Language of document : ECLI:EU:C:2005:676

SCHLUSSANTRÄGE DER FRAU GENERALANWALT

CHRISTINE STIX-Hackl

vom 5. Oktober 2006(1)

Rechtssache C-292/04

Wienand Meilicke

Heidi Christa Weyde

Marina Stöffler

gegen

Finanzamt Bonn-Innenstadt

(Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Köln [Deutschland])

„Beschränkung des freien Kapitalverkehrs – Einkommensteuer – Steuergutschrift für von inländischen Gesellschaften gezahlte Dividenden – Zeitliche Wirkungen eines Urteils des Gerichtshofes – Voraussetzungen für eine Beschränkung“





I –    Einleitung

1.        Mit am 9. Juli 2004 ergangenem Beschluss hat das Finanzgericht Köln dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, mit der es im Wesentlichen wissen möchte, ob eine nationale Regelung, nach der Steuerpflichtige eine Steuergutschrift nur für Dividenden erhalten, die ihnen von inländischen Gesellschaften gezahlt werden, mit den Artikeln 56 EG und 58 EG vereinbar ist.

2.        In der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2005 hat die Erste Kammer des Gerichtshofes die Verfahrensbeteiligten angehört.

3.        Am 10. November 2005 hat Generalanwalt Tizzano seine Schlussanträge verkündet und vorgeschlagen, die Artikel 56 EG und 58 EG dahin gehend auszulegen, dass sie einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen. Er hat weiters vorgeschlagen, die zeitlichen Wirkungen des Urteils in der Weise zu begrenzen, dass die Unvereinbarkeit der fraglichen nationalen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht erst ab dem Tag der Verkündung des Urteils vom 6. Juni 2000 in der Rechtssache Verkooijen Wirkung entfaltet. Eine Berufung auf diese Unvereinbarkeit zur Erlangung von Steuergutschriften für vor dem Urteil Verkooijen erhaltene Dividenden wäre demnach nicht möglich. Unberührt hiervon sollen jedoch die Ansprüche derjenigen bleiben, die bis zu dem Tag, an dem die Mitteilung des dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Vorlagebeschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde – also bis zum 11. September 2004 –, die Steuergutschrift beantragt oder einen entsprechenden Ablehnungsbescheid angefochten haben. Dies stünde stets unter der Voraussetzung, dass solche Ansprüche nicht nach dem nationalen Recht verjährt sind.

4.        In Anbetracht der Bedeutung der Frage einer etwaigen Begrenzung der zeitlichen Wirkungen des zu erlassenden Urteils hat die Erste Kammer am 19. Jänner 2006 gemäß Artikel 44 §§ 3 und 4 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beschlossen, die Rechtssache dem Gerichtshof vorzulegen, der sie in der Folge der Großen Kammer zugewiesen hat.

5.        Am 7. April 2006 hat die Große Kammer beschlossen, das mündliche Verfahren wiederzueröffnen. Mit Wiedereröffnungsbeschluss wurde der Termin zur erneuten mündlichen Verhandlung auf den 30. Mai 2006 anberaumt und die Verfahrensbeteiligten, die an der Sitzung teilnehmen, wurden gebeten,

a)      auf die Frage einzugehen, welche Auswirkungen es auf eine etwaige Begrenzung der zeitlichen Wirkungen des zu erlassenden Urteils hat, dass der Gerichtshof in früheren Urteilen die in der vorliegenden Rechtssache einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften im Hinblick auf nationale Rechtsvorschriften wie die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden bereits ausgelegt und in diesen Urteilen deren zeitliche Wirkungen nicht begrenzt hat.

b)      sich zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu äußern, deren zeitliche Begrenzung beantragt wird.

6.        In der zweiten mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006 haben zehn Mitgliedstaaten sowie die Kommission und Herr Meilicke Erklärungen abgegeben. Herr Meilicke sowie die Bevollmächtigten der deutschen, tschechischen, französischen und niederländischen Regierungen haben sich zu beiden Fragen geäußert. Die Bevollmächtigten der Kommission sowie der weiteren Regierungen – nämlich der dänischen, griechischen, spanischen, ungarischen, österreichischen und schwedischen Regierung sowie der Regierung des Vereinigten Königreichs – haben sich im Wesentlichen auf die erste Frage beschränkt. Die genannten Mitgliedstaaten und die Kommission trugen insbesondere vor, über eine zeitliche Beschränkung könne nur aufgrund der konkreten Verhältnisse im jeweiligen Mitgliedstaat entschieden werden. Dies gelte umso mehr mit Blick auf die oft komplexen nationalen Steuersysteme. Die allfällige Präklusion eines Antrags auf Beschränkung der zeitlichen Wirkungen müsse daher auf Ausnahmefälle beschränkt werden.

7.        Die deutsche Regierung geht für den Fall einer Ex-tunc-Wirkung(2) des zu erlassenden Urteils von der Gefahr schwerer wirtschaftlicher Auswirkungen aufgrund zu befürchtender Steuerausfälle aus. Die französische, die griechische und die ungarische Regierung schließen sich dieser Einschätzung dem Grunde nach an.

II – Rechtlicher Rahmen

8.        Nach § 36 Absatz 2 Nummer 3 in Verbindung mit § 20 des deutschen Einkommensteuergesetzes(3) (im Folgenden: EStG) können Steuerpflichtige von ihrer Einkommensteuerschuld gegenüber dem deutschen Fiskus 3/7 der Dividenden abziehen, die ihnen von inländischen Gesellschaften gezahlt werden. Die Regelung verhindert, dass diese Gewinne ein zweites Mal besteuert werden, wenn sie an die Anteilseigner als Dividenden ausgeschüttet werden. Dagegen wird eine solche Steuergutschrift hinsichtlich Dividenden, die von Gesellschaften gezahlt werden, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, nicht gewährt.

9.        Die Bundesrepublik Deutschland hat mit einem ab dem Steuerjahr 2001 geltenden Gesetz aus dem Jahr 2000(4) das dargestellte System abgeschafft und durch das so genannte Halbeinkünfteverfahren ersetzt, nach dem die Einkommensteuer nur auf die Hälfte der von einem Anteilseigner empfangenen Dividenden anfällt. Auf diese Weise soll die Doppelbesteuerung von Dividenden vermieden oder zumindest stark eingeschränkt werden, ohne dass man auf Steuergutschriften zurückgreifen muss(5).

III – Zur Frage der zeitlichen Wirkungen des zu erlassenden Urteils

A –    Grundsatz der Wirkung ex tunc eines Urteils des Gerichtshofes nach Artikel 234 EG

10.      Zur Beantwortung der vom Gerichtshof im Beschluss vom 7. April 2006 gestellten ersten Frage ist zunächst kurz die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Problematik der zeitlichen Beschränkung von Urteilswirkungen in Erinnerung zu rufen(6).

11.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes im Rahmen von Artikel 234 EG beschränkt sich „die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts durch den Gerichtshof darauf …, zu erläutern und zu verdeutlichen, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre“(7). Daraus folgt, dass die Gerichte diese Vorschrift in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und sogar müssen. Diese Urteile des Gerichtshofes entfalten also grundsätzlich eine Wirkung ex tunc(8).

12.      Der Gerichtshof hat erstmals in der Rechtssache Defrenne II(9) Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen. Ausgehend davon, dass die praktischen Auswirkungen gerichtlicher Entscheidungen immer sorgfältig erwogen werden müssten, stellte der Gerichtshof gleichzeitig aber klar, dass deren Berücksichtigung keinesfalls so weit gehen dürfe, dass die Objektivität des Rechts gebeugt und dessen zukünftige Anwendung unterbunden wird, allein weil eine Gerichtsentscheidung für die Vergangenheit gewisse Auswirkungen haben könne.

13.      In späteren Entscheidungen betonte der Gerichtshof, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit nur ausnahmsweise gebieten könne, die Möglichkeit einzuschränken, sich auf die von ihm gefundene Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts mit dem Ziel zu berufen, eine erneute Sachentscheidung über entsprechende Rechtsverhältnisse herbeizuführen(10). In den Rechtssachen Edis(11) sowie Bautiaa und Société française maritime(12) unterstrich der Gerichtshof, dass die Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines Urteils die absolute Ausnahme bleiben müsse.

14.      Soweit eine Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines Urteils angeordnet wird, gilt diese überdies nur für den Mitgliedstaat, dem sie gewährt wurde. Ausnahmen von der Wirkung ex tunc eines Urteils sind daher territorial begrenzt(13).

15.      Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang auch an die Rechtsprechung zur allfälligen Rechtfertigung einer Beschränkung der Grundfreiheiten aus wirtschaftlichen Gründen. Denn soweit die Auslegung der Grundfreiheiten Gegenstand einer Vorabentscheidung ist, darf die bereits etablierte Rechtsprechung zur Frage der Rechtfertigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nicht im Wege der Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines Urteils ausgehöhlt werden.

16.      Der Gerichtshof hat über die Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines Urteils stets in Übereinstimmung mit seiner Rechtsprechung zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Grundfreiheiten entschieden. Ein rein wirtschaftliches Ziel kann demnach nie einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Grundfreiheiten darstellen. Gleiches gilt für die Sicherung nationaler Haushaltsaufkommen(14). Folgerichtigerweise befand der Gerichtshof daher hinsichtlich der zeitlichen Beschränkung der Urteilswirkung, dass die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einer Vorabentscheidung für einen Mitgliedstaat ergeben können, für sich allein genommen nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkungen des betreffenden Urteils rechtfertigen(15). Andernfalls würden gegebenenfalls die schwersten Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht günstiger behandelt, da gerade diese die bedeutendsten finanziellen Auswirkungen für die Mitgliedstaaten haben könnten. Zudem liefe eine allein auf solche Erwägungen gestützte Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines Urteils darauf hinaus, dass der gerichtliche Rechtsschutz wesentlich eingeschränkt wäre(16).

17.      Abschließend ist daher nochmals festzuhalten, dass eine Ausnahme von der grundsätzlichen Wirkung ex tunc eines Urteils des Gerichtshofes nur höchst ausnahmsweise in Frage kommt und die allfälligen finanziellen Auswirkungen einer bestimmten Auslegung des Gemeinschaftsrechts für sich genommen weder eine Rechtfertigung etwaiger Beschränkungen der Grundfreiheiten noch Grund für eine Beschränkung der zeitlichen Wirkungen des betreffenden Urteils darstellen. Wenn der Gerichtshof ausnahmsweise die Auswirkungen seiner Auslegung des Gemeinschaftsrechts auf nationale Haushaltsaufkommen für berücksichtigungsfähig hält, so nur dann, wenn mit der Sicherung nationaler Haushaltsaufkommen der Gefahr schwerer wirtschaftlicher Auswirkungen begegnet werden kann(17).

B –    Präklusion des Antrags auf Beschränkung der zeitlichen Wirkungen?

18.      Eine Beschränkung der zeitlichen Wirkungen könnte hier schon deshalb ausscheiden, weil der Gerichtshof in früheren Urteilen die in der vorliegenden Rechtssache einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften bereits ausgelegt hat, ohne die zeitlichen Wirkungen des Urteils zu begrenzen(18).

19.      Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes hat die Anordnung der Beschränkung der zeitlichen Wirkungen in dem Urteil zu erfolgen, in dem das Auslegungsersuchen Verfahrensgegenstand ist(19). Wenn also vorliegend dieselbe Auslegungsfrage betroffen ist wie in der Rechtssache Verkooijen(20) bzw. in der Rechtssache Manninen(21), könnte die zitierte Rechtsprechung dahin gehend verstanden werden, dass ein Antrag auf Beschränkung der zeitlichen Wirkungen bereits jeweils in diesen Verfahren hätte erfolgen müssen. Der im gegenständlichen Verfahren gestellte Antrag der Bundesrepublik Deutschland wäre dann schon deshalb zurückzuweisen.

20.      Es fragt sich daher, ob diese Rechtsprechung einer Beschränkung der zeitlichen Wirkungen im vorliegenden Fall entgegenstehen soll.

21.      Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof strenge Anforderungen an das Vorliegen einer Gleichartigkeit der betreffenden Auslegungsfragen stellt, welche ihrerseits für eine derartige Präklusion konstitutiv ist. So etwa hat der Gerichtshof in den Rechtssachen Gravier(22) und Blaizot(23) für eine Differenzierung hinreichende Unterschiede ausmachen können. Diese Unterschiede bestanden, obgleich dieselbe nationale Vorschrift Anlass für die Vorabentscheidungsersuchen war und die Auslegungsfragen mithin sehr ähnlich waren.

22.      Angesichts der in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006 vielfach erwähnten Komplexität der Zusammenhänge im jeweiligen nationalen Steuerrecht dürfte eine Differenzierung zwischen den einschlägigen Vorschriften unterschiedlicher Mitgliedstaaten – bei allen vordergründigen Gemeinsamkeiten – erst recht möglich sein. Eine solche Herangehensweise könnte allerdings die Gefahr einer übertriebenen Kasuistik bergen.

23.      Weiters darf nicht vergessen werden, dass auch dasselbe nationale Gericht, an das ein vorheriges Vorabentscheidungsurteil gerichtet war, erneut ein Urteil des Gerichtshofes vor Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erwirken kann(24). Eine – neuerliche – Vorlagefrage ist nämlich dann gerechtfertigt, wenn das nationale Gericht dem Gerichtshof eine neue Rechtsfrage stellt oder wenn es ihm neue Gesichtspunkte unterbreitet, die ihn dazu veranlassen könnten, eine bereits gestellte Vorlagefrage abweichend zu beantworten(25).

24.      Vor diesem Hintergrund sollte auch der deutschen Bundesregierung die Möglichkeit eingeräumt werden, mit über die Rechtssache Verkooijen bzw. Manninen hinausgehenden rechtlichen Aspekten mit Blick auf die Frage der zeitlichen Beschränkung der Urteilswirkungen den Gerichtshof zu befassen.

25.      Hiebei ist insbesondere Bedacht darauf zu nehmen, dass der ungewisse bzw. offene Ausgang eines Vorabentscheidungsverfahrens betreffend eine neue Rechtsfrage es den Mitgliedstaaten schwer macht, die Bedeutung des betreffenden Verfahrens für die eigene Rechtsordnung generell hinreichend genau und rechtzeitig einzuschätzen.

26.      Dies gilt in besonderem Maße für die noch näher darzustellenden Voraussetzungen der Anordnung einer Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines Urteils. Im vorliegenden Fall hätte die deutsche Bundesregierung so nämlich anlässlich des Verfahrens in der Rechtssache Verkooijen – bzw. anlässlich des Verfahrens in der Rechtssache Manninen – klären müssen, ob die Auslegung des Gemeinschaftsrechts in der betreffenden Rechtssache für sie die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen begründen würde. Angesichts der Tatsache, dass bis zum Urteilserlass in der Rechtssache Verkooijen die Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf nationale steuerliche Anrechnungsverfahren nicht abschließend behandelt worden war und speziell in Bezug auf ein Steuergutschriftsystem überhaupt erst in der Rechtssache Manninen weitestgehend geklärt worden ist, erscheint eine solche Vorabeinschätzung kaum möglich.

27.      Umgekehrt dürfte eine – letztlich rein prophylaktische – regelmäßige Beantragung der Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines zu erlassenden Auslegungsurteils seitens der Mitgliedstaaten auch unter verfahrensökonomischen Gesichtspunkten nicht wünschenswert sein, wie nicht zu Unrecht in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006 von den Mitgliedstaaten vorgetragen worden ist. Der Gerichtshof müsste dann nämlich die zwangsläufig abstrakten Überlegungen aller beantragenden Mitgliedstaaten zur jeweiligen Auswirkung des Urteils überprüfen.

28.      Nach alledem kann meiner Ansicht nach der Antrag der deutschen Bundesregierung auf Beschränkung der zeitlichen Wirkungen nicht als verspätet betrachtet werden.

C –    Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Beschränkung der zeitlichen Wirkungen

29.      Bevor auf die Voraussetzungen für eine allfällige Anordnung einer Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eingegangen wird, ist noch auf die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast einzugehen.

30.      Nach ständiger Rechtsprechung hat derjenige, der sich auf eine – für ihn günstige – Ausnahme von einem allgemeinen Prinzip beruft, nachzuweisen, dass die Anforderungen der Ausnahme erfüllt sind(26).

31.      Mit Blick auf die zeitliche Beschränkung von Urteilswirkungen klingt dieser Grundsatz auch in den Urteilen Grzelczyk(27), Bautiaa und Société française maritime(28) und Dansk Denkavit(29) an.

32.      So führte der Gerichtshof im Urteil in der Rechtssache Grzelczyk aus, die in diesem Verfahren betroffene belgische Regierung habe zur Begründung ihres Antrags, die Wirkungen des entsprechenden Urteils zeitlich zu begrenzen, nichts vorgetragen, was beweisen könnte, dass eine objektive und bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der fraglichen Vertragsbestimmungen die nationalen Behörden zu einem mit diesen Bestimmungen unvereinbaren Verhalten veranlasst hätte(30).

33.      In der Rechtssache Bautiaa und Société française maritime lehnte der Gerichtshof eine Beschränkung der zeitlichen Wirkungen des Urteils ab, da die am Verfahren beteiligte französische Regierung nicht dargetan habe, dass das Gemeinschaftsrecht zu der Zeit, als die streitige nationale Regelung bestand, bei vernünftiger Betrachtung dahin verstanden werden konnte, dass es die Beibehaltung dieser Vorschriften zuließ(31).

34.      In der Rechtssache Dansk Denkavit stellte der Gerichtshof fest, dass die dänische Regierung nicht dargetan habe, dass das Gemeinschaftsrecht zur Zeit der Einführung der streitigen Abgabe vernünftigerweise so verstanden werden konnte, dass es eine solche Abgabe zuließ. Vielmehr enthalte die betreffende Vorschrift ein klares Verbot, dessen Tragweite der Gerichtshof bereits in einem anderen Urteil mit Bedeutung für den zu entscheidenden Fall erläutert habe(32); was im Umkehrschluss übrigens auch zeigt, dass der Gerichtshof trotz früherem einschlägigen Urteil offenbar nicht von einer Präklusion des antragsstellenden Mitgliedstaats ausgegangen ist.

35.      Auf die Anforderungen an die mitgliedstaatliche Darlegungslast im Zusammenhang mit der Frage der Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines zu erlassenden Urteils ist auch zuletzt Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Test Claimants in the FII Group Litigation(33) eingegangen. Er hob dabei hervor, dass ein Beteiligter, der in einem Verfahren vor dem Gerichtshof ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorbringt, seine Argumente hinreichend deutlich darzulegen habe und für eine ausreichende Information des Gerichtshofes sorgen müsse, damit dieser zu einer Entscheidung in der Streitfrage kommen könne. Dies sei erforderlich, um zu verhindern, dass der Gerichtshof Entscheidungen zu rein hypothetischen Fragen oder auf der Grundlage von bloßen Annahmen erlasse, die sich unter Umständen als ungenau erwiesen(34). Generalanwalt Geelhoed schlug vor diesem Hintergrund vor, den Antrag des im konkreten Verfahren betroffenen Mitgliedstaats auf Beschränkung der zeitlichen Wirkungen des zu erlassenden Urteils ohne weiteres allein deshalb zurückzuweisen, weil das Vorliegen der erforderlichen Ausnahmevoraussetzungen nicht substanziiert vorgetragen worden sei(35).

36.      Vorliegend obliegt es daher der Bundesrepublik Deutschland, substanziiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die nachfolgend dargestellten Voraussetzungen einer Beschränkung der zeitlichen Wirkungen erfüllt sind.

D –    Voraussetzungen für die Beschränkung der zeitlichen Wirkungen des zu erlassenden Urteils im Einzelnen

37.      Ausgehend vom Grundsatz der Rechtssicherheit in der Rechtssache Defrenne II(36) legte der Gerichtshof in seiner späteren Rechtsprechung zwei Voraussetzungen für eine Beschränkung der zeitlichen Wirkungen fest.

38.      Eine solche Beschränkung kommt nur dann in Betracht, wenn die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen besteht, die insbesondere mit der großen Zahl von Rechtsverhältnissen zusammenhängt, die gutgläubig auf der Grundlage der als gültig betrachteten nationalen Regelung eingegangen worden sind(37). Zudem muss sich ergeben, dass die Einzelnen und die nationalen Behörden zu einem mit der Gemeinschaftsregelung unvereinbaren Verhalten veranlasst worden sind, weil eine objektive und bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Gemeinschaftsbestimmungen bestand, zu der gegebenenfalls auch das Verhalten anderer Mitgliedstaaten oder der Kommission beigetragen hatte(38).

39.      Auf diese zwei Voraussetzungen ist nun einzugehen.

1.      Zur objektiven und bedeutenden Rechtsunsicherheit

40.      Mit Blick auf das Erfordernis einer objektiven und bedeutenden Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite von Gemeinschaftsbestimmungen stellte der Gerichtshof in den verbundenen Rechtssachen Ampafrance und Sanofi(39) – wenn auch in anderem Zusammenhang, nämlich in einem Verfahren betreffend die Gültigkeit einer Handlung der Gemeinschaft – klar, dass dieses Kriterium nicht im Sinne eines Vertrauensschutzes zugunsten der Mitgliedstaaten interpretiert werden darf.

41.      Der Gerichtshof hat daher wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass die Rechtsunsicherheit objektiv gegeben sein muss. Die subjektiv seitens eines Mitgliedstaats als solche empfundene Rechtsunsicherheit genügt nicht. Im Interesse der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten und einer einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts hat der Gerichtshof daher zu überprüfen, ob eine objektive Rechtsunsicherheit zum maßgeblichen Zeitpunkt bestand oder nicht.

42.      So wies der Gerichtshof mitgliedstaatliche Vorbringen betreffend eine Neuartigkeit der zu entscheidenden Vorlagefrage zurück, da bereits vorher eine Rechtsprechung bestanden habe, die dem jeweiligen Mitgliedstaat ermöglichte, die Vereinbarkeit der fraglichen nationalen Regelung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu überprüfen(40)(41).

43.      Umgekehrt erkannte der Gerichtshof in der Rechtssache Barber(42) auf eine zeitliche Beschränkung der Urteilswirkungen, weil aufgrund der dort in Frage stehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung betreffend die zeitliche Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Mitgliedstaaten und die Betroffenen vernünftigerweise annehmen durften, dass Ausnahmen vom Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in dem betroffenen Bereich nach wie vor zulässig seien.

44.      Ähnliche Plausibilitätserwägungen finden sich auch in anderen Urteilen. So wurde im Zusammenhang mit den zeitlichen Wirkungen des zu erlassenden Urteils eine rechtliche Unsicherheit in der Rechtssache Bosman(43) aufgrund des besonderen Umstands des Bestehens einer Vielzahl sich teilweise überschneidender unterschiedlicher Regelungen bejaht(44).

45.      Im Hinblick auf den vorliegenden Fall ist Folgendes festzuhalten: Wie bereits angeführt(45), hat sich der Gerichtshof erstmals in der Rechtssache Verkooijen mit der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf die einkommensteuerliche Behandlung von Dividendenzahlungen auseinandergesetzt. In der Rechtssache Manninen ist erstmals ein nationales – finnisches – Anrechnungsverfahren, das wohl vergleichbar mit den verfahrensgegenständlichen Vorschriften des deutschen EStG war, erörtert worden. Zumindest bis zur Klarstellung durch das Urteil Verkooijen könnte daher eine objektive und bedeutende Rechtsunsicherheit bestanden haben.

46.      Es fragt sich, ob und inwieweit unter diesem Aspekt auch dem Verhalten der Kommission Bedeutung zukommt. Diese Frage hat auch schon Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen zur gegenständlichen Rechtssache gestellt(46).

47.      Die Kommission hatte die Bundesregierung mit Schreiben vom 31. Oktober 1995 darauf aufmerksam gemacht, dass das deutsche Anrechnungsverfahren nach ihrem Dafürhalten gegen die Grundfreiheiten des EG-Vertrags verstößt. In weiterer Folge leitete die Kommission jedoch kein Vertragsverletzungsverfahren ein. In der zweiten mündlichen Verhandlung am 30. Mai 2006 erklärte die Kommission auf Nachfrage, sie habe auf die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens deshalb verzichtet, weil die deutsche Bundesregierung eine Änderung der fraglichen Rechtsvorschriften angekündigt habe und die Kommission es vorgezogen hat, die Bemühungen der deutschen Bundesregierung zu begleiten.

48.      Generalanwalt Tizzano geht in seinen Schlussanträgen vom 10. November 2005 davon aus, dass das Nichtweiterverfolgen des Vertragsverletzungsverfahrens eine objektive Rechtsunsicherheit bewirkt haben könnte(47). Um aber das Verhalten der Kommission für den vorliegenden Fall – umfassend auch hinsichtlich ihres Vorbringens in der zweiten mündlichen Verhandlung – würdigen zu können, erscheint es doch angebracht, sich zunächst die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur rechtlichen Bedeutung der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission in Erinnerung zu rufen(48).

49.      Demnach kann die Kommission mit den nach Artikel 226 EG abgegebenen Stellungnahmen oder mit anderen Äußerungen im Rahmen dieses Verfahrens nicht die Rechte und Verpflichtungen eines Mitgliedstaats abschließend festlegen oder ihm Zusicherungen hinsichtlich der Vereinbarkeit eines bestimmten Verhaltens mit dem Gemeinschaftsrecht geben(49). Vielmehr ergibt sich nach dem System der Artikel 227 EG und 228 EG die Bestimmung der Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten und die Beurteilung ihres Verhaltens nur aus einem Urteil des Gerichtshofes(50).

50.      Die Abgabe einer mit Gründen versehenen Stellungnahme ist demnach Teil des Vorverfahrens. Das vorprozessuale Verfahren erlaubt dem Mitgliedstaat, „freiwillig seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag nachzukommen oder gegebenenfalls seine Auffassung zu rechtfertigen“(51). Gleiches hat wohl erst recht im Hinblick auf eine allfällige informelle Anfrage der Kommission an den Mitgliedstaat zu gelten.

51.      Der Gerichtshof hat weiters betont, dass die Entscheidung der Kommission darüber, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten oder nicht, eine – letztlich gerichtlich nicht überprüfbare – Ermessensentscheidung darstellt(52). Folglich braucht die Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren kein spezifisches Rechtsschutzinteresse nachzuweisen. Sie hat vielmehr im allgemeinen Interesse der Gemeinschaft die Aufgabe, von Amts wegen die Ausführung des Vertrages und der auf seiner Grundlage von den Gemeinschaftsorganen erlassenen Vorschriften durch die Mitgliedstaaten zu überwachen und etwaige Verstöße gegen die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen feststellen zu lassen(53). Demnach obliegt ihr allein die Entscheidung darüber, ob es angebracht ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten(54).

52.      Das Nichtweiterbetreiben eines Vertragsverletzungsverfahrens nach einem informellen Vorverfahren kann daher neben rechtlichen oft auch eine Vielzahl anderer Gründe haben, die insbesondere auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen. Auch vorliegend dürften seitens der Kommission solche gegeben gewesen sein: Die Kommission hat meines Erachtens zumindest in der zweiten mündlichen Verhandlung durchaus plausibel dargelegt, dass sie nicht untätig geblieben ist, sondern es aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen vorgezogen hat, die angekündigte Änderung der nationalen Rechtsvorschriften auf einvernehmlichem Wege abzuwarten. So gesehen erscheint es mir aber schwierig, die – bisherigen – Erklärungen der Kommission vor dem Gerichtshof, sie habe kein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil die deutsche Steuergutschriftregelung später abgeschafft worden sei(55), isoliert zu betrachten. Die von der Kommission insbesondere in der zweiten mündlichen Verhandlung erwähnten fortbestehenden Kontakte zwischen ihren Dienststellen und den deutschen Behörden, die von der deutschen Bundesregierung nicht bestritten wurden, sprechen auch für diese Ansicht.

53.      Die Vorgangsweise der Kommission, insbesondere die Nicht-Einleitung eines formellen Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland erscheint so aber – anders als in der Rechtssache Defrenne II(56) – schwerlich geeignet, mit Blick auf die Frage der Vereinbarkeit des deutschen EStG mit dem Gemeinschaftsrecht zur Verstärkung einer möglichen Rechtsunsicherheit beigetragen zu haben.

54.      Selbst wenn längere Zeiträume zwischen den zitierten Kontakten bestanden haben sollten, dürften diese kaum als vertrauensstiftender Verzicht auf die allfällige Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gedeutet werden können. Es muss hier auch daran erinnert werden, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes das bloße Schweigen der Kommission nicht als Billigung eines bestimmten mitgliedstaatlichen Verhaltens verstanden werden könne(57).

55.      Schließlich spricht auch das Verhalten der deutschen Bundesregierung nicht dagegen, dass zumindest ein Bewusstsein für die gemeinschaftsrechtliche Problematik in Bezug auf das Anrechnungsverfahren des deutschen EStG vorhanden war. In der zweiten mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006 hat die deutsche Bundesregierung nämlich nicht in Abrede gestellt, dass die Abschaffung der hier fraglichen Anrechnungsverfahren wenige Monate vor dem Urteil in der Rechtssache Verkooijen eingeleitet worden ist(58). Der Einwand, dies sei ebenso ohne Bedeutung wie die in den Gesetzesmaterialien zu findende Begründung, die fraglichen neuen Bestimmungen seien gemeinschaftsrechtskonform auszugestalten, weil Formulierungen dieser Art in Gesetzesbegründungen üblich seien und oft auch ohne konkreten gemeinschaftsrechtlichen Bezug aufgenommen würden(59), erscheint zumindest insoweit wenig überzeugend, als die deutsche Bundesregierung dem Kommissionsvortrag in Bezug auf fortbestehende Kontakte nicht widersprochen hat.

56.      Eine abschließende Bewertung des Vorliegens einer objektiven und bedeutenden Rechtsunsicherheit könnte sich jedoch als entbehrlich erweisen, wenn das Vorliegen einer Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen nicht entsprechend substanziiert vorgetragen worden wäre.

2.      Zur Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen

57.      Im Wiedereröffnungsbeschluss vom 7. April 2006 sind die Verfahrensbeteiligten ausdrücklich gebeten worden, sich zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, deren zeitliche Begrenzung beantragt wird, zu äußern.

58.      Zunächst ist hervorzuheben, dass im wegweisenden Urteil Defrenne II(60) offen gelassen wurde, in welcher Höhe finanzielle Konsequenzen einer Wirkung ex tunc überhaupt zu befürchten waren. Weiters ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach die finanziellen Konsequenzen einer Vorabentscheidung für einen Mitgliedstaat für sich allein nie die zeitliche Begrenzung der Wirkungen des betreffenden Urteils rechtfertigen können(61).

59.      Angemerkt sei auch noch, dass ein Urteil seine Wirkung ex tunc unabhängig davon entfaltet, ob die hievon Betroffenen belastet oder begünstigt werden. Ohne Bedeutung ist insbesondere, ob es sich um Geldbeträge handelt, die ein Mitgliedstaat gemeinschaftsrechtswidrig erhoben hat(62).

60.      Aus alledem ergibt sich, dass die Höhe der finanziellen Konsequenzen für eine Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines Urteils für sich allein genommen nicht maßgeblich sein kann. Die Gefahr schwerer wirtschaftlicher Auswirkungen lässt sich schwerlich alleine anhand einer Zahlenbetrachtung begründen; sie setzt vielmehr eine auf dem Tatsachenvortrag des den Antrag stellenden Mitgliedstaats beruhende wertende Entscheidung des Gerichtshofes voraus. Der Gerichtshof sollte daher meines Erachtens der Versuchung widerstehen, den Schwere-Grad der wirtschaftlichen Auswirkungen an der Höhe allfälliger finanzieller Konsequenzen bzw. Beträge festzumachen. Denn ich halte es, auch in Anbetracht unterschiedlicher Wirtschaftskraft unterschiedlicher Mitgliedstaaten, für auf lange Sicht bedenklich, davon auszugehen, dass gewisse (wenn auch beträchtliche) Beträge bereits von vornherein eine Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen implizieren(63). Dies könnte im schlechtesten Fall sogar zu einer „Schwellenwert-Diskussion“ führen(64).

61.      Angesichts dessen ist meines Erachtens hier zu hinterfragen, ob die deutsche Bundesregierung die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen entsprechend dargetan hat. Die hiefür angeführten Steuerausfälle in Höhe von – in der ersten mündlichen Verhandlung gesenkt auf – 5 Milliarden Euro genügen insofern nicht, als sie die befürchteten schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen implizieren mögen, aber diese hieraus allein noch nicht dargelegt sind. Bei der genannten Größenordnung, deren Berechnung nach dem Vortrag der deutschen Bundesregierung in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006 freilich nachvollziehbar war(65), handelt es sich um eine Darstellung der finanziellen Haushaltsauswirkungen, die nach ständiger Rechtsprechung(66) für sich genommen zum entsprechenden Nachweis einer Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen allein nicht reicht.

62.      Die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen ergibt sich insofern auch nicht aus einer rechnerischen Gegenüberstellung des Betrags von 5 Milliarden Euro mit dem deutschen Haushaltsdefizit – und der damit einhergehenden Reduzierung der verfügbaren Summe für Investitionen(67), den Einkünften aus der Unternehmenssteuer und anderen Bezugsgrößen, da solche Angaben (weiterhin) die „reinen“ finanziellen Konsequenzen des zu erlassenden Urteils deutlich machen.

63.      Hinzu kommt, dass der von der deutschen Bundesregierung genannte Betrag sich auf einen vierjährigen Zeitraum (1998–2001) bezieht, während die Bezugsgrößen jeweils ein Haushaltsjahr betreffen. Bei den genannten 5 Milliarden Euro handelt es sich um die potenzielle Höhe finanzieller Risiken, wenn alle vom Anrechnungsverfahren betroffenen Steuerpflichtigen Rechtsbehelfe einlegen würden, was die deutsche Bundesregierung in der zweiten mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigte. Obwohl die entsprechenden Haushaltsrisiken sich aus einer nicht mehr geltenden Regelung ergeben, ist es der deutschen Bundesregierung nicht gelungen, wenigstens annähernd darzulegen – entsprechend dem (derzeit) maßgeblichen Überprüfungszeitraum –, wie viele Steuerpflichtige tatsächlich Rechtsbehelfe eingelegt haben. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Rechtssache auch von der Rechtssache Banca popolare di Cremona(68), wo die fragliche nationale Regelung noch in Kraft steht und nach unbestrittenem Vortrag der italienischen Regierung einen wesentlichen Bestandteil der Finanzierung autonomer Gebietskörperschaften darstellt.

64.      Es scheint mir daher gute Gründe zu geben, dass eine hinreichende Substanziierung der Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen nicht gegeben ist.

65.      Auch dem Einwand der Bundesrepublik, eine Wirkung ex tunc des zu erlassenden Urteils sei unverhältnismäßig und verleihe dem Vorabentscheidungsverfahren einen nicht vorgesehenen Strafcharakter, kann nicht gefolgt werden.

66.      Zwar ist es zutreffend, dass die Gemeinschaftsrechtsordnung und damit auch das Vorabentscheidungsverfahren ausschließlich der Wahrung und Sicherstellung des Rechts dienen. Eine Bestrafung der Mitgliedstaaten ist ihr grundsätzlich fremd. Auch soll, wie Generalanwalt Tizzano ausführt, die Lage der Mitgliedstaaten nicht mehr erschwert werden als unbedingt nötig(69). Das ändert aber nichts daran, dass die vorgetragenen Folgen auf der Grundlage ständiger Rechtsprechung Begleiteffekt der grundsätzlichen Wirkung ex tunc eines Auslegungsurteils sind.

67.      Der Vollständigkeit halber ist auch auf die Gestaltungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten hinzuweisen. Der Gerichtshof hat in der Rechtssache Edis(70) entschieden, dass ein Urteil trotz seiner Wirkung ex tunc vom mitgliedstaatlichen Gericht nur dann auf einen vor seinem Erlass liegenden Sachverhalt angewendet werden kann, wenn die Modalitäten des nationalen Verfahrens sowohl materiell als auch formell beachtet worden sind(71).

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Ausgestaltung gerichtlicher Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, mangels gemeinschaftsrechtlicher Regelung der Erstattung rechtsgrundlos erhobener nationaler Abgaben Sache der jeweiligen mitgliedstaatlichen Rechtsordnung. Diese Verfahren dürfen jedoch bekanntlich nicht ungünstiger gestaltet werden als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen, und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren(72).

Gemeinschaftsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden wäre so etwa die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Abgabepflichtigen und die Behörden schützt(73).

IV – Ergebnis

68.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Wirkungen des Urteils in der vorliegenden Rechtssache nicht zeitlich zu beschränken.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – Siehe hiezu Nr. 137 meiner Schlussanträge vom 17. März 2006 in der Rechtssache C‑475/03 (Banca popolare di Cremona, Urteil vom 3. Oktober 2006, Slg. 2006, I‑0000).


3 – In der Fassung der Bekanntmachung im BGBl. I 1990 S. 1898. Zur Zeit des hier in Rede stehenden Sachverhalts galt das Einkommensteuergesetz in der durch Artikel 1 des Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz – StandOG) (BGBl. I 1993 S. 1569) und Artikel 1 des Jahressteuergesetzes 1996 (JStG 1996) (BGBl. 1995 S. 1250) geänderten Fassung.


4 – Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz – StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBI. I 2000 S. 1433).


5 – Vgl. auch die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 19. Dezember 2003 – Besteuerung von Dividenden natürlicher Personen im Binnenmarkt (KOM[2003]810 endg.).


6 – Siehe dazu detaillierter meine Schlussanträge in der Rechtssache C‑475/03 (zitiert in Fußnote 2), Nrn. 130 ff.


7 – Siehe statt vieler das Urteil vom 15. März 2005 in der Rechtssache C‑209/03 (Bidar, Slg. 2005, I‑2119, Randnr. 66 m. w. N.).


8 – Siehe etwa auch das Urteil vom 27. März 1980 in der Rechtssache 61/79 (Denkavit italiana, Slg. 1980, 1205, Randnrn. 15 ff.).


9 – Urteil vom 8. April 1976 in der Rechtssache 43/75 (Defrenne II, Slg. 1976, 455, Randnrn. 69 ff.).


10 – Urteil in der Rechtssache Denkavit italiana (zitiert in Fußnote 8), Randnrn. 15 ff.; siehe auch das Urteil in der Rechtssache Bidar (zitiert in Fußnote 7), Randnr. 67.


11 – Urteil vom 15. September 1998 in der Rechtssache C‑231/96 (Edis, Slg. 1998, I‑4951, Randnr. 16).


12 – Urteil vom 13. Februar 1996 in den verbundenen Rechtssachen C‑197/94 und C‑252/94 (Bautiaa und Société française maritime, Slg. 1996, I‑505, Randnr. 47).


13 – Siehe ausführlich hiezu meine Schlussanträge in der Rechtssache C‑475/03 (zitiert in Fußnote 2), Nrn. 178 ff. Siehe in diesem Sinne auch die Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs vom 17. März 2005 in der gleichen Rechtssache, Nrn. 75 ff.


14 – Siehe etwa das Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C‑158/96 (Kohll, Slg. 1998, I‑1931, Randnr. 41) sowie das Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C‑120/95 (Decker, Slg. 1998, I‑1831, Randnr. 39); siehe auch die Urteile vom 27. März 1980 in den verbundenen Rechtssachen 66/79, 127/79 und 128/79 (Salumi u. a., Slg. 1980, 1237, Randnr. 12) und vom 5. Juni 1997 in der Rechtssache C‑398/95 (SETTG, Slg. 1997, I‑3091, Randnr. 23).


15 – Siehe insbesondere das Urteil vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache C‑137/94 (Richardson, Slg. 1995, I‑3407, Randnr. 37) sowie das Urteil vom 11. August 1995 in den verbundenen Rechtssachen C‑367/93 bis C‑377/93 (Roders u. a., Slg. 1995, I‑2229, Randnr. 48).


16 – Urteile in der Rechtssache Bidar (zitiert in Fußnote 7), Randnr. 68, vom 20. September 2001 in der Rechtssache C‑184/99 (Grzelczyk, Slg. 2001, I‑6193 Randnr. 52), vom 23. Mai 2000 in der Rechtssache C‑104/98 (Buchner u. a., Slg. 2000, I‑3625, Randnr. 41), in der Rechtssache Bautiaa und Société française maritime (zitiert in Fußnote 12), Randnr. 55, und in der Rechtssache Roders (zitiert in Fußnote 15), Randnr. 48.


17 – Siehe insbesondere das Urteil vom 9. März 2000 in der Rechtssache C‑437/97 (EKW und Wein & Co, Slg. 2000, I‑1157), Randnr. 59: „… Zwingende Gründe der Rechtssicherheit schließen es nämlich aus, dass Rechtsverhältnisse, die ihre Wirkungen in der Vergangenheit erschöpft haben, in Frage gestellt werden, da dies das Finanzierungssystem der österreichischen Gemeinden rückwirkend in seinen Grundlagen erschüttern würde.“


18 – Zur Frage der Vergleichbarkeit der hier in Rede stehenden nationalen Regelung mit nationalen Regelungen in anderen Verfahren, vgl. die Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano in der gegenständlichen Rechtssache vom 10. November 2005, Nrn. 15 ff.


19 – Urteile vom 4. Mai 1999 in der Rechtssache C‑262/96 (Sürül, Slg. 1999, I‑2685, Randnr. 108). Siehe auch das Urteil vom 24. September 1998 in der Rechtssache C‑35/97 (Kommission/Frankreich, Slg. 1998, I‑5325, Randnr. 49), das allerdings in einem Vertragsverletzungsverfahren erging.


20 – Urteil vom 6. Juni 2000 in der Rechtssache C‑35/98 (Slg. 2000, I‑4071).


21 – Urteil vom 7. September 2004 in der Rechtssache C‑319/02 (Slg. 2004, I‑7477).


22 – Urteil vom 13. Februar 1985 in der Rechtssache 293/83 (Gravier, Slg. 1985, 593).


23 – Urteil vom 2. Februar 1988 in der Rechtssache 24/86 (Blaizot, Slg. 1988, 379, Randnrn. 25 ff.).


24 – Siehe z. B. die anhängige Rechtssache C‑466/03 (Reiss).


25 – Vgl. den Beschluss vom 5. März 1986 in der Rechtssache 69/85 (Wünsche, Slg. 1986, 947, Randnr. 15).


26 – Vgl. u. a. das Urteil vom 12. Juli 1990 in der Rechtssache C‑128/89 (Kommission/Italien, Slg. 1990, I‑3239, Randnr. 23) zur Warenverkehrsfreiheit, das Urteil vom 23. Oktober 1997 in der Rechtssache C‑157/94 (Kommission/Niederlande, Slg. 1997, I‑5699, Randnr. 51) betreffend Artikel 88 Absatz 2 EG sowie die Urteile vom 28. März 1996 in der Rechtssache C‑318/94 (Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I‑1949, Randnr. 13) und vom 10. April 2003 in den verbundenen Rechtssachen C‑20/01 und C‑28/01 (Kommission/Deutschland, Slg. 2003, I‑3609, Randnr. 58).


27 – Zitiert in Fußnote 16.


28 – Zitiert in Fußnote 12.


29 – Urteil vom 31. März 1992 in der Rechtssache C‑200/90 (Dansk Denkavit und Poulsen Trading, Slg. 1992, I‑2217).


30 – A. a. O., Randnr. 54.


31 – A. a. O., Randnr. 50.


32 – A. a. O., Randnrn. 21 f.


33 – Schlussanträge vom 6. April 2006 in der anhängigen Rechtssache C‑446/04 (Test Claimants in the FII Group Litigation).


34 – Nrn. 140 ff., insbesondere Nr. 143 der zitierten Schlussanträge.


35 – Nrn. 144 f. der zitierten Schlussanträge.


36 – Zitiert in Fußnote 9, Randnr. 74.


37 – Siehe auch die Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano in der vorliegenden Rechtssache (zitiert in Nr. 3 und Fußnote 17), Nr. 34.


38 – Siehe ebenso die Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano in der vorliegenden Rechtssache (zitiert in Nr. 3 und Fußnote 17), Nr. 34.


39 – Urteil vom 19. September 2000 in den verbundenen Rechtssachen C‑177/99 und C‑181/99 (Ampafrance und Sanofi, Slg. 2000, I‑7013, Randnrn. 65 ff.): „... eine Regierung [kann sich] nicht zu dem Zweck auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, den Folgen einer Entscheidung des Gerichtshofes zu entgehen, mit der die Ungültigkeit einer Handlung der Gemeinschaft festgestellt wird; damit würde sie den Schutz von Privatpersonen gegen staatliches Handeln in Frage stellen, das auf rechtswidrigen Bestimmungen beruht.“


40 – Urteil in der Rechtssache Buchner u. a. (zitiert in Fußnote 16), Randnrn. 38 ff. Siehe auch die Urteile vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C‑347/00 (Ángel Barreira Pérez, Slg. 2002, I‑8191, Randnr. 46), in den verbundenen Rechtssachen Roders u. a. (zitiert in Fußnote 15, Randnr. 45) und vom 17. Februar 2005 in den verbundenen Rechtssachen C‑453/02 und C‑462/02 (Linneweber u. a., Slg. 2005, I‑1131, Randnr. 43) sowie meine Schlussanträge vom 8. Juli 2004 in den letztgenannten Rechtssachen, Nr. 60.


41 – Siehe auch das bereits zitierte (Fußnote 29) Urteil in der Rechtssache Dansk Denkavit, Randnrn. 21 f.


42 – Urteil vom 28. September 1994 in der Rechtssache C‑128/93 (Barber, Slg. 1994, I‑4583, Randnrn. 40 ff.). Siehe auch das Urteil in der Rechtssache Sürül (zitiert in Fußnote 19), Randnrn. 109 ff.


43 – Urteil vom 15. Dezember 1995 in der Rechtssache C‑415/93 (Bosman, Slg. 1995, I‑4921, Randnrn. 143 f.).


44 – Siehe auch die Urteile vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C‑163/90 (Legros u. a., Slg. 1992, I‑4625, Randnrn. 31 ff.) und vom 15. Jänner 1986 in der Rechtssache 41/84 (Pinna, Slg. 1986, 1, Randnrn. 26 ff.).


45 – Siehe oben, Nr. 26.


46 – A.a.O., Nrn. 36 ff. Siehe auch meine Schlussanträge zur gleich gelagerten Frage in der Rechtssache Banca popolare di Cremona (zitiert in Fußnote 2), Nr. 156.


47 – A.a.O., Nrn. 36 ff.


48 – Siehe bereits meine Schlussanträge in den Rechtssachen Linneweber u. a. (zitiert in Fußnote 40), Nr. 60.


49 – Urteil vom 20. März 2003 in der Rechtssache C‑135/01 (Kommission/Deutschland, Slg. 2003, I‑2837, Randnr. 24). Vgl. in diesem Sinne auch das Urteil vom 27. Mai 1981 in den verbundenen Rechtssachen 142/80 und 143/80 (Essevi und Salengo, Slg. 1981, 1413, Randnr. 16).


50 – Urteil vom 22. Februar 2001 in der Rechtssache C‑393/98 (Gomes Valente, Slg. 2001, I‑1327, Randnr. 18).


51 – Urteil vom 29. September 1998 in der Rechtssache C‑191/95 (Kommission/Deutschland, Slg. 1998, I‑5449, Randnr. 44).


52 – Vgl. das Urteil vom 21. Oktober 2004 in der Rechtssache C‑477/03 (Kommission/Deutschland, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 11 [ABl. C 300, S. 23]) unter Verweis auf das Urteil vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 247/87 (Star Fruit/Kommission, Slg. 1989, 291, Randnr. 11).


53 – Siehe u. a. das Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C‑431/92 (Kommission/Deutschland, Slg. 1995, I‑2189, Randnr. 21).


54 – Vgl. in diesem Sinne das Urteil vom 5. November 2002 in der Rechtssache C‑476/98 (Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I‑9855, Randnr. 38) mit Verweis auf das Urteil in der Rechtssache C‑431/92 (zitiert in Fußnote 53), Randnr. 22. Siehe ferner das Urteil in der Rechtssache 247/87 (zitiert in Fußnote 52), wonach die Untätigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person, die sich auf die Feststellung richtet, dass die Kommission es unter Verletzung des Vertrages unterlassen hat, einen Beschluss zu fassen, indem sie gegen einen Mitgliedstaat kein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, unzulässig ist.


55 – Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen vom 10. November 2005, im Anschluss an die erste mündliche Verhandlung, Nr. 37.


56 – Urteil zitiert in Fußnote 9. Siehe aber die Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano in der vorliegenden Rechtssache, Nr. 38.


57 – Urteil in der Rechtssache Richardson (zitiert in Fußnote 15), Randnr. 35, im Zusammenhang mit der Richtlinie 79/7/EWG des Rates. Siehe auch die Urteile in der Rechtssache Legros (zitiert in Fußnote 44), Randnrn. 31 ff., vom 9. März 2000 in der Rechtssache EKW und Wein & Co (zitiert in Fußnote 17), Randnrn. 56 und 58, und in der Rechtssache Blaizot (zitiert in Fußnote 23), Randnrn. 32 ff.


58 – 15. Februar 2000 – Entwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz), Entwurf der Bundesregierung vom 30. März 2000.


Insoweit geht Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache offenbar fälschlicherweise davon aus, dass „die Bundesregierung nach dem Ergehen des genannten Urteils unverzüglich für die Anpassung des bis dahin geltenden Rechts gesorgt hat“ (Nr. 40).


59 – In der Begründung zum Entwurf vom 15. Februar 2000 eines Steuersenkungsgesetzes (Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode, Drucksache 14/2683) findet sich auf S. 95 unter Punkt ee), rechte Spalte, allerdings auch folgender Absatz:


„Das Vollanrechnungsverfahren wirkt demgegenüber nur national und ist daher binnenorientiert. Es beseitigt lediglich die steuerliche Doppelbelastung bei einem Anteilseigner und seiner Gesellschaft innerhalb Deutschlands. Der ausländische Anteilseigner einer inländischen Gesellschaft erfährt diese Entlastung ebenso wenig wie der deutsche Anteilseigner einer ausländischen Gesellschaft. Der Belastungsvergleich zwischen inländischen und ausländischen Dividenden hat die EU-Kommission daher veranlasst, die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit durch das deutsche Vollanrechnungsverfahren zu beanstanden“ (meine Hervorhebung).


60 – Zitiert in Fußnote 9.


61 – Siehe die obigen Ausführungen und die entsprechenden Nachweise, Nrn. 16 ff.


62 – Urteil in der Rechtssache Salumi u. a. (zitiert in Fußnote 14), Randnr. 12.


63 – Hiezu die Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano in der vorliegenden Rechtssache, Nr. 35 in fine.


64 – Hinzu kommt, dass schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen sich nicht immer beziffern lassen, wie sich am Beispiel des Urteils vom 7. Juli 2005 in der Rechtssache C‑147/03 (Kommission/Österreich, Slg. 2005, I‑5969) zeigt.


65 – Inwiefern Steuerausfallschätzungen basierend auf Angaben des Finanzamts Hamburg verallgemeinerungsfähig sind, wurde von der deutschen Bundesregierung allerdings nicht erklärt.


66 – Siehe die Nachweise in Nrn. 16 ff.


67 – Für 2006 sieht der Bundeshaushalt nach dpa-Angaben Investitionen in Höhe von 23,2 Milliarden Euro – bei einer Neuverschuldung von 38,2 Milliarden Euro und Gesamtausgaben in Höhe von 261,6 Milliarden Euro – vor.


68 – Zitiert in Fußnote 2.


69 – Schlussanträge vom 10. November 2005 in der vorliegenden Rechtssache, Nr. 42.


70 – Urteil zitiert in Fußnote 11.


71 – A. a. O., Randnr. 17.


72 –      Urteil in der Rechtssache Edis (zitiert in Fußnote 11), Randnr. 19. Siehe auch die Urteile vom 16. Dezember 1976 in der Rechtssache 33/76 (Rewe, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5) und in der Rechtssache 45/76 (Comet, Slg. 1976, 2043, Randnrn. 13 und 16).


73 –      Urteile in der Rechtssache Rewe (zitiert in Fußnote 72), Randnr. 5, in der Rechtssache Comet (zitiert in Fußnote 72), Randnrn. 17 und 18, und in der Rechtssache Denkavit italiana (zitiert in Fußnote 8), Randnr. 23.