Language of document : ECLI:EU:T:2019:690

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

24. September 2019(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke V V‑WHEELS – Ältere Unions‑, nationale und nicht eingetragene Bildmarken VOLVO – Relatives Eintragungshindernis – Ähnlichkeit der Zeichen – Art. 8 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑356/18,

Volvo Trademark Holding AB mit Sitz in Göteborg (Schweden), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt T. Dolde und M. Hawkins, Solicitor,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Bonne und H. O’Neill als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Paalupaikka Oy mit Sitz in Iisalmi (Finnland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 21. März 2018 (Sache R 1852/2017‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Volvo Trademark Holding und Paalupaikka

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović sowie der Richter E. Bieliūnas und A. Kornezov (Berichterstatter),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 7. Juni 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 4. Oktober 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 4. August 2015 meldete die Paalupaikka Oy nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Dabei handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

3        Image not foundDieses Zeichen wird in der Anmeldung als „ein blauer Kreis mit einem silbernen Buchstaben ‚[v]‘“, beschrieben. Der Kreis „ist mit einem schmalen silbernen Band umrandet“ und befindet sich über dem „Wort ‚v‑wheels‘“, bei dem „der Buchstabe ‚[v]‘ silbern und die übrigen Zeichen blau sind“. Die angemeldeten Waren gehören zu Klasse 12 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in der überarbeiteten und geänderten Fassung und sind wie folgt beschrieben: „Radfelgen für Automobile; Felgen für Fahrzeugräder; Räder; Gleitrollen für Fahrzeuge [Räder]; Räder für Automobile; Räder für Motorräder; Räder für Fahrzeuge; Gleitrollen für Einkaufswägen [Fahrzeuge]; Räder [Teile von Landfahrzeugen]; Räder für Renn-Karts; Räder, Pneus und mechanische Raupenketten“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 182/2015 vom 25. September 2015 veröffentlicht.

5        Am 31. Dezember 2015 legte die Klägerin, die Volvo Trademark Holding AB, Widerspruch gegen die Eintragung des für die oben in Rn. 3 genannten Waren angemeldeten Zeichens ein.

6        Der Widerspruch wurde auf die folgenden älteren Marken, die sämtlich Waren der Klasse 12 erfassten, gestützt:

–        die nachfolgend abgebildete, unter der Nr. 10397016 eingetragene Unionsbildmarke:


–        die nachfolgend abgebildete, unter der Nr. 4804522 eingetragene Unionsbildmarke:

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–        die nachfolgend abgebildete, unter der Nr. 9045311 eingetragene Unionsbildmarke:


–        die nachfolgend abgebildete, unter der Nr. 66240 eingetragene finnische Bildmarke:


–        die nachfolgend abgebildete, unter der Nr. 385923 eingetragene schwedische Bildmarke:

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–        die nachfolgend abgebildete, am 22. August 2014 angemeldete schwedische Bildmarke:

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–        die nachfolgend abgebildete, in der Europäischen Union notorisch bekannte Marke:

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–        die nachfolgend abgebildete, in der Union notorisch bekannte Marke:

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–        die nachfolgend abgebildete, in der Union notorisch bekannte Marke:

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7        Der Widerspruch wurde auf die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung 2017/1001) genannten Gründe gestützt.

8        Am 19. Juni 2017 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück.

9        Am 22. August 2017 legte die Klägerin beim EUIPO gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) ein.

10      Mit Entscheidung vom 21. März 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie vertrat insbesondere die Auffassung, dass sich das angemeldete Zeichen von den zur Stützung des Widerspruchs geltend gemachten älteren Marken unterscheide und dass daher keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 festgestellt werden könne. Sodann wies sie das Vorbringen zu Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung mit der Begründung zurück, dass die erste Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift nicht erfüllt sei, da sich die gegenüberstehenden Zeichen voneinander unterschieden. Schließlich führte sie aus, dass weder Meinungsumfragen noch die vom Kläger vorgetragene Entscheidung des Patentstyret (Norwegisches Amt für geistiges Eigentum) diese Feststellungen in Frage stellen könnten.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten einschließlich der in den Verfahren vor der Widerspruchsabteilung und der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO entstandenen Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage insgesamt abzuweisen;

–        der Klägerin die ihm entstandenen Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Klagegründe. Mit dem ersten und dem zweiten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 bzw. Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001. Der dritte Klagegrund betrifft eine Verfälschung von Tatsachen und Beweismitteln durch die Beschwerdekammer unter Verstoß gegen Art. 72 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001. Mit dem vierten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die der Beschwerdekammer gemäß Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 obliegende Begründungspflicht geltend gemacht.

14      Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Beschwerdekammer bei der Prüfung des relativen Eintragungshindernisses nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 die Auffassung vertreten hat, dass sich die einander gegenüberstehenden Zeichen voneinander unterschieden, so dass der sowohl auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b als auch auf Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung gestützte Widerspruch zurückzuweisen sei.

15      Mit dem ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 gerügt wird, macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerdekammer unzutreffend festgestellt habe, dass keine Zeichenähnlichkeit vorliege, und damit zu Unrecht das Vorliegen des in dieser Bestimmung genannten relativen Eintragungshindernisses verneint habe.

16      Gemäß Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 ist auf Widerspruch des Inhabers einer eingetragenen älteren Marke im Sinne von Abs. 2 die angemeldete Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist, ungeachtet dessen, ob die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, mit denen identisch oder denen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die eine ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

17      Aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 folgt, dass die Anwendung dieser Vorschrift von den folgenden kumulativen Voraussetzungen abhängt: erstens der Identität oder der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, zweitens der Bekanntheit der älteren Marke, auf die der Widerspruch gestützt wird, und drittens der Gefahr, dass die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde (Urteil vom 28. Juni 2018, EUIPO/Puma, C‑564/16 P, EU:C:2018:509, Rn. 54).

18      Nach ständiger Rechtsprechung sind die in Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 genannten Beeinträchtigungen, wenn sie auftreten, die Folge eines bestimmten Grades der Ähnlichkeit zwischen der älteren und der jüngeren Marke, aufgrund dessen die beteiligten Verkehrskreise einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Marken sehen, d. h. die beiden gedanklich miteinander verknüpfen, ohne sie jedoch zu verwechseln (vgl. Urteil vom 12. März 2009, Antartica/HABM, C‑320/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:146, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Was insbesondere die oben in Rn. 17 genannte erste Anwendungsvoraussetzung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001, nämlich die Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, anbelangt, ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Grad der Ähnlichkeit, wie er nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zum einen und nach Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung zum anderen verlangt wird, unterschiedlich ist. Während nämlich der durch die erste dieser beiden Bestimmungen eingeführte Schutz voraussetzt, dass ein Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken festgestellt wird, der so hoch ist, dass für die beteiligten Verkehrskreise die Gefahr einer Verwechslung der Marken besteht, ist das Vorliegen einer solchen Gefahr für den durch die zweite Bestimmung gewährten Schutz nicht erforderlich. So können die in Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 genannten Beeinträchtigungen die Folge eines geringeren Grades der Ähnlichkeit zwischen den älteren und der jüngeren Marke sein, sofern dieser ausreicht, damit die beteiligten Verkehrskreise zwischen diesen Marken einen Zusammenhang sehen, d. h., die beiden gedanklich miteinander verknüpfen (Urteile vom 24. März 2011, Ferrero/HABM, C‑552/09 P, EU:C:2011:177‚ Rn. 53, und vom 20. November 2014, Intra-Presse/Golden Balls, C‑581/13 P und C‑582/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2387‚ Rn. 72).

20      Wird festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen nicht ähnlich sind, ist Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 – ebenso wie Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung – daher offensichtlich nicht anwendbar. Nur dann, wenn die einander gegenüberstehenden Marken eine gewisse, wenn auch geringe, Ähnlichkeit aufweisen, ist eine umfassende Beurteilung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob trotz ihres geringen Ähnlichkeitsgrads aufgrund des Vorliegens anderer relevanter Faktoren wie der Bekanntheit oder der Wertschätzung der älteren Marke eine Verwechslungsgefahr oder eine gedankliche Verknüpfung der Marken durch die beteiligten Verkehrskreise vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. März 2011, Ferrero/HABM, C‑552/09 P, EU:C:2011:177‚ Rn. 66, und vom 20. November 2014, Intra-Presse/Golden Balls, C‑581/13 P und C‑582/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2387‚ Rn. 73).

21      Im Licht dieser Vorbemerkungen ist der erste von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund zu prüfen.

22      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, dass sich die einander gegenüberstehenden Zeichen voneinander unterschieden, und ist auf dieser Grundlage zu dem Schluss gelangt, dass das Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 nicht zur Anwendung komme, ohne dass sie die oben in Rn. 17 genannten sonstigen Voraussetzungen dieser Bestimmung geprüft hätte.

23      Zu untersuchen ist daher, ob die Beschwerdekammer feststellen durfte, dass zwischen den kollidierenden Zeichen keine, auch keine geringe, Ähnlichkeit bestehe.

24      Insoweit ist daran zu erinnern, dass zwei Zeichen einander ähnlich sind, wenn sie aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte, nämlich visueller, klanglicher und begrifflicher Gesichtspunkte, zumindest teilweise übereinstimmen (vgl. Urteil vom 29. November 2018, Louis Vuitton Malletier/EUIPO – Fulia Trading [LV BET ZAKŁADY BUKMACHERSKIE], T‑373/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:850, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Zeichen kann sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 43). Das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild der Marke, das die angesprochenen Verkehrskreise im Gedächtnis behalten, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 43).

26      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer bei ihrer Beurteilung nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zunächst festgestellt, dass die zu berücksichtigenden maßgeblichen Verkehrskreise die Allgemeinheit, d. h. Endverbraucher und Fachverbraucher, seien, bei denen die Aufmerksamkeit von durchschnittlich bis hoch variiere. Für die Prüfung der Wahrscheinlichkeit einer Verwechslungsgefahr sei bei den älteren Unionsmarken und den älteren nicht eingetragenen allgemein bekannten Marken auf das Gebiet der Europäischen Union und bei den in Schweden und Finnland eingetragenen nationalen Marken auf diese beiden Gebiete abzustellen. Die Parteien treten dieser Definition der maßgeblichen Verkehrskreise nicht entgegen.

27      Sodann hat die Beschwerdekammer einen visuellen, klanglichen und begrifflichen Vergleich der sich gegenüberstehenden Zeichen vorgenommen. Als Erstes hat sie dabei den Widerspruch geprüft, soweit er auf die oben in Rn. 6 wiedergegebene Unionsmarke Nr. 10397016 gestützt war.

28      Die Beschwerdekammer hat insoweit ausgeführt, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um ein Bildzeichen handle, das aus dem stilisierten Buchstaben „v“ in silberner Schrift bestehe, der in einen blauen Kreis eingefügt sei. Die verwendete Schriftart ähnle der Standardschriftart Garamond, die in jedem Textverarbeitungsprogramm vorhanden sei. Unter dem Kreis sei derselbe stilisierte Buchstabe wiedergegeben, jedoch in verkleinerter Größe, gefolgt von einem Bindestrich und dem Wort „wheels“ in einer Schriftart, die der Schriftart „Arial“ ähnle. Dieses Wort, ein in der ganzen Union verständliches Wort des englischen Grundwortschatzes, sei für die von der angemeldeten Marke erfassten Waren beschreibend und in Bezug auf Fahrzeuge nicht unterscheidungskräftig. Der Buchstabe „v“ habe keine Bedeutung in Bezug auf Fahrzeuge. Sie hat daher festgestellt, dass das angemeldete Zeichen „für die Klägerin im besten Fall“ durch den silbernen Buchstaben „v“ in einem blauen Kreis geprägt sei und dass Blau eine Grundfarbe sei.

29      Zur Unionsmarke Nr. 10397016 hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass diese Marke aus der stilisierten Darstellung des Wortbestandteils „volvo“ in blauen Buchstaben bestehe, dass Blau eine Grundfarbe sei und dass die Schriftzeichen der Standardschriftart Garamond ähnelten, „mit dem einzigen Unterschied, dass [diese] Buchstaben … etwas dicker erscheinen als bei [dieser Schriftart]“. Bei den sich gegenüberstehenden Zeichen seien sowohl die verwendete Schriftart als auch die gewählte Farbe sehr schlicht und geschäftsüblich, so dass sie diesen Zeichen keine Unterscheidungskraft verliehen.

30      Zum visuellen Vergleich der kollidierenden Zeichen hat die Beschwerdekammer in Nr. 30 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die prägenden Elemente dieser Zeichen, nämlich der Buchstabe „v“ für das angemeldete Zeichen bzw. das Wortelement „volvo“ für die ältere Marke, sich voneinander unterschieden. Bei einem aus einem einzelnen Buchstaben bestehenden Zeichen könne nicht davon ausgegangen werden, dass es einem Wort, das mit demselben Buchstaben beginne, ähnle. Auch die ergänzenden Bildelemente seien unterschiedlich. Auch wenn bei beiden Zeichen die Farbe Blau verwendet werde und es sich um denselben Blauton handele, würde dies die zwischen diesen Zeichen bestehenden Unterschiede nicht überwiegen.

31      In Bezug auf den Klang war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass der Einzelbuchstabe „v“ im angemeldeten Zeichen auf Englisch, Spanisch und Deutsch anders ausgesprochen werde als der Buchstabe „v“ im Wortbestandteil „VOLVO“ der älteren Marke. Da ihr in keiner anderen Sprache ein gegenteiliges Beispiel bekannt sei, seien die sich gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher Hinsicht nicht ähnlich.

32      In begrifflicher Hinsicht sei kein Vergleich möglich, da weder das dominierende und unterscheidungskräftige Element des angemeldeten Zeichens noch die ältere Marke eine Bedeutung hätten.

33      Die Beschwerdekammer wies außerdem darauf hin, dass die kollidierenden Zeichen bildlich und klanglich noch stärker voneinander abwichen, wenn der Bestandteil „v‑wheels“ des angemeldeten Zeichens berücksichtigt würde. Wäre dem dominierenden Bestandteil dieses Zeichens eine Bedeutung beizumessen, nämlich die eines Einzelzeichens, oder das Wort „Räder“ seines Bestandteils „v-wheels“ zu berücksichtigen, würden sich die kollidierenden Zeichen auch in begrifflicher Hinsicht unterscheiden.

34      Als Zweites hat die Beschwerdekammer einen Vergleich zwischen dem angemeldeten Zeichen und allen anderen oben in Rn. 6 wiedergegebenen älteren Bildmarken, auf die der Widerspruch gestützt wurde, vorgenommen. Hierzu hat sie ausgeführt, dass alle diese Marken aus dem in derselben Schriftart wie die Unionsmarke Nr. 10397016 geschriebenen verbalen unterscheidungskräftigen Element „VOLVO“ und „einem mitdominierenden Bildelement“ bestünden, wobei das Wortelement „volvo“ in Schwarz auf einem weißen Etikett oder in Weiß auf einem schwarzen oder blauen Etikett abgebildet sei. Diese Marken enthielten entgegen dem Vorbringen der Klägerin keinen Kreis, da sich ihr Bildelement nicht in einen Kreis und einen Pfeil aufspalten lasse, sondern als ein einheitliches Element wahrgenommen werde, das dem bekannten Symbol für das männliche Geschlecht (Image not found) ähnle, so dass die kollidierenden Zeichen nicht dasselbe Kreiselement enthielten. Ferner sei der Wortbestandteil „volvo“ bei keiner dieser Marken, anders als der Buchstabe „v“ beim angemeldeten Zeichen, in silberner Farbe geschrieben. Da die Marken aber alle ein weiteres „mitdominierendes“ Element enthielten, seien die Unterschiede zwischen ihnen und diesem Zeichen „umso größer“. Die Beschwerdekammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass sich das angemeldete Zeichen von allen anderen oben genannten Marken unterscheide.

35      Die Klägerin trägt vor, dass die Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen durch die Beschwerdekammer im Rahmen der Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft sei. In der Klageschrift und in der mündlichen Verhandlung hat sie präzisiert, dass sich ihr Vorbringen im Wesentlichen auf den Vergleich des angemeldeten Zeichens mit der nachstehend wiedergegebenen allgemein bekannten Unionsmarke (im Folgenden: geltend gemachte ältere Marke) konzentriere:

Angemeldete Marke

In der Union allgemein bekannte ältere Marke

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36      Nach Auffassung der Klägerin besteht zwischen den oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen eine gewisse visuelle Ähnlichkeit, da sie mehrere gemeinsame Elemente aufwiesen, nämlich den Buchstaben „v“, Kreisformen, eine Platzierung der Wortelemente innerhalb dieser Kreisformen, dieselbe Kombination der Farben Blau und Silber und eine Verwendung derselben Schriftart, wobei es sich dabei nicht um die Standardschriftart Garamond, sondern um eine von ihr speziell geschaffene Schriftart handle. Die Beschwerdekammer habe einige dieser Ähnlichkeiten sowie den von diesen Zeichen vermittelten Gesamteindruck nicht berücksichtigt. Außerdem bestehe zwischen den Zeichen auch eine gewisse klangliche Ähnlichkeit.

37      Das EUIPO erwidert erstens, dass der Umstand, dass das Wortelement „volvo“ in der geltend gemachten älteren Marke mit dem Buchstaben „v“ beginne, der dann wiederholt werde, nicht ausreiche, um über die Unterschiede zwischen den oben in Rn. 35 wiedergegebenen Zeichen hinwegzusehen, und dass die verwendete Schriftart nicht besonders kennzeichnungskräftig sei. Zweitens enthielten diese Zeichen weder dieselben Bildelemente, insbesondere eine Kreisform, noch dieselben Wortelemente, so dass sie nicht als ähnlich anzusehen seien. Drittens sei das Wortelement der geltend gemachten älteren Marke entgegen dem Vorbringen der Klägerin in einem Rechteck platziert, das weniger als ein Drittel des Symbols für das männliche Geschlecht erfasse, während das Element „v“ des angemeldeten Zeichens die gesamte Fläche der Scheibe, auf der es angebracht sei, beanspruche. Viertens stimme der bei diesem Zeichen verwendete silberne Farbton nicht mit der silbernen Farbe der geltend gemachten älteren Marke überein, und das Verhältnis der Farben zueinander sei nicht in dem Maße identisch, dass man diese Zeichen als ähnlich betrachten könne. Die Kombination der Farben Blau und Silber sei außerdem nicht aus sich heraus kennzeichnungskräftig.

38      Es ist festzustellen, dass das angemeldete Zeichen ein komplexes Bildzeichen ist. Es enthält ein Element, das in Anbetracht seiner Größe und Platzierung dominiert, und zwar den in silberner Farbe in leicht stilisierter Schriftart geschriebenen Buchstaben „v“, der in einen mit einer schmalen silbernen Linie umrandeten Kreis eingefügt ist. Unterhalb dieses Elements befindet sich ein Wortelement geringerer Größe, nämlich „v-wheels“, dessen Buchstabe „v“ mit dem innerhalb des Kreises befindlichen Buchstaben übereinstimmt, aber in kleinerer Größe wiedergegeben ist. Die weiteren Schriftzeichen sind in blauer Farbe und in einer der Schriftart Arial ähnelnden Schriftart geschrieben.

39      Insoweit hat die Beschwerdekammer in Nr. 27 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass das prägende Element des angemeldeten Zeichens dasjenige sei, das sich aus dem in silberner Farbe geschriebenen und in einen blauen Kreis eingefügten Großbuchstaben „v“ zusammensetze. Es ist jedoch festzuhalten, dass dieser blaue Kreis seinerseits mit einer schmalen silbernen Linie umrandet ist (siehe oben, Rn. 2 und 3), was von der Beschwerdekammer nicht erwähnt wurde. Zum Wortelement „v-wheels“ dieses Zeichens ist festzustellen, dass dieses Element in Anbetracht seiner Größe und des Umstands, dass es zum Teil den stilisierten Großbuchstaben „v“ des dominierenden Elements wiedergibt, nicht als prägend angesehen werden kann. Dieses Element kann dennoch nicht unberücksichtigt bleiben.

40      Bei der geltend gemachten älteren Marke handelt es sich gleichfalls um eine komplexe Marke, die aus dem Wortbestandteil „volvo“ besteht, das in leicht stilisierten weißen Buchstaben auf einem blauen rechteckigen Hintergrund geschrieben ist, der in einen silberfarbenen Kreis eingefügt ist, an dem rechts oben ein kleiner Pfeil derselben Farbe angebracht ist. Hierzu hat die Kammer zutreffend ausgeführt, dass diese Marke aus dominierenden Elementen bestehe, nämlich dem Wortelement „volvo“ und einem Kreiselement, an dem rechts oben ein kleiner Pfeil angebracht sei.

41      Was als Erstes den Vergleich der oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen in visueller Hinsicht angeht, hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen festgestellt, dass sich diese Zeichen voneinander unterschieden.

42      Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen, wie im Wesentlichen auch von der Klägerin vorgetragen, in visueller Hinsicht ähnliche Elemente aufweisen.

43      Denn erstens weisen der Wortbestandteil des dominierenden Elements des angemeldeten Zeichens und der Wortbestandteil der geltend gemachten älteren Marke, nämlich der Buchstabe „v“ bzw. der Wortbestandteil „volvo“, gewisse Ähnlichkeiten auf. Zum einen stimmt dieser Buchstabe insbesondere mit dem ersten Buchstaben dieses Wortbestandteils überein. Zum anderen sind sie in beiden Fällen in identischer Schriftart geschrieben. Zwar ist diese Schriftart nicht besonders phantasiereich, sie ist aber stilisiert und gehört nicht zu den „Standard“-Schriftarten von Textverarbeitungsprogrammen, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben. Das EUIPO stellt im Übrigen nicht in Abrede, dass diese Schriftart speziell für die Klägerin geschaffen wurde und von ihr seit vielen Jahren verwendet wird. Ferner beruhen, wie die Klägerin zutreffend vorträgt und anders als von der Beschwerdekammer festgestellt, die Unterschiede zwischen der Schriftart Garamond und der bei den oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen verwendeten Schriftart nicht nur auf den „leicht dicker“ geschriebenen Buchstaben, sondern auch darauf, dass der Buchstabe „v“ dieser Zeichen anders als bei der Schriftart Garamond so geschrieben ist, dass die untere Spitze abgeschnitten wird. Daher ist festzustellen, dass diese Zeichen für ihre Wortelemente „v“ und „volvo“ dieselbe Schriftart verwenden, die entgegen den Ausführungen der Beschwerdekammer nicht zu den im Geschäftsleben üblicherweise verwendeten Schriftarten gehört.

44      Das Gericht hatte jedenfalls bereits Gelegenheit festzustellen, dass die Verwendung derselben Schriftart, auch wenn es sich um eine Standardschrift handelt, ein Gesichtspunkt ist, der bei einem visuellen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 16. Januar 2018, Starbucks/EUIPO – Nersesyan [COFFEE ROCKS], T‑398/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:4, Rn. 29 und 52), so dass, selbst wenn die Wortbestandteile der kollidierenden Zeichen in einer Standard-Schriftart geschrieben wären, die Feststellung, dass die Zeichen ein ähnliches Element aufweisen, nicht ausgeschlossen wäre.

45      Zweitens sind die Wortelemente „v“ und „volvo“ bei den einander gegenüberstehenden Zeichen jeweils in der Mitte des Zeichens platziert und deutlich hervorgehoben. Denn in den oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen sind diese – in silberner bzw. weißer Farbe geschriebenen – Wortelemente jeweils auf einem blauen Hintergrund in der Mitte eines kreisförmigen Bildelements dargestellt (siehe oben, Rn. 50), wodurch sie hervorgehoben werden. Sie gelangen aufgrund ihrer Platzierung und des gewollten Kontrasts der verwendeten Farben deutlich zur Geltung. Wie die Klägerin zutreffend vorträgt, hat es die Beschwerdekammer versäumt, dies bei der Beurteilung der visuellen Ähnlichkeit dieser Zeichen zu berücksichtigen.

46      Drittens verwenden das angemeldete Zeichen und die geltend gemachte ältere Marke eine sehr ähnliche Farbkombination. In beiden Fällen wird die Farbe Blau in einem sehr ähnlichen, wenn nicht gar identischen Farbton gewählt, und zwar beim Zeichen für den Kreis, in den der silberfarbige Buchstabe „v“ eingefügt ist, und bei der Marke für das Rechteck, in den das Wort „volvo“ in weißer Farbe eingefügt ist. Außerdem wird bei beiden die Farbe Silber verwendet: beim Zeichen für den Buchstaben „v“ und die den blauen Kreis umrandende schmale Linie, bei der Marke für das Symbol für das männliche Geschlecht.

47      Insoweit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zwar ausgeführt hat, dass die oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen in der Verwendung der Farbe Blau übereinstimmten. Sie hat es jedoch unterlassen, im Rahmen einer ganzheitlicheren Betrachtung zu berücksichtigen, dass eine sehr ähnliche Farbkombination verwendet wird. Der von ihr hervorgehobene Umstand, dass der verbale Bestandteil der geltend gemachten älteren Marke in weißer Farbe, das Wortelement des dominanten Elements des angemeldeten Zeichens aber in silberner Farbe geschrieben sei, ändert nichts an der Ähnlichkeit der bei diesen Zeichen verwendeten Farbkombination. Werden diese beiden Farben, wie vorliegend der Fall, mit einem dunklen Hintergrund in Kontrast gesetzt, ist der Unterschied zwischen ihnen nämlich nicht leicht zu erkennen. Tatsächlich tragen gerade diese Farbkombinationen dazu bei, diese Wortelemente zur Geltung zu bringen und ein übereinstimmendes ästhetisches Gesamtergebnis zu erreichen.

48      Ebenso wenig kann der von der Beschwerdekammer angeführte Umstand, dass die bei den oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen verwendete Farbe Blau sehr schlicht sei und üblicherweise im geschäftlichen Verkehr benutzt werde, die im Hinblick auf die verwendete Farbkombination festgestellte Ähnlichkeit aufheben. Insoweit genügt der Hinweis, dass bei einem visuellen Vergleich zweier Zeichen die Verwendung derselben Farben zu berücksichtigen ist, auch wenn es sich um Grundfarben handelt, wie dies in der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Januar 2018, COFFEE ROCKS (T‑398/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:4‚ Rn. 52), erging, bei der Kombination aus Schwarz und Weiß der Fall war.

49      Ferner ist zum Vorbringen des EUIPO in der Klagebeantwortung, wonach sowohl das Farbverhältnis in den oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen als auch der bei diesen Zeichen verwendete silberne Farbton unterschiedlich sei, festzustellen, dass sich diese Erwägung nicht in der angefochtenen Entscheidung findet, so dass das EUIPO mit diesem Argument die angefochtene Entscheidung auf Gesichtpunkte stützen will, die darin nicht berücksichtigt wurden. Eine solche ergänzende Begründung kann vor dem Gericht nicht nachgeschoben werden und ist als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2014, CEDC International/HABM – Underberg [Form eines Grashalms in einer Flasche], T‑235/12, EU:T:2014:1058‚ Rn. 71). Jedenfalls entkräftet der angebliche Unterschied in Anteil und Ton der silbernen Farbe keineswegs die Feststellung, dass das angemeldete Zeichen und die geltend gemachte ältere Marke eine sehr ähnliche, klar und sofort erkennbare Farbkombination verwenden.

50      Viertens weisen sowohl das angemeldete Zeichen als auch die geltend gemachte ältere Marke im Großen und Ganzen eine Kreisform auf. Denn zum einen enthält Erstere unbestritten einen großen blauen Kreis, der mit einer schmalen silbernen Linie umrandet ist, auch wenn die Beschwerdekammer das letztere Element nicht berücksichtigt hat. Zum anderen hat die Beschwerdekammer nicht berücksichtigt, dass diese Marke eine durch die Silberkonturen des Symbols für das männliche Geschlecht eingefasste innere Kreisform oder zumindest zwei Halbkreise aufweist, die sich oberhalb bzw. unterhalb des blauen Rechtecks mit dem Wortelement „volvo“ befinden. Zudem besteht das Symbol für das männliche Geschlecht (Image not found) in dieser Marke aus einem Kreis und einem Pfeil. Wenn, wie vom EUIPO vorgebracht, die maßgeblichen Verkehrskreise dieses Symbol tatsächlich unmittelbar erkennen sollten, bedeutet das entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer in Nr. 37 der angefochtenen Entscheidung nicht, dass diese Verkehrskreise nicht bemerken würden, dass das Symbol für das männliche Geschlecht insbesondere aus einem deutlich sichtbaren Kreis besteht, zumal der angefügte Pfeil wesentlich kleiner als der Kreis selbst ist. Die Beschwerdekammer hat daher insoweit zu Unrecht festgestellt, dass die betreffende Marke „keinen Kreis enthält“.

51      Daraus folgt, dass das angemeldete Zeichen und die geltend gemachte ältere Marke mehrere visuelle Elemente gemein haben, nämlich die Verwendung derselben Schriftart, einer sehr ähnlichen Farbkombination und von Kreisformen, in deren Mitte der jeweilige Wortbestandteil platziert und hervorgehoben ist, wobei die Wortbestandteile außerdem hinsichtlich des Buchstabens „v“ als einzigem Buchstaben des dominierenden Elements des angemeldeten Zeichens und erstem Buchstaben des Wortelements der geltend gemachten älteren Marke übereinstimmen.

52      Zwar weisen, wie in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt und vom EUIPO geltend gemacht, die oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen auch erhebliche visuelle Unterschiede auf. So unterscheidet sich insbesondere der aus einem einzigen Buchstaben, nämlich „v“, bestehende Wortbestandteil des dominierenden Elements des angemeldeten Zeichens von dem aus fünf Buchstaben bestehenden Wortbestandteil „volvo“ der geltend gemachten älteren Marke; das Zeichen enthält im Unterschied zur Marke, bei der die Kreisform silberfarbig umrandet ist, einen blauen Kreis (siehe oben, Rn. 40); die Marke weist im Unterscheid zum Zeichen ein blaues Rechteck, in das der Wortbestandteil „volvo“ geschrieben ist, und ein dem Symbol für das männliche Geschlecht ähnelndes Bildelement auf; der Wortbestandteil „v-wheels“ des Zeichens kommt in der geltend gemachten älteren Marke nicht vor.

53      Diese Unterschiede, so gewichtig sie auch sein mögen, führen jedoch nicht dazu, dass die oben in den Rn. 43 bis 51 genannten Ähnlichkeiten im Rahmen des von den oben in den Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen vermittelten Gesamteindrucks keine Rolle spielen. Denn all diese Ähnlichkeiten betreffen unterschiedliche Aspekte der dominierenden Bestandteile des angemeldeten Zeichens und der geltend gemachten älteren Marke, so dass ihnen ihre Relevanz nicht abgesprochen werden kann.

54      Im Übrigen ist, selbst wenn, wie vom EUIPO geltend gemacht, keine der oben in den Rn. 43 bis 51 genannten Ähnlichkeiten für sich genommen ausreichen sollte, um im Hinblick auf die Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 festzustellen, dass die oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen ähnlich sind, gleichwohl festzustellen, dass diese Ähnlichkeiten in ihrer Gesamtheit zeigen, dass ein für die Zwecke der Anwendung dieses Artikels zu berücksichtigender geringer Grad an visueller Ähnlichkeit vorliegt. Insoweit genügt der Hinweis, dass gemäß der oben in den Rn. 24 und 25 angeführten Rechtsprechung zwei Zeichen einander ähnlich sind, wenn sie aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte zumindest teilweise übereinstimmen.

55      Darüber hinaus hat das EUIPO in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen gewisse Ähnlichkeiten aufwiesen. Dabei handele es sich aber um einen „Grenzfall“, der nicht den nach der Rechtsprechung erforderlichen Ähnlichkeitsgrad erreiche. In diesem Zusammenhang ist jedoch daran zu erinnern, dass nach der oben in Rn. 19 angeführten Rechtsprechung der nach Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 erforderliche Ähnlichkeitsgrad geringer ist als der von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung verlangte und dass die oben in den Rn. 43 bis 51 genannten Ähnlichkeiten zusammengenommen ausreichen, um einen für die Zwecke der Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 zu berücksichtigenden geringen visuellen Ähnlichkeitsgrad zwischen dem angemeldeten Zeichen und der geltend gemachten älteren Marke zu bejahen.

56      Die Beschwerdekammer hat folglich zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass sich die oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen visuell voneinander unterscheiden.

57      Zweitens ist zum klanglichen Vergleich der oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen festzustellen, dass die Beschwerdekammer zutreffend eine Ähnlichkeit zwischen diesen Zeichen verneint hat. Wird das angemeldete Zeichen nur als Buchstabe „v“ ausgesprochen, wird dieser, wie die Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, anders als das Wortelement „volvo“ in der geltend gemachten älteren Marke ausgesprochen. Dann wird dieser Buchstabe nämlich so ausgesprochen wie der entsprechende Buchstabe im Alphabet, während das aus den Silben „vol“ und „vo“ bestehende Wortelement ausgesprochen wird, ohne abzusetzen, und einer anderen Betonung und Intonierung sowie einem anderen Rhythmus unterliegt.

58      Wird das angemeldete Zeichen wie sein Wortelement „v-wheels“ ausgesprochen, lässt sich auch diese Aussprache nicht mit der des Wortelements „volvo“ in der geltend gemachten älteren Marke vergleichen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin werden die Silben, in die die oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen getrennt werden können, unterschiedlich ausgesprochen. Auch wenn einige Buchstaben übereinstimmen, werden sie doch in unterschiedlicher Reihenfolge, unterschiedlicher Betonung und mit unterschiedlichem Rhythmus ausgesprochen.

59      Schließlich genügt drittens hinsichtlich des begrifflichen Vergleichs der oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen die Feststellung, dass die Parteien der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer nicht entgegentreten, wonach ein solcher Vergleich im vorliegenden Fall nicht möglich ist.

60      Deshalb ist als Ergebnis festzuhalten, dass zwischen den oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen ein geringer Grad an visueller Ähnlichkeit und keine klangliche Ähnlichkeit besteht.

61      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass den bildlichen, klanglichen und begrifflichen Aspekten der einander gegenüberstehenden Zeichen nicht immer das gleiche Gewicht zukommt. Die Bedeutung der ähnlichen oder unterschiedlichen Elemente der Zeichen kann u. a. von deren Eigenschaften oder von den Bedingungen der Vermarktung der mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen abhängen. Werden die mit den fraglichen Marken gekennzeichneten Waren üblicherweise in Selbstbedienungsgeschäften verkauft, wo der Verbraucher die Ware selbst auswählt und sich daher hauptsächlich auf das Bild der auf dieser Ware angebrachten Marke verlassen muss, ist eine bildliche Ähnlichkeit der Zeichen in der Regel von größerer Bedeutung. Wird die betreffende Ware hingegen hauptsächlich über Verkaufsgespräche verkauft, ist der klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen üblicherweise mehr Gewicht beizumessen. Somit ist der Grad der klanglichen Ähnlichkeit zweier Marken von geringerer Bedeutung, wenn es sich um Waren handelt, die auf eine Weise vermarktet werden, bei der die maßgebenden Verkehrskreise beim Erwerb die sie kennzeichnende Marke gewöhnlich optisch wahrnehmen (Urteil vom 11. Dezember 2014, Coca-Cola/HABM – Mitico [Master], T‑480/12, EU:T:2014:1062, Rn. 68; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 5. Juli 2016, Future Enterprises/EUIPO – McDonald’s International Property [MACCOFFEE], T‑518/13, EU:T:2016:389, Rn. 32).

62      Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer es aufgrund ihrer unzutreffenden Feststellung, dass die oben in Rn. 35 wiedergegebenen kollidierenden Zeichen visuell unterschiedlich seien, fehlerhaft unterlassen hat, ihre Ähnlichkeit insgesamt zu beurteilen und damit alle weiteren oben in den Rn. 17 und 18 genannten Anwendungsvoraussetzungen von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 zu prüfen.

63      Somit ist dem ersten Klagegrund stattzugeben.

64      Da die angemeldete Marke bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn nur ein relatives Eintragungshindernis – wie jenes gemäß Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 – vorliegt, und die Beschwerdekammer die weiteren Anwendungsvoraussetzungen dieser Bestimmung zu prüfen hat, ist die angefochtene Entscheidung insgesamt aufzuheben, ohne dass die übrigen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe zu prüfen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Oktober 2016, Spa Monopole/EUIPO – YTL Hotels & Properties [SPA VILLAGE], T‑625/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:631, Rn. 71).

 Kosten

65      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

66      Da das EUIPO unterlegen ist, sind ihm neben seinen eigenen Kosten dem Antrag der Klägerin entsprechend die dieser im vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

67      Soweit die Klägerin zudem beantragt hat, das EUIPO zur Tragung der ihr in den Verfahren vor der Widerspruchsabteilung und vor der Beschwerdekammer entstandenen Kosten zu verurteilen, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 190 Abs. 2 der Verfahrensordnung sämtliche Kosten, die den Beteiligten im Rahmen des Verfahrens vor der Beschwerdekammer entstanden sind, als erstattungsfähige Kosten zu betrachten sind, so dass dieser Antrag der Klägerin zulässig ist. Dies gilt jedoch nicht für die im Rahmen des Verfahrens vor der Widerspruchsabteilung entstandenen Kosten. Somit ist der Antrag der Klägerin betreffend die Kosten des Verfahrens vor der Widerspruchsabteilung, die keine erstattungsfähigen Kosten darstellen, unzulässig (Urteil vom 20. September 2018, Kwizda Holding/EUIPO – Dermapharm [UROAKUT], T‑266/17, EU:T:2018:569, Rn. 90 und 91).

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 21. März 2018 (Sache R 1852/20174) wird aufgehoben.

2.      Das EUIPO trägt die Kosten einschließlich der Kosten der Volvo Trademark Holding AB, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO notwendig waren.

Tomljenović

Bieliūnas

Kornezov

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2019.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.