Language of document : ECLI:EU:T:2010:54

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

2. März 2010(*)

„Umwelt – Richtlinie 2003/87/EG – System für den Handel mit Emissionszertifikaten für Treibhausgase – Antrag auf Nichtigerklärung – Keine unmittelbare und individuelle Betroffenheit – Antrag auf Schadensersatz – Zulässigkeit – Hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht – Eigentumsrecht – Freie Berufsausübung – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung – Niederlassungsfreiheit – Rechtssicherheit“

In der Rechtssache T‑16/04

Arcelor SA mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte W. Deselaers, B. Meyring und B. Schmitt-Rady, dann Rechtsanwälte W. Deselaers und B. Meyring,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten zunächst durch K. Bradley und M. Moore, dann durch L. Visaggio und I. Anagnostopoulou als Bevollmächtigte,

und

Rat der Europäischen Union, vertreten zunächst durch B. Hoff-Nielsen und M. Bishop, dann durch E. Karlsson und A. Westerhof Löfflerova, dann durch Letztere und K. Michoel als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch U. Wölker als Bevollmächtigten,

Streithelferin,

wegen teilweiser Nichtigerklärung der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275, S. 32) und wegen Ersatzes des Schadens, den die Klägerin aufgrund des Erlasses dieser Richtlinie erlitten hat,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi (Berichterstatter), der Richterin E. Cremona und des Richters S. Frimodt Nielsen,

Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2008

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

I –  Bestimmungen des EG-Vertrags

1         Art. 174 EG bestimmt u. a.:

„(1)  Die Umweltpolitik der Gemeinschaft trägt zur Verfolgung der nachstehenden Ziele bei:

–        Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität;

–        Schutz der menschlichen Gesundheit;

–        umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen;

–        Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme.

(2)       Die Umweltpolitik der Gemeinschaft zielt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip.

(3)       Bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik berücksichtigt die Gemeinschaft

–        die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten;

–        die Umweltbedingungen in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft;

–        die Vorteile und die Belastung aufgrund des Tätigwerdens bzw. eines Nichttätigwerdens;

–        die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gemeinschaft insgesamt sowie die ausgewogene Entwicklung ihrer Regionen.

…“

2        Art. 175 Abs. 1 EG sieht vor:

„Der Rat beschließt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 [EG] und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen über das Tätigwerden der Gemeinschaft zur Erreichung der in Artikel 174 [EG] genannten Ziele.“

II –  Angefochtene Richtlinie

3        Mit der am 25. Oktober 2003 in Kraft getretenen Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275, S. 32, im Folgenden: angefochtene Richtlinie) wird ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Europäischen Gemeinschaft (im Folgenden: Emissionshandelssystem) geschaffen, um auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen, vor allem von Kohlendioxid (im Folgenden: CO2), hinzuwirken (Art. 1 der angefochtenen Richtlinie). Der Richtlinie liegen die Verpflichtungen der Gemeinschaft aus dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und dem Kyoto-Protokoll zugrunde. Letzteres wurde mit der Entscheidung des Rates 2002/358/EG vom 25. April 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen (ABl. L 130, S. 1) genehmigt. Das Protokoll von Kyoto trat am 16. Februar 2005 in Kraft.

4        Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten verpflichteten sich, ihre gemeinsamen anthropogenen Treibhausgasemissionen, die in Anhang A des Kyoto-Protokolls aufgeführt sind, im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber dem Stand von 1990 um 8 % zu senken (vierter Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie). Zu diesem Zweck sind sie übereingekommen, ihre Verpflichtungen zur Verringerung von Emissionen gemäß Art. 4 des Kyoto-Protokolls aufgrund eines sogenannten „Lastenteilungsübereinkommens“ zu erfüllen; Anhang II der Entscheidung 2002/358 enthält die Tabelle mit den von jedem Mitgliedstaat zu erbringenden Beiträgen.

5        Um den Vertragsparteien die Erreichung ihrer Ziele der Verringerung von Treibhausgasemissionen zu ermöglichen, sieht das Kyoto-Protokoll drei Mechanismen vor, nämlich erstens den internationalen Emissionshandel, zweitens die gemeinsame Durchführung von Projekten zur Reduktion und drittens den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung, wobei die beiden letztgenannten Mechanismen auch als „flexible Mechanismen“ bezeichnet werden. Während die gemeinsame Durchführung von Projekten zur Reduktion auf die Verringerung von Treibhausgasemissionen in den Ländern abzielt, die Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls sind, betrifft der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung Projekte zur Emissionsreduktion, die von den Entwicklungsländern durchzuführen sind, die den Zielen des Kyoto-Protokolls nicht zugestimmt haben.

6        Zum Zweck der Verwirklichung der im Kyoto-Protokoll und in der Entscheidung 2002/358 vorgesehenen Reduktionsziele innerhalb der Gemeinschaft bestimmt die angefochtene Richtlinie, dass die Betreiber der in ihrem Anhang I genannten Anlagen im Rahmen des Emissionshandelssystems ihre Treibhausgasemissionen mit den ihnen nach nationalen Zuteilungsplänen (im Folgenden: NZP) zugeteilten Zertifikaten decken müssen. Gelingt es einem Betreiber, seine Emissionen zu senken, kann er die überschüssigen Zertifikate an andere Betreiber verkaufen. Umgekehrt kann der Betreiber einer Anlage, von der überhöhte Emissionen ausgehen, die erforderlichen Zertifikate von einem Betreiber erwerben, der über Überschüsse verfügt.

7        In den Anwendungsbereich der angefochtenen Richtlinie fallen nach ihrem Anhang I u. a. bestimmte Feuerungsanlagen zur Erzeugung von Energie sowie zur Eisenmetallerzeugung und ­-verarbeitung bestimmte Anlagen wie die „Anlagen für die Herstellung von Roheisen oder Stahl (primär- oder Sekundärschmelzbetrieb), einschließlich Stranggießen, mit einer Kapazität über 2,5 Tonnen pro Stunde“.

8        Die angefochtene Richtlinie sieht eine erste Phase von 2005 bis 2007 (im Folgenden: erste Zuteilungsperiode) vor, die dem ersten Verpflichtungszeitraum des Kyoto-Protokolls vorangeht, und anschließend eine zweite Phase von 2008 bis 2012 (im Folgenden: zweite Zuteilungsperiode), die dem ersten Verpflichtungszeitraum entspricht (Art. 11 der angefochtenen Richtlinie). Während der ersten Zuteilungsperiode gilt die angefochtene Richtlinie nur für ein einziges der in Anhang II aufgeführten Treibhausgase, nämlich CO2, und ausschließlich für die Emissionen aus den in Anhang I aufgeführten Tätigkeiten (Art. 2 der angefochtenen Richtlinie), darunter die Eisenmetallerzeugung und -verarbeitung.

9        Konkreter beruht das Emissionshandelssystem zum einen auf der Vorabgenehmigungspflicht für Treibhausgasemissionen (Art. 4 bis 8 der angefochtenen Richtlinie) und zum anderen auf der Zuteilung von Zertifikaten, die dem daraus berechtigten Betreiber die Emission einer bestimmten Treibhausgasmenge erlauben und ihn verpflichten, jedes Jahr die Anzahl von Zertifikaten abzugeben, die den Gesamtemissionen der Anlage entspricht (Art. 12 Abs. 3 der angefochtenen Richtlinie).

10      Demnach muss jede der in Anhang I der angefochtenen Richtlinie genannten Anlagen über eine von der zuständigen nationalen Behörde erteilte Genehmigung verfügen. Gemäß Art. 4 der angefochtenen Richtlinie „stellen [die Mitgliedstaaten] sicher, dass ab dem 1. Januar 2005 Anlagen die in Anhang I genannten Tätigkeiten, bei denen die für diese Tätigkeiten spezifizierten Emissionen entstehen, nur durchführen, wenn der Betreiber über eine Genehmigung verfügt, die von einer zuständigen Behörde gemäß den Artikeln 5 und 6 erteilt wurde, oder wenn die Anlage gemäß Artikel 27 [dieser Richtlinie] vorübergehend aus dem [Emissionshandelssystem] ausgeschlossen wurde“.

11      Art. 6 Abs. 2 der angefochtenen Richtlinie sieht zudem vor:

„Genehmigungen zur Emission von Treibhausgasen enthalten folgende Angaben:

c)      Überwachungsauflagen, in denen Überwachungsmethode und ‑häufigkeit festgelegt sind,

d)      Auflagen für die Berichterstattung und

e)      eine Verpflichtung zur Abgabe von Zertifikaten in Höhe der – nach Artikel 15 [der angefochtenen Richtlinie] geprüften – Gesamtemissionen der Anlage in jedem Kalenderjahr binnen vier Monaten nach Jahresende.“

12      Die Voraussetzungen und Verfahren, nach denen die zuständigen nationalen Behörden den Betreibern von Anlagen auf der Grundlage eines NZP Zertifikate zuteilen, sind in den Art. 9 bis 11 der angefochtenen Richtlinie vorgesehen.

13      Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der angefochtenen Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten stellen für jeden in Artikel 11 Absätze 1 und 2 [der angefochtenen Richtlinie] genannten Zeitraum einen [NZP] auf, aus dem hervorgeht, wie viele Zertifikate sie insgesamt für diesen Zeitraum zuzuteilen beabsichtigen und wie sie die Zertifikate zuzuteilen gedenken. Dieser [NZP] ist auf objektive und transparente Kriterien zu stützen, einschließlich der in Anhang III genannten Kriterien, wobei die Bemerkungen der Öffentlichkeit angemessen zu berücksichtigen sind. Die Kommission erarbeitet unbeschadet des [EG-]Vertrags bis spätestens 31. Dezember 2003 eine Anleitung zur Anwendung der in Anhang III aufgeführten Kriterien.“

14      Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften erließ eine erste Fassung der genannten Anleitung im Rahmen ihrer Mitteilung KOM (2003) 830 endg. vom 7. Januar 2004 über Hinweise zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der in Anhang III der angefochtenen Richtlinie aufgelisteten Kriterien sowie über die Bedingungen für den Nachweis höherer Gewalt. Mit ihrer Mitteilung KOM (2005) 703 endg. vom 22. Dezember 2005 gab die Kommission neue Hinweise zu den NZP für die zweite Zuteilungsperiode bekannt (im Folgenden: neue Hinweise der Kommission).

15      Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der angefochtenen Richtlinie lautet:

„Für den in Artikel 11 Absatz 1 [der angefochtenen Richtlinie] genannten Zeitraum wird der [NZP] spätestens am 31. März 2004 veröffentlicht und der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten übermittelt. Für die folgenden Zeiträume werden die [NZP] mindestens achtzehn Monate vor Beginn des betreffenden Zeitraums veröffentlicht und der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten übermittelt.“

16      Art. 9 Abs. 3 der angefochtenen Richtlinie bestimmt:

„Innerhalb von drei Monaten nach Übermittlung eines [NZP] durch einen Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 kann die Kommission den [NZP] oder einen Teil davon ablehnen, wenn er mit den in Anhang III aufgeführten Kriterien oder mit Artikel 10 [der angefochtenen Richtlinie] unvereinbar ist. Der Mitgliedstaat trifft eine Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 1 oder 2 [der angefochtenen Richtlinie] nur dann, wenn Änderungsvorschläge von der Kommission akzeptiert werden. Ablehnende Entscheidungen sind von der Kommission zu begründen.“

17      Gemäß Art. 10 der angefochtenen Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten für die erste Zuteilungsperiode mindestens 95 % der Zertifikate und für die zweite Zuteilungsperiode mindestens 90 % kostenlos zuteilen.

18      Art. 11 („Zuteilung und Vergabe von Zertifikaten“) der angefochtenen Richtlinie sieht vor:

„(1)      Für den am 1. Januar 2005 beginnenden Dreijahreszeitraum entscheidet jeder Mitgliedstaat über die Gesamtzahl der Zertifikate, die er für diesen Zeitraum zuteilen wird, sowie über die Zuteilung dieser Zertifikate an die Betreiber der einzelnen Anlagen. Diese Entscheidung wird mindestens drei Monate vor Beginn des Zeitraums getroffen, und zwar auf der Grundlage des gemäß Artikel 9 [der angefochtenen Richtlinie] aufgestellten [NZP], im Einklang mit Artikel 10 [dieser Richtlinie] und unter angemessener Berücksichtigung der Bemerkungen der Öffentlichkeit.

(2)      Für den am 1. Januar 2008 beginnenden Fünfjahreszeitraum und jeden folgenden Fünfjahreszeitraum entscheidet jeder Mitgliedstaat über die Gesamtzahl der Zertifikate, die er für diesen Zeitraum zuteilen wird, und leitet das Verfahren für die Zuteilung dieser Zertifikate an die Betreiber der einzelnen Anlagen ein. Diese Entscheidung wird mindestens zwölf Monate vor Beginn des betreffenden Zeitraums getroffen, und zwar auf der Grundlage des gemäß Artikel 9 [der angefochtenen Richtlinie] aufgestellten [NZP] des Mitgliedstaats, im Einklang mit Artikel 10 [dieser Richtlinie] und unter angemessener Berücksichtigung der Bemerkungen der Öffentlichkeit.

(3)       Entscheidungen gemäß Absatz 1 oder 2 müssen im Einklang mit dem Vertrag, insbesondere mit den Artikeln 87 und 88, stehen. Bei der Entscheidung über die Zuteilung berücksichtigen die Mitgliedstaaten die Notwendigkeit, neuen Marktteilnehmern den Zugang zu Zertifikaten zu ermöglichen.

…“

19      Anhang III der angefochtenen Richtlinie nennt elf Kriterien, die für die NZP gelten.

20      Kriterium 1 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie lautet:

„Die Gesamtmenge der Zertifikate, die im jeweiligen Zeitraum zugeteilt werden sollen, muss mit der in der Entscheidung [2002/358] und im Kyoto-Protokoll enthaltenen Verpflichtung des Mitgliedstaats zur Begrenzung seiner Emissionen in Einklang stehen unter Berücksichtigung des Anteils der Gesamtemissionen, dem diese Zertifikate im Vergleich zu Emissionen aus Quellen entsprechen, die nicht unter diese Richtlinie fallen, sowie der nationalen energiepolitischen Maßnahmen; ferner sollte sie dem nationalen Klimaschutzprogramm entsprechen. Die Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate darf nicht höher sein als der wahrscheinliche Bedarf für die strikte Anwendung der Kriterien dieses Anhangs. Bis 2008 muss die Menge so groß sein, dass sie mit einem Weg zur Erreichung oder Übererfüllung der Zielvorgaben jedes Mitgliedstaats gemäß der Entscheidung [2002/358] und dem Kyoto-Protokoll vereinbar ist.“

21      Kriterium 3 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie sieht vor:

„Die Mengen der Zertifikate, die zugeteilt werden sollen, müssen mit dem Potenzial – auch dem technischen Potenzial – der unter dieses [Emissionshandelssystem] fallenden Tätigkeiten zur Emissionsverringerung in Einklang stehen. Die Mitgliedstaaten können bei ihrer Aufteilung von Zertifikaten die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen je Erzeugnis in den einzelnen Tätigkeitsbereichen und die in diesen Tätigkeitsbereichen erreichbaren Fortschritte zugrunde legen.“

22      Gemäß Kriterium 6 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie muss „[d]er [NZP] Angaben darüber enthalten, wie neue Marktteilnehmer sich am [Emissionshandelssystem] in dem betreffenden Mitgliedstaat beteiligen können“.

23      Dem Kriterium 7 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie zufolge kann „[d]er [NZP] Vorleistungen [zur Emissionsverringerung] berücksichtigen, und er muss Angaben darüber enthalten, wie Vorleistungen Rechnung getragen wird“. Ferner dürfen nach diesem Kriterium „[a]us Referenzdokumenten … zu den besten verfügbaren Technologien resultierende Benchmarks von den Mitgliedstaaten bei der Aufstellung ihrer [NZP] verwendet werden, und diese Benchmarks können ein Element der Ermöglichung frühzeitiger Maßnahmen [zur Emissionsverringerung] enthalten“.

24      Gemäß Art. 12 Abs. 1 der angefochtenen Richtlinie sind Zertifikate zwischen natürlichen und juristischen Personen innerhalb der Gemeinschaft und auf natürliche und juristische Personen in Drittländern übertragbar, soweit zwischen diesen Ländern und der Gemeinschaft gemäß Art. 25 der angefochtenen Richtlinie ein Abkommen geschlossen wurde und eine gegenseitige Anerkennung dieser Zertifikate durch die zuständige Behörde eines jeden Mitgliedstaats gegeben ist. Art. 12 Abs. 3 der angefochtenen Richtlinie bestimmt, dass der Betreiber für jede Anlage bis zum 30. April jeden Jahres eine Anzahl von Zertifikaten an die zuständige Behörde abgibt, die den Gesamtemissionen der Anlage im vorhergehenden Kalenderjahr entspricht, und dass diese Zertifikate anschließend gelöscht werden.

25      Gemäß Art. 13 Abs. 1 der angefochtenen Richtlinie sind die Zertifikate nur gültig für Emissionen während des Zeitraums, für den sie vergeben werden.

26      Gemäß Art. 16 Abs. 2 der angefochtenen Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Namen der Betreiber, die gegen die Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 3 der angefochtenen Richtlinie zur Abgabe einer ausreichenden Anzahl von Zertifikaten verstoßen, veröffentlicht werden. Art. 16 Abs. 3 und 4 der angefochtenen Richtlinie bestimmt, dass Betreibern, die keine ausreichende Anzahl von Zertifikaten zur Abdeckung ihrer Emissionen im Vorjahr abgegeben haben, eine Sanktion wegen Emissionsüberschreitung auferlegt wird, die für jede von der Anlage ausgestoßene und nicht durch ein abgegebenes Zertifikat abgedeckte Tonne CO2-Äquivalent in der ersten Zuteilungsperiode 40 Euro und in den folgenden Perioden 100 Euro beträgt. Darüber hinaus entbindet die Zahlung der für die Emissionsüberschreitung auferlegten Sanktion den Betreiber nicht von der Verpflichtung, Zertifikate in Höhe seiner Gesamtemissionen abzugeben.

27      Vorbehaltlich der Billigung durch die Kommission nach dem in Art. 23 Abs. 2 der angefochtenen Richtlinie in Verbindung mit dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. L 184, S. 23) genannten Verfahren können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 24 der angefochtenen Richtlinie das Emissionshandelssystem unter Berücksichtigung aller einschlägigen Kriterien, insbesondere der Auswirkungen auf den Binnenmarkt, möglicher Wettbewerbsverzerrungen, der Umweltwirksamkeit des Emissionshandelssystems und der Zuverlässigkeit des vorgesehenen Überwachungs- und Berichterstattungsverfahrens, auf zusätzliche Tätigkeiten, Anlagen und Treibhausgase ausweiten.

28      Art. 27 der angefochtenen Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bei der Kommission auch beantragen können, dass bestimmte Anlagen vorübergehend aus dem Emissionshandelssystem ausgeschlossen werden; die Kommission kann diesem Antrag durch Entscheidung stattgeben. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 28 der angefochtenen Richtlinie mit Zustimmung der Kommission den Betreibern, die dies beantragt haben, erlauben, einen Fonds ihrer Anlagen aus demselben Tätigkeitsbereich zu bilden. Gemäß Art. 29 der angefochtenen Richtlinie schließlich können die Mitgliedstaaten bei der Kommission beantragen, dass für bestimmte Anlagen in Fällen höherer Gewalt zusätzliche Zertifikate vergeben werden dürfen.

29      Art. 30 („Überprüfung und weitere Entwicklung“) der angefochtenen Richtlinie sieht vor:

„…

(2)      Auf der Grundlage der Erfahrungen mit der Anwendung dieser Richtlinie und der Fortschritte bei der Überwachung der Treibhausgasemissionen sowie angesichts der Entwicklungen auf internationaler Ebene erstellt die Kommission einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie, in dem sie auf folgende Punkte eingeht:

a)       die Frage, wie und ob Anhang I dahin gehend geändert werden sollte, dass im Hinblick auf eine weitere Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz des [Emissionshandelssystems] andere betroffene Sektoren, wie etwa die Sektoren Chemie, Aluminium und Verkehr, andere Tätigkeiten und Emissionen anderer in Anhang II aufgeführter Treibhausgase aufgenommen werden;

…“

 Sachverhalt und Verfahren

30      Die Klägerin, die Arcelor SA, entstand durch einen Zusammenschluss von ARBED, Aceralia und Usinor im Jahr 2001. Seit ihrem Zusammenschluss mit Mittal im Jahr 2006 trägt sie die Bezeichnung ArcelorMittal und ist zum führenden Stahlerzeuger weltweit geworden. Gleichwohl entfielen zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage mit einem Produktionsvolumen von 44 Millionen Tonnen pro Jahr, von denen über 90 % in der Europäischen Union erzeugt wurden, weniger als 5 % der weltweiten Stahlerzeugung auf die Klägerin. Sie verfügt in der Union über 17 Anlagen zur Herstellung von Roheisen und Stahl in Frankreich (Fos-sur-Mer, Florange und Dünkirchen), in Belgien (Lüttich und Gent), in Spanien (Gijón-Avilés) und in Deutschland (Bremen und Eisenhüttenstadt).

31      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 15. Januar 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

32      In der Klageschrift beantragt die Klägerin,

–        Art. 4, Art. 6 Abs. 2 Buchst. e, Art. 9, Art. 12 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 2 bis 4 in Verbindung mit Art. 2, Anhang I und Kriterium 1 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie insoweit für nichtig zu erklären, als diese Bestimmungen (im Folgenden: streitige Bestimmungen) für Anlagen zur Herstellung von Roheisen oder Stahl einschließlich des Stranggießens mit einer Kapazität von über 2,5 Tonnen pro Stunde gelten;

–        festzustellen, dass das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union den ihr durch den Erlass der streitigen Bestimmungen entstandenen Schaden zu ersetzen haben;

–        dem Parlament und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

33      In der Erwiderung beantragt die Klägerin darüber hinaus hilfsweise, die angefochtene Richtlinie insgesamt für nichtig zu erklären.

34      Mit besonderen Schriftsätzen, die am 1. und 6. April 2004 in das Register des Gerichts eingetragen worden sind, haben das Parlament und der Rat jeweils eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Die Klägerin hat ihre Stellungnahme zu diesen Einreden am 25. Oktober 2004 eingereicht.

35      Die Kommission hat mit Schriftsatz, der am 5. Mai 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung des Parlaments und des Rates zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 24. Juni 2004 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts diese Streithilfe zugelassen. Die Kommission hat im Einklang mit Art. 116 § 4 der Verfahrensordnung ihren auf die Frage der Zulässigkeit beschränkten Streithilfeschriftsatz am 2. September 2004 eingereicht.

36      Das Parlament und der Rat im Rahmen der Erhebung der Einrede der Unzulässigkeit und die Kommission in ihrem Streithilfeschriftsatz zur Zulässigkeit beantragen,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

37      Durch Beschluss des Gerichts vom 26. September 2005 sind die Entscheidung über diese Einreden und die Kostenentscheidung dem Endurteil vorbehalten worden.

38      Der Rat in seiner Klagebeantwortung, das Parlament in seiner Gegenerwiderung und die Kommission in ihrem Streithilfeschriftsatz zur Begründetheit beantragen darüber hinaus hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen.

39      Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen; es hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung das Parlament, den Rat und die Kommission ersucht, vor der Sitzung schriftliche Fragen zu beantworten. Parlament, Rat und Kommission haben diese Fragen fristgemäß beantwortet.

40      Die Parteien haben in der Sitzung vom 15. April 2008 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

41      Der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts hat in der mündlichen Verhandlung das Verfahren nach Anhörung der Parteien gemäß Art. 77 Buchst. a der Verfahrensordnung in Verbindung mit Art. 54 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑127/07 ausgesetzt, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.

42      Nachdem der Gerichtshof am 16. Dezember 2008 das Urteil Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, Slg. 2008, I‑9895) verkündet hat, sind die Parteien aufgefordert worden, zu der Frage Stellung zu nehmen, welche Folgen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gegebenenfalls aus diesem Urteil zu ziehen sind. Nachdem die Parteien fristgerecht Stellung genommen hatten, ist die mündliche Verhandlung geschlossen worden.

43      Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, und es hat die Parteien aufgefordert, zu der Frage Stellung zu nehmen, welche Folgen aus diesem Umstand und insbesondere aus dem Inkrafttreten von Art. 263 Abs. 4 AEUV im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gegebenenfalls zu ziehen sind. Nachdem die Parteien Stellung genommen hatten, ist die mündliche Verhandlung geschlossen worden.

 Rechtliche Würdigung

I –  Zur Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung

A –  Vorbringen der Parteien

1.     Vorbringen des Parlaments, des Rates und der Kommission

44      Das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, sind der Meinung, dass der Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Richtlinie unzulässig sei.

45      Nach Ansicht des Parlaments und des Rates ist die angefochtene Richtlinie eine „echte Richtlinie“ im Sinne von Art. 249 Abs. 3 EG, d. h. ein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung, der von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen ist und abstrakt für objektiv bestimmte Situationen gilt. Eine Klage Einzelner gegen eine solche Richtlinie sei in Art. 230 Abs. 4 EG nicht vorgesehen.

46      Das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, sind ferner der Meinung, dass die Klägerin von den streitigen Bestimmungen weder unmittelbar noch individuell im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG betroffen sei.

47      Zum Kriterium der unmittelbaren Betroffenheit tragen das Parlament und der Rat im Wesentlichen vor, anders als eine Verordnung könne eine „echte Richtlinie“ nicht unmittelbar rechtsverbindliche Auswirkungen auf die Rechtsstellung eines Einzelnen haben oder diesem gar Rechtspflichten auferlegen, bevor auf nationaler oder gemeinschaftlicher Ebene Maßnahmen zu ihrer Umsetzung erlassen worden seien oder die Umsetzungsfrist abgelaufen sei. Daher könne eine derartige Richtlinie als solche diesen Einzelnen nicht unmittelbar im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG betreffen. Somit erlegten die streitigen Bestimmungen hinsichtlich u. a. der Erteilung von Emissionsgenehmigungen, der Verpflichtungen auf dem Gebiet der Überwachung und der Berichterstattung, der Erstellung eines NZP sowie der Vergabe und der Zuteilung von Emissionszertifikaten der Klägerin keinerlei Verpflichtung auf und änderten deren Rechtsstellung nicht, solange sie nicht durch nationale Vorschriften umgesetzt seien.

48      Im Übrigen sind das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, der Ansicht, die angefochtene Richtlinie belasse hinsichtlich ihrer Umsetzung durch nationale Umsetzungsmaßnahmen den Mitgliedstaaten einen sehr weiten Ermessensspielraum, insbesondere in Bezug auf die Ausarbeitung des NZP nach ihrem Art. 9, die Festlegung des Mindestprozentsatzes an kostenlos zuzuteilenden Zertifikaten gemäß ihrem Art. 10, die Festlegung der Gesamtzahl der Zertifikate für die fragliche Zuteilungsperiode nach ihrem Art. 11 und die Vergabe von Zertifikaten an die Betreiber von Anlagen nach den in Anhang III der angefochtenen Richtlinie aufgeführten Kriterien.

49      Der Rat, unterstützt durch die Kommission, tritt der Auffassung entgegen, die angefochtene Richtlinie nehme der Klägerin den Vorteil, den sie durch die aufgrund der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. L 257, S. 26) erteilten Emissionsgenehmigungen erlangt habe. Die Richtlinie 96/61 sei nur ein Instrument der Koordinierung, das einen allgemeinen Rahmen für die sektoriellen Rechtsvorschriften setze und u. a. die allgemeinen Pflichten der Betreiber und die Genehmigungsauflagen festlege (neunter Erwägungsgrund der Richtlinie 96/61). Sie verleihe jedoch keine Emissionsrechte und bilde auch keine unmittelbare Rechtsgrundlage für deren Verleihung. Insbesondere werde in der Richtlinie 96/61 selbst kein Emissionsniveau festgesetzt (Art. 18 der Richtlinie 96/61).

50      Das Parlament und der Rat ziehen aus alledem den Schluss, dass die Klägerin von den streitigen Bestimmungen nicht unmittelbar betroffen sei.

51      Zum Kriterium der individuellen Betroffenheit führt der Rat aus, die angefochtene Richtlinie gelte generell und abstrakt für alle Marktteilnehmer, die die in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführten Tätigkeiten ausübten, sowie für alle CO2 emittierenden Großanlagen, einschließlich der Anlagen zur Herstellung von Roheisen oder Stahl. Die Klägerin habe jedoch nicht nachgewiesen, dass sich ihre Lage von der anderer Hersteller von Roheisen oder Stahl unterscheide. Zudem seien die Mitgliedstaaten gemäß Kriterium 6 des Anhangs III und Art. 11 Abs. 3 der angefochtenen Richtlinie verpflichtet, neuen Marktteilnehmern den Zugang zu Zertifikaten zu erleichtern. Darüber hinaus habe die angefochtene Richtlinie seit dem 1. Mai 2004 für die Hersteller von Roheisen oder Stahl mit Sitz in den zehn Mitgliedstaaten gegolten, die der Union zu diesem Zeitpunkt beigetreten seien und deren Tätigkeiten ebenfalls von Anhang I dieser Richtlinie erfasst würden.

52      Das Parlament und der Rat sind der Meinung, dass weder Art. 175 Abs. 1 EG als Rechtsgrundlage für Handlungen der Gemeinschaft im Umweltbereich noch Art. 174 EG dem Gemeinschaftsgesetzgeber eine Verpflichtung auferlegt, bei Erlass von Maßnahmen mit allgemeiner Geltung die besondere Situation bestimmter Marktteilnehmer zu berücksichtigen. Eine solche Verpflichtung ergebe sich auch nicht aus einer anderen höherrangigen Rechtsnorm wie den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung oder den Grundrechten. Nach Ansicht des Parlaments und des Rates würden die Anforderungen des Art. 230 Abs. 4 EG aber ihres Inhalts beraubt, könnte man aus diesen höherrangigen Rechtsnormen das Recht eines Einzelnen zur Erhebung einer Direktklage vor dem Gemeinschaftsrichter ableiten. Auf jeden Fall habe die Klägerin nicht dargetan, dass die streitigen Bestimmungen für ihre besondere Situation so „dramatische Folgen“ zeitigten, dass sie als Verstoß gegen die geltend gemachten höherrangigen Rechtsnormen betrachtet werden könnten.

53      Insoweit tritt der Rat dem Vorbringen der Klägerin entgegen, sie sei als größter Stahlhersteller in Europa, dessen Lage aufgrund seiner laufenden Umstrukturierung, seines begrenzten Gewinns und der bereits erzielten erheblichen Reduzierungen der CO2-Emissionen einzigartig sei, besonders stark betroffen. Dafür, dass ein Rechtsakt bestimmte Marktteilnehmer individuell betreffe, reiche es nicht aus, dass sie von diesem Rechtsakt wirtschaftlich stärker betroffen seien als ihre Konkurrenten. Die Klägerin sei schlicht aufgrund ihrer objektiven Situation als Hersteller von Roheisen oder Stahl in gleicher Weise betroffen wie jeder andere Marktteilnehmer in gleicher Lage. Auch der Umstand, dass ein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung für die einzelnen Rechtssubjekte, für die er gelte, unterschiedliche konkrete Auswirkungen haben könne, sei nicht geeignet, die Klägerin aus dem Kreis aller übrigen betroffenen Marktteilnehmer herauszuheben, da die Anwendung dieses Rechtsakts, wie die der angefochtenen Richtlinie, aufgrund einer objektiv bestimmten Situation erfolge.

54      Auf das Vorbringen der Klägerin, die angefochtene Richtlinie behindere die Umstrukturierung ihres Konzerns dadurch, dass sie keine grenzüberschreitende Übertragung von Zertifikaten erlaube, die an die Produktionskapazitäten von in verschiedenen Mitgliedstaaten belegenen Anlagen geknüpft seien, entgegnet der Rat, die Klägerin habe nicht erläutert, aus welchen Gründen sie der einzige betroffene Hersteller sein solle, obwohl sie selbst das Beispiel der laufenden Umstrukturierung der Gesellschaft Corus erwähnt habe. Jedenfalls stehe die etwaige Möglichkeit, die stillgelegten Anlagen zugeteilten Zertifikate zu verwenden, weitgehend im Ermessen der Mitgliedstaaten. So habe fast die Hälfte von ihnen die Übertragung von Zertifikaten einer stillgelegten Anlage auf eine Ersatzanlage gestattet, auch wenn in mehreren Fällen diese Übertragungen nur innerhalb desselben Mitgliedstaats möglich seien. Der Rat, unterstützt durch die Kommission, macht darüber hinaus geltend, dass sich sämtliche Mitgliedstaaten in Ausübung ihres Ermessens dafür entschieden hätten, gemäß Art. 11 Abs. 3 und Kriterium 6 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie neuen Marktteilnehmern kostenlos Zertifikate aus der Reserve zuzuteilen. Zudem könnte die Klägerin, selbst unterstellt, sie sei nicht in der Lage, die stillzulegenden Anlagen zugeteilten Zertifikate auf andere Anlagen ihres Konzerns zu übertragen, bei der Ausweitung der Kapazitäten dieser anderen Anlagen gleichwohl Anspruch auf kostenlose Zuteilung von Zertifikaten erheben, da der Begriff „neuer Marktteilnehmer“ im Sinne von Art. 3 Buchst. h der angefochtenen Richtlinie die Erweiterung einer bestehenden Anlage erfasse. Schließlich weist der Rat in Bezug auf etwaige Vorleistungen zur Emissionsverringerung darauf hin, dass gemäß Kriterium 7 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie ein NZP solche Maßnahmen berücksichtigen könne und dass die Mitgliedstaaten insoweit über einen gewissen Handlungsspielraum verfügten.

55      Nach Ansicht des Parlaments und des Rates hat die Klägerin nicht dargetan, dass sie sich im Hinblick auf die angefochtene Richtlinie in einer Situation befunden habe, die derjenigen der Klägerinnen in den Rechtssachen entspreche, in denen die Urteile des Gerichtshofs vom 17. Januar 1985, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission (11/82, Slg. 1985, 207), vom 26. Juni 1990, Sofrimport/Kommission (C‑152/88, Slg. 1990, I‑2477, Randnr. 28), und vom 18. Mai 1994, Codorníu/Rat (C‑309/89, Slg. 1994, I‑1853), und die Urteile des Gerichts vom 14. September 1995, Antillean Rice Mills u. a./Kommission (T‑480/93 und T‑483/93, Slg. 1995, II‑2305, Randnr. 67), und vom 17. Juni 1998, UEAPME/Rat (T‑135/96, Slg. 1998, II‑2335), ergangen seien. Was das Vorbringen zu den langfristigen Gaslieferungsverträgen angeht, die die Klägerin vor dem Erlass der angefochtenen Richtlinie mit Kraftwerken geschlossen habe, vertritt der Rat die Ansicht, dass die beiden kumulativen Voraussetzungen, auf die in den genannten Urteilen bei der Ermittlung des Vorliegens einer individuellen Betroffenheit im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG abgestellt worden sei, nämlich zum einen das Vorliegen einer höherrangigen Rechtsnorm, die die Gemeinschaftsorgane verpflichte, die besondere Situation des Klägers gegenüber der aller übrigen betroffenen Personen zu berücksichtigen, und zum anderen der Umstand, dass die Erfüllung der in Rede stehenden Verträge durch den angefochtenen Rechtsakt ganz oder teilweise verhindert werde, im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien. Die Klägerin bestätige selbst, dass das von diesen Verträgen erfasste Gas sowohl an ihre eigenen als auch an dritte Kraftwerke geliefert werde. Folglich könne sie Zertifikate in Anspruch nehmen, die den ihrer Gruppe zugehörenden Kraftwerken zugeteilt seien, oder sie zwischen ihren verschiedenen Produktionsanlagen übertragen. Nach Nr. 92 der Hinweise der Kommission (siehe oben, Randnr. 14) obliege es nämlich den Mitgliedstaaten, über die Verteilung der Zertifikate zwischen zwei Anlagen zu entscheiden, wenn ein Abgas aus dem Produktionsprozess einer Anlage in einer anderen Anlage als Brennstoff eingesetzt werde. Somit könne der Mitgliedstaat beschließen, Zertifikate dem Betreiber der Anlage zuzuteilen, die das Abgas überträgt, im vorliegenden Fall also einem Hersteller von Roheisen oder Stahl, und zwar selbst dann, wenn die Emissionen aus der Verbrennung dieses Gases nicht von der Stahlproduktionsanlage als solcher, sondern vom Kraftwerk erzeugt würden. Unter diesen Umständen habe die Klägerin nicht dargetan, dass die angefochtene Richtlinie die Erfüllung der fraglichen Gaslieferungsverträge verhindere. Jedenfalls lasse sich allein anhand des Umstands, dass durch die angefochtene Richtlinie über nationale Umsetzungsmaßnahmen die Erfüllung dieser Verträge erschwert werden könnte, nicht feststellen, dass die Klägerin individuell betroffen sei.

56      Das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, weisen darauf hin, dass die Klägerin auch nicht dargetan habe, dass sie zu einer geschlossenen Gruppe von Herstellern gehöre. Da die angefochtene Richtlinie eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung sei, die auf alle Betreiber Anwendung finde, die die in ihrem Anhang I umschriebenen Tätigkeiten ausübten, sei die Klägerin nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Hersteller von Roheisen und Stahl in gleicher Weise betroffen wie alle übrigen Marktteilnehmer in gleicher Lage. Dass es zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Richtlinie möglicherweise nur 15 Hersteller von Roheisen oder Stahl gegeben habe, reiche daher nicht aus, um die Klägerin zu individualisieren. Nach Ansicht des Parlaments kann selbst die Tatsache, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Richtlinie zu einer „geschlossenen und feststellbaren“ Gruppe gehört habe oder wirtschaftlich stärker betroffen gewesen sei als ihre Konkurrenten, nicht dazu führen, sie als Adressatin zu individualisieren.

57      Der Rat bestreitet, dass die Klägerin aufgrund ihrer besonderen Situation zum „Nettokäufer von Zertifikaten“ werden könne. Er erinnert insoweit erstens daran, dass die Mitgliedstaaten in der ersten Zuteilungsperiode mindestens 95 % der im NZP vorgesehenen Zertifikate gegenüber mindestens 90 % in der zweiten Zuteilungsperiode kostenlos zuteilen müssten. Zweitens seien gemäß Art. 12 Abs. 1 und 2 der angefochtenen Richtlinie die Zertifikate ohne Einschränkung sowohl innerhalb derselben Unternehmensgruppe als auch auf weitere Personen in der Gemeinschaft oder in Drittstaaten übertragbar. Drittens werde die Zahl der ursprünglich zugeteilten Zertifikate durch Ermessensentscheidung eines jeden Mitgliedstaats unter Berücksichtigung einer Reihe von Faktoren und Kriterien festgelegt (siehe oben, Randnrn. 48 ff.). Schließlich böten die flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls (siehe oben, Randnr. 5) den Herstellern von Roheisen oder Stahl die Möglichkeit, aufgrund der betroffenen Projekte erlangte Emissionsgutschriften im Rahmen des Emissionshandelssystems in nutzbare Zertifikate umzuwandeln. Folglich sei die Klägerin in der Lage, für ihre gesamten Emissionen kostenlos Zertifikate zu erlangen.

58      Der Rat, unterstützt durch die Kommission, tritt anhand von Studien der Auffassung entgegen, die Hersteller von Roheisen oder Stahl befänden sich in einer „Situation einzigartiger Einschnürung“, weil der Stahlindustrie die technische Möglichkeit zur stärkeren Verringerung von CO2-Emissionen fehle. Er macht insoweit im Wesentlichen geltend, dass es im Stahlsektor sowohl kurz- als auch langfristig technische Möglichkeiten zur Verringerung dieser Emissionen gebe, dass die Gemeinschaft für entsprechende Forschungen eine erhebliche finanzielle Unterstützung bereitstelle und dass das Emissionshandelssystem den Herstellern von Roheisen oder Stahl wirtschaftliche Anreize biete, ihre CO2-Emissionen stärker zu reduzieren.

59      Zur Behauptung der Klägerin, die Hersteller von Roheisen oder Stahl seien nicht in der Lage, eine sich aus der Notwendigkeit zum Kauf von Emissionszertifikaten ergebende etwaige Erhöhung der Produktionskosten auf ihre Kunden abzuwälzen, bemerkt der Rat, unterstützt durch die Kommission, dass das etwaige Bedürfnis eines solchen Herstellers, Zertifikate zu kaufen, von der ihm aufgrund des NZP zugeteilten ursprünglichen Menge an Zertifikaten sowie von seinen Anstrengungen um eine Emissionsverringerung abhängen werde. Die Klägerin verweise selbst auf den Umstrukturierungsprozess in ihrem Konzern und auf den Rückgang der Anzahl ihrer Hochöfen bis 2012, der vermutlich als solcher zu einer Emissionsverringerung führen müsste. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Hochöfen der Klägerin entsprechend ihrer öffentlichen Ankündigung durch Lichtbogenöfen ersetzt würden, deren CO2-Emissionen pro Tonne erzeugten Stahls geringer seien. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerin zusätzliche Zertifikate kaufen müsste, könnten die damit verbundenen Kosten aufgrund eines erheblichen Preisanstiegs im wachsenden Stahlsektor zumindest teilweise auf die Verbraucher abgewälzt werden.

60      Das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, ziehen aus alledem den Schluss, dass die Klägerin von der angefochtenen Richtlinie nicht individuell betroffen sei und dass der Antrag auf Nichtigerklärung dementsprechend für unzulässig erklärt werden müsse.

61      Des Weiteren macht das Parlament, unterstützt durch die Kommission, die Unzulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung insoweit geltend, als die streitigen Bestimmungen sich nicht vom Rest der angefochtenen Richtlinie trennen ließen, ohne diese ihres Inhalts zu berauben. Würde nämlich, so das Parlament, beispielsweise die Genehmigungspflicht für Treibhausgasemissionen (Art. 4 und 6) und für NZP (Art. 9) aufgehoben, führte dies zu einem Rechtsakt mit völlig „umgekehrtem“ Inhalt.

62      Das Parlament tritt insoweit der Behauptung der Klägerin entgegen, das Emissionshandelssystem bleibe „im Wesentlichen unangetastet“, wenn die Hersteller von Roheisen oder Stahl von seinem Anwendungsbereich ausgenommen würden, denn dieser Aspekt stehe in keinerlei Zusammenhang mit der Frage, ob die Nichtigerklärung der streitigen Bestimmungen eine inhaltliche Änderung des verbleibenden Teils der angefochtenen Richtlinie bewirken würde. Darüber hinaus kann nach Ansicht des Parlaments und des Rates der verspätete Versuch der Klägerin, im Stadium der Erwiderung und damit entgegen Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung, ihren Antrag dahin zu ändern, dass ihre Klage nunmehr so zu verstehen sei, dass sie „einen Antrag auf vollständige Nichtigerklärung der [angefochtenen] Richtlinie umfasst, falls eine teilweise Nichtigerklärung nicht möglich ist“, keinen Erfolg haben. Diese Vorgehensweise laufe darauf hinaus, den ursprünglichen, auf eine „teilweise Nichtigerklärung“ der angefochtenen Richtlinie gerichteten Antrag der Klägerin nicht einzuschränken, sondern ihn zu erweitern. Die Klägerin habe jedoch keine neuen rechtlichen und tatsächlichen Gründe vorgebracht, die im Sinne von Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung erst während des Verfahrens zutage getreten seien und die Einführung eines neuen Angriffsmittels rechtfertigen könnten.

63      Demnach ist der Antrag auf Nichtigerklärung nach Ansicht des Parlaments und des Rates auch aus diesem Grund für unzulässig zu erklären.

64      In ihrer Stellungnahme zu der Frage, welche Folgen aus dem Inkrafttreten von Art. 263 Abs. 4 AEUV zu ziehen sind, tragen das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, vor, dieser Umstand sei nicht geeignet, diese Beurteilung zu ändern, da dieser Artikel auf das vorliegende Verfahren nicht anwendbar sei und es sich bei der angefochtenen Richtlinie nicht um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne dieser Bestimmung handele.

2.     Vorbringen der Klägerin

65      Die Klägerin macht zunächst geltend, dass nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 230 Abs. 4 EG der Umstand, dass es sich bei der angefochtenen Maßnahme um eine Richtlinie handelt, allein nicht ausreiche, um eine Nichtigkeitsklage für unzulässig zu erklären. Eine gegen bestimmte Vorschriften einer Richtlinie gerichtete Klage sei daher zulässig, wenn der Kläger von diesen Bestimmungen unmittelbar und individuell betroffen sei.

66      Was das Kriterium der unmittelbaren Betroffenheit angehe, lasse, auch wenn unmittelbare Auswirkungen der Richtlinie auf die Rechtsstellung von Marktteilnehmern gemäß Art. 249 Abs. 3 EG eine Umsetzungsmaßnahme seitens der Mitgliedstaaten voraussetzten, dieses Erfordernis allein noch nicht den Schluss zu, dass die Klägerin nicht im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar betroffen sei. Andernfalls könnten Richtlinien nie von einem solchen Marktteilnehmer angefochten werden, was weder mit der Rechtsprechung noch mit dem Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu vereinbaren wäre. Belasse eine Maßnahme der Gemeinschaft, eine Richtlinie eingeschlossen, den Mitgliedstaaten hinsichtlich der dem Kläger aufzuerlegenden Verpflichtung keinen Ermessensspielraum, erfolge ihre Umsetzung also vielmehr rein automatisch, sei ein solcher Kläger unmittelbar betroffen. Die Organe könnten nämlich nicht allein durch die Wahl der Form des erlassenen Rechtsakts diesem Kläger den in Art. 230 Abs. 4 EG vorgesehenen gerichtlichen Rechtsschutz nehmen.

67      Im vorliegenden Fall beließen die streitigen Bestimmungen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der der Klägerin aufzuerlegenden Verpflichtungen keinen Ermessensspielraum.

68      Die Klägerin weist hierzu erstens darauf hin, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 der angefochtenen Richtlinie sicherstellen müssten, dass ab dem 1. Januar 2005 die Hersteller von Roheisen oder Stahl ihre Anlagen nicht ohne Emissionsgenehmigung betrieben. Die Mitgliedstaaten verfügten insoweit über keinerlei Ermessen. Art. 27 Abs. 1 der angefochtenen Richtlinie sehe lediglich die Möglichkeit eines vorübergehenden Ausschlusses bestimmter Anlagen aus dem Emissionshandelssystem bis zum 31. Dezember 2007 vor, was zur Folge habe, dass die Genehmigungspflicht spätestens seit dem 1. Januar 2008 bestanden hätte. Auch die in Art. 27 Abs. 2 der angefochtenen Richtlinie vorgesehene Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, einen vorübergehenden Ausschluss von 2005 bis 2007 zu gewähren, verleihe ihnen kein Ermessen und sei aufgrund ihrer restriktiven Voraussetzungen nicht von praktischem Interesse.

69      Zweitens sei das Argument, die Mitgliedstaaten verfügten bei der Ausarbeitung der NZP über ein weites Ermessen, unerheblich, da die angefochtene Richtlinie klar zwischen der Genehmigung (Art. 4) und den Zertifikaten (Art. 9) unterscheide. Schon die Genehmigungspflicht für CO2-Emissionen als solche wirke sich dadurch auf die Rechtsstellung der Klägerin aus, als sie die aufgrund der Richtlinie 96/61 erteilten Betriebsgenehmigungen und Rechte zur Emission von CO2, die sie früher für ihre Produktionsanlagen erhalten habe, teilweise wertlos mache. Gemäß Art. 6 Abs. 2 der angefochtenen Richtlinie sei diese Genehmigung nämlich von zusätzlichen Anforderungen hinsichtlich der Überwachung und Berichterstattung sowie der Verpflichtung zur Abgabe der in jedem Kalenderjahr zur Abdeckung der CO2-Emissionen der betreffenden Anlage erforderlichen Zertifikate abhängig. Die Mitgliedstaaten hätten hinsichtlich der der Klägerin insoweit aufzuerlegenden Verpflichtungen keinen Ermessensspielraum.

70      Drittens müsse gemäß Art. 9 der angefochtenen Richtlinie in Verbindung mit Kriterium 1 des Anhangs III dieser Richtlinie die Gesamtmenge der Zertifikate, die in der Referenzzuteilungsperiode zugeteilt würden, zum einen mit der Verpflichtung des Mitgliedstaats gemäß der Entscheidung 2002/358 und dem Kyoto-Protokoll zur Begrenzung seiner Emissionen im Einklang stehen und dürfe zum anderen nicht höher sein als der Bedarf für die strikte Anwendung der Kriterien des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie. Demnach hätten die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate ohne jeden Ermessensspielraum eine „absolute Obergrenze an Zertifikaten“ zu beachten. Diese Auslegung werde durch Nr. 10 der Neuen Hinweise der Kommission zu Kriterium 3 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie bestätigt (siehe oben, Randnr. 14).

71      Viertens schließlich müssten die Mitgliedstaaten gemäß Art. 12 Abs. 3 und Art. 16 der angefochtenen Richtlinie, ohne insoweit über ein Ermessen zu verfügen, alle Betreiber verpflichten, spätestens am 30. April jeden Jahres eine Menge von Zertifikaten abzugeben, die ihren Gesamtemissionen im vorhergehenden Kalenderjahr entspreche, und Sanktionen gegen sie verhängen, falls sie dieser Verpflichtung nicht nachkämen.

72      Die Klägerin leitet daraus ab, dass die streitigen Bestimmungen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der ihr aufzuerlegenden Verpflichtungen keinen Ermessensspielraum beließen und diese Bestimmungen sie daher im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar beträfen.

73      Die Klägerin hält sich von den streitigen Bestimmungen auch für individuell betroffen. Zum einen sei der Gemeinschaftsgesetzgeber verpflichtet, die sich aus ihnen ergebenden schwerwiegenden Folgen für die besondere Situation der Klägerin zu berücksichtigen, und zum anderen gehöre sie zu einer geschlossenen Gruppe, die aus einer begrenzten Anzahl von Herstellern von Roheisen oder Stahl bestehe, die von diesen Bestimmungen betroffen seien.

74      Erstens sei die Verpflichtung des Gemeinschaftsgesetzgebers, die Folgen des Rechtsakts, den er zu erlassen beabsichtige, für die Situation bestimmter Einzelner zu berücksichtigen, geeignet, diese zu individualisieren (oben in Randnr. 55 angeführte Urteile Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Randnr. 19, Sofrimport/Kommission, Randnr. 11, und Codorníu/Rat, Randnr. 20), wobei diese Verpflichtung ihren Ursprung entweder in einer besonderen Bestimmung des EG-Vertrags (Urteil Antillean Rice Mills u. a./Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 67) oder in jeder anderen höherrangigen Rechtsnorm (Urteil UEAPME/Rat, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 90) wie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Grundsatz der Gleichbehandlung und den Grundrechten haben könne.

75      Die Klägerin trägt hierzu im Wesentlichen vor, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber zur Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung sowie ihres Eigentumsrechts und ihrer Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung die sehr schwerwiegenden Folgen der angefochtenen Richtlinie für ihre besondere Situation hätte berücksichtigen müssen. So habe er dadurch, dass er es entgegen den ursprünglichen Vorschlägen des Parlaments und der Kommission unterlassen habe, weitere Sektoren – insbesondere die konkurrierenden Sektoren der Nichteisenmetalle und der chemischen Erzeugnisse – in Anhang I der angefochtenen Richtlinie einzubeziehen, gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs verstoßen. Ebenso habe er das Eigentumsrecht, die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung der Klägerin sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch verletzt, dass er verkannt habe, dass den Herstellern von Roheisen oder Stahl eine stärkere Verringerung von CO2-Emissionen technisch und wirtschaftlich nicht möglich sei. Damit habe der Gemeinschaftsgesetzgeber der Klägerin eine übermäßige Belastung auferlegt, die ihre Existenz bedrohe, da sie zwangsläufig zu einem „Nettokäufer von Zertifikaten“ werde, ohne die Möglichkeit zu haben, die damit verbundenen Kosten auf ihre Kunden abzuwälzen. Darüber hinaus seien die streitigen Bestimmungen auch insofern unverhältnismäßig, als sie nicht von Maßnahmen begleitet würden, die ihre verheerenden Folgen für die Klägerin zumindest milderten, wie ein Mechanismus zur Regelung des Preises der Zertifikate oder die Möglichkeit ihrer grenzüberschreitenden Übertragung innerhalb derselben Unternehmensgruppe. Durch das Fehlen einer solchen Übertragungsmöglichkeit, das die Umstrukturierungsbemühungen der Klägerin und ihre Wettbewerbsfähigkeit ernsthaft beeinträchtige, verletze die angefochtene Richtlinie auch das Eigentumsrecht der Klägerin und ihre Niederlassungsfreiheit. Die nicht hinnehmbare Beschränkung ihrer Niederlassungsfreiheit, die sich daraus ergebe, dass es in der angefochtenen Richtlinie an einer Vorschrift fehle, die die grenzüberschreitende Übertragung von Emissionszertifikaten zwischen verschiedenen Anlagen derselben Unternehmensgruppe zulasse, könne nicht durch das Vorbringen relativiert werden, bei einer Ausweitung der Produktionskapazitäten einer Anlage könnten die Vorschriften über die Zuteilung für die „neuen Marktteilnehmer“ in Anspruch genommen werden, da deren Anwendung im Ermessen des betreffenden Aufnahmemitgliedstaats stehe.

76      Zweitens gehöre die Klägerin zu einer geschlossenen Gruppe von Unternehmen, die von der angefochtenen Richtlinie besonders betroffen seien. In der Union mit 15 Mitgliedstaaten hätten nur 15 Unternehmen oder Unternehmensgruppen Anlagen zur Herstellung von Roheisen oder Stahl betrieben, nämlich die Klägerin, Corus, ThyssenKrupp, HKM, Riva, Luccini, SSAB, Voest Alpine, Salzgitter, Duferco, Rauttaruukki, Fundia, Saint-Gobain, DHS und die Neue Maxhütte, zu denen seit dem 1. Mai 2004 fünf Hersteller von Roheisen oder Stahl aus den zehn neuen Mitgliedstaaten hinzugekommen seien, nämlich Ispat Polska, die Czech Steel Company, Moravia Steel, Dunaferr Dunai und US Steel Košice. Allein aufgrund der Erweiterung der Union könne diese Gruppe jedoch nicht ihre Eigenschaft als geschlossene Gruppe im Sinne der Rechtsprechung verloren haben, da diese Erweiterung bereits vor dem Inkrafttreten der angefochtenen Richtlinie in Art. 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33) vorgesehen gewesen sei. Außerdem sei der Markteintritt neuer Marktteilnehmer durch die Aufnahme des Neubetriebs von Hochöfen keine wirtschaftlich gangbare Option und daher faktisch ausgeschlossen. Seit dem Inkrafttreten der angefochtenen Richtlinie und in Anbetracht des Rückgangs der Anzahl von Hochöfen in der Union seit 1975 könne sich ein neuer Marktteilnehmer nämlich nur über einen Erwerb auf dem Markt etablieren.

77      Die „Situation einzigartiger Einschnürung“ dieser Gruppe von Herstellern, die sie von jeder anderen Person unterscheide, ergebe sich daraus, dass, im Unterschied zur Situation in anderen betroffenen Wirtschaftssektoren wie dem Zement-, dem Strom-, dem Papier- und dem Glassektor, die Hersteller von Roheisen oder Stahl aus technischen Gründen in absehbarer Zukunft nicht in der Lage seien, gemäß den Zielen der angefochtenen Richtlinie die CO2-Emissionen nennenswert zu verringern. Daher hätten die zu dieser Gruppe zählenden Hersteller in Wirklichkeit nicht die Wahl zwischen einer Emissionsverringerung und dem Kauf zusätzlicher Zertifikate, so dass sie zwangsläufig zu „Nettokäufern von Zertifikaten“ würden. Im Prozess der Stahlerzeugung sei wegen der Verwendung von Kohle als Roh- und nicht als Brennstoff die Emission von CO2 unvermeidlich. Es gebe auch keine rentable Ersatzlösung zur Verringerung von CO2-Emissionen, beispielsweise durch den Einsatz eines anderen Brennstoffs wie Erdgas. Die Perfektionierung der Hochofentechnologie sei in Bezug auf die Energieeffizienz an ihre theoretische Grenze gestoßen, was immer noch den Ausstoß von zwei Tonnen CO2 je Tonne erzeugten Stahls bedeute. Eine weitere Emissionsverringerung sei nur durch einen technischen Fortschritt möglich, dessen Entwicklung mindestens 20 bis 30 Jahre dauere. Demgegenüber sei eine Drosselung der Produktion nicht möglich, da Hochöfen aus technischen Gründen stets auf einem Niveau nahe ihrer vollen Auslastung betrieben werden müssten.

78      Die Klägerin trägt anhand von Studien vor, dass die Hochofenbetreiber die vorhandene Technik, bei der der Spielraum für Fortschritte sehr gering sei, etwa noch während der kommenden 25 Jahre einsetzen müssten, da alle Versuche, sie zu ersetzen, aus technischen und/oder wirtschaftlichen Gründen bisher gescheitert seien. Sie fügt hinzu, dass die von ihr bis zum Jahr 2002 erzielten Emissionsverringerungen entgegen dem Vorbringen des Rates nicht das Ergebnis technischer Verbesserungen, sondern hauptsächlich der Stilllegung von fünf Hochöfen, der Kapazitätsausweitung anderer Anlagen sowie der Ersetzung lothringischen Erzes durch brasilianisches Erz als Rohstoff mit besserer Energieeffizienz zu verdanken seien. Auch die von der Klägerin für den Zeitraum von 2008 bis 2012 angestrebte Verringerung müsse insbesondere durch die Stilllegung von Anlagen in Verbindung mit einer Verlagerung der Produktion auf Anlagen in anderen Mitgliedstaaten erzielt werden.

79      Zudem sei der Stahlsektor der einzige der vier in Anhang I der angefochtenen Richtlinie aufgeführten Bereiche, der sich dem Wettbewerb mit anderen, nicht in dieser Richtlinie aufgeführten Bereichen, nämlich dem Nichteisenmetall- und dem Kunststoffsektor, stellen müsse. Diese äußerst nachteilige Wettbewerbssituation der Hersteller von Roheisen oder Stahl werde noch durch eine „sehr konzentrierte“ Nachfrage insbesondere der Automobilindustrie auf der einen und durch einen verstärkten Wettbewerb aus nicht von der angefochtenen Richtlinie erfassten Bereichen sowie durch Stahlhersteller aus Drittstaaten wie den Vereinigten Staaten von Amerika, die nicht den sich aus dem Kyoto-Protokoll ergebenden Verpflichtungen unterlägen und auf die 65 % der weltweiten Erzeugung entfielen, auf der anderen Seite verschärft. Somit seien die europäischen Stahlhersteller nicht in der Lage, den durch die Notwendigkeit zum Kauf von CO2-Zertifikaten verursachten Anstieg der Produktionskosten auf ihre Kunden abzuwälzen, was ihre ohnehin schon geringe Rentabilität weiter schmälere. Die Wettbewerbssituation der übrigen von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Bereiche sei insoweit anders. Die Energielieferanten beispielsweise hätten in Anbetracht der Veranschlagung eines erheblichen Anstiegs der Strompreise die Möglichkeit, jede etwaige Erhöhung ihrer Produktionskosten auf ihre Kunden abzuwälzen und ihre Rentabilität spürbar zu verbessern.

80      Demgegenüber werde selbst der jüngste Anstieg des Stahlpreises die Klägerin nicht in die Lage versetzen, den sich aus der Notwendigkeit zum Kauf von Emissionszertifikaten ergebenden Anstieg der Produktionskosten auf ihre Kunden abzuwälzen. Dieser Preisanstieg sei lediglich das Ergebnis weltweit steigender Rohstoff- und Transportkosten. Die europäischen Hersteller von Roheisen oder Stahl sähen sich auf dem Weltmarkt aber einem starken Wettbewerb seitens der Hersteller aus Drittländern ausgesetzt, die entweder, wie die Vereinigten Staaten von Amerika, das Commonwealth of Australia und die Republik Türkei das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert hätten, oder wie die Republik Indien, die Volksrepublik China und die Föderative Republik Brasilien das Kyoto-Protokoll zwar ratifiziert hätten, zunächst aber nicht zu einer Verringerung ihrer CO2-Emissionen verpflichtet seien (Anlage B zum Kyoto-Protokoll) oder aufgrund des Kyoto-Protokolls lediglich verpflichtet seien, das gegenwärtige Emissionsniveau aufrechtzuerhalten, was bei der Russischen Föderation und der Ukraine der Fall sei. Daher entstünden allein den europäischen Herstellern von Roheisen oder Stahl zusätzliche Produktionskosten, die auf die Umsetzung des Kyoto-Protokolls zurückzuführen seien, wobei sie zugleich einem immer heftigeren Wettbewerbsdruck durch Stahleinfuhren aus Drittländern ausgesetzt seien, deren Umfang vom Preisniveau auf dem europäischen Markt abhänge. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Kosten von 26 Euro pro Emissionszertifikat für eine Tonne emittierten CO2 verursache die Produktion einer Tonne Stahl, mit der die Emission von etwa zwei Tonnen CO2 einhergehe, Zusatzkosten in Höhe von 52 Euro, während der Gesamtpreis für den Transport einer Tonne Stahl normalerweise nicht höher sei als 20 Euro. Anders als bei den Herstellern von Roheisen oder Stahl bestehe insbesondere bei den in Deutschland und im Vereinigten Königreich ansässigen Energielieferanten die Vermutung, dass sie den Wert der kostenlos erlangten Emissionszertifikate in den Strompreis einbezögen, um daraus außergewöhnliche Gewinne zu erzielen.

81      Die Klägerin kommt nach alledem zu dem Ergebnis, dass die Hersteller von Roheisen oder Stahl in der Union sich in einer „Situation einzigartiger Einschnürung“ befänden, die sie von jeder anderen Person unterscheide. Diese Situation werde noch dadurch verschärft, dass die angefochtene Richtlinie weder eine Obergrenze noch einen Mechanismus zur Regelung des Preises der Emissionszertifikate vorsehe. Jüngeren Studien zufolge sähen sich die Hersteller von Roheisen oder Stahl somit für ein Zertifikat, das den Ausstoß einer Tonne CO2 erlaube, einem Preis von 20 bis 60 Euro und mehr ausgesetzt, während bereits ein Preis von 20 Euro den Bruttogewinn des Stahlsektors zunichte mache.

82      Drittens hält sich die Klägerin für durch die angefochtene Richtlinie besonders stark beeinträchtigt, da sie – mit einer Produktion von 40 Millionen Tonnen Stahl, gefolgt von Thyssen-Krupp (17 Millionen) und Corus (16 Millionen) – der bei Weitem größte Hersteller von Roheisen und Stahl in Europa sei. Durch den Einsatz ihrer sehr weit fortgeschrittenen Hochofentechnik habe sie ihre Treibhausgasemissionen einschließlich CO2 seit 1990 bereits in einem viel größeren als dem im Kyoto-Protokoll angestrebten Verhältnis von 8 % verringert, nämlich in absoluten Zahlen um 19 % und um 24 % in relativen Zahlen (pro Tonne erzeugten Stahls) und könne aus den oben in den Randnrn. 77 und 78 genannten technischen Gründen die CO2‑Emissionen nicht weiter nennenswert verringern. Im Übrigen habe sie im Jahr 2002 mit dem Betrieb ihrer Hochöfen einen Bruttogewinn von 16 Euro und einen Nettogewinn von 4 Euro pro Tonne emittierten CO2 erzielt. Daraus folge, dass selbst bei dem nach gegenwärtiger Schätzung niedrigsten Preis von 20 Euro pro Emissionszertifikat, der Zusatzkosten von 40 Euro pro Tonne Stahl entspreche, die Produktion für die Klägerin so unrentabel werde, dass ihr eine Fortsetzung des Betriebs ihrer Anlagen in Europa nicht möglich sei.

83      Viertens sei die Klägerin der einzige europäische Hersteller von Roheisen und Stahl, der aufgrund der innerhalb ihrer Gruppe stattfindenden Umstrukturierung mit dem Ziel der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit mit einer durch die angefochtene Richtlinie geschaffenen besonderen Schwierigkeit konfrontiert sei. Diese durch den Zusammenschluss von 2001, d. h. vor dem Erlass der angefochtenen Richtlinie, ausgelöste Umstrukturierung (siehe oben, Randnr. 30) ziele auf die Stilllegung von Anlagen oder die Verringerung weniger rentabler Produktionskapazitäten in einem Mitgliedstaat und die entsprechende Erhöhung der Produktionskapazitäten in rentableren Anlagen in anderen Mitgliedstaaten ab. Dabei handle es sich um eine Sondersituation der Klägerin, die sie von allen anderen Herstellern von Roheisen oder Stahl, deren Anlagen sich in einem einzigen Mitgliedstaat befänden, unterscheide. Die einzige Ausnahme bilde Corus mit Anlagen im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden, die ihre Produktion jedoch bereits optimiert habe. Die angefochtene Richtlinie beeinträchtige diese Umstrukturierung aber dadurch schwerwiegend, dass sie den Mitgliedstaaten nicht die Verpflichtung auferlege, die grenzüberschreitende Übertragung der Zertifikate einer stillzulegenden Anlage auf andere Anlagen in anderen Mitgliedstaaten zu gestatten. So hätten die belgische und die deutsche Regierung bereits mitgeteilt, dass die Klägerin im Fall der Stilllegung ihre Zertifikate für die Anlagen in der Wallonie (Belgien) und in Bremen (Deutschland) verliere, so dass sie diese Zertifikate nicht auf ihre Anlagen in Spanien oder Frankreich übertragen könne, wo sie eine entsprechende Erhöhung der Produktionskapazitäten vorgesehen gehabt habe. Auch sähen der deutsche NZP und Art. 10 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs des deutschen Gesetzes über die Zuteilung der Zertifikate während der ersten Zuteilungsperiode den Verfall der Zertifikate im Fall der Stilllegung einer Anlage vor, es sei denn, der Betreiber nehme eine Neuanlage in Deutschland (und nicht in einem anderen Mitgliedstaat) in Betrieb. Entsprechend sehe der französische NZP vor, dass ein Betreiber die Zertifikate einer stillgelegten Anlage nur dann behalten dürfe, wenn die Tätigkeit auf eine andere Anlage im französischen Hoheitsgebiet verlagert werde. Somit sei die Klägerin gezwungen, ihrem Ziel der Umstrukturierung und der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit entgegenzuwirken. Sie müsse zusätzliche Emissionszertifikate kaufen, um die ursprünglich für die Stilllegung und die Verlagerung auf Anlagen in anderen Mitgliedstaaten bestimmten Produktionskapazitäten abzudecken, und weniger rentable Anlagen allein mit dem Ziel weiterbetreiben, die bereits zugeteilten Zertifikate nicht zu verlieren.

84      Ferner sei sie auch der einzige Marktteilnehmer aus allen von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Bereichen, dem sich das Problem der grenzüberschreitenden Verlagerung von Produktionskapazitäten zwischen Anlagen in verschiedenen Mitgliedstaaten stelle. Die Sektoren Zement, Glas, Energie und Papier, in denen die Anlagen, anders als die Anlagen zur Stahlerzeugung, entweder in der Nähe der Kunden oder in Zonen angesiedelt seien, die Rohstoffe in ausreichender Menge böten, seien durch dieses Problem nicht beeinträchtigt. Daher seien die Stilllegung einer Anlage in einem Mitgliedstaat und die Verlagerung der Produktion in einen anderen Mitgliedstaat für die Hersteller in diesen Sektoren keine plausible Option.

85      Im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit sei es jedoch in keiner Weise gerechtfertigt, es dem Ermessen der Mitgliedstaaten zu überlassen, inwieweit die grenzüberschreitende Verlagerung von Produktionskapazitäten möglich sei. Dies gelte umso mehr, als für die Mitgliedstaaten erhebliche wirtschaftliche und politische Anreize bestünden, eine solche Verlagerung von Produktionskapazitäten einschließlich der Übertragung der mit ihnen verbundenen Emissionszertifikate nicht zu gestatten. Zum einen bestehe aus der Sicht des Mitgliedstaats, der diese Zertifikate ursprünglich zugeteilt habe, keinerlei Interesse, eine solche Verlagerung zu erleichtern und den Verlust sowohl der betreffenden Produktionskapazitäten und der damit verbundenen Arbeitsplätze in seinem Hoheitsgebiet als auch der bereits zugeteilten Zertifikate hinzunehmen. Zum anderen habe der Mitgliedstaat, in den eine solche Verlagerung stattfinden solle, insbesondere dann, wenn dieser Staat von geringer Größe sei, unter Berücksichtigung der Gefahr, die nationale Höchstmenge der Zertifikate zu überschreiten und damit seine Reduzierungsverpflichtungen aus der Entscheidung 2002/358 und dem Kyoto-Protokoll zu verletzen, nicht zwangsläufig ein Interesse an der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten an einen neuen Marktteilnehmer. Wie aus Nr. 5 des Anhangs 4 der Neuen Hinweise der Kommission (siehe oben, Randnr. 14) hervorgehe, werde diese Zurückhaltung dadurch bestätigt, dass die meisten Mitgliedstaaten die grenzüberschreitende Übertragung von Zertifikaten nicht gestatteten. In diesen Hinweisen habe die Kommission selbst die Aufmerksamkeit auf dieses Problem gelenkt und betont, dass die Mitgliedstaaten während der ersten Zuteilungsperiode eine Vielzahl von Vorschriften über die Reserven für die neuen Marktteilnehmer, die Stilllegungen und die Übertragungen erlassen hätten, was zu einer großen Komplexität und einem Mangel an Transparenz auf dem Binnenmarkt beitrage, die Wettbewerbsverzerrungen nach sich zu ziehen drohten. Daraus habe die Kommission auf die Notwendigkeit geschlossen, die Einrichtung einer Gemeinschaftsreserve sowie eine Angleichung der für neue Marktteilnehmer, für Stilllegungen und für grenzüberschreitende Übertragungen im Binnenmarkt geltenden Verwaltungsvorschriften ins Auge zu fassen (Anhang 7 der Neuen Hinweise der Kommission). Die Klägerin beruft sich auch auf eine Studie, der zufolge es im Emissionshandelssystem unter Berücksichtigung des Interesses der Mitgliedstaaten, die Steuern und die mit den in ihrem Hoheitsgebiet angesiedelten Anlagen verbundenen Arbeitsplätze zu behalten, gegenwärtig für sie vernünftig sei, entweder die Zertifikate stillgelegter Anlagen einzuziehen oder zumindest den Verbleib dieser Zertifikate von der Eröffnung einer Neuanlage in ihrem Hoheitsgebiet abhängig zu machen, um zu verhindern, dass der Betreiber das Land verlasse. Daraus könne sich aber ein wirtschaftlich ineffizienter und politisch unerwünschter Regelungswettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten ergeben mit dem Ziel, die Investitionen zu halten und anzulocken. Aus diesen Gründen komme diese Studie zu dem Ergebnis, dass eine Angleichung der Vorschriften auf Gemeinschaftsebene erforderlich sei, mit denen gestattet werde, dass Anlagen ihre Zertifikate auch im Fall einer Stilllegung behielten. Die praktische Wirksamkeit der Niederlassungsfreiheit könne daher nur durch das Eingreifen des Gemeinschaftsgesetzgebers selbst gewahrt werden.

86      Fünftens hält sich die Klägerin für durch die angefochtene Richtlinie besonders stark beeinträchtigt, weil sie aufgrund langfristiger Verträge über die Bereitstellung von Hochofengas für die Stromerzeugung, das Kohlenmonoxid, CO2 und Stickstoff enthalte, seit Langem an Kraftwerke gebunden sei, die teilweise nicht zu ihrem Konzern gehörten. Sie stelle sich die Frage, ob im Hinblick auf Art. 3 Buchst. b und e der angefochtenen Richtlinie die in Rede stehenden Emissionszertifikate ihr oder dem Kraftwerk zuzuteilen seien. Stünden diese Zertifikate dem Kraftwerk zu, verschlechterte sich die Situation der Klägerin weiter, da sie gegebenenfalls die erforderlichen Zertifikate auf dem Handelsmarkt erwerben oder im Fall der Einstellung der Lieferung durch das Kraftwerk ihr Hochofengas verbrennen müsste, ohne jedoch über die entsprechende Anzahl von Zertifikaten zu verfügen. Daraus ergäbe sich ein ernstzunehmender Wettbewerbsnachteil der Klägerin gegenüber ihren Konkurrenten, die ihre eigenen Kraftwerke nutzten.

87      Die Klägerin trägt schließlich sechstens vor, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sie von den streitigen Bestimmungen besonders betroffen sei, am Rechtssetzungsverfahren, insbesondere bei verschiedenen Treffen mit Vertretern der Kommission, des Parlaments und des Rates, eng beteiligt gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei zunächst eine Reihe der von ihr geäußerten Einwände berücksichtigt, letztlich jedoch ohne jede Begründung zurückgewiesen worden.

88      In Anbetracht all dessen gelangt die Klägerin zu dem Ergebnis, dass sie das Vorliegen für sie besonderer Umstände nachgewiesen habe, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushöben und dadurch zur Zulässigkeit ihres Antrags auf Nichtigerklärung im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG führten.

89      Zu der vom Parlament erhobenen Einrede der Unzulässigkeit des Antrags auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Richtlinie führt die Klägerin aus, dass sie nicht die vollständige Aufhebung der streitigen Bestimmungen beantrage, sondern lediglich, von ihrer Anwendung auf Anlagen zur Herstellung von Roheisen oder Stahl abzusehen. Dieser Antrag bedeute demnach keine Änderung des Emissionshandelssystems für die übrigen von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Bereiche. Der Anwendungsbereich der angefochtenen Richtlinie lasse sich nämlich entweder auf andere Bereiche ausdehnen, wie es bereits für die Sektoren der Nichteisenmetalle und der chemischen Erzeugnisse vorgeschlagen worden sei, oder beschränken, ohne dass dies die Funktionsweise und das Wesen des Emissionshandelssystems beeinträchtigte. Die beantragte Teilnichtigerklärung führte somit lediglich zur Aufhebung des – deutlich begrenzten und umschriebenen – Teils von Anhang I der angefochtenen Richtlinie, der die Anlagen zur Herstellung von Roheisen oder Stahl betreffe.

90      Nach Ansicht der Klägerin wäre der Antrag auf Nichtigerklärung selbst dann zulässig, wenn man annähme, dass die streitigen Bestimmungen sich nicht von der angefochtenen Richtlinie als Ganzem trennen ließen. Stelle sich nämlich heraus, dass die Teilnichtigerklärung unmöglich sei, sei dieser Antrag dahin auszulegen, dass mit ihm die Nichtigerklärung der gesamten angefochtenen Richtlinie begehrt werde. Diese Beurteilung ergebe sich aus dem Erfordernis, den Antrag in seinem Zusammenhang und im Hinblick auf die mit der Klage verfolgten Ziele auszulegen, die darauf gerichtet sei, der Verletzung der Grundrechte der Klägerin ein Ende zu setzen. Für den Fall, dass sich das Gericht der oben in Randnr. 89 vertretenen Auffassung nicht anschließe, beantrage sie hilfsweise die vollständige Nichtigerklärung der angefochtenen Richtlinie, was auch nach Einreichung der Klageschrift noch möglich sei.

91      Die Klägerin zieht aus alledem den Schluss, dass der Antrag auf Nichtigerklärung zulässig sei.

92      In ihrer Stellungnahme zu der Frage, welche Folgen aus dem Inkrafttreten von Art. 263 Abs. 4 AEUV zu ziehen sind, trägt die Klägerin vor, zum einen sei diese Bestimmung auf das vorliegende Verfahren anwendbar und zum anderen handele es sich bei der angefochtenen Richtlinie ihrem Inhalt nach um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne dieser Bestimmung, da die beanstandeten Bestimmungen den Mitgliedstaaten bei ihrer Anwendung keinerlei Ermessensspielraum beließen und die Klägerin somit von dem Nachweis befreit sei, dass sie von dieser Richtlinie unmittelbar betroffen sei.

B –  Würdigung durch das Gericht

93      Gemäß Art. 230 Abs. 4 EG kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

94      Der ständigen Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass allein der Umstand, dass diese Vertragsbestimmung die Zulässigkeit der von einer Privatperson gegenüber einer Richtlinie erhobenen Nichtigkeitsklage im Sinne von Art. 249 Abs. 3 EG nicht ausdrücklich anerkennt, nicht ausreicht, um eine solche Klage für unzulässig zu erklären. Die Gemeinschaftsorgane können nämlich den gerichtlichen Rechtsschutz, den der Vertrag für die Einzelnen vorsieht, nicht allein durch die Wahl der Form der betreffenden Handlung ausschließen, und zwar selbst dann nicht, wenn sie die Form einer Richtlinie hat (Beschlüsse des Gerichts vom 10. September 2002, Japan Tobacco und JT International/Parlament und Rat, T‑223/01, Slg. 2002, II‑3259, Randnr. 28, vom 30. April 2003, Villiger Söhne/Rat, T‑154/02, Slg. 2003, II‑1921, Randnr. 39, vom 6. September 2004, SNF/Kommission, T‑213/02, Slg. 2004, II‑3047, Randnr. 54, und vom 25. April 2006, Kreuzer Medien/Parlament und Rat, T‑310/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 40 und 41). Auch genügt die bloße Tatsache, dass die streitigen Bestimmungen zu einem Rechtsakt allgemeiner Geltung gehören, der eine wirkliche Richtlinie und nicht nur eine als Richtlinie ergangene Entscheidung im Sinne von Art. 249 Abs. 4 EG darstellt, für sich allein nicht, um die Möglichkeit auszuschließen, dass diese Bestimmungen einen Einzelnen unmittelbar und individuell betreffen (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Japan Tobacco und JT International/Parlament und Rat, Randnr. 30, und vom 6. Mai 2003, Vannieuwenhuyze-Morin/Parlament und Rat, T‑321/02, Slg. 2003, II‑1997, Randnr. 21).

95      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die angefochtene Richtlinie sowohl der Form als auch dem Wesen nach ein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung ist, der für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen entfaltet, nämlich allen Anlagenbetreibern, die eine Tätigkeit im Sinne von Anhang I der angefochtenen Richtlinie, einschließlich der Herstellung von Roheisen oder Stahl, ausüben, zu denen die Klägerin gehört.

96      Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass die Bestimmungen eines solchen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung unter bestimmten Umständen einige von ihnen unmittelbar und individuell betreffen können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 1991, Extramet Industrie/Rat, C‑358/89, Slg. 1991, I‑2501, Randnr. 13, Codorníu/Rat, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 19, und vom 25. Juli 2002, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, C‑50/00 P, Slg. 2002, I‑6677, Randnr. 36).

97      Außerdem ist nach ständiger Rechtsprechung die Voraussetzung im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG, dass eine natürliche oder juristische Person von der mit der Klage angefochtenen Handlung unmittelbar betroffen sein muss, nur dann erfüllt, wenn diese Handlung sich auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt und ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihr Erlass vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Gemeinschaftsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandt werden (Urteile des Gerichtshofs vom 29. Juni 2004, Front national/Parlament, C‑486/01 P, Slg. 2004, I‑6289, Randnr. 34, und vom 22. März 2007, Regione Siciliana/Kommission, C‑15/06 P, Slg. 2007, I‑2591, Randnr. 31).

98      Das Gericht hält es für angebracht, in erster Linie zu prüfen, ob die Klägerin von den streitigen Bestimmungen individuell betroffen ist. Nur hilfsweise wird es gegebenenfalls auch prüfen, ob sie von diesen Bestimmungen unmittelbar betroffen ist.

99      Nach ständiger Rechtsprechung kann eine andere natürliche oder juristische Person als der Adressat einer Handlung nur dann geltend machen, im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG individuell betroffen zu sein, wenn die fragliche Handlung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie einen Adressaten (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 213, 238, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr. 36, und vom 1. April 2004, Kommission/Jégo-Quéré, C‑263/02 P, Slg. 2004, I‑3425, Randnr. 45).

100    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die sich aus den streitigen Bestimmungen eventuell ergebenden Verpflichtungen die Klägerin als Adressaten individualisieren können. Die Klägerin beantragt die Nichtigerklärung erstens von Art. 4 der angefochtenen Richtlinie über die Einführung der Genehmigungspflichtigkeit von Emissionen, zweitens von Art. 6 Abs. 2 Buchst. e und von Art. 12 Abs. 3 dieser Richtlinie über die Verpflichtung, eine Anzahl von Zertifikaten abzugeben, die den Gesamtemissionen der Anlage im vorhergehenden Kalenderjahr entspricht, drittens von Art. 9 dieser Richtlinie in Verbindung mit Kriterium 1 ihres Anhangs III betreffend die Erstellung der NZP und die angebliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Anlagenbetreibern eine Höchstmenge an Emissionszertifikaten zuzuteilen, und viertens von Art. 16 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie betreffend die Sanktionen im Fall der Nichteinhaltung der Abgabeverpflichtung, soweit alle diese Bestimmungen gemäß Art. 2 der angefochtenen Richtlinie in Verbindung mit ihrem Anhang I auf Hersteller von Roheisen oder Stahl anwendbar seien.

101    Was erstens ihr Vorbringen angeht, von den streitigen Bestimmungen individuell betroffen zu sein, macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber aufgrund mehrerer höherrangiger Rechtsnormen einschließlich ihrer Grundrechte verpflichtet gewesen sei, die besondere Situation der Hersteller von Roheisen oder Stahl im Binnenmarkt, insbesondere ihre eigene, zu berücksichtigen (oben in Randnr. 55 angeführte Urteile Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Randnr. 19, Sofrimport/Kommission, Randnr. 11, und UEAPME/Rat, Randnr. 90).

102    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es keine ausdrückliche und spezifische Norm höherrangigen oder abgeleiteten Rechts gibt, nach der der Gemeinschaftsgesetzgeber verpflichtet gewesen wäre, im Verfahren des Erlasses der angefochtenen Richtlinie der Situation der Hersteller von Roheisen oder Stahl, oder gar derjenigen der Klägerin, gegenüber der Situation der Marktteilnehmer aus den anderen von Anhang I dieser Richtlinie erfassten Industriebereichen besonders Rechnung zu tragen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2002, Rica Foods/Kommission, T‑47/00, Slg. 2002, II‑113, Randnrn. 41 und 42, vgl. auch Beschlüsse des Gerichts vom 6. Mai 2003, DOW AgroSciences/Parlament und Rat, T‑45/02, Slg. 2003, II‑1973, Randnr. 47, vom 25. Mai 2004, Schmoldt u. a./Kommission, T‑264/03, Slg. 2003, II‑1515, Randnr. 117, und vom 16. Februar 2005, Fost Plus/Kommission, T‑142/03, Slg. 2005, II‑589, Randnrn. 61 bis 65). So sehen insbesondere Art. 174 EG und Art. 175 Abs. 1 EG als Rechtsgrundlagen für die Regelungstätigkeit der Gemeinschaft im Bereich der Umwelt keine solche Verpflichtung vor. Im Übrigen beruft sich die Klägerin, abgesehen von einer Bezugnahme auf ihre Grundrechte und auf bestimmte, sie schützende allgemeine Rechtsgrundsätze, auf keine konkrete höherrangige, sie spezifisch oder zumindest die Hersteller von Roheisen und Stahl betreffende Rechtsnorm, die geeignet wäre, eine solche Verpflichtung zu ihren Gunsten zu schaffen.

103    Zwar müssen die Gemeinschaftsorgane beim Erlass eines Rechtsakts mit allgemeiner Geltung höherrangige Rechtsnormen einschließlich der Grundrechte beachten, doch genügt die Behauptung, ein solcher Rechtsakt verstoße gegen diese Vorschriften oder Rechte, für sich allein nicht, um die Zulässigkeit der Klage eines Einzelnen herbeizuführen, solange dieser behauptete Verstoß nicht geeignet ist, ihn in ähnlicher Weise zu individualisieren wie den Adressaten, denn sonst würden die Anforderungen des Art. 230 Abs. 4 EG ihres Inhalts beraubt (vgl. in Bezug auf das Eigentumsrecht Beschluss des Gerichts vom 28. November 2005, EEB u. a./Kommission, T‑94/04, Slg. 2005, II‑4919, Randnrn. 53 bis 55, vgl. auch in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 29. Juni 2006, Nürburgring/Parlament und Rat, T‑311/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 65 und 66). In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf das Urteil Codorníu (oben in Randnr. 55 angeführt, Randnrn. 20 bis 22) berufen, bei dem sich die Zulässigkeit der Klage gegen die angefochtene Verordnung allein daraus ergab, dass die streitige Bezeichnung aufgrund deren die Klägerin seit sehr langer Zeit die einzige Inhaberin eines Markenrechts war, sie im Hinblick auf die angefochtenen Bestimmungen individualisierte.

104    Jedenfalls hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die streitigen Bestimmungen, insbesondere die Genehmigungspflichtigkeit von Emissionen gemäß Art. 4 der angefochtenen Richtlinie, die Abgabepflicht gemäß Art. 12 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Buchst. e dieser Richtlinie sowie die in Art. 16 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen, ihre Grundrechte verletzt und bei ihr dadurch einen schweren Schaden verursacht haben, der geeignet wäre, sie gegenüber allen anderen von diesen Bestimmungen betroffenen Marktteilnehmern wie einen Adressaten zu individualisieren (vgl. in diesem Sinne Beschluss Nürburgring/Parlament und Rat, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 66). Diese Bestimmungen gelten nämlich generell und abstrakt für alle Marktteilnehmer im Sinne von Anhang I der angefochtenen Richtlinie und für objektiv bestimmte Situationen. Sie sind daher geeignet, die Rechtsstellung aller dieser Marktteilnehmer in gleicher Weise zu berühren.

105    Dementsprechend lässt das Vorbringen der Klägerin, der Gemeinschaftsgesetzgeber sei verpflichtet, bestimmte allgemeine Rechtsgrundsätze und die Grundrechte zu beachten, nicht den Schluss zu, dass die Klägerin von den streitigen Bestimmungen individuell betroffen ist, so dass insoweit nicht geprüft zu werden braucht, ob diese Bestimmungen sie unmittelbar betreffen.

106    Zweitens ist zu dem Argument der Klägerin, sie gehöre zu einem geschlossenen Kreis von Marktteilnehmern, die von den streitigen Bestimmungen besonders betroffen seien, zum einem daran zu erinnern, dass der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahme die Personen, für die eine Maßnahme gilt, nach Zahl oder sogar Identität mehr oder weniger genau bestimmbar sind, keineswegs bedeutet, dass sie als von der Maßnahme individuell betroffen anzusehen sind, sofern nur feststeht, dass die Maßnahme aufgrund eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 8. April 2008, Saint-Gobain Glass Deutschland/Kommission, C‑503/07 P, Slg. 2008, I‑2217, Randnr. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zum anderen genügt es nicht, dass bestimmte Marktteilnehmer von einem Rechtsakt mit allgemeiner Geltung wirtschaftlich stärker berührt sind als andere, um sie gegenüber diesen anderen Marktteilnehmern in gleicher Weise zu individualisieren, sofern seine Anwendung nach einem objektiv bestimmten Tatbestand erfolgt (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 18. Dezember 1997, Sveriges Betodlares und Henrikson/Kommission, C‑409/96 P, Slg. 1997, I‑7531, Randnr. 37, Beschlüsse des Gerichts vom 11. September 2007, Fels-Werke u. a./Kommission, T‑28/07, I‑0000, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 10. Mai 2004, Bundesverband der Nahrungsmittel- und Speiseresteverwertung und Kloh/Parlament und Rat, T‑391/02, Slg. 2004, II‑1447, Randnr. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Es ist aber festzustellen, dass die Klägerin von den streitigen Bestimmungen in erster Linie in ihrer objektiven Eigenschaft als Betreiberin von Anlagen, die Treibhausgasemissionen erzeugen, und als Herstellerin von Roheisen oder Stahl, und zwar in gleicher Weise wie jeder andere Marktteilnehmer oder Hersteller von Roheisen oder Stahl betroffen ist, dessen Tätigkeit von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfasst wird. Auch wenn die Klägerin zur Zeit des Inkrafttretens der angefochtenen Richtlinie zu einer Gruppe von nur 15 im Binnenmarkt tätigen Herstellern von Roheisen oder Stahl gehörte, reicht dies allein daher nicht aus, um sie gegenüber allen anderen Marktteilnehmern, die eine Tätigkeit im Sinne von Anhang I der angefochtenen Richtlinie ausüben, einschließlich der zu dieser Gruppe gehörenden Hersteller von Roheisen oder Stahl, in ähnlicher Weise zu individualisieren wie einen Adressaten.

108    Außerdem können alle Hersteller von Roheisen oder Stahl, selbst wenn man sie als eine in besonderer Weise betroffene Gruppe von Marktteilnehmern ansähe, aufgrund einer objektiv bestimmten Situation, nämlich der Einbeziehung ihrer Tätigkeit in Anhang I der angefochtenen Richtlinie, den gleichen rechtlichen und tatsächlichen Folgen ausgesetzt sein wie die Klägerin. So ist der Sektor der Herstellung von Roheisen oder Stahl durch die behauptete technische und wirtschaftliche Unmöglichkeit für diese Hersteller, im Unterschied zu den Marktteilnehmern anderer Industriesektoren ihre Treibhausgasemissionen stärker zu verringern und die beim Kauf von Emissionszertifikaten entstandenen Zusatzkosten auf ihre Kunden abzuwälzen, als Ganzes und in gleicher Weise betroffen. Auch sind aufgrund der Anwendung des Emissionshandelssystems alle diese Hersteller den Entwicklungen auf dem Handelsmarkt und dem in Rede stehenden Produktmarkt, einschließlich des von anderen Industriesektoren oder Herstellern von Roheisen oder Stahl aus Drittstaaten ausgehenden Wettbewerbs, in gleicher Weise ausgesetzt.

109    In diesem Zusammenhang ist auch die Ansicht der Klägerin zurückzuweisen, die Hersteller von Roheisen oder Stahl im Binnenmarkt stellten einen geschlossenen Kreis von Marktteilnehmern dar, dessen Zusammensetzung sich nicht mehr ändern könne. Das Parlament und der Rat nehmen insoweit zutreffend Bezug auf den Anstieg der Zahl von Herstellern von Roheisen oder Stahl, die aufgrund der Erweiterung der Union seit 2004 in den Anwendungsbereich der angefochtenen Richtlinie fallen, sowie auf die Möglichkeit, dass weitere, ebenfalls über einen Stahlsektor verfügende europäische Staaten der Union künftig beitreten. Darüber hinaus hat die Klägerin nicht dargetan, dass diese Hersteller von Roheisen oder Stahl zur Zeit des Inkrafttretens der angefochtenen Richtlinie besondere Merkmale aufgewiesen hätten, die sie von allen anderen Herstellern oder neuen Marktteilnehmern beispielsweise dadurch unterschieden hätten, dass sie Inhaber spezifischer älterer Rechte gewesen wären (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2008, Kommission/Infront WM, C‑125/06 P, Slg. 2008, I‑1451, Randnrn. 71 bis 77). Selbst unterstellt, diese Hersteller hätten über gemäß der Richtlinie 96/61 zugeteilte Emissionsrechte verfügt (siehe oben, Randnr. 49), wären diese behaupteten Rechte nämlich keineswegs spezifische oder gar nur der Klägerin zustehende Rechte gewesen, sondern sie hätten in gleicher Weise allen Marktteilnehmern zugestanden, die die in Anhang I in dieser Richtlinie erfassten Tätigkeiten ausüben. Schließlich ist allein dadurch, dass nach Aussage der Klägerin ein Zutritt zum relevanten Markt nur über den Erwerb eines dort bereits ansässigen Herstellers möglich ist, nicht ausgeschlossen, dass dieser Hersteller oder der neue Marktteilnehmer, der ihn erwirbt, seine Identität wechselt und er so die Zusammensetzung der Gruppe der in Rede stehenden Hersteller ändert.

110    Demnach berühren die Rechtswirkungen der streitigen Bestimmungen, nämlich die Verpflichtungen zur Genehmigung der Emissionen und zur Abgabe der Zertifikate, die Sanktionen im Fall der Nichtbeachtung dieser Verpflichtungen sowie die behauptete Obergrenze der Zertifikate gemäß Art. 9 der angefochtenen Richtlinie, die wirtschaftliche Tätigkeit und die Rechtsstellung der von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Marktteilnehmer, einschließlich derjenigen des Sektors der Herstellung von Roheisen oder Stahl, in gleicher Weise und aufgrund einer objektiv bestimmten Situation. Diese Bestimmungen sind daher nicht geeignet, die tatsächliche und rechtliche Situation der Klägerin aus dem Kreis dieser anderen Marktteilnehmer herauszuheben und sie damit in ähnlicher Weise zu individualisieren wie einen Adressaten, so dass nicht geprüft zu werden braucht, ob sie sie unmittelbar betreffen.

111    Drittens ist zum Vorbringen der Klägerin betreffend ihre Größe, ihr jährliches Produktionsvolumen und ihr individuelles wirtschaftliches und/oder technisches Unvermögen, die CO2-Emissionen stärker zu verringern, festzustellen, dass die Klägerin nicht erläutert, aus welchen Gründen die mit ihr im Wettbewerb stehenden Hersteller von Roheisen oder Stahl nicht nach Maßgabe ihrer Größe, ihres Produktionsvolumens und ihrer Bemühungen um eine Emissionsverringerung entsprechenden Anpassungsproblemen und Schwierigkeiten ausgesetzt sein sollen. Ein kleinerer Marktteilnehmer mit einer geringeren Produktion von Roheisen oder Stahl als die Klägerin wird nämlich zwangsläufig über eine geringere Menge an Zertifikaten verfügen, so dass seine wirtschaftlichen und/oder technischen Schwierigkeiten, seine Emissionen zu reduzieren, im entsprechenden Verhältnis mit denen der Klägerin vergleichbar sein müssten. Nach Anhang I der angefochtenen Richtlinie gelten aber die sich aus den streitigen Bestimmungen ergebenden Verpflichtungen einheitlich und generell für alle Anlagenbetreiber, deren Produktion, ohne nach der Größe des Betreibers zu unterscheiden, den dort angegebenen Schwellenwert übersteigt. Im Übrigen hängt der Umfang dieser Verpflichtungen allein von der Emissionsmenge der Treibhausgase ab, die, mangels gegenteiligen Beweises, mit der Größe und der Produktionskapazität der in Rede stehenden Anlage steigen kann, so dass sich alle betroffenen Betreiber in einer vergleichbaren Lage befinden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 34). Daher kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf eine besondere Betroffenheit berufen, die sie wie einen Adressaten individualisierte, so dass nicht geprüft zu werden braucht, ob sie insoweit unmittelbar betroffen ist.

112    Viertens hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan, dass die von ihr behauptete angebliche „Situation einzigartiger Einschnürung“, insbesondere wegen der Umstrukturierung ihres Konzerns, geeignet war, sie gegenüber allen übrigen Marktteilnehmern zu individualisieren. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass sie der einzige Hersteller von Roheisen und Stahl im Gemeinsamen Markt ist, der eine solche Umstrukturierung eingeleitet hat, ist nicht erwiesen, dass es keine weiteren Hersteller aus anderen von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Sektoren gibt, die aufgrund der Umsetzung dieser Richtlinie entsprechende Folgen zu tragen haben, weil sie ähnliche Schritte entweder unternommen oder darauf verzichtet haben. Insoweit ist das Vorbringen der Klägerin, die Unternehmen der anderen von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Sektoren könnten nicht denselben Schwierigkeiten ausgesetzt sein, zu unbestimmt und hypothetisch, um eine entsprechende Betroffenheit weiterer Hersteller wie derjenigen des Energiesektors auszuschließen, die infolge der Liberalisierung dieses Sektors auf Gemeinschaftsebene eine tief greifende grenzüberschreitende Umstrukturierung erfahren haben.

113    Jedenfalls hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ihre Betroffenheit aufgrund dieser von ihr behaupteten „Situation einzigartiger Einschnürung“ dergestalt speziell den Rechtswirkungen der streitigen Bestimmungen als solchen zuzuschreiben wäre, dass sie sie unmittelbar betreffen. Nach ihren eigenen Aussagen ergibt sich diese Situation im Wesentlichen erstens aus der behaupteten Knappheit kostenlos von den staatlichen Stellen zugeteilter Emissionszertifikate, die sie zu einem „Nettokäufer von Zertifikaten“ mache, zweitens aus dem etwaigen Anstieg und/oder dem hohen Niveau der Preise für die auf dem Handelsmarkt verfügbaren Zertifikate und drittens daraus, dass es ihr nicht möglich sei, die stillzulegenden Anlagen zugeteilten Zertifikate im Binnenmarkt auf andere Anlagen zu übertragen, in denen sie eine Ausweitung der Produktionskapazität plane.

114    Zudem ist, unterstellt, die vorgetragene Umstrukturierung wäre ein besonderes Merkmal der Klägerin, festzustellen, dass die sich nach deren Ansicht aus den oben in Randnr. 112 genannten Aspekten ergebende „Situation einzigartiger Einschnürung“ weder der Genehmigungspflichtigkeit von Emissionen gemäß Art. 4 der angefochtenen Richtlinie noch der Abgabepflicht gemäß Art. 12 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Buchst. e dieser Richtlinie, noch den in Art. 16 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen zuzuschreiben, sondern, sollte sich diese Situation als gegeben herausstellen, die Folge dessen ist, dass die Mitgliedstaaten ihre NZP und die einschlägigen Rechtsvorschriften umsetzen. Diese Staaten verfügen aber gemäß Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 der angefochtenen Richtlinie sowohl bei der Zuteilung von Kontingenten an Zertifikaten an die einzelnen Industriesektoren als auch bei der Vergabe von Zertifikaten an einzelne Betreiber und deren Einziehung, auch im Fall der Stilllegung einer Anlage, über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 7. November 2007, Deutschland/Kommission, T‑374/04, Slg. 2007, II‑4431, Randnrn. 102 bis 106).

115    Art. 4 der angefochtenen Richtlinie verpflichtet nämlich lediglich jeden Treibhausgase emittierenden Betreiber dazu, eine Emissionsgenehmigung einzuholen, ohne jedoch die Voraussetzungen und die Modalitäten für die Zuteilung oder gar die Einziehung von Emissionszertifikaten zu bezeichnen, wie sie von einigen Mitgliedstaaten vorgesehen sind und die der Klägerin zufolge die Ursache ihrer Umstrukturierungsschwierigkeiten darstellen. Diese Überlegungen gelten entsprechend für die in Art. 12 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Buchst. e der angefochtenen Richtlinie vorgesehene Abgabepflicht sowie für die in Art. 16 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen, da die Klägerin nicht erläutert hat, was welchen Gründen sie der Auffassung ist, dass diese Bestimmungen in irgendeinem Zusammenhang mit diesen Schwierigkeiten stünden. Unter diesen Umständen kann ein etwaiger Schaden, der der Klägerin durch den Anstieg der Kosten für den Erwerb und/oder einen etwaigen Verlust von Zertifikaten entsteht, selbst wenn dieser Verlust aufgrund der Stilllegung einer ihrer Anlagen und der Einziehung der dazugehörigen Zertifikate durch die staatlichen Stellen erheblich und schwerwiegender wäre als bei anderen Marktteilnehmern, nicht den sich aus diesen Bestimmungen ergebenden Verpflichtungen zugeschrieben werden, um die unmittelbare Betroffenheit der Klägerin im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG zu begründen.

116    Soweit schließlich die Klägerin auch Art. 9 der angefochtenen Richtlinie in Verbindung mit Kriterium 1 ihres Anhangs III deshalb beanstandet, weil er den Mitgliedstaaten eine „absolute Obergrenze an Zertifikaten“ vorschreibe, genügt der Hinweis, dass, selbst wenn dieses letztgenannte Argument begründet wäre, eine solche Obergrenze keine unmittelbare Betroffenheit der Klägerin im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG bewirken könnte, da sie nicht die auch nur ungefähre Feststellung zuließe, wie viele Zertifikate die staatlichen Stellen den verschiedenen Industriesektoren, und noch weniger, wie viele sie den einzelnen Betreibern zuteilen müssten. Diese Feststellung wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin im Lauf des Verfahrens im Hinblick auf die angefochtene Richtlinie und die Entscheidung 2002/358 weder angeben noch vorhersagen konnte, welche Menge an Zertifikaten die Mitgliedstaaten ihr für ihre Produktionsanlagen im Binnenmarkt kostenlos zuteilen würden, noch, welchen Umfang die eventuell von ihr zu tragende Belastung hätte, falls diese Zertifikate nicht ausreichten.

117    Demnach hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass sie aufgrund ihrer sich ihrem Vorbringen nach insbesondere aus der grenzüberschreitenden Umstrukturierung ihres Konzerns ergebenden „Situation einzigartiger Einschnürung“ von den streitigen Bestimmungen unmittelbar und individuell betroffen ist.

118    Fünftens sind auch die langfristigen Gaslieferungsverträge, die die Klägerin vor dem Inkrafttreten der angefochtenen Richtlinie mit mehreren Kraftwerken geschlossen zu haben behauptet, nicht geeignet, sie im Hinblick auf die streitigen Bestimmungen zu individualisieren. Diese Bestimmungen regeln nämlich generell und abstrakt die Verpflichtungen der dem Emissionshandelssystem unterliegenden Betreiber, ohne jedoch die Voraussetzungen und Modalitäten der Zuteilung oder Einziehung von Emissionszertifikaten durch die Mitgliedstaaten genau festzulegen (siehe oben, Randnrn. 112 bis 116). Folglich kann sich eine etwaige Auswirkung auf die Erfüllung dieser Gaslieferungsverträge nur aus den nationalen Vorschriften über die Zuteilung der Zertifikate ergeben, so dass die Klägerin insoweit nicht mit Erfolg vortragen kann, unmittelbar betroffen zu sein. Im Übrigen trägt, wie der Rat geltend macht, die Klägerin selbst vor, dass diese Gaslieferungsverträge zumindest teilweise Kraftwerke beträfen, die zu ihrer Unternehmensgruppe gehörten. Soweit die Tätigkeit dieser Kraftwerke in den Anwendungsbereich von Anhang I der angefochtenen Richtlinie fällt, da sie das dort genannte Produktionsvolumen übersteigt, wird die Klägerin somit auf der Grundlage der NZP und der geltenden nationalen Vorschriften zwangsläufig über Emissionszertifikate für die Zwecke der Verbrennung der in Rede stehenden Gase verfügen. Schließlich hat die Klägerin, ungeachtet der Tatsache, dass die Stromerzeugung grundsätzlich eine von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfasste Tätigkeit darstellt, weder angegeben, inwieweit sie durch diese Gaslieferungsverträge an Drittkraftwerke gebunden ist, noch erklärt, ob diese aufgrund ihrer Einbeziehung in diesen Anhang für eigene Rechnung Emissionszertifikate hätten erhalten können oder ihrer bedurft hätten, noch erläutert, unter welchen Voraussetzungen sich ein etwaiger Mangel an Zertifikaten auf die Erfüllung dieser Verträge hätte auswirken können. Unter diesen Umständen ist zu folgern, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass sie aufgrund der behaupteten Auswirkung auf die Erfüllung der in Rede stehenden langfristigen Gaslieferungsverträge von den streitigen Bestimmungen unmittelbar und individuell betroffen ist.

119    Sechstens ist zu dem wenig substantiierten Vorbringen der Klägerin, sie sei an dem Entscheidungsverfahren beteiligt gewesen, das zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt habe, darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass eine Person in irgendeiner Weise in das Verfahren eingreift, das zum Erlass eines Gemeinschaftsrechtsakts führt, nur dann geeignet ist, diese Person hinsichtlich des fraglichen Rechtsakts zu individualisieren, wenn die anwendbare Gemeinschaftsregelung ihr bestimmte Verfahrensgarantien einräumt. Vorbehaltlich einer ausdrücklich gegenteiligen Bestimmung verlangen aber weder das Verfahren zur Ausarbeitung allgemein geltender Rechtsakte noch diese Rechtsakte selbst gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts wie etwa dem Recht auf Anhörung eine Beteiligung der Betroffenen, da davon ausgegangen wird, dass deren Interessen durch die für den Erlass dieser Rechtsakte zuständigen politischen Instanzen wahrgenommen werden. Mangels ausdrücklich garantierter Verfahrensrechte widerspräche es daher dem Wortlaut und dem Geist von Art. 230 EG, wenn ein Einzelner nur aufgrund seiner Beteiligung an der Vorbereitung eines Rechtssetzungsakts später gegen diesen Klage erheben dürfte (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission, T‑369/03, Slg. 2005, II‑5839, Randnrn. 72 bis 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

120    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass zum einen das Verfahren zur Ausarbeitung und zur Annahme der angefochtenen Richtlinie gemäß Art. 175 Abs. 1 EG und Art. 251 EG ein Entscheidungsverfahren war, das die gemeinsame Beteiligung des Rates und des Parlaments als Gemeinschaftsgesetzgeber umfasste und in die Annahme einer Maßnahme mit allgemeiner Geltung mündete, ohne dass in diesem Zusammenhang irgendein Eingreifen der Marktteilnehmer vorgesehen wäre, und dass zum anderen die Klägerin weder geltend gemacht noch dargetan hat, dass sie über Verfahrensrechte verfügt habe, die geeignet wären, ihre Klagebefugnis im Sinne der oben in Randnr. 119 angeführten Rechtsprechung zu begründen.

121    Folglich ist die behauptete Beteiligung der Klägerin an dem Entscheidungsverfahren, das zur Annahme der angefochtenen Richtlinie geführt hat, nicht geeignet, sie im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG zu individualisieren, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob sie insoweit unmittelbar betroffen ist.

122    Nach alledem ist die Klägerin von den streitigen Bestimmungen entweder nicht individuell oder nicht unmittelbar im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG betroffen, und ihr Antrag auf Nichtigerklärung ist für unzulässig zu erklären, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die streitigen Bestimmungen sich von der angefochtenen Richtlinie als Ganzes trennen lassen.

123    Dieses Ergebnis wird im Übrigen durch Art. 263 Abs. 4 AEUV nicht in Frage gestellt. Wie oben in Randnr. 114 ausgeführt worden ist, verfügen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie nämlich über einen weiten Ermessensspielraum. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann diese Richtlinie daher jedenfalls nicht als ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV angesehen werden.

II –  Zur Zulässigkeit des Schadensersatzantrags

A –  Vorbringen der Parteien

124    Das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, machen geltend, dass auch der Schadensersatzantrag unzulässig sei.

125    Der Antrag der Klägerin genüge nicht den Anforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung, da der behauptete Schaden zum einen weder unmittelbar drohe, noch sicher, noch hinreichend genau bezeichnet sei und zum anderen zwischen der angefochtenen Richtlinie und diesem Schaden kein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehe. Das Parlament fügt dem hinzu, dass die Klägerin den ihr obliegenden Beweis schuldig geblieben sei, dass die Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers in schwerwiegender Weise und offensichtlich gegen die geltend gemachten höherrangigen Rechtsnormen wie den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. So habe sie nicht dargetan, dass die Sektoren Chemie und Aluminium dasselbe Marktsegment besetzten wie der Roheisen- und Stahlsektor und dass diese Sektoren so erhebliche unmittelbare CO2-Emissionen erzeugten, dass sie von vornherein in die angefochtene Richtlinie hätten einbezogen werden müssen.

126    Zum Vorliegen eines Schadens führt der Rat aus, dass die angefochtene Richtlinie, obwohl sie bereits in Kraft gewesen sei, zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift noch nicht die geringste Auswirkung auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin gehabt habe und dass etwaige künftige Auswirkungen nicht als unmittelbar bevorstehend angesehen werden könnten. Außerdem habe die Klägerin nicht das Vorliegen eines sicheren Schadens nachgewiesen, was in diesem Stadium aus mehreren Gründen unmöglich sei. Das Parlament und der Rat tragen hierzu insbesondere vor, dass die angebliche Situation der Klägerin als „Nettokäufer von Zertifikaten“ nur hypothetischer Natur und keine unmittelbare, zwangsläufige und sichere Folge der angefochtenen Richtlinie sei.

127    Nach Ansicht des Rates hängt die Frage, ob die Klägerin zum „Nettokäufer von Zertifikaten“ werde, von einer Reihe unbekannter und im vorliegenden Fall nicht feststehender Faktoren ab, wie der von den nationalen Behörden im Einklang mit den NZP ursprünglich zugeteilten Gesamtmenge an Zertifikaten und den Kosten einer Emissionsverringerung im Verhältnis zum Preis der Zertifikate auf dem Handelsmarkt. Die Gesamtmenge der zugeteilten Zertifikate hänge ihrerseits von verschiedenen Faktoren ab, wie dem für den Mitgliedstaat festgelegten Reduktionsziel, seiner etwaigen Absicht, auf dem Weltmarkt nach dem Kyoto-Protokoll vorgesehene Emissionseinheiten zu kaufen, sowie seiner Entscheidung über die Modalitäten der Aufteilung der notwendigen Emissionsverringerung auf die verschiedenen Industriesektoren. Sollte sich herausstellen, dass die zugeteilten Zertifikate nicht ausreichten, hingen die Auswirkungen der angefochtenen Richtlinie unter Berücksichtigung der entsprechenden Investitionskosten zudem von der Wahl des Betreibers zwischen dem Kauf zusätzlicher Zertifikate zur Abdeckung seiner CO2-Emissionen auf der einen und der Vornahme von Maßnahmen zur Emissionsverringerung auf der anderen Seite ab.

128    Dass es an einem sicheren Schaden fehle, werde dadurch bestätigt, dass die angefochtene Richtlinie in den Kriterien 3 und 7 ihres Anhangs III ausdrücklich vorsehe, dass die Menge der Zertifikate mit dem Potenzial – auch dem technischen Potenzial – der Tätigkeiten der Marktteilnehmer in Einklang stehen müsse und dass der NZP Vorleistungen wie die Verringerung von CO2-Emissionen, die die Klägerin seit 1990 vorgenommen zu haben behaupte, berücksichtigen könne. Im Übrigen könne die Klägerin nicht genutzte Zertifikate zwischen den Anlagen innerhalb ihres Konzerns grenzüberschreitend übertragen, da diese Möglichkeit gerade die Grundlage des Emissionshandelssystems sei.

129    Das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, führen aus, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass sie mit der Umsetzung der Richtlinie verbundene Zusatzkosten wie die Kosten für das mit der Überwachung der CO2-Emissionen und der Berichterstattung betraute Personal werde aufbringen müssen, da diese Verpflichtungen bereits in Anwendung der Richtlinie 96/61 bestünden. Nach Ansicht des Rates ist das Vorbringen der Klägerin zu den mit der Beschäftigung von zusätzlichem Personal verbundenen Kosten und zum Verlust künftiger Gewinne für den Nachweis eines künftigen Schadens zu unbestimmt und ungenau. Auch seien die etwaigen Verluste von Marktanteilen oder Gewinnen nicht sicher und von unbekannten und von der angefochtenen Richtlinie unabhängigen Faktoren, beispielsweise der Entwicklung der Preise für Roheisen und Stahl und derjenigen konkurrierender Erzeugnisse, abhängig.

130    Das Parlament und der Rat, unterstützt durch die Kommission, sind der Ansicht, dass die Klägerin auch nicht das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen der angefochtenen Richtlinie und dem ihr angeblich künftig entstehenden Schaden nachgewiesen habe. Angesichts des den Mitgliedstaaten vorbehaltenen Ermessens könne der Klägerin durch die angefochtene Richtlinie als solche nicht unmittelbar ein Schaden entstehen, da sich dieser nur aus den nationalen Umsetzungsvorschriften und insbesondere der Zuteilung von Emissionszertifikaten ergeben könne.

131    Die Klägerin meint, ihr Schadensersatzantrag genüge den Anforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung und sei daher zulässig.

B –  Würdigung durch das Gericht

132    Gemäß Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss aus sich selbst heraus hinreichend klar und deutlich sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage daher erforderlich, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Insbesondere genügt eine Klage auf Ersatz von Schäden, die ein Gemeinschaftsorgan verursacht haben soll, diesen Erfordernissen nur, wenn sie Angaben enthält, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angibt, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet (Urteile des Gerichts vom 3. Februar 2005, Chiquita Brands u. a./Kommission, T‑19/01, Slg. 2005, II‑315, Randnrn. 64 und 65, vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, Slg. 2006, II‑1291, Randnrn. 36 und 37, vom 13. Dezember 2006, Abad Pérez u. a./Rat und Kommission, T‑304/01, Slg. 2006, II‑4857, Randnr. 44, und É. R. u. a./Rat und Kommission, T‑138/03, Slg. 2006, II‑4923, Randnr. 34, Beschluss des Gerichts vom 27. Mai 2004, Andolfi/Kommission, T‑379/02, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 41 und 42).

133    Das Gericht ist der Auffassung, dass die Klageschrift diesen Formerfordernissen genügt und dass das Vorbringen des Parlaments und des Rates hierzu, das überwiegend die Beurteilung der Begründetheit, nicht aber die der Zulässigkeit des Schadensersatzantrags betrifft, zurückzuweisen ist. Die Klägerin hat nämlich in der Klageschrift genügend Anhaltspunkte vorgetragen, die die Feststellung ermöglichen, welches Verhalten dem Gemeinschaftsgesetzgeber vorgeworfen wird, aus welchen Gründen sie einen Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem von ihr geltend gemachten Schaden für gegeben hält sowie welcher Art dieser Schaden ist und welchen Umfang er hat; im Übrigen haben diese Anhaltspunkte dem Parlament und dem Rat ermöglicht, sich insoweit sachgerecht zu verteidigen, indem sie Argumente vorgetragen haben, mit denen in Wirklichkeit dargetan werden soll, dass der Schadensersatzantrag unbegründet sei.

134    Zu dem behaupteten rechtswidrigen Verhalten des Parlaments und des Rates ist festzustellen, dass die Klägerin im Einklang mit den in der Rechtsprechung anerkannten Erfordernissen (Urteile des Gerichtshofs vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, Slg. 2000, I‑5291, Randnrn. 39 ff., und vom 12. Juli 2005, Kommission/CEVA und Pfizer, C‑198/03 P, Slg. 2005, I‑6357, Randnrn. 61 ff.) ausführliche Argumente vorgetragen hat, die auf den Nachweis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen mehrere Normen – und zwar auch gegen höherrangige Rechtsnormen – gerichtet sind, die wie der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Niederlassungsfreiheit bezwecken, dem Einzelnen Rechte zu verleihen.

135    In Bezug auf den Schaden ist zunächst festzustellen, dass dieser in Anbetracht der zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift gegebenen Umstände schon deshalb zwangsläufig zukünftiger Natur sein musste, weil die Umsetzung der angefochtenen Richtlinie in die nationalen Rechtsordnungen noch im Gang war und die Mitgliedstaaten mit der Vorbereitung ihrer NZP und ihrer Rechtsvorschriften für die erste Zuteilungsperiode erst begonnen hatten. Außerdem konnte die Klägerin in Anbetracht des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten bei der Anwendung des Emissionshandelssystems in ihrem Hoheitsgebiet in Umsetzung ihrer NZP (siehe oben, Randnr. 116) bei Klageerhebung nicht den genauen Umfang dieses künftigen Schadens angeben. Unter solchen besonderen Umständen, auf die die Klägerin Bezug genommen hat, ist es aber nicht unerlässlich, als Zulässigkeitsvoraussetzung in der Klageschrift den genauen Umfang des Schadens anzugeben, und erst recht nicht, die Höhe des begehrten Schadensersatzes zu beziffern, da dies in jedem Fall bis zum Stadium der Erwiderung möglich ist, sofern sich der Kläger auf derartige Umstände beruft und die Tatsachen angibt, die eine Beurteilung von Art und Umfang des Schadens erlauben, damit der Beklagte sich verteidigen kann (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Gerichts Andolfi/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnrn. 48 und 49 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. Juli 2005, Polyelectrolyte Producers Group/Rat und Kommission, T‑376/04, Slg. 2005, II‑3007, Randnr. 55).

136    Ferner hat die Klägerin genügend Tatsachen vorgetragen, die ihren künftigen Schaden einschließlich seiner Art, seines Umfangs und seiner verschiedenen Bestandteile qualifizieren, um den Erfordernissen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung zu genügen. Sie hat nämlich in der Klageschrift erstens auf den Schaden Bezug genommen, der sich aus den Zusatzkosten ergebe, die durch die Beschäftigung von Personal entstünden, das die Überwachung und Berichterstattung nach den Art. 14 und 15 der angefochtenen Richtlinie vornehmen müsse. Zudem hat sie in ihrer Stellungnahme zu den Unzulässigkeitseinreden eine konkrete bezifferte Schätzung dieser Zusatzkosten abgegeben. Zweitens hat die Klägerin einen sowohl materiellen als auch immateriellen Schaden geltend gemacht, der sich aus dem Verlust von Marktanteilen und der Schädigung ihres Ansehens auf dem Gebiet des Umweltschutzes dadurch ergebe, dass versäumt worden sei, die konkurrierenden Sektoren der Nichteisenmetalle und der chemischen Erzeugnisse in den Anwendungsbereich der angefochtenen Richtlinie einzubeziehen. Drittens hat sich die Klägerin, gestützt auf bezifferte Schätzungen (siehe oben, Randnrn. 80 und 81), darauf berufen, dass aufgrund ihrer Situation als „Nettokäufer von Zertifikaten“ und des vorhersehbaren Anstiegs der Kosten für diese Zertifikate, der geeignet sei, ihren Bruttogewinn aufzuzehren, ein Schaden entstehe. Viertens hat sie beantragt, den Verlust des Gewinns zu ersetzen, der sich daraus ergebe, dass es ihr nicht möglich sei, ihre Strategie der grenzüberschreitenden Umstrukturierung umzusetzen. Folglich sind die Mindestvoraussetzungen für die Bezeichnung des Schadens im vorliegenden Fall erfüllt.

137    Zum Kausalzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem Schaden hat die Klägerin schließlich, der Logik ihrer Ausführungen entsprechend, hinreichend genau geltend gemacht, dass der Mitgliedstaat bei der Umsetzung der streitigen Bestimmungen und der sich für die Marktteilnehmer daraus ergebenden Verpflichtungen in nationales Recht keinen Ermessensspielraum habe und daher jeder ihr eventuell entstehende Schaden dem aus ihrer Sicht rechtswidrigen Verhalten des Gemeinschaftsgesetzgebers zuzuschreiben sei. Dem Vorbringen des Parlaments, des Rates und der Kommission hierzu, dass der Antrag der Klägerin nur dann zulässig wäre, wenn sie einen solchen Kausalzusammenhang „dargetan“ oder „bewiesen“ hätte, kann nicht gefolgt werden, da eine solche Beurteilung die Prüfung der Begründetheit dieses Antrags, nicht aber die seiner Zulässigkeit betrifft.

138    Nach alledem sind die Unzulässigkeitseinreden des Parlaments und des Rates zurückzuweisen, soweit sie den Schadensersatzantrag betreffen.

III –  Zur Begründetheit des Schadensersatzantrags

A –  Zu den Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft

139    Nach ständiger Rechtsprechung wird die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft für ein rechtswidriges Verhalten ihrer Organe im Sinne von Art. 288 Abs. 2 EG nur dann ausgelöst, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, und zwar muss das den Organen vorgeworfene Verhalten rechtswidrig sein, es muss ein Schaden entstanden sein, und zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, Slg. 2006, I‑10833, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteile des Gerichts vom 16. November 2006, Masdar [UK]/Kommission, T‑333/03, Slg. 2006, II‑4377, Randnr. 59, Abad Pérez u. a./Rat und Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 97, É. R. u. a./Rat und Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 99, und vom 12. September 2007, Nikolaou/Kommission, T‑259/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 37).

140    Da diese Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, ist die Klage insgesamt abzuweisen, wenn auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Abad Pérez u. a./Rat und Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 99, und É. R. u. a./Rat und Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

141    In Bezug auf die erste Voraussetzung bedarf es des Nachweises eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteil Bergaderm und Goupil/Kommission, oben in Randnr. 134 angeführt, Randnr. 42). Für die Beurteilung der Frage, ob das Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes erfüllt ist, besteht das entscheidende Kriterium darin, ob das betreffende Gemeinschaftsorgan die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Nur wenn dieses Organ lediglich über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Ermessensspielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember 2002, Kommission/Camar und Tico, C‑312/00 P, Slg. 2002, I‑11355, Randnr. 54, Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2001, Comafrica und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, T‑198/95, T‑171/96, T‑230/97, T‑174/98 und T‑225/99, Slg. 2001, II‑1975, Randnr. 134, Abad Pérez u. a./Rat und Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 98, und É. R. u. a./Rat und Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 100).

142    Zunächst ist zu prüfen, ob die von der Klägerin geltend gemachten Rechtswidrigkeitsgründe im Licht der oben in Randnr. 141 aufgeführten Kriterien durchgreifen.

143    Hierzu ist im Kontext der vorliegenden Rechtssache festzustellen, dass ein etwaiger hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die in Rede stehenden Rechtsnormen auf einer offenkundigen und erheblichen Überschreitung der Grenzen des weiten Ermessens beruhen muss, über das der Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Ausübung der Befugnisse im Umweltbereich gemäß den Art. 174 EG und 175 EG verfügt (vgl. in diesem Sinne entsprechend zum einen Urteile des Gerichts vom 1. Dezember 1999, Boehringer/Rat und Kommission, T‑125/96 und T‑152/96, Slg. 1999, II‑3427, Randnr. 74, und vom 10. Februar 2004, Afrikanische Frucht-Compagnie/Rat und Kommission, T‑64/01 und T‑65/01, Slg. 2004, II‑521, Randnr. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung, und zum anderen Urteile des Gerichts vom 11. September 2002, Pfizer Animal Health/Rat, T‑13/99, Slg. 2002, II‑3305, Randnr. 166, und vom 26. November 2002, Artegodan/Kommission, T‑74/00, T‑76/00, T‑83/00 bis T‑85/00, T‑132/00, T‑137/00 und T‑141/00, Slg. 2002, II‑4945, Randnr. 201). Bei der Ausübung dieses Ermessens geht es nämlich darum, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber zum einen komplexe und ungewisse ökologische, wissenschaftliche, technische und wirtschaftliche Entwicklungen vorhersehen und bewerten und zum anderen die in Art. 174 EG genannten verschiedenen Ziele, Grundsätze und Interessen gegeneinander abwägen und miteinander versöhnen muss (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 14. Juli 1998, Safety Hi-Tech, C‑284/95, Slg. 1998, I‑4301, Randnrn. 36 und 37, vom 15. Dezember 2005, Griechenland/Kommission, C‑86/03, Slg. 2005, I‑10979, Randnr. 88, und Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 57 bis 59, vgl. auch entsprechend Urteil Chiquita Brands u. a./Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 228). Dies schlägt sich in der angefochtenen Richtlinie in der Festlegung einer Reihe von teilweise gegenläufigen Haupt- und Nebenzielen nieder (vgl. in diesem Sinne Urteile Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 28 bis 33, und Deutschland/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnrn. 121 bis 125 und 136 bis 139).

144    Demnach ist zu prüfen, ob der behauptete Verstoß gegen die von der Klägerin herangezogenen Rechtsvorschriften in einer offenkundigen und erheblichen Überschreitung der Grenzen des weiten Ermessens besteht, über das der Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Annahme der angefochtenen Richtlinie verfügte.

145    Da sich das Vorbringen, auf das die Klägerin die ersten beiden Rechtswidrigkeitsgründe stützt, sehr weitgehend überschneidet, sind diese Gründe zusammen zu prüfen.

B –  Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Eigentumsrecht, die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

1.     Vorbringen der Parteien

146    Die Klägerin trägt vor, die streitigen Bestimmungen seien ein Eingriff in ihr Eigentumsrecht und in ihre Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung, die durch die Gemeinschaftsrechtsordnung garantierte Grundrechte seien, was durch die Art. 16 und 17 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) bestätigt werde. Zwingende Maßnahmen, die die „Nutzung des Eigentums“ von bestimmten Voraussetzungen abhängig machten, seien nämlich geeignet, die Ausübung des Eigentumsrechts zu beschränken, und tasteten, wenn diese Maßnahmen einem Einzelnen diese Ausübung verwehrten, dieses Recht in seinem Wesensgehalt an.

147    Die Klägerin sieht in den streitigen Bestimmungen einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Wesensgehalt ihres Eigentumsrechts und ihrer Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung, da sie sie verpflichteten, ihre Anlagen unter wirtschaftlich nicht tragfähigen Bedingungen zu betreiben. Zum einen führten diese Bestimmungen dazu, dass die Klägerin zum „Nettokäufer von Zertifikaten“ werde (siehe oben, Randnrn. 75 und 77), da es ihr trotz ihrer in der Vergangenheit unternommenen Anstrengungen und anders als den Marktteilnehmern in anderen Sektoren technisch nicht möglich sei, ihre CO2-Emissionen in naher Zukunft stärker zu verringern (siehe oben, Randnrn. 77 und 78). Zum anderen sei sie in Anbetracht der besonderen Wettbewerbsbedingungen im Stahlsektor (siehe oben, Randnr. 79) nicht mehr in der Lage, den Anstieg ihrer Produktionskosten auf ihre Kunden abzuwälzen (siehe oben, Randnr. 80). Folglich werde sie mit Verlust produzieren und entweder den Betrieb unrentabler und ineffizienter Anlagen im Binnenmarkt fortsetzen oder sie stilllegen und in Länder verlagern müssen, die keine Verpflichtungen zur Emissionsverringerung nach dem Kyoto-Protokoll vorschrieben.

148    In der Erwiderung trägt die Klägerin vor, die angefochtene Richtlinie führe zu einer dreifachen Wettbewerbsverzerrung. Während erstens die Gemeinschaftsindustrie Zwängen zur Verringerung der CO2-Emissionen unterliege, die die Produktionskosten erhöhten, blieben die Produktionskosten in Drittländern unverändert, ja würden sogar aufgrund von Vorhaben im Rahmen des im Kyoto-Protokoll vorgesehenen Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (siehe oben, Randnr. 5) sogar noch sinken. Zweitens stiegen die Produktionskosten im Binnenmarkt aufgrund von Abweichungen zwischen den nationalen Emissionsreduktionszielen und den nationalen Politiken bei der Zuteilung von Zertifikaten unterschiedlich stark. Drittens gelte das Emissionshandelssystem allein für die Herstellung bestimmter Erzeugnisse, darunter Stahl. Nach Ansicht der Klägerin müssen jedoch alle Erzeugnisse unter Berücksichtigung sowohl des Produktionsverfahrens als auch des Lebenszyklus des betreffenden Erzeugnisses im Verhältnis zur emittierten CO2-Menge in gleicher Weise erfasst werden.

149    Die Klägerin hält die angefochtene Richtlinie nicht für geeignet, den Anlagenbetreibern einen Anreiz zur Verringerung ihrer Emissionen zu bieten. Sie ermutige zum einen nicht zu technischen Innovationen, da sie vorsehe, dass Neuanlagen Zertifikate nach Maßgabe ihres tatsächlichen Bedarfs erhielten, was die Hersteller dazu veranlasse, unrentable Anlagen weiterzubetreiben. Zum anderen würden die Emissionsverringerungen einschließlich der in der Vergangenheit im europäischen Stahlsektor unternommenen erheblichen Reduktionsbemühungen durch die angefochtene Richtlinie nicht belohnt. Die Stilllegung einer ineffizienten Anlage führe vielmehr zum Verlust der zugeteilten Zertifikate, da diese Zertifikate nicht auf Anlagen in einem anderen Mitgliedstaat übertragen werden könnten (siehe oben, Randnrn. 83 bis 85). Die Hersteller von Roheisen oder Stahl würden somit davon abgehalten, ihre Emissionen zu verringern oder ihre Produktion auf effizientere und damit umweltfreundlichere Anlagen zu verlagern. Angesichts dieser schwerwiegenden Verletzung ihres Eigentumsrechts, ihrer Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und ihrer Niederlassungsfreiheit bezweifelt die Klägerin darüber hinaus, dass das Ziel der angefochtenen Richtlinie, die Treibhausgasemissionen zu senken und die Umwelt zu schützen, erreicht werden könne. Für den Stahlsektor lasse sich wegen des Weiterbetriebs ineffizienter Anlagen und der Verlagerung der Stahlerzeugung in Drittländer insgesamt gesehen vermutlich überhaupt keine Emissionsverringerung erzielen.

150    Diesem Vorbringen, mit dem der Verstoß gegen ihr Eigentumsrecht, ihre Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und ihre Niederlassungsfreiheit dargetan werde, sei zu entnehmen, dass die streitigen Bestimmungen auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstießen. Nach diesem Grundsatz setze die Rechtmäßigkeit der Handlungen und Maßnahmen der Gemeinschaft voraus, dass diese Handlungen und Maßnahmen zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich seien. Auch Art. 5 Abs. 3 EG verlange, dass die Rechtsakte der Gemeinschaft nicht die Grenzen dessen überschritten, was für die Erreichung der Ziele des EG-Vertrags erforderlich sei. Ferner sei dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stünden, die am wenigsten belastende zu wählen, und die auferlegten Belastungen dürften nicht gegenüber den angestrebten Zielen unangemessen sein. Die Einbeziehung der Anlagen zur Produktion von Roheisen oder Stahl in Anhang I der angefochtenen Richtlinie sei jedoch von Anfang an nicht geeignet gewesen, zur Erreichung der Emissionsreduktions- und Umweltschutzziele der angefochtenen Richtlinie beizutragen, und die streitigen Bestimmungen erlegten der Klägerin eine schwere und übermäßige Belastung auf, die sie in ihrer Existenz gefährde (siehe oben, Randnrn. 147 bis 149).

151    Das Parlament und der Rat bestreiten einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin und ihre Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung durch die angefochtene Richtlinie. Selbst wenn man davon ausginge, dass die sich aus ihr für die Klägerin ergebenden Verpflichtungen insoweit Beschränkungen seien, könnten diese in Anbetracht des mit der angefochtenen Richtlinie und dem Emissionshandelssystem verfolgten, dem Gemeinwohl dienenden Ziels, nämlich dem Umweltschutz, nicht als unverhältnismäßiger, nicht tragbarer Eingriff in diese Rechte qualifiziert werden.

152    Daher seien der erste und der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

2.     Würdigung durch das Gericht

153    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Eigentumsrecht und die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung zwar zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehören, dass diese Grundsätze jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen können, sondern im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden müssen. Folglich können die Ausübung des Eigentumsrechts und die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 30. Juni 2005, Alessandrini u. a./Kommission, C‑295/03 P, Slg. 2005, I‑5673, Randnr. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Chiquita Brands u. a./Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 220).

154    Zu dem geltend gemachten Eingriff in das Eigentumsrecht ist festzustellen, dass die Klägerin, abgesehen von der sehr allgemeinen Behauptung, die streitigen Bestimmungen führten dazu, dass sie ihre Anlagen zur Stahlerzeugung im Binnenmarkt nicht mehr rentabel werde betreiben können, nicht angegeben hat, inwieweit ihr Eigentumsrecht an bestimmten materiellen oder immateriellen zu ihren Produktionsmitteln gehörenden Gütern durch die Anwendung dieser Bestimmungen oder ihre Umsetzung in nationales Recht tatsächlich beeinträchtigt oder gar seines Inhalts beraubt werde. Sie hat auch nicht angegeben, welche dieser Produktionsanlagen von den streitigen Bestimmungen besonders betroffen sein sollen und aus welchen Gründen eine solche Beeinträchtigung unter Berücksichtigung der individuellen Lage jeder einzelnen dieser Einrichtungen im Hoheitsgebiet ihrer Niederlassung und im Licht des einschlägigen NZP bestehen soll. Die Klägerin hat insoweit nur vage geltend gemacht, sie könne bestimmte ineffiziente und unrentable Anlagen nicht stilllegen, um die ihnen zugeteilten Emissionszertifikate nicht zu verlieren, jedoch nicht erläutert, inwieweit diese fehlende Effizienz und Rentabilität sowie die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten speziell der Anwendung der streitigen Bestimmungen als solchen zuzuschreiben sein sollen. Ihren eigenen Aussagen zufolge bestanden diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten aber bereits lange vor dem Zusammenschluss von 2001 (siehe oben, Randnr. 30) und bildeten einen seiner wirtschaftlichen Gründe.

155    Im Übrigen ist es der Klägerin in Bezug auf die behauptete Verletzung des Eigentumsrechts und der Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung insgesamt weder in ihren Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung gelungen, plausibel und auf konkrete Nachweise gestützt darzustellen, wodurch und in welchem Umfang sie aufgrund der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie zum „Nettokäufer von Emissionszertifikaten“ werden könnte, deren Kosten sie nicht auf ihre Kunden abwälzen könne. Sie hat nämlich nicht geltend gemacht, dass sie während der ersten Zuteilungsperiode, die im Jahr 2007 endete, wegen eines etwaigen Mangels an Zertifikaten in einer ihrer Produktionsanlagen im Binnenmarkt zusätzliche Emissionszertifikate hätte erwerben müssen. In der mündlichen Verhandlung hat sie auf eine Frage des Gerichts vielmehr eingeräumt, im Jahr 2006 überschüssige Zertifikate auf dem Handelsmarkt verkauft und daraus einen Gewinn in Höhe von 101 Millionen Euro erzielt zu haben, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist. Es erscheint daher ausgeschlossen, dass sich aus den streitigen Bestimmungen insgesamt zwangsläufig nachteilige finanzielle Folgen ergeben, die einen Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin und in ihre Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung darstellen.

156    Die Klägerin hat zudem im Rahmen ihres Schadensersatzantrags nicht vorgetragen, dass in einigen ihrer Produktionsanlagen im Binnenmarkt aufgrund der Anwendung der streitigen Bestimmungen Verluste entstanden seien, und sie hat keine genauen Zahlen darüber vorgelegt, wie sich die Rentabilität dieser Anlagen entwickelt hat, seit das Emissionshandelssystem einsatzbereit ist. Sie hat auch genaue Angaben zum einen dazu gemacht, wie sich diese einzelnen Anlagen jeweils an die verschiedenen Emissionsreduktionsziele in den betroffenen Mitgliedstaaten angepasst haben, von denen einige, wie das Königreich Spanien, nach der Entscheidung 2002/358 und dem Lastenteilungsplan sogar über die Möglichkeit verfügen, die Emissionen zu steigern, und zum anderen zu der Frage, ob das Kontingent an Emissionszertifikaten, das sie auf der Grundlage der verschiedenen NZP für diese Anlagen beanspruchen konnte, ausgereicht hat oder nicht. Schließlich hat die Klägerin, selbst unterstellt, die einzelnen NZP und nationalen Reduktionsziele könnten sie in ihren Rechten verletzen, weder vorgetragen noch dargetan, dass dieser Eingriff den streitigen Bestimmungen als solchen, nicht aber den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zuzuschreiben sei, die die Mitgliedstaaten in Nutzung ihres Spielraums bei der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie gemäß Art. 249 Abs. 3 EG erlassen haben.

157    Zum Vorbringen der Klägerin, die Stahlhersteller seien aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, ihre CO2-Emissionen stärker zu verringern, genügt der Hinweis, dass Kriterium 3 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie die Mitgliedstaaten verpflichtet, für die Zwecke der Festlegung der zuzuteilenden Menge an Emissionszertifikaten das Potenzial – auch das technische Potenzial – der unter das Emissionshandelssystem fallenden Tätigkeiten zur Emissionsverringerung zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge von Generalanwalt Poiares Maduro in der Rechtssache Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., Urteil oben in Randnr. 42 angeführt, Nr. 57). Folglich müssen die Mitgliedstaaten bei der Zuteilung der Zertifikate an die verschiedenen Industriesektoren sowie die in diesen Sektoren tätigen Anlagenbetreiber das Potenzial aller dieser Sektoren und Betreiber, einschließlich des Stahlsektors und der Hersteller von Roheisen oder Stahl, zur Emissionsverringerung berücksichtigen. Außerdem kann nach Kriterium 7 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie „[d]er [NZP] Vorleistungen [zur Emissionsverringerung] berücksichtigen“, so dass es den Mitgliedstaaten zumindest möglich ist, den in dem betreffenden Sektor und von den fraglichen Betreibern bereits unternommenen Anstrengungen zur Verringerung Rechnung zu tragen. Eine eventuelle nicht hinreichende Berücksichtigung dieser Verringerungsmöglichkeit durch einen Mitgliedstaat im Rahmen seiner Rechtsvorschriften zur Umsetzung der angefochtenen Richtlinie kann daher nicht den streitigen Bestimmungen zugeschrieben werden.

158    Unter diesen Umständen erscheint es ausgeschlossen, dass die streitigen Bestimmungen in das Eigentumsrecht der Klägerin und in ihre Berufsfreiheit eingreifen oder dass ihr durch diesen behaupteten Eingriff gar ein Schaden entstehen könnte. Die Klägerin hat folglich weder einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen diese Rechte noch deren übermäßige Einschränkung durch die streitigen Bestimmungen dargetan, noch, dass dieser behauptete Verstoß die Ursache eines ihr entstandenen Schadens sein könnte.

159    Soweit die Klägerin darüber hinaus als eigenständigen Rechtswidrigkeitsgrund einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend macht, ergibt sich bereits aus den oben in den Randnrn. 154 bis 158 dargelegten Erwägungen, dass sie das Vorliegen der von ihr behaupteten schweren und übermäßigen Belastung nicht dargetan hat. Auch ist das Hauptargument der Klägerin, die Beteiligung der Stahlhersteller als erwiesenermaßen größte industrielle Emittenten von CO2 sei kein geeigneter oder zweckmäßiger Beitrag zur Erreichung des Hauptziels der angefochtenen Richtlinie, dem Schutz der Umwelt und der Verringerung von Treibhausgasemissionen, als offensichtlich haltlos zurückzuweisen, ohne dass die Stichhaltigkeit der Behauptungen zu den einzelnen Funktionsmängeln des Emissionshandelssystems (siehe oben, Randnrn. 149 und 150) geprüft zu werden braucht. Schließlich hat die Klägerin jedenfalls nicht nachgewiesen, dass das Emissionshandelssystem als solches zur Erreichung des Ziels einer Verringerung der CO2-Emissionen offensichtlich ungeeignet ist und dass der Gemeinschaftsgesetzgeber somit die Grenzen seines weiten Ermessens offenkundig und erheblich überschritten hat.

160    Daher sind die Rechtswidrigkeitsgründe eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Eigentumsrecht, die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als unbegründet zurückzuweisen.

C –  Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

1.     Vorbringen der Parteien

161    Nach Ansicht der Klägerin verstoßen die streitigen Bestimmungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

162    Zum einen seien die konkurrierenden Sektoren der Nichteisenmetalle und der chemischen Erzeugnisse ohne jede objektive Rechtfertigung vom Anwendungsbereich der angefochtenen Richtlinie ausgenommen, obwohl sie vergleichbare oder sogar höhere CO2-Emissionen erzeugten als der Stahlsektor. Die Klägerin stellt insoweit in Abrede, dass die Einbeziehung des Sektors der chemischen Erzeugnisse mit einer großen Zahl von Anlagen in das Emissionshandelssystem zu einer erheblichen Belastung der Verwaltung führen würde. Das Erfordernis zusätzlichen Verwaltungsaufwands könne als solches eine schwerwiegende Wettbewerbsverzerrung, wie sie im vorliegenden Fall gegeben sei, nicht rechtfertigen. Zudem hätten im Einklang mit dem ursprünglichen Vorschlag zumindest die Großanlagen zur Herstellung chemischer Grunderzeugnisse mit erheblichen Emissionen einbezogen werden müssen. Was den Ausschluss des Sektors der Nichteisenmetalle wie Aluminium angehe (15. Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie), hätten das Parlament und der Rat nicht einmal eine Begründung für diese Ungleichbehandlung vorgebracht. Schließlich sei diesen konkurrierenden Sektoren auch keine andere Maßnahme auferlegt worden, um die genannten Wettbewerbsverzerrungen abzuschwächen. Zum anderen verstoße der Umstand, dass der Stahlsektor und die übrigen von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Sektoren ohne objektive Rechtfertigung gleichbehandelt würden, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da diese Sektoren sich in unterschiedlichen Situationen befänden. Die „Situation einzigartiger Einschnürung“ der Hersteller von Roheisen oder Stahl (siehe oben, Randnrn. 76 ff.) unterscheide diese nämlich von den Herstellern in diesen anderen Sektoren und versetze sie unter allen Teilnehmern am Emissionshandelssystem in die Lage eines „natürlichen Verlierers“.

163    In der Erwiderung führt die Klägerin aus, dass die Sektoren der Nichteisenmetalle und der chemischen Erzeugnisse dem Stahlsektor vergleichbar seien und dass, wie die Praxis der Kommission auf dem Gebiet der Zusammenschlüsse bestätige, zwischen diesen einzelnen Sektoren Wettbewerbsbeziehungen bestünden. So ersetzten die großen Automobilhersteller Stahl zunehmend durch Aluminium für die „externen Teile“ wie Motor, Motorhaube und Türen. Zudem würden auf dem Markt der nichtalkoholischen Getränke Stahldosen zunehmend durch Aluminiumdosen und durch Kunststoffflaschen ersetzt. Im Übrigen sei der Umstand, dass die Gesamtmenge der CO2-Emissionen des Stahlsektors die des Aluminium- und des Kunststoffsektors übersteige, allein nicht ausreichend, diese Sektoren voneinander zu unterscheiden, da andere Sektoren mit einem geringeren Emissionsniveau als dem der chemischen Erzeugnisse, nämlich der Sektor Glas, Keramik und Baustoffe sowie der Sektor Papier und Druck ebenfalls von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfasst würden. Wegen der Vergleichbarkeit dieser Sektoren habe das Parlament nämlich vorgeschlagen, die „Anlagen für die Herstellung und Verarbeitung von Aluminium“ und die „chemische Industrie“ in die angefochtene Richtlinie einzubeziehen. Schließlich sei der Umstand, dass der Aluminiumsektor aufgrund des Strompreisanstiegs von der angefochtenen Richtlinie mittelbar betroffen sei, nicht ausreichend, um ihn vom Stahlsektor zu unterscheiden, der dieselben Folgen dieses Ausstiegs zu tragen habe.

164    Nach Ansicht der Klägerin ist eine Berufung auf Art. 24 der angefochtenen Richtlinie in diesem Zusammenhang nicht möglich. Die einseitige Einbeziehung weiterer Tätigkeiten und Anlagen in das Emissionshandelssystem gemäß dieser Bestimmung sei nur eine Möglichkeit, nicht aber eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten und setze die anhand verschiedener Kriterien erteilte Billigung der Kommission voraus. Jedenfalls wäre eine etwaige und ungewisse Einbeziehung der mit dem Stahlsektor konkurrierenden Sektoren durch die Mitgliedstaaten erst vom Jahr 2008 an möglich gewesen und könnte daher einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz während der ersten Zuteilungsperiode nicht heilen. Schließlich fehle es an einer objektiven Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung, da die streitigen Bestimmungen im Verhältnis zu dem verfolgten Zweck des Umweltschutzes weder erforderlich noch angemessen seien.

165    In der mündlichen Verhandlung und in ihrer Stellungnahme zu den Folgen, die aus dem Urteil Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (oben in Randnr. 42 angeführt) zu ziehen seien, hat die Klägerin ihr Vorbringen zum Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz wiederholt und ergänzt.

166    Das Parlament, der Rat und die Kommission beantragen, diesen Klagegrund zurückzuweisen, zumal der Gerichtshof im Urteil Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (oben in Randnr. 42 angeführt) abschließend in diesem Sinne entschieden habe.

2.     Würdigung durch das Gericht

167    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Rechtswidrigkeitsgrund betreffend einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus zwei Teilen besteht, nämlich zum einen dem Vorwurf einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte und zum anderen dem einer Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte.

168    Zum ersten Teil ist auf die Randnrn. 25 ff. des Urteils Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (oben in Randnr. 42 angeführt) zu verweisen, in denen der Gerichtshof Folgendes ausgeführt hat:

„Zur unterschiedlichen Behandlung vergleichbarer Sachverhalte

25      Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch eine unterschiedliche Behandlung setzt voraus, dass die betreffenden Sachverhalte im Hinblick auf alle Merkmale, die sie kennzeichnen, vergleichbar sind.

26      Die Merkmale unterschiedlicher Sachverhalte und somit deren Vergleichbarkeit sind u. a. im Licht des Ziels und des Zwecks der Gemeinschaftsmaßnahme, die die fragliche Unterscheidung einführt, zu bestimmen und zu beurteilen. Außerdem sind die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu berücksichtigen, dem die in Rede stehende Maßnahme unterfällt (vgl. in diesem Sinne Urteile [des Gerichtshofs] vom 27. Oktober 1971, Rheinmühlen Düsseldorf, 6/71, Slg. 1971, 823, Randnr. 14, vom 19. Oktober 1977, Ruckdeschel u. a., 117/76 und 16/77, Slg. 1977, 1753, Randnr. 8, vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Rat, C‑280/93, Slg. 1994, I‑4973, Randnr. 74, sowie vom 10. März 1998, T. Port, C‑364/95 und C‑365/95, Slg. 1998, I‑1023, Randnr. 83).

27      Im vorliegenden Fall ist die Gültigkeit der [angefochtenen] Richtlinie in Bezug auf die Einbeziehung des Stahlsektors in ihren Anwendungsbereich und die Nichteinbeziehung der Sektoren Chemie und Nichteisenmetalle, zu denen … der Kunststoff- und der Aluminiumsektor gehören, zu beurteilen.

28      Nach ihrem Art. 1 hat die [angefochtene] Richtlinie … die Einrichtung eines Systems für den Handel mit Zertifikaten … zum Gegenstand. Wie aus den Nrn. 4.2 und 4.3 des Grünbuchs [vom 8. März 2000 zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union] hervorgeht, wollte die Kommission mit dieser Richtlinie ein solches System auf der Ebene der Unternehmen einführen, das somit die wirtschaftlichen Tätigkeiten erfassen sollte.

29      Nach ihrem fünften Erwägungsgrund soll die [angefochtene] Richtlinie mit der Einführung dieses Systems zur Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten aus dem Protokoll von Kyoto beitragen, das die Verringerung der Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre auf einem Niveau vorsieht, das eine gefährliche anthropogene Beeinträchtigung des Klimasystems verhindert und dessen Endziel der Schutz der Umwelt ist.

30      Die Umweltpolitik der Gemeinschaft, der der im Ausgangsverfahren fragliche Rechtsetzungsakt zuzuordnen ist und zu dessen Hauptzielen der Umweltschutz gehört, zielt gemäß Art. 174 Abs. 2 EG auf ein hohes Schutzniveau ab und beruht auf dem Vorsorgeprinzip, dem Prinzip der Vorbeugung und dem Verursacherprinzip (vgl. Urteile [des Gerichtshofs] vom 5. Mai 1998, National Farmers’ Union u. a., C‑157/96, Slg. 1998, I‑2211, Randnr. 64, sowie vom 1. April 2008, Parlament/Kommission, C‑14/06 und C‑295/06, Slg. 2008, I‑1649, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Daraus ergibt sich, dass sich die verschiedenen Quellen der Emission von Treibhausgasen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen sind, im Hinblick auf den Gegenstand der [angefochtenen] Richtlinie, deren in Randnr. 29 des vorliegenden Urteils erwähnten Ziele und die Grundsätze, auf die sich die Politik der Gemeinschaft im Umweltbereich stützt, grundsätzlich in einer vergleichbaren Lage befinden, da jede Emission von Treibhausgasen zu einer gefährlichen Störung des Klimas beitragen kann und da jeder Wirtschaftssektor, der solche Gase emittiert, zum Funktionieren des Systems des Handels mit Zertifikaten beitragen kann.

35      Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach dem 25. Erwägungsgrund der [angefochtenen] Richtlinie Politik und Maßnahmen in allen Wirtschaftssektoren der Union durchgeführt werden sollten, um zu erheblichen Emissionsverringerungen zu gelangen, und dass Art. 30 der [angefochtenen] Richtlinie eine Überprüfung im Hinblick auf die Einbeziehung weiterer Sektoren in deren Anwendungsbereich vorsieht.

36      Was die Vergleichbarkeit der in Rede stehenden Sektoren im Hinblick auf die [angefochtene] Richtlinie angeht, kann das Vorliegen einer Wettbewerbsbeziehung zwischen diesen Sektoren kein entscheidendes Kriterium sein …

37      … auch die von den jeweiligen Sektoren ausgestoßene CO2-Menge [ist] unter Berücksichtigung insbesondere der Ziele der [angefochtenen] Richtlinie und des Funktionierens des Systems des Handels mit Zertifikaten, wie diese in den Randnrn. 31 bis 33 des vorliegenden Urteils beschrieben sind, für die Beurteilung der Vergleichbarkeit dieser Sektoren nicht wesentlich.

38      Der Stahlsektor, der Chemiesektor und der Sektor der Nichteisenmetalle befinden sich daher für die Zwecke einer Prüfung der Gültigkeit der [angefochtenen] Richtlinie im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz in einer vergleichbaren Situation und werden unterschiedlich behandelt.

Zur Benachteiligung durch eine unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte

39      … dem Gemeinschaftsgesetzgeber [kann] die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nur dann vorgeworfen werden, wenn vergleichbare Sachverhalte ungleich behandelt und dadurch bestimmte Personen gegenüber anderen benachteiligt werden (vgl. Urteile [des Gerichtshofs] vom 13. Juli 1962, Klöckner-Werke und Hoesch/Hohe Behörde, 17/61 und 20/61, Slg. 1972, 655, 692, vom 15. Januar 1985, Finsider/Kommission, 250/83, Slg. 1985, 131, Randnr. 8, sowie vom 22. Mai 2003, Connect Austria, C‑462/99, Slg. 2003, I‑5197, Randnr. 115).

42      Die Unterwerfung bestimmter Sektoren … unter das System für den Handel mit Zertifikaten … bedeutet für die betreffenden Unternehmen zum einen, dass sie über eine Genehmigung zur Emission von Treibhausgasen verfügen müssen, und zum anderen, dass sie unter Androhung finanzieller Sanktionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine den Gesamtemissionen ihrer Anlagen entsprechende Menge von Zertifikaten abgeben müssen. Übersteigen die Emissionen einer Anlage die Mengen, die dem betreffenden Betreiber im Rahmen eines nationalen Emissionsplans zugeteilt worden sind, so ist dieser verpflichtet, sich über das System für den Handel mit Zertifikaten zusätzliche Zertifikate zu beschaffen.

43      Dagegen bestehen auf Gemeinschaftsebene keine derartigen rechtlichen Verpflichtungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen für die Betreiber von Anlagen, die nicht von Anhang I der [angefochtenen] Richtlinie erfasst werden. Somit schafft die Einbeziehung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in den Anwendungsbereich der [angefochtenen] Richtlinie für die betreffenden Betreiber einen Nachteil gegenüber denjenigen, die hierin nicht einbezogene Tätigkeiten ausüben.

44      Selbst unterstellt, dass … die Unterwerfung unter ein solches System nicht notwendigerweise und systematisch zu nachteiligen wirtschaftlichen Folgen führt, kann das Vorliegen eines Nachteils nicht allein aus diesem Grund verneint werden, da sich der im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes zu berücksichtigende Nachteil auch auf die Rechtsstellung der durch eine unterschiedliche Behandlung betroffenen Person auswirken kann.

45      Im Übrigen kann … der Nachteil, der den Anlagenbetreibern entstanden ist, die den der [angefochtenen] Richtlinie unterliegenden Sektoren angehören, nicht durch Maßnahmen ausgeglichen werden, die sich nicht nach Gemeinschaftsrecht bestimmen.

Zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung

46      Der Gleichheitsgrundsatz ist jedoch nicht verletzt, wenn die unterschiedliche Behandlung des Stahlsektors einerseits und der Sektoren Chemie und Nichteisenmetalle andererseits gerechtfertigt ist.

47      Eine unterschiedliche Behandlung ist gerechtfertigt, wenn sie auf einem objektiven und angemessenen Kriterium beruht, d. h., wenn sie im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel steht, das mit der in Rede stehenden Regelung verfolgt wird, und wenn diese unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu dem mit der betreffenden Behandlung verfolgten Ziel steht (vgl. in diesem Sinne Urteile [des Gerichtshofs] vom 5. Juli 1977, Bela-Mühle Bergmann, 114/76, Slg. 1977, 1211, Randnr. 7, vom 15. Juli 1982, Edeka Zentrale, 245/81, Slg. 1982, 2745, Randnrn. 11 und 13, vom 10. März 1998, Deutschland/Rat, C‑122/95, Slg. 1998, I‑973, Randnrn. 68 und 71, sowie vom 23. März 2006, Unitymark und North Sea Fishermen’s Organisation, C‑535/03, Slg. 2006, I‑2689, Randnrn. 53, 63, 68 und 71).

48      Da es sich um einen Rechtsetzungsakt der Gemeinschaft handelt, obliegt es dem Gemeinschaftsgesetzgeber, das Vorliegen objektiver Kriterien, die als Rechtfertigung vorgebracht werden, darzutun, und dem Gerichtshof die Umstände vorzutragen, deren dieser bedarf, um das Vorliegen dieser Kriterien zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile [des Gerichtshofs] vom 19. Oktober 1977, Moulins et Huileries de Pont-à-Mousson und Providence agricole de la Champagne, 124/76 und 20/77, Slg. 1977, 1795, Randnr. 22, sowie vom 10. März 1998, Deutschland/Rat, Randnr. 71).

57      Der Gerichtshof hat dem Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen der Ausübung der ihm übertragenen Zuständigkeiten ein weites Ermessen zugebilligt, wenn seine Tätigkeit politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen beinhaltet und wenn er komplexe Beurteilungen und Prüfungen vornehmen muss (vgl. Urteil vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA, C‑344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 80). Wenn er ferner ein komplexes System umstrukturieren oder schaffen muss, ist es ihm gestattet, einen schrittweisen Lösungsansatz zugrunde zu legen (vgl. in diesem Sinne Urteile [des Gerichtshofs] vom 29. Februar 1984, Rewe-Zentrale, 37/83, Slg. 1984, 1229, Randnr. 20, vom 18. April 1991, Assurances du crédit/Rat und Kommission, C‑63/89, Slg. 1991, I‑1799, Randnr. 11, sowie vom 13. Mai 1997, Deutschland/Parlament und Rat, C‑233/94, Slg. 1997, I‑2405, Randnr. 43) und insbesondere entsprechend der erworbenen Erfahrung vorzugehen.

58      Selbst wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber über eine solche Befugnis verfügt, ist er jedoch verpflichtet, seine Entscheidung auf Kriterien zu stützen, die objektiv sind und in angemessenem Verhältnis zu dem mit der in Rede stehenden Regelung verfolgten Ziel stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile [des Gerichtshofs] vom 15. September 1982, Kind/EWG, 106/81, Slg. 1982, 2885, Randnrn. 22 und 23, sowie Sermide, Randnr. 28), und dabei alle sachlichen Umstände sowie die zum Zeitpunkt des Erlasses der in Rede stehenden Maßnahme verfügbaren technischen und wissenschaftlichen Daten zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil [des Gerichtshofs] vom 14. Juli 1998, Safety Hi-Tech, C‑284/95, Slg. 1998, I‑4301, Randnr. 51).

59      Bei der Ausübung seiner Beurteilungsbefugnis muss der Gemeinschaftsgesetzgeber neben dem Hauptzweck des Umweltschutzes den betroffenen Interessen in vollem Umfang Rechnung tragen (vgl. in Bezug auf Maßnahmen im Bereich der Landwirtschaft Urteile [des Gerichtshofs] vom 10. März 2005, Tempelman und Van Schaijk, C‑96/03 und C‑97/03, Slg. 2005, I‑1895, Randnr. 48, sowie vom 12. Januar 2006, Agrarproduktion Staebelow, C‑504/04, Slg. 2006, I‑679, Randnr. 37). Bei der Prüfung der mit verschiedenen möglichen Maßnahmen verbundenen Belastungen ist zu bedenken, dass zwar die Bedeutung der angestrebten Ziele sogar beträchtliche Folgen wirtschaftlicher Art zum Nachteil bestimmter Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile [des Gerichtshofs] vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnrn. 15 bis 17, sowie vom 15. Dezember 2005, Griechenland/Kommission, C‑86/03, Slg. 2005, I‑10979, Randnr. 96); die Ausübung der Beurteilungsbefugnis des Gemeinschaftsgesetzgebers darf jedoch nicht zu Ergebnissen führen, die offenkundig weniger angemessen als die Ergebnisse aufgrund anderer für diese Ziele ebenfalls geeigneter Maßnahmen sind.

60      Im vorliegenden Fall steht zum einen fest, dass das durch die [angefochtene] Richtlinie eingeführte System für den Handel mit Zertifikaten ein neues und komplexes System ist, dessen Einführung und Funktionieren durch die Einbindung einer zu großen Zahl von Teilnehmern gestört worden wäre, und zum anderen, dass die ursprüngliche Begrenzung des Anwendungsgebiets der [angefochtenen] Richtlinie durch das Ziel geboten war, eine kritische Masse von Teilnehmern zu erhalten, die für die Einführung dieses Systems notwendig war.

61       In Anbetracht der Neuheit und der Komplexität dieses Systems fügte sich die ursprüngliche Begrenzung des Anwendungsbereichs der [angefochtenen] Richtlinie und das gewählte schrittweise Vorgehen, das sich insbesondere auf die in der ersten Phase seiner Umsetzung gesammelte Erfahrung stützt, um die Umsetzung dieses Systems nicht zu stören, in den Wertungsspielraum ein, über den der Gemeinschaftsgesetzgeber verfügte.

62      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich der Gemeinschaftsgesetzgeber zwar berechtigterweise auf ein solches schrittweises Vorgehen bei der Einführung des Systems für den Handel mit Zertifikaten stützen durfte, er ist jedoch insbesondere im Hinblick auf die Ziele der [angefochtenen] Richtlinie und der Gemeinschaftspolitik im Umweltbereich verpflichtet, die eingeführten Maßnahmen insbesondere in Bezug auf die von der [angefochtenen] Richtlinie erfassten Sektoren in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, wie dies im Übrigen in Art. 30 dieser Richtlinie vorgesehen ist.

63      … jedoch … kann der Wertungsspielraum, über den der Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen eines schrittweisen Vorgehens verfügte, ihn im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz nicht davon befreien, sich für die Bestimmung der Sektoren, die er als geeignet erachtete, von Anfang an in den Anwendungsbereich der [angefochtenen] Richtlinie einbezogen zu werden, objektiver Kriterien zu bedienen, die auf den zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Richtlinie verfügbaren technischen und wissenschaftlichen Daten beruhten.

64      Was erstens den Chemiesektor betrifft, geht aus der Entstehungsgeschichte der [angefochtenen] Richtlinie hervor, dass dieser eine besonders hohe Zahl von Anlagen, nämlich rund 34 000 umfasste, und zwar nicht nur im Verhältnis zu den Emissionen, die diese hervorrufen, sondern auch im Verhältnis zu der Zahl von gegenwärtig in den Anwendungsbereich der [angefochtenen] Richtlinie einbezogenen Anlagen, die sich auf rund 10 000 beläuft.

65      Die Einbeziehung dieses Sektors in den Anwendungsbereich der [angefochtenen] Richtlinie hätte daher die Steuerung des Systems für den Handel mit Zertifikaten erschwert und den Verwaltungsaufwand erhöht, so dass die Möglichkeit einer Störung des Funktionierens dieses Systems bei seiner Einführung aufgrund dieser Einbeziehung nicht ausgeschlossen werden kann. Zudem durfte der Gemeinschaftsgesetzgeber davon ausgehen, dass die Vorteile der Nichteinbeziehung des gesamten Sektors bei Einführung des Systems für den Handel mit Zertifikaten die Vorteile seiner Einbeziehung für die Verwirklichung des Ziels der [angefochtenen] Richtlinie überwogen. Somit hat der Gemeinschaftsgesetzgeber rechtlich hinreichend dargetan, dass er sich für die Nichteinbeziehung des gesamten Chemiesektors in den Anwendungsbereich der [angefochtenen] Richtlinie in der ersten Anwendungsphase des Systems für den Handel mit Zertifikaten auf objektive Kriterien gestützt hat.

66      Das Vorbringen …, dass die Einbeziehung der Unternehmen dieses Sektors, die eine eine bestimmte Schwelle übersteigende CO2-Menge ausstießen, in den Anwendungsbereich der [angefochtenen] Richtlinie keine Probleme auf Verwaltungsebene hervorgerufen hätte, kann die vorstehende Beurteilung nicht in Frage stellen.

69      Nach alledem und in Anbetracht des schrittweisen Vorgehens, auf dem die [angefochtene] Richtlinie beruht, kann in der ersten Phase der Einführung des Systems für den Handel mit Zertifikaten die unterschiedliche Behandlung des Chemiesektors im Vergleich zum Stahlsektor als gerechtfertigt betrachtet werden.

70      Was zweitens den Nichteisenmetallsektor betrifft, [beliefen sich] bei der Ausarbeitung und dem Erlass der [angefochtenen] Richtlinie … die unmittelbaren Emissionen dieses Sektors 1990 auf 16,2 Mio. t CO2 …, während der Stahlsektor 174,8 Mio. t ausstieß.

71      Der Gemeinschaftsgesetzgeber war angesichts seiner Absicht, den Anwendungsbereich der [angefochtenen] Richtlinie so zu begrenzen, dass die verwaltungstechnische Durchführbarkeit des Systems für den Handel mit Zertifikaten in seiner Anfangsphase nicht durch die Einbindung einer zu großen Zahl von Teilnehmern gestört würde, nicht verpflichtet, allein auf das Mittel der Einführung eines Emissionsschwellenwertes für jeden CO2 ausstoßenden Wirtschaftssektor zurückzugreifen, um das angestrebte Ziel zu verwirklichen. Daher konnte er unter Umständen wie denjenigen, die zum Erlass der [angefochtenen] Richtlinie geführt haben, bei der Einführung dieses Systems den Anwendungsbereich der Richtlinie durch ein sektorbezogenes Vorgehen begrenzen, ohne die Grenzen seiner Beurteilungsbefugnis zu überschreiten.

72      Der Unterschied der Menge direkter Emissionen zwischen den beiden betroffenen Sektoren ist so erheblich, dass ihre unterschiedliche Behandlung bei der ersten Anwendungsphase des Systems für den Handel mit Zertifikaten in Anbetracht des schrittweisen Vorgehens, auf dem die [angefochtene] Richtlinie beruht, als gerechtfertigt betrachtet werden kann, ohne dass für den Gemeinschaftsgesetzgeber die Notwendigkeit bestand, die auf die verschiedenen Sektoren entfallenden mittelbaren Emissionen zu berücksichtigen.

73      Daher ist festzustellen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Gleichheitsgrundsatz nicht durch die unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Situationen verletzt hat, als er vom Anwendungsbereich der [angefochtenen] Richtlinie den Chemiesektor und den Nichteisenmetallsektor ausgenommen hat.“

169    Da auf den ersten Teil des vorliegenden Rechtswidrigkeitsgrundes betreffend die fehlende Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung des Stahlsektors auf der einen und der Sektoren der Nichteisenmetalle und der chemischen Erzeugnisse auf der anderen Seite in den Gründen des vorgenannten Urteils des Gerichtshofs eine umfassende Antwort gegeben wird, ist dieser Teil als unbegründet zurückzuweisen.

170    Zum zweiten Teil betreffend die fehlende Rechtfertigung einer Gleichbehandlung des Stahlsektors und der übrigen von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Sektoren, obwohl der Stahlsektor, anders als diese anderen Sektoren, ein „natürlicher Verlierer“ sei, der sich in einer „Situation einzigartiger Einschnürung“ befinde, genügt die Feststellung, dass sich alle diese Sektoren unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Ziels des Umweltschutzes durch die Verringerung von Treibhausgasemissionen und des Verursacherprinzips in vergleichbarer Lage befinden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 29 bis 38). Ferner geht aus den vorstehenden Randnrn. 112 bis 116 hervor, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass sich der Stahlsektor in einer besonderen Lage befand, die ihn von allen anderen von Anhang I der angefochtenen Richtlinie erfassten Sektoren unterscheidet (vgl. in diesem Sinne auch Schlussanträge von Generalanwalt Poiares Maduro in der Rechtssache Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., oben in Randnr. 157 angeführt, Nr. 57).

171    Folglich ist der Rechtswidrigkeitsgrund betreffend einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

D –  Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit

1.     Vorbringen der Parteien

172    Nach Ansicht der Klägerin sind die streitigen Bestimmungen ein schwerwiegender Eingriff in ihre Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 Abs. 1 EG.

173    Das Verbot der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gelte nicht nur für staatliche Maßnahmen, sondern binde als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch die Gemeinschaft. Durch die Art. 39 EG und 43 EG solle nämlich der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EG verankerte fundamentale Grundsatz umgesetzt werden, wonach die Tätigkeit der Gemeinschaft im Sinne des Art. 2 EG die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten umfasse. Darüber hinaus seien auch die Gemeinschaftsorgane verpflichtet, die Warenverkehrsfreiheit, die ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinsamen Marktes sei, aus dem sich die Niederlassungsfreiheit ableite, zu beachten. Art. 43 EG gewährleiste, dass die Unternehmen die Ansiedlung ihrer Produktion im Gemeinsamen Markt nach wirtschaftlichen Kriterien frei wählen könnten. Zudem verbiete diese Grundfreiheit die Schaffung von Hindernissen im Ursprungsmitgliedstaat mit dem Ziel, die Verlagerung von Unternehmen in einen anderen Mitgliedstaat zu verhindern, weil sonst die durch Art. 43 EG garantierten Rechte ihres Inhalts beraubt würden.

174    Die streitigen Bestimmungen griffen in das Recht der Klägerin, ihre Produktion aus einer weniger rentablen Anlage in einem Mitgliedstaat auf eine rentablere Anlage in einem anderen Mitgliedstaat zu verlagern, dadurch ein, dass sie nicht die gleichzeitige Übertragung der für die stillzulegende und zu übertragende Produktionskapazität zugeteilten Zertifikate gewährleisteten (siehe oben, Randnrn. 149 ff.). Somit müsse sie, ohne dass hierfür eine objektive Rechtfertigung bestünde, weniger rentable Produktionskapazitäten allein mit dem Ziel weiter nutzen, diese Zertifikate nicht zu verlieren. Unter Berücksichtigung dessen, dass die angefochtene Richtlinie zur Erreichung des verfolgten Zwecks des Umweltschutzes ungeeignet sei (siehe oben, Randnr. 149), und der grundlegenden Bedeutung der Ausübung der Niederlassungsfreiheit für die Vollendung des Binnenmarkts sei diese Beschränkung ihrer Niederlassungsfreiheit unverhältnismäßig.

175    Das Parlament und der Rat beantragen, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

2.     Würdigung durch das Gericht

176    Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das dem Gemeinschaftsgesetzgeber gemäß den Art. 174 EG und 175 EG zustehende Ermessen (siehe oben, Randnr. 143) im Licht der Niederlassungsfreiheit im Sinne von Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EG so weit eingeschränkt sei, dass er nicht rechtmäßig darauf habe verzichten können, im Rahmen der angefochtenen Richtlinie, die gemäß Art. 175 Abs. 1 EG erlassen worden sei, die Frage der freien grenzüberschreitenden Übertragung von Emissionszertifikaten innerhalb einer Unternehmensgruppe selbst zu regeln, anstatt den Mitgliedstaaten für die Zwecke der Umsetzung dieser Richtlinie einen weiten Handlungsspielraum vorzubehalten, der zum Erlass voneinander abweichender nationaler Vorschriften führe, die geeignet seien, rechtswidrige Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit zu errichten.

177    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung die Gemeinschaftsorgane wie auch die Mitgliedstaaten die Grundfreiheiten, wie die Niederlassungsfreiheit, beachten müssen, die dazu dienen, eines der wesentlichen Ziele der Gemeinschaft, insbesondere das in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EG verankerte Ziel der Verwirklichung des Binnenmarkts, zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Februar 1984, Rewe-Zentrale, 37/83, Slg. 1984, 1229, Randnr. 18).

178    Aus dieser allgemeinen Verpflichtung ergibt sich jedoch nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber verpflichtet wäre, das in Rede stehende Sachgebiet so zu regeln, dass das Gemeinschaftsrecht, insbesondere wenn es die Gestalt einer Richtlinie im Sinne von Art. 249 Abs. 3 EG annimmt, eine erschöpfende und abschließende Lösung bestimmter, sich unter dem Blickwinkel der Verwirklichung des Binnenmarkts stellender Probleme liefert oder dass es eine vollständige Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften vornimmt, um jede nur denkbare Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels zu vermeiden. Wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber ein komplexes System wie das Emissionshandelssystem umstrukturieren oder schaffen muss, steht es ihm frei, einen Lösungsansatz in Etappen zugrunde zu legen (vgl. in diesem Sinne Urteil Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 57) und nur eine schrittweise Harmonisierung der betreffenden nationalen Rechtsvorschriften vorzunehmen, da die Durchführung solcher Maßnahmen im Allgemeinen schwierig ist, weil sie voraussetzt, dass die zuständigen Gemeinschaftsorgane ausgehend von unterschiedlichen und komplexen nationalen Bestimmungen gemeinsame Vorschriften ausarbeiten, die den im EG-Vertrag festgelegten Zielen entsprechen und die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates finden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs Rewe-Zentrale, oben in Randnr. 177 angeführt, Randnr. 20, vom 18. April 1991, Assurances du crédit/Rat und Kommission, C‑63/89, Slg. 1991, I‑1799, Randnr. 11, vom 13. Mai 1997, Deutschland/Parlament und Rat, C‑233/94, Slg. 1997, I‑2405, Randnr. 43, vom 17. Juni 1999, Socridis, C‑166/98, Slg. 1999, I‑3791, Randnr. 26, und vom 13. Juli 2006, Sam Mc Cauley Chemists [Blackpool] und Sadja, C‑221/05, Slg. 2006, I‑6869, Randnr. 26). Dies ist auch bei den Gemeinschaftsvorschriften im Bereich des Umweltschutzes nach den Art. 174 EG und 175 EG der Fall.

179    Des Weiteren ist zu beachten, dass zum einen gemäß Art. 249 Abs. 3 EG eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, den innerstaatlichen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, was denknotwendig bedeutet, dass die Mitgliedstaaten über den erforderlichen Beurteilungsspielraum beim Erlass der Umsetzungsmaßnahmen verfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Januar 2008, Promusicae, C‑275/06, Slg. 2008, I‑271, Randnr. 67), und dass zum anderen der 30. Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie auf den in Art. 5 Abs. 2 EG verankerten Subsidiaritätsgrundsatz verweist. Nach diesem Grundsatz wird die Gemeinschaft in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Den Art. 174 EG bis 176 EG ist zu entnehmen, dass im Bereich des Umweltschutzes die Zuständigkeiten der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten geteilt sind. Mit der Gemeinschaftsregelung in diesem Bereich wird somit keine vollständige Harmonisierung angestrebt, und Art. 176 EG sieht die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vor, verstärkte Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die nur zur Voraussetzung haben, dass sie mit dem EG-Vertrag vereinbar sein müssen und der Kommission notifiziert werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. April 2005, Deponiezweckverband Eiterköpfe, C‑6/03, Slg. 2005, I‑2753, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

180    Im Einklang mit diesen Grundsätzen sieht die angefochtene Richtlinie keine vollständige Harmonisierung der Voraussetzungen auf Gemeinschaftsebene vor, die der Schaffung und der Funktionsweise des Emissionshandelssystems zugrunde liegen. Vorbehaltlich der Beachtung der Vorschriften des EG-Vertrags verfügen die Mitgliedstaaten bei der Anwendung dieses Systems, insbesondere im Rahmen der Erarbeitung ihrer NZP und ihrer eigenständigen Entscheidungen über die Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 der angefochtenen Richtlinie nämlich über ein weites Ermessen (Urteil Deutschland/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnrn. 102 bis 106). Daher rechtfertigt allein der Umstand, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber eine besondere, in den Anwendungsbereich der angefochtenen Richtlinie sowie in den einer Grundfreiheit fallende Frage offengelassen hat, so dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, diese Frage in Ausübung ihres Ermessens, selbstverständlich im Einklang mit den höherrangigen Normen des Gemeinschaftsrechts, zu regeln, an sich nicht, dieses Unterlassen als Verstoß gegen die Vorschriften des EG-Vertrags einzustufen (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Niederlande/Parlament und Rat, C‑377/98, Urteil des Gerichtshofs vom 9. Oktober 2001, Slg. 2001, I‑7079, I‑7084, Nrn. 87 und 88). Dies gilt umso mehr, als die Mitgliedstaaten aufgrund ihrer Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit gemäß Art. 10 EG die praktische Wirksamkeit der Richtlinien gewährleisten müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2005, Yonemoto, C‑40/04, Slg. 2005, I‑7755, Randnr. 58), was auch bedeutet, dass sie das innerstaatliche Recht im Licht der Ziele und der Grundsätze auszulegen haben, die der in Rede stehenden Richtlinie zugrunde liegen (vgl. zum Grundsatz der Auslegung im Licht einer Richtlinie Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juli 2007, Kofoed, C‑321/05, Slg. 2007, I‑5795, Randnr. 45).

181    Im Übrigen müssen sowohl der Gemeinschaftsgesetzgeber beim Erlass einer Richtlinie als auch die Mitgliedstaaten bei deren Umsetzung in innerstaatliches Recht die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts wahren. So haben nach ständiger Rechtsprechung auch die Mitgliedstaaten die Erfordernisse des Schutzes der in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannten allgemeinen Grundsätze, zu denen auch die Grundrechte zählen, bei der Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Regelungen zu beachten; sie müssen diese Regelungen deshalb, soweit irgend möglich, so anwenden, dass diese Erfordernisse nicht verkannt werden (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 27. Juni 2006, Parlament/Rat, C‑540/03, Slg. 2006, I‑5769, Randnr. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 6. November 2003, Lindqvist, C‑101/01, Slg. 2003, I‑12971, Randnrn. 84 bis 87).

182    Nach Auffassung des Gerichts gelten diese Grundsätze entsprechend auch für die Grundfreiheiten des EG-Vertrags. Soweit nämlich die angefochtene Richtlinie, insbesondere Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1, den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum belässt, ist dieser grundsätzlich weit genug, um ihnen die Anwendung der Vorschriften dieser Richtlinie in einer mit den Erfordernissen des Schutzes der Grundrechte und der Grundfreiheiten des EG-Vertrags im Einklang stehenden Weise zu ermöglichen. Da im Übrigen die Durchführung der angefochtenen Richtlinie der Kontrolle durch die nationalen Gerichte unterliegt, haben diese dem Gerichtshof unter den Voraussetzungen des Art. 234 EG ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, wenn sie auf Schwierigkeiten hinsichtlich der Auslegung oder der Gültigkeit dieser Richtlinie stoßen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Parlament/Rat, oben in Randnr. 181 angeführt, Randnrn. 104 und 106).

183    Somit haben die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten nicht nur ihr nationales Recht im Einklang mit der angefochtenen Richtlinie auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung dieser Richtlinie stützen, die mit den durch die Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechten, den übrigen allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts oder den Grundfreiheiten des EG-Vertrags wie der Niederlassungsfreiheit kollidiert (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile des Gerichtshofs Lindqvist, oben in Randnr. 181 angeführt, Randnr. 87, vom 26. Juni 2007, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., C‑305/05, Slg. 2007, I‑5305, Randnr. 28, und Promusicae, oben in Randnr. 179 angeführt, Randnr. 68).

184    Nach alledem kann dem Gemeinschaftsgesetzgeber nicht vorgeworfen werden, dass er im Rahmen einer Richtlinie eine bestimmte, in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fallende Frage nicht erschöpfend und abschließend geregelt hat, wenn diese Richtlinie den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum vorbehält, der ihnen eine umfassende Beachtung der Vorschriften des EG-Vertrags und der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ermöglicht.

185    Im vorliegenden Fall hält es das Gericht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen für angebracht, zu prüfen, ob die angefochtene Richtlinie von den Mitgliedstaaten im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG ausgelegt und umgesetzt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 20. Mai 2003, Österreichischer Rundfunk u. a., C‑465/00, C‑138/01 und C‑139/01, Slg. 2003, I‑4989, Randnrn. 68 und 91, und vom 29. April 2004, Orfanopoulos, C‑482/01 und C‑493/01, Slg. 2004, I‑5257, Randnrn. 109 und 110).

186    Wie die Klägerin geltend macht, sieht die angefochtene Richtlinie keine spezielle Regelung vor, die den Anlagenbetreibern, die dem Emissionshandelssystem unterfallen, die Möglichkeit böte, das einer Anlage zugeteilte Kontingent an Zertifikaten nach Stilllegung der Anlage auf eine andere, in einem anderen Mitgliedstaat belegene und zu derselben Unternehmensgruppe gehörende Anlage zu übertragen.

187    Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Buchst. a und g der angefochtenen Richtlinie ist jedoch zu entnehmen, dass „[d]ie Mitgliedstaaten [sicherstellen], dass Zertifikate übertragbar sind zwischen … [natürlichen und juristischen] Personen innerhalb der Gemeinschaft“. Ferner haben gemäß Art. 12 Abs. 2 der angefochtenen Richtlinie „[d]ie Mitgliedstaaten [sicherzustellen], dass Zertifikate, die von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats vergeben wurden, für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Betreibers [zur Abgabe nicht genutzter Zertifikate] aus [Art. 12] Absatz 3 genutzt werden können“. Somit hat zum einen im Einklang mit dem im fünften Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie genannten Ziel, einen „effizienten europäischen Markt für Treibhausgasemissionszertifikate“ zu schaffen, der durch die angefochtene Richtlinie eingeführte Handelsmarkt gemeinschaftsweite Bedeutung, und zum anderen beruht dieser Markt auf dem Grundsatz der freien grenzüberschreitenden Übertragung von Emissionszertifikaten zwischen natürlichen und juristischen Personen.

188    Fehlte es nämlich an einer freien, grenzüberschreitenden Übertragung von Emissionszertifikaten im Sinne von Art. 12 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Richtlinie, wären die Kosteneffizienz und die wirtschaftliche Effizienz des Emissionshandelssystems im Sinne von Art. 1 der angefochtenen Richtlinie erheblich beeinträchtigt. Deshalb erlegt Art. 12 Abs. 2 der angefochtenen Richtlinie den Mitgliedstaaten die allgemeine Verpflichtung auf, „sicherzustellen“, dass diese Freiheit im Rahmen des einschlägigen nationalen Rechts nutzbar gemacht wird. Umgekehrt sieht die angefochtene Richtlinie keine Einschränkung der grenzüberschreitenden Übertragung von Zertifikaten zwischen juristischen Personen derselben Unternehmensgruppe, unabhängig von ihrem wirtschaftlichen und/oder ihrem Gesellschaftssitz im Binnenmarkt, vor. Im Licht der vorgenannten Bestimmungen der angefochtenen Richtlinie kann daher nicht der Schluss gezogen werden, dass diese eine rechtswidrige Beschränkung der Grundfreiheiten des EG-Vertrags, einschließlich der Niederlassungsfreiheit, enthielte oder den Mitgliedstaaten einen Anreiz böte, diese Freiheiten nicht zu beachten.

189    Wie die Klägerin in ihren Schriftsätzen selbst vorträgt, findet das von ihr aufgeworfene Problem seinen Ursprung vielmehr in den zum Teil voneinander abweichenden Rechtsvorschriften, die die Mitgliedstaaten zum Zweck der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie erlassen haben, ohne dass diese Vorgehensweise einer ihrer Bestimmungen oder gar den streitigen Bestimmungen zuzuschreiben wäre. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen der ihnen durch Art. 249 Abs. 3 EG zuerkannten Freiheit verpflichtet sind, diejenigen Formen und Mittel zu wählen, die für die Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit der Richtlinien am geeignetsten sind (Urteil Yonemoto, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 58), und ihr nationales Recht im Einklang mit diesen Richtlinien und den Grundfreiheiten des EG-Vertrags wie der Niederlassungsfreiheit anzuwenden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile Lindqvist, oben in Randnr. 181 angeführt, Randnr. 87, und Promusicae, oben in Randnr. 179 angeführt, Randnr. 68).

190    Ohne dass die Frage beantwortet werden müsste, ob die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften, aufgrund deren die Klägerin keine Möglichkeit hat, Kontingente von Zertifikaten frei zwischen ihren in verschiedenen Mitgliedstaaten belegenen Anlagen zu übertragen, mit der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG im Einklang stehen oder nicht, ist daher der Schluss zu ziehen, dass eine solche Beschränkung dieser Freiheit nicht allein deshalb der angefochtenen Richtlinie zugeschrieben werden kann, weil diese eine solche Praxis der Mitgliedstaaten nicht ausdrücklich verbietet. Dem Gemeinschaftsgesetzgeber kann erst recht nicht vorgeworfen werden, insoweit die Grenzen seines Ermessens gemäß Art. 174 EG in Verbindung mit Art. 43 EG offenkundig und erheblich überschritten zu haben.

191    Unter diesen Umständen ist nicht zu prüfen, ob die Argumente der Verfahrensbeteiligten zur etwaigen Möglichkeit der Klägerin, die nationalen Vorschriften in Anspruch zu nehmen, die für neue Marktteilnehmer einen kostenlosen Zugang zu Zertifikaten aus der Reserve vorsehen, begründet sind. Art. 11 Abs. 3 in Verbindung mit Kriterium 6 des Anhangs III der angefochtenen Richtlinie verlangt zwar, dass die Mitgliedstaaten der Notwendigkeit Rechnung tragen, neuen Marktteilnehmern den Zugang zu Zertifikaten zu eröffnen, doch ist die Einrichtung einer solchen Reserve als solche in der angefochtenen Richtlinie nicht vorgesehen. Somit könnte es gleichfalls nicht dem Gemeinschaftsgesetzgeber zugerechnet werden, wenn dieser Zugang zum Ausgleich des im Zusammenhang mit der Stilllegung einer Anlage entstandenen Verlusts von Zertifikaten unzureichend wäre.

192    Folglich ist der Rechtswidrigkeitsgrund betreffend einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit als unbegründet zurückzuweisen.

E –  Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

1.     Vorbringen der Parteien

193    Nach Ansicht der Klägerin verstoßen die streitigen Bestimmungen gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Das Gemeinschaftsrecht, die Richtlinien eingeschlossen, müsse eindeutig, klar und bestimmt sein, und seine Anwendung müsse für den Betroffenen vorhersehbar sein, damit dieser seine Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und somit seine Vorkehrungen treffen könne. Diese Anforderungen gälten in besonderem Maße, wenn es sich um eine Regelung handele, die finanzielle Folgen haben könne.

194    Die streitigen Bestimmungen verstießen aus zwei Gründen gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. In Ermangelung einer in der angefochtenen Richtlinie vorgesehenen Obergrenze oder eines Mechanismus zur Regelung des Preises der Zertifikate müsse die Klägerin als „Nettokäufer von Zertifikaten“, da es ihr nicht möglich sei, die CO2-Emissionen zu verringern, Zertifikate zu „völlig unvorhersehbaren Preisen“ kaufen, die sie auf zwischen 20 und 60 Euro pro Zertifikat schätze (siehe oben, Randnrn. 80 ff.). Außerdem enthalte die angefochtene Richtlinie keine Vorschrift, die die Übertragung von Zertifikaten, die ursprünglich einer stillzulegenden Anlage zugeteilt worden seien, auf eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Anlage desselben Konzerns vorsähe. Die Mitgliedstaaten hätten aber größtes Interesse daran, die für die Stilllegung bestimmten Anlagen zugeteilten Zertifikate zu löschen, da ihnen diese Stilllegungen eine stärkere Verringerung ihrer CO2-Emissionen ermöglichten, um ihr Reduktionsziel im Sinne der Entscheidung 2002/358 zu erreichen. Die sich daraus ergebende Rechtsunsicherheit hindere die Klägerin an einer langfristigen Planung ihrer Geschäfte und an Fortschritten bei ihrer Umstrukturierungsstrategie, die Produktion auf ihre rentabelsten Anlagen zu verlagern. Da diese Umstrukturierungsstrategie der Grund für den Zusammenschluss von 2001 gewesen sei (siehe oben, Randnr. 30), verstoße die angefochtene Richtlinie auch gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. In der Erwiderung führt die Klägerin aus, dass jede langfristige Planung ihrer Investitionen und wirtschaftlichen Projekte insbesondere durch die Veränderungen unmöglich geworden sei, denen die Ziele und Maßnahmen zur Emissionsverringerung in den einzelnen Mitgliedstaaten unterworfen seien. Diese Unsicherheit werde durch den erheblichen Anstieg des Preises für CO2-Zertifikate verstärkt. So sei der Preis für CO2-Zertifikate zwischen Februar 2005 und März 2006 um etwa 6 Euro auf über 26 Euro gestiegen. Im Übrigen sei die künftige Zuteilung von Emissionszertifikaten, insbesondere für die zweite Zuteilungsperiode und die folgenden Zeiträume, nicht absehbar.

195    Das Parlament und der Rat beantragen, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

2.     Würdigung durch das Gericht

196    Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die streitigen Bestimmungen nicht hinreichend klar und bestimmt seien, da sie für sie mit einer finanziellen Belastung verbunden seien, die ihr die Planung ihrer wirtschaftlichen Entscheidungen unmöglich mache. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hätte insoweit zum einen eine Obergrenze oder einen Mechanismus zur Regelung des Preises der Emissionszertifikate und zum anderen eine besondere Vorschrift vorsehen müssen, die die grenzüberschreitende Übertragung von Zertifikaten zwischen verschiedenen Anlagen derselben Unternehmensgruppe gewährleiste.

197    Soweit die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils ihr Vorbringen zu einem Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit wiederholt, ergibt sich aus den oben in den Randnrn. 176 bis 192 dargelegten Erwägungen, dass dieses Vorbringen auch in Bezug auf einen behaupteten hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit nicht durchgreifen kann. Daher ist der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

198    Zum ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes ist zunächst auf die Rechtsprechung hinzuweisen, wonach der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet, dass Rechtsvorschriften, vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können, klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C‑17/03, Slg. 2005, I‑4983, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

199    Hierzu ist sodann festzustellen, dass die angefochtene Richtlinie keine Bestimmung in Bezug auf das Ausmaß der finanziellen Folgen enthält, die sich sowohl daraus ergeben können, dass die an eine Anlage vergebenen Emissionszertifikate unzureichend sein könnten, als auch aus dem Preis dieser Zertifikate, der ausschließlich durch die Kräfte des Marktes bestimmt wird, der im Anschluss an die Schaffung des Emissionshandelssystems entstanden ist, das gemäß Art. 1 der angefochtenen Richtlinie darauf gerichtet ist, „auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hinzuwirken“. In Anbetracht der Erwägungen in den vorstehenden Randnrn. 178 bis 184 war der Gemeinschaftsgesetzgeber jedoch nicht verpflichtet, insoweit spezielle Bestimmungen zu erlassen und so den Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie zu beschränken.

200    Eine gemeinschaftliche Regelung des Preises der Zertifikate wäre im Gegenteil geeignet, dem Hauptziel der angefochtenen Richtlinie zuwiderzulaufen, nämlich der Verringerung der Treibhausgasemissionen durch ein effizientes Emissionshandelssystem, in dessen Rahmen die Kosten der Emissionen und der zu ihrer Verringerung getätigten Investitionen im Wesentlichen durch die Marktmechanismen bestimmt werden (fünfter Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie). Mangelt es an Zertifikaten, setzt der Anreiz für die Betreiber, ihre Treibhausgasemissionen zu verringern oder nicht, demnach eine komplexe wirtschaftliche Entscheidung voraus, die in Anbetracht insbesondere der Preise für die auf dem Handelsmarkt verfügbaren Emissionszertifikate auf der einen und der Kosten etwaiger Maßnahmen zur Emissionsverringerung auf der anderen Seite getroffen werden, die entweder eine Drosselung der Produktion oder die Investition in energieeffizientere Produktionsmittel zum Gegenstand haben können (20. Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie, vgl. in diesem Sinne auch Urteil Deutschland/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnrn. 132 ff.).

201    In einem solchen System kann der von einer Reihe wirtschaftlicher Parameter abhängige Anstieg der Emissionskosten und damit des Preises der Zertifikate nicht vom Gemeinschaftsgesetzgeber im Voraus geregelt werden, ohne dass die wirtschaftlichen Anreize, die die Grundlage für das Funktionieren des Systems bilden, gemindert oder sogar beseitigt werden und somit die Effizienz des Emissionshandelssystems beeinträchtigt wird. Außerdem fällt die Schaffung eines solchen Systems, einschließlich seiner wirtschaftlichen Prämissen, für die Zwecke der Einhaltung der sich aus dem Kyoto-Protokoll ergebenden Verpflichtungen in den weiten Ermessensspielraum, über den der Gemeinschaftsgesetzgeber gemäß Art. 174 EG verfügt (siehe oben, Randnr. 143), und bildet an sich eine von ihm getroffene rechtmäßige und geeignete Entscheidung, deren Richtigkeit als solche von der Klägerin nicht in Abrede gestellt worden ist.

202    Im Übrigen hat der Gemeinschaftsgesetzgeber auf der Grundlage dieser rechtmäßigen Entscheidung das Emissionshandelssystem auf die Prämisse gestützt, dass gemäß Art. 9 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 der angefochtenen Richtlinie die Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihrer NZP und in Ausübung des ihnen insoweit vorbehaltenen Ermessens darüber zu entscheiden haben, welche Gesamtzahl an Zertifikaten zugeteilt wird und wie die individuelle Vergabe dieser Zertifikate an die Anlagen in ihrem Hoheitsgebiet erfolgen soll (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutschland/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnrn. 102 bis 106). Zudem unterliegt diese Entscheidung nur einer eingeschränkten Vorabkontrolle durch die Kommission gemäß Art. 9 Abs. 3 der angefochtenen Richtlinie, insbesondere im Hinblick auf die in deren Anhang III genannten Kriterien (Beschluss des Gerichts vom 30. April 2007, EnBW Energie Baden-Württemberg/Kommission, T‑387/04, Slg. 2007, II‑1195, Randnrn. 104 ff.). Daher sind die Abweichungen, denen die Ziele und die Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten zur Emissionsverringerung unterliegen, die sich aus deren Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll ergeben, so wie sie in dem in der Entscheidung 2002/358 vorgesehenen Lastenteilungsplan zum Ausdruck kommen, und somit die Ungewissheit über den Umfang der Gesamtmenge und der individuellen Menge an Zertifikaten, die den einzelnen Industriesektoren und den Betreibern auf der Grundlage der einzelnen NZP zugeteilt werden sollen, nicht den streitigen Bestimmungen als solchen zuzuschreiben.

203    Schließlich hat die Klägerin nicht speziell die Klarheit und Bestimmtheit der übrigen streitigen Bestimmungen in Frage gestellt, um darzutun, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, ihre sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten unzweideutig zu erkennen. Die Genehmigungspflichtigkeit von Emissionen gemäß Art. 4 der angefochtenen Richtlinie, die Abgabepflicht gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. e in Verbindung mit Art. 12 Abs. 3 dieser Richtlinie sowie die in Art. 16 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen sind nämlich hinreichend klare, bestimmte und in ihren Auswirkungen absehbare Bestimmungen, deren tatsächliche Tragweite nur von der den Betreibern kostenlos zur Verfügung gestellten Menge an Zertifikaten oder dem Preis der auf dem Handelsmarkt verfügbaren Zertifikate abhängt. Zu diesem letzteren Aspekt ist aber daran zu erinnern, dass die fehlende Vorhersehbarkeit der Entwicklung des Handelsmarkts ein Umstand ist, der dem wirtschaftlichen Mechanismus, der das Emissionshandelssystem charakterisiert, das den klassischen, einen freien und wettbewerbsorientierten Markt im Sinne der in Art. 1 in Verbindung mit dem siebten Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie sowie in Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und g EG verankerten Prinzipien kennzeichnenden Regeln von Angebot und Nachfrage unterliegt, untrennbar innewohnt. Dieser Aspekt kann demnach nicht als dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwiderlaufend eingestuft werden, sollen nicht die wirtschaftlichen Grundlagen des Emissionshandelssystems selbst, wie sie in der angefochtenen Richtlinie im Einklang mit den Vorschriften des EG-Vertrags gelegt wurden, in Frage gestellt werden.

204    Unter diesen Umständen kann das Fehlen einer speziellen Vorschrift in der angefochtenen Richtlinie, mit der eine Obergrenze oder ein Mechanismus zur Regelung des Preises der Zertifikate festgelegt wird, nicht als schwerwiegende und offenkundige Missachtung der Grenzen des Ermessens des Gemeinschaftsgesetzgebers eingestuft werden.

205    Folglich ist der vorliegende Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

206    Nach alledem hat die Klägerin nicht dargetan, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit dem Erlass der angefochtenen Richtlinie rechtswidrig gehandelt oder gar einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm begangen hätte, die bezweckt, ihr Rechte zu verleihen. Folglich ist der Schadensersatzantrag zurückzuweisen, ohne dass über die weiteren, die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft begründenden Voraussetzungen oder über die vom Rat in Bezug auf einige Anlagen zur Erwiderung erhobene Einrede entschieden zu werden braucht.

 Kosten

207    Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend den Anträgen von Parlament und Rat die Kosten aufzuerlegen.

208    Gemäß Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, wenn sie einem Rechtsstreit beitreten, ihre eigenen Kosten. Die Kommission, die dem Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung des Parlaments und des Rates beigetreten ist, trägt daher ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Arcelor SA trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union.

3.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Azizi

Cremono      Frimondt      

Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. März 2010.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

I –  Bestimmungen des EG-Vertrags

II –  Angefochtene Richtlinie

Sachverhalt und Verfahren

Rechtliche Würdigung

I –  Zur Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung

A –  Vorbringen der Parteien

1.  Vorbringen des Parlaments, des Rates und der Kommission

2.  Vorbringen der Klägerin

B –  Würdigung durch das Gericht

II –  Zur Zulässigkeit des Schadensersatzantrags

A –  Vorbringen der Parteien

B –  Würdigung durch das Gericht

III –  Zur Begründetheit des Schadensersatzantrags

A –  Zu den Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft

B –  Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Eigentumsrecht, die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

C –  Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

D –  Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

E –  Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Englisch.