Language of document : ECLI:EU:T:2011:144

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

7. April 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke COMIT – Ältere nationale Bildmarke Comet – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Ähnlichkeit der Zeichen – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 207/2009) – Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 216/96“

In der Rechtssache T‑84/08

Intesa Sanpaolo SpA mit Sitz in Turin (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Perani und P. Pozzi,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Botis als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Kaase, J.‑C. Plate und M. Berger,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 19. Dezember 2007 (Sache R 138/2006‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG und der Intesa Sanpaolo SpA

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka und des Richters K. O’Higgins (Berichterstatter),

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 18. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 9. Juni 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 30. Mai 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2010

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 21. März 2003 meldete die Klägerin, die Intesa Sanpaolo SpA, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen COMIT.

3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35, 36, 41 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Drucke; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke“;

–        Klasse 35: „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“;

–        Klasse 36: „Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen“;

–        Klasse 41: „Erziehung; Ausbildung; Vergnügungen; Sport- und Freizeitaktivitäten“;

–        Klasse 42: „Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse und Forschung; Rechtsberatung und ‑vertretung“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 80/2003 vom 3. November 2003 veröffentlicht.

5        Am 29. Januar 2004 erhob die Rechtsvorgängerin der Streithelferin, der MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG, gegen die Anmeldung mit der Begründung Widerspruch, es bestehe Verwechslungsgefahr gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009).

6        Der Widerspruch war auf die nachstehend wiedergegebene eingetragene deutsche Bildmarke Nr. 39920459 gestützt:

Image not found

7        Diese ältere Marke ist u. a. für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 36, 41 und 42 eingetragen:

–        Klasse 9: „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten“;

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke“;

–        Klasse 35: „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“;

–        Klasse 36: „Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen“;

–        Klasse 41: „Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“;

–        Klasse 42: „technische Projektplanung, Konstruktionsplanung; Bauberatung; alle Dienstleistungen mit Ausnahme der Nutzung für den Werkzeug- und Werkzeugmaschinenbereich“.

8        Mit Entscheidung vom 12. Januar 2006 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch teilweise statt. Sie wies die Gemeinschaftsmarkenanmeldung für die Waren der Klasse 16 zurück, da insoweit im deutschen Hoheitsgebiet Verwechslungsgefahr bestehe.

9        Am 20. Januar 2006 legte die Streithelferin beim HABM gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung eine Beschwerde ein, soweit in der Entscheidung ihr Widerspruch hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 41 und 42 zurückgewiesen worden war. In dem Schriftsatz, mit dem sie zu dieser Beschwerde Stellung nahm, beantragte die Klägerin ihrerseits, die Entscheidung der Widerspruchsabteilung abzuändern, soweit darin dem Widerspruch für die Waren der Klasse 16 stattgegeben worden war.

10      Mit Entscheidung vom 19. Dezember 2007 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Vierte Beschwerdekammer der Beschwerde statt und wies die Gemeinschaftsmarkenanmeldung für alle beanspruchten Dienstleistungen zurück. Die Beschwerdekammer erachtete die zu vergleichenden Dienstleistungen für identisch. Zu den beiden Zeichen führte sie aus, dass die Widerspruchsabteilung den Grad der klanglichen Zeichenähnlichkeit unterschätzt habe. Die visuelle Ähnlichkeit und vor allem die klangliche Ähnlichkeit der Zeichen seien so groß, dass die Verbraucher annähmen, dass die mit der Anmeldemarke gekennzeichneten Dienstleistungen dieselbe betriebliche Herkunft hätten wie die identischen Dienstleistungen, die durch die ältere Marke geschützt seien. Das relevante Publikum richte seine Aufmerksamkeit vor allem auf den Wortanfang, der in beiden Zeichen der gleiche sei. Den Antrag der Klägerin auf Abänderung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung wies die Beschwerdekammer mit der Begründung als unzulässig zurück, dass dieser Antrag eine im Verhältnis zur Beschwerde der Streithelferin gesonderte Beschwerde darstelle, was in der Verordnung Nr. 40/94 nicht vorgesehen sei.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

11      In ihrer Klageschrift hat die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung abzuändern;

–        die Entscheidung der Widerspruchsabteilung zu bestätigen, soweit darin die angemeldete Marke für die Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 41 und 42 zur Eintragung zugelassen worden ist;

–        die Entscheidung der Widerspruchsabteilung abzuändern, soweit darin die angemeldete Marke für die Waren der Klasse 16 von der Eintragung ausgeschlossen worden ist;

–        die angemeldete Marke für alle Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35, 36, 41 und 42 zur Eintragung zuzulassen;

–        dem HABM die Kosten des vorliegenden Rechtszugs sowie des Widerspruchsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens vor dem HABM aufzuerlegen.

12      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        hilfsweise, falls der erste Klagegrund durchgreifen sollte, die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit der „Anschlussbeschwerde“ abzuändern;

–        in beiden Fällen der Klägerin die Kosten aufzuerlegen oder, hilfsweise, dem HABM gemäß Art. 136 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts nur seine eigenen Kosten aufzuerlegen.

13      Die Streithelferin beantragt, die Klage abzuweisen.

14      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, dass ihre Anträge nur auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und auf die Verurteilung des HABM zur Tragung der Kosten in den Verfahren vor dem Gericht und vor der Beschwerdekammer zielten. Dies ist im Sitzungsprotokoll vermerkt worden.

 Entscheidungsgründe

15      Die Klägerin macht zwei Klagegründe geltend, mit denen sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 216/96 der Kommission vom 5. Februar 1996 über die Verfahrensordnung vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (ABl. L 28, S. 11) in geänderter Fassung und einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 rügt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96

16      Im Verfahren vor der Beschwerdekammer legte die Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Beschwerdebegründung ihrerseits eine Beschwerde ein, mit der sie beantragte, die Entscheidung der Widerspruchsabteilung hinsichtlich der Waren der Klasse 16 abzuändern. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beschwerdekammer die Prüfung dieser „Anschlussbeschwerde“ unter Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 zu Unrecht abgelehnt habe.

17      Sie macht geltend, dass nach dieser Bestimmung der Beschwerdegegner das Recht habe, im Verfahren vor der Beschwerdekammer eine „Anschlussbeschwerde“ einzulegen. Dieses Recht, das sich aus dieser Bestimmung ergebe, sei bereits von mehreren Beschwerdekammern anerkannt worden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ausgeführt, dass sie Anspruch auf eine Prüfung durch beide Instanzen des HABM habe und dass die Beschwerdekammer durch ihre Ablehnung, die „Anschlussbeschwerde“ zu prüfen, diesen Anspruch verletzt habe.

18      Das HABM meint, es sei nicht klar, welche Gründe der Auffassung der Beschwerdekammer zur Anwendbarkeit des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 zugrunde gelegen hätten. Die Beschwerdekammer habe entweder zum Ausdruck bringen wollen, dass eine „Anschlussbeschwerde“ wie die im vorliegenden Fall eingelegte nur zulässig sei, wenn sie eine im Rahmen der Hauptbeschwerde bereits aufgeworfene Rechts- oder Tatsachenfrage zum Gegenstand habe, oder aber, dass eine solche „Anschlussbeschwerde“ nicht zulässig sei, wenn die Punkte, die sie betreffe, ohne Zusammenhang zur Hauptbeschwerde seien und der Beschwerdegegner wegen dieser Punkte eine unabhängige Beschwerde hätte einlegen können.

19      Jedoch sei Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 in einem weiten Sinne und ohne die von der Beschwerdekammer angenommenen impliziten Beschränkungen anzuwenden. Das Vorbringen der Klägerin greife daher durch. Dies bedeute jedoch nicht, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei, da ihre Begründung auch hinsichtlich der Waren, die Gegenstand der „Anschlussbeschwerde“ seien, stichhaltig sei.

20      Die Streithelferin führt in ihrer Klagebeantwortung aus, dass ungeachtet der in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 vorgesehenen Möglichkeit einer „Anschlussbeschwerde“ der Umstand, dass diese von der Vierten Beschwerdekammer des HABM nicht geprüft worden sei, auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall keine Auswirkungen habe.

21      Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Streithelferin in der mündlichen Verhandlung, wonach im vorliegenden Fall Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 keine Anschlussbeschwerde der Klägerin vor der Beschwerdekammer gestattet habe, unzulässig ist, da es sich nicht den in ihrer Klagebeantwortung entwickelten Angriffs- und Verteidigungsmitteln und Argumenten zuordnen lässt (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Alcon/HABM und *Acri.Tec, C‑481/08 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17).

22      Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 lautet:

„In mehrseitigen Verfahren kann der Beschwerdegegner in seiner Stellungnahme zur Beschwerdebegründung Anträge stellen, die auf die Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung in einem in der Beschwerde nicht geltend gemachten Punkt gerichtet sind. Derartige Anträge werden gegenstandslos, wenn die Beschwerde zurückgenommen wird.“

23      Dem Wortlaut dieser Bestimmung ist zu entnehmen, dass im Rahmen des Verfahrens vor der Beschwerdekammer der Beschwerdegegner sein Recht, die angefochtene Entscheidung anzugreifen, in seiner Stellungnahme ausüben kann. Damit erlaubt es ihm, wie die Klägerin zu Recht geltend gemacht hat, allein seine Stellung als Beschwerdegegner, die Gültigkeit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung in Frage zu stellen. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 beschränkt dieses Recht auch nicht auf die bereits mit der Beschwerde geltend gemachten Angriffs- und Verteidigungsmittel. Nach dieser Bestimmung betreffen solche Anträge nämlich einen Punkt, der mit der Beschwerde nicht geltend gemacht worden ist. Im Übrigen nimmt die Bestimmung nicht darauf Bezug, dass der Beschwerdegegner gegen die angefochtene Entscheidung selbst Beschwerde hätte einlegen können. Für die Anfechtung der Entscheidung, einem Widerspruch stattzugeben und die Gemeinschaftsmarkenanmeldung zurückzuweisen, stehen beide Beschwerdewege offen.

24      Im vorliegenden Fall war die Klägerin demnach gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 berechtigt, den Ausschluss der angemeldeten Marke von der Eintragung für die Waren der Klasse 16 anzufechten. Die Beschwerdekammer hat diesen Antrag zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen.

25      Der erste Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 gerügt wird, greift daher durch.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

26      Die Klägerin ist der Auffassung, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen nicht ähnlich seien, womit hinsichtlich der fraglichen Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr ausscheide. Die Beschwerdekammer habe die Entscheidung der Widerspruchsabteilung daher insoweit zu Unrecht aufgehoben. Die Klägerin trägt vor, dass

–        die ältere Marke zusätzliche Bild- und Farbelemente enthalte, die sie von dem Wortzeichen COMIT abhöben;

–        die beiden Zeichen auch in klanglicher Hinsicht verschieden seien, da die Wortendungen wegen des abweichenden zweiten Vokals („e“ und „i“) von den deutschen Verbrauchern unterschiedlich ausgesprochen würden;

–        die beiden Zeichen sich in begrifflicher Hinsicht unterschieden, da die Anmeldemarke COMIT ein erfundenes Wort sei, das im Italienischen „commerciale“ und „italiana“ bedeute, während die ältere Marke Comet, die im Englischen „Komet“ bedeute, an das bedeutungsgleiche deutsche Wort „Komet“ denken lasse;

–        wegen dieser Unterschiede die Zeichen insgesamt verschieden seien, womit sowohl hinsichtlich der Waren der Klasse 16 als auch der Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 41 und 42 für das Publikum, da der Durchschnittsverbraucher als normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig anzusehen sei, keine Verwechslungsgefahr bestehe.

27      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

28      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

29      Gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009) gehören zu den älteren Marken die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

30      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen der Verwechslungsgefahr umfassend, nach der Wahrnehmung der fraglichen Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Eine Verwechslungsgefahr im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 setzt sowohl eine Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken als auch eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen voraus. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im vorliegenden Fall sind die angesprochenen Verkehrskreise, da die fraglichen Dienstleistungen für das allgemeine Publikum bestimmt sind und die ältere Marke in Deutschland eingetragen ist, die deutschen Durchschnittsverbraucher. Diese sind als durchschnittlich informiert und angemessen aufmerksam und verständig anzusehen (Urteil des Gerichtshofs vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg. 1999, I‑3819, Randnr. 26).

34      Laut der angefochtenen Entscheidung sind die in Frage stehenden Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 41 und 42 identisch. Diese Feststellung ist von den Verfahrensbeteiligten bestritten worden.

 Zum Vergleich der Zeichen

35      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Dabei nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Was erstens den visuellen Vergleich angeht, hat die Beschwerdekammer in Randnr. 15 der angefochtenen Entscheidung zutreffend angenommen, dass die Zeichen einander ähnlich sind.

37      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass einer Prüfung, ob zwischen einer Wortmarke und einer Bildmarke visuelle Ähnlichkeit besteht, nichts entgegensteht, da diese beiden Markenarten Gegenstand einer grafischen Gestaltung sind, die einen visuellen Eindruck vermitteln kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 4. Mai 2005, Chum/HABM – Star TV [STAR TV], T‑359/02, Slg. 2005, II‑1515, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Es ist festzustellen, dass die visuellen Unterschiede zwischen den beiden Zeichen geringfügig sind. Die angemeldete Wortmarke ist das Wort „Comit“. Die ältere Bildmarke besteht aus dem Wort „Comet“, dessen Buchstaben in roter Fettschrift erscheinen und rot und grün unterstrichen sind. Vier der fünf Buchstaben der Zeichen sind identisch. Den einzigen Unterschied zwischen den beiden Wörtern stellt ihr jeweils vorletzter Buchstabe dar, ein „i“ und ein „e“. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sind die bildlichen Unterschiede zwischen den beiden Zeichen nur leicht und ändern nichts am Eindruck der Ähnlichkeit der nahezu identischen Wörter, die die Zeichen bilden und dominieren.

39      Was zweitens den klanglichen Vergleich betrifft, sind die Zeichen, wie von der Beschwerdekammer in Randnr. 15 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, einander auch insoweit ähnlich. So ist die erste Silbe „Com“, die zuerst wahrgenommen und gehört wird, in beiden Zeichenanfängen identisch. Weiter enthalten die beiden zweiten Silben „it“ und „et“ einen kurzen Vokal und lauten beide auf „t“ aus.

40      Die Zeichen sind daher in visueller und klanglicher Hinsicht ähnlich.

41      Was drittens den begrifflichen Vergleich angeht, hat die Beschwerdekammer in Randnr. 15 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sich zwar daraus ein Unterschied ergebe, dass ein Teil des deutschen Publikums die ältere Marke als das englische Substantiv wahrnehmen werde, das dem deutschen Wort „Komet“ entspreche, dass aber dieser Unterschied nicht genügend offenkundig und erheblich sei, um die erhebliche visuelle und klangliche Ähnlichkeit der beiden Zeichen aufzuwiegen.

42      Es ist zu konstatieren, dass die Marken in begrifflicher Hinsicht Unterschiede aufweisen. So bewirkt der Aussagegehalt „Komet“ der älteren Marke eine gewisse Verschiedenheit. Hingegen wird das Wort „Comit“ der Anmeldemarke, wie das HABM vorgetragen hat, vom deutschen Publikum als ein erfundenes Wort angesehen werden, dem damit keinerlei Bedeutung zukommt. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ist jedoch zu berücksichtigen, dass die den beiden Zeichen gemeinsame Anfangssilbe „Com“, die „Kommerz“ oder „kommerziell“ bedeutet, eine in der Welt der Unternehmen sehr verbreitete Abkürzung ist. Da die Zeichenanfänge somit die gleiche Bedeutung haben, ist der begriffliche Unterschied nicht von so großem Gewicht, dass er ausreichte, um die visuellen und klanglichen Ähnlichkeiten zu neutralisieren.

43      Demnach ist festzustellen, dass die Marken bei ihrer Würdigung als Ganzes einander ähnlich sind. Die Beschwerdekammer ist damit in Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Zeichen einen ähnlichen Gesamteindruck hervorrufen.

 Zur Verwechslungsgefahr

44      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 74).

45      Da im vorliegenden Fall die Dienstleistungen identisch und die Zeichen ähnlich sind, hat die Beschwerdekammer das Bestehen einer Verwechslungsgefahr beim relevanten Publikum zu Recht bejaht.

46      Berücksichtigt man, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer, Randnr. 26), ist es nämlich angesichts der erheblichen Ähnlichkeit der Zeichen insbesondere in visueller und klanglicher Hinsicht und der festgestellten Identität der betreffenden Dienstleistungen wahrscheinlich, dass das Publikum die Marken miteinander verwechseln wird.

47      Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass unter den Umständen des vorliegenden Falles trotz eines gewissen begrifflichen Unterschieds und des Aufmerksamkeitsgrads des deutschen Durchschnittsverbrauchers die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, es bestehe die Gefahr, dass das Publikum glauben könnte, dass die fraglichen Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten, nicht gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat.

48      Der zweite Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

49      Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit die Beschwerdekammer den Antrag der Klägerin hinsichtlich der Waren der Klasse 16 zurückgewiesen hat.

 Kosten

50      Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin teilweise obsiegt.

51      Nach Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt.

52      Gemäß Art. 136 § 2 der Verfahrensordnung gelten als erstattungsfähige Kosten die Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren.

53      Demnach sind dem HABM seine eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Klägerin einschließlich ihrer Kosten im Verfahren vor der Beschwerdekammer aufzuerlegen. Die Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 19. Dezember 2007 (Sache R 138/2006‑4) wird aufgehoben, soweit darin der Antrag der Intesa Sanpaolo SpA hinsichtlich der Waren der Klasse 16 zurückgewiesen worden ist.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Das HABM trägt seine eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Intesa Sanpaolo.

4.      Die MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG trägt ihre eigenen Kosten.

Czúcz

Labucka

O’Higgins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. April 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.