Language of document : ECLI:EU:T:2013:6

BESCHLUSS DES GERICHTS (Dritte Kammer)

14. Januar 2013(*)

„Verfahren – Kostenfestsetzung“

In der Rechtssache T‑25/10 DEP

BASF Schweiz AG (vormals BASF Specialty Chemicals Holding GmbH) mit Sitz in Basel (Schweiz),

BASF Lampertheim GmbH mit Sitz in Lampertheim (Deutschland),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Montag und T. Wilson,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. Ronkes Agerbeek und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Festsetzung der Kosten im Anschluss an den Beschluss des Gerichts (Dritte Kammer) vom 8. November 2011, BASF Schweiz und BASF Lampertheim/Kommission (T‑25/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht),

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten O. Czúcz sowie der Richterin I. Labucka (Berichterstatterin) und des Richters D. Gratsias,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Parteien

1        Mit am 27. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift erhoben die BASF Schweiz AG und die BASF Lampertheim GmbH eine unter der Rechtssachennummer T‑25/10 eingetragene Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 8682 endg. der Kommission vom 11. November 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/38589 – Wärmestabilisatoren) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

2        Mit Schreiben vom 8. März 2010 beantragte die Kommission beim Gericht, das Verfahren in der Rechtssache T‑25/10 bis zur Entscheidung des Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen C‑201/09 P, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission, und C‑216/09 P, Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a., auszusetzen. Die Klägerinnen teilten mit Schreiben vom 12. April 2010 mit, keine Einwände gegen die Aussetzung des Verfahrens zu erheben.

3        Mit Beschluss vom 5. Mai 2010 hat der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts das Verfahren in der Hauptsache nach Art. 77 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts bis zur Entscheidung des Gerichtshofs, die das Verfahren in den verbundenen Rechtssachen C‑201/09 P, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission, und C‑216/09 P, Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a., beendet, ausgesetzt.

4        Diese Entscheidung erging am 29. März 2011; der Gerichtshof legte darin Art. 25 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) aus und entschied, dass weder Klagen gegen endgültige Entscheidungen, mit denen Geldbußen gemäß Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängt werden, noch Klagen gegen die in Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bezeichneten Handlungen zu einem Ruhen der Verjährung erga omnes führen (Urteil des Gerichtshofs vom 29. März 2011, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a., C‑201/09 P und C‑216/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 141 bis 147; im Folgenden: Urteil ArcelorMittal).

5        Mit Schreiben vom 6. April 2011 hat das Gericht die Kommission gebeten, zu den Folgen des Urteils ArcelorMittal für die Rechtssache T‑25/10 Stellung zu nehmen. Die Kommission ersuchte mit Schreiben vom 18. April und 10. Mai 2011 zweimal um eine Verlängerung der Frist für die Einreichung ihrer Klagebeantwortung.

6        Am 30. Juni 2011 nahm die Kommission die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Klägerinnen zurück, worüber sie das Gericht mit Schreiben vom 1. Juli 2011 unterrichtete. Da der Hauptantrag der Klägerinnen auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung gerichtet war, sah sie die Klage als erledigt an.

7        Auf Anfrage des Gerichts vom 8. Juli 2011 bestätigten die Klägerinnen mit Schreiben vom 18. August 2011 die Erledigung des Rechtsstreits und beantragten, der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

8        Mit Beschluss vom 8. November 2011, BASF Schweiz und BASF Lampertheim/Kommission (T‑25/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), hat das Gericht den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und der Kommission die Kosten auferlegt.

9        Mit Schreiben vom 14. Februar 2012 forderten die Klägerinnen die Kommission auf der Grundlage des genannten Beschlusses des Gerichts, BASF Schweiz und BASF Lampertheim/Kommission, zur Erstattung von Kosten in Höhe von 167 420,03 Euro auf. Die Kommission erklärte sich am 12. März 2012 nur zu einer Erstattung in Höhe von 30 500 Euro bereit.

10      Mit Antragsschrift, die am 19. Juni 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen den vorliegenden Kostenfestsetzungsantrag nach Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung gestellt. gemäß dieser Bestimmung beantragen sie damit, den Betrag der erstattungsfähigen Kosten auf 167 420,03 Euro festzusetzen.

11      Mit Schriftsatz, der am 20. Juli 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission zu diesem Antrag Stellung genommen. Sie beantragt, die erstattungsfähigen Kosten auf 27 500 Euro festzusetzen.

 Rechtliche Würdigung

12      Die Klägerinnen bringen eingangs vor, die ihnen entstandenen Aufwendungen in einer Gesamthöhe von 167 420,03 Euro seien im Sinne von Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung für das Verfahren notwendig gewesen und daher erstattungsfähige Kosten zulasten der Kommission.

13      Die Kommission tritt im Wesentlichen dem gesamten Vorbringen der Klägerinnen entgegen und ersucht darum, den Betrag der erstattungsfähigen Kosten angemessen zu beurteilen und ihn auf 27 500 Euro festzusetzen.

14      Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung bestimmt: „Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten entscheidet das Gericht auf Antrag einer Partei nach Anhörung der Gegenpartei durch unanfechtbaren Beschluss.“

15      Nach Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung gelten „Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte“, als erstattungsfähige Kosten. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass nur die Kosten erstattungsfähig sind, die zum einen für das Verfahren vor dem Gericht aufgewendet wurden und zum anderen dafür notwendig waren (vgl. Beschlüsse des Gerichts vom 28. Juni 2004, Airtours/Kommission, T‑342/99 DEP, Slg. 2004, II‑1785, Randnr. 13, und vom 2. März 2012, PVS/HABM – MeDiTA Medizinische Kurierdienst [medidata], T‑270/09 DEP, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 7).

16      Nach ständiger Rechtsprechung hat der Unionsrichter nicht die Vergütungen festzusetzen, die die Parteien ihren eigenen Anwälten schulden, sondern den Betrag zu bestimmen, in dessen Höhe die Erstattung dieser Vergütungen von der zur Tragung der Kosten verurteilten Partei verlangt werden kann. Das Gericht braucht bei der Entscheidung über einen Antrag auf Kostenfestsetzung weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine etwaige Gebührenvereinbarung zwischen der betroffenen Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Gerichts Airtours/Kommission, Randnr. 17, und vom 19. März 2009, House of Donuts/HABM – Panrico [House of donuts], T‑333/04 und T‑334/04 DEP, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 8).

17      Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung hat das Gericht, da das Unionsrecht keine Gebührenordnung kennt, die Umstände der Sache frei zu würdigen und dabei dem Gegenstand und der Art des Rechtsstreits, seiner Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht sowie der Schwierigkeit der Sache, dem Arbeitsaufwand, den das streitige Verfahren den tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beiständen verursachen konnte, und dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten am Ausgang des Rechtsstreits Rechnung zu tragen (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Airtours/Kommission, Randnr. 18, und vom 25. Oktober 2010, Bastos Viegas/HABM – Fabre médicament [OPDREX], T‑33/08 DEP, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 9).

18      Diese Kriterien bilden den Maßstab, nach dem die Höhe der erstattungsfähigen Kosten im vorliegenden Fall festzusetzen ist.

 Zur Bedeutung des Rechtsstreits aus unionsrechtlicher Sicht

19      Die Klägerinnen machen geltend, die entstandenen Aufwendungen seien notwendig gewesen, da der Rechtsstreit in der Hauptsache von grundlegender Bedeutung für das Unionsrecht gewesen sei, wenn man die Frage des Ruhens der Verjährung im Rahmen des Art. 25 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 berücksichtige, die insoweit eine neue und wichtige Rechtsfrage dargestellt habe, als zu ihr noch keine Rechtsprechung des Gerichtshofs vorgelegen habe und es sich um eine ausgefallene Problematik der Bußgeldregeln in Wettbewerbssachen gehandelt habe (Beschlüsse des Gerichts vom 7. Dezember 2004, Lagardère und Canal+/Kommission, T‑251/00 DEP, Slg. 2004, II‑4217, Randnr. 23, und vom 15. September 2004, Fresh Marine/Kommission, T‑178/98 DEP, Slg. 2004, II‑3127, Randnr. 33).

20      Die Kommission pflichtet zwar den Klägerinnen bei, dass die Frage des Ruhens der Verjährung unionsrechtlich neue und wichtige Rechtsfragen aufgeworfen habe, macht aber geltend, dies könne insbesondere bei einem Vergleich der Umstände der Hauptsache mit den Umständen, die den von den Klägerinnen angeführten Entscheidungen zugrunde gelegen hätten, nicht die überzogene Kostenforderung der Klägerinnen rechtfertigen.

21      Der vorliegende Rechtsstreit konnte sicherlich aus der Sicht des Unionsrechts neue und wichtige Fragen in Bezug darauf aufwerfen, ob ein Ruhen der Verjährung erga omnes oder inter partes wirkt, was von der Kommission in ihren Schriftsätzen auch eingeräumt wird.

22      Nach dieser Klarstellung kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die besagte Frage, die im Übrigen genau umschrieben ist, bereits im Verwaltungsverfahren der vorliegenden Sache erörtert und vom Gericht im Urteil ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission erhellt wurde, das der Gerichtshof auf Rechtsmittel mit dem Urteil ArcelorMittal bestätigt hat.

23      Aus diesem Grund darf trotz der Neuartigkeit und Wichtigkeit dieser Frage ihre Auswirkung auf die erstattungsfähigen Kosten im vorliegenden Fall nicht überbewertet werden, zumal es sich um die einzige Frage von solcher Neuartigkeit und Wichtigkeit in diesem Rechtsstreit handelte.

24      Daher kann die alles in allem nur begrenzte unionsrechtliche Bedeutung des Rechtsstreits die von den Klägerinnen aufgewandten Beträge nicht rechtfertigen.

 Zum Schwierigkeitsgrad der Rechtssache

25      Die Klägerinnen machen geltend, die Hauptsache habe in Anbetracht der aufgeworfenen Fragen – Ruhen der Verjährung und Zurechnung der Zuwiderhandlungen in zeitlicher Hinsicht – einen hohen Schwierigkeitsgrad aufgewiesen.

26      Die Kommission bringt vor, wenn man die aufgeworfenen Fragen betrachte, bei denen es um die Zurechnung der Zuwiderhandlungen in zeitlicher Hinsicht sowie die Verjährung und, allgemeiner, einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV gegangen sei, sei der Schwierigkeitsgrad der Hauptsache nicht so hoch gewesen, wie es die Klägerinnen behaupteten.

27      Auch wenn Streitsachen, die Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV betreffen, vielschichtig sind, ist – wie hier – doch verhältnismäßig viel darüber bekannt, und sie gehören zu den gängigsten im Wettbewerbsrecht der Union, was auch für die im vorliegenden Fall erörterten Fragen der Zurechnung von Zuwiderhandlungen in zeitlicher Hinsicht und der Kooperation der Unternehmen im Rahmen der Kronzeugenregelung gilt.

28      Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Hauptsache Schwierigkeiten besonderen Ausmaßes mit sich gebracht hätte.

 Zum wirtschaftlichen Interesse, das für die Klägerinnen mit dem Rechtsstreit verbunden war

29      Die Klägerinnen bringen vor, der Rechtsstreit sei für sie von erheblichem wirtschaftlichem Interesse gewesen, da sich die ihnen gesamtschuldnerisch auferlegte Geldbuße auf rund 68,4 Mio. Euro belaufen habe.

30      Die Kommission macht geltend, das wirtschaftliche Interesse, das der Rechtsstreit für die Klägerinnen aufweise, sei mehr als relativ, da die verhängte Geldbuße nur 1,8 % ihres Umsatzes ausmache.

31      Mit der Kommission ist festzustellen, dass die von ihr in der angefochtenen Entscheidung verhängte Geldbuße nur 1,8 % des Umsatzes der Klägerinnen ausmachte und damit weniger als ein Fünftel der Geldbuße, die ihnen nach der Verordnung Nr. 1/2003 hätte auferlegt werden können und zwar unabhängig vom Umfang ihrer Gesamtressourcen.

 Zum Arbeitsaufwand

32      Die Klägerinnen machen geltend, der geleistete Arbeitsaufwand sei objektiv notwendig gewesen. Sie erklären dies zunächst mit der eingehenden Durchsicht der umfangreichen Unterlagen des Rechtsstreits in der Hauptsache. Sodann treten sie der Behauptung der Kommission entgegen, dass die von ihnen in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und danach in der Klageschrift vorgetragenen Gründe im Großen und Ganzen gleich gewesen seien. So sei die Klageschrift umfassender und anders aufgebaut gewesen, mit einer umfangreicheren Argumentation, als sie die Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten habe.

33      Weiter führen die Klägerinnen aus, entgegen der Auffassung der Kommission habe die Länge der Klageschrift nichts mit dem damit verbundenen Arbeitsaufwand zu tun. Im Übrigen weisen sie darauf hin, dass sie sich an die vom Gericht festgesetzte Obergrenze von 50 Seiten gehalten hätten (Praktische Anweisungen für die Parteien vor dem Gericht, ABl. 2012, L 68, S. 27, Nr. 15).

34      Schließlich weisen die Klägerinnen das Argument der Kommission zurück, wonach die für den Rechtsstreit aufgewandten Arbeitsstunden übertrieben gewesen seien. Sie seien insbesondere in Anbetracht der Schriftsätze notwendig gewesen, die verfasst worden seien, um den Aufforderungen des Gerichts zur Stellungnahme zum Aussetzungsantrag und zum Erledigungsantrag der Kommission nachzukommen.

35      Die Kommission betont, dass sich im vorliegenden Fall, wie die Klägerinnen auch einräumten, die erstattungsfähigen Kosten auf die Kosten für die Erstellung der Klageschrift in der Hauptsache beschränkten.

36      Insoweit sei der Kostenfestsetzungsantrag unzureichend begründet, was insbesondere den Stundensatz und die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden sowie die Notwendigkeit der Aufwendungen betreffe, die in den vorgelegten Honorarrechnungen genannt würden.

37      Auch sei die behauptete Zahl der Stunden, die die Klägerinnen für den vorliegenden Fall aufgewandt hätten, exzessiv, da sich der Arbeitsaufwand auf die Erstellung der Klageschrift in der Hauptsache beschränkt habe, in der die Klägerinnen im Wesentlichen Punkte aufgegriffen hätten, die bereits im Verwaltungsverfahren erörtert worden seien.

38      Zum Arbeitsaufwand, den das Verfahren den Beiständen der Klägerinnen verursachen konnte, ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter auf die für das gerichtliche Verfahren in seiner Gesamtheit objektiv notwendige Arbeit abzustellen hat. Im Übrigen ist zu betonen, dass die Möglichkeit für den Unionsrichter, den Wert der verrichteten Arbeit zu beurteilen, von der Genauigkeit der gelieferten Informationen abhängt (vgl. in diesem Sinne Beschluss OPDREX, Randnr. 17).

39      Im vorliegenden Fall kann aber nicht vernünftigerweise angenommen werden, dass der objektiv notwendige Arbeitsaufwand, den das streitige Verfahren den Beiständen der Klägerinnen verursachen konnte, den Forderungen entspricht, die Letztere in Bezug auf die erstattungsfähigen Kosten erheben.

40      Nach den von den Klägerinnen in Anlage zu ihrem Festsetzungsantrag vorgelegten Honorarrechnungen der Rechtsanwälte nahmen die ausgeführten Tätigkeiten nicht weniger als 742 Arbeitsstunden für einen Gesamtbetrag von 167 420,03 Euro in Anspruch.

41      Aus diesen Rechnungen ergibt sich auch, dass die für die Zwecke der Erstellung und Einreichung der Klageschrift geleisteten Arbeiten nach einer ersten Rechnung, die in Anlage zum Festsetzungsantrag vorgelegt worden ist, insgesamt 680,4 Arbeitsstunden für einen Gesamtbetrag von 147 216,40 Euro einschließlich Büro- oder Verwaltungsauslagen in Höhe von 4 716,40 Euro ausgemacht haben sollen.

42      Nach weiteren Rechnungen, die die Klägerinnen dem vorliegenden Kostenfestsetzungsantrag als Anlage beigefügt haben, sollen auf die nach Einreichung der Klageschrift erledigten sonstigen Arbeiten insgesamt 61,6 Arbeitsstunden für einen Gesamtbetrag von 19 861,65 Euro entfallen sein.

43      Dazu ist zunächst festzustellen, dass sich die Schriftsätze der Klägerinnen zum einen, wie von den Klägerinnen selbst eingeräumt und von der Kommission zu Recht betont wird, im Wesentlichen auf die Abfassung und Einreichung einer Klageschrift und zum anderen nach Einreichung der Klageschrift am 27. Januar 2010 auf Schriftwechsel mit dem Gericht beschränkt haben.

44      Diese Klageschrift greift unabhängig von ihrer Länge fast vollständig die Argumente auf, die die Klägerinnen im Rahmen des Verfahrens vor der Kommission in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorbrachten.

45      So war auf die in der Klageschrift behandelten rechtlichen Punkte, die die Verjährung, die Zurechung der Zuwiderhandlungen in zeitlicher Hinsicht und die Berücksichtigung der Kooperation im Rahmen der Kronzeugenregelung betreffen – die rechtliche Beurteilung der beanstandeten Tatsachen wurde von den Klägerinnen nicht bestritten –, bereits in der Erwiderung der Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte im Verwaltungsverfahren eingegangen worden.

46      Wie aber oben in Randnr. 15 ausgeführt worden ist, sind die erstattungsfähigen Kosten auf diejenigen Kosten beschränkt, die für die Zwecke des Verfahrens vor dem Gericht aufgewendet wurden, und können nicht die für die Zwecke des Verfahrens vor der Kommission angefallenen Kosten umfassen.

47      Demzufolge betraf im Stadium der Erstellung der Klageschrift die einzige Frage, deren Behandlung ein neues Augenmerk rechtfertigen konnte, die Festsetzung des Betrags der Geldbuße, und zwar unabhängig von der Berücksichtigung der Kooperation im Verwaltungsverfahren im Rahmen der Kronzeugenregelung.

48      Was den Schriftverkehr nach Einreichung der Klageschrift anbelangt, so bestanden die Tätigkeiten, die in den von den Klägerinnen in Anlage zu ihrem Festsetzungsantrag vorgelegten Honorarrechnungen der Anwälte beschrieben werden, im Wesentlichen in der Erstellung von Schreiben an das Gericht, nämlich erstens eines zweiseitigen Schreibens vom 6. April 2010 zur Stellungnahme zum Aussetzungsantrag der Kommission, zweitens eines abzüglich der beigefügten Kopien einseitigen Schreibens vom 1. Juni 2010 zur Anzeige einer Umfirmierung der Klägerinnen und drittens eines abzüglich der beigefügten Kopien vierseitigen Schreibens vom 18. August 2011 zur Stellungnahme zu einer etwaigen Erledigungserklärung.

49      Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass sich manche Forderungen der Klägerinnen auf Aufwendungen für kleinere Interventionen nach Einreichung der Klageschrift bzw. auf unnötige oder überflüssige Arbeiten bezögen.

50      Der von den Klägerinnen geltend gemachte Gesamtstundenaufwand kann daher nicht vernünftigerweise als notwendig im Sinne des Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung angesehen werden, wenn man hier den gängigen Gegenstand und die gewöhnliche Natur des Rechtsstreits, die sehr begrenzte Neuartigkeit und Bedeutung der aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen, die geringe Komplexität der Hauptsache und die wenigen Schriftsätze der Klägerinnen in dieser berücksichtigt.

51      Sodann ist unabhängig vom Umfang der von den Klägerinnen für das Verfahren vor dem Gericht geltend gemachten Tätigkeiten und den darauf angewandten Stundensätzen festzustellen, dass für fast alle diese Tätigkeiten eine Beurteilung der objektiven Notwendigkeit anhand dessen, was die Klägerinnen vorgebracht haben, nicht möglich ist.

52      Wie aber oben in Randnr. 38 ausgeführt, hängt die Möglichkeit für den Unionsrichter, den Wert der verrichteten Arbeit zu beurteilen, von der Genauigkeit der gelieferten Informationen ab.

53      Im vorliegenden Fall bezieht sich die von den Klägerinnen in Anlage zu ihrem Festsetzungsantrag vorgelegte Liste der Rechnungsposten auf größtenteils vage oder allgemein beschriebene Tätigkeiten.

54      So verhält es sich namentlich mit den zahlreichen Telefonaten, deren Gegenstand fast nie präzisiert wird, den Durchsichten der „Kommissionsverfahrensakte“ oder der „Kommissionsentscheidung“ – ohne nähere Angaben zum Gegenstand dieser Analysen und mit allenfalls sporadischen näheren Angaben in Bezug auf die Verjährung oder die Höhe der Geldbuße – und den Arbeiten betreffend den „Entwurf der Klageschrift“, wobei dieser Posten immerhin mehrere hundert Stunden ausmacht.

55      Folglich stellt es sich hier als recht schwierig dar, die objektiv notwendigen Tätigkeiten mit hinreichender Sicherheit und Genauigkeit zu identifizieren.

56      Schließlich erweist sich, was die Arbeiten betrifft, deren genauer Inhalt aus der von den Klägerinnen in Anlage zu ihrem Festsetzungsantrag vorgelegten Liste der Rechnungsposten zufriedenstellender hervorgeht, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Honorare auf überflüssige, objektiv unnötige oder offenkundig übertriebene Tätigkeiten oder Aufwendungen entfällt.

57      Dies gilt auch für die Rechnungsposten über Taxikosten in Höhe von 430 Euro für eine Fahrt von Brüssel nach Luxemburg und zurück, ohne dass dargetan würde, welchem Zweck sie gedient haben soll, obwohl in der Hauptsache keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, sowie über Fotokopierkosten in Höhe von 4 729,20 Euro, ebenfalls ohne nähere Angabe zu Art und Umfang der kopierten Dokumente.

58      Solche Aufwendungen können auch nicht vernünftigerweise als notwendig im Sinne von Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung angesehen werden.

 Zur Vermeidbarkeit des Verfahrens

59      Die Klägerinnen betonen bei ihrem Antrag auch, dass die geltend gemachten Kosten für die Abfassung und Einreichung der Klageschrift sowie mehrerer anderer an das Gericht adressierter Schriftsätze vermeidbar gewesen wären, wenn die Kommission nicht im Verwaltungsverfahren ihren Antrag auf Aussetzung dieses Verfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofs über das Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts vom 31. März 2009 (T‑405/06, ArcelorMittal/Kommission, Slg. 2009, II‑771) abgelehnt hätte. Die geforderten Kosten müssten ihnen erstattet werden, da sie von der Kommission unnötigerweise verursacht worden seien.

60      Die Kommission trägt für ihren Antrag vor, dass das Vorbringen der Klägerinnen, mit dem die angebliche Vermeidbarkeit des Verfahrens geltend gemacht wird, nicht greife, da ihr nicht vorgeworfen werden könne, einen Verstoß seitens der Klägerinnen festgestellt zu haben.

61      Es ist festzustellen, dass die Argumentation der Klägerinnen mit der angeblichen Vermeidbarkeit des Rechtsstreits ins Leere geht.

62      Selbst wenn nämlich angenommen würde, dass die Kommission den Rechtsstreit hätte vermeiden können, kann dieser Umstand keinesfalls übertriebene Honorare rechtfertigen.

63      Aus all diesen Gründen ist für die Zwecke der Festsetzung des Betrags der erstattungsfähigen Kosten zum einen davon auszugehen, dass die Tätigkeiten, die für die Bearbeitung der Hauptsache objektiv notwendig waren, insgesamt nicht mehr als 130 Arbeitsstunden ausmachen konnten.

64      Zum anderen ist für die Zwecke der Festsetzung dieses Betrags der durchschnittliche Stundensatz der Beistände der Klägerinnen zugrunde zu legen, wie er mittelbar aus den Anwaltshonorarrechnungen hervorgeht, die hier zur Begründung des Festsetzungsantrags vorgelegt worden sind, d. h. aus der Teilung des in Rechnung gestellten Gesamtbetrags (167 420,03 Euro) durch die Gesamtzahl der angegebenen Stunden (742 Stunden), also ein durchschnittlicher Nettostundensatz von rund 225 Euro, und der errechnete Betrag von 29 250 Euro ist um 750 Euro für Verwaltungsauslagen zu erhöhen.

65      Nach alledem sind die erstattungsfähigen Kosten der Klägerinnen in der vorliegenden Rechtssache mit einer Festsetzung auf insgesamt 30 000 Euro angemessen beurteilt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

beschlossen:

Der Gesamtbetrag der Kosten, die die Kommission der BASF Schweiz AG und der BASF Lampertheim GmbH zu erstatten hat, wird auf 30 000 Euro festgesetzt.

Luxemburg, den 14. Januar 2013

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       O. Czúcz


* Verfahrenssprache: Deutsch.