Language of document : ECLI:EU:T:2010:342

BESCHLUSS DES GERICHTS (Achte Kammer)

2. September 2010(*)

„Nichtigkeitsklage – Zusammenschlüsse – Aufgabe des Zusammenschlussvorhabens – Entscheidung, das nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 eingeleitete Verfahren einzustellen – Unanfechtbare Handlung – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑58/09

Schemaventotto SpA, mit Sitz in Mailand (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Siragusa, G. Scassellati Sforzolini, G. Rizza und M. Piergiovanni,

Klägerin,

unterstützt durch

Abertis Infraestructuras, SA, mit Sitz in Barcelona (Spanien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Roca Junyent und P. Callol García,

Streithelferin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch V. Di Bucci und É. Gippini Fournier als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung einer Entscheidung oder von Entscheidungen im Schreiben der Kommission vom 13. August 2008 über ein Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1) betreffend einen Zusammenschluss zwischen der Streithelferin und der Autostrade SpA (Sache COMP/M.4388 – Abertis/Autostrade)

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter N. Wahl und A. Dittrich (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Rechtlicher Rahmen

1        Die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1) sieht ein System der Kontrolle von Zusammenschlüssen mit gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne der Art. 1 und 3 dieser Verordnung durch die Europäische Kommission vor. Diese Zusammenschlüsse sind vor ihrem Vollzug bei der Kommission anzumelden (Art. 4 der Verordnung Nr. 139/2004). Die Kommission prüft ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt (Art. 2 der Verordnung Nr. 139/2004).

2        Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 bestimmt:

„Anwendung dieser Verordnung und Zuständigkeit

1. Diese Verordnung gilt allein für Zusammenschlüsse im Sinne des Artikels 3; die Verordnungen (EG) Nr. 1/2003, (EWG) Nr. 1017/68, (EWG) Nr. 4056/86 und (EWG) Nr. 3975/87 des Rates gelten nicht, außer für Gemeinschaftsunternehmen, die keine gemeinschaftsweite Bedeutung haben und die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens unabhängig bleibender Unternehmen bezwecken oder bewirken.

2. Vorbehaltlich der Nachprüfung durch den Gerichtshof ist die Kommission ausschließlich dafür zuständig, die in dieser Verordnung vorgesehenen Entscheidungen zu erlassen.

3. Die Mitgliedstaaten wenden ihr innerstaatliches Wettbewerbsrecht nicht auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung an.

Unterabsatz 1 berührt nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, die zur Anwendung des Artikels 4 Absatz 4 oder des Artikels 9 Absatz 2 erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen und nach einer Verweisung gemäß Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b) oder Artikel 9 Absatz 5 die in Anwendung des Artikels 9 Absatz 8 unbedingt erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

4. Unbeschadet der Absätze 2 und 3 können die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zum Schutz anderer berechtigter Interessen als derjenigen treffen, welche in dieser Verordnung berücksichtigt werden, sofern diese Interessen mit den allgemeinen Grundsätzen und den übrigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts vereinbar sind.

Im Sinne des Unterabsatzes 1 gelten als berechtigte Interessen die öffentliche Sicherheit, die Medienvielfalt und die Aufsichtsregeln.

Jedes andere öffentliche Interesse muss der betreffende Mitgliedstaat der Kommission mitteilen; diese muss es nach Prüfung seiner Vereinbarkeit mit den allgemeinen Grundsätzen und den sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts vor Anwendung der genannten Maßnahmen anerkennen. Die Kommission gibt dem betreffenden Mitgliedstaat ihre Entscheidung binnen 25 Arbeitstagen nach der entsprechenden Mitteilung bekannt.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

3        Die Klägerin, die Schemaventotto SpA, ist eine italienische Gesellschaft. Sie kontrolliert die Atlantia SpA, vormals Autostrade SpA, die ihrerseits die Autostrade per l’Italia SpA (ASPI), Konzessionärin für den Bau und die Verwaltung gebührenpflichtiger Autobahnen in Italien, kontrolliert. Die Streithelferin, die Abertis Infraestructuras, SA, ist ein spanisches Unternehmen, dessen Haupttätigkeit die Verwaltung gebührenpflichtiger Autobahnen ist.

4        Am 23. April 2006 stimmten die Verwaltungsräte der Autostrade und der Streithelferin dem „Zusammenschluss Abertis/Autostrade“, einer geplanten Vereinigung, bei der eine Fusion durch Eingliederung von Autostrade in die Streithelferin erfolgen und eine neue Gesellschaft mit Sitz in Spanien errichtet werden sollte, zu. Diesem Zusammenschluss stimmten dann die Aktionärsversammlungen der Autostrade und der Streithelferin zu.

5        Der Antrag auf Genehmigung des Zusammenschlusses der Streithelferin mit der Autostrade, den Letztere gestellt hatte, wurde vom italienischen Minister für Infrastruktur und dem italienischen Wirtschafts- und Finanzminister mit bindender Stellungnahme vom 4. August 2006 sowie von der Azienda nazionale autonoma delle Strade (ANAS) (für die Vergabe von Autobahnkonzessionen in Italien zuständige öffentliche Einrichtung) mit Entscheidung vom 5. August 2006 abgelehnt. Nach Ansicht von ANAS unterlag der Zusammenschluss der vorherigen Zustimmung der Behörden, weil er zu einer Änderung des Inhabers der Konzession führe.

6        Am 18. August 2006 meldeten die Autostrade und die Streithelferin den geplanten Zusammenschluss gemäß der Verordnung Nr. 139/2004 bei der Kommission an. Diese entschied am 22. September 2006 nach der Feststellung, dass der Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung sei und dass das Vorhaben keine erhebliche Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben zur Folge habe, keine Einwände gegen den angemeldeten Zusammenschluss zu erheben und erklärte ihn für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

7        Obwohl die Kommission dem Zusammenschluss zugestimmt hatte, unterbrachen die Autostrade und die Streithelferin dessen Umsetzung, weil die ANAS ihre Genehmigung verweigerte. Sie befürchteten, die italienischen Behörden würden im Fall einer Durchführung des Zusammenschlusses ohne diese Genehmigung die Autobahnkonzession in Italien, die das wesentliche Vermögen der Autostrade darstellte, widerrufen.

8        Am 29. September 2006 erließ die italienische Regierung das Decreto-legge Nr. 262 (su) disposizioni urgenti in materia tributaria e finanziaria (Decreto-legge Nr. 262 mit Dringlichkeitsmaßnahmen auf dem Gebiet der Steuern und Finanzen, GURI Nr. 230 vom 3. Oktober 2006, im Folgenden: Decreto-legge Nr. 262). Am 24. November 2006 wurde das Decreto-legge Nr. 262 nach Änderung in das Gesetz Nr. 286 umgewandelt (Gesetz Nr. 286, GURI Nr. 277 vom 28. November 2006, Supplemento ordinario).

9        Das Decreto-legge Nr. 262 führte das Muster einer Einheitsvereinbarung ein und sah vor, dass alle nach seinem Inkrafttreten geschlossenen Vereinbarungen über Autobahnkonzessionen nach demselben Muster abgefasst werden und dieselben Grundsätze beachten sollten. Diese Einheitsvereinbarung sollte alle bestehenden Autobahnkonzessionen bei ihrer ersten nach dem Inkrafttreten des Decreto-legge Nr. 262 stattfindenden turnusmäßigen Überprüfung ersetzen, wobei die bestehende Vereinbarung, sollte ein Konzessionär die neuen Bedingungen nicht akzeptieren, automatisch widerrufen werden sollte.

10      Nachdem die Kommission die oben aufgeführte Entwicklung zur Kenntnis genommen hatte, informierte sie mit Schreiben vom 18. Oktober 2006 die italienischen Behörden, dass nach ihrer vorläufigen Beurteilung die Italienische Republik gegen Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe, indem sie den Zusammenschluss in ungerechtfertigter Weise verhindert habe.

11      Nachdem die italienischen Behörden die vorläufige Beurteilung der Kommission erhalten hatten, beschlossen sie, der vom italienischen Minister für Infrastruktur und dem italienischen Wirtschafts- und Finanzminister gemeinsam abgegebenen bindenden Stellungnahme vom 4. August 2006 sowie der Entscheidung von ANAS vom 5. August 2006 die Wirksamkeit zu nehmen.

12      Am 14. November 2006 leitete die Kommission gegen die Italienische Republik ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG wegen eines möglichen Verstoßes gegen die Art. 43 EG und 56 EG im Rahmen der Reform des Systems von Konzessionen für den Betrieb von Autobahnen in Italien und der geplanten Fusion zwischen der Autostrade und der Streithelferin ein.

13      Am 13. Dezember 2006 entschieden die Autostrade und die Streithelferin, auf den Vollzug des Zusammenschlusses zu verzichten, da die Ausführung des Vorhabens bis zum 31. Dezember 2006, der in den von den Aktionären der beiden Unternehmen gebilligten Fusionsvorhaben vorgesehenen Frist nicht möglich war. Als einen der Gründe für diese Entscheidung nannten die beiden Unternehmen in ihrer Pressemitteilung vom 13. Dezember 2006 neben dem Inkrafttreten des Decreto-legge Nr. 262 die Schwierigkeit, die Genehmigung der ANAS im Kontext einer neuen Regelung zu erhalten.

14      Am 31. Januar 2007 übermittelte die Kommission den italienischen Behörden eine neue vorläufige Bewertung nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004. Sie kam zu dem vorläufigen Ergebnis, dass das Versäumnis der italienischen Behörden, die Kriterien für den Schutz des öffentlichen Interesses im Voraus und in aller Klarheit für das Genehmigungsverfahren festzulegen und nach dem Antrag der Autostrade und der ASPI eine Genehmigungsentscheidung zu erlassen, Maßnahmen im Sinne von Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 seien, die dazu beigetragen hätten, den Vollzug eines Zusammenschlusses von gemeinschaftsweiter Bedeutung de facto zu verhindern oder in erheblichem Maße zu erschweren. Die italienischen Behörden hätten gegen die in Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Anmelde- und „Stillhaltefrist“ verstoßen, indem sie diese Maßnahmen ohne Anmeldung bei der Kommission und ohne deren Genehmigung umgesetzt hätten. Die fraglichen Maßnahmen seien mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht vereinbar und bewirkten nach den bisher verfügbaren Informationen eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG und 56 EG). Die Kommission führte weiter aus, dass sie, sollte sich ihre Einschätzung bestätigen, eine Entscheidung mit der förmlichen Feststellung erlassen könne, dass die Italienische Republik gegen Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe.

15      Nach Gesprächen mit den italienischen Behörden veröffentlichte die Kommission am 18. Juli 2007 eine Pressemitteilung, in der sie den Entwurf einer von den italienischen Behörden vorgelegten ministeriumsübergreifenden Richtlinie zur Klärung des rechtlichen Rahmens für die Genehmigungen der Übertragung von Autobahnkonzessionen in Italien begrüßte. Die Kommission wies darauf hin, dass sie nach Inkrafttreten dieser Richtlinie und der entsprechenden Durchführungsbestimmungen das Verfahren gegen die Italienische Republik im Rahmen von Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 einstellen könne.

16      Am 30. Juli 2007 erließ der italienische Infrastrukturminister in Absprache mit dem italienischen Wirtschafts- und Finanzminister die Direttiva (su) criteri di autorizzazione alle modificazioni del concessionario autostradale derivanti da concentrazione comunitaria (Richtlinie betreffend die Kriterien für die Genehmigung von Änderungen des Inhabers einer Autobahnkonzession nach Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung, GURI Nr. 224 vom 26. September 2007). Das Dekret mit den Durchführungsbestimmungen wurde am 29. Februar 2008 erlassen (GURI Nr. 52 vom 3. März 2008).

17      Mit Schreiben vom 19. März 2008 beantragte die Klägerin bei der Kommission, das Verfahren gegen die Italienische Republik betreffend den Zusammenschluss mit einer Entscheidung einzustellen, in der festgestellt werde, dass diese gegen Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe.

18      Am 22. Mai 2008 unterrichtete die Generaldirektion (GD) „Wettbewerb“ der Kommission die Klägerin von ihrer Absicht, die Einstellung des Verfahrens nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 vorzuschlagen, und forderte sie auf, dazu Stellung zu nehmen. Die Klägerin antwortete mit Schreiben vom 5. Juni 2008.

19      Am 13. August 2008 sandte die Kommission den italienischen Behörden das Schreiben, das Gegenstand der vorliegenden Klage ist.

20      In diesem Schreiben teilte die Kommission den italienischen Behörden mit, dass sie die aktuelle Entwicklung begrüße und dass sie insbesondere der Ansicht sei, dass die Veröffentlichung der Richtlinie vom 30. Juli 2007 sowie der Erlass und die Veröffentlichung des Durchführungsdekrets vom 29. Februar 2008 sicherstellten, dass für die in ihren vorläufigen Beurteilungen nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 vom 18. Oktober 2006 und vom 31. Januar 2007 geäußerten Bedenken in Zukunft kein Anlass mehr bestehe. In Anbetracht dieser Erwägungen erklärte die Kommission, sie habe entschieden, das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 in der Sache Abertis/Autostrade betreffend eventuelle bei der vorläufigen Prüfung vom 31. Januar 2007 festgestellte Zuwiderhandlungen nicht weiterzuverfolgen.

21      Weiter führte sie in diesem Schreiben aus, auch wenn sie es nicht mehr für angebracht angesehen habe, das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 weiterzuverfolgen, müssten die Rechtsvorschriften bezüglich des Genehmigungsverfahrens für die Übertragung von Konzessionen auf alle Fälle die in den Binnenmarktregeln vorgesehenen allgemeinen Bedingungen erfüllen. Die Kommission stellte klar, dass sie sich in dieser Hinsicht ihren Standpunkt vorbehalte.

22      Außerdem werde sie auf alle Fälle weiterhin jede spezifische Maßnahme überprüfen, die im Rahmen der Neuregelung erlassen werde und eventuell auf zukünftige Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung anwendbar sei.

23      Schließlich stellte die Kommission in diesem Schreiben klar, dass sie anderen gegenwärtigen oder zukünftigen Untersuchungen, insbesondere den von der GD „Binnenmarkt“ und der GD „Energie und Verkehr“ durchgeführten spezifischen Verfahren, keinesfalls vorgreife.

24      Mit Schreiben vom 4. September 2008 unterrichtete die Kommission die Klägerin und die Streithelferin über ihr Schreiben vom 13. August 2008.

25      Mit Schreiben vom 15. Oktober 2008 bat die Klägerin die Kommission um eine Kopie des Schreibens vom 13. August 2008.

26      Am 16. Oktober 2008 stellte die Kommission auch das am 14. November 2006 nach Art. 226 EG gegen die Italienische Republik eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren ein, das Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit im Rahmen der Reform des Systems der Konzessionen für den Betrieb von Autobahnen in Italien und der geplanten Fusion zwischen Autostrade und der Streithelferin betraf.

27      Mit Schreiben vom 1. Dezember 2008 übermittelte die Kommission der Klägerin ihr Schreiben vom 13. August 2008.

 Verfahren und Anträge der Parteien

28      Mit Klageschrift, die am 11. Februar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

29      Mit besonderem Schriftsatz, der am 4. Mai 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben.

30      Mit Schreiben, das am 25. Mai 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Streithelferin beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Diesem Antrag wurde mit Beschluss des Präsidenten der Achten Kammer des Gerichts vom 23. Juli 2009 stattgegeben.

31      Die Klägerin hat ihre Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit am 15. Juni 2009 eingereicht.

32      Die Streithelferin hat ihren auf die Frage der Zulässigkeit der Klage beschränkten Streithilfeschriftsatz am 29. September 2009 eingereicht. Mit Schriftsatz, der am 23. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin zu diesem Schriftsatz Stellung genommen. Die Kommission hat keine Stellungnahme zu diesem Schriftsatz eingereicht.

33      In der Klageschrift beantragt die Klägerin,

–        die im Schreiben der Kommission vom 13. August 2008 enthaltene Entscheidung oder enthaltenen Entscheidungen über das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 betreffend den Zusammenschluss zwischen der Streithelferin und der Autostrade für nichtig zu erklären;

–         der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

–        jede vom Gericht für sachdienlich gehaltene andere Maßnahme, einschließlich Beweiserhebungen, anzuordnen.

34      Die Kommission beantragt,

–        die Klage vorab als offensichtlich unzulässig abzuweisen;

–        hilfsweise, die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

35      In ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit trägt die Klägerin vor, die Klage sei zulässig, und bestätigt die Anträge der Klageschrift.

36      In ihrem Streithilfeschriftsatz führt die Streithelferin aus, die Klage sei zulässig.

 Rechtliche Würdigung

37      Nach Art. 114 §§ 1 und 4 der Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag einer Partei vorab über die Unzulässigkeit entscheiden. Gemäß Art. 114 § 3 der Verfahrensordnung wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden Fall ist das Gericht in der Lage, auf der Grundlage des Akteninhalts ohne mündliche Verhandlung über den Antrag zu entscheiden.

38      Zur Begründung ihrer Anträge erhebt die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit, die auf die Natur der angefochtenen Handlung gestützt ist.

 Vorbringen der Parteien

39      Die Kommission macht geltend, ihr Schreiben vom 13. August 2008 habe nicht den Inhalt, den ihm die Klägerin beimesse.

40      Dieses Schreiben enthalte nämlich weder eine ausdrückliche Billigung der von den italienischen Behörden im Juli 2007 und im Februar 2008 erlassenen Rechtsvorschriften noch eine implizite Beurteilung der Vereinbarkeit der nationalen Maßnahmen, die Gegenstand des Verfahrens nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 gewesen seien, mit dem Gemeinschaftsrecht. Es informiere nur über die Entscheidung, das zuvor nach Art. 21 der genannten Verordnung eingeleitete Verfahren nicht weiterzuverfolgen.

41      Was die Natur und die Funktion der nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 erlassenen Entscheidungen betreffe, sei die Kommission zuständig, eine Entscheidung über die Vereinbarkeit anderer, von einem Mitgliedstaat geschützter öffentlicher Interessen als derjenigen, die in Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 ausdrücklich als berechtigt anerkannt würden, mit den allgemeinen Grundsätzen und den sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu treffen, selbst wenn der betreffende Mitgliedstaat diese Interessen nicht mitgeteilt habe.

42      Nach Ansicht der Kommission bezieht Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 den Schutz der Zuständigkeitsverteilung zwischen Maßnahmen der nationalen und der Gemeinschaftsbehörden. Der Gesetzgeber habe der Kommission die ausschließliche Zuständigkeit für die Kontrolle von Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung zuweisen und sicherstellen wollen, dass diese Kontrolle innerhalb kurzer Zeit durchgeführt werden könne.

43      Dies habe zweierlei Konsequenzen. Erstens, erlasse ein Mitgliedstaat Maßnahmen, die nicht im Sinne von Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 gerechtfertigt seien, habe die Entscheidung, für deren Erlass die Kommission nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 dieser Verordnung zuständig sei, eine einem Verfahren nach Art. 226 EG analoge Funktion. Zweitens, diese Entscheidung sei ein Instrument, das besonders geeignet sei, den der Kontrolle von Zusammenschlüssen innewohnenden spezifischen Schnelligkeitserfordernissen gerecht zu werden, da sie darauf gerichtet sei, eine Entscheidung auf Gemeinschaftsebene innerhalb der kurzen Fristen der Verordnung Nr. 139/2004 zu erhalten und das Risiko auszuschließen, dass eine solche Entscheidung erst dann erfolge, wenn ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung durch nationale Maßnahmen endgültig Schaden genommen habe.

44      Die Kommission betont, dass ihre Entscheidung, ein Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht weiterzuverfolgen, keine anfechtbare Handlung sei.

45      Hierzu trägt sie vor, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission, kein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, unzulässig sei. Aus der Systematik von Art. 226 EG folge, dass die Kommission nicht verpflichtet sei, ein Verfahren im Sinne dieser Vorschrift einzuleiten, sondern insoweit über ein Ermessen verfüge, das ausschließe, dass Einzelne berechtigt seien, von ihr eine bestimmte Haltung zu verlangen und gegen die Weigerung, tätig zu werden, eine Nichtigkeitsklage zu erheben.

46      Dieser Grundsatz sei auch auf Klagen gegen die Weigerung der Kommission, eine an einen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung nach Art. 86 Abs. 3 EG zu erlassen, angewandt worden.

47      Wie im Fall der Weigerung, ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG einzuleiten oder fortzusetzen oder eine Entscheidung nach Art. 86 Abs. 3 EG zu erlassen, erzeuge die Weigerung, eine Entscheidung nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 zu erlassen oder doch das Verfahren einzuleiten oder fortzusetzen, keine verbindlichen Rechtswirkungen und könne von einem Einzelnen nicht mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden.

48      Bei der Entscheidung nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 verfüge die Kommission über ein sehr weites Ermessen. Es sei ebenso Sache der Kommission, zu bestimmen, ob, wie und wann das fragliche Verfahren einzuleiten oder weiterzuverfolgen sei, wie in der vergleichbaren Situation der Verdacht des Verstoßes eines Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht, die Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Art. 226 EG oder einer Entscheidung nach Art. 86 Abs. 3 EG sein könne. Das gelte namentlich im Fall einer fehlenden Anmeldung durch den Mitgliedstaat.

49      Die Kommission betont, dass die im vorliegenden Fall in Rede stehende Situation nicht mit derjenigen bei Beschwerden im Bereich staatlicher Beihilfen vergleichbar sei. Die Rechtsprechung, in der die Verpflichtung der Kommission verankert sei, auf eine solche Beschwerde eine an den Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung zu erlassen, und in der Nichtigkeitsklagen der Beschwerdeführer gegen solche Entscheidungen als zulässig angesehen würden, beruhe entscheidend darauf, dass für die Feststellung der eventuellen Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt die Kommission ausschließlich zuständig sei.

50      Für die Beurteilung der Vereinbarkeit der von einem Mitgliedstaat erlassenen Maßnahmen mit Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 oder mit anderen Normen des Gemeinschaftsrechts sei die Kommission aber nicht ausschließlich zuständig. Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 sei Teil einer Verordnung, die gemäß Art. 249 Abs. 2 EG in all ihren Teilen verbindlich sei und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelte. Jedes nationale Gericht könne sie anwenden.

51      Die Kommission führt weiter aus, dass die Bestimmungen, die durch die nationalen Maßnahmen verletzt sein könnten, deren Vereinbarkeit die Kommission mit einer Entscheidung nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 prüfen müsste, unmittelbare Wirkung hätten. Es handele sich um die Bestimmungen des EG-Vertrags über die Grundfreiheiten, insbesondere die Art. 43 EG und 56 EG.

52      Auch wenn die Kommission keine Entscheidung nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 erlasse, könnten die Betroffenen zur Feststellung eines Verstoßes gegen diesen Art. 21 oder gegen die Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr und die Niederlassungsfreiheit ein nationales Gericht anrufen. Die Kommission erklärt, dass darin der grundlegende Unterschied zwischen dem im vorliegenden Fall und dem auf staatliche Beihilfen anwendbaren Mechanismus liege. Im letztgenannten Fall spiele das nationale Gericht bei der der Kommission vorbehaltenen Vereinbarkeitsprüfung nur eine untergeordnete Rolle.

53      Daraus ergebe sich, dass der Rechtsschutz gewährleistet sei, ohne dass die Einholung einer Entscheidung der Kommission oder die Anrufung des Gemeinschaftsgerichts notwendig sei.

54      Schließlich sei die Klage zudem deshalb unzulässig, weil die betroffenen Unternehmen auf den Zusammenschluss verzichtet hätten. Die Kommission habe ihre Entscheidung, das Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht weiterzuverfolgen, getroffen, nachdem die am Zusammenschluss Beteiligten auf dessen Umsetzung verzichtet hätten.

55      Die Kommission müsse keine Entscheidung erlassen, sobald der Zusammenschluss, über den entschieden werden sollte, aufgegeben worden sei, und es dem Mitgliedstaat nicht mehr möglich sei, der Entscheidung nach ihrem Erlass nachzukommen. Ein Ermessen der Kommission, auf die Fortsetzung des Verfahrens zu verzichten, müsse namentlich anerkannt werden, wenn, wie im vorliegenden Fall, der nationale rechtliche Rahmen in der Zwischenzeit positiv geändert worden sei.

56      Die Klägerin erwidert, das Schreiben der Kommission vom 13. August 2008 enthalte eine „komplexe Entscheidung“, ja sogar zwei getrennte Entscheidungen.

57      Die erste, ausdrückliche Entscheidung bestehe darin, dass die Kommission die im Juli 2007 und im Februar 2008 in die italienische Rechtsordnung eingeführten Vorschriften zur Regelung der Genehmigungsverfahren für die Übertragung von Autobahnkonzessionen gebilligt habe. Die zweite, implizite Entscheidung betreffe die Beurteilung der Vereinbarkeit der nationalen Maßnahmen, die Gegenstand des Verfahrens nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 waren, mit dem Gemeinschaftsrecht.

58      Die implizite Entscheidung ergebe sich aus der Einstellung des fraglichen Verfahrens, die der Italienischen Republik mit Schreiben vom 13. August 2008 mitgeteilt worden sei. Diese Einstellung schließe denkgesetzlich die ursprünglich in der vorläufigen Beurteilung der Kommission vom 31. Januar 2007 in Betracht gezogene Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 aus. Wäre die Kommission dagegen davon ausgegangen, dass ein Verstoß vorliege, hätte sie, anstatt das Verfahren einzustellen, diesen Verstoß mit einer förmlichen Entscheidung ausdrücklich feststellen müssen. Sollte das Schreiben vom 13. August 2008 nicht die implizite Entscheidung enthalten, würde dies gleichzeitig bedeuten, dass die Kommission zum Vorliegen des ursprünglich in der vorläufigen Beurteilung in Betracht gezogenen Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht noch nicht Stellung genommen habe, wodurch die ausdrückliche Entscheidung willkürlich und unlogisch werde.

59      Diese Bewertung des Schreibens vom 13. August 2008 ergebe sich insbesondere aus einem Vergleich mit den vorläufigen Beurteilungen vom 18. Oktober 2006 und vom 31. Januar 2007. Seinerzeit habe die Kommission nämlich die von der Italienischen Republik getroffenen Maßnahmen als rechtswidrig angesehen. Nach der Änderung der italienischen Rechtsvorschriften im Juli 2007 und Februar 2008 hätten diese Maßnahmen der Einstellung des Verfahrens nicht mehr im Wege gestanden. Das Schreiben vom 13. August 2008 sei deshalb das Ergebnis einer neuen und anderen Beurteilung dieser Maßnahmen.

60      Die Klägerin führt weiter aus, dass ihre Auslegung des Schreibens vom 13. August 2008 durch die Ausführungen der Kommission in deren Schreiben vom 16. März 2009 an die Streithelferin bestätigt werde (siehe auch unten, Randnrn. 75 und 76).

61      Die Klägerin weist darauf hin, dass das am 14. November 2006 nach Art. 226 EG eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren, das einen möglichen Verstoß gegen die Art. 43 EG und 56 EG betroffen habe, am 16. Oktober 2008 eingestellt worden sei. Diese Einstellung habe dem Vorbehalt im Schreiben vom 13. August 2008 in Bezug auf die Vereinbarkeit der italienischen Vorschriften über die Regelung des Genehmigungsverfahrens für die Übertragung von Autobahnkonzessionen mit den Binnenmarktregeln jede rechtliche Wirkung genommen.

62      Nach Ansicht der Klägerin kann ein Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 einem Verfahren nach Art. 226 EG nicht völlig gleichgestellt werden. Die Befugnisse der Kommission im Rahmen einer Prüfung nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 seien streng an den Kontext der Beurteilung eines spezifischen Zusammenschlusses von gemeinschaftsweiter Bedeutung, den die streitigen nationalen Maßnahmen beträfen, geknüpft. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, eine Entscheidung innerhalb der kürzesten mit den Geschäftsinteressen der am Zusammenschluss Beteiligten zu vereinbarenden Zeit zu erlassen. Das Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG könne diesem Erfordernis nicht genügen. Außerdem führe das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 im Gegensatz zu einem Verfahren nach Art. 226 EG zum Erlass einer rechtsverbindlichen Entscheidung der Kommission gegenüber einem Mitgliedstaat, die von diesem mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden könne.

63      Die Kommission sei nicht befugt, zu beurteilen, ob eine Prüfung hinsichtlich der nationalen Maßnahmen, mit denen ein auf anderen Interessen als denjenigen, die in Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 genannt seien, gestützter Zusammenschluss blockiert werde, durchzuführen sei, und sie könne auch nicht den für eine eventuelle Klageerhebung günstigen Moment bestimmen. Die Kommission müsse sofort tätig werden, bevor ihre Aktion dadurch verspätet sei und nutzlos werde, dass der Zusammenschluss aufgegeben werde, wozu die Beteiligten – trotz der tatsächlichen Genehmigung des Zusammenschlusses durch die Kommission – durch die Blockade des betreffenden Mitgliedstaats gezwungen seien. Sei das Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 erst einmal eingeleitet, sei die Kommission denkgesetzlich auch nicht mehr befugt, die Prüfung der Sache nicht fortzusetzen.

64      Die Klägerin betont weiter die Unterschiede zwischen dem Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 und demjenigen nach Art. 86 Abs. 3 EG. Im Gegensatz zum zweiten Verfahren sei das erste nämlich darauf gerichtet, den Grundsatz der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission im Bereich der Kontrolle von Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung zu gewährleisten. Außerdem sei der beträchtliche Spielraum, über den die Kommission nach Art. 86 Abs. 3 EG verfüge, im Zusammenhang mit der Verpflichtung der Kommission nach Art. 86 Abs. 2 EG zu sehen, die Erfordernisse, die mit der besonderen Rolle der betroffenen Unternehmen verknüpft sind, und die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Behörden der Mitgliedstaten in bestimmten Fällen über einen ebenso großen Spielraum verfügen, um bestimmte Bereiche zu regeln, die Teil des Geschäftsbereichs dieser Unternehmen sein können. Dieser Grundsatz gelte nicht für die Befugnisse der Kommission nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004.

65      Entgegen dem Vorbringen der Kommission habe eine Entscheidung, das Prüfverfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 einzustellen, verbindliche Rechtswirkungen für die am Zusammenschluss Beteiligten; dies gelte erst recht, wenn der Zusammenschluss genehmigt sei. In Anbetracht der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 würde eine solche Entscheidung rechtlich verbindlich das dem Vollzug des Zusammenschlusses entgegenstehende Hindernis, das der nationalen Blockademaßnahme zugrunde liegt, vorbehaltlich einer gerichtlichen Entscheidung „endgültig und für immer“ festschreiben. Die Entscheidung der Kommission, ein Prüfverfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 einzustellen, könne mit einer Entscheidung, einen Zusammenschluss, der nach Überprüfung gemäß Art. 8 Abs. 3 dieser Verordnung für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen würde, nicht zu genehmigen, verglichen werden, wobei der letztgenannten Entscheidung offensichtlich verbindliche Rechtswirkungen zuerkannt würden.

66      Außerdem macht die Klägerin geltend, dass die Kommission sowohl für die Beurteilung der Berechtigung der anderen Interessen als derjenigen, die in Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 ausdrücklich als berechtigte Interessen genannt werden, als auch für die Beurteilung der Vereinbarkeit der Maßnahmen, die der Mitgliedstaat zu erlassen beabsichtigt, mit dem Gemeinschaftsrecht nach Art. 21 Abs. 2 dieser Verordnung über eine ausschließliche Zuständigkeit verfüge. Infolgedessen würde der Klägerin, falls die Klage für unzulässig erklärt würde, das Recht auf einen effektiven Rechtsschutz genommen. Ferner habe das in Rede stehende Verfahren im Licht der in Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehenen Anmelde- und „Stillhaltepflicht“ große Ähnlichkeit mit dem Verfahren der Kontrolle staatlicher Beihilfen.

67      Entgegen den Ausführungen der Kommission gebe es bei der Anwendung von Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 keine konkurrierenden Zuständigkeiten der nationalen Gerichte und der Kommission. Diese Verordnung beruhe auf dem Grundsatz einer exakten Kompetenzaufteilung zwischen den nationalen Kontrollbehörden und denen der Gemeinschaft. Die Kommission sei allein für alle Entscheidungen in Bezug auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung zuständig. Wie sich aus dem 17. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 139/2004 ergebe, verleihe diese Verordnung der Kommission vorbehaltlich der Nachprüfung durch den Gerichtshof die ausschließliche Zuständigkeit für die Anwendung dieser Verordnung.

68      Die Klägerin führt hierzu weiter aus, dass die Annahme einer konkurrierenden Zuständigkeit des nationalen Gerichts konkret nicht umgesetzt werden könne, da es kein eindeutiges und anwendbares Kriterium für eine Koordination gebe.

69      Das von den Beteiligten etwa angerufene nationale Gericht müsse sich für unzuständig erklären, da die Beurteilung der Vereinbarkeit der in Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 genannten Interessen sowie ihrer Angemessenheit, Verhältnismäßigkeit und ihres nichtdiskriminierenden Charakters gemäß Abs. 2 dieses Artikels der Kommission vorbehalten sei. Es gebe für die Klägerin schon deshalb keine Möglichkeit, vor einem nationalen Gericht Schutz ihrer auf dem Gemeinschaftsrecht beruhenden und durch nationale Blockademaßnahmen verletzten Rechte zu erlangen, da die Entscheidung, das Verfahren im vorliegenden Fall einzustellen, implizit auf einer Beurteilung der Vereinbarkeit der nationalen Maßnahmen beruhe, die Gegenstand des Verfahrens nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 gewesen seien. Es stelle sich also die Frage, warum der nationale Richter einen Ansatz vertreten sollte, der von dem von der Kommission vertretenen abweiche.

70      Um eine Rechtschutzverweigerung zu verhindern, müsse die Rechtsprechung, wonach ein Einzelner, der von einer Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen sei und ein Interesse an ihrer Nichtigerklärung habe, diese im Fall einer Entscheidung der Kommission, kein Verfahren nach Art. 88 EG gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, vor Gericht beantragen könne, auf den vorliegenden Fall übertragbar sein. Bei der Entscheidung der Kommission, das Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht weiterzuverfolgen, handele es sich also um eine anfechtbare Handlung.

71      Zum Vorbringen der Kommission, die Klage sei wegen der von der Autostrade und der Streithelferin am 13. Dezember 2006 beschlossenen Aufgabe des Zusammenschlusses unzulässig, führt die Klägerin aus, wenn dieses Vorbringen erheblich wäre, wäre das Verhalten der Kommission, die ihre zweite vorläufige Beurteilung am 31. Januar 2007 den italienischen Behörden mitgeteilt habe, als Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung anzusehen.

72      Das konkrete und gegenwärtige Interesse der Klägerin hänge auch mit ihrer Absicht zusammen, die Haftung der Italienischen Republik wegen Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht im Wege einer zivilrechtlichen Klage vor den nationalen Gerichten geltend zu machen, um Ersatz des Schadens zu erhalten, der infolge der erzwungenen Aufgabe des Zusammenschlusses entstanden sei.

73      Die von der Kommission angeführte Rechtsprechung, dass eine Vertragsverletzungsklage als gegenstandslos zu betrachten sei, wenn der Zusammenschluss von den Beteiligten vor Ablauf der für die „Rücknahme der Zuwiderhandlung“ vorgesehenen Frist, die von der Kommission in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme nach Art. 226 EG festgelegt worden sei, aufgegeben werde, sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die Kommission habe nämlich nicht die ihr in Art. 226 EG verliehenen Befugnisse ausgeübt.

74      Die Streithelferin unterstützt das Vorbringen der Klägerin. Die Kommission habe sie mit Schreiben vom 4. September 2008 über den Inhalt des Schreibens vom 13. August 2008 informiert. Wegen fehlender Klarheit des Schreibens vom 4. September 2008 habe sie die Kommission mit Schreiben vom 9. März 2009 um Erläuterungen gebeten, die sie am 16. März 2009 erhalten habe.

75      Das Schreiben der Kommission vom 16. März 2009 bestätige die Auslegung der Klägerin, nach der die Kommission eine Entscheidung erlassen habe, in der sie die von den italienischen Behörden im Juli 2007 und Februar 2008 erlassenen Rechtsvorschriften ausdrücklich gebilligt habe. In diesem Schreiben weise die Kommission nämlich darauf hin, dass sie beschlossen habe, das Zuwiderhandlungsverfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht weiterzuverfolgen, weil sie der Ansicht sei, dass durch die von den italienischen Behörden eingeführte Regelung, unter expliziter Nennung des Verfahrens der Übertragung von Autobahnkonzessionen in Italien, die Zweifel, die die Kommission in ihrer am 31. Januar 2007 an die Italienische Republik gerichteten vorläufigen Beurteilung geäußert habe, beseitigt worden seien.

76      Außerdem sei die Auslegung des Schreibens vom 13. August 2008 durch die Kommission nicht kohärent mit dem Wortlaut von Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004, da die Kommission nach diesem Artikel die Vereinbarkeit der nationalen Maßnahmen mit den allgemeinen Grundsätzen und den sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts prüfen müsse, bevor sie das fragliche öffentliche Interesse anerkenne.

77      Hinsichtlich der behaupteten Analogie zwischen den Verfahren nach Art. 226 EG und Art. 86 Abs. 3 EG zum einen und dem Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 zum anderen trägt die Streithelferin vor, dass Art. 21 dieser Verordnung einen anderen Gegenstand und Zweck habe als Art. 226 EG und Art. 86 Abs. 3 EG.

78      Hierzu macht die Streithelferin geltend, dass Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004, der die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission schützen solle, in seinem Kontext und im Rahmen der mit dieser Verordnung verfolgten Ziele auszulegen sei. Soweit die Verordnung Nr. 139/2004 Transaktionen zwischen Privatpersonen regele, könne das Verfahren nach Art. 21 dieser Verordnung nicht von den Rechten und Erwartungen der am Zusammenschluss Beteiligten getrennt werden, vor allem wenn Letztere durch die Handlung des Staats verletzt worden seien, deren Ahndung Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 bezwecke. Diese Erwägungen unterschieden sich von dem „allgemeinen Ziel“ von Art. 226 EG, bei dem es nicht um ein Geschäft zwischen Privatpersonen gehe, und dem Erfordernis, eine ausschließliche Zuständigkeit zu schützen.

79      Ferner sei Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 lex specialis gegenüber Art. 226 EG.

80      Die Streithelferin macht geltend, dass die Erwägungen, die gegen eine Analogie zwischen Art. 226 EG und Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 sprächen, mutatis mutandis erlaubten, eine Analogie zwischen dieser letztgenannten Vorschrift und Art. 86 Abs. 3 EG zu verneinen.

81      Außerdem werde der Klägerin wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission für alle Entscheidungen in Bezug auf Zusammenschlüsse mit gemeinschaftsweiter Bedeutung im Fall der Unzulässigkeit der Klage das Recht auf einen effektiven Rechtsschutz entzogen.

82      Hinsichtlich der Analogie zwischen den Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 und Art. 88 EG führt die Streithelferin aus, dass die Kommission sowohl befugt sei, Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären als auch die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit den Regeln des Gemeinsamen Marktes zu beurteilen. Außerdem sähen beide Verfahren die Pflicht zur vorherigen Anmeldung sowie „Stillhaltefristen“ vor und entsprächen den Erfordernissen der Schnelligkeit. Ferner könne das nationale Gericht nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004, ebenso wie im Fall von Art. 88 Abs. 3 EG, dessen letzter Satz unmittelbare Wirkung habe, den Erlass staatlicher Maßnahmen verhindern, die die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission beeinträchtigten.

83      Zudem könne das nationale Gericht einer Klage auf Schadensersatz, die auf einen Verstoß gegen die „Stillhaltepflicht“ nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 gestützt sei, nicht stattgeben, wenn Grundlage dieser Klage die Blockade des vorgesehenen Zusammenschlusses sei. Das nationale Gericht sei nämlich nicht in der Lage, einen Kausalzusammenhang zwischen den entstandenen Schäden und dem Verstoß gegen die „Stillhaltepflicht“ festzustellen. Es sei Sache der Kommission, zu erklären, dass gegen die in Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehenen Pflichten verstoßen worden sei. Die Kommission müsse somit über diesen Verstoß befinden, damit das nationale Gericht über den Schadensersatz entscheiden könne. Die Entscheidung der Kommission, das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht weiterzuverfolgen, habe der Klägerin und der Streithelferin den Anspruch genommen, vom Staat Schadensersatz zu erhalten, der aus einer Entscheidung folge, die aufgrund dieser Vorschrift nur von der Kommission hätte erlassen werden dürfen.

84      Außerdem sieht nach Ansicht der Streithelferin das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 im Unterschied zum Verfahren nach Art. 88 Abs. 3 EG, bei dem der betroffene Mitgliedstaat die gezahlte Beihilfe zurückfordern könne, für die am Zusammenschluss Beteiligten keine Möglichkeit der Wiederherstellung der ursprünglich von der Kommission genehmigten Situation vor, sobald sie auf den vorgesehenen Zusammenschluss verzichten mussten. Es sei deshalb erforderlich, dass die Kommission eine Vereinbarkeitsentscheidung nach Art. 21 dieser Verordnung erlasse.

85      Hinsichtlich des Vorbringens der Kommission in Bezug auf die Aufgabe des fraglichen Zusammenschlusses bemerkt die Streithelferin, dass die Interessen der am Zusammenschluss Beteiligten nur geschützt werden könnten, wenn die Kommission eine Entscheidung nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 erlasse. Die Kommission sei das einzige für den Erlass einer solchen Entscheidung zuständige Organ. Außerdem nehme die Auslegung der Kommission dem Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 den Inhalt, denn müsse die Kommission in einem einmal eingeleiteten Verfahren keine Entscheidung erlassen, könnte jeder Staat nach seinem Belieben einen Zusammenschluss blockieren, indem er Vorschriften erlasse, um die Umsetzung eines von der Kommission genehmigten Zusammenschlusses zu verhindern.

 Würdigung durch das Gericht

86      Nach ständiger Rechtsprechung sind Maßnahmen mit verbindlichen Rechtswirkungen, die geeignet sind, die Interessen des Klägers zu beeinträchtigen, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändern, Handlungen oder Entscheidungen, gegen die eine Nichtigkeitsklage gegeben ist. Für die Feststellung, ob eine Handlung solche Rechtswirkungen erzeugt, ist auf das Wesen der Handlung abzustellen. Die Form, in der Handlungen oder Entscheidungen ergehen, ist auf ihre Anfechtbarkeit im Wege der Nichtigkeitsklage grundsätzlich ohne Einfluss (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9; und Beschluss des Gerichts vom 22. Februar 2008, Base/Kommission, T‑295/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87      Gegenstand der vorliegenden Klage ist die Entscheidung oder sind die Entscheidungen im Schreiben vom 13. August 2008, mit dem die Kommission der Italienischen Republik ihre Entscheidung mitteilt, das in der Sache Abertis/Autostrade nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 eingeleitete Verfahren betreffend eventuelle bei der vorläufigen Prüfung vom 31. Januar 2007 festgestellte Zuwiderhandlungen nicht weiterzuverfolgen.

88      Nach Auffassung der Klägerin enthält dieses Schreiben zum einen eine ausdrückliche Entscheidung, mit der die Kommission die von den italienischen Behörden erlassenen Rechtsvorschriften über die Genehmigungsverfahren für die Übertragung von Autobahnkonzessionen, nämlich die Richtlinie vom 30. Juli 2007 und das Dekret mit den Durchführungsbestimmungen vom 29. Februar 2008 (siehe oben, Randnr. 16), billigt. Zum anderen soll dieses Schreiben eine implizite Entscheidung mit einer Beurteilung der Vereinbarkeit der Maßnahmen der italienischen Behörden, die Gegenstand des Verfahrens nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 waren, nämlich des Versäumnisses, die Kriterien für den Schutz des öffentlichen Interesses im Voraus und in aller Klarheit für das Genehmigungsverfahren festzulegen und nach dem Antrag der Autostrade und der ASPI eine Genehmigungsentscheidung zu erlassen (siehe oben, Randnr. 14), mit dem Gemeinschaftsrecht enthalten.

89      Was, erstens, die behauptete ausdrückliche Entscheidung in Bezug auf die italienischen Rechtvorschriften betrifft, so stützt der Wortlaut des Schreibens vom 13. August 2008 die Auslegung der Klägerin nicht. Die Kommission hat nämlich hinsichtlich der Richtlinie vom 30. Juli 2007 und des Dekrets mit den Durchführungsbestimmungen vom 29. Februar 2008 darauf hingewiesen, dass sie diese Entwicklung begrüße und dass sie insbesondere der Ansicht sei, dass diese Rechtssetzungsmaßnahmen sicherstellten, dass die in ihren vorläufigen Beurteilungen nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 vom 18. Oktober 2006 und vom 31. Januar 2007 zum Ausdruck gebrachte Besorgnis sich in Zukunft nicht mehr wiederhole. In diesem Schreiben hat sie erklärt, dass sie im Hinblick auf diese Erwägungen entschieden habe, das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 in der Sache Abertis/Autostrade betreffend eventuelle Zuwiderhandlungen, die bei der vorläufigen Prüfung vom 31. Januar 2007 festgestellt wurden, nicht fortzusetzen (siehe oben, Randnr. 20). Insoweit ist das Schreiben rein verfahrensrechtlicher Natur. Außerdem wird in diesem Schreiben deutlich zwischen der Beurteilung der Kommission in Bezug auf die fraglichen Rechtsvorschriften und ihrer Entscheidung betreffend die Fortsetzung des Verfahrens nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 unterschieden.

90      Aus dem Aufbau des Schreibens ergibt sich nämlich, dass die Erwägungen bezüglich der in Rede stehenden Rechtsvorschriften nur die Entscheidung der Kommission, das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 in der Sache Abertis/Autostrade nicht weiterzuverfolgen, erklären und begründen sollten.

91      Diese Auslegung wird durch die Feststellung der Kommission in diesem Schreiben untermauert, dass sie, wenn sie es zwar nicht für angebracht gehalten habe, das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 weiterzuverfolgen, die Rechtsvorschriften bezüglich des Genehmigungsverfahrens für die Übertragung von Konzessionen, aber jedenfalls die in den Binnenmarktregeln vorgesehenen allgemeinen Bedingungen erfüllen müssten. Die Kommission stellt klar, dass sie sich in dieser Hinsicht ihren Standpunkt vorbehalte (siehe oben, Randnr. 21).

92      Überdies hat die Kommission am 14. November 2006 mit besonderem Schreiben ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG gegen die Italienische Republik wegen eines möglichen Verstoßes gegen die Art. 43 EG und 56 EG im Rahmen der Reform des Systems von Konzessionen für den Betrieb von Autobahnen in Italien und der geplanten Fusion von Autostrade und der Streithelferin eingeleitet, das am 16. Oktober 2008 eingestellt worden ist (siehe oben, Randnrn. 12 und 26). Als das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 eingestellt wurde, war die Prüfung der auf die Übertragung der Autobahnkonzessionen anwendbaren Rechtsvorschriften noch nicht beendet.

93      Was das Vorbringen der Klägerin und der Streithelferin in Bezug auf den Wortlaut des Schreibens der Kommission vom 16. März 2009 betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission diesem Schreiben ihr Schreiben vom 13. August 2008 beigefügt hat, das die behauptete ausdrückliche Entscheidung enthalten soll. Daher kann diesem Vorbringen in Anbetracht des eindeutigen Inhalts des Schreibens vom 13. August 2008 zur Frage, ob die Kommission die behauptete ausdrückliche Entscheidung erlassen hat (siehe oben, Randnrn. 89 bis 91), nicht gefolgt werden.

94      Somit enthält das Schreiben vom 13. August 2008 entgegen der Behauptung der Klägerin keine ausdrückliche Entscheidung der Kommission, mit der die Richtlinie vom 30. Juli 2007 und das Dekret mit den Durchführungsbestimmungen vom 29. Februar 2008 gebilligt worden wären.

95      Was, zweitens, die behauptete implizite Entscheidung betreffend die Maßnahmen der italienischen Behörden in Bezug auf den in Rede stehenden geplanten Zusammenschluss anbelangt, stützt die Klägerin ihr Vorbringen im Wesentlichen auf einen Vergleich des Schreibens vom 13. August 2008 mit den vorläufigen Beurteilungen vom 18. Oktober 2006 und vom 31. Januar 2007. Da die Maßnahmen der italienischen Behörden, die Gegenstand der vorläufigen Beurteilungen gewesen seien, der Einstellung des Verfahrens nicht mehr im Wege gestanden hätten, enthalte das fragliche Schreiben implizit eine neue und andere Beurteilung dieser Maßnahmen.

96      Diese Auslegung findet im Wortlaut des Schreibens vom 13. August 2008 keine Stütze.

97      Es trifft zwar zu, dass die Kommission nach dem Wortlaut der vorläufigen Beurteilungen in Bezug auf den beabsichtigten Zusammenschluss zwischen der Autostrade und der Streithelferin der Ansicht war, dass die Italienische Republik gegen Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe und dass die von den italienischen Behörden ergriffenen Maßnahmen mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar gewesen seien und eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit bewirkt hätten (siehe oben, Randnrn. 10 und 14).

98      Es ergibt sich jedoch aus dem Schreiben vom 13. August 2008, dass die Entscheidung, das nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 eingeleitete Verfahren einzustellen, in Anbetracht der Änderung der nach der vorläufigen Beurteilung der Kommission vom 31. Januar 2007 in Italien vorgenommenen Bestimmungen erging. Dieser Grund für die Einstellung des fraglichen Verfahrens ergibt sich auch aus der Pressemitteilung der Kommission vom 18. Juli 2007, in der sie den Entwurf einer ministeriumsübergreifenden Richtlinie zur Klärung des rechtlichen Rahmens für die Genehmigungen der Übertragung von Autobahnkonzessionen in Italien begrüßt. Die Kommission hat dort darauf hingewiesen, dass sie nach Inkrafttreten der vorgeschlagenen Richtlinie und der entsprechenden Durchführungsbestimmungen dieses Verfahren gegen die Italienische Republik im Rahmen von Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 einstellen könne (siehe oben, Randnr. 15). Die Einstellung des nach Art. 21 Abs. 4 dieser Verordnung eingeleiteten Verfahrens erfolgte somit unabhängig von der Beurteilung der Vereinbarkeit der den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Maßnahmen der italienischen Behörden mit dem Gemeinschaftsrecht durch die Kommission.

99      Außerdem ergibt sich aus der vorläufigen Beurteilung der Kommission vom 31. Januar 2007, dass diese der Ansicht war, sie verfüge über ein Ermessen in Bezug auf die Fortsetzung eines nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 eingeleiteten Verfahrens. Nachdem die Kommission in dieser Beurteilung nämlich festgestellt hatte, dass die Italienische Republik gegen Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe und dass die Maßnahmen der italienischen Behörden mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar seien, hat sie darauf hingewiesen, dass sie, sollte sich ihre Einschätzung bestätigen, eine Entscheidung erlassen könne, in der sie förmlich feststelle, dass die Italienische Republik gegen Art. 21 der genannten Verordnung verstoßen habe (siehe oben, Randnr. 14). Die Kommission war somit der Ansicht, dass sie eine solche Entscheidung erlassen könne, aber nicht dazu verpflichtet sei. Die Italienische Republik als Empfängerin des Schreibens vom 13. August 2008 musste somit verstehen, dass die Kommission nur das von ihr angeführte Ermessen, das Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht fortzuführen, ausüben wollte.

100    Auch die Klägerin wurde davon unterrichtet, dass die Kommission der Ansicht sei, sie habe in dieser Hinsicht ein Ermessen. In ihrem Schreiben vom 22. Mai 2008 an die Klägerin (siehe oben, Randnr. 18) hat die Kommission diese über ihre Absicht informiert, das nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 eingeleitete Verfahren einzustellen. Hierzu hat sie ausgeführt, dass sie über ein Ermessen verfüge, ein Verfahren nach dieser Vorschrift einzuleiten und weiterzuführen, und dass sie davon absehen könne, wenn sie der Ansicht sei, dass der sich aus dem kooperativen Verhalten der nationalen Behörden ergebende Vorteil die Notwendigkeit, die Verstöße dieser Behörden in der Vergangenheit zu ahnden, aufwiege.

101    Infolgedessen bedeutet die Entscheidung der Kommission, das nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 eingeleitete Verfahren einzustellen, nicht gleichzeitig eine Neueinschätzung der in Rede stehenden nationalen Maßnahmen.

102    Das Vorbringen der Klägerin und der Streithelferin, das Schreiben vom 13. August 2008 müsse wegen der Formulierung von Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 die behauptete implizite Entscheidung enthalten, berücksichtigt nicht das Ermessen, auf das sich die Kommission beruft (siehe oben, Randnrn. 99 und 100). Anstatt eine Entscheidung in Bezug auf die Vereinbarkeit der fraglichen nationalen Maßnahmen mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und den sonstigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu erlassen, wies die Kommission in dem Schreiben vom 13. August 2008 ausdrücklich darauf hin, dass sie beschlossen habe, das Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht weiterzuführen. Diese Entscheidung beruhte auf dem behaupteten Ermessen der Kommission. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin und der Streithelferin kommt eine solche Entscheidung nicht einer Entscheidung über die Vereinbarkeit der Maßnahmen der italienischen Behörden über den fraglichen geplanten Zusammenschluss gleich.

103    Infolgedessen enthält das Schreiben vom 13. August 2008 nicht die von der Klägerin geltend gemachte implizite Entscheidung.

104    In diesem Schreiben teilt die Kommission somit nur ihre Entscheidung mit, das Verfahren nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 in der Sache Abertis/Autostrade betreffend eventuelle bei der vorläufigen Prüfung vom 31. Januar 2007 festgestellte Verstöße nicht weiterzuverfolgen.

105    Es ist deshalb zu prüfen, ob diese Maßnahme eine anfechtbare Handlung im Sinne der oben in Randnr. 86 angeführten Rechtsprechung darstellt.

106    Die fragliche Maßnahme betrifft ein Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004.

107    Hierzu ist, erstens, daran zu erinnern, dass Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 die Anwendung dieser Verordnung und die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten betrifft. Die Zusammenschlüsse, die von dieser Verordnung nicht erfasst werden, fallen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Dagegen ist die Kommission allein zuständig für alle Entscheidungen in Bezug auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung (vgl. in diesem Sinne und im Wege der Analogie Urteile des Gerichtshofs vom 25. September 2003, Schlüsselverlag J. S. Moser u. a./Kommission, C‑170/02 P, Slg. 2003, I‑9889, Randnr. 32, und vom 22. Juni 2004, Portugal/Kommission, C‑42/01, Slg. 2004, I‑6079, Randnr. 50).

108    Aus Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 folgt, dass die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission im Sinne von Art. 21 Abs. 2 dieser Verordnung nur den Schutz derjenigen Interessen betrifft, die in der genannten Verordnung berücksichtigt werden, nämlich der Interessen in Bezug auf den Schutz des Wettbewerbs. Im Hinblick auf diese Interessen ist die Kommission berechtigt, nach Art. 8 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 139/2004 eine Entscheidung zu treffen, mit der ein Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar oder unvereinbar erklärt wird.

109    Dagegen hindert diese ausschließliche Zuständigkeit der Kommission die Mitgliedstaaten nicht daran, geeignete Maßnahmen zum Schutz anderer berechtigter Interessen als derjenigen zu ergreifen, die in der Verordnung Nr. 139/2004 berücksichtigt werden, wie im 19. Erwägungsgrund dieser Verordnung ausgeführt wird. Die Kommission verfügt jedoch insoweit nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 über eine Kontrollbefugnis in Bezug auf die Beachtung der allgemeinen Grundsätze und der sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts durch den Mitgliedstaat, um die Wirksamkeit ihrer nach Art. 8 dieser Verordnung getroffenen Entscheidung zu gewährleisten.

110    Zweitens betrifft die Verordnung Nr. 139/2004 nur die Kontrolle von konkreten Unternehmenszusammenschlüssen. Nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Verordnung sind Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne dieser Verordnung nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung und vor ihrem Vollzug bei der Kommission anzumelden. Zudem ist die Kommission nach Art. 8 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 139/2004 berechtigt, eine Entscheidung in Bezug auf den angemeldeten Zusammenschluss zu treffen, mit der sie diesen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar oder unvereinbar erklärt.

111    Infolgedessen betrifft das in Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Verfahren die Kontrolle konkreter Zusammenschlüsse nach dieser Verordnung durch die Kommission. Hinsichtlich der den Wettbewerbsschutz betreffenden Interessen im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 verfügt die Kommission nach Art. 8 dieser Verordnung über eine ausschließliche Zuständigkeit, eine Entscheidung zu erlassen, mit der ein Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar oder unvereinbar erklärt wird. Die in Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 dieser Verordnung vorgesehene Kontrolle der anderen berechtigten Interessen als derjenigen, die in der Verordnung Nr. 139/2004 berücksichtigt werden, durch die Kommission stellt die Wirksamkeit der nach Art. 8 dieser Verordnung getroffenen Entscheidung der Kommission sicher.

112    Teilt ein Mitgliedstaat ein nicht von der Verordnung Nr. 139/2004 berücksichtigtes öffentliches Interesse mit, dessen Schutz er sicherstellen möchte, so leitet die Kommission das in Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 dieser Verordnung vorgesehene Kontrollverfahren ein. Sie hat dann die Vereinbarkeit dieses Interesses mit den allgemeinen Grundsätzen und den sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu prüfen, bevor sie dem betreffenden Mitgliedstaat ihre Entscheidung binnen 25 Arbeitstagen nach der entsprechenden Mitteilung bekannt gibt, wobei ihre Entscheidung möglichst nicht erst dann ergehen sollte, wenn die nachteiligen Folgen der nationalen Maßnahmen für den beabsichtigten Zusammenschluss bereits eingetreten sind (vgl. im Wege der Analogie Urteil Portugal/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 55). In einem solchen Fall ist die Kommission also verpflichtet, zur Sicherstellung der Wirksamkeit ihrer nach Art. 8 der Verordnung Nr. 139/2004 getroffenen Entscheidung gegenüber dem betroffenen Mitgliedstaat eine Entscheidung zu erlassen, mit der entweder das fragliche Interesse in Anbetracht seiner Vereinbarkeit mit den allgemeinen Grundsätzen und den sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts anerkannt wird oder angesichts seiner Unvereinbarkeit mit diesen Grundsätzen und Bestimmungen nicht anerkannt wird.

113    Diese Erwägungen gelten auch in den Fällen, in denen wie im vorliegenden Fall das in Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Verfahren nicht durch eine Mitteilung des Mitgliedstaats ausgelöst, sondern von der Kommission von Amts wegen eingeleitet worden ist, wie vom Gerichtshof im Urteil Portugal/Kommission (oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 60) anerkannt wurde, da sich der Charakter des Verfahrens im Übrigen nicht ändert.

114    Im vorliegenden Fall wurde jedoch der geplante Zusammenschluss der Autostrade und der Streithelferin am 13. Dezember 2006 aufgegeben. Ihre Entscheidung, auf den Vollzug dieses Vorhabens zu verzichten, wurde von diesen beiden Gesellschaften in einer Pressemitteilung vom selben Tag veröffentlicht (siehe oben, Randnr. 13).

115    Hierzu ist, erstens, festzustellen, dass sich, wie oben in den Randnrn. 107 bis 111 dargelegt, das Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 auf die in der Verordnung vorgesehene Kontrolle konkreter Zusammenschlüsse durch die Kommission bezieht. Die Kontrolle der Interessen durch die Kommission nach Art. 21 Abs. 4 Unterabs. 3 dieser Verordnung bezweckt, die Wirksamkeit der nach Art. 8 dieser Verordnung getroffenen Entscheidung der Kommission sicherzustellen.

116    Zweitens hängt die Befugnis der Kommission, eine Entscheidung nach Art. 8 der Verordnung Nr. 139/2004 zu erlassen, wie es Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Verordnung klar zum Ausdruck bringt, davon ab, dass es zu einem auf Zusammenschluss gerichteten „Vertragsabschluss“ kommt. Ebenso wie die Kommission zum Erlass einer Entscheidung nach der Verordnung Nr. 139/2004 nicht vor einem solchen Vertragsabschluss befugt ist, endet ihre dahin gehende Befugnis, sobald der entsprechende Vertrag aufgehoben wird, auch wenn die betroffenen Unternehmen ihre Verhandlungen fortsetzen sollten, um einen Vertrag „in einer anderen Form“ zu schließen (vgl. im Wege der Analogie Urteil des Gerichts vom 28. September 2004, MCI/Kommission, T‑310/00, Slg. 2004, II‑3253, Randnr. 89).

117    Somit war, da das in Rede stehende Zusammenschlussvorhaben der Autostrade und der Streithelferin am 13. Dezember 2006 aufgegeben worden war und da die Kontrolle der Interessen im Sinne von Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 bezweckt, die Wirksamkeit der von der Kommission nach Art. 8 der Verordnung Nr. 139/2004 getroffenen Entscheidungen sicherzustellen, die Kommission nicht mehr befugt, das nach Art. 21 Abs. 4 dieser Verordnung eingeleitete Verfahren mit einer Entscheidung über die Anerkennung eines von den in Rede stehenden nationalen Maßnahmen geschützten öffentlichen Interesses abzuschließen.

118    Dem steht nicht entgegen, dass das in Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Verfahren nicht nur eine objektive, sondern auch eine subjektive Funktion hat, nämlich den Schutz der Interessen der betroffenen Unternehmen in Bezug auf den beabsichtigten Zusammenschluss unter dem Aspekt, die Rechtssicherheit und die in dieser Verordnung vorgesehene Schnelligkeit des Verfahrens sicherzustellen. Wegen der Aufgabe des Zusammenschlussvorhabens durch die betroffenen Unternehmen ist die subjektive Funktion hinfällig geworden. Da das Zusammenschlussvorhaben aufgegeben worden ist, waren die Interessen der betroffenen Unternehmen in Bezug auf dieses Vorhaben nicht mehr zu schützen.

119    Die Aufgabe des Zusammenschlussvorhabens ist auch der Grund dafür, dass die Einstellung des fraglichen Verfahrens durch die Kommission nicht einer Entscheidung der Kommission nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 gleichkommt, mit der ein Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wird. Diese Vorschrift betrifft nämlich nur die Fälle, in denen das Zusammenschlussvorhaben von den betroffenen Unternehmen nicht aufgegeben worden ist (siehe oben, Randnr. 116).

120    Somit war die Kommission nicht mehr befugt, das Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 durch eine Entscheidung über die Anerkennung eines durch die in Rede stehenden nationalen Maßnahmen geschützten öffentlichen Interesses abzuschließen. Nichts deutet darauf hin, dass die Kommission im vorliegenden Fall eine Entscheidung getroffen hat, die ihre Befugnisse überschreitet. Die Entscheidung vom 13. August 2008 hat somit keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugt, die geeignet wären, die Interessen der Klägerin zu beeinträchtigen, indem sie ihre Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändern. Die Kommission konnte nur die förmliche Entscheidung erlassen, das in Rede stehende Verfahren einzustellen. Die Entscheidung vom 13. August 2008, das genannte Verfahren nicht weiterzuführen, hatte keine andere Wirkung und kann deshalb keine anfechtbare Handlung darstellen.

121    Das Vorbringen der Klägerin, dass der Nichtigkeitsklage zumindest als Grundlage für eine eventuelle Schadensersatzklage gegen die Italienische Republik Bedeutung zukomme, ändert nichts daran, dass die Entscheidung vom 13. August 2008 wegen der Aufgabe des Zusammenschlussvorhabens am 13. Dezember 2006 keine verbindlichen Rechtswirkungen gegenüber der Klägerin entfaltet hat.

122    Dem entspricht es, dass das von der Kommission nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 tatsächlich durchgeführte Verfahren nach der Aufgabe des in Rede stehenden Zusammenschlussvorhabens den Charakter eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Italienische Republik hatte.

123    Im Ergebnis ihrer vorläufigen Beurteilung vom 31. Januar 2007 definierte die Kommission die von den italienischen Behörden getroffenen Maßnahmen zunächst im Sinne von Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 und stellte dann fest, dass die Italienische Republik dadurch, dass sie diese umgesetzt habe, gegen Art. 21 Abs. 4 dieser Verordnung verstoßen habe und dass diese Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar seien. Die Kommission hat dann darauf hingewiesen, dass sie, sollte sich diese Einschätzung bestätigen, eine Entscheidung erlassen könne, in der sie förmlich feststelle, dass die Italienische Republik gegen Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe.

124    Durch die Fortsetzung des nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 eingeleiteten Verfahrens nach Aufgabe des in Rede stehenden Zusammenschlussvorhabens verfolgte die Kommission also nicht mehr die Absicht, eine Entscheidung in Bezug auf die Anerkennung eines von den in Rede stehenden nationalen Maßnahmen geschützten öffentlichen Interesses zu erlassen, sondern vielmehr eine Entscheidung mit der Feststellung, dass die Italienische Republik gegen Art. 21 der genannten Verordnung verstoßen hatte. Damit hat sie tatsächlich den Rahmen des nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 eingeleiteten Verfahrens verlassen, indem sie dieses als Vertragsverletzungsverfahren wie die in Art. 226 EG oder Art. 86 Abs. 3 EG vorgesehenen weitergeführt hat.

125    Die Kommission verfügt aber über ein Ermessen hinsichtlich der Durchführung von Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG (Urteile des Gerichtshofs vom 14. Februar 1989, Star Fruit/Kommission, 247/87, Slg. 1989, 291, Randnr. 11, und vom 17. Mai 1990, Sonito u. a./Kommission, C‑87/89, Slg. 1990, I‑1981, Randnr. 6; Beschluss des Gerichtshofs vom 10. Juli 2007, AEPI/Kommission, C‑461/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 24) und nach Art. 86 Abs. 3 EG (Urteil des Gerichtshofs vom 22. Februar 2005, Kommission/max.mobil, C‑141/02 P, Slg. 2005, I‑1283, Randnr. 69).

126    Infolgedessen stellt die Entscheidung im Schreiben vom 13. August 2008 auch deshalb keine anfechtbare Handlung dar, weil nach der Aufgabe des in Rede stehenden Zusammenschlussvorhabens das von der Kommission nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 tatsächlich durchgeführte Verfahren den Charakter eines Vertragsverletzungsverfahrens aufwies.

127    Dem Ergebnis, dass die Entscheidung der Kommission vom 13. August 2008, die Prüfung der Sache Abertis/Autostrade nach Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht fortzusetzen, keine anfechtbare Handlung darstellt, steht das weitere Vorbringen der Klägerin und der Streithelferin nicht entgegen.

128    Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt, da sie nach der Aufgabe des Zusammenschlussvorhabens am 13. Dezember 2006 ihre vorläufige Beurteilung vom 31. Januar 2007 erstellt habe, ist darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn man annimmt, dass das Erstellen dieser Beurteilung einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darstellt, dieser weder zu einer Befugnis der Kommission, über die Anerkennung eines durch die in Rede stehenden nationalen Maßnahmen geschützten öffentlichen Interesses zu entscheiden, noch dazu führen kann, der Entscheidung, das Verfahren nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht weiterzuverfolgen, den Charakter einer anfechtbaren Handlung zu verleihen.

129    Hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin und der Streithelferin, dass im Fall der Unzulässigkeit der Klage der Klägerin das Recht auf einen effektiven Rechtsschutz genommen würde, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften, die im vorliegenden Fall durch die nationalen Maßnahmen verletzt sein könnten, nämlich die Art. 43 EG und 56 EG, unmittelbare Wirkung haben und die Betroffenen für die Feststellung eines Verstoßes gegen sie ein nationales Gericht anrufen können.

130    Schließlich berufen sich die Klägerin und die Streithelferin auf die Rechtsprechung, nach der die Klage eines Konkurrenten des Empfängers einer staatlichen Beihilfe zulässig ist, mit der die Feststellung beantragt wird, dass die Kommission es unterlassen hat, im Rahmen der Vorprüfungsphase nach Art. 88 Abs. 3 EG eine Entscheidung zu erlassen (Urteil des Gerichts vom 15. September 1998, Gestevisión Telecinco/Kommission, T‑95/96, Slg. 1998, II‑3407, Randnrn. 49 bis 70).

131    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, während im vorliegenden Fall das Zusammenschlussvorhaben von den betroffenen Unternehmen aufgegeben wurde, die im Urteil Gestevisión Telecinco/Kommission (oben in Randnr. 130 angeführt) in Rede stehenden Mittelzuweisungen nicht zurückgezahlt worden waren.

132    Während die Kommission außerdem eine ausschließliche Zuständigkeit für die Feststellung der eventuellen Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt besitzt (vgl. Urteil Gestevisión Telecinco/Kommission, oben in Randnr. 130 angeführt, Randnr. 54), kann im vorliegenden Fall das nationale Gericht eine Entscheidung über die Vereinbarkeit der in Rede stehenden nationalen Maßnahmen mit den Art. 43 EG und 56 EG treffen, so dass der Klägerin das Recht auf einen effektiven Rechtsschutz nicht entzogen wurde (siehe oben, Randnr. 129).

133    Unter Berücksichtigung dieser Unterschiede ist die oben in Randnr. 130 angeführte Rechtsprechung nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.

134    Nach alledem ist festzustellen, dass die Entscheidung der Kommission, das in der Sache Abertis/Autostrade nach Art. 21 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 eingeleitete Verfahren nicht weiterzuführen, keine mit einer Nichtigkeitsklage anfechtbare Handlung darstellt.

135    Die Klage ist daher als unzulässig abzuweisen.

 Kosten

136    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

137    Gemäß Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann ein Gericht entscheiden, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall trägt die Streithelferin ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2.      Die Schemaventotto SpA trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Die Abertis Infraestructuras, SA trägt ihr eigenen Kosten.

Luxemburg, den 2. September 2010.

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       M. E. Martins Ribeiro


* Verfahrenssprache: Italienisch.