Language of document : ECLI:EU:T:2019:31

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

24. Januar 2019(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union – Wortmarke FIGHT LIFE – Ältere Unionswortmarke FIGHT FOR LIFE – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001) – Begründungspflicht – Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 94 der Verordnung 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑800/17

Brown Street Holdings Ltd mit Sitz in Auckland (Neuseeland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte C. Hufnagel, M. Kleespies, J. Clayton-Chen und A. Bender, dann Rechtsanwälte M. Kleespies und A. Bender,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Walicka und M. Fischer als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Enesan AG mit Sitz in Zürich (Schweiz),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 26. September 2017 (Sache R 36/2017-2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Brown Street Holdings und Enesan

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richterin I. Labucka und des Richters I. Ulloa Rubio (Berichterstatter),

Kanzler: I. Dragan, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 11. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 20. Februar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2018

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 9. März 2012 benannte die Enesan AG, die andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer, die Europäische Union in der internationalen Registrierung Nr. 1112642 der Wortmarke FIGHT LIFE. Diese Registrierung wurde dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) am 26. April 2012 mitgeteilt.

2        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 25 und 41 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Seifen, Parfümeriewaren; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwasser“;

–        Klasse 5: „Mineralische Nahrungsergänzungsmittel; diätische Ergänzungsmittel; diätische Substanzen für medizinische Zwecke; Vitaminpräparate; pharmazeutische und veterinärmedizinische Präparate“;

–        Klasse 25: „Gymnastik- und Sportbekleidung; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“;

–        Klasse 41: „Organisation von Live-Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Galaveranstaltungen und besonderen Anlässen (Veranstaltungen), nämlich kulturellen Veranstaltungen und Sportveranstaltungen oder Unterhaltungs- und Wettkampfveranstaltungen (einschließlich Verleihung von Preisen); Veranstaltungen und Durchführung von Seminaren, Kolloquien, Symposien, Konferenzen, Kongressen, Fortbildungen; Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe“.

3        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 80/2012 vom 27. April 2012 veröffentlicht.

4        Am 25. Januar 2013 legte die Brown Street Holdings Ltd, die Klägerin, nach Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für alle oben in Rn. 2 genannten Waren und Dienstleistungen ein.

5        Der Widerspruch wurde auf die Unionswortmarke FIGHT FOR LIFE gestützt, die am 25. Mai 2006 angemeldet und am 19. Juni 2007 unter der Nummer 5097357 für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 35, 36 und 41 eingetragen worden war:

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“;

–        Klasse 35: „Großhandels- und Einzelhandelsdienstleistungen, Schuhwaren, Kopfbedeckungen und Zubehör, Möbel und Haushaltswaren, Küchenbedarf, Produkte für die Haushaltspflege, Programme für die Datenverarbeitung, Computerspiele, Nahrungsmittel, Getränke, Schreibwaren, Poster, Druckereierzeugnisse und Veröffentlichungen einschließlich Bücher, Computer, Computerhardware, Software und Zubehör, Sonnenbrillen, Filme, Videos und Bänder, Kameras, elektrische, elektronische und handbetätigte, Küche und Haushaltsgeräte und ‑ausstattung, Spielzeug, Spiele und Spielsachen, Turn- und Sportwaren, Fitness- und Sportartikel und ‑geräte, Fahrrad- und Radfahrzubehör, Armbanduhren und Uhren, Süßigkeiten und Süßwaren, Getränke, Produkte zur Gesundheits- und Schönheitspflege, persönliche Pflegeprodukte, Telefonkarten und Briefmarken sowie Bereitstellung der vorstehend genannten Dienstleistungen über das Internet und Vermarktung solcher Waren; Vermietung von Werbeflächen; alles vorstehend Genannte in Form von Spendensammlungen oder im Zusammenhang damit“;

–        Klasse 36: „Spendensammlungen einschließlich Sammlungen für Wohltätigkeitszwecke; Dienstleistungen für die Organisation von Sammlungen; Sponsoring“;

–        Klasse 41: „Bildung und Unterhaltung; Lehre und Unterricht; Dienstleistungen in Bezug auf die Organisation von Wettbewerben und Ausstellungen; Dienstleistungen in Bezug auf die Produktion von Veranstaltungen; Tonproduktionen, Ton-/Bild- oder Bildprogramme, Dienstleistungen in Bezug auf die Organisation und Veranstaltung von Lotterien und Glücksspielen; sportliche Aktivitäten“.

6        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) geltend gemacht.

7        Am 11. November 2016 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch in vollem Umfang mit der Begründung statt, dass Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

8        Am 5. Juli 2017 legte die andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

9        Mit Entscheidung vom 26. September 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde teilweise statt und hob die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf, soweit diese dem Widerspruch gegen den Antrag auf Eintragung der angemeldeten Marke für die Waren der Klasse 5 stattgegeben hatte. Die Beschwerdekammer war im Wesentlichen der Ansicht, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5 den von der älteren Marke erfassten Waren und Dienstleistungen nicht ähnlich seien. Hinsichtlich des Vergleichs der Zeichen ging die Beschwerdekammer davon aus, dass die fraglichen Zeichen bildlich und klanglich ähnlich und für den englischsprachigen Teil der angesprochenen Verkehrskreise auch begrifflich ähnlich seien. Sie gelangte zu dem Schluss, dass für die unähnlichen Waren und Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

 Anträge der Parteien

10      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

11      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

12      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts klargestellt hat, dass sie mit ihrem ersten Klageantrag die angefochtene Entscheidung beanstande, soweit mit ihr der Widerspruch gegen den Antrag auf Eintragung der angemeldeten Marke für die Waren der Klasse 5 zurückgewiesen worden sei.

13      Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 94 der Verordnung 2017/1001) und zweitens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 rügt.

14      Nach Auffassung des Gerichts ist zunächst der zweite Klagegrund zu prüfen.

15      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

16      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen bzw. Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Wenn sich der Schutz der älteren Marke auf die gesamte Europäische Union erstreckt, ist die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch den Verbraucher der betreffenden Dienstleistungen in diesem Gebiet zu berücksichtigen. Für die Ablehnung der Eintragung einer Unionsmarke reicht es allerdings aus, dass in einem Teil der Union ein relatives Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in den Rn. 12 und 13 der angefochtenen Entscheidung, ohne dass dies von der Klägerin bestritten worden wäre, festgestellt, dass das für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen relevante Publikum sich sowohl aus dem breiten Publikum als auch aus Geschäftskunden auf dem Gebiet der Europäischen Union zusammensetze, die einen durchschnittlichen bis erhöhten Aufmerksamkeitsgrad hätten.

21      Was den Vergleich der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen anbelangt, macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Ähnlichkeit zwischen den von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5 und den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 35 bestehe.

22      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, die Klägerin hätte die Waren oder Arten von Waren, auf die sich die „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen von Produkten zur Gesundheitspflege“ bezögen, im Einklang mit den im Urteil vom 7. Juli 2005, Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte (C‑418/02, EU:C:2005:425), aufgestellten Kriterien hinreichend klar und eindeutig angeben müssen. Insoweit sei der Begriff „Produkte zur Gesundheitspflege“ zu allgemein und ermögliche keine hinreichend klare Bestimmung bzw. sinnvolle Eingrenzung der konkreten Waren, für die Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen erbracht werden sollten.

23      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die von der älteren Marke erfassten „Großhandels- und Einzelhandelsdienstleistungen von Produkten zur Gesundheitspflege“ den von der angegriffenen Marke erfassten Waren, d. h. „mineralische Nahrungsergänzungsmittel; diätische Ergänzungsmittel; diätische Substanzen für medizinische Zwecke; Vitaminpräparate; pharmazeutische und veterinärmedizinische Präparate“ der Klasse 5, nicht ähnlich seien, da der Begriff „Produkte zur Gesundheitspflege“ unbestimmt sei und alle Arten von Waren umfassen könne, die mit der Gesundheit in Zusammenhang stünden, wie Sport- und Fitnessgeräte, die ohne Weiteres in jedem Kaufhaus zu erwerben seien, im Unterschied zu den von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5, die in aller Regel auf ärztliches Rezept nur in Apotheken und Drogerien erhältlich seien, und da in Bezug auf die Art, den Verwendungszweck, die Nutzung und die Verkaufsstätten der in Rede stehenden Dienstleistungen und Waren keine Ähnlichkeit bestehe.

25      Die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen können zwar nicht in Bezug auf ihre Art, ihren Verwendungszweck und ihre Nutzung als ähnlich angesehen werden. Sie sind nämlich ihrer Art nach verschieden, da die einen körperlicher, die anderen unkörperlicher Art sind. Auch ihre Verwendungszwecke sind verschieden, da eine Dienstleistung, die im Rahmen des Groß- und Einzelhandels erbracht wird, der Bestimmung einer Ware vorgelagert ist und die Tätigkeit des Wirtschaftsteilnehmers betrifft, mit der er einen Anreiz zum Abschluss des Kaufvertrags über diese Ware schaffen will. Schließlich ist auch ihre Nutzung verschieden, da die Waren konsumiert werden, während die Nutzung der Dienstleistung darin besteht, vor dem Kauf Informationen zu den Waren zu erhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Februar 2011, Yorma’s/HABM – Norma Lebensmittelfilialbetrieb (YORMA’S), T‑213/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:37, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Der Zweck des Einzelhandels besteht aber im Verkauf von Waren an die Verbraucher, der neben dem Rechtsgeschäft des Kaufvertrags die gesamte Tätigkeit umfasst, die ein Wirtschaftsteilnehmer entfaltet, um zum Abschluss eines solchen Geschäfts anzuregen; diese Tätigkeit besteht insbesondere in der Auswahl eines Sortiments von Waren, die zum Verkauf angeboten werden, und im Angebot verschiedener Dienstleistungen, die einen Verbraucher dazu veranlassen sollen, den Kaufvertrag mit diesem Händler statt mit einem seiner Wettbewerber abzuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juli 2005, Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte, C‑418/02, EU:C:2005:425, Rn. 34).

27      Es konnte daher entschieden werden, dass zwischen den Waren und den Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich dieser Waren eine Ähnlichkeit bestehe (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2013, El Corte Inglés/HABM – Sohawon [fRee YOUR STYLe.], T‑282/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:533, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Außerdem ergänzen nach ständiger Rechtsprechung Waren oder Dienstleistungen einander, wenn zwischen ihnen ein enger Zusammenhang in dem Sinne besteht, dass die eine Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, so dass die Verbraucher denken könnten, die Verantwortung für die Herstellung dieser Waren oder die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen. Somit ist für die Beurteilung, ob Waren oder Dienstleistungen einander ergänzen, letztlich darauf abzustellen, wie wichtig eine Ware oder Dienstleistung aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise für die Verwendung einer anderen Ware oder Dienstleistung ist (vgl. Urteil vom 14. Mai 2013, Sanco/HABM – Marsalman [Darstellung eines Huhns], T‑249/11, EU:T:2013:238, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Hierzu ist zu bemerken, dass die von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 5, d. h. mineralische Nahrungsergänzungsmittel, diätetische Ergänzungsmittel, diätetische Substanzen für medizinische Zwecke, Vitaminpräparate sowie pharmazeutische und veterinärmedizinische Präparate in den „Produkten zur Gesundheitspflege“ enthalten sind, die Gegenstand der von der älteren Marke erfassten Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen sind. Der Begriff „Produkte zur Gesundheitspflege“ bildet nämlich eine relativ weite Warenkategorie, die die von der angemeldeten Marke beanspruchten Waren der Klasse 5 umfasst, da die einen wie die anderen den Medizinbereich betreffen und zu dem Zweck verwendet werden, die Gesundheit zu pflegen und zu verbessern. Daher ist festzustellen, dass die „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen für Produkte zur Gesundheitspflege“ aufgrund der sehr allgemeinen Formulierung alle Waren des Gesundheitsbereichs umfassen können, einschließlich der von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5.

30      Das Verhältnis zwischen den Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen für Produkte zur Gesundheitspflege und den von der angemeldeten Marke erfassten Waren ist somit durch einen engen Zusammenhang in dem Sinne gekennzeichnet, dass die Waren für die Erbringung dieser Dienstleistungen unerlässlich oder zumindest wichtig sind, da Letztere gerade beim Verkauf dieser Waren erbracht werden. Daher wären solche Dienstleistungen, die mit dem Ziel des Verkaufs bestimmter Waren erbracht werden, ohne diese Waren sinnlos. Auch spielen diese Dienstleistungen aus Sicht des relevanten Verbrauchers eine bedeutende Rolle beim Kauf der angebotenen Waren (vgl. entsprechend Urteil vom 15. Februar 2011, YORMA’S, T‑213/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:37, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist daher anzunehmen, dass zwischen den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ein Ergänzungsverhältnis im Sinne der Rechtsprechung besteht.

31      Somit ist davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen trotz der dargestellten Unterschiede, was ihre Art, ihren Verwendungszweck und ihre Nutzung anbelangt, unbestreitbar Ähnlichkeiten aufweisen, da sich die Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen auf die Waren der Klasse 5 beziehen.

32      Das vorstehende Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen des EUIPO in Frage gestellt, wonach die Klägerin die Waren oder Arten von Waren, auf die sich die „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen von Produkten zur Gesundheitspflege“ bezögen, gemäß den im Urteil vom 7. Juli 2005, Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte (C‑418/02, EU:C:2005:425), aufgestellten Kriterien hätte präzisieren müssen, um die Gefahr eines zu weiten Schutzumfangs zu vermeiden.

33      Nach der Rechtsprechung wird nämlich vom Anmelder einer Marke für Dienstleistungen, die im Rahmen des Handels erbracht werden, verlangt, dass er die Waren oder Arten von Waren, auf die sich diese Dienstleistungen beziehen, konkretisiert, ohne dass es jedoch notwendig wäre, die Dienstleistung oder die Dienstleistungen zu konkretisieren (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juli 2005, Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte, C‑418/02, EU:C:2005:425, Rn. 49 bis 51, und vom 24. September 2008, Oakley/HABM – Venticinque [O STORE], T‑116/06, EU:T:2008:399, Rn. 44).

34      Allerdings geht aus dieser Rechtsprechung auch hervor, dass diese Anforderung für die Zwecke der Eintragung von Marken mit der Folge gilt, dass die Anwendung u. a. von Art. 4 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1), der die Zurückweisung einer Markenanmeldung wegen bestehender Verwechslungsgefahr betrifft, erleichtert wird (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juli 2005, Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte, C‑418/02, EU:C:2005:425, Rn. 49 bis 51),

35      Die ältere Marke wurde aber für „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen von Produkten zur Gesundheitspflege“ eingetragen, ohne dass das EUIPO offenbar insoweit bei der Eintragung irgendeinen Einwand erhoben oder Präzisierungen hinsichtlich der von diesen Dienstleistungen betroffenen Waren verlangt hätte.

36      Folglich hat die Beschwerdekammer das Vorliegen einer Ähnlichkeit zwischen den von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5 und den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 35 zu Unrecht ausgeschlossen. Daher hat sie ebenfalls zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bei den maßgeblichen Verkehrskreisen verneint, indem sie sich auf die fehlerhafte Schlussfolgerung stützte, dass die Voraussetzung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei.

37      Somit greift der zweite Klagegrund durch, so dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist, soweit sie die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 5 betrifft, ohne dass der erste Klagegrund geprüft werden müsste.

 Kosten

38      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

39      Da das EUIPO unterlegen ist, sind ihm, wie von der Klägerin beantragt, seine eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 26. September 2017 (Sache R 36/2017-2) wird aufgehoben, soweit mit ihr der Widerspruch gegen den Antrag auf Eintragung der angemeldeten Marke für die Waren der Klasse 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung zurückgewiesen wird.

2.      Das EUIPO trägt seine eigenen Kosten und die Kosten der Brown Street Holdings Ltd.

Gratsias

Labucka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. Januar 2019.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      D. Gratsias


*      Verfahrenssprache: Deutsch.