Language of document : ECLI:EU:C:2019:422

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 16. Mai 2019(1)

Rechtssache C68/18

SC Petrotel-Lukoil SA

gegen

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili,

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor

(Vorabentscheidungsersuchen der Curtea de Apel Bucureşti [Berufungsgericht Bukarest, Rumänien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2003/96/EG – Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom – Befreiungen – Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der diese Erzeugnisse herstellt – Pflicht zur Einstufung von Energieerzeugnissen zu Zwecken der Bestimmung der Höhe der Verbrauchsteuer – Steuersatz, der auf diese Erzeugnisse Anwendung findet“






 Einleitung

1.        Die Mitgliedstaaten haben das Recht, den Steuerpflichtigen verschiedene Verpflichtungen aufzuerlegen, um Steuerhinterziehungen und ‑umgehungen zu verhindern. Diese Maßnahmen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass Erzeugnisse, die harmonisierten Steuervorschriften unterliegen, in einer Weise besteuert werden, die dem Unionsrecht zuwiderläuft. Der Gerichtshof, der dies bereits in Bezug auf die Besteuerung von Energieerzeugnissen entschieden hat, wird in der vorliegenden Rechtssache die Gelegenheit haben, seine Rechtsprechung zu bestätigen. Die vorliegende Rechtssache betrifft zudem Fragen hinsichtlich der Wechselwirkungen zwischen der Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, insbesondere im Kontext der Herstellung dieser Erzeugnisse für den Eigenbedarf ihres Herstellers.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

2.        Art. 1 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom(2) bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten erheben nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom.“

3.        In Art. 2 dieser Richtlinie heißt es:

„(1)      Als Energieerzeugnisse im Sinne dieser Richtlinie gelten die Erzeugnisse:

b)      der KN-Codes 2701, 2702 und 2704 bis 2715;

(2)      Diese Richtlinie gilt ferner für folgendes Erzeugnis:

Elektrischer Strom im Sinne des KN-Codes 2716.

(3)      Zum Verbrauch als Heiz- oder Kraftstoff bestimmte oder als solche zum Verkauf angebotene bzw. verwendete andere Energieerzeugnisse als diejenigen, für die in dieser Richtlinie ein Steuerbetrag festgelegt wurde, werden je nach Verwendung zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff erhobenen Steuersatz besteuert.

(4)      Diese Richtlinie gilt nicht für:

b)      für folgende Verwendungen von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom:

–      für Energieerzeugnisse, die für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden;

…“

4.        Art. 14 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie bestimmt:

„Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG[(3)] hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und ‑vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:

a)      bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeter elektrischer Strom sowie elektrischer Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird. …“

5.        Art. 21 der Richtlinie 2003/96 bestimmt:

„(1)      Über die allgemeinen Vorschriften zur Definition des Steuertatbestands und die Vorschriften für die Entrichtung der Steuer gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus entsteht die Steuer auf Energieerzeugnisse ferner bei Eintritt eines Steuertatbestands gemäß Artikel 2 Absatz 3 der vorliegenden Richtlinie.

(3)      Der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Energieerzeugnisse herstellt, gilt nicht als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand, sofern es sich bei dem Verbrauch um Energieerzeugnisse handelt, die innerhalb des Betriebsgeländes dieses Betriebes hergestellt worden sind. … Erfolgt der Verbrauch jedoch zu Zwecken, die nicht mit der Herstellung von Energieerzeugnissen im Zusammenhang stehen, und zwar insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen, so gilt dies als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand.

(5)      In Anwendung der Artikel 5 und 6 der Richtlinie 92/12/EWG werden für elektrischen Strom und Erdgas Steuern erhoben; diese entstehen zum Zeitpunkt der Lieferung durch den Verteiler oder Weiterverteiler. …

Eine Einheit, die elektrischen Strom zur eigenen Verwendung erzeugt, gilt als Verteiler. …

…“

 Rumänisches Recht

6.        Die Richtlinie 2003/96 wurde durch die Bestimmungen des Codul fiscal – Legea nr. 571/2003 (Steuergesetzbuch – Gesetz Nr. 571/2003) vom 22. Dezember 2003 in die rumänische Rechtsordnung umgesetzt. Die der Besteuerung unterliegenden Erzeugnisse wurden bis zum 31. März 2010 in Art. 175 dieses Gesetzes aufgeführt, seit dem 1. April 2010 in seinem Art. 20616. Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 wurde in Art. 175 Abs. 7 bzw. in Art. 20616 Abs. 7 dieses Gesetzes umgesetzt.

7.        Die Hotărârea Guvernului României nr. 44/2004 pentru aprobarea Normelor metodologice de aplicare a Legii nr. 571/2003 privind Codul fiscal (Erlass Nr. 44/2004 der rumänischen Regierung über die Annahme von Durchführungsbestimmungen für die Anwendung des Gesetzes Nr. 571/2003 – Steuergesetzbuch) vom 22. Januar 2004 enthält die folgenden Bestimmungen:

„Artikel 175

5.      (1)      Andere Energieerzeugnisse als die in Art. 175 Abs. 3 [des Steuergesetzbuchs] genannten unterliegen der Verbrauchsteuer, wenn

a)      die Erzeugnisse hergestellt werden, um als Heiz- oder Kraftstoff verwendet zu werden;

b)      die Erzeugnisse als Heiz- oder Kraftstoff zum Verkauf angeboten werden;

c)      die Erzeugnisse als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden.

(2)      Jeder Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in Abs. 1 genannten Situationen befindet, ist verpflichtet, vor der Herstellung, dem Verkauf oder der Verwendung der Energieerzeugnisse einen Antrag beim Ministerul Finanțelor Publice – Comisia cu atribuții în autorizarea antrepozitelor fiscale (Finanzministerium – Kommission mit Zuständigkeit für die Zulassung von Steuerlagern, Rumänien) auf Einstufung der entsprechenden Erzeugnisse im Hinblick auf die Verbrauchsteuer zu stellen. Dem Antrag sind zwingend beizufügen ein Bericht über die Analyse des entsprechenden Erzeugnisses, der von einem zugelassenen Labor erstellt worden ist, die zollrechtliche Einreihung des Erzeugnisses durch die Autoritatea Națională a Vămilor (Nationale Zollverwaltung, Rumänien) und die Stellungnahme des Ministerului Economiei și Comerțului (Wirtschafts- und Handelsministerium, Rumänien) zur Vergleichbarkeit des entsprechenden Erzeugnisses mit einem gleichwertigen Erzeugnis, für das Verbrauchsteuern festgesetzt worden sind.

(4)      Für Erzeugnisse …, in Bezug auf die der Wirtschaftsteilnehmer den in den Abs. 2 und 3 bestimmten Pflichten nicht nachkommt, gilt, dass im Fall von Kraftstoff die geschuldete Verbrauchsteuer der Steuer auf verbleites Benzin und im Fall von Heizstoff die geschuldete Verbrauchsteuer der Steuer auf Dieselkraftstoff entspricht.“

8.        Entsprechende Durchführungsvorschriften gelten in Bezug auf Art. 20616 des oben genannten Gesetzes.

 Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

9.        Die SC Petrotel-Lukoil SA ist eine Gesellschaft rumänischen Rechts (im Folgenden: Petrotel-Lukoil), die sich mit der Herstellung von Energieerzeugnissen, insbesondere von verschiedenartigen Kraftstoffen, befasst. Petrotel-Lukoil stellt u. a. auch Erzeugnisse her, die als „Heizöl 40/42S“ sowie „halbfertiges Heizöl“ bezeichnet und unter dem KN‑Code 2707 99 99 eingereiht werden.

10.      Das vorlegende Gericht stellt den der Streitigkeit zwischen Petrotel-Lukoil und den rumänischen Steuerbehörden zugrunde liegenden Sachverhalt in seinem Ersuchen sehr ausführlich dar. Für die Beantwortung der Fragen zur Auslegung des Unionsrechts sind wohl nur die folgenden Sachverhaltselemente von Bedeutung:

11.      Die rumänischen Steuerbehörden stellten als Ergebnis einer Prüfung fest, dass Petrotel-Lukoil zwischen dem 1. Januar 2009 und dem 31. Dezember 2011 „Heizöl 40/42S“ und „halbfertiges Heizöl“ als Heizstoff sowohl in seinen technischen Anlagen zur Herstellung von Energieerzeugnissen als auch im eigenen Wärmekraftwerk zur Erzeugung von Wasserdampf zu Zwecken der Gewinnung von Wärmeenergie und elektrischem Strom verwendet hatte. Die Steuerbehörden stellten zudem fest, dass Petrotel-Lukoil keinen Antrag auf Einstufung des Erzeugnisses „halbfertiges Heizöl“ zu Zwecken der Bestimmung der Höhe der Verbrauchsteuer eingereicht hatte.

12.      Aufgrund dieser Feststellungen erließen die rumänischen Steuerbehörden am 18. Dezember 2014 einen Bescheid, mit dem der Verbrauch der oben genannten Energieerzeugnisse in dem Wärmekraftwerk der Petrotel-Lukoil mit einer zusätzlichen Verbrauchsteuer belegt wurde. In dem Bescheid wurde zudem für das Erzeugnis „halbfertiges Heizöl“ der für Dieselkraftstoff geltende Steuersatz festgesetzt.

13.      Der von Petrotel-Lukoil gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch wurde am 11. November 2015 zurückgewiesen. Des Weiteren erwirkte Petrotel-Lukoil, dass das als „halbfertiges Heizöl“ bezeichnete Erzeugnis am 27. April 2015 Heizöl gleichgestellt wurde.

14.      Am 5. Januar 2016 erhob Petrotel-Lukoil Klage beim vorlegenden Gericht und beantragte, die oben genannten Bescheide der Behörde teilweise aufzuheben und die überzahlte Verbrauchsteuer zu erstatten.

15.      Unter diesen Umständen hat die Curtea de Apel Bucureşti (Berufungsgericht Bukarest, Rumänien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Steht Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 den Bestimmungen von Art. 175 des Steuergesetzbuchs – Gesetz Nr. 571/2003, der bis zum 31. März 2010 in Kraft war, bzw. von Art. 20616 dieses Gesetzes, der zum 1. April 2010 in Kraft trat, sowie den auf dieser Grundlage erlassenen Regelungen entgegen?

2.      Steht Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 den Bestimmungen von Art. 175 des Steuergesetzbuchs – Gesetz Nr. 571/2003, der bis zum 31. März 2010 in Kraft war, bzw. von Art. 20616 dieses Gesetzes, der zum 1. April 2010 in Kraft trat, sowie den auf dieser Grundlage erlassenen Regelungen entgegen?

3.      Steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem entgegen, dass der Staat den Umstand unberücksichtigt lässt, dass die Gesellschaft nach einer Steuerprüfung gleichwohl einen Bescheid über die Gleichstellung des Erzeugnisses „halbfertiges Heizöl“ mit dem Erzeugnis „Heizöl“ erhalten hat, und bei der Entscheidung über den Einspruch des Steuerpflichtigen die ursprünglich für das Erzeugnis „Dieselkraftstoff“ berechnete Verbrauchsteuer aufrechterhalten wird?

16.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 2. Februar 2018 beim Gerichtshof eingegangen. Schriftliche Erklärungen haben Petrotel-Lukoil, die rumänische Regierung sowie die Europäische Kommission eingereicht. Dieselben Beteiligten waren in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2019 vertreten.

 Würdigung

17.      Das vorlegende Gericht präzisiert nicht, welche konkreten Bestimmungen des nationalen Rechts seine Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht hervorrufen. Den Erklärungen der einzelnen Verfahrensbeteiligten kann jedoch entnommen werden, dass es dabei um Bestimmungen bzw. deren Auslegung geht, die die Besteuerung von Energieerzeugnissen erlauben, die im Rahmen der Herstellung anderer Energieerzeugnisse oder elektrischen Stroms auf dem Betriebsgelände desselben Betriebs verbraucht werden, der die erstgenannten Energieerzeugnisse hergestellt hat. Zweifel des vorlegenden Gerichts kann auch die Besteuerung des als „halbfertiges Heizöl“ bezeichneten Erzeugnisses mit dem Steuersatz für Dieselkraftstoff wecken, obwohl dieses Erzeugnis post factum als Heizöl eingestuft wurde.

 Zur ersten Vorlagefrage

18.      Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das nationale Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass er Bestimmungen des nationalen Rechts bzw. deren Auslegung entgegensteht, die die Besteuerung von Energieerzeugnissen erlauben, die im Rahmen der Herstellung anderer Energieerzeugnisse oder elektrischen Stroms auf dem Betriebsgelände desselben Betriebs verbraucht werden, der die erstgenannten Energieerzeugnisse hergestellt hat.

19.      Der Betrieb (Raffinerie) von Petrotel-Lukoil stellt u. a. zwei Energieerzeugnisse im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 her, die als „Heizöl 40/42S“ und „halbfertiges Heizöl“ bezeichnet werden. Diese Erzeugnisse werden als Brennstoff zur Beheizung des Dampfkessels im betriebseigenen Wärmekraftwerk verwendet. Der erzeugte Wasserdampf wird anschließend zur gleichzeitigen Gewinnung von Wärmeenergie und elektrischem Strom (Kraft-Wärme-Kopplung) verwendet.

20.      Die Parteien des Ausgangsverfahrens streiten darüber, ob und inwieweit die Wärmeenergie und der elektrische Strom, die auf diese Weise erzeugt werden, anschließend im technologischen Prozess zur Herstellung der Energieerzeugnisse genutzt werden, die die Endprodukte des betreffenden Betriebs darstellen. Dies ist eine Tatsachenfrage, die das vorlegende Gericht beantworten muss. Es scheint jedoch, dass Wärmeenergie und elektrischer Strom sowohl im technologischen Prozess der Herstellung von Energieerzeugnissen als auch zu anderen betrieblichen Zwecken wie Beheizung und Versorgung der Büros und anderer Räume mit elektrischem Strom verwendet werden oder jedenfalls dazu verwendet werden können. Darüber hinaus können sie in das außerbetriebliche allgemeine Wärme- und Stromnetz eingespeist werden. Um dem nationalen Gericht eine sachdienliche Antwort auf die Vorlagefragen erteilen zu können, muss die Art und Weise geprüft werden, wie Primärenergieerzeugnisse im Licht der Bestimmungen der Richtlinie 2003/96 in Abhängigkeit von den einzelnen Verwendungsarten der Wärmeenergie und des elektrischen Stroms besteuert werden.

21.      Die Richtlinie 2003/96 führt den Grundsatz der Besteuerung von Energieerzeugnissen ein, die als Kraft- oder Heizstoff verwendet werden, und harmonisiert die Höhe dieser Besteuerung. Die Steuer entsteht mit der Herstellung oder der Einfuhr von Energieerzeugnissen sowie bei Eintritt eines Steuertatbestands gemäß Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96. Die Steuer wird jedoch erst dann fällig, wenn diese Erzeugnisse in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt werden. Anders verhält es sich mit der Steuer auf elektrischen Strom, die mit dem Zeitpunkt der Lieferung durch den Verteiler oder Weiterverteiler entsteht.

22.      Die Richtlinie 2003/96 sieht eine Reihe von Ausnahmen von den oben genannten Grundsätzen vor. Insbesondere bestimmt Art. 21 Abs. 3 Satz 1, dass kein einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand vorliegt, wenn ein Betrieb, der Energieerzeugnisse herstellt, die durch denselben Betrieb hergestellten Energieerzeugnisse zu Zwecken dieser Produktion verwendet. Gemäß Satz 3 dieser Bestimmung ist ein einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand jedoch gegeben, wenn die betreffenden Energieerzeugnisse zu anderen Zwecken als zur Herstellung von Energieerzeugnissen verwendet werden.

23.      Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 bestimmt allerdings nicht näher, wie die in Rede stehenden Energieerzeugnisse zur Herstellung von Energieerzeugnissen verwendet werden müssen. Fest steht nur, dass es um Erzeugnisse geht, die als Heizstoff verwendet werden, da eine anderweitige Verwendung dieser Erzeugnisse, z. B. als Rohstoff, nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt. Ohne Bedeutung ist es hingegen, ob diese Erzeugnisse unmittelbar in Anlagen zur Herstellung von Energieerzeugnissen verwendet werden, oder z. B. zur Erzeugung von Energie, die anschließend im weiteren Herstellungsprozess genutzt wird. Es ist zudem unerheblich, ob im Prozess der Erzeugung dieser Energie ein Zwischenprodukt, z. B. Wasserdampf, entsteht.

24.      Eine ähnliche Schlussfolgerung drängt sich in Bezug auf Energieerzeugnisse auf, die zur Erzeugung elektrischen Stroms verwendet werden, der wiederum zur Herstellung anderer Energieerzeugnisse genutzt wird. Denn der Wortlaut von Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 lässt keine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Energieerzeugnissen zu, die zur Erzeugung von Wärmeenergie und von elektrischem Strom verwendet werden, wenn diese beiden Energiearten anschließend zur Herstellung von Energieerzeugnissen genutzt werden.

25.      Darüber hinaus sind Energieerzeugnisse, die zur Stromerzeugung verwendet werden, gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 generell von der Steuerpflicht befreit. Meiner Meinung nach muss auf Energieerzeugnisse, die innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebs hergestellt wurden, der solche Erzeugnisse herstellt, und die zur Erzeugung elektrischen Stroms verwendet werden, der anschließend zur Herstellung von Energieerzeugnissen genutzt wird, Art. 21 Abs. 3 dieser Richtlinie als lex specialis Anwendung finden(4).

26.      Ich teile jedoch nicht die Auffassung der Kommission, wonach der elektrische Strom, der im Wärmekraftwerk auf dem Betriebsgelände der Raffinerie von Petrotel-Lukoil erzeugt und im Prozess der Herstellung von Energieerzeugnissen genutzt werde, nicht der Steuerpflicht unterliege. Diese Frage ist zwar, wie es scheint, weder Gegenstand des Streits im Ausgangsverfahren noch der Vorlagefragen, dennoch sollte man sie beantworten.

27.      Elektrischer Strom wird zum Zeitpunkt der Lieferung durch den Verteiler oder Weiterverteiler besteuert. Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/96 bestimmt, dass eine Einheit, die elektrischen Strom zur eigenen Verwendung erzeugt, als Verteiler gilt, woraus folgt, dass elektrischer Strom, der zur eigenen Verwendung erzeugt wird, der Steuerpflicht unterliegt. Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der angeführten Richtlinie ändert nach meiner Ansicht nichts an diesem Ergebnis.

28.      Erstens unterliegt elektrischer Strom zwar der Besteuerung nach der Richtlinie 2003/96, doch handelt es sich dabei um kein Energieerzeugnis im Sinne von Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie. Vielmehr finden darauf die besonderen Regelungen in ihrem Art. 2 Abs. 2 Anwendung. Der Begriff „Energieerzeugnisse“ in Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/96 umfasst mithin nicht den elektrischen Strom. Wenn der Gesetzgeber entsprechende Regelungen für Energieerzeugnisse und für elektrischen Strom einführt, benennt er ausdrücklich diese beiden Arten von Erzeugnissen, wie z. B. in Art. 21 Abs. 3 Satz 2 der angeführten Richtlinie.

29.      Zweitens verbietet die Richtlinie 2003/96 zwar, indem sie eine generelle Befreiung in ihrem Art. 14 Abs. 1 Buchst. a einführt, die doppelte Besteuerung von elektrischem Strom und von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, die bzw. der zu seiner Erzeugung verwendet werden bzw. wird, doch gilt kein entsprechendes Verbot für die Gegenrichtung. Der zur Herstellung von Energieerzeugnissen verwendete elektrische Strom wird folglich nach den allgemeinen Grundsätzen besteuert. Allgemeiner ausgedrückt gilt, dass die Richtlinie 2003/96 keine „Bestimmung zur Vermeidung von Doppelbesteuerung“ im Hinblick auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom enthält, die bzw. der zur Herstellung von Energieerzeugnissen verwendet werden bzw. wird. Die einzige Ausnahme bildet die Quasibefreiung von Erzeugnissen, die auf dem Betriebsgelände desselben Betriebs hergestellt wurden, in Art. 21 Abs. 3 Satz 1 dieser Richtlinie.

30.      Drittens schlussendlich teile ich nicht die Auffassung, die die Kommission in der Verhandlung vertreten hat, wonach der Prozess der Herstellung von Energieerzeugnissen ganzheitlich betrachtet werden müsse, was dazu führe, dass elektrischer Strom, der in diesem Prozess genutzt werde, keiner Besteuerung unterliege. Der Herstellungsprozess muss in der Tat ganzheitlich betrachtet werden, was die Besteuerung von Energieerzeugnissen anbetrifft, die durch denselben Betrieb und zu Zwecken dieser Produktion verwendet werden. Diese Erzeugnisse sind von der Besteuerung ausgenommen, und zwar unabhängig davon, ob sie unmittelbar oder unter Verwendung eines Zwischenprodukts, z. B. von Wasserdampf, zur Herstellung anderer Energieerzeugnisse genutzt werden. Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass ein Erzeugnis hergestellt wird, das nach der Richtlinie 2003/96 der Besteuerung unterliegt, z. B. elektrischer Strom. Es müssen dann die Bestimmungen dieser Richtlinie zur Anwendung kommen, aus denen weder die Pflicht, elektrischen Strom, der zur Herstellung von Energieerzeugnissen genutzt wird, von der Besteuerung zu befreien, noch ein generelles Verbot der Doppelbesteuerung, aus dem diese Pflicht abgeleitet werden könnte, hervorgeht.

31.      Wenn die Wärmeenergie oder der elektrische Strom, die bzw. der auf dem Betriebsgelände eines Energieerzeugnisse herstellenden Betriebs erzeugt wird, nicht zu Zwecken dieser Herstellung genutzt wird, sondern zu anderen Zwecken, z. B. zur Versorgung von Büros oder anderen Räumen, kommt Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/96 nicht zur Anwendung. Dies geht aus dem dritten Satz dieses Absatzes hervor. Folglich werden Energieerzeugnisse, die zur Gewinnung von Wärmeenergie verwendet werden, nach den allgemeinen Grundsätzen besteuert, während Erzeugnisse, die zur Gewinnung von elektrischem Strom verwendet werden, gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der angeführten Richtlinie von der Besteuerung ausgenommen sind. Der auf diese Weise erzeugte elektrische Strom unterliegt hingegen der Besteuerung, da der elektrische Strom, den der Erzeuger für die eigenen Zwecke produziert, auf der Verbrauchsstufe besteuert wird.

32.      Schlussendlich findet auf die Erzeugung von Wärmeenergie und elektrischem Strom, die bzw. der ins außerbetriebliche allgemeine Wärme- oder Stromnetz eingespeist wird, Art. 21 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/96 keine Anwendung. Das bedeutet, dass die Verwendung von Energieerzeugnissen zu Zwecken dieser Herstellung den allgemeinen Grundsätzen unterliegt, und zwar selbst dann, wenn sie auf dem Betriebsgelände desselben Betriebs hergestellt wurden. Energieerzeugnisse, die zur Gewinnung von Wärmeenergie verwendet werden, unterliegen mithin der Besteuerung, während Energieerzeugnisse, die zur Gewinnung von elektrischem Strom verwendet werden, gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96 von der Besteuerung ausgenommen sind.

33.      Die vorstehenden Feststellungen lassen sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens dahin zusammenfassen, dass Energieerzeugnisse, die auf dem Betriebsgelände eines Energieerzeugnisse produzierenden Betriebs hergestellt werden,

–        nicht der Steuerpflicht unterliegen (keinen Tatbestand erfüllen, der die Steuerpflicht begründet), soweit sie zur Erzeugung von Wärmeenergie genutzt werden (auch in Form von Wasserdampf), die zur Herstellung von Energieerzeugnissen verwendet wird;

–        nicht der Steuerpflicht unterliegen (keinen Tatbestand erfüllen, der die Steuerpflicht begründet), soweit sie zur Erzeugung von elektrischem Strom verwendet werden, der zur Herstellung von Energieerzeugnissen genutzt wird;

–        der Steuerpflicht unterliegen, soweit sie zur Erzeugung von Wärmeenergie verwendet werden, die zu anderen Zwecken auf dem Betriebsgelände desselben Betriebs genutzt wird;

–        nicht der Steuerpflicht unterliegen (davon befreit sind), soweit sie zur Erzeugung von elektrischem Strom verwendet werden, der zu anderen Zwecken auf dem Betriebsgelände desselben Betriebs genutzt wird;

–        der Steuerpflicht unterliegen, soweit sie zur Erzeugung von Wärmeenergie verwendet werden, die ins außerbetriebliche Netz eingespeist wird;

–        nicht der Steuerpflicht unterliegen (davon befreit sind), soweit sie zur Erzeugung von elektrischem Strom verwendet werden, der ins außerbetriebliche Netz eingespeist wird.

34.      Zugleich unterliegt elektrischer Strom, der auf dem Betriebsgelände dieses Betriebs erzeugt wird, einer zum Zeitpunkt seines – sei es zu Zwecken der Herstellung von Energieerzeugnissen, sei es zu anderen Zwecken erfolgenden – Verbrauchs fälligen Steuer, sofern dieser Strom auf dem Betriebsgelände desselben Betriebs genutzt wird, während elektrischer Strom, der ins außerbetriebliche Stromnetz eingespeist wird, zum Zeitpunkt der Lieferung durch den Verteilter bzw. Weiterverteiler besteuert wird.

35.      Ich schlage daher vor, die erste Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass er den Bestimmungen des nationalen Rechts eines Mitgliedstaats oder deren Auslegung entgegensteht, die es erlauben, Energieerzeugnisse, die auf dem Betriebsgelände eines Energieerzeugnisse produzierenden Betriebs hergestellt wurden und zu Zwecken dieser Herstellung verwendet werden, unabhängig davon zu besteuern, ob diese Verwendung unmittelbar oder über ein Zwischenprodukt, z. B. Wasserdampf oder elektrischen Strom, erfolgt.

 Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage

36.      Es sei daran erinnert, das Petrotel-Lukoil das von ihr selbst hergestellte, als „halbfertiges Heizöl“ bezeichnete Erzeugnis als Heizöl im Heizkessel ihres Wärmekraftwerks verwendet hat, ohne dass dieses Erzeugnis steuerlich eingestuft worden wäre. Daraufhin wandten die rumänischen Steuerbehörden auf dieses Erzeugnis den für Dieselkraftstoff vorgesehenen Steuersatz an, wie es die rumänischen Rechtsvorschriften vorsehen. Petrotel-Lukoil erwirkte daraufhin die Einstufung des betreffenden Erzeugnisses als Heizöl, was jedoch weder eine Herabsetzung des Steuersatzes noch die Erstattung der überzahlten Steuer zur Folge hatte.

37.      Mit seiner zweiten und seiner dritten Vorlagefrage, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das nationale Gericht folglich im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen ist, dass er den Bestimmungen des nationalen Rechts oder der Praxis eines Mitgliedstaats entgegensteht, die es erlauben, ein Energieerzeugnis, für das diese Richtlinie die Höhe der Besteuerung nicht vorgibt und das als Heizstoff verwendet wird, mit dem für Kraftstoff vorgesehenen Steuersatz zu besteuern, wenn der Steuerpflichtige keinen Antrag auf die steuerliche Einstufung dieses Erzeugnisses gestellt hat, und diesen Steuersatz auch nach der Einstufung des betreffenden Erzeugnisses als Heizstoff aufrechtzuerhalten.

38.      Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 bestimmt, dass Energieerzeugnisse, für die diese Richtlinie keine Steuerbeträge festlegt und die als Kraft- oder Heizstoff verwendet werden, „je nach Verwendung“ zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff erhobenen Steuersatz besteuert werden.

39.      Die rumänischen Rechtsvorschriften schreiben in diesem Fall vor, dass der Wirtschaftsteilnehmer, der ein Energieerzeugnis, für das kein Steuerbetrag festgelegt wurde, als Kraft- oder Heizstoff zu verwenden beabsichtigt, bei der zuständigen Behörde die Einstufung des betreffenden Erzeugnisses zu Zwecken der Verbrauchsteuer beantragt. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung hat zur Folge, dass das Erzeugnis, wenn es als Kraftstoff verwendet wird, automatisch zu dem für Benzin vorgesehenen Steuersatz, und wenn es als Heizstoff verwendet wird, zu dem für Dieselkraftstoff vorgesehenen Steuersatz besteuert wird. Diese Bestimmungen zielen darauf ab, Steuerhinterziehungen zu verhindern, insbesondere durch die Verwendung von Erzeugnissen, die nach den Steuersätzen für Heizstoffe besteuert werden, als Kraftstoff, für den erheblich höhere Steuersätze gelten.

40.      Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass ähnliche Bestimmungen im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen die Bestimmungen der Richtlinie 2003/96 verstoßen. Zwar können die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen bestimmte Verpflichtungen auferlegen, um Steuerhinterziehungen zu verhindern, doch darf die Nichterfüllung dieser Verpflichtungen nicht dazu führen, dass auf Erzeugnisse, die als Heizstoff verwendet werden, der Steuersatz für Kraftstoff angewandt wird(5).

41.      Derselbe Grundsatz muss nach meiner Ansicht auch in der vorliegenden Rechtssache gelten. Der Umstand, dass es in der Rechtssache ROZ-ŚWIT um eine Informationspflicht ging, die der Verkäufer von Energieerzeugnissen nach dem Verkauf dieser Erzeugnisse zu erfüllen hatte, während es in der vorliegenden Rechtssache um eine Verpflichtung geht, die grundsätzlich vor der Verwendung der Erzeugnisse zu erfüllen ist, ändert nichts an dieser Einschätzung. Diese beiden Verpflichtungen dienen nämlich dem gleichen Zweck, und zwar der Sicherstellung der Kontrolle der Steuerverwaltung über die Verwendung von Energieerzeugnissen, was Steuerhinterziehungen verhindern soll.

42.      Die Argumentation der rumänischen Regierung, wonach die im rumänischen Recht vorgesehene Verpflichtung im Gegensatz zu der vom Gerichtshof in der oben genannten Rechtssache(6) geprüften Verpflichtung nicht rein formeller Art sei, überzeugt mich daher nicht. Unabhängig davon, ob es sich um eine Ex-ante- oder eine Ex-post-Verpflichtung handelt, hat ihre Nichterfüllung die gleichen Folgen, und zwar die Besteuerung eines Energieerzeugnisses, das als Heizstoff verwendet wird, zu dem für Kraftstoffe geltenden Steuersatz. Dies verstößt jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gegen Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96.

43.      Was hingegen die Argumentation dieser Regierung anbetrifft, wonach dieses Besteuerungsniveau Strafcharakter habe und abschreckend wirken solle, ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten selbstverständlich dazu berechtigt sind, Sanktionen zu verhängen, wenn die Steuerpflichtigen den ihnen obliegenden administrativen Verpflichtungen nicht nachkommen. Diese Sanktionen dürfen jedoch nicht darin bestehen, dass Erzeugnisse in einer Weise besteuert werden, die gegen die Bestimmungen der Richtlinie 2003/96 verstößt.

44.      Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Mitgliedstaaten nicht dazu berechtigt sind, Energieerzeugnisse, die als Heizstoff verwendet werden, nach dem für Kraftstoff vorgesehenen Steuersatz zu besteuern, wenn der Steuerpflichtige die ihm obliegenden administrativen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Erst recht dürfen sie dieses Besteuerungsniveau nicht aufrechterhalten, wenn der Steuerpflichtige diese Verpflichtungen, wenn auch verspätet, nachgeholt hat. Im Ausgangsverfahren ist jedoch genau dieser Fall eingetreten, da die Petrotel-Lukoil es letztendlich erwirkt hat, dass das als „halbfertiges Heizöl“ bezeichnete Erzeugnis als Heizöl eingestuft wurde. Die überzahlte Steuer muss unter diesen Umständen erstattet werden. Die fehlende Erstattung dieser Steuer verstößt gegen die Bestimmungen der Richtlinie 2003/96 in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

45.      Ich schlage daher vor, die zweite und die dritte Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen ist, dass er den Bestimmungen des nationalen Rechts oder der nationalen Praxis eines Mitgliedstaats entgegensteht, die es erlauben, ein Energieerzeugnis, für das diese Richtlinie die Höhe der Besteuerung nicht vorgibt und das als Heizstoff verwendet wird, mit dem für Kraftstoff vorgesehenen Steuersatz zu besteuern, wenn der Steuerpflichtige keinen Antrag auf die steuerliche Einstufung dieses Erzeugnisses gestellt hat, und diesen Steuersatz auch nach der Einstufung des betreffenden Erzeugnisses als Heizstoff aufrechtzuerhalten.

 Ergebnis

46.      Nach alledem schlage ich vor, die Vorlagefragen der Curtea de Apel Bucureşti (Berufungsgericht Bukarest, Rumänien) an den Gerichtshof wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass er den Bestimmungen des nationalen Rechts eines Mitgliedstaats oder deren Auslegung entgegensteht, die es erlauben, Energieerzeugnisse, die auf dem Betriebsgelände eines Energieerzeugnisse produzierenden Betriebs hergestellt wurden und zu Zwecken dieser Herstellung verwendet werden, unabhängig davon zu besteuern, ob diese Verwendung unmittelbar oder über ein Zwischenprodukt, z. B. Wasserdampf oder elektrischen Strom, erfolgt.

2.      Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dahin auszulegen, dass er den Bestimmungen des nationalen Rechts oder der nationalen Praxis eines Mitgliedstaats entgegensteht, die es erlauben, ein Energieerzeugnis, für das diese Richtlinie die Höhe der Besteuerung nicht vorgibt und das als Heizstoff verwendet wird, mit dem für Kraftstoff vorgesehenen Steuersatz zu besteuern, wenn der Steuerpflichtige keinen Antrag auf die steuerliche Einstufung dieses Erzeugnisses gestellt hat, und diesen Steuersatz auch nach der Einstufung des betreffenden Erzeugnisses als Heizstoff aufrechtzuerhalten.


1      Originalsprache: Polnisch.


2      ABl. 2003, L 283, S. 51.


3      Richtlinie des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. 1992, L 76, S. 1).


4      Es spielt dabei keine Rolle, dass im Wärmekraftwerk auf dem Betriebsgelände der Petrotel-Lukoil gleichzeitig elektrischer Strom und Wärmeenergie erzeugt werden (Kraft-Wärme-Kopplung). Befreiungen auf die bei der Stromerzeugung verwendeten Energieerzeugnisse gelten nämlich auch für die Kraft-Wärme-Kopplung (vgl. entsprechendes Urteil vom 7. März 2018, Cristal Union, C‑31/17, EU:C:2018:168, Tenor).


5      Urteil vom 2. Juni 2016, ROZ-ŚWIT (C‑418/14, EU:C:2016:400, Tenor).


6      Urteil vom 2. Juni 2016, ROZ-ŚWIT (C‑418/14, EU:C:2016:400).