfalls sieht diese Bestimmung entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht vor, dass der SRB oder die Kommission ihnen eine Entschädigung gewähren kann.

696    Viertens ist die Bezugnahme der Kläger auf Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 als Grundlage für ein Recht auf Entschädigung in Höhe des Nettovermögenswerts von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung unverständlich, da diese Bestimmung nur vorsieht, dass der SRB zur Bewertung der Frage, ob die Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, sicherstellt, dass nach der Abwicklung eine Bewertung vorgenommen wird.

697    Sollte dieses Schadensersatzbegehren dahin auszulegen sein, dass es auf die Inanspruchnahme des SRB oder der Kommission aus außervertraglicher Haftung auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 gerichtet ist, so genügt die Feststellung, dass dieses Begehren keine der Voraussetzungen für die Auslösung der Haftung der Organe im Sinne von Art. 340 AEUV erfüllt, die hierfür nach der oben in Rn. 595 angeführten Rechtsprechung gelten. Denn die Kläger legen nicht dar, welchen Rechtsverstoß der SRB oder die Kommission begangen haben soll oder welches Verhalten sie ihnen vorwerfen.

698    In Anbetracht des Vorstehenden ist das auf die Anfechtung der Bewertung 2 gestützte Schadensersatzbegehren zurückzuweisen.

699    Der dritte Klageantrag der Kläger ist daher zurückzuweisen.

D.      Zu den Anträgen auf prozessleitende Maßnahmen und Beweisaufnahme

700    Die Kläger haben den Erlass verschiedener prozessleitender Maßnahmen und eine Beweiserhebung beantragt.

701    In der Klageschrift haben die Kläger zum einen beantragt, dem SRB, der Kommission, der EZB, dem Königreich Spanien, der Bank von Spanien und dem FROB die Vorlage verschiedener Schriftstücke aufzugeben. Zum anderen haben sie beantragt, gemäß Art. 91 Buchst. d und e der Verfahrensordnung die Vernehmung mehrerer Personen als Zeugen und die Erstellung von Sachverständigengutachten anzuordnen.

702    Mit am 16. April 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz haben die Kläger in Änderung der in der Klageschrift und in der Erwiderung enthaltenen Anträge auf Beweisaufnahme ihren Antrag auf Erstellung von Sachverständigengutachten zurückgezogen und ihren Antrag auf Zeugenvernehmung auf die Vernehmung der Vorsitzenden des SRB begrenzt.

703    Bei Anträgen auf prozessleitende Maßnahmen oder Beweisaufnahme hat allein das Gericht darüber zu befinden, ob die ihm in einer Rechtssache vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen (vgl. Urteile vom 26. Januar 2017, Mamoli Robinetteria/Kommission, C‑619/13 P, EU:C:2017:50, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. November 2020, Fleig/EAD, C‑446/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:918, Rn. 53).

704    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es selbst dann, wenn ein in der Klageschrift enthaltener Antrag auf Vernehmung von Zeugen die Tatsachen genau bezeichnet, die Gegenstand der Vernehmung des oder der Zeugen sein sollen, und die ihre Vernehmung rechtfertigenden Gründe genau angibt, Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit des Antrags im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit einer Vernehmung der benannten Zeugen zu beurteilen (vgl. Urteile vom 26. Januar 2017, Mamoli Robinetteria/Kommission, C‑619/13 P, EU:C:2017:50, Rn. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 22. Oktober 2020, Silver Plastics und Johannes Reifenhäuser/Kommission, C‑702/19 P, EU:C:2020:857, Rn. 29).

705    Mit seinem Beschluss vom 12. Mai 2021 gemäß Art. 91 Buchst. b, Art. 92 Abs. 3 und Art. 103 der Verfahrensordnung hat das Gericht dem SRB die Vorlage bestimmter, oben in Rn. 98 bezeichneter Schriftstücke aufgegeben. Mit Beschluss vom 9. Juni 2021 hat das Gericht befunden, dass die vom SRB in ihrer vertraulichen Fassung vorgelegten Schriftstücke für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich sind.

706    Im vorliegenden Fall reichen der Akteninhalt und die von den Parteien in der Sitzung gegebenen Erläuterungen für die Entscheidung des Gerichts aus, da dieses auf der Grundlage der Anträge, der Klagegründe und des im Verfahren entwickelten Vorbringens sowie anhand der von den Parteien vorgelegten Schriftstücke sachdienlich entscheiden konnte.

707    Folglich sind die Anträge der Kläger auf prozessleitende Maßnahmen und Beweiserhebung zurückzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit einzelner dieser Anträge zu entscheiden ist.

708    Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

V.      Kosten

709    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen ihre eigenen Kosten sowie entsprechend den Anträgen der Kommission, des SRB und von Banco Santander deren Kosten aufzuerlegen.

710    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Königreich Spanien trägt somit seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Eleveté Invest Group, SL und die weiteren im Anhang aufgeführten Kläger werden verurteilt, ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission, des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) und der Banco Santander, SA zu tragen.

3.      Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.

Van der Woude

Jaeger

Kreuschitz

De Baere

 

      Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Juni 2022.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Spanisch.


1      Das Verzeichnis der weiteren Kläger ist nur der den Parteien zugestellten Fassung des Urteils als Anhang beigefügt.