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Rechtsmittel, eingelegt am 14. November 2008 vom Königreich Schweden gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte erweiterte Kammer) vom 9. September 2008 in der Rechtssache T-403/05, MyTravel Group plc / Kommission der Europäischen Gemeinschaften

(Rechtssache C-506/08 P)

Verfahrenssprache: Englisch

Verfahrensbeteiligte

Rechtsmittelführer: Königreich Schweden (Prozessbevollmächtigte: K. Petkovska, A. Falk und S. Johannesson)

Andere Verfahrensbeteiligte: MyTravel Group plc, Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Anträge

Der Rechtsmittelführer beantragt,

den zweiten Absatz des Tenors des Urteils des Gerichts erster Instanz vom 9. September 20081 in der Rechtssache T-403/05 aufzuheben;

die Entscheidung der Kommission vom 5. September 2005 (D [2005] 8461) entsprechend den Anträgen der MyTravel Group plc vor dem Gericht erster Instanz für nichtig zu erklären, soweit es um die Verweigerung des Zugangs zum Bericht der Kommission und anderen Arbeitsdokumenten geht;

die Entscheidung der Kommission vom 12. September 2005 (D [2005] 9763) entsprechend den Anträgen von MyTravel Group plc vor dem Gericht erster Instanz für nichtig zu erklären, soweit es um die Verweigerung des Zugangs zu anderen internen Dokumenten der Kommission geht;

die Kommission zu verurteilen, dem Königreich Schweden die Kosten zu erstatten, die ihm im Verfahren vor dem Gerichtshof entstanden sind.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

Der Grundsatz der Offenheit und des Zugangs zu den Dokumenten der Organe sei in allen Tätigkeitsbereichen der Organe von großer Bedeutung, so auch in Verwaltungsverfahren innerhalb eines Organs. Auch Art. 2 Abs. 3 der Transparenzverordnung sehe vor, dass die Verordnung für alle Dokumente eines Organs gelte, d. h. Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt würden oder bei ihm eingegangen seien und sich in seinem Besitz befänden. Die Argumentation des Gerichts erster Instanz zu den Hauptpunkten impliziere hingegen, dass es für interne Dokumente in Verwaltungsverfahren ein allgemeines Vertraulichkeitserfordernis geben sollte. Dies stehe nicht mit dem Grundsatz der größtmöglichen Offenheit in Einklang.

Die Argumentation des Gerichts erster Instanz zur ersten Entscheidung - betreffend den Bericht und die damit zusammenhängenden Dokumente - impliziere, dass für die Kommission nicht die Notwendigkeit bestanden habe, anhand des Inhalts jedes einzelnen Dokuments zu prüfen, ob es verbreitet werden könne, oder die Sensibilität der im Bericht und in den anderen Dokumenten enthaltenen Informationen zu beurteilen, sondern dass es im Gegenteil korrekt gewesen sei, die Verbreitung mit der Begründung zu versagen, dass die Beamten sonst ihre Ansichten nicht frei äußern könnten. Auf der Grundlage der allgemein gehaltenen Argumentation des Gerichts erster Instanz zum Schutz der Meinungsfreiheit des Verfassers des Dokuments sei es nicht möglich, zu entscheiden, wann interne Dokumente überhaupt verbreitet werden könnten.

Das Gericht erster Instanz lasse auch bei der zweiten Entscheidung - betreffend die anderen Dokumente der Akte - das grundlegende Erfordernis außer Betracht, die Feststellung, ob der Inhalt jedes einzelnen Dokuments so sensibel sei, dass die Verbreitung den Entscheidungsprozess ernstlich beeinträchtigen würde, anhand einer Prüfung zu treffen. Die allgemein gehaltene Argumentation des Gerichts erster Instanz gehe im Wesentlichen dahin, dass es für die Beamten der Kommission unmöglich sei, frei zu kommunizieren, wenn Informationen, die keinen Eingang in die abschließende Entscheidung fänden, öffentlich gemacht werden könnten. Lege man eine solche Argumentation zugrunde, sei für die Feststellung, ob der Inhalt der fraglichen Dokumente so sensibel sei, dass die Verbreitung den Entscheidungsprozess beeinträchtigen würde, keine Prüfung erforderlich.

Es sei zu bezweifeln, dass der Bericht des Anhörungsbeauftragten und die Mitteilung der Generaldirektion Wettbewerb an den Beratenden Ausschuss tatsächlich als Dokumente für den internen Gebrauch angesehen und somit nach den Bestimmungen über den Schutz des internen Entscheidungsprozesses geheim gehalten werden könnten.

Die Argumentation des Gerichts erster Instanz hinsichtlich der Stellungnahmen des Juristischen Dienstes weiche vom Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Turco ab. Auch wenn der vorliegende Fall nicht die Rechtsetzung betreffe, müsse eine Prüfung anhand des Inhalts der Stellungnahmen zweifellos auch in diesem Fall erfolgen. Dass die Rechtmäßigkeit einer vorhergehenden Entscheidung in Zweifel gezogen werden könne, sei für sich allein kein Grund, das Dokument nicht zu verbreiten - eher im Gegenteil. Fehlende Information selbst könne Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer bestimmten Entscheidung und an der Legitimität des gesamten Entscheidungsprozesses aufkommen lassen. Die Gefahr von Zweifeln könne auch dadurch vermieden werden, dass die Kommission die Gründe, aus denen sie eine Lösung gewählt habe, gegen die sich der Juristische Dienst ausgesprochen habe, in der Entscheidung nenne. Die Behauptung, der Juristische Dienst wäre zurückhaltender und vorsichtiger, entbehre ebenso wie die Argumentation des Gerichts zu anderen Dokumenten jeglicher Grundlage. Im Übrigen seien die Ausführungen zum Argument, es sei für den Juristischen Dienst sonst schwierig, vor Gericht eine andere Sichtweise zu vertreten, zu allgemein gehalten, um eine absehbare und nicht rein hypothetische Gefahr aufzuzeigen.

Es werde nicht in Frage gestellt, dass der Inhalt eines Großteils der betreffenden Dokumente möglicherweise so sensibel sei, dass er vertraulich bleiben müsse. Eine solche Schlussfolgerung müsse sich aber nach der Rechtsprechung auf eine spezifische Prüfung im Einzelfall stützen, ob die Verbreitung des Inhalts des Dokuments zu einer ernstlichen Beeinträchtigung des zu schützenden Interesses führen würde.

Zur Meinungsfreiheit der Beamten sei darauf hinzuweisen, dass es einem Beamten obliege, seine dienstlichen Pflichten im Einklang mit dem Statut der bei Gemeinschaftsorganen tätigen Beamten zu erfüllen. Dass die Öffentlichkeit berechtigt sei, die Tätigkeit zu überprüfen, sei kein akzeptabler Grund für die nicht ordnungsgemäße Erfüllung seiner Pflichten.

Ein Unternehmen, das an einem Zusammenschluss von Unternehmen beteiligt sei, habe ebenso wie jeder andere Unionsbürger oder wie jedes andere in der Europäischen Union ansässige Unternehmen das Recht, über ein Dokument informiert zu werden, obwohl die darin enthaltenen Informationen zum Schutz des internen Entscheidungsprozesses vertraulich seien, wenn gleichwohl ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des Dokuments bestehe. Die Erwägungen, die MyTravel angestellt habe, könnten, so der Rechtsmittelführer, in ganz plausibler Weise ein solches öffentliches Interesse darstellen und dürften nicht - wie dies das Gericht erster Instanz getan habe - ohne weitere Prüfung allein unter Verweis auf die privaten Interessen der Klägerin im ersten Rechtszug zurückgewiesen werden. Die Klägerin sei nicht verpflichtet, hierzu etwas vorzutragen oder zu beweisen; vielmehr müssten die Organe prüfen, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse vorliege.

Mit seiner Entscheidung habe das Gericht erster Instanz Gemeinschaftsrecht außer Acht gelassen und Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich und Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 3 der Transparenzverordnung fehlerhaft angewandt.

Jedenfalls gebe es vermutlich Teile der betreffenden Dokumente, deren Verbreitung nach den Bestimmungen über die teilweise Verbreitung in Art. 4 Abs. 6 der Transparenzverordnung möglich sei.

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1 - ABl. C 272, S. 18.