Language of document : ECLI:EU:T:2021:457

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

14. Juli 2021(*)

„Dumping – Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Russland und der Ukraine – Interimsüberprüfung – Berechnung des Normalwerts – Vertriebs‑, Verwaltungs- und Gemeinkosten – Verkäufe zwischen verbundenen Unternehmen – Normaler Handelsverkehr – Wirtschaftliche Einheit – Art. 2 Abs. 3, 4 und 6 der Verordnung (EU) 2016/1036 – Ausfuhrpreis – Berichtigung – Ähnliche Funktionen wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter – Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Verordnung 2016/1036 – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Anwendung einer anderen Methodik als bei einer vorangegangenen Untersuchung – Art. 11 Abs. 9 der Verordnung 2016/1036 – Vertrauensschutz – Verteidigungsrechte“

In der Rechtssache T‑716/19,

Interpipe Niko Tube LLC mit Sitz in Nikopol (Ukraine),

Interpipe Nizhnedneprovsky Tube Rolling Plant OJSC mit Sitz in Dnipro (Ukraine),

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. Servais,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch P. Němečková und G. Luengo als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen eines auf Art. 263 AEUV gestützten Antrags auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1295 der Kommission vom 1. August 2019 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1469 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Russland und der Ukraine im Anschluss an eine teilweise Interimsüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/1036 (ABl. 2019, L 204, S. 22)

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos sowie der Richter L. Truchot (Berichterstatter) und M. Sampol Pucurull,

Kanzler: E. Artemiou, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2020

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerinnen, die Interpipe Niko Tube LLC und die Interpipe Nizhnedneprovsky Tube Rolling Plant OJSC, sind zwei Gesellschaften ukrainischen Rechts, die nahtlose Rohre herstellen und ausführen.

2        Auf einen Antrag des Defence Committee of the Seamless Steel Tube Industry of the European Union vom 14. Februar 2005 leitete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ein Antidumpingverfahren betreffend Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Kroatien, Rumänien, Russland und der Ukraine ein, und zwar gemäß der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern [ABl. 2009, L 343, S. 51], ihrerseits ersetzt durch die Verordnung [EU] 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern [ABl. 2016, L 176, S. 21, im Folgenden: Grundverordnung]) und insbesondere Art. 5 der Verordnung Nr. 384/96 (jetzt Art. 5 der Grundverordnung) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 461/2004 des Rates vom 8. März 2004 zur Änderung der Verordnung Nr. 384/96 und der Verordnung (EG) Nr. 2026/97 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2004, L 77, S. 12, im Folgenden: Verordnung Nr. 384/96 in der geänderten Fassung).

3        Am 27. Juni 2006 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 954/2006 zur Einführung endgültiger Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Kroatien, Rumänien, Russland und der Ukraine, zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/97 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 348/2000 des Rates, zur Einstellung der Interimsüberprüfung und der Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder nicht legiertem Stahl mit Ursprung unter anderem in Russland und Rumänien und zur Einstellung der Interimsüberprüfungen der Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder nicht legiertem Stahl mit Ursprung unter anderem in Russland und Rumänien und in Kroatien und der Ukraine (ABl. 2006, L 175, S. 4).

4        Mit der Verordnung Nr. 954/2006 führte der Rat einen Antidumpingzollsatz in Höhe von 25,1 % auf Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder nicht legiertem Stahl ein, die von der CJSC Nikopolsky Seamless Tubes Plant Niko Tube und von der OJSC Nizhnedneprovsky Tube Rolling Plant hergestellt wurden, zwei Gesellschaften ukrainischen Rechts, die zur Interpipe Nikopolsky Seamless Tubes Plant Niko Tube ZAT (Interpipe Niko Tube ZAT) bzw. zur Interpipe Nizhnedneprovsky Tube Rolling Plant VAT (Interpipe NTRP VAT) (im Folgenden gemeinsam: ehemalige Interpipe-Gesellschaften) wurden und in deren Rechte die Klägerinnen eingetreten sind. In dieser Verordnung stellte der Rat fest, dass die genannten Gesellschaften mit zwei Vertriebsgesellschaften „verbunden“ seien: der SPIG Interpipe mit Sitz in der Ukraine und der Sepco SA mit Sitz in der Schweiz.

5        Mit Klageschrift, die am 8. September 2006 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragten die ehemaligen Interpipe-Gesellschaften die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 954/2006, soweit sie sie betraf.

6        Mit Urteil vom 10. März 2009, Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP/Rat (T‑249/06, im Folgenden: erstes Interpipe-Urteil, EU:T:2009:62), stellte das Gericht einen offensichtlichen Beurteilungsfehler sowie einen Verstoß gegen die Verteidigungsrechte fest und erklärte Art. 1 der Verordnung Nr. 954/2006 für nichtig, soweit der Antidumpingzoll, der für die Ausfuhren der von Niko Tube und NTRP hergestellten Waren in die Europäische Gemeinschaft festgesetzt worden war, denjenigen überstieg, der anwendbar gewesen wäre, wenn bei Verkäufen über die schweizerische Gesellschaft Sepco keine Berichtigung des Ausfuhrpreises um eine Provision im Sinne von Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Verordnung Nr. 384/96 in der geänderten Fassung (jetzt Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung) vorgenommen worden wäre. Aus Rn. 178 dieses Urteils ergibt sich, dass der Rat und die Kommission die Preise zugrunde legen dürfen, die der Vertriebstochtergesellschaft vom ersten unabhängigen Käufer gezahlt wurden, ohne eine Berichtigung um eine Provision vorzunehmen, wenn festgestellt wird, dass ein Hersteller Aufgaben, die normalerweise einer internen Vertriebsabteilung obliegen, einer Vertriebsgesellschaft für seine Produkte überträgt, die er wirtschaftlich kontrolliert und mit der er eine wirtschaftliche Einheit bildet. Nach Ansicht des Gerichts konnte Sepco als interne Vertriebsabteilung der ehemaligen Interpipe-Gesellschaften angesehen werden, so dass die Organe keine Berichtigung der von ihr in Rechnung gestellten Preise hätten vornehmen dürfen. Das Gericht hat die Klage im Übrigen abgewiesen.

7        Mit Urteil vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP (C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78), hat der Gerichtshof die Rechtsmittel des Rates und der Kommission gegen das erste Interpipe-Urteil zurückgewiesen.

8        Der Rat ist dem ersten Interpipe-Urteil durch den Erlass der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2012 vom 21. Juni 2012 zur Änderung der Verordnung Nr. 954/2006 (ABl. 2012, L 165, S. 1) nachgekommen. Gemäß den Erwägungsgründen 11 bis 14 dieser Durchführungsverordnung wurde die Dumpingspanne für Verkäufe über die verbundene Gesellschaft Sepco nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Verordnung Nr. 1225/2009 (jetzt Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung), die inzwischen die Verordnung Nr. 384/96 in der geänderten Fassung ersetzt hatte, ohne Berichtigung des Ausfuhrpreises um Unterschiede bei den Provisionen neu berechnet. Der für die Klägerinnen geltende Antidumpingzollsatz wurde auf 17,7 % festgesetzt.

9        Die von der Verordnung Nr. 954/2006 in der durch die Durchführungsverordnung Nr. 540/2012 geänderten Fassung vorgesehenen Antidumpingmaßnahmen wurden für einen Zeitraum von weiteren fünf Jahren aufrechterhalten. Dies geschah in Anwendung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 585/2012 des Rates vom 26. Juni 2012 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Russland und der Ukraine im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1225/2009 und zur Einstellung des Verfahrens der Auslaufüberprüfung betreffend die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Kroatien (ABl. 2012, L 174, S. 5). Der Rat war der Auffassung, dass die Klägerinnen weiterhin mit den beiden verbundenen Händlern mit Sitz in der Ukraine und in der Schweiz (vgl. oben, Rn. 4), die nunmehr unter LLC Interpipe Ukraine (im Folgenden: IPU) und Interpipe Europe SA (im Folgenden: IPE) firmierten, zusammenarbeiteten. Der für die Klägerinnen geltende Antidumpingzollsatz blieb weiterhin auf 17,7 % festgesetzt.

10      Im Anschluss an eine von den Klägerinnen auf der Grundlage von Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1225/2009 (jetzt Art. 11 Abs. 3 der Grundverordnung) beantragte Interimsüberprüfung (im Folgenden: 2012 abgeschlossene Interimsüberprüfung) erließ der Rat die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 795/2012 vom 28. August 2012 zur Änderung der Durchführungsverordnung Nr. 585/2012 (ABl. 2012, L 238, S. 1), mit der der auf die Klägerinnen anwendbare Antidumpingzollsatz auf 13,8 % herabgesetzt wurde.

11      Am 4. Juli 2017 veröffentlichte die Kommission im Amtsblatt die Bekanntmachung der Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Russland und der Ukraine (ABl. 2017, C 214, S. 9). Die Überprüfung, auf die in dieser Bekanntmachung Bezug genommen wird (im Folgenden: 2018 abgeschlossene endgültige Überprüfung), beruhte auf Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung.

12      Am 7. Mai 2018 veröffentlichte die Kommission im Amtsblatt außerdem die Bekanntmachung der Einleitung einer teilweisen Interimsüberprüfung der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von bestimmten nahtlosen Rohren mit Ursprung in der Ukraine (ABl. 2018, C 159, S. 18). Die Überprüfung, auf die in dieser Bekanntmachung Bezug genommen wurde (im Folgenden: 2019 abgeschlossene Interimsüberprüfung) und die infolge eines auf Art. 11 Abs. 3 der Grundverordnung gestützten Antrags der Klägerinnen stattfand, beschränkte sich auf das ihnen vorgeworfene Dumping.

13      Am 13. Juli 2018 übermittelte die Kommission den Klägerinnen im Rahmen der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung nach Art. 20 der Grundverordnung ein Dokument zur allgemeinen Unterrichtung, mit dem sie ihnen mitteilte, dass sie für die Zwecke der Ermittlung ihrer Vertriebs‑, Verwaltungs- und Gemeinkosten (im Folgenden: VVG-Kosten), die für die Berechnung ihres Normalwerts nach Art. 2 Abs. 3 und 4 der Grundverordnung notwendig seien, beabsichtige, nicht nur die VVG-Kosten in Verbindung mit Verkäufen der betreffenden Ware zu berücksichtigen, die die Klägerinnen entweder direkt oder über IPU an unabhängige Abnehmer mit Sitz in der Ukraine tätigten, sondern auch die VVG-Kosten mit Ausnahme der Transportkosten, die in Verbindung mit den Verkäufen dieser Ware durch die Klägerinnen an IPU zum Weiterverkauf durch IPU an unabhängige Abnehmer mit Sitz in der Ukraine stünden.

14      Im Übrigen wies die Kommission darauf hin, dass die Klägerinnen ihre Waren mittlerweile nicht nur, wie zuvor, über IPE, sondern auch durch ein anderes verbundenes Unternehmen, die Interpipe Central Trade GmbH (im Folgenden: IPCT) mit Sitz in Deutschland, die als Einführer anzusehen sei, in die Union ausführten. Im Einklang mit dem ersten Interpipe-Urteil zog die Kommission nicht in Erwägung, die von den unabhängigen Abnehmern an IPE gezahlten Preise einer Berichtigung nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung zu unterziehen, während sie die Absicht bekundete, für die in der Union von IPCT verkauften Waren eine Berichtigung nach Art. 2 Abs. 9 dieser Verordnung vorzunehmen.

15      Am 30. Juli 2018 nahmen die Klägerinnen zum Dokument zur allgemeinen Unterrichtung vom 13. Juli 2018 Stellung und beanstandeten die Berechnungen der VVG-Kosten durch die Kommission. Sie machten insoweit geltend, die vorgesehene Methodik unterscheide sich unter Verstoß gegen Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung von der zuvor angewandten. Diese angeblich neue Methodik habe die VVG-Kosten und folglich auch die Dumpingspanne künstlich in die Höhe getrieben.

16      Im Anschluss an die 2018 abgeschlossene endgültige Überprüfung erließ die Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1469 vom 1. Oktober 2018 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Russland und der Ukraine im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung 2016/1036 (ABl. 2018, L 246, S. 20). Die fraglichen Antidumpingmaßnahmen wurden somit aufrechterhalten.

17      In den Erwägungsgründen 82 und 83 der Durchführungsverordnung 2018/1469 führte die Kommission aus, dass sie dem Vorbringen der Klägerinnen in Bezug auf die Berechnung der VVG-Kosten zwischen verbundenen Unternehmen nach Untersuchung aller Gesichtspunkte folge.

18      In den Erwägungsgründen 86 und 87 der Durchführungsverordnung 2018/1469 wies die Kommission darauf hin, dass im Fall von Ausfuhren der betroffenen Ware an unabhängige Abnehmer in der Union über IPE als Händler der Ausfuhrpreis nach Art. 2 Abs. 8 der Grundverordnung anhand der für die betreffende Ware bei Ausfuhrverkäufen in die Union tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preise ermittelt wurde. Wurde hingegen die betreffende Ware von den ausführenden Herstellern über IPTC als Einführer in die Union eingeführt, so wurde der Ausfuhrpreis nach Art. 2 Abs. 9 der Grundverordnung anhand der Preise ermittelt, zu denen die eingeführte Ware erstmals an unabhängige Abnehmer in der Union weiterverkauft wurde, wobei die in dieser Bestimmung vorgesehenen Berichtigungen vorgenommen wurden.

19      Der für die Klägerinnen geltende Antidumpingzollsatz wurde weiterhin auf 13,8 % festgesetzt.

20      Am 21. Mai 2019 übermittelte die Kommission den Klägerinnen im Rahmen der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung ein Dokument zur allgemeinen Unterrichtung (im Folgenden: Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019) nach Art. 20 der Grundverordnung. Mit diesem Dokument teilte ihnen die Kommission erstens mit, dass bei der Berechnung ihrer VVG-Kosten die durch ihre Verkäufe an IPU entstandenen Kosten hinzugerechnet worden seien. Zweitens führte die Kommission aus, dass IPE und IPCT ihrer Meinung nach als zwei Kanäle für die Ausfuhr der gleichen Waren in die Union fungierten. Gestützt auf diesen Umstand, auf die koordinierende Rolle von IPU zwischen den Klägerinnen einerseits und IPE und IPCT andererseits, auf die Besonderheiten der Verträge zwischen IPU und diesen beiden letztgenannten Unternehmen sowie auf das Fehlen einer Ausschließlichkeitsverpflichtung hinsichtlich der Wahl der Lieferanten der zu verkaufenden Waren in der Satzung von IPE zog die Kommission den Schluss, dass IPE nicht mehr als interne Vertriebsabteilung für Ausfuhren innerhalb der Gruppe angesehen werden könne, der die Klägerinnen angehörten (im Folgenden: Interpipe-Gruppe), und dass daher bei der Berechnung der Ausfuhrpreise eine Berichtigung der von unabhängigen Abnehmern in der Union an IPE gezahlten Preise nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung vorzunehmen sei.

21      In ihrer Stellungnahme vom 4. Juni 2019 zum Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 beanstandeten die Klägerinnen erstens die Berechnungen der VVG-Kosten durch die Kommission und machten geltend, die vorgesehene Methodik entspreche jener, die bereits im Rahmen der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung vorgeschlagen und letztlich verworfen worden sei. Zweitens stelle die Vornahme einer Berichtigung der von unabhängigen Abnehmern an IPE gezahlten Preise nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung einen Verstoß gegen die sich aus dem ersten Interpipe-Urteil ergebenden Grundsätze dar (vgl. oben, Rn. 6). Sie betonten, dass sich die tatsächlichen Umstände ungeachtet der Gründung von IPCT nicht geändert hätten.

22      Am 27. Juni 2019 übersandte die Kommission ein zusätzliches Dokument zur Unterrichtung an die Klägerinnen, wonach sie mehrere in ihrer Stellungnahme vom 4. Juni 2019 enthaltene Argumente akzeptiert habe, die nicht in Rn. 21 oben aufgeführt sind. Diese letztgenannten Argumente seien geprüft worden, würden aber in der Durchführungsverordnung behandelt, die spätestens am 6. August 2019 veröffentlicht werde. Der von der Kommission in diesem zusätzlichen Dokument zur Unterrichtung vorgesehene Antidumpingzollsatz betrug 8,1 %.

23      Am 1. August 2019 erließ die Kommission im Anschluss an die 2019 abgeschlossene Interimsüberprüfung die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1295 zur Änderung der Durchführungsverordnung 2018/1469 (ABl. 2019, L 204, S. 22) (im Folgenden: angefochtene Verordnung), in der der für die Klägerinnen geltende Antidumpingzollsatz auf 8,1 % festgesetzt wurde.

24      In den Erwägungsgründen 32, 33 und 39 bis 42 der angefochtenen Verordnung wies die Kommission die oben in Rn. 21 aufgeführten Argumente der Klägerinnen zurück. Sie führte aus, dass aufgrund des vertraulichen Charakters der Geschäftsinformationen in Bezug auf die Darstellung und Analyse dieser Argumente die Gründe für ihre Zurückweisung in einem gesonderten Schreiben ausführlich dargelegt würden, das sie am 2. August 2019 an die Klägerinnen richtete (im Folgenden: Schreiben vom 2. August 2019).

 Verfahren und Anträge der Parteien

25      Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 22. Oktober 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

26      Am 15. April 2020 ist das schriftliche Verfahren abgeschlossen worden.

27      Mit Schreiben, das am 26. April 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen gemäß Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

28      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Siebte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung hat das Gericht den Parteien Fragen zur schriftlichen Beantwortung vor der mündlichen Verhandlung gestellt und die Kommission zur Vorlage bestimmter Schriftstücke aufgefordert. Die Parteien sind diesen Maßnahmen fristgemäß nachgekommen.

29      Die Parteien haben in der Sitzung vom 17. Dezember 2020 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

30      Die Klägerinnen beantragen,

–        die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

31      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

32      Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf vier Klagegründe.

33      Der erste Klagegrund betrifft die Rechtswidrigkeit der Einbeziehung der VVG-Kosten im Zusammenhang mit den Verkäufen der Klägerinnen an IPU in die Berechnung des Normalwerts. Dadurch habe die Kommission Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 und Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung sowie Art. 2.2.2 Satz 1 des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (GATT) (ABl. 1994, L 336, S. 103, im Folgenden: Antidumping-Übereinkommen der WTO) in Anhang 1A des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) (ABl. 1994, L 336, S. 3) verletzt.

34      Mit dem zweiten Klagegrund wird ein offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Anwendung eines Betrags für die VVG-Kosten und den Gewinn eines auf Provisionsgrundlage tätigen Vertreters auf den Ausfuhrpreis geltend gemacht. Die Kommission habe vom Ausfuhrpreis der Klägerinnen nicht gemäß Art. 2 Abs. 10 Satz 1 bis 4 sowie Buchst. i der Grundverordnung einen Betrag für die VVG-Kosten und einen Gewinn von IPE abziehen dürfen.

35      Mit dem dritten Klagegrund wird eine Verletzung von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung geltend gemacht, da die Kommission den Normalwert und den Ausfuhrpreis der Klägerinnen durch Anwendung einer anderen Methodik als zuvor ermittelt habe.

36      Mit jedem dieser drei Klagegründe machen die Klägerinnen eine Verletzung von Art. 9 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung und von Art. 9.3 des Antidumping-Übereinkommens des WTO geltend, da der eingeführte Antidumpingzoll infolge der geltend gemachten Verstöße und des offensichtlichen Beurteilungsfehlers den Betrag des Dumpings übersteige.

37      Mit dem vierten Klagegrund wird eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend gemacht.

 Erster Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Berücksichtigung der im Zusammenhang mit Verkäufen der Klägerinnen an IPU entstandenen VVG-Kosten bei der Berechnung des Normalwerts

38      Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie bei der Berechnung des Normalwerts die im Zusammenhang mit ihren Verkäufen an IPU entstandenen VVG-Kosten berücksichtigt habe, gegen Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 und Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung, gegen ihre eigene Entscheidungspraxis sowie gegen Art. 2.2.2 Satz 1 des Antidumping-Übereinkommens der WTO in der Auslegung durch die Entscheidungen des Streitbeilegungsgremiums der WTO verstoßen. Darüber hinaus machen die Klägerinnen geltend, sie hätten die streitigen VVG-Kosten in Wirklichkeit nicht getragen.

39      Zunächst weisen die Klägerinnen darauf hin, dass ihre Verkäufe der betreffenden Ware auf dem nationalen ukrainischen Markt stets entweder in Form direkter Verkäufe durch sie selbst an unabhängige nationale Abnehmer (im Folgenden: Direktverkäufe) oder insofern indirekt erfolgt seien, als sie diese Ware an IPU verkauft hätten, die sie an unabhängige nationale Abnehmer weiterverkauft habe (im Folgenden: indirekte Verkäufe).

40      Mit dem vorliegenden Klagegrund machen die Klägerinnen zunächst geltend, die Kommission habe sich bei der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung, die zum Erlass der angefochtenen Verordnung geführt habe, bei den Berechnungen zur Ermittlung des Normalwerts in Bezug auf die VVG-Kosten nicht wie in der Vergangenheit nur auf ihre VVG-Kosten für Direktverkäufe der betreffenden Ware und auf die VVG-Kosten von IPU für die indirekten Verkäufe dieser Ware gestützt. Sie habe zu Unrecht die VVG-Kosten hinzugerechnet, die den Klägerinnen im Zusammenhang mit Verkäufen der betreffenden Ware an IPU entstanden seien (im Folgenden: streitige VVG-Kosten), die Letztere an unabhängige Abnehmer auf dem nationalen ukrainischen Markt weiterverkauft habe. Die Einbeziehung der streitigen VVG-Kosten, die in den Berechnungen der Kommission im Rahmen der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung nicht enthalten gewesen seien und die schließlich aus den Berechnungen der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung entfernt worden seien (vgl. oben, Rn. 11, 13 und 17), habe die Dumpingspanne künstlich in die Höhe getrieben.

41      Sodann weisen die Klägerinnen darauf hin, dass sich nach Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 der Grundverordnung „[d]er Normalwert … normalerweise auf die Preise [stützt], die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind“, und dass nach Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 3 dieser Verordnung die Preise zwischen zwei Parteien, zwischen denen eine geschäftliche Verbindung bestehe, grundsätzlich nicht als dem normalen Handelsverkehr zugehörig angesehen werden könnten. Im vorliegenden Fall habe die Kommission diesen Grundsatz zu Recht angewandt, jedoch daraus zu Unrecht nicht den Schluss gezogen, dass die VVG-Kosten für Verkäufe zwischen solchen Parteien auch nicht als im normalen Handelsverkehr getätigt angesehen werden könnten. Die Klägerinnen heben hervor, Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung sehe vor, dass die VVG-Kosten anhand der im normalen Handelsverkehr tatsächlich verzeichneten Zahlen zu berechnen seien. Der gleiche Grundsatz ergebe sich aus Art. 2.2.2 Satz 1 des Antidumping-Übereinkommens der WTO.

42      Schließlich machen die Klägerinnen geltend, die Hinzurechnung der streitigen VVG-Kosten habe den Normalwert und folglich die Dumpingspanne künstlich in die Höhe getrieben, wie anhand der beiden folgenden Umstände ersichtlich werde.

43      Erstens müssten nach Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 1 und 3 der Grundverordnung und der Praxis der Kommission die Verkäufe der betreffenden Ware auf dem Inlandsmarkt des ausführenden Landes an unabhängige Abnehmer im normalen Handelsverkehr erfolgen, um bei der Berechnung des Normalwerts berücksichtigt werden zu können. Um feststellen zu können, ob ein Verkauf im normalen Handelsverkehr getätigt werde (im Folgenden: NHV-Prüfung), seien gemäß Art. 2 Abs. 4 der Grundverordnung die Herstellungsstückkosten zuzüglich der VVG-Kosten mit dem tatsächlichen Verkaufspreis je Warentyp zu vergleichen. Die Klägerinnen fügen hinzu, die Grundverordnung, insbesondere ihr Art. 2 Abs. 4, enthalte keine Vorschrift, die die Einbeziehung aller Ausgaben, einschließlich jener für Verkäufe zwischen verbundenen Unternehmen, in die für die NHV-Prüfung herangezogenen VVG-Kosten verlange.

44      Bei Warentypen, bei denen mehr als 80 % der Verkäufe auf dem Inlandsmarkt des Ausführers insofern gewinnbringend seien, als sie zu über den Stückkosten liegenden Preisen verkauft worden seien (im Folgenden: gewinnbringende Verkäufe), und bei denen der gewogene durchschnittliche Verkaufspreis mindestens den gewogenen durchschnittlichen Stückkosten entspreche, werde der Normalwert auf der Grundlage aller Verkäufe ermittelt, unabhängig davon, ob diese Verkäufe gewinnbringend gewesen seien oder nicht.

45      Wenn hingegen die Menge der gewinnbringenden Verkäufe eines Warentyps auf diesem Markt 80 % oder weniger des gesamten Verkaufsvolumens dieses Warentyps ausmache oder wenn der gewogene Durchschnittspreis dieses Warentyps unter den Herstellstückkosten liege, würden dem Normalwert ausschließlich die gewinnbringenden Verkäufe zugrunde gelegt.

46      Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass sich die Frage, ob alle Verkäufe eines Warentyps (vgl. oben, Rn. 44) oder nur die gewinnbringenden Verkäufe dieses Warentyps (vgl. oben, Rn. 45) berücksichtigt würden, auf die Berechnung seines Normalwerts auswirke, wobei sich dieser im zweiten Fall erhöhe. Dadurch werde die Dumpingspanne ebenfalls erhöht.

47      Im vorliegenden Fall habe die Einbeziehung der streitigen VVG-Kosten in die Berechnung des Normalwerts zu einer Erhöhung der Gesamtkosten und damit zu einer Verringerung des Prozentsatzes der gewinnbringenden Verkäufe geführt. Somit hätten die gewinnbringenden Verkäufe bei einer größeren Zahl von auf dem ukrainischen Inlandsmarkt verkauften Warentypen die Schwelle von 80 % nicht erreicht, so dass nur die gewinnbringenden Verkäufe berücksichtigt worden seien und der Normalwert höher ausgefallen sei.

48      Zweitens geht nach Ansicht der Klägerinnen aus Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Grundverordnung hervor, dass bei Warentypen, die vom Hersteller nicht auf seinem Inlandsmarkt an unabhängige Abnehmer verkauft, sondern die in die Union ausgeführt würden, der Normalwert anhand der Herstellkosten zuzüglich eines angemessenen Betrags für die VVG-Kosten und für Gewinne errechnet werde. Dieser angemessene Betrag werde anhand der Verkäufe anderer Typen der betreffenden Ware im normalen Handelsverkehr errechnet. Die Einbeziehung der streitigen VVG-Kosten bewirke, dass auch der rechnerisch ermittelte Normalwert für nicht auf dem Inlandsmarkt verkaufte Warentypen steige.

49      Aus allen vorstehenden Argumenten leiten die Klägerinnen ab, dass die Kommission dadurch, dass sie die streitigen VVG-Kosten berücksichtigt habe, Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 und Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung verletzt habe.

50      Die Kommission bestreitet die Begründetheit des Vorbringens der Klägerinnen und auch seine Zulässigkeit, was den behaupteten Verstoß gegen ihre Entscheidungspraxis und Erkenntnisse aus den Entscheidungen des Streitbeilegungsgremiums der WTO anbelangt, da es insofern in einer Weise vorgetragen worden sei, die nicht im Einklang mit Nr. 115 der Praktischen Durchführungsbestimmungen der Verfahrensordnung stehe, als es den Überschriften der in der Klageschrift geltend gemachten Klagegründe nicht entspreche.

51      Zu dem letztgenannten Punkt ist anzumerken, dass die Nichtbeachtung der redaktionellen Empfehlungen in den Praktischen Durchführungsbestimmungen der Verfahrensordnung nur dann zur Unzulässigkeit der gesamten Klage oder eines Teils davon führen kann, wenn die Klage nicht Art. 76 Buchst. d dieser Verfahrensordnung entspricht. Wie unten dargelegt werden wird, erläutert die Klageschrift, worin der erste Klagegrund besteht, und die zu seiner Stützung vorgebrachten Rügen sind hinreichend klar und genau (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. März 2015, Belgien/Kommission, T‑538/11, EU:T:2015:188, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Die Unzulässigkeitseinreden der Kommission sind daher unbegründet.

53      Bevor der vorliegende Klagegrund in der Sache geprüft wird, ist auf die wichtigsten anwendbaren Vorschriften und die sie auslegende Rechtsprechung einzugehen.

54      Nach Art. 1 Abs. 2 der Grundverordnung gilt „[e]ine Ware … als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die Union niedriger ist als der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr“. Art. 2 Abs. 12 Satz 1 dieser Verordnung bestimmt, dass „[d]ie Dumpingspanne … dem Betrag [entspricht], um den der Normalwert den Ausfuhrpreis übersteigt“.

55      Daraus folgt, dass die Ermittlung des Normalwerts einer Ware einen der wesentlichen Schritte zur Ermittlung eines möglichen Dumpings darstellt (Urteil vom 1. Oktober 2014, Rat/Alumina, C‑393/13 P, EU:C:2014:2245, Rn. 20; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Februar 2016, C & J Clark International und Puma, C‑659/13 und C‑34/14, EU:C:2016:74, Rn. 105).

56      Die wichtigste Methodik zur Ermittlung des Normalwerts einer Ware wird in Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 der Grundverordnung dargelegt (Urteil vom 11. Juli 2017, Viraj Profiles/Rat, T‑67/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:481, Rn. 110), wonach sich „[d]er Normalwert … normalerweise auf die Preise [stützt], die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind“.

57      Wie der Gerichtshof festgestellt hat, ist bei der Ermittlung des Normalwerts sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck von Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 der Grundverordnung der im normalen Handelsverkehr tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen. Nach Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Grundverordnung kann von diesem Grundsatz nur abgewichen werden, wenn gleichartige Waren im „normalen Handelsverkehr“ nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft werden oder wenn diese Verkäufe keinen angemessenen Vergleich zulassen. Diese Ausnahmen von der Methode, wonach die Ermittlung des Normalwerts anhand der tatsächlichen Preise erfolgt, sind erschöpfend (vgl. Urteil vom 1. Oktober 2014, Rat/Alumina, C‑393/13 P, EU:C:2014:2245, Rn. 20 und 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Der Gerichtshof hat auch klargestellt, dass der Zweck des Begriffs des normalen Handelsverkehrs darin besteht, sicherzustellen, dass der Normalwert einer Ware so weit wie möglich dem normalen Preis der gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt des Ausführers entspricht. Wird ein Verkauf zu Bedingungen getätigt, die nicht denen bei Verkäufen der gleichartigen Ware auf diesem Markt zu dem für die Feststellung, ob ein Dumping vorliegt, maßgeblichen Zeitpunkt entsprechen, bildet er keine geeignete Grundlage für die Bestimmung des Normalwerts der gleichartigen Ware auf dem genannten Markt (Urteil vom 1. Oktober 2014, Rat/Alumina, C‑393/13 P, EU:C:2014:2245, Rn. 28).

59      In der Grundverordnung wird der Begriff „normaler Handelsverkehr“ nicht definiert. Diese Verordnung sieht jedoch in ihrem Art. 2 ausdrücklich zwei Arten von Verkäufen vor, die unter bestimmten Bedingungen nicht zu diesem Verkehr gehören. Als Erstes bestimmt Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 3 der Grundverordnung, dass die Preise zwischen Parteien, zwischen denen eine geschäftliche Verbindung oder eine Ausgleichsvereinbarung besteht, nur dann als im normalen Handelsverkehr in Rechnung gestellt angesehen und für die Ermittlung des Normalwerts herangezogen werden können, wenn ausnahmsweise festgestellt wird, dass sie durch diese Geschäftsbeziehung nicht beeinflusst werden (vgl. Urteil vom 1. Oktober 2014, Rat/Alumina, C‑393/13 P, EU:C:2014:2245, Rn. 22 und 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). Als Zweites können nach Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 1 dieser Verordnung die Verkäufe der gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlandes oder Exportverkäufe an ein Drittland zu Preisen, die unter den Herstellstückkosten liegen, nur dann als nicht im normalen Handelsverkehr getätigt angesehen werden, wenn festgestellt wird, dass diese Verkäufe während eines längeren Zeitraums in erheblichen Mengen und zu Preisen getätigt werden, die während eines angemessenen Zeitraums nicht die Deckung aller Kosten ermöglichen (Urteil vom 1. Oktober 2014, Rat/Alumina, C‑393/13 P, EU:C:2014:2245, Rn. 24). Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 3 dieser Verordnung stellt klar, dass der „längere Zeitraum“ normalerweise ein Jahr umfasst und in keinem Fall kürzer sein darf als sechs Monate und dass Verkäufe unter Stückkosten als in erheblichen Mengen während eines solchen Zeitraums getätigt angesehen werden, wenn festgestellt wird, dass der gewogene durchschnittliche Verkaufspreis niedriger ist als die gewogenen durchschnittlichen Stückkosten oder dass die Verkäufe unter Stückkosten mindestens 20 v. H. der zur Bestimmung des Normalwerts berücksichtigten Verkäufe ausmachen.

60      Nach Ansicht des Gerichtshofs betrifft der Begriff des normalen Handelsverkehrs den Charakter der fraglichen Verkäufe für sich betrachtet (vgl. Urteil vom 1. Oktober 2014, Rat/Alumina, C‑393/13 P, EU:C:2014:2245, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den Vorschriften der angefochtenen Verordnung über den Normalwert

61      Wie aus den Erwägungsgründen 25 bis 31 der angefochtenen Verordnung hervorgeht, ermittelte die Kommission den Normalwert im vorliegenden Fall wie folgt.

62      Erstens prüfte sie nach Art. 2 Abs. 2 der Grundverordnung zum einen, ob die Gesamtmenge der von den Klägerinnen im Inland, nämlich in der Ukraine, getätigten Verkäufe der gleichartigen Ware an unabhängige Abnehmer gemessen an der Gesamtmenge der Ausfuhrverkäufe des jeweiligen Herstellers in die Union insofern repräsentativ war, als die Gesamtmenge der betreffenden Verkäufe mindestens 5 % der Gesamtmenge der Ausfuhrverkäufe der überprüften Ware in die EU ausmachte. Sie gelangte zu dem Schluss, dass dies der Fall sei (25. Erwägungsgrund).

63      Zum anderen prüfte die Kommission, ob die von den Klägerinnen getätigten Inlandsverkäufe jedes Warentyps, der mit dem zur Ausfuhr in die Union verkauften Warentyp identisch oder vergleichbar war, repräsentativ waren, d. h. ob die Gesamtmenge der Inlandsverkäufe je Warentyp mindestens 5 % der Gesamtmenge der in die Union getätigten Ausfuhrverkäufe des identischen oder vergleichbaren Warentyps entsprach. Sie stellte fest, dass die Inlandsverkäufe je Warentyp im Untersuchungszeitraum weitgehend repräsentativ waren (26. Erwägungsgrund).

64      Zweitens führte die Kommission bei den in der Ukraine in repräsentativen Mengen verkauften Waren (im Folgenden: in der Ukraine verkaufte Warentypen) die NHV-Prüfung durch (vgl. oben, Rn. 43). Hierfür wurde der Anteil der gewinnbringenden Verkäufe an unabhängige Abnehmer auf dem Inlandsmarkt im Untersuchungszeitraum ermittelt (27. Erwägungsgrund).

65      Bei Warentypen, bei denen mehr als 80 % der in der Ukraine auf dem Inlandsmarkt abgesetzten Menge über den Kosten verkauft wurden und bei denen der gewogene durchschnittliche Verkaufspreis mindestens den Herstellstückkosten entsprach, wurde der Normalwert je Warentyp als gewogener Durchschnitt der tatsächlichen Preise aller Inlandsverkäufe dieses Warentyps ermittelt, unabhängig davon, ob diese Verkäufe gewinnbringend waren oder nicht (28. Erwägungsgrund).

66      Wenn die Menge der gewinnbringenden Verkäufe eines Warentyps 80 % oder weniger des gesamten Verkaufsvolumens dieses Typs ausmachte oder wenn der gewogene Durchschnittspreis des betreffenden Warentyps unter den Herstellstückkosten lag, wurde dem Normalwert der tatsächliche Inlandspreis zugrunde gelegt, der als gewogener Durchschnittspreis ausschließlich der gewinnbringenden Inlandsverkäufe dieses Warentyps im Untersuchungszeitraum der Überprüfung ermittelt wurde (29. Erwägungsgrund).

67      Die Analyse der Inlandsverkäufe ergab, dass 35 bis 55 % aller Inlandsverkäufe der in der Ukraine verkauften Warentypen gewinnbringend waren und dass der gewogene durchschnittliche Verkaufspreis über den Herstellkosten lag. Dementsprechend wurde der Normalwert als gewogener Durchschnitt ausschließlich der gewinnbringenden Verkäufe ermittelt (30. Erwägungsgrund).

68      Drittens berechnete die Kommission für Warentypen, deren Verkäufe in der Ukraine weniger als 5 % der Ausfuhrverkäufe in die EU darstellten oder die auf dem ukrainischen Inlandsmarkt überhaupt nicht verkauft wurden (im Folgenden: nicht in der Ukraine verkaufte Warentypen), den Normalwert gemäß Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung auf der Grundlage der Herstellkosten je Warentyp zuzüglich eines Betrags für VVG-Kosten sowie eines Betrags für Gewinne (31. Erwägungsgrund).

 Zum Anwendungsbereich von Art. 2 Abs. 3, 4 und 6 der Grundverordnung

69      Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe bei der Berechnung des Normalwerts zu Unrecht die streitigen VVG-Kosten berücksichtigt und den Normalwert sowohl bei der Durchführung der NHV-Prüfung für die in der Ukraine verkauften Warentypen als auch bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung für die nicht in der Ukraine verkauften Waren in die Höhe getrieben (vgl. oben, Rn. 43 bis 48).

70      Um über diese Rügen entscheiden zu können, ist zu klären, ob die Kommission die streitigen VVG-Kosten zu Recht in die Berechnungen des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 3 und 4 der Grundverordnung einbezogen hat.

71      Wie oben in den Rn. 57 bis 60 festgestellt, besteht der Grundgedanke bei der Ermittlung des Normalwerts darin, dass dieser auf Faktoren gestützt werden muss, die mit dem normalen Handelsverkehr in Zusammenhang stehen.

72      Aus Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 3 der Grundverordnung geht hervor, dass die Verkaufspreise zwischen geschäftlich verbundenen Parteien nur ausnahmsweise für die Ermittlung des Normalwerts herangezogen werden können (vgl. oben, Rn. 59).

73      Die Kommission macht geltend, dieser Ausschluss betreffe eine andere Frage als diejenige, ob im vorliegenden Fall die auf Verkäufe zwischen geschäftlich verbundenen Parteien wie den Klägerinnen und IPU entfallenden VVG-Kosten bei der Ermittlung des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 3 und 4 der Grundverordnung berücksichtigt werden könnten.

74      Es ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Herstellkosten, worunter die Summe der Kosten für die Herstellung der betreffenden Ware und der VVG-Kosten zu verstehen sind, von der Kommission zum einen im Rahmen der in Art. 2 Abs. 4 der Grundverordnung vorgesehenen NHV-Prüfung berücksichtigt werden, um zu prüfen, ob die Inlandsverkäufe gewinnbringend sind und somit als im normalen Handelsverkehr getätigt angesehen werden können, und zum anderen im Rahmen der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung, wenn die Inlandsverkäufe nicht berücksichtigt werden konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2017, Viraj Profiles/Rat, T‑67/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:481, Rn. 163). Aus der Rechtsprechung ergibt sich auch, dass die relevanten Kosten in beiden Fällen die gleichen sein müssen, um es zu vermeiden, dass die ausführenden Hersteller ohne jeden Grund unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, ob sie bestimmte Warentypen auch in ihrem eigenen Land oder nur im Ausland verkaufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 1988, Brother Industries/Rat, 250/85, EU:C:1988:464, Rn. 19).

75      Daraus folgt, dass die Kommission im vorliegenden Fall sowohl bei der NHV-Prüfung der in der Ukraine verkauften Warentypen als auch bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts der nicht in der Ukraine verkauften Warentypen die gleichen VVG-Kosten verwenden musste. Diese Feststellung, die im Einklang mit der oben in Rn. 74 angeführten Rechtsprechung steht, wurde im Übrigen von den Parteien in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

76      In der Grundverordnung wird in Art. 2 Abs. 6 Satz 1 dargelegt, wie die VVG-Kosten zu beurteilen sind. Demnach werden „[d]ie Beträge für Vertriebs‑, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne … anhand der Zahlen festgesetzt, die der Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr tatsächlich verzeichnet“.

77      In ihren Schriftsätzen macht die Kommission geltend, Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung gelte nur für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung, während er für die NHV-Prüfung nach Art. 2 Abs. 4 dieser Verordnung nicht relevant sei.

78      Es ist jedoch festzustellen, dass Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung nicht danach unterscheidet, ob der betreffende Normalwert nach Art. 2 Abs. 3 oder einer anderen Vorschrift dieser Verordnung ermittelt wird. Er beschränkt die Anwendung der darin festgelegten Regelung nicht auf Situationen, die von bestimmten spezifischen Vorschriften dieser Verordnung erfasst werden. Folglich steht Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung einer allgemeinen Geltung der darin vorgesehenen Verpflichtung nicht entgegen, sich jedes Mal, wenn in diesem Artikel auf VVG-Kosten Bezug genommen wird, auf im normalen Handelsverkehr erhobene Daten zu stützen. Da es im Übrigen, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat (vgl. oben, Rn. 75), feststeht, dass die für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung herangezogenen VVG-Kosten die gleichen sind wie jene, die für die Zwecke der NHV-Prüfung nach Art. 2 Abs. 4 dieser Verordnung verwendet werden, müssen diese Kosten mit Art. 2 Abs. 6 Satz 1 dieser Verordnung in Einklang stehen und daher anhand der Zahlen festgesetzt werden, die im normalen Handelsverkehr verzeichnet werden.

79      Es ist zu prüfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall diese Zahlen bei der Durchführung der NHV-Prüfung verwendet hat.

80      Zu diesem Zweck ist darauf hinzuweisen, dass die durch die Interpipe-Gruppe in der Ukraine verkauften Warentypen sowohl in Form von Direktverkäufen als auch indirekt über IPU veräußert wurden (vgl. oben, Rn. 39). Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung nimmt nicht speziell auf Transaktionen wie indirekte Verkäufe Bezug, die in zwei Phasen ablaufen, deren erste innerhalb der von dieser Gruppe gebildeten wirtschaftlichen Einheit stattfindet.

81      Zur Rechtfertigung dessen, dass bei der Berechnung des Normalwerts die VVG-Kosten zu berücksichtigen seien, die im Rahmen der Verkäufe der Klägerinnen an IPU – eine unstreitig mit den Klägerinnen verbundene Gesellschaft – entstanden sind, macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass bei der Berechnung des Normalwerts der an den ersten unabhängigen Abnehmer verkauften Ware sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Verkauf der Ware berücksichtigt würden, unabhängig davon, ob diese Kosten vom Hersteller oder von dem verbundenen Unternehmen innerhalb der Gruppe getragen würden.

82      Insoweit ist auf den Sinn des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit im Unionsrecht und seine Auswirkungen auf die Berechnung des Normalwerts einzugehen, wenn es sich um Transaktionen wie die indirekten Verkäufe des vorliegenden Falles handelt.

 Zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit und zu seinen Auswirkungen

83      Der Begriff „wirtschaftliche Einheit“ ist für die Zwecke der Ermittlung des Normalwerts im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Grundverordnung und der entsprechenden, dieser vorangehenden Vorschriften entwickelt worden. Der genannte Begriff beruht auf dem Erfordernis, die wirtschaftliche Realität der Beziehungen innerhalb einer Unternehmensgruppe zu berücksichtigen (Urteile vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78, Rn. 55, und vom 17. März 2015, RFA International/Kommission, T‑466/12, EU:T:2015:151, Rn. 108 und 110).

84      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann nämlich der Umstand, dass Produktions- und Verkaufstätigkeiten innerhalb eines aus rechtlich selbständigen Gesellschaften bestehenden Konzerns aufgeteilt sind, nichts daran ändern, dass diese Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden, die auf diese Weise eine Gesamtheit von Tätigkeiten organisiert, die in anderen Fällen von einem auch rechtlich eine Einheit darstellenden Gebilde ausgeübt werden (vgl. Urteil vom 13. Oktober 1993, Matsushita Electric Industrial/Rat, C‑104/90, EU:C:1993:837, Rn. 9 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85      Was die Preise betrifft, die im Fall eines Verkaufs zu berücksichtigen sind, an dem mehrere Unternehmen derselben Gruppe beteiligt sind, bevor die betreffende Ware von einem Dritten gekauft wird, so ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass dann, wenn ein Hersteller für seine Produkte eine Vertriebsgesellschaft, die er wirtschaftlich kontrolliert, mit Aufgaben betraut, die normalerweise in die Zuständigkeit einer betriebsinternen Vertriebsabteilung fallen, die Heranziehung der vom ersten unabhängigen Käufer des Erzeugnisses an diese Vertriebsgesellschaft gezahlten Preise für die Bestimmung ihres Normalwerts gerechtfertigt ist, da sie als diejenigen Preise angesehen werden können, die beim ersten im Rahmen eines normalen Handelsverkehrs erfolgten Verkauf des Erzeugnisses im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 der Grundverordnung angewendet werden (Urteil vom 17. März 2015, RFA International/Kommission, T‑466/12, EU:T:2015:151, Rn. 108; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 5. Oktober 1988, Brother Industries/Rat, 250/85, EU:C:1988:464, Rn. 15, und vom 10. März 1992, Canon/Rat, C‑171/87, EU:C:1992:106, Rn. 9 und 11). Daraus folgt, dass die für den Erlass von Antidumpingzöllen zuständigen Unionsorgane die Preise zugrunde legen dürfen, die den verbundenen Vertriebsgesellschaften vom ersten unabhängigen Käufer gezahlt wurden (Urteil vom 10. März 1992, Matsushita Electric/Rat, C‑175/87, EU:C:1992:109, Rn. 16; vgl. auch in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 1988, TEC u. a./Rat, 260/85 und 106/86, EU:C:1988:465, Rn. 30, und vom 5. Oktober 1988, Silver Seiko u. a./Rat, 273/85 und 107/86, EU:C:1988:466, Rn. 14).

86      Bei dieser Schlussfolgerung, die sich auf die Preise bezieht, hat sich der Gerichtshof zu den Kosten geäußert und festgestellt, dass alle beim Verkauf der in Rede stehenden Waren auf dem Inlandsmarkt entstehenden Kosten der vom Hersteller kontrollierten Vertriebsgesellschaften – und ebenso die des Herstellers –, die offensichtlich im Verkaufspreis enthalten wären, wenn der Verkauf durch eine interne Vertriebsabteilung des Herstellers abgewickelt würde, in den Normalwert einzubeziehen sind (Urteil vom 10. März 1992, Matsushita Electric/Rat, C‑175/87, EU:C:1992:109, Rn. 15).

87      Allgemeiner ausgedrückt müssen nach Auffassung des Gerichtshofs bei indirekten Verkäufen wie den im vorliegenden Fall in Rede stehenden alle Kosten, die notwendigerweise in dem vom ersten unabhängigen Abnehmer gezahlten Preis enthalten sind, stets berücksichtigt werden, um zu vermeiden, dass es bei der Berechnung des Normalwerts zu einer Diskriminierung kommt, je nachdem ob ein Verkauf durch eine Vertriebsabteilung innerhalb der Organisation des Herstellers oder durch eine rechtlich von ihm verschiedene, wenn auch wirtschaftlich vom Hersteller kontrollierte Gesellschaft erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 1988, TEC u. a./Rat, 260/85 und 106/86, EU:C:1988:465, Rn. 29, und vom 10. März 1992, Canon/Rat, C‑171/87, EU:C:1992:106, Rn. 13).

88      In Anwendung der genannten Grundsätze ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall ein indirekter Verkauf nicht in seine zwei Bestandteile zerlegt werden kann, um die zweite Komponente – zwischen IPU und einem unabhängigen Abnehmer – als normales Handelsgeschäft einzustufen, während die erste – zwischen einer der Klägerinnen und IPU – bei der Berechnung des Normalwerts deshalb nicht berücksichtigt wird, weil sie keine solche Transaktion darstelle. Daraus folgt, dass für die Zwecke dieser Bewertung der indirekte Verkauf von der Kommission als Ganzes zu berücksichtigen ist.

89      Daher sind sowohl nach Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 3 der Grundverordnung als auch nach der oben in Rn. 85 angeführten Rechtsprechung hinsichtlich der indirekten Verkäufe die einzigen für die Berechnung des Normalwerts relevanten Preise jene, die von den unabhängigen Abnehmern gezahlt werden. Die Parteien sind sich im Übrigen über diese Frage einig.

90      Was die VVG-Kosten betrifft, so beanstanden die Klägerinnen gemäß den Grundsätzen, die sich aus den obigen Rn. 86 und 87 und der daraus folgenden, oben in Rn. 88 dargelegten Schlussfolgerung ergeben, zu Unrecht die Entscheidung der Kommission, sich auf alle Kosten, einschließlich der streitigen VVG-Kosten, zu stützen, die innerhalb der Interpipe-Gruppe in den beiden Phasen entstanden sind, aus denen die indirekten Verkäufe bestehen.

91      Es ist hinzuzufügen, dass die Kumulierung der in den beiden Phasen eines indirekten Verkaufs entstehenden VVG-Kosten und die Berücksichtigung allein des in der zweiten Etappe in Rechnung gestellten Preises für die Zwecke der NHV-Prüfung den geltenden Vorschriften der Grundverordnung und der oben genannten Rechtsprechung entspricht und die wirtschaftliche Realität widerspiegelt. Denn im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass sich die von IPU den unabhängigen Abnehmern für die von ihr von den Klägerinnen gekauften Waren in Rechnung gestellten Preise aus den folgenden Faktoren ergeben: Erstens enthalten diese von IPU in Rechnung gestellten Preise die Preise, die IPU selbst im Vorfeld an die Klägerinnen gezahlt hat, wobei davon auszugehen ist, dass diese Preise die Herstellungskosten der Waren, die den Klägerinnen anlässlich des Verkaufs dieser Waren an IPU entstandenen VVG-Kosten sowie gegebenenfalls einen Gewinn der Klägerinnen widerspiegeln. Zweitens beinhalten sie die VVG-Kosten, die IPU beim Verkauf dieser Waren an unabhängige Abnehmer entstanden sind, zuzüglich eines etwaigen Gewinns. Um festzustellen, ob ein indirekter Verkauf gewinnbringend ist, muss die Kommission prüfen, ob es IPU möglich ist, mit dem in Rechnung gestellten Preis denjenigen Preis, den sie an die Klägerinnen gezahlt hat, und ihre VVG-Kosten wiederzuerlangen. Da der von IPU an die Klägerinnen gezahlte Preis, wie bereits ausgeführt, u. a deren VVG-Kosten beinhaltet, muss die Kommission diese Kosten berücksichtigen. Dagegen kann nicht vermutet werden, und die Klägerinnen behaupten das auch nicht, dass die der IPU im Rahmen des Verkaufs an unabhängige Abnehmer entstandenen VVG-Kosten diejenigen VVG-Kosten beinhalten, die die Klägerinnen während der ersten Phase des indirekten Verkaufs zwischen ihnen und IPU getragen haben. Wenn die Kommission die streitigen VVG-Kosten nicht in ihre Berechnungen einbezogen hätte, wären diese daher im Rahmen der indirekten Verkäufe nicht berücksichtigt worden, so dass der Normalwert nach einer Methodik ermittelt worden wäre, die nicht die wirtschaftliche Realität widergespiegelt hätte.

92      Nach alledem kann Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung nicht dahin ausgelegt werden, dass er es der Kommission verwehrt, sich im Rahmen der NHV-Prüfung und der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts nach Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung auf VVG-Kosten zu stützen, die die im vorliegenden Fall streitigen beinhalten.

93      Folglich ist die Rüge der Klägerinnen zurückzuweisen, wonach die Kommission den Normalwert dadurch künstlich in die Höhe getrieben habe, dass sie bei seiner Berechnung die streitigen VVG-Kosten berücksichtigt habe. Somit sind die übrigen zur Stützung des ersten Klagegrundes vorgetragenen Rügen zu prüfen, die die Entscheidungen des Streitbeilegungsgremiums der WTO, den theoretischen Charakter der streitigen VVG-Kosten und den Verstoß gegen die Praxis der Kommission betreffen.

 Zu den Rügen betreffend die Entscheidungen des Streitbeilegungsgremiums der WTO

94      Die Klägerinnen machen geltend, das Berufungsgremium der WTO, dessen Berichte vom Streitbeilegungsgremium der WTO angenommen würden, habe bei der Auslegung von Art. 2.2.2 Satz 1 des Antidumping-Übereinkommens der WTO, das Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung entspreche, ausgeführt, dass die Festsetzung anhand der Zahlen zu erfolgen habe, die bei der Produktion und dem Verkauf im normalen Handelsverkehr tatsächlich verzeichnet würden, und dass die Verkäufe, die nicht im normalen Handelsverkehr getätigt würden, bei der Berechnung der Beträge für VVG-Kosten und Gewinn auszuschließen seien.

95      Es ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die WTO-Übereinkünfte wegen ihrer Natur und ihrer Systematik grundsätzlich nicht zu den Normen gehören, an denen der Unionsrichter die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Unionsorgane nach Art. 263 Abs. 1 AEUV misst. Wenn jedoch die Union eine bestimmte im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung erfüllen wollte oder wenn die Unionshandlung ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweist, hat der Unionsrichter die Rechtmäßigkeit der fraglichen Unionshandlung an den WTO-Regeln zu messen (vgl. Urteil vom 17. März 2015, RFA International/Kommission, T‑466/12, EU:T:2015:151, Rn. 134 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. November 2018, Baby Dan, C‑592/17, EU:C:2018:913, Rn. 66 und 67).

96      Gemäß dem dritten Erwägungsgrund der Grundverordnung sollten zur Sicherung einer angemessenen und transparenten Anwendung des Antidumping-Übereinkommens der WTO dessen Formulierungen so gut wie möglich in das Unionsrecht übertragen werden.

97      Die Vorschriften von Art. 2.2.2 Satz 1 des Antidumping-Übereinkommens der WTO stimmen im Wesentlichen mit jenen von Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung überein. Gleiches gilt für die Vorschriften der Art. 2.2 und 2.2.1 dieses Übereinkommens und jene von Art. 2 Abs. 3 und 4 der genannten Verordnung.

98      Daraus folgt, dass die Bestimmungen der Grundverordnung, soweit sie den Bestimmungen des Antidumping-Übereinkommens der WTO entsprechen, nach Möglichkeit im Licht der entsprechenden Bestimmungen dieses Übereinkommens in ihrer Auslegung durch das Streitbeilegungsgremium der WTO auszulegen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Dezember 2013, Transnational Company „Kazchrome“ und ENRC Marketing/Rat, C‑10/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:865, Rn. 54, vom 18. Oktober 2018, Rotho Blaas, C‑207/17, EU:C:2018:840, Rn. 46 bis 48, und vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission, T‑301/16, EU:T:2019:234, Rn. 134).

99      Das Berufungsgremium der WTO hat Art. 2.2.2 des Antidumping-Übereinkommens der WTO in seinem Bericht über die Streitsache „Europäische Gemeinschaften – Antidumpingmaßnahmen betreffend Einfuhren von Bettwäsche aus Baumwolle mit Ursprung in Indien“, der vom Streitbeilegungsgremium der WTO am 12. März 2001 angenommen wurde (WT/DS 141/AB/R, Rn. 82), wie folgt ausgelegt:

„[I]m ersten Satz der Einleitung von Art. 2.2.2 geht es um ‚Zahlen …, die … bei der Produktion und dem Verkauf … im normalen Handelsverkehr tatsächlich verzeichnet [werden]‘. Somit haben die Verfasser des Antidumping-Übereinkommens [der WTO] klargestellt, dass die Verkäufe, die nicht im normalen Handelsverkehr getätigt werden, bei der Berechnung der Beträge für [VVG-]Kosten und Gewinne nach der in der Einleitung von Art. 2.2.2 vorgesehenen Methodik auszuschließen sind.“

100    Ähnliche Erwägungen sind im Bericht des Berufungsgremiums der WTO über den Streitfall „China – Einführung von Antidumpingzöllen auf Nahtlosrohre aus Hochleistungsedelstahl (‚HP-SSST‘) aus der Europäischen Union“, der vom Streitbeilegungsgremium der WTO am 28. Oktober 2015 angenommen wurde (WT/DS 460/AB/R, Rn. 5.27), sowie im Bericht des WTO-Panels über den Streitfall „Vereinigte Staaten – Antidumpingmaßnahmen gegenüber bestimmten Ölfeldrohren aus Korea“, der vom Streitbeilegungsgremium der WTO am 18. Januar 2018 angenommen wurde (WT/DS 488/R, Rn. 7.45), enthalten.

101    Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass die Berücksichtigung der streitigen VVG-Kosten durch die Kommission nicht mit dem Grundsatz kollidiert, der sich aus den Entscheidungen des Streitbeilegungsgremiums der WTO ergibt, wonach die Verkäufe, die nicht unter den normalen Handelsverkehr fallen, bei der Berechnung der VVG-Kosten ausgeschlossen sind. Wie oben in Rn. 88 festgestellt, ist ein indirekter Verkauf in seiner Gesamtheit nämlich grundsätzlich als normales Handelsgeschäft zu betrachten. Die oben genannten Entscheidungen des Streitbeilegungsgremiums der WTO betreffen keine Situationen wie die indirekten Verkäufe, die im vorliegenden Fall in Rede stehen.

102    Da sich das Streitbeilegungsgremium der WTO zu einer Situation wie der sich aus den indirekten Verkäufen ergebenden nicht speziell geäußert hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission durch die Berücksichtigung der streitigen VVG-Kosten Art. 2 Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung im Licht von Art. 2.2.2 des Antidumping-Übereinkommens der WTO verletzt hat.

 Zum theoretischen Charakter der streitigen VVG-Kosten

103    Die Klägerinnen machen geltend, sie hätten in Wirklichkeit die streitigen VVG-Kosten nicht getragen. Sie erklären, sie stellten den Grundsatz nicht in Frage, wonach bei Verkäufen zwischen verbundenen Parteien bestimmte Kosten entstünden, machen jedoch geltend, die VVG-Kosten, die sie in ihrer Beantwortung des Fragebogens der Kommission genannt hätten, seien nicht repräsentativ für die tatsächlichen Ausgaben für diese Transaktionen, und diese VVG-Kosten hätten daher ausgeschlossen werden müssen. Die von den Klägerinnen in der Spalte des Fragebogens über die Kosten für „verbundene Käufer“ angegebenen Beträge seien theoretisch und nur eingefügt worden, um dem von der Kommission erstellten Format des Fragebogens zu entsprechen.

104    Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung „[d]ie Kosten … normalerweise anhand der Aufzeichnungen der Partei berechnet [werden], sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des betreffenden Landes entsprechen und nachgewiesen wird, dass diese Aufzeichnungen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln“.

105    Zudem ergibt sich aus Art. 6 Abs. 2 der Grundverordnung, dass die Dienststellen der Kommission einen Fragebogen erstellen und den interessierten Parteien zusenden, um die für die Antidumpinguntersuchung erforderlichen Auskünfte einzuholen, und die genannten Parteien diesen Dienststellen die Informationen zu erteilen haben, die es ihr ermöglichen, die Antidumpinguntersuchung durchzuführen (Urteil vom 14. Dezember 2017, EBMA/Giant [China], C‑61/16 P, EU:C:2017:968, Rn. 50 und 51).

106    Die Antworten der Parteien auf den in Art. 6 Abs. 2 der Grundverordnung vorgesehenen Fragebogen sowie die in Art. 16 der Grundverordnung vorgesehene spätere Kontrolle, die die Kommission an Ort und Stelle vornehmen kann, sind für den Ablauf des Antidumpingverfahrens wesentlich (vgl. Urteil vom 30. April 2015, VTZ u. a./Rat, T‑432/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:248, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Außerdem ergibt sich aus Art. 18 Abs. 3 und 6 der Grundverordnung, dass die Auskünfte, die die interessierten Parteien der Kommission zu erteilen haben, von den Unionsorganen verwendet werden müssen, um in der Antidumpinguntersuchung Feststellungen zu treffen, und dass diese Parteien keine maßgeblichen Informationen vorenthalten dürfen. Die Erforderlichkeit einer bestimmten Information ist im Einzelfall zu beurteilen (Urteil vom 14. Dezember 2017, EBMA/Giant [China], C‑61/16 P, EU:C:2017:968, Rn. 52).

108    Zudem ist es Sache der Kommission als ermittelnder Behörde, festzustellen, ob ein Dumping vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Oktober 1999, Acme/Rat, T‑48/96, EU:T:1999:251, Rn. 40, und vom 30. April 2015, VTZ u. a./Rat, T‑432/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:248, Rn. 29).

109    Die Kontrolle der gesammelten Informationen soll es der Kommission ermöglichen, ihre Aufgabe zu erfüllen und sich von der Richtigkeit der Auskünfte zu überzeugen, die das überprüfte Unternehmen geliefert hat, das nach besten Kräften und erschöpfend auf die Fragen der Kommission antworten muss und es nicht unterlassen darf, alle zweckdienlichen Hinweise und Erklärungen zu liefern, damit die Kommission die Gegenkontrollen vornehmen kann, die erforderlich sind, um die Richtigkeit der gemachten Angaben zu überprüfen und zu annähernd zutreffenden Schlussfolgerungen zu gelangen (Urteil vom 3. Dezember 2019, Yieh United Steel/Kommission, T‑607/15, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:831, Rn. 78).

110    Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen in Beantwortung des ihnen von der Kommission übermittelten Fragebogens die Angaben zu den streitigen VVG-Kosten geliefert. Sie haben zwar den Grundsatz in Frage gestellt, wonach diese Kosten zu berücksichtigen seien, und sich dabei auf eine Änderung der Methodik der Kommission im Vergleich zu früheren von ihr durchgeführten Überprüfungen berufen, jedoch keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Angaben geäußert, die sie diesem Organ übermittelt hatten.

111    Vor dem Gericht machen die Klägerinnen geltend, als sie den Fragebogen der Kommission zur Bewertung der streitigen VVG-Kosten ausgefüllt hätten, hätten sie auf den Gesamtbetrag ihrer VVG-Kosten einen Koeffizienten angewandt, der dem Anteil des durch ihre Verkäufe an IPU erzielten Umsatzes an dem mit allen ihren Verkäufen erzielten Gesamtumsatz entspreche. Da gemäß Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 3 der Grundverordnung die Preise ihrer Waren beim Verkauf an IPU nicht für die Ermittlung des Normalwerts hätten herangezogen werden dürfen, sei der durch diese Verkäufe erzielte Umsatz auch für die Ermittlung der VVG-Kosten irrelevant. Die nach dieser Methodik berechneten VVG-Kosten seien theoretisch und hätten bei der Berechnung des Normalwerts ausgeschlossen werden müssen.

112    Die Klägerinnen räumen indessen ein, dass bei Verkäufen zwischen verbundenen Unternehmen bestimmte VVG-Kosten anfallen. Es ist festzustellen, dass sie dieses Eingeständnis nicht mit dem Vorschlag einer anderen Methodik als derjenigen ergänzen, die sich aus dem Fragebogen ergibt, der von der Kommission zur Schätzung der streitigen VVG-Kosten verwendet wurde; diese Kosten habe die Kommission berücksichtigen müssen, wie sich aus der obigen Rn. 90 ergibt.

113    Hinsichtlich der Rüge, wonach die streitigen VVG-Kosten durch die Anwendung der sich aus dem Fragebogen der Kommission ergebenden Methodik anhand eines Koeffizienten geschätzt worden seien, der auf der Grundlage eines Umsatzes berechnet worden sei, der auf der Grundlage von Preisen zwischen verbundenen Unternehmen wie den Klägerinnen und IPU ermittelt worden sei, ist festzustellen, dass Art. 2 Abs. 1 der Grundverordnung, auf den sich die Klägerinnen berufen (vgl. oben, Rn. 111), keinen Verweis auf VVG-Kosten enthält. Zwar schließt diese Vorschrift in ihrem Unterabs. 3 aus, dass Preise zwischen verbundenen Unternehmen als Preise angesehen werden können, die bei der Berechnung des Normalwerts zu berücksichtigen sind, der sich gemäß Unterabs. 1 dieses Absatzes „normalerweise auf die Preise [stützt], die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind“. Die Klägerinnen haben jedoch nicht dargetan, dass der für die Preise zwischen verbundenen Unternehmen vorgesehene Ausschluss den Ausschluss der VVG-Kosten nach sich zieht, die bei Verkäufen zwischen solchen Unternehmen entstehen.

114    Somit können die Rügen der Klägerinnen den sich aus den obigen Rn. 83 bis 91 ergebenden Grundsatz nicht entkräften, wonach die Kommission verpflichtet ist, den Normalwert unter Berücksichtigung aller Kosten zu berechnen, die bei Verkäufen von in der Ukraine verkauften Warentypen, einschließlich aller Kosten im Zusammenhang mit indirekten Verkäufen, entstehen. Daher sind diese Rügen zurückzuweisen.

 Zum Verstoß gegen die Praxis der Kommission

115    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe durch die Berücksichtigung der streitigen VVG-Kosten bei der Ermittlung des Normalwerts gegen ihre eigene Praxis verstoßen.

116    Es ist aber darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit einer Verordnung zur Einführung von Antidumpingmaßnahmen anhand der Rechtsvorschriften und insbesondere der Vorschriften der Grundverordnung zu beurteilen ist und nicht auf der Grundlage der angeblichen früheren Entscheidungspraxis der Kommission und des Rates (Urteil vom 18. Oktober 2016, Crown Equipment [Suzhou] und Crown Gabelstapler/Rat, T‑351/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:616, Rn. 107; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Oktober 2006, Moser Baer India/Rat, T‑300/03, EU:T:2006:289, Rn. 45).

117    Da im vorliegenden Fall festgestellt worden ist, dass die Einbeziehung der streitigen VVG-Kosten in die Berechnungen des Normalwerts im Einklang mit der Grundverordnung stand, ist die vorliegende Rüge als ins Leere gehend zurückzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die Organe beim Erlass der von den Klägerinnen angeführten Verordnungen eine andere Methode angewandt haben als im vorliegenden Fall.

118    Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission dadurch, dass sie die streitigen VVG-Kosten bei der Ermittlung des Normalwerts berücksichtigt hat, nicht gegen Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1, Abs. 4 Unterabs. 1 sowie Abs. 6 Satz 1 der Grundverordnung verstoßen und ebenso wenig Art. 2.2.2 Satz 1 des Antidumping-Übereinkommens der WTO verkannt hat.

119    Daher ist der erste Klagegrund, wie er oben in Rn. 33 aufgeführt ist, zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Anwendung eines den VVG-Kosten und dem Gewinn eines auf Provisionsgrundlage tätigen Vertreters entsprechenden Betrags auf den Ausfuhrpreis

120    Die Klägerinnen rügen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission bei der Auslegung von Art. 2 Abs. 10 Satz 1 bis 4 und Buchst. i der Grundverordnung.

121    Sie machen geltend, die Kommission habe bei der Berechnung des Ausfuhrpreises für die Zwecke des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Verordnung geführt habe, zu Unrecht gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung die Preise, die von IPE für die Verkäufe der betreffenden Ware an die ersten unabhängigen Abnehmer in der Union in Rechnung gestellt worden seien, nach unten berichtigt (in Folgenden: angefochtene Berichtigung). Die angefochtene Berichtigung habe zu einer funktionalen Asymmetrie zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis der Klägerinnen geführt, was die Vergleichbarkeit der Preise unter Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Satz 1 bis 4 dieser Verordnung beeinträchtigt habe. Die Kommission hätte sich, anstatt diese Berichtigung vorzunehmen, auf diese Preise stützen müssen, wie sie dies bei früheren Überprüfungen, den Erkenntnissen aus dem vom Gerichtshof bestätigten ersten Interpipe-Urteil entsprechend, getan habe. Die von der Kommission im Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019, in der angefochtenen Verordnung und im Schreiben vom 2. August 2019 hervorgehobenen Umstände rechtfertigten die streitige Berichtigung nicht.

122    Erstens behauptet die Kommission nach Ansicht der Klägerinnen zu Unrecht, dass sie mit der Gründung von IPCT (vgl. oben, Rn. 14) neben IPE künftig über Parallelkanäle verfügten, die eine Ausfuhr der gleichen Güter in die Union ermöglichten. Die Kommission habe daraus den falschen Schluss gezogen, dass IPE fortan als Vertreter und nicht wie bisher als interne Vertriebsabteilung der von den Klägerinnen und IPU gebildeten wirtschaftlichen Einheit einzustufen sei. Die Kommission liefere keine Erklärung, die den Automatismus des angeblichen Zusammenhangs zwischen dem Vorhandensein von IPCT als verbundener Einführer mit Sitz in der Union und der Änderung der Einstufung von IPE belege. Letztere funktioniere ungeachtet der Gründung von IPCT weiter wie bisher und bleibe der Hauptausfuhrkanal der Klägerinnen für ihre Verkäufe der von den Antidumpingmaßnahmen betroffenen Ware in die Union. IPCT sei gegründet worden, um vor allem in Deutschland den Verkauf von Eisenbahnrädern zu erleichtern, die nicht unter die Definition der fraglichen Ware fielen. Zudem ließen weder die Grundverordnung noch die Rechtsprechung die Schlussfolgerung zu, dass das Vorhandensein eines „parallelen“ Verkaufskanals den Status eines verbundenen Händlers als interne Vertriebsabteilung untergraben könne. Das entscheidende Kriterium, um einen solchen Status auszuschließen, sei die Frage, ob dieser Händler seinen Umsatz vor allem durch den Verkauf von Waren aus nicht verbundenen Unternehmen erziele. Die betreffende Ware werde in ihrer Gesamtheit von den Klägerinnen an IPE geliefert, und diese verkaufe die Ware in der Union. Die Richtigkeit dieser Feststellung werde durch die von der Kommission hervorgehobene Tatsache nicht in Frage gestellt, wonach die Satzung von IPE keine Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Klägerinnen enthalte, die IPE förmlich daran hindere, sich von anderen Herstellern beliefern zu lassen.

123    Im Übrigen sei IPCT im Jahr 2014 gegründet worden und habe die Kommission bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung Kenntnis vom Bestehen dieser Gesellschaft gehabt; sie sei jedoch nicht der Ansicht gewesen, dass diese Änderung der tatsächlichen Umstände einen hinreichenden Grund darstelle, um den Status von IPE als interne Vertriebsabteilung zu überdenken.

124    Während sie einräumen, dass IPU die von der Kommission beschriebenen Koordinierungsfunktionen ausübe (vgl. oben, Rn. 20), bestreiten die Klägerinnen zweitens die Schlussfolgerung der Kommission, dass diese Funktionen damit unvereinbar seien, dass IPE zu derselben wirtschaftlichen Einheit wie die Klägerinnen und IPU gehöre und dass IPE daher als auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter anzusehen sei. Sie nehmen insoweit auf das erste Interpipe-Urteil Bezug.

125    Drittens machen die Klägerinnen geltend, die zwischen IPU einerseits und IPE oder IPCT andererseits abgeschlossenen Verträge (im Folgenden: in Rede stehende Verträge) enthielten zwar Klauseln, bei denen es um Beanstandungen der Nichtübereinstimmung der Waren mit den vertraglichen Anforderungen und Spezifikationen und um die Haftung der Parteien für die Bewertung der Qualität, für Transportschäden und für technische Anpassungen an die Bedürfnisse der Endabnehmer gehe, sowie eine Schiedsklausel; dieser Umstand erlaube jedoch nicht den Schluss, dass IPE keine interne Vertriebsabteilung sei. Solche Klauseln, die eingefügt worden seien, um den Anforderungen des ukrainischen Rechts Genüge zu tun, das für diese Verträge gelte, änderten die wirtschaftliche Realität der Lage von IPE nicht, die eine interne Vertriebsabteilung und kein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter sei.

126    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

127    Vor der Prüfung dieses Vorbringens ist auf die einschlägigen Vorschriften und die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze sowie darauf einzugehen, wie zuvor eine Berichtigung nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung und ihrer Vorgängerverordnungen auf die Interpipe-Gruppe vorgenommen wurde.

128    Nach Art. 2 Abs. 10 Satz 1 der Grundverordnung wird „[z]wischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert … ein gerechter Vergleich durchgeführt“. Art. 2 Abs. 10 Satz 3 dieser Verordnung bestimmt, dass dann, wenn „die Vergleichbarkeit der ermittelten Normalwerte und Ausfuhrpreise nicht gegeben [ist], … auf Antrag … jedes Mal gebührende Berichtigungen für Unterschiede bei Faktoren vorgenommen [werden], die nachweislich die Preise und damit die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen“.

129    Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung sieht vor, dass zu den „Faktoren[, für die] Berichtigungen vorgenommen werden [können]“, die „Provisionen“ gehören. In dieser Vorschrift heißt es insbesondere, dass „[e]ine Berichtigung … für Unterschiede bei den Provisionen, die für die betreffenden Verkäufe gezahlt werden, [vorgenommen wird]“. Weiter heißt es dort: „Als ‚Provision‘ gilt auch der Aufschlag, den ein Unternehmen, das mit der Ware oder der gleichartigen Ware handelt, erhält, sofern dieser Händler ähnliche Funktionen ausübt wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter.“

130    Aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass eine Berichtigung nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung nicht vorgenommen werden darf, wenn der in einem Drittstaat ansässige Hersteller und sein verbundener Händler, der mit den Ausfuhren in die Union beauftragt ist, eine wirtschaftliche Einheit bilden (Urteil vom 26. Oktober 2016, PT Musim Mas/Rat, C‑468/15 P, EU:C:2016:803, Rn. 39).

131    Nach der Rechtsprechung ist der Begriff der wirtschaftlichen Einheit, der für die Zwecke der Ermittlung des Normalwerts entwickelt worden ist, wie aus den obigen Rn. 83 und 84 hervorgeht, auch bei der Ermittlung des Ausfuhrpreises anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78, Rn. 55 und 56, und vom 17. März 2015, RFA International/Kommission, T‑466/12, EU:T:2015:151, Rn. 108 und 109).

132    Gemäß den Grundsätzen, die in der oben in Rn. 84 angeführten Rechtsprechung aufgestellt worden sind, ist darauf hinzuweisen, dass es die Feststellung des Bestehens einer wirtschaftlichen Einheit ermöglicht, zu verhindern, dass Kosten, die offensichtlich im Verkaufspreis eines Erzeugnisses enthalten sind, wenn der Verkauf durch eine Vertriebsabteilung innerhalb der Organisation des Herstellers erfolgt, nicht mehr als in diesem Preis enthalten angesehen werden, wenn die gleiche Verkaufstätigkeit von einer zwar rechtlich selbständigen, jedoch wirtschaftlich vom Hersteller kontrollierten Gesellschaft ausgeübt wird (Urteil vom 26. Oktober 2016, PT Musim Mas/Rat, C‑468/15 P, EU:C:2016:803, Rn. 41).

133    Daraus folgt, dass bei einem Händler, der mit einem in einem Drittstaat ansässigen Hersteller eine wirtschaftliche Einheit bildet, nicht davon ausgegangen werden kann, dass er im Sinne von Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung ähnliche Funktionen ausübt wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2016, PT Musim Mas/Rat, C‑468/15 P, EU:C:2016:803, Rn. 42).

134    Im Rahmen der Prüfung, ob zwischen einem Hersteller und seinem verbundenen Händler eine wirtschaftliche Einheit besteht, ist es entscheidend, die wirtschaftliche Realität der Beziehungen zwischen diesem Hersteller und diesem Händler zu betrachten. Angesichts des Erfordernisses einer Feststellung, die die wirtschaftliche Realität der Beziehungen zwischen dem Hersteller und dem Händler widerspiegelt, haben die Unionsorgane sämtliche relevanten Faktoren zu berücksichtigen, anhand deren bestimmt werden kann, ob dieser Händler Funktionen einer internen Vertriebsabteilung dieses Herstellers ausübt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2016, PT Musim Mas/Rat, C‑468/15 P, EU:C:2016:803, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

135    Die Beweislast für die in Art. 2 Abs. 10 Buchst. a bis k der Grundverordnung aufgeführten spezifischen Berichtigungen trägt nach der Rechtsprechung die Partei, die sich darauf beruft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2016, PT Musim Mas/Rat, C‑468/15 P, EU:C:2016:803, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

136    Sind somit die Unionsorgane der Auffassung, dass der Ausfuhrpreis nach unten zu berichtigen sei, weil eine mit dem Hersteller verbundene Vertriebsgesellschaft ähnliche Funktionen wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter ausübe, obliegt es diesen Organen, zumindest übereinstimmende Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung zu liefern (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2016, PT Musim Mas/Rat, C‑468/15 P, EU:C:2016:803, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

137    Haben die Unionsorgane übereinstimmende Anhaltspunkte dafür geliefert, dass ein mit einem Hersteller verbundener Händler ähnliche Funktionen wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter ausübt, obliegt es folglich diesem Händler oder diesem Hersteller, den Nachweis zu erbringen, dass eine Berichtigung nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung nicht gerechtfertigt ist (Urteil vom 26. Oktober 2016, PT Musim Mas/Rat, C‑468/15 P, EU:C:2016:803, Rn. 85).

 Zur bisherigen Vornahme von Berichtigungen nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung und ihrer Vorgängerverordnungen für die Interpipe-Gruppe

–       Zu der für die Interpipe-Gruppe vorgenommenen Berichtigung in der Verordnung Nr. 954/2006 und zu den Maßnahmen aufgrund der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Berichtigung im ersten Interpipe-Urteil

138    Wie oben in den Rn. 4 und 6 ausgeführt, wurde in der Verordnung Nr. 954/2006 bei der Berechnung des auf die ehemaligen Interpipe-Gesellschaften – denen die Klägerinnen nachfolgten – anwendbaren Antidumpingzolls auch eine der streitigen Berichtigung ähnliche Berichtigung der Preise der schweizerischen Gesellschaft Sepco – die später zu IPE wurde – vorgenommen. Im ersten Interpipe-Urteil hat das Gericht diese Verordnung gerade wegen der Rechtswidrigkeit dieser Berichtigung teilweise für nichtig erklärt.

139    In diesem Urteil hat das Gericht zunächst darauf hingewiesen, dass die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass Sepco ähnliche Funktionen wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter ausübe, auf drei Gesichtspunkte gestützt habe. Erstens hätten die ehemaligen Interpipe-Gesellschaften die betroffene Ware direkt in der Union verkauft. Zweitens habe SPIG Interpipe, die verbundene Vertriebsgesellschaft in der Ukraine, die später zu IPU wurde, als Verkaufsagent für die Verkäufe der ehemaligen Interpipe-Gesellschaften an Sepco gehandelt. Drittens seien die Verbindungen zwischen Sepco und diesen Gesellschaften nicht hinreichend und erlaubten nicht die Annahme, dass Sepco von ihnen kontrolliert werde oder dass Sepco und die ehemaligen Interpipe-Gesellschaften gemeinsam kontrolliert würden (erstes Interpipe-Urteil, Rn. 182).

140    Hinsichtlich des ersten Gesichtspunktes hat das Gericht festgestellt, dass die Direktverkäufe der Klägerinnen in die Union in einer Übergangsphase in die neuen Mitgliedstaaten erfolgt seien. Darüber hinaus habe der Umfang der Direktverkäufe etwa 8 % des Gesamtvolumens der Verkäufe dieser Gesellschaften in die Union ausgemacht und sei somit eine Randerscheinung gewesen. Folglich hätten diese Gesellschaften nur Vertriebsaufgaben übernommen, die ergänzend zu den von Sepco wahrgenommenen hinzugetreten seien, und zwar nur für einen Übergangszeitraum (erstes Interpipe-Urteil, Rn. 185).

141    Hinsichtlich des zweiten Gesichtspunktes hat das Gericht hervorgehoben, dass der Rat nicht erklärt habe, warum die Tatsache, dass SPIG Interpipe eine Provision für die Verkäufe der ehemaligen Interpipe-Gesellschaften an Sepco erhalten habe, beweisen sollte, dass Sepco ähnliche Aufgaben wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter ausgeübt habe, oder der Anerkennung ihrer Stellung als interne Vertriebsabteilung dieser Gesellschaften entgegenstehen sollte (erstes Interpipe-Urteil, Rn. 186).

142    Hinsichtlich des dritten Gesichtspunktes hat das Gericht ausgeführt, dass sich aus den Akten nicht ergebe, dass zwischen Sepco und einer der ehemaligen Interpipe-Gesellschaften keine ausreichenden Verbindungen bestünden (erstes Interpipe-Urteil, Rn. 187).

143    Daraus hat das Gericht den Schluss gezogen, dass der Rat bei der Anwendung von Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Verordnung Nr. 384/96 in der geänderten Fassung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, soweit er den Ausfuhrpreis berichtigt habe, der von Sepco im Rahmen von Geschäften mit von einer der ehemaligen Interpipe-Gesellschaften hergestellten Waren angewandt worden sei (erstes Interpipe-Urteil, Rn. 190). In Anbetracht einer Verletzung der Verteidigungsrechte ist diese Berichtigung auch insoweit als rechtswidrig erachtet worden, als sie auf Geschäfte mit Waren angewandt worden war, die von der anderen der ehemaligen Interpipe-Gesellschaften hergestellt worden waren (erstes Interpipe-Urteil, Rn. 209 bis 211).

144    In den Erwägungsgründen 12 und 13 der Durchführungsverordnung Nr. 540/2012, die vom Rat nach Art. 266 AEUV in Durchführung des vom Gerichtshof bestätigten ersten Interpipe-Urteils erlassen wurde, wies der Rat zum einen darauf hin, dass das Gericht festgestellt habe, dass die Organe der Union beim Vergleich des Normalwerts mit dem Ausfuhrpreis im speziellen Fall der Interpipe-Gruppe keine Berichtigung um Provisionen hätten vornehmen dürfen, und wies zum anderen darauf hin, dass die Dumpingspanne neu berechnet worden sei, und zwar ohne Berichtigung des Ausfuhrpreises um Unterschiede bei den Provisionen.

145    Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ist der Rat in der Durchführungsverordnung Nr. 540/2012 nicht auf die Frage eingegangen, ob andere als die vom Gericht im ersten Interpipe-Urteil geprüften Faktoren die Anwendung der in diesem Urteil für rechtswidrig erklärten Berichtigung rechtfertigen könnten.

146    Eine solche Prüfung ergibt sich auch nicht aus der Durchführungsverordnung Nr. 585/2012, mit der der Rat die in Rede stehenden Antidumpingmaßnahmen aufrechterhalten hat (vgl. oben, Rn. 9). Aus den Erwägungsgründen 7, 38 und 57 dieser Durchführungsverordnung ergibt sich, dass im Nachgang zu den Entscheidungen der Unionsgerichte keine Berichtigung der Ausfuhrpreise der Interpipe-Gruppe vorgenommen werden sollte. Gleiches gilt für die Durchführungsverordnung Nr. 795/2012, die im Anschluss an die 2012 abgeschlossene Interimsüberprüfung erlassen wurde, wie aus ihren Erwägungsgründen 2, 27 und 28 hervorgeht.

147    In der Verordnung 2018/1469, die im Anschluss an die 2018 abgeschlossene endgültige Überprüfung erlassen wurde, beschrieb die Kommission in den Erwägungsgründen 4 und 5 sämtliche Antidumpingmaßnahmen, die die Interpipe-Gruppe betrafen. Im 86. Erwägungsgrund führte sie aus, dass im Fall von Ausfuhren der betroffenen Ware an unabhängige Abnehmer in der Union über IPE der Ausfuhrpreis nach Art. 2 Abs. 8 der Grundverordnung anhand der für die betroffene Ware bei Ausfuhrverkäufen in die Union tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preise ermittelt werde. Im 87. Erwägungsgrund fügte die Kommission hinzu, dass dann, wenn die betroffene Ware von den ausführenden Herstellern über IPCT in die Union eingeführt werde, der Ausfuhrpreis nach Art. 2 Abs. 9 der Grundverordnung anhand der Preise ermittelt werde, zu denen die eingeführte Ware erstmals an unabhängige Abnehmer in der Union weiterverkauft werde.

148    Daher hat die Kommission aus den sich aus dem ersten Interpipe-Urteil ergebenden Gründen in der Durchführungsverordnung 2018/1469 die in Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung vorgesehene Berichtigung weiterhin nicht auf die Ausfuhrpreise der von IPE verkauften Waren angewandt.

–       Zur Vornahme der streitigen Berichtigung

149    Im Rahmen der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung kam die Kommission hingegen nach genauerer Prüfung der Frage der Beziehungen zwischen den Klägerinnen und IPE zu dem Schluss, dass die streitige Berichtigung vorzunehmen sei.

150    Aus den Erwägungsgründen 39 bis 42 der angefochtenen Verordnung geht hervor, dass die Interpipe-Gruppe nach Ansicht der Kommission im Untersuchungszeitraum der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung die betreffende Ware über zwei unterschiedliche Vertriebskanäle in die Union ausgeführt habe – zum einen über IPE, denselben verbundenen Händler in der Schweiz, über den sie zum Zeitpunkt der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung ihre Waren ausgeführt habe, zum anderen über IPCT. Der letztgenannte Vertriebskanal bestand bei dieser Interimsüberprüfung noch nicht. Folglich und auf der Grundlage weiterer Angaben, die in Anbetracht ihrer Vertraulichkeit in dieser Verordnung nicht dargelegt wurden, aber den Klägerinnen im Schreiben vom 2. August 2019 mitgeteilt wurden, war die Kommission der Auffassung, dass die streitige Berichtigung vorzunehmen sei.

151    Aus dem Schreiben vom 2. August 2019 geht hervor, dass die streitige Berichtigung nach Ansicht der Kommission aufgrund der folgenden vier Gesichtspunkte gerechtfertigt war.

152    Erstens wies die Kommission darauf hin, dass IPE und IPCT die gleichen Waren verkauften und ihren Kunden mit Sitz in der Union die gleichen Dienstleistungen anböten. Somit sei IPE, die an den Verkäufen von IPCT nicht beteiligt sei, nicht das einzige Unternehmen, das mit dem Vertrieb der von den Klägerinnen hergestellten Waren in der Union betraut sei. IPCT sei nicht nur mit einem erheblichen Teil der Verkäufe der Interpipe-Gruppe in der Union betraut, sondern verkaufe die betreffende Ware auch in mehrere Mitgliedstaaten und sogar an bestimmte Käufer, mit denen IPE zusammenarbeite.

153    Zweitens war IPU nach Ansicht der Kommission insofern eine Schnittstelle zwischen IPE und IPCT einerseits und den Klägerinnen andererseits, als sie die über IPE und IPCT eingegangenen Bestellungen gesammelt und je nach ihren Kapazitäten und Produktionsprogrammen der einen oder der anderen der Klägerinnen zugewiesen habe.

154    Drittens stellte die Kommission fest, dass die in Rede stehenden Verträge (vgl. oben, Rn. 125) genaue Verfahren für den Umgang mit Beanstandungen wegen nicht den vertraglichen Spezifikationen entsprechenden Waren festlegten. Diese Verträge regelten auch die ausschließlichen Zuständigkeiten des Verkäufers und des Käufers in Bezug auf Qualitätsbewertung, Transportschäden und technische Anpassungen an die Bedürfnisse der Endkunden und enthielten einen detaillierten Abschnitt über die Schiedsgerichtsbarkeit für alle Streitigkeiten, die sich aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen IPU als Verkäufer und IPE oder IPCT als Käufer ergäben. Die Kommission fügte hinzu, dass IPU in den meisten Fällen als Kommissionär für die Klägerinnen tätig gewesen sei und dass die Verträge zwischen IPU einerseits und IPE oder IPCT andererseits ausdrücklich den Gefahrübergang von IPU auf eine der beiden letztgenannten Gesellschaften erwähnten.

155    Viertens betonte die Kommission, dass die Satzung von IPE keine Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Klägerinnen enthalte, so dass es ihr freistehe, sich von anderen Herstellern beliefern zu lassen.

 Zur Infragestellung der Gesichtspunkte, auf denen die streitige Berichtigung beruht, durch die Klägerinnen

156    Den meisten von den Klägerinnen zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes vorgetragenen Rügen ist der Vorwurf gemeinsam, die Kommission sei bei der Anwendung der streitigen Berichtigung auf sie von den Schlussfolgerungen abgewichen, zu denen die Organe hinsichtlich der Rolle von Sepco, nunmehr IPE, gelangt seien, seit sie das erste Interpipe-Urteil durchgeführt hätten.

157    Für die Beurteilung des vorliegenden Klagegrundes ist jedoch nur zu klären, ob die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die Auffassung vertrat, dass die vier oben in den Rn. 152 bis 155 wiedergegebenen Gesichtspunkte die Anwendung der streitigen Berichtigung erlaubten. Die übrigen Rügen der Klägerinnen überschneiden sich nämlich mit den zur Stützung des zweiten Teils des dritten Klagegrundes vorgebrachten, mit dem eine Verletzung von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung gerügt wird, da die Kommission die Methodik geändert habe, ohne dass die in dieser Vorschrift dafür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Diese Rügen werden daher bei der Prüfung dieses Teils behandelt werden.

158    Es ist festzustellen, dass, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung einer Frage des Gerichts ausgeführt hat, ohne dass ihr die Klägerinnen widersprochen hätten, keiner der vier oben in den Rn. 152 bis 155 aufgeführten Gesichtspunkte eine Verbindung zu den drei Gesichtspunkten aufweist, die das Gericht im ersten Interpipe-Urteil geprüft hat und in Bezug auf die es das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers festgestellt hatte (vgl. oben, Rn. 139 bis 143). Folglich wirkt sich die Tatsache, dass die genannten drei Gesichtspunkte in diesem Urteil nicht als ausreichend erachtet wurden, um eine der streitigen Berichtigung ähnliche Berichtigung zu rechtfertigen, nicht auf die Rechtmäßigkeit der streitigen Berichtigung aus, da die Kommission diese vier gesonderten Gesichtspunkte zur Stützung ihrer Entscheidung anführt.

159    Was das Fehlen einer Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Klägerinnen (vgl. oben, Rn. 155) in der Satzung von IPE anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Anteil der Waren nicht verbundener Hersteller an den Verkäufen des Händlers ein wichtiger Faktor ist, um zu bestimmen, ob dieser Händler mit dem verbundenen Hersteller eine wirtschaftliche Einheit bildet. Wenn somit der Händler einen großen Teil seines Umsatzes durch den Verkauf von aus nicht verbundenen Unternehmen stammenden Waren erzielt, könnte dieser Umstand ein Hinweis darauf sein, dass die Funktionen dieses Händlers nicht die einer internen Vertriebsabteilung sind (Urteil vom 25. Juni 2015, PT Musim Mas/Rat, T‑26/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:437, Rn. 53).

160    Im vorliegenden Fall wenden sich die Klägerinnen gegen das Vorbringen der Kommission, dass in der Satzung von IPE keine Ausschließlichkeitsklausel zu ihren Gunsten enthalten sei. Sie machen geltend, ohne dass ihnen die Kommission in diesem Punkt widerspricht, dass IPE in Wirklichkeit immer nur die von ihnen hergestellte betreffende Ware verkauft habe.

161    Da sich die Organe der Union auf die wirtschaftliche Realität der Beziehungen zwischen den betreffenden Unternehmen stützen müssen (vgl. oben, Rn. 83 und 134), ist das Fehlen einer solchen Ausschließlichkeitsklausel daher kein Gesichtspunkt, der die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Berichtigung wirksam stützen kann.

162    Was den Inhalt der in Rede stehenden Verträge anbelangt (vgl. oben, Rn. 125 und 154), so ist vorab darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung das Bestehen schriftlicher Verträge zwischen Unternehmen ein relevanter Gesichtspunkt für die Feststellung ist, ob sie eine wirtschaftliche Einheit bilden. Denn das Vorliegen solcher Verträge deutet darauf hin, dass die Beziehung zwischen den betreffenden Unternehmen auf der Grundlage normaler Geschäftsbedingungen organisiert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 2015, PT Musim Mas/Rat, T‑26/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:437, Rn. 60).

163    Im vorliegenden Fall stellt der Inhalt der in Rede stehenden Verträge, wie er von der Kommission im Schreiben vom 2. August 2019 beschrieben wird und sich aus den von ihr als Reaktion auf eine prozessleitende Maßnahme vorgelegten Dokumenten ergibt (vgl. oben, Rn. 28), einen Beweis zur Stützung ihrer Entscheidung dar, die streitige Berichtigung vorzunehmen. Das Vorliegen einer Schiedsklausel zur Regelung vertraglicher Streitigkeiten, die sich zwischen zwei vertragsschließenden Unternehmen ergeben könnten, und der Umstand, dass es zwischen diesen Unternehmen an Zusammenhalt fehlt, setzen nämlich nicht nur voraus, dass zwei verschiedene juristische Personen bestehen, sondern auch zwei wirtschaftliche Einheiten mit unterschiedlichen Interessen; dies ist mit dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit und der Einstufung einer dieser Gesellschaften als interne Vertriebsabteilung offenbar nicht vereinbar (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 25. Juni 2015, PT Musim Mas/Rat, T‑26/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:437, Rn. 62 und 63).

164    Hinsichtlich dessen, dass IPE und IPCT gegenüber Kunden mit Sitz in der Union identische Tätigkeiten entfalten (vgl. oben, Rn. 152), ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen keinen Beweis vorlegen, der die Feststellungen der Kommission über die Rolle von IPCT in Frage stellen könnte, die nach ihren Angaben die betreffende Ware in der Union zum Teil an die gleichen Käufer, die auch von IPE beliefert werden, verkauft. Die Klägerinnen haben sich nämlich darauf beschränkt, zu bekräftigen, dass IPCT gegründet worden sei, um den Verkauf von Eisenbahnrädern zu erleichtern, die nicht unter die Definition der betreffenden Ware fielen, und zwar vor allem in Deutschland. Überdies haben die Klägerinnen in ihrer Stellungnahme zum Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 eingeräumt, dass IPCT „in bestimmten Mitgliedstaaten begrenzte Mengen der betreffenden Ware [verkauft]“.

165    Die Kommission vertritt indessen zu Recht die Auffassung, dass eine wirtschaftliche Einheit grundsätzlich über eine interne Vertriebsabteilung verfügt, so dass die – selbst teilweise – Identität der Verkaufsaufgaben innerhalb der Union, die von IPE und IPCT wahrgenommen werden, ein Beweismittel ist, durch das ausgeschlossen werden kann, dass IPE eine solche Abteilung darstellt.

166    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Rolle von IPU als Schnittstelle (vgl. oben, Rn. 153) die Feststellung der Kommission untermauert, wonach die IPCT zufallende Rolle der Einstufung von IPE als interne Vertriebsabteilung entgegenstehe. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung einer Frage des Gerichts dargelegt hat, erlaubt es die Tatsache, dass IPU Bestellungen sowohl von IPE als auch von IPCT bearbeitet, nicht, jegliche Möglichkeit eines Wettbewerbs zwischen diesen beiden letztgenannten Gesellschaften beim Verkauf der gleichen Waren auf dem Unionsmarkt auszuschließen. Die Klägerinnen tragen jedoch keine Gründe vor, weshalb die Interpipe-Gruppe so organisiert sein sollte, dass eine Gesellschaft, die angeblich als interne Vertriebsabteilung tätig ist, mit einer anderen Gesellschaft derselben Gruppe im Wettbewerb stehen sollte.

167    Daraus folgt, dass abgesehen vom Fehlen einer Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Klägerinnen in der Satzung von IPE die von der Kommission angeführten Gesichtspunkte übereinstimmende Indizien darstellen, die ausschließen können, dass IPE als interne Vertriebsabteilung anzusehen ist (vgl. oben, Rn. 137).

168    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission durch die Vornahme der streitigen Berichtigung keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat. Daher ist der oben in Rn. 34 dargelegte zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Dritter Klagegrund: Verletzung von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung, da die Kommission die Methodik zur Berechnung des Normalwerts und des Ausfuhrpreises geändert habe

169    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission sei nach Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung bei Überprüfungen nach Art. 11 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung grundsätzlich verpflichtet, insbesondere bei der Ermittlung des Normalwerts und des Ausfuhrpreises die gleiche Methodik anzuwenden wie bei der Untersuchung, die zum Erlass der Maßnahmen geführt habe, die Gegenstand der Überprüfung seien. Diese Methodik könne nur im Falle geänderter Umstände geändert werden. Die Kommission dürfe dagegen nicht nur deshalb eine neue Methodik anwenden, weil sie sie als geeigneter als die alte erachte, sofern Letztere der Grundverordnung entspreche. Im vorliegenden Fall sei die Referenzmethodik jene, die bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung angewandt worden sei. Wenn sich die Kommission auf ihre ursprüngliche Untersuchung stützen wolle, widerspreche sie im Übrigen ihrem eigenen Vorbringen, wonach die früheren Untersuchungen keinen Bezugspunkt darstellten.

170    Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass die streitigen VVG-Kosten von der Kommission weder bei der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung noch nach ihren Anmerkungen (vgl. oben, Rn. 13, 15 und 17) bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung berücksichtigt worden seien und dass der Ausfuhrpreis, obwohl IPCT vor dieser letzten Überprüfung gegründet worden sei, im Rahmen dieser Überprüfung ohne die Anwendung der streitigen Berichtigung auf die Preise von IPE berechnet worden sei.

171    Somit machen die Klägerinnen mit dem vorliegenden Klagegrund geltend, die Kommission habe Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung in zweifacher Hinsicht verletzt, da sie bei der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung zum einen den Normalwert (erster Teil) und zum anderen den Ausfuhrpreis (zweiter Teil) nach einer anderen Methodik als der zuvor angewandten berechnet habe. Die Änderungen, die die Kommission bei ihren Berechnungen vorgenommen habe, stellten eine „Methodik“ im Sinne der oben genannten Vorschrift dar und nicht einen „Ansatz“: Diesen Ausdruck habe die Kommission vor dem Gericht verwendet, er entspreche jedoch keinem Begriff der Grundverordnung.

172    Vor der Prüfung der beiden Teile des vorliegenden Klagegrundes ist auf den Wortlaut von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung sowie auf die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze hinzuweisen.

173    Nach Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung wendet die Kommission unter gebührender Berücksichtigung insbesondere des Art. 2 dieser Verordnung in allen Überprüfungen gemäß diesem Artikel, soweit sich die Umstände nicht geändert haben, die gleiche Methodik an wie in der Untersuchung, die zur Einführung des Zolls führte.

174    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Ausnahme, die es den Organen erlaubt, im Überprüfungsverfahren eine andere Methodik als in der Ausgangsuntersuchung anzuwenden, wenn die Umstände sich geändert haben, notwendigerweise eng ausgelegt werden muss, da eine Abweichung oder Ausnahme von einer allgemeinen Regel restriktiv auszulegen ist (Urteil vom 3. Dezember 2020, Changmao Biochemical Engineering/Distillerie Bonollo u. a., C‑461/18 P, EU:C:2020:979, Rn. 143). Die Organe tragen die Beweislast. Um bei der Überprüfung eine andere Methodik anwenden zu können als in der Ausgangsuntersuchung, müssen sie nachweisen, dass sich die Umstände geändert haben (Urteil vom 19. September 2013, Dashiqiao Sanqiang Refractory Materials/Rat, C‑15/12 P, EU:C:2013:572, Rn. 18).

175    Aus dem Erfordernis einer engen Auslegung der ausnahmsweise nach Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung erlaubten Möglichkeit einer Änderung der Methodik kann sich nicht ergeben, dass die Organe eine Methodik weiterhin anwenden dürfen, die nicht den Vorschriften von Art. 2 der genannten Verordnung entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. September 2013, Dashiqiao Sanqiang Refractory Materials/Rat, C‑15/12 P, EU:C:2013:572, Rn. 19, vom 18. September 2014, Valimar, C‑374/12, EU:C:2014:2231, Rn. 43, und vom 3. Dezember 2020, Changmao Biochemical Engineering/Distillerie Bonollo u. a., C‑461/18 P, EU:C:2020:979, Rn. 144).

176    Um eine Änderung der Methodik zu begründen, reicht es dagegen nicht aus, dass eine neue Methodik geeigneter ist als die alte, wenn die alte Methodik gleichwohl mit Art. 2 der Grundverordnung im Einklang steht (vgl. Urteil vom 17. März 2015, RFA International/Kommission, T‑466/12, EU:T:2015:151, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

177    Zweitens betrifft die von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung erfasste Veränderung der Umstände die Parameter, die gemäß Art. 2 dieser Verordnung bei der anlässlich der Untersuchung, die zur Feststellung des Zolls geführt hat, zur Berechnung der Dumpingspanne verwendeten Methodik herangezogen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2015, CHEMK und KF/Rat, T‑169/12, EU:T:2015:231, Rn. 90).

178    Drittens bedeutet die Anwendung der gleichen Methodik nicht, dass es erforderlich wäre, dieselben Daten, die im Rahmen einer früheren Untersuchung erhoben wurden, oder dieselben tatsächlichen oder zahlenmäßigen Schlussfolgerungen, die aus diesen Daten gezogen wurden, zu übernehmen (Urteil vom 7. Februar 2013, Acron/Rat, T‑118/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:67, Rn. 115).

179    Im Licht dieser Grundsätze sind die beiden Teile des vorliegenden Klagegrundes nacheinander zu prüfen.

 Erster Teil: Änderung der Methodik zur Berechnung des Normalwerts durch die Kommission

180    Zur Stützung des ersten Teils des dritten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe weder in der angefochtenen Verordnung noch im Schreiben vom 2. August 2019 auf die geringste Änderung der Umstände seit der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung hingewiesen, die die Anwendung einer anderen Methodik für die Feststellung, ob ihre Verkäufe im normalen Handelsverkehr getätigt worden seien, und für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts rechtfertige. Zudem weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Kommission in diesem Schreiben eingeräumt habe, dass sie die Methodik deshalb geändert habe, weil bei der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung und bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung die streitigen VVG-Kosten irrtümlich ausgelassen worden seien, und dass sie erklärt habe, dass die seither angewandte Methodik mit Art. 2 Abs. 4 und 6 der Grundverordnung im Einklang stehe und der genannte Fehler kein schutzwürdiges Vertrauen begründe, auf das sich die Klägerinnen berufen könnten. Aufgrund dieser kurzen Erklärungen der Kommission ist jedoch nach Ansicht der Klägerinnen nicht davon auszugehen, dass die Kommission das Vorliegen geänderter Umstände nach Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung, der eng auszulegen sei, nachgewiesen habe.

181    Der Kommission sei auch nicht der Nachweis gelungen, dass der Ausschluss der streitigen VVG-Kosten nicht gegen Art. 2 der Grundverordnung verstoße. Die Behauptung der Kommission hinsichtlich der Vereinbarkeit der neuen Methodik mit diesem Artikel komme nicht der Erklärung gleich, dass die bei der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung und bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung angewandte Methodik unkorrekt gewesen sei. Die Klägerinnen heben hervor, dass der angeblich von der Kommission ab der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung begangene Fehler, wenn es denn tatsächlich einer gewesen sein sollte, bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung hätte korrigiert werden müssen. Im Rahmen dieser Überprüfung habe die Kommission jedoch speziell die streitigen VVG-Kosten eingehend geprüft und schließlich den von den Klägerinnen zu diesen Kosten vertretenen Standpunkt akzeptiert.

182    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

183    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung, die streitigen VVG-Kosten bei der Ermittlung des Normalwerts zu berücksichtigen oder außer Acht zu lassen, keine Tatsachenfrage ist, die die Kommission auf der Grundlage der von den Klägerinnen vorgelegten neuen Daten aktualisieren konnte, sondern sich aus ihrer Auslegung der einschlägigen Vorschriften von Art. 2 der Grundverordnung und insbesondere seiner Abs. 3, 4 und 6 ergibt. Somit stellt die Einbeziehung dieser Kosten bei der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung nach ihrem Ausschluss bei der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung und bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung eine Änderung der Methodik im Sinne von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung dar.

184    Wie sich jedoch aus der Prüfung des ersten Klagegrundes ergibt, verlangt die Grundverordnung in ihrer Auslegung im Licht der einschlägigen Rechtsprechung, dass die Durchführung der NHV-Prüfung und die rechnerische Ermittlung des Normalwerts im Sinne von Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung auf der Grundlage der insgesamt bei den direkten und indirekten Verkäufen der Klägerinnen auf dem ukrainischen Markt entstandenen VVG-Kosten erfolgen. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, stand die Methodik, die sie bei der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung und der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung anwandte, insoweit nicht im Einklang mit Art. 2 der Grundverordnung, als sie die streitigen VVG-Kosten ausschloss.

185    Daraus folgt, dass die von der Kommission vorgenommene Änderung der Methodik gemäß der oben in Rn. 175 angeführten Rechtsprechung nicht gegen Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung verstößt.

186    Im Rahmen des vorliegenden Teils rügen die Klägerinnen auch einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, da sie, als sie die Kommission ersucht hätten (vgl. oben, Rn. 12), die 2019 abgeschlossene Interimsüberprüfung durchzuführen, die zum Erlass der angefochtenen Verordnung geführt habe, erwartet hätten, dass die Dumpingspanne nach der gleichen Methodik berechnet werde, die die Kommission seit der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung angewandt habe.

187    Es ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung jeder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann, der sich in einer Lage befindet, aus der hervorgeht, dass die Unionsverwaltung bei ihm durch präzise Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Die gegebenen Zusicherungen müssen außerdem im Einklang mit den anwendbaren Rechtsnormen stehen (Urteil vom 24. März 2011, ISD Polska u. a./Kommission, C‑369/09 P, EU:C:2011:175, Rn. 123; vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2010, EWRIA u. a./Kommission, T‑369/08, EU:T:2010:549, Rn. 139 und die dort angeführte Rechtsprechung).

188    Selbst wenn man im vorliegenden Fall davon ausginge, dass die Klägerinnen von der Kommission hinreichend präzise Zusicherungen betreffend den Ausschluss der streitigen VVG-Kosten erhalten hätten, hätten diese Zusicherungen gegen Art. 2 der Grundverordnung verstoßen, wie aus der Prüfung des ersten Klagegrundes hervorgeht.

189    Jedenfalls geht aus der Akte nicht hervor, dass den Klägerinnen dergleichen im Rahmen der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung zugesichert worden wäre. Zu den Zusicherungen, die sich angeblich aus dem Schriftwechsel zwischen der Kommission und den Klägerinnen zu den streitigen VVG-Kosten während der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung ergeben haben, ist festzustellen, dass dieser Schriftwechsel am 13. Juli 2018 begann (vgl. oben, Rn. 13). Vor diesem Zeitpunkt hatten die Klägerinnen jedoch bereits die 2019 abgeschlossene Interimsüberprüfung beantragt, die zum Erlass der angefochtenen Verordnung geführt hat, wie aus der Veröffentlichung der Bekanntmachung dieser Überprüfung am 7. Mai 2018 hervorgeht (vgl. oben, Rn. 12). Somit können sich die Klägerinnen nicht auf ein berechtigtes Vertrauen berufen, das sich aus einem vorherigen Schriftverkehr im Rahmen der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung ergäbe.

190    Daher ist die Rüge der Klägerinnen, mit der ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend gemacht wird, unbegründet.

191    Nach alledem ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zweiter Teil: Änderung der Methodik zur Berechnung des Ausfuhrpreises durch die Kommission

192    Mit dem zweiten Teil des vorliegenden Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Gründung von IPCT im Jahr 2014 stelle keine Änderung der Umstände im Vergleich zur Situation zum Zeitpunkt der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung dar, die die Einführung der streitigen Berichtigung rechtfertigen könne. Mithin hätte die Kommission die bei dieser Überprüfung angewandte Methodik weiterhin anwenden müssen, wenn nicht nachgewiesen werden könne, dass diese die Bedingungen von Art. 2 der Grundverordnung nicht erfülle. Die Klägerinnen treten dem Argument der Kommission im Schreiben vom 2. August 2019 entgegen, wonach diese deshalb, weil mit einer Auslaufüberprüfung ein anderer Zweck verfolgt werde als mit einer Interimsüberprüfung, bei der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung, nicht jedoch bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung eine genaue Analyse der Struktur der Interpipe-Gruppe vorgenommen habe. Sie treten auch dem Argument der Kommission entgegen, wonach es für die Anwendung von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung darauf ankomme, ob sich die Umstände seit der vorangegangenen Interimsüberprüfung geändert hätten. Die Verfahrensvorschriften mit Ausnahme jener über die Fristen und der Umfang der Untersuchungen im Rahmen von Auslauf- und Interimsüberprüfungen seien ähnlich, ja identisch, was die Ermittlung der Dumpingspanne betreffe, wie sich aus Art. 11 Abs. 5 der Grundverordnung ergebe.

193    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

194    Wie sich aus den obigen Rn. 143 bis 148 ergibt, haben die Organe nach der Verkündung des ersten Interpipe-Urteils und bis zur 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung, als sie beschlossen, auf die Interpipe-Gruppe die vom Gericht in diesem Urteil für rechtswidrig erklärte Berichtigung nicht mehr anzuwenden, die vier oben in den Rn. 152 bis 155 angeführten Gesichtspunkte nicht geprüft, auf deren Grundlage die Kommission nach der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung die streitige Berichtigung vorgenommen hat.

195    Es trifft zwar zu, dass die Kommission bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung die Existenz von IPCT angesprochen hat. Sie hat daraus jedoch keine Konsequenzen in Bezug auf die Ausfuhrpreise von IPE gezogen.

196    Daraus folgt, dass die Kommission beim Erlass der angefochtenen Verordnung die streitige Berichtigung aufgrund tatsächlicher Umstände vorgenommen hat, die sie zuvor nicht geprüft hatte oder aus denen sie keine rechtlichen Konsequenzen gezogen hatte.

197    Es ist hinzuzufügen, dass die Vornahme einer Berichtigung auf der Grundlage von Faktoren, die in der Vergangenheit nicht geprüft worden waren, nicht als Änderung der Methodik im Sinne von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung, sondern als Folge der Feststellung, dass die Voraussetzungen für eine solche Berichtigung nunmehr erfüllt sind, anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2011, Dashiqiao Sanqiang Refractory Materials/Rat, T‑423/09, EU:T:2011:764, Rn. 57).

198    Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kommission die Methodik im Sinne von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung geändert hat, ist jedenfalls erstens festzustellen, dass nach der Rechtsprechung Änderungen, die die Unternehmensstruktur eines Konzerns und die Organisation seiner Verkäufe zur Ausfuhr in die Europäische Union betreffen, eine Änderung der Umstände im Sinne von Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung darstellen. Eine solche Änderung der Umstände ist geeignet, die Änderung der angewandten Methode zu rechtfertigen, da die genannte Änderung die Folge dessen ist, dass ein zweiter Vertriebskanal des Konzerns entstand und damit in der Organisation der Verkäufe des genannten Konzerns eine Änderung eintrat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. März 2015, RFA International/Kommission, T‑466/12, EU:T:2015:151 Rn. 100 und 101).

199    Das Recht der Kommission, die streitige Berichtigung vorzunehmen, ohne Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung zu verletzen, wird dadurch nicht beeinträchtigt, dass die vier Gesichtspunkte, auf die sie sich hierzu gestützt hat, nicht allesamt neu sind, so dass die Kommission die bereits bestehenden Umstände auch schon zuvor hätte berücksichtigen können. Selbst wenn es die Kommission bei den früheren Überprüfungen irrtümlicherweise versäumt haben sollte, diese Gesichtspunkte zu prüfen oder daraus die rechtlichen Konsequenzen zu ziehen, kann sie nicht verpflichtet sein, diesen Fehler erneut beim Erlass der angefochtenen Verordnung und allein deswegen zu wiederholen, um nicht gegen Art. 11 Abs. 9 der Grundverordnung zu verstoßen. Denn diese Vorschrift kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Kommission eine Methodik weiterhin anwenden muss, die nicht im Einklang mit den Vorschriften von Art. 2 der genannten Verordnung steht (vgl. oben, Rn. 175).

200    Zweitens ist festzustellen, dass die Rolle von IPCT einer der Hauptgesichtspunkte für die Rechtfertigung der streitigen Berichtigung ist. Zwar war dieses Unternehmen während der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung bereits tätig und wurde von der Kommission in der Durchführungsverordnung 2018/1469 erwähnt. Jedoch müssen die Organe nach der Rechtsprechung im Rahmen der gemäß Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung durchgeführten Überprüfung auslaufender Antidumpingmaßnahmen nur feststellen, ob durch ein Auslaufen dieser Maßnahmen ein Fortdauern oder ein erneutes Auftreten von Dumping und Schädigung begünstigt würden; ist dies der Fall, werden die betreffenden Maßnahmen aufrechterhalten, wenn nicht, werden sie aufgehoben. Eine Überprüfung auslaufender Maßnahmen kann folglich nicht zur Änderung geltender Maßnahmen führen. Was hingegen die Interimsüberprüfung nach Art. 11 Abs. 3 dieser Verordnung anbelangt, kann die Kommission u. a. prüfen, ob sich die Umstände hinsichtlich des Dumpings und der Schädigung deutlich verändert haben, und sie kann die Antidumpingmaßnahmen nicht nur aufheben oder aufrechterhalten, sondern auch ändern (Urteile vom 11. Februar 2010, Hoesch Metals and Alloys, C‑373/08, EU:C:2010:68, Rn. 76, vom 18. September 2014, Valimar, C‑374/12, EU:C:2014:2231, Rn. 52, und vom 18. Oktober 2016, Crown Equipment [Suzhou] und Crown Gabelstapler/Rat, T‑351/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:616, Rn. 57).

201    Daher kann der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung die Rolle von IPCT nicht im Detail geprüft und daraus nicht die gleichen rechtlichen Konsequenzen gezogen hat wie bei der 2019 abgeschlossenen Interimsüberprüfung.

202    Nach alledem ist der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes und sind damit sämtliche im Rahmen des zweiten (vgl. oben, Rn. 157 und 168) und dritten Klagegrundes vorgetragenen Rügen zurückzuweisen.

203    Die Zurückweisung der ersten drei Klagegründe hat auch die Zurückweisung der oben in Rn. 36 angeführten Rügen der Klägerinnen zur Folge, da die von ihnen geltend gemachten Verstöße gegen Art. 9 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung und Art. 9.3 des Antidumping-Übereinkommens der WTO ausschließlich auf die Rügen gestützt werden, die im Rahmen der Prüfung der genannten Klagegründe zurückgewiesen worden sind.

 Vierter Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

204    Die Klägerinnen machen geltend, ihre Verteidigungsrechte seien verletzt worden, da die Kommission ihnen erst mit Schreiben vom 2. August 2019, das an dem Tag der Veröffentlichung der angefochtenen Verordnung im Amtsblatt abgesandt worden sei, neue Argumente mitgeteilt habe; diese Argumente bezögen sich darauf, dass auch bei Verkäufen an einen verbundenen Abnehmer wie IPU VVG-Kosten anfielen, darauf, dass bei der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung und bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung insoweit ein Fehler eingeräumt werde, sowie auf die Satzung von IPE und auf die in Rede stehenden Verträge. Die genannten Argumente seien die Grundlage für die Entscheidung der Kommission, zum einen die streitigen VVG-Kosten bei der Ermittlung des Normalwerts einzubeziehen und zum anderen IPE nicht mehr als interne Vertriebsabteilung zu behandeln.

205    Die Klägerinnen betonen, dass sie, damit der vorliegende Klagegrund erfolgreich sein könne, nicht dartun müssten, dass der Inhalt der angefochtenen Verordnung anders ausgefallen wäre, wenn sie zu diesen Argumenten vor Erlass der angefochtenen Verordnung eine Stellungnahme hätten abgeben können. Es reiche aus, dass eine solche Möglichkeit nicht völlig ausgeschlossen sei, wenn sie sich ohne den Verfahrensfehler besser hätten verteidigen können. Aus dem ersten und zweiten Klagegrund gehe hervor, dass die Klägerinnen in der Lage gewesen seien, eine zusätzliche Stellungnahme abzugeben, die geeignet gewesen sei, die Richtigkeit der Änderungen der Methodik in Frage zu stellen, die die Kommission in der angefochtenen Verordnung mit der Berücksichtigung der streitigen VVG-Kosten und durch die Vornahme der streitigen Berichtigung eingeführt habe. Somit könne nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Kommission zu einer anderen Entscheidung über die in diesen Klagegründen aufgeworfenen Fragen hätte kommen können, wenn die Klägerinnen im Lauf des Verwaltungsverfahrens die in dem Schreiben vom 2. August 2019 enthaltenen Informationen erhalten hätten.

206    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

207    Vor der Prüfung des Vorbringens der Klägerinnen zur Verletzung der Verteidigungsrechte sowohl in Bezug auf die streitigen VVG-Kosten als auch in Bezug auf die streitige Berichtigung ist auf die Grundsätze einzugehen, auf denen diese Rechte beruhen.

208    Die Wahrung der Verteidigungsrechte stellt einen tragenden Grundsatz des Unionsrechts dar, dessen integraler Bestandteil der Anspruch auf rechtliches Gehör ist (vgl. Urteile vom 3. Juli 2014, Kamino International Logistics und Datema Hellmann Worldwide Logistics, C‑129/13 und C‑130/13, EU:C:2014:2041, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. Dezember 2014, Crown Equipment [Suzhou] und Crown Gabelstapler/Rat, T‑643/11, EU:T:2014:1076, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

209    Die Beachtung der Verteidigungsrechte, der in Verfahren über Antidumpinguntersuchungen größte Bedeutung zukommt, setzt voraus, dass die betroffenen Unternehmen im Laufe des Verwaltungsverfahrens in die Lage versetzt werden müssen, ihren Standpunkt zur Richtigkeit und Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den Beweisen, auf die die Kommission ihren Vorwurf des Vorliegens eines Dumpings und eines daraus resultierenden Schadens stützt, sachgerecht zu vertreten (Urteile vom 27. Juni 1991, Al-Jubail Fertilizer/Rat, C‑49/88, EU:C:1991:276, Rn. 17, vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78, Rn. 76 und 77, und vom 12. Dezember 2014, Crown Equipment [Suzhou] und Crown Gabelstapler/Rat, T‑643/11, EU:T:2014:1076, Rn. 41).

210    Eine Unregelmäßigkeit in Bezug auf die Wahrung dieser Rechte kann nur dann zur Nichtigerklärung einer Verordnung über die Einführung eines Antidumpingzolls führen, wenn die Möglichkeit besteht, dass wegen dieser Unregelmäßigkeit das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können und damit die Verteidigungsrechte der betroffenen Partei konkret beeinträchtigt wurden. Von dieser Partei kann jedoch nicht der Nachweis verlangt werden, dass die Entscheidung der Kommission anders ausgefallen wäre, sondern nur, dass dies nicht völlig ausgeschlossen sei, wenn sich die genannte Partei ohne den beanstandeten Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können (Urteil vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italien/Kommission, T‑301/16, EU:T:2019:234, Rn. 66 und 67; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78, Rn. 78 und 79).

211    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich der Anspruch auf rechtliches Gehör auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte erstreckt, die die Grundlage für die Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will. Somit verlangt dieser Anspruch nicht, dass die Verwaltung vor ihrer abschließenden Würdigung der von einem Beteiligten vorgebrachten Gesichtspunkte diesem eine weitere Möglichkeit zur Stellungnahme hierzu geben muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. März 2020, Tulliallan Burlington/EUIPO, C‑155/18 P bis C‑158/18 P, EU:C:2020:151, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 19. Mai 2010, IMI u. a./Kommission, T‑18/05, EU:T:2010:202, Rn. 109, und vom 9. März 2015, Deutsche Börse/Kommission, T‑175/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:148, Rn. 344).

212    Im Licht dieser Grundsätze sind die Rügen der Klägerinnen hinsichtlich der angeblichen Verletzung der Verteidigungsrechte zu prüfen, was zum einen die VVG-Kosten und zum anderen die streitige Berichtigung betrifft.

 Zu den Rügen in Bezug auf die streitigen VVG-Kosten

213    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe im Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 angegeben, sie beabsichtige, die streitigen VVG-Kosten bei der Bestimmung des Normalwerts zu berücksichtigen. Sie hätten diesen Ansatz der Kommission in ihren Stellungnahmen zum Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 beanstandet und geltend gemacht, dass die Kommission mit dieser Vorgehensweise die Auffassung übernommen habe, die sie bereits im Rahmen der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung vertreten habe und von der sie beim Erlass der Durchführungsverordnung 2018/1469 nach den von ihnen erhobenen Einwänden abgerückt sei.

214    Zwar hat die Kommission in den Rn. 3 bis 6 des Schreibens vom 2. August 2019 erstens festgestellt, dass die Klägerinnen in ihren Antworten auf den ihnen von der Kommission zugesandten Fragebogen angegeben hätten, dass bei Verkäufen zwischen verbundenen Unternehmen innerhalb der Interpipe-Gruppe Kosten entstünden, zweitens, dass die Verkäufe zwischen diesen Unternehmen mit VVG-Kosten verbunden seien, drittens, dass die zur Anwendung von Art. 2 der Grundverordnung verwendete Methodik alle vom betreffenden Unternehmen getragenen Kosten widerspiegeln müsse, und viertens, dass die streitigen VVG-Kosten bei der 2018 abgeschlossenen endgültigen Überprüfung und bei der 2012 abgeschlossenen Interimsüberprüfung irrtümlich ausgeschlossen worden seien, während sie bei der Ausgangsuntersuchung berücksichtigt worden seien.

215    Diese Stellungnahme der Kommission, die die Klägerinnen nach Erlass der angefochtenen Verordnung erhalten haben, enthält jedoch keine tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, von denen sie zuvor keine Kenntnis hatten und zu denen sie sich nicht hätten äußern können. Sie stellen die Grundlage für den endgültigen Standpunkt der Kommission zur Frage der streitigen VVG-Kosten dar, so dass nach der oben in Rn. 211 angeführten Rechtsprechung insoweit keine Verletzung der Verteidigungsrechte festgestellt werden kann.

216    Da die Klägerinnen im Übrigen geltend machen, dass die zusätzlichen Argumente, die sie vor der Kommission hätten vorbringen können, wenn sie früher Kenntnis von den in dem Schreiben vom 2. August 2019 aufgeführten Gesichtspunkten erlangt hätten, jene seien, die sie vor dem Gericht vorgetragen hätten (vgl. oben, Rn. 205), ist darauf hinzuweisen, dass diese Argumente sämtlich bei der Prüfung der sonstigen in der vorliegenden Klage geltend gemachten Klagegründe zurückgewiesen worden sind. Somit ist nicht nachgewiesen worden, dass das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn die Klägerinnen diese Argumente während des Verwaltungsverfahrens vorgetragen hätten (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 30. April 2014, Tisza Erőmű/Kommission, T‑468/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:235, Rn. 217).

217    Daher sind die vorliegenden Rügen zurückzuweisen.

 Zu den Rügen in Bezug auf die streitige Berichtigung

218    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in dem Schreiben vom 2. August 2019, dessen Datum mit dem der Veröffentlichung der angefochtenen Verordnung im Amtsblatt übereinstimmt, die Begründung dieser Verordnung um Angaben ergänzt hat, die in Anbetracht ihrer Vertraulichkeit nicht in diese Verordnung aufgenommen werden konnten. In diesem Schreiben antwortete die Kommission auf Einwände, die die Klägerinnen in ihren Stellungnahmen zum Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 erhoben hatten, auf die sie im zusätzlichen Dokument zur Unterrichtung vom 27. Juni 2019 nicht geantwortet hatte (vgl. oben, Rn. 22).

219    Die vier im Schreiben vom 2. August 2019 beschriebenen Gesichtspunkte, auf die sich die Kommission bei der Vornahme der streitigen Berichtigung stützte (vgl. oben, Rn. 151 bis 155), waren den Klägerinnen im Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 in den Rn. 34 bis 42 dargelegt worden. In den Stellungnahmen zum Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 zählten die Klägerinnen diese vier Gesichtspunkte auf und bezogen zu einem jedem Stellung.

220    Die Klägerinnen tragen indessen vor, das Schreiben vom 2. August 2019 enthalte zusätzliche Rechtfertigungen, die im Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 nicht enthalten seien. Die Kommission habe darin zum ersten Mal erwähnt, dass die in Rede stehenden Verträge einen Gefahrübergang von IPU auf IPE bzw. IPCT vorsähen und dass die Satzung von IPE nicht besage, dass diese nach den Weisungen von IPU tätig werde, sondern vorsehe, dass IPE jegliche mit ihrem Unternehmensgegenstand in Zusammenhang stehenden finanziellen, treuhänderischen oder kommerziellen Transaktionen durchführen könne.

221    Es ist festzustellen, dass diese angeblich zusätzlichen Rechtfertigungen bloße Klarstellungen hinsichtlich der im Dokument zur allgemeinen Unterrichtung von 2019 enthaltenen Gesichtspunkte sind, die die Kommission hinzugefügt hat, nachdem die Klägerinnen zu dieser Unterrichtung Stellung genommen hatten. Diese Klarstellungen, bei denen es um den Inhalt der Satzung von IPE und der in Rede stehenden Verträge geht, die den Klägerinnen offenkundig bekannt sind, enthalten keine neuen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, sondern betreffen Fragen, zu denen sich die Klägerinnen in ihren Stellungnahmen geäußert hatten.

222    Daher ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission im Schreiben vom 2. August 2019 nur ihren endgültigen Standpunkt zur streitigen Berichtigung dargelegt hat, der auf der Grundlage von Gesichtspunkten festgelegt wurde, zu denen sich die Klägerinnen hatten äußern können. Unter diesen Umständen kann nach der oben in Rn. 211 angeführten Rechtsprechung keine Verletzung der Verteidigungsrechte festgestellt werden.

223    Im Übrigen gelten die oben in Rn. 216 dargelegten Erwägungen auch für die vorliegenden Rügen der Klägerinnen.

224    Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen und ist mithin die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

225    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Interpipe Niko Tube LLC und Interpipe Nizhnedneprovsky Tube Rolling Plant OJSC tragen die Kosten.

da Silva Passos

Truchot

Sampol Pucurull

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2021.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.