Language of document : ECLI:EU:T:2009:401

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

14. Oktober 2009(*)

„Gemeinsame Außen‑ und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation – Einfrieren von Geldern – Nichtigkeitsklage – Gerichtliche Nachprüfung – Ermessensmissbrauch – Gleichbehandlung – Verhältnismäßigkeit – Eigentumsrecht – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Begründungspflicht – Zuständigkeit der Gemeinschaft“

In der Rechtssache T‑390/08

Bank Melli Iran mit Sitz in Teheran (Iran), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. Defalque,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop, E. Finnegan und R. Liudvinaviciute‑Cordeiro als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch V. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von S. Lee, Barrister,

durch

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues, L. Butel und E. Belliard als Bevollmächtigte,

und durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Aalto und E. Cujo als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung der Nr. 4 des Abschnitts B des Anhangs des Beschlusses 2008/475/EG des Rates vom 23. Juni 2008 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 163, S. 29), soweit sie die Bank Melli Iran und ihre Zweigstellen betrifft,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin) sowie der Richterin K. Jürimäe und des Richters S. Soldevila Fragoso,

Kanzlerin: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2009

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Klägerin Bank Melli Iran ist eine iranische, im Eigentum des iranischen Staats stehende Geschäftsbank.

 Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran

2        Hintergrund der vorliegenden Rechtssache ist das System restriktiver Maßnahmen, das eingeführt wurde, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen (im Folgenden: nukleare Proliferation) einstellt.

3        Das betreffende System geht auf die Vereinten Nationen zurück. Am 23. Dezember 2006 nahm der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (im Folgenden: Sicherheitsrat) die Resolution 1737 (2006) an, in deren Anlage eine Reihe von Personen und Einrichtungen bezeichnet wurden, die an der nuklearen Proliferation beteiligt waren und deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen (im Folgenden: Gelder) eingefroren werden sollten. Die in der Anlage zur Resolution 1737 (2006) enthaltene Liste wurde in der Folge durch mehrere Resolutionen aktualisiert, u. a. durch die Resolution 1747 (2007) des Sicherheitsrats. Gegen die Klägerin ordnete der Sicherheitsrat jedoch keine Maßnahmen des Einfrierens von Geldern an.

4        Für die Europäische Union wurde die Resolution 1737 (2006) durch den Gemeinsamen Standpunkt 2007/140/GASP des Rates vom 27. Februar 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 61, S. 49) umgesetzt. Sein Art. 5 Abs. 1 Buchst. a sieht vor, dass sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen eingefroren werden, die sich im Besitz, im Eigentum, in der Verfügungsgewalt oder unter direkter oder indirekter Kontrolle der in der Resolution 1737 (2006) des Sicherheitsrats bezeichneten Personen oder Einrichtungen befinden. Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 sieht außerdem vor, dass diese Maßnahmen insbesondere auf die Einrichtungen Anwendung finden, die nach Ansicht des Rates der Europäischen Union an der nuklearen Proliferation beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen. Nach Art. 7 Abs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 wird die Liste der Personen oder Einrichtungen, gegen die sich die Maßnahmen des Einfrierens von Geldern gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts richten, vom Rat einstimmig erstellt und geändert.

5        Soweit die Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaft betroffen sind, wurde die Resolution 1737 (2006) mit der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 103, S. 1) umgesetzt, die auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG erlassen wurde und deren Inhalt sich im Wesentlichen mit dem des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 deckt. So sieht Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 423/2007 vor, dass sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen eingefroren werden, die im Eigentum oder im Besitz der in der Resolution 1737 (2006) des Sicherheitsrats bezeichneten Personen und Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden. Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung sieht dieselben Maßnahmen u. a. für Einrichtungen vor, für die der Rat nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 festgestellt hat, dass sie an der nuklearen Proliferation beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen. Die Einrichtungen, die von einer Maßnahme des Einfrierens von Geldern gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 betroffen sind, werden im Anhang V dieser Verordnung aufgeführt.

6        Abweichend von Art. 7 der Verordnung Nr. 423/2007 können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nach den Art. 9 und 10 dieser Verordnung die eingefrorenen Gelder freigeben, um u. a. den in Anhang V bezeichneten Einrichtungen zu ermöglichen, Verpflichtungen aus Verträgen, die vor Erlass der Maßnahme des Einfrierens von Geldern geschlossen wurden, nachzukommen und grundlegende Ausgaben zu bestreiten.

7        Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 bestimmt zum einen, dass der Rat die Liste in Anhang V in vollem Einklang mit den Feststellungen des Rates nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 mit qualifizierter Mehrheit erstellt, überprüft und ändert, und zum anderen, dass diese Liste in regelmäßigen Abständen und mindestens alle zwölf Monate überprüft wird.

8        Nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 ist der Rat verpflichtet, einzelfallbezogene und spezifische Gründe für die nach Art. 15 Abs. 2 dieser Verordnung erlassenen Beschlüsse anzugeben und den betroffenen Einrichtungen bekanntzugeben.

9        Außerdem hat der Sicherheitsrat in Nr. 10 seiner Resolution 1803 (2008) vom 3. März 2008 „alle Staaten auf[gefordert], Wachsamkeit in Bezug auf die Tätigkeiten der in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Finanzinstitute mit allen Banken mit Sitz in Iran zu üben, insbesondere mit der Bank Melli und der Bank Saderat und deren Niederlassungen und Tochtergesellschaften im Ausland, um zu vermeiden, dass diese Tätigkeiten [zur nuklearen Proliferation] beitragen …“

 Die Klägerin betreffende Maßnahmen

10      Am 23. Juni 2008 nahm der Rat den Gemeinsamen Standpunkt 2008/479/GASP zur Änderung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 (ABl. L 163, S. 43) an. Aus dem Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2008/479 geht hervor, dass die Klägerin in die Liste der Einrichtungen aufgenommen wurde, deren Gelder nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 eingefroren werden müssen. Das Einfrieren der Gelder der Klägerin wurde mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2008/652/GASP des Rates vom 7. August 2008 zur Änderung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 (ABl. L 213, S. 58) aufrechterhalten.

11      Am selben Tag erließ der Rat auch den Beschluss 2008/475/EG zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 163, S. 29; im Folgenden: angefochtener Beschluss). Nach Nr. 4 des Abschnitts B des Anhangs des angefochtenen Beschlusses wurde die Klägerin in die Liste des Anhangs V dieser Verordnung aufgenommen, was zum Einfrieren ihrer Gelder führte.

12      Der Rat hat dafür die folgenden Gründe angegeben:

„Bereitstellung bzw. Bemühungen zur Bereitstellung von Finanzmitteln für Unternehmen, die Güter für Irans Nuklear‑ und Raketenprogramm beschaffen oder an deren Beschaffung beteiligt sind (AIO, SHIG, SBIG, AEOI, Novin Energy Company, Mesbah Energy Company, Kalaye Electric Company und DIO). Die Bank Melli dient als Vermittler für Irans sensible Geschäfte. Hat mehrfach den Kauf sensibler Materialien für Irans Nuklear- und Raketenprogramm vermittelt. Hat eine Reihe von Finanzdienstleistungen im Auftrag von Einrichtungen getätigt, die mit der iranischen Nuklear- und Raketenindustrie verbunden sind, so z. B. die Eröffnung von Akkreditiven und die Verwaltung von Konten. Viele der vorgenannten Unternehmen sind in den Resolutionen 1737 und 1747 des [Sicherheitsrats] bezeichnet.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

13      Mit Klageschrift, die am 18. September 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Mit besonderen Schriftsätzen, die am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat die Klägerin einen Antrag auf beschleunigtes Verfahren nach Art. 76a der Verfahrensordnung des Gerichts sowie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einen Antrag auf Aussetzung der Anwendung von Nr. 4 des Abschnitts B des Anhangs des angefochtenen Beschlusses ihr gegenüber gestellt.

14      Mit Entscheidung vom 14. Oktober 2008 hat das Gericht (Zweite Kammer) dem Antrag auf Entscheidung des Rechtsstreits im beschleunigten Verfahren nach Art. 76a der Verfahrensordnung stattgegeben und den dem Rechtsstreit als Streithelfer beitretenden Mitgliedstaaten Gelegenheit gegeben, Streithilfeschriftsätze einzureichen.

15      Mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 hat der Präsident des Gerichts den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.

16      Mit besonderen Schriftsätzen, die am 20. Oktober, 13. und 18. November 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Französische Republik und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung des Rates zugelassen zu werden. Mit Beschlüssen vom 12. November, 8. und 11. Dezember 2008 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts diesen Anträgen stattgegeben.

17      Die Klagebeantwortung ist am 5. November 2008 eingereicht worden. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Französische Republik haben ihre Streithilfeschriftsätze am 4. Dezember 2008 und am 5. Januar 2009 eingereicht.

18      Am 4. Februar 2009 hat die Klägerin beim Gericht beantragt, ihr zu gestatten, einige zusätzliche Schriftstücke zu den Akten zu reichen, die ihre Beziehungen zu den in dem angefochtenen Beschluss bezeichneten Einrichtungen betreffen, weil diese Schriftstücke nicht in einem früheren Stadium in das Verfahren hätten eingeführt werden können. Diesem Antrag hat die Zweite Kammer des Gerichts mit Entscheidung vom 17. Februar 2009 stattgegeben.

19      Am 5. Mai 2009 hat die Zweite Kammer des Gerichts beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Sie hat die Klägerin außerdem dazu aufgefordert, schriftlich Fragen zu beantworten, was die Klägerin innerhalb der vom Gericht festgesetzten Frist getan hat.

20      Die Parteien haben in der Sitzung vom 3. Juni 2009 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

21      In der Klageschrift hatte die Klägerin beantragt,

–        Nr. 4 des Abschnitts B des Anhangs des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit sie sich auf sie sowie ihre Niederlassungen und Zweigstellen bezieht;

–        hilfsweise, die Art. 7 Abs. 2 und 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 für unanwendbar auf den vorliegenden Rechtsstreit zu erklären;

–        jedenfalls dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

22      In der Sitzung hat die Klägerin ihren zweiten Antrag zurückgenommen und erklärt, dass die Einrede der Rechtswidrigkeit der Art. 7 Abs. 2 und 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 als Klagegrund betrachtet werden solle, mit dem sie die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses wegen fehlender Rechtsgrundlage begehre. Sie hat des Weiteren ihren ersten Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zurückgenommen, soweit er sich auf ihre Niederlassungen bezieht.

23      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

24      Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Kommission beantragen, die Klage abzuweisen.

25      Die Französische Republik beantragt, die Klage abzuweisen und der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

26      Die Klägerin trägt vorab zur Zuständigkeit des Gerichts für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses vor. Ihre Rügen in der Sache lassen sich zu fünf Klagegründen zusammenfassen. Mit dem ersten rügt sie die Verletzung wesentlicher Formvorschriften, des EG‑Vertrags, von Rechtsvorschriften zu dessen Anwendung und von Art. 7 Abs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 sowie Ermessensmissbrauch und das Fehlen einer Rechtsgrundlage für den angefochtenen Beschluss. Der zweite Klagegrund wird auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gestützt. Der dritte gründet auf Verstößen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Eigentumsrecht. Mit dem vierten rügt sie die Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz sowie des Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007. Mit dem fünften Klagegrund beruft sich die Klägerin auf Unzuständigkeit der Gemeinschaft.

27      Der Rat, unterstützt von den Streithelfern, hält die von der Klägerin vorgebrachten Klagegründe für unbegründet.

28      Bevor auf die von der Klägerin angeführten Klagegründe eingegangen wird, ist die Relevanz der Schriftstücke zu prüfen, die sie am 4. Februar 2009 vorgelegt hat.

 Zur Relevanz der von der Klägerin am 4. Februar 2009 eingereichten Schriftstücke

29      Die am 4. Februar 2009 eingereichten Schriftstücke bestehen aus drei Erklärungen des Generaldirektors der Klägerin und der Vertreter ihrer Zweigstellen in Paris (Frankreich) und Hamburg (Deutschland), die die wirtschaftlichen Beziehungen der Klägerin zu den im angefochtenen Beschluss bezeichneten Organisationen beschreiben. Die Klägerin hat auf eine in der Sitzung gestellte Frage geantwortet, dass diese Schriftstücke zum Nachweis dafür eingereicht worden seien, dass die gegen sie gerichtete Maßnahme des Einfrierens von Geldern nicht gerechtfertigt gewesen sei, da die Beziehungen, die sie zu den im angefochtenen Beschluss bezeichneten Einrichtungen unterhalten habe, begrenzt gewesen seien. Des Weiteren sollten die fraglichen Erklärungen auch den dritten Klagegrund stützen, weil aus ihnen hervorgehe, dass das Einfrieren ihrer Gelder nicht zum Erreichen des vom Rat verfolgten Ziels erforderlich gewesen sei und dieses Ziel mit weniger belastenden Maßnahmen erreicht werden könne. Schließlich seien diese Schriftstücke auch für den vierten Klagegrund erheblich, da sie illustrierten, welchen Schwierigkeiten die Klägerin begegne, wenn sie einen „negativen Beweis“ führen müsse, ohne Zugang zu den Beweisen zu haben, auf die sich der Rat stütze, sofern diese existierten.

30      Hierzu ist festzustellen, dass die Klage keinen Klagegrund enthält, der die Feststellung des Rates, die Klägerin habe finanzielle Unterstützung für die nukleare Proliferation bereitgestellt, in Zweifel zieht, obwohl diese Feststellung die Grundlage des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Klägerin bildet und dieser Klagegrund demzufolge schon bei Klageerhebung hätte geltend gemacht werden können, gegebenenfalls unter Hinweis darauf, dass weitere Beweise vorgelegt würden, sobald sie zur Verfügung stünden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass dieser Klagegrund, wenn er zum ersten Mal in der Sitzung vorgetragen worden wäre, als unzulässig nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung hätte zurückgewiesen werden müssen, da sich die Klägerin weder auf rechtliche noch auf tatsächliche Gründe gestützt hat, die erst während des Verfahrens zutage getreten wären. Unter diesen Umständen können die am 4. Februar 2009 eingereichten Schriftstücke bei der Prüfung, ob die Beziehungen der Klägerin zu den im angefochtenen Beschluss bezeichneten Organisationen das Einfrieren ihrer Gelder rechtfertigten, nicht berücksichtigt werden.

31      Derselbe Schluss ist hinsichtlich der Relevanz dieser Schriftstücke für die Prüfung des dritten Klagegrundes zu ziehen. Die Klägerin hat in ihrer Klage nämlich nur gerügt, dass der angefochtene Beschluss unverhältnismäßig sei, soweit er über die vom Sicherheitsrat in der Resolution 1803 (2008) formulierten Verpflichtungen und Empfehlungen hinausgehe. Sie hat aber nichts vorgetragen, was den im angefochtenen Beschluss festgestellten Umfang ihrer wirtschaftlichen Beziehungen zu den bezeichneten Einrichtungen in Zweifel zieht. Da sie in der Sitzung zudem nicht geltend gemacht hat, dass sie diese Rügen auf rechtliche oder tatsächliche Gründe stütze, die erst während des Verfahrens zutage getreten seien, handelt es sich nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung um ein neues Vorbringen, das in jedem Fall unzulässig ist. Die am 4. Februar 2009 vorgelegten Schriftstücke sind folglich auch nicht bei der Prüfung des dritten Klagegrundes heranzuziehen.

32      Zum vierten Klagegrund ist festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift rügt, sie müsse für ihre Klage vor dem Gericht den „negativen Beweis“ führen, dass sie keine finanzielle Unterstützung zur nuklearen Proliferation bereitstelle, was sehr schwer oder sogar unmöglich sei. Die am 4. Februar 2009 eingereichten Schriftstücke können daher in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden.

 Zur Intensität der gerichtlichen Nachprüfung

 Vorbringen der Parteien

33      Die Klägerin trägt vor, dass die Rechtmäßigkeit jeder von den Gemeinschaftsorganen erlassenen Regelung, einschließlich der Regelungen zur Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats, umfassend der Nachprüfung durch den Gemeinschaftsrichter im Rahmen des vom EG‑Vertrag geschaffenen vollständigen Systems von Rechtsbehelfen unterworfen sei.

34      Der Rat bestreitet nicht die Zuständigkeit des Gerichts zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses. Er weist jedoch darauf hin, dass er bei der Beurteilung der Umstände, die bei der Verhängung restriktiver wirtschaftlicher oder finanzieller Maßnahmen zu berücksichtigen seien, über ein weites Ermessen verfüge.

 Würdigung durch das Gericht

35      Bezüglich der Intensität der gerichtlichen Nachprüfung sind innerhalb der Verordnung Nr. 423/2007 zwei Arten von Regelungen zu unterscheiden. Zum einen sind in den Artikeln dieser Verordnung die allgemeinen Regeln enthalten, die die Einzelheiten der mit der Verordnung eingeführten restriktiven Maßnahmen festlegen. Zum anderen stellt Anhang V der Verordnung Nr. 423/2007, der die Einrichtungen aufführt, gegen die sich die nach Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung erlassenen Maßnahmen des Einfrierens von Geldern richten, eine Gesamtheit von Rechtsakten dar, mit denen diese allgemeinen Regeln auf spezifische Einrichtungen angewandt werden.

36      Was die allgemeinen Regeln über die Einzelheiten der restriktiven Maßnahmen betrifft, verfügt der Rat bei der Beurteilung der Umstände, die bei der Verhängung von wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG in Übereinstimmung mit einem im Rahmen der Gemeinsamen Außen‑ und Sicherheitspolitik (GASP) angenommenen Gemeinsamen Standpunkt zu berücksichtigen sind, über ein weites Ermessen. Da der Gemeinschaftsrichter insbesondere nicht seine Beurteilung der Beweise, Tatsachen und Umstände, die dem Erlass solcher Maßnahmen zugrunde liegen, an die Stelle der Beurteilung des Rates setzen darf, muss sich die Kontrolle durch das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet worden sind, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und weder ein offensichtlicher Fehler in der Beurteilung der Tatsachen noch Ermessensmissbrauch vorliegt. Diese eingeschränkte Kontrolle gilt insbesondere für die Beurteilung der Zweckmäßigkeitserwägungen, auf denen solche Maßnahmen beruhen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d'Iran/Rat, T‑228/02, Slg. 2006, II‑4665, im Folgenden: Urteil OMPI, Randnr. 159).

37      Was die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Beschlusses angeht, durch den aufgrund des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 eine Einrichtung in die Liste des Anhangs V dieser Verordnung aufgenommen wird, ist es Sache des Gerichts, unter Berücksichtigung der von der betroffenen Einrichtung geltend gemachten oder von Amts wegen festgestellten Nichtigkeitsgründe u. a. zu prüfen, ob der betreffende Fall zu einer der vier in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a bis d der Verordnung Nr. 423/2007 genannten Fallgruppen gehört. Das bedeutet, dass sich die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit des fraglichen Beschlusses auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände erstreckt, die zu seiner Begründung herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweise und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt. Das Gericht muss sich auch von der Wahrung der Verteidigungsrechte und der Erfüllung des insoweit bestehenden Begründungserfordernisses sowie gegebenenfalls von der Berechtigung der zwingenden Erwägungen überzeugen, auf die sich der Rat ausnahmsweise beruft, um hiervon abweichen zu können (vgl. entsprechend Urteil OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 154).

38      In der vorliegenden Rechtssache wird mit dem Vorwurf, der angefochtene Beschluss entbehre einer Rechtsgrundlage, die Rechtmäßigkeit einiger der allgemeinen Vorschriften der Verordnung Nr. 423/2007 angezweifelt. Folglich gilt bei der Prüfung dieses Klagegrundes die oben in Randnr. 36 beschriebene eingeschränkte Kontrolle. Im Übrigen, d. h. für die Klagegründe, mit denen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses in Zweifel gezogen wird, mit dem die Klägerin in die Liste des Anhangs V der Verordnung Nr. 423/2007 aufgenommen wurde, gelten die Erwägungen in Randnr. 37.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften, den EG‑Vertrag, von Rechtsvorschriften zu dessen Anwendung und von Art. 7 Abs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140, Ermessensmissbrauch und Fehlen einer Rechtsgrundlage für den angefochtenen Beschluss

 Vorbringen der Parteien

39      Die Klägerin macht geltend, dass die Verordnung Nr. 423/2007, auf die der angefochtene Beschluss gestützt werde, auf drei Rechtsgrundlagen beruhe, nämlich auf Art. 60 EG, Art. 301 EG und dem Gemeinsamen Standpunkt 2007/140. Nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 erstelle der Rat die Liste der Organisationen, deren Gelder nach Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung eingefroren werden müssten, mit qualifizierter Mehrheit. Demgegenüber verlange Art. 7 Abs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140, dass der Rat die Liste von Personen oder Organisationen, gegen die Maßnahmen des Einfrierens von Geldern nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts beschlossen würden, einstimmig erstelle, wobei diese Liste in Wirklichkeit dieselbe sei wie die, auf die sich Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 beziehe.

40      Für den Fall, dass ein Rechtsakt mehrere Rechtsgrundlagen habe, die unterschiedliche Abstimmungsregeln vorsähen, sei das strengste Verfahren zu beachten. Folglich habe der Rat, da er die Einstimmigkeitsregel nach Art. 7 Abs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 bei Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht beachtet habe, gegen wesentliche Formvorschriften, gegen den EG‑Vertrag und gegen Rechtsvorschriften zu dessen Anwendung verstoßen. Außerdem habe der Rat insoweit auch sein Ermessen missbraucht, da er das im EU‑Vertrag speziell auf dem Gebiet der GASP vorgesehene Verfahren umgangen habe, um einen Beschluss mit unmittelbarer Wirkung zu erlassen, ein Rechtsinstrument, das es auf diesem Gebiet nicht gebe.

41      Die Klägerin trägt weiter vor, dass Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 als Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses untauglich sei, weil er die Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit vorsehe, obgleich er die GASP durchführe, und somit die im Gemeinsamen Standpunkt 2007/140 vorgeschriebenen Verfahrensvoraussetzungen missachte. Die Art. 15 Abs. 2 und 7 Abs. 2 dieser Verordnung könnten auch deshalb nicht als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Beschluss ausreichen, weil sie den Erlass der Maßnahme des Einfrierens von Geldern gegenüber der Klägerin erlaubt hätten, obwohl sie nicht in der im sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 423/2007 erwähnten Resolution 1737 (2006), sondern nur in der Resolution 1803 (2008) genannt werde.

42      Schließlich sei das Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑6351, im Folgenden: Urteil Kadi), im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nicht einschlägig, da der in dieser Rechtssache in Rede stehende Beschluss auf der dreifachen Rechtsgrundlage der Art. 60 EG, 301 EG und 308 EG beruhe und infolgedessen einstimmig erlassen worden sei.

43      Nach Ansicht des Rates, unterstützt von den Streithelfern, greifen die von der Klägerin vorgetragenen Argumente nicht durch, da die passende Abstimmungsregel zur Anwendung gekommen sei, wie sie von den Art. 60 EG und 301 EG vorgeschrieben werde, die Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses seien.

 Würdigung durch das Gericht

44      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das oben in Randnr. 42 genannte Urteil Kadi entgegen dem Vorbringen der Klägerin hier uneingeschränkt einschlägig ist, da sich der Gerichtshof dort besonders zum Anwendungsbereich der Art. 60 EG und 301 EG geäußert hat. So hat der Gerichtshof entschieden, dass diese Vorschriften den Erlass von Maßnahmen gegenüber Drittländern betreffen, wobei der zuletzt genannte Begriff die Machthaber eines solchen Landes sowie die mit diesen Machthabern verbündeten oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrollierten Personen oder Organisationen einschließen kann (Urteil Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 166).

45      Die Art. 60 EG und 301 EG weisen die Besonderheit auf, dass mit ihnen ein Bindeglied zwischen dem mit wirtschaftlichen Sanktionen verbundenen Handeln der Gemeinschaft und den Zielen des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen, darunter der GASP, geschaffen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 197). Die Art. 60 EG und 301 EG bestimmen nämlich ausdrücklich, dass sich ein Tätigwerden der Gemeinschaft zur Verwirklichung eines der durch Art. 2 EU der Union speziell zugewiesenen Ziele wie eine gemeinsame Außen‑ und Sicherheitspolitik als erforderlich erweisen kann.

46      Dieser Umstand bleibt indessen unberührt von der Koexistenz der Union und der Gemeinschaft als integrierte, aber verschiedene Rechtsordnungen sowie dem konstitutionellen Gefüge der Pfeiler, beides von den Verfassern der derzeit geltenden Verträge gewollt (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 202). Daher gilt, dass, selbst wenn das Tätigwerden der Gemeinschaft im Rahmen der Art. 60 EG und 301 EG eines der Unionsziele verwirklicht, dies dennoch auf der Grundlage des Gemeinschaftspfeilers geschieht. Folglich ist die Rechtmäßigkeit der auf diesem Gebiet erlassenen Rechtsakte wie der Verordnung Nr. 423/2007 und der sie durchführenden Rechtsakte anhand der Voraussetzungen zu beurteilen, die die Vorschriften dieses Pfeilers vorsehen, einschließlich der passenden Abstimmungsregel.

47      Aus dem Vorstehenden ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin, dass der zum zweiten Pfeiler der Union gehörende Gemeinsame Standpunkt 2007/140 keine Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 423/2007 und der sie durchführenden Rechtsakte ist, woraus folgt, dass die für den Erlass und die Änderung dieses Gemeinsamen Standpunkts geltende Abstimmungsregel nicht anwendbar ist. Die Existenz eines zuvor auf dem Gebiet der GASP erlassenen gemeinsamen Standpunkts oder einer gemeinsamen Aktion ist nur eine Voraussetzung nach Art. 301 EG, der auch die Abstimmungsregel vorsieht, die für den Erlass von Rechtsakten gilt, die zu seiner Durchführung verabschiedet werden.

48      Im vorliegenden Fall wird nicht bestritten, dass die Verordnung Nr. 423/2007 und der angefochtene Beschluss in Übereinstimmung mit der in Art. 301 EG vorgesehenen Regel mit qualifizierter Mehrheit beschlossen worden sind. Es wird auch nicht bestritten, dass dem Erlass dieser Verordnung die einstimmige Annahme des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 und dem Erlass des angefochtenen Beschlusses die einstimmige Annahme des Gemeinsamen Standpunkts 2008/479 vorausging, mit dem die Klägerin in die Liste der Einrichtungen aufgenommen wurde, gegen die sich die Maßnahme des Einfrierens von Geldern nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 richtet. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Voraussetzungen nach Art. 301 EG erfüllt wurden.

49      Die Rüge der Klägerin, die geltende Abstimmungsregel sei missachtet worden, ist daher zurückzuweisen.

50      Zu den anderen Rügen der Klägerin ist darauf hinzuweisen, dass eine Rechtshandlung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2004, Swedish Match, C‑210/03, Slg. 2004, I‑11893, Randnr. 75, und Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004, Thermenhotel Stoiser Franz u. a./Kommission, T‑158/99, Slg. 2004, II‑1, Randnr. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang jedoch nichts vorgetragen, was darauf schließen lässt, dass der Rat bei Erlass des angefochtenen Beschlusses ein anderes Ziel verfolgt hätte als jenes, die nukleare Proliferation zu verhindern, als er unter Beachtung des zu diesem Zweck vom EG‑Vertrag und der Verordnung Nr. 423/2007 vorgesehenen Verfahrens Gelder der Einrichtungen einfror, die seiner Auffassung nach an den betreffenden Aktivitäten beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen.

51      Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, dass Art. 15 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 keine taugliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen Beschluss seien, da sie dem Rat erlaubten, Maßnahmen des Einfrierens von Geldern zu beschließen, die über die vom Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahmen hinausgingen, so enthalten die Art. 60 EG und 301 EG keinen Anhaltspunkt dafür, dass die der Gemeinschaft mit diesen Bestimmungen zugewiesene Zuständigkeit auf die Umsetzung der vom Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahmen beschränkt wäre. Der Rat war demzufolge nicht nur für den Erlass des Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 423/2007 zuständig, der die Resolution 1737 (2006) umsetzt, indem er das Einfrieren der Gelder der dort bezeichneten Organisationen anordnet, sondern auch für den Erlass des Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung, der die Verhängung von Maßnahmen des Einfrierens von Geldern gegenüber anderen Organisationen erlaubt, die nach Ansicht des Rates an der nuklearen Proliferation beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen.

52      Der sechste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 423/2007 verpflichtet zwar den Rat, die ihm durch Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung übertragenen Befugnisse „im Hinblick auf die Ziele der UNSCR 1737 (2006)“ auszuüben. Die Verpflichtung, die Ziele der Resolution 1737 (2006) zu verfolgen, bedeutet jedoch nicht, dass Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 nur hinsichtlich der Einrichtungen durchgesetzt werden kann, gegen die der Sicherheitsrat aufgrund dieser Resolution restriktive Maßnahmen beschlossen hat. Wenn der Sicherheitsrat keine Maßnahmen beschließt oder eine spezielle Position einnimmt, kann dies neben anderen in Betracht zu ziehenden Umständen allenfalls bei der Beurteilung der Frage berücksichtigt werden, ob die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 erfüllt sind oder nicht.

53      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der erste Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

 Vorbringen der Parteien

54      Die Klägerin macht geltend, sie sei „willkürlich und ungerechtfertigt“ diskriminiert worden, da die Resolution 1803 (2008) des Sicherheitsrats die Staaten zur Wachsamkeit gegenüber allen Banken mit Sitz in Iran und insbesondere ihr und der Bank Saderat gegenüber aufgerufen habe, sie aber die einzige iranische Bank sei, deren Gelder eingefroren worden seien. Durch diese Ungleichbehandlung der Banken, die sich alle in denselben Verhältnissen befänden, sei ihr ein beträchtlicher materieller und immaterieller Schaden zugefügt worden.

55      Der Rat, unterstützt von den Streithelfern, hält die Argumente der Klägerin für unbegründet und weist darauf hin, dass der Erlass der Maßnahme des Einfrierens der betroffenen Gelder im vorliegenden Fall daraus resultiere, dass er nach einer unabhängigen Beurteilung, die er im Rahmen seiner ihm von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 übertragenen Befugnis durchgeführt habe, davon ausgegangen sei, dass die Klägerin eine Unterstützung für die nukleare Proliferation bereitstelle.

 Würdigung durch das Gericht

56      Der Gleichbehandlungsgrundsatz, der einen fundamentalen Rechtsgrundsatz bildet, enthält nach der Rechtsprechung das Verbot, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich zu behandeln, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt wäre (Urteil des Gerichts vom 2. Oktober 2001, Martinez u. a./Parlament, T‑222/99, T‑327/99 und T‑329/99, Slg. 2001, II‑2823, Randnr. 150).

57      Wie der Rat, unterstützt von den Streithelfern, geltend macht, ist das entscheidende Kriterium für die Durchführung des Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 423/2007 und damit auch das Vergleichskriterium zur Feststellung einer eventuell bestehenden Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Frage, ob die betroffene Organisation an der nuklearen Proliferation beteiligt ist, direkt damit in Verbindung steht oder Unterstützung dafür bereitstellt.

58      Im vorliegenden Fall wird im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass die Klägerin eine Einrichtung ist, die eine Unterstützung für die nukleare Proliferation bereitstellt, und sie hat, wie oben in Randnr. 30 festgestellt, keinen zulässigen Klagegrund geltend gemacht, der die Begründetheit dieser Feststellung in Zweifel zieht.

59      Selbst wenn also der Rat es tatsächlich versäumt haben sollte, Maßnahmen des Einfrierens von Geldern gegenüber bestimmten iranischen Banken zu verhängen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind, mit ihr direkt in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen, kann die Klägerin diesen Umstand nicht mit Erfolg geltend machen, da der Grundsatz der Gleichbehandlung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns, wonach sich niemand zu seinem Vorteil auf eine gegenüber anderen begangene Rechtsverletzung berufen kann, in Einklang gebracht werden muss (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, SCA Holding/Kommission, T‑327/94, Slg. 1998, II‑1373, Randnr. 160, vom 14. Mai 1998, Mayr‑Melnhof/Kommission, T‑347/94, Slg. 1998, II‑1751, Randnr. 334, und vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 367).

60      Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Eigentumsrechts

 Vorbringen der Parteien

61      Nach Ansicht der Klägerin ist der angefochtene Beschluss unverhältnismäßig, soweit mit ihm das Einfrieren ihrer Gelder angeordnet werde, da die Resolution 1803 (2008) des Sicherheitsrats, die mit dem angefochtenen Beschluss umgesetzt werde, von den Staaten nur verlange, Wachsamkeit in Bezug auf ihre Aktivitäten zu üben. Das Einfrieren von Geldern der Klägerin werde in dieser Resolution weder gefordert noch empfohlen, und es werde auch nicht verlangt, die Klägerin anders als andere Banken mit Sitz in Iran zu behandeln. Der angefochtene Beschluss sei daher „willkürlich“ und füge ihr einen beträchtlichen materiellen und immateriellen Schaden zu, weil er ungerechtfertigt und unverhältnismäßig ihr Recht auf Eigentum einschränke.

62      In der Sitzung hat sich die Klägerin darauf berufen, dass das Einfrieren ihrer Gelder nicht zum Erreichen des vom Rat verfolgten Ziels erforderlich sei und dass dieses Ziel durch weniger belastende Maßnahmen wie nachträgliche Prüfungen der durchgeführten Geschäfte oder deren Überprüfung durch einen unabhängigen Dritten erreicht werden könne.

63      Der Rat, unterstützt von den Streithelfern, hält die Argumente der Klägerin für unbegründet und trägt vor, dass das Einfrieren ihrer Gelder angesichts der Unterstützung, die sie den an der nuklearen Proliferation beteiligten Einrichtungen bereitgestellt habe, angemessen und erforderlich gewesen sei, um die nukleare Proliferation zu verhindern. Diese Maßnahme des Einfrierens von Geldern sei auch gerechtfertigt und verhältnismäßig angesichts der Bedeutung der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, da keine andere Maßnahme garantieren könne, dass dieses Ziel erreicht werde.

 Würdigung durch das Gericht

64      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007, wie oben in den Randnrn. 51 und 52 dargelegt, dem Rat eine autonome Befugnis verleiht, deren Ausübung nicht davon abhängt, dass der Sicherheitsrat gegenüber den betroffenen Organisationen restriktive Maßnahmen trifft. Das Ziel des Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung und des auf der Grundlage dieses Artikels erlassenen angefochtenen Beschlusses besteht nämlich nicht darin, Resolutionen des Sicherheitsrats im Bereich der nuklearen Proliferation umzusetzen, sondern allein darin, sicherzustellen, dass die mit einer der betreffenden Resolutionen, und zwar der Resolution 1737 (2006), verfolgten Ziele durch den Beschluss selbständiger restriktiver Maßnahmen erreicht werden.

65      Insoweit wird die Resolution 1803 (2008) entgegen dem Vorbringen der Klägerin weder mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 noch mit dem angefochtenen Beschluss umgesetzt, so dass Inhalt und Ziele dieser Resolution kein Kriterium sind, das bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des angefochtenen Beschlusses zu berücksichtigen wäre.

66      Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehört, hängt die Rechtmäßigkeit des Verbots einer wirtschaftlichen Tätigkeit nach der Rechtsprechung davon ab, dass die Verbotsmaßnahmen zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich sind, wobei für den Fall, dass mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 13). Die weiteren Argumente der Klägerin sind also anhand dieser Kriterien zu prüfen.

67      Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Verordnung Nr. 423/2007 das Ziel hat, die nukleare Proliferation und deren Finanzierung zu verhindern sowie Druck auf die Islamische Republik Iran auszuüben, die betreffenden Aktivitäten zu beenden. Dieses Ziel, das dem der Resolution 1737 (2006) entspricht und dem allgemeinen Bereich der Bemühungen um die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zuzuordnen ist, ist rechtmäßig.

68      Zweitens ist das Einfrieren der Gelder von Einrichtungen, von denen angenommen wird, dass sie an der nuklearen Proliferation beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür leisten, eine für die Verwirklichung des vorgenannten Ziels angemessene und erforderliche Maßnahme. Diese Maßnahme garantiert nämlich, dass die Gelder der betroffenen Organisationen nicht mehr zur Unterstützung der nuklearen Proliferation verwendet werden. Wie oben in den Randnr. 30 und 31 ausgeführt, sind die Argumente der Klägerin, wonach sie keine Unterstützung für die nukleare Proliferation bereitgestellt habe und die Maßnahme des Einfrierens der Gelder jedenfalls in ihrem speziellen Fall nicht erforderlich gewesen sei, verspätet und infolgedessen unzulässig.

69      Drittens ergibt sich aus Randnr. 31 des vorliegenden Urteils außerdem, dass die Klägerin keine zulässigen Argumente für die Existenz weniger belastender Maßnahmen angeführt hat, die die Verwendung ihrer Gelder als Unterstützung für die nukleare Proliferation verhindern könnten.

70      Was viertens die der Klägerin entstandenen Nachteile und die Beschränkung ihrer Grundrechte wie das Eigentumsrecht und das Recht auf Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechte nach ständiger Rechtsprechung integraler Bestandteil der allgemeinen Rechtsgrundsätze sind, deren Wahrung der Gemeinschaftsrichter zu sichern hat. Die Achtung der Grundrechte ist demgemäß eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaft (vgl. Urteil Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 284 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Grundrechte gelten nach der Rechtsprechung jedoch nicht uneingeschränkt, und ihre Ausübung kann Beschränkungen unterworfen werden, die durch dem Gemeinwohl dienende Ziele der Europäischen Gemeinschaft gerechtfertigt sind. Jede wirtschaftliche oder finanzielle Sanktionsmaßnahme hat definitionsgemäß Auswirkungen, die das Eigentumsrecht und die freie Berufsausübung beeinträchtigen und so insbesondere Einrichtungen schädigen, die Aktivitäten ausüben, die mit den in Rede stehenden Sanktionen verhindert werden sollen. Die Bedeutung der Ziele, die mit der streitigen Regelung verfolgt werden, kann selbst erhebliche negative Konsequenzen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne die Urteile des Gerichtshofs vom 30. Juli 1996, Bosphorus, C‑84/95, Slg. 1996, I‑3953, Randnrn. 21 bis 23, und Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 355 und 361).

71      Das Recht der Klägerin auf freie Berufsausübung und ihr Eigentumsrecht werden im vorliegenden Fall durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses erheblich beschränkt, da sie außer bei besonderen Genehmigungen nicht über ihre im Gemeinschaftsgebiet befindlichen oder von Gemeinschaftsangehörigen gehaltenen Gelder verfügen kann und ihre im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Zweigstellen keine neuen Geschäfte mit ihren Kunden abschließen können. Die so verursachten Nachteile stehen angesichts der vorrangigen Bedeutung der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit jedoch nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen, zumal diese Sanktionen nur einen Teil der Anlagen der Klägerin betreffen und die Art. 9 und 10 der Verordnung Nr. 423/2007 bestimmte Ausnahmen vorsehen, die es den von den Maßnahmen des Einfrierens der Gelder betroffenen Organisationen erlauben, ihre grundlegenden Ausgaben zu bestreiten.

72      Aus alledem ergibt sich, dass der dritte Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte, des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und der Begründungspflicht nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007

 Vorbringen der Parteien

73      Die Klägerin macht geltend, der Rat habe dadurch gegen die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Regeln verstoßen, dass er ihr zu keinem Zeitpunkt die ihr zur Last gelegten Gesichtspunkte, die das Einfrieren ihrer Gelder rechtfertigten, mitgeteilt habe, da er ihr den angefochtenen Beschluss nicht bekannt gegeben habe. Der Rat habe zudem nicht näher ausgeführt, welche Art finanzieller Unterstützung die Klägerin bereitgestellt habe oder welche Rolle sie spiele, welche Produkte von den betreffenden Geschäften betroffen und welche Einrichtungen, abgesehen von den acht bezeichneten, beteiligt seien. Somit habe der Rat der Klägerin nicht ermöglicht, die Gründe, die zum Einfrieren ihrer Gelder geführt hätten, zu erfahren, obwohl der Sicherheitsrat die Staaten „nur zur Wachsamkeit“ aufgefordert habe.

74      Sie habe überdies keinen Zugang zu den Beweisen in den Akten des Rates erhalten und sei nicht angehört worden. Sie habe keinen Kontakt zum Rat aufgenommen, um ihre Rechte wahrzunehmen. In diesem Zusammenhang trägt die Klägerin erstens vor, dass die die Maßnahmen betreffenden geltenden Vorschriften keinen Aktenzugang und keine Anhörung vorsähen; schon dieser Umstand widerspreche dem Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte und verstoße demzufolge gegen den Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz. Zweitens seien die Anstrengungen, die ihre im Vereinigten Königreich ansässige Niederlassung, die Melli Bank plc, in dieser Hinsicht beim Rat und bei einigen Mitgliedstaaten vor Erlass des angefochtenen Beschlusses unternommen habe, erfolglos geblieben, was dazu geführt habe, dass sie den Rechtsweg vorgezogen habe. Drittens habe der Rat dem Gericht ungeachtet der ihm obliegenden Beweislast keine Beweise zur Stützung der Begründung des angefochtenen Beschlusses vorgelegt, so dass sie gezwungen sei, einen „negativen Beweis“ zu führen, was schwer oder sogar unmöglich sei. Viertens könne sie ihren Standpunkt gegenüber dem Rat nicht darlegen, bevor sie nicht ihre Beziehungen zu den im angefochtenen Beschluss bezeichneten Einrichtungen im Einzelnen geprüft habe. Diese Prüfungen hätten jedoch nicht innerhalb der Klagefrist abgeschlossen werden können.

75      Da ihr die ihr zur Last gelegten Punkte nicht mitgeteilt und sie keinen Zugang zu den Beweisen in den Akten des Rates gehabt habe und da sie nicht angehört worden sei, habe sie keine Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt gebührend darzulegen, was die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte und insbesondere ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör bedeute. Aus demselben Grund sei sie jetzt nicht in der Lage, ihr Klagerecht vor dem Gericht unter zufriedenstellenden Bedingungen auszuüben, worin ebenfalls eine Verletzung des Rechts auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu sehen sei. Die Klägerin betont in diesem Zusammenhang, dass der Rat die vorgenannten Verstöße nicht mit dem Erfordernis eines Überraschungseffekts rechtfertigen könne, da der Premierminister des Vereinigten Königreichs das Einfrieren ihrer Gelder schon am 16. Juni 2008 bekannt gegeben habe.

76      Schließlich habe der Rat auch dadurch gegen das Begründungserfordernis gemäß Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 verstoßen, dass er ihr trotz des Umstands, dass der Sicherheitsrat die Staaten nur zur Wachsamkeit verpflichtet habe, und angesichts der Behandlung der anderen Banken mit Sitz in Iran keine einzelfallbezogenen und spezifischen Gründe zur Rechtfertigung des Einfrierens ihrer Gelder bekannt gegeben habe.

77      Der Rat, unterstützt von den Streithelfern, hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. Er habe der Begründungspflicht nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 mit der Veröffentlichung des angefochtenen Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union, das am Tag seines Erscheinens insbesondere im Internet eingesehen werden könne, Genüge getan. Die Verordnung Nr. 423/2007 schreibe keine einzelfallbezogene Mitteilung vor, denn in einigen Fällen sei keine Anschrift bekannt, die eine individuelle Mitteilung erlaube; jedenfalls schütze die Unkenntnis des Gesetzes nicht vor Strafe. Die im Kampf gegen die nukleare Proliferation getroffenen Maßnahmen seien außerdem weniger schädigend als vergleichbare Maßnahmen, die im Rahmen des Kampfes gegen den Terrorismus beschlossen und einzelfallbezogen mitgeteilt würden.

78      Ferner habe die Veröffentlichung der Begründung des angefochtenen Beschlusses im Amtsblatt der Klägerin gestattet, die ihr zur Last gelegten Punkte zur Kenntnis zu nehmen, so dass ihre Verteidigungsrechte und ihr Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beachtet worden seien. Der Rat betont in diesem Zusammenhang nachdrücklich, dass die Klägerin keine Überprüfung der Maßnahme des Einfrierens ihrer Gelder beantragt habe, obwohl diese Möglichkeit in der Mitteilung für die Personen, Organisationen und Einrichtungen, die der Rat in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgenommen hat, die unter Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 423/2007 fallen (Anhang V) (ABl. 2008, C 159, S. 1) vorgesehen sei.

 Würdigung durch das Gericht

79      Als Erstes ist der Vorwurf des Verstoßes gegen das Begründungserfordernis nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 zu prüfen. Wegen der Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen hier in Rede stehenden Verfahrensrechten ist die rechtzeitige Mitteilung einer nachvollziehbaren Begründung an die Klägerin in Bezug auf alle im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes erhobenen Rügen maßgeblich.

80      Die Pflicht zur Begründung von beschwerenden Rechtsakten nach Art. 253 EG und im vorliegenden Fall insbesondere nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 dient dem Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Gemeinschaftsrichter zulässt, und dem Gemeinschaftsrichter außerdem die Rechtmäßigkeitsprüfung des Rechtsakts zu ermöglichen. Die so verstandene Begründungspflicht ist ein wesentlicher Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, von dem nur aufgrund zwingender Erwägungen abgewichen werden kann. Insoweit ist die Begründung dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit dem ihn beschwerenden Rechtsakt mitzuteilen; ihr Fehlen kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für den Rechtsakt während des Verfahrens vor dem Gemeinschaftsrichter erfährt. Der Erfüllung der Begründungspflicht im Falle eines Ausgangsbeschlusses über das Einfrieren der Gelder einer Organisation kommt außerdem umso größere Bedeutung zu, als sie die einzige Gewähr dafür bietet, dass der Betroffene nach dem Erlass dieses Beschlusses die ihm zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe sachgerecht in Anspruch nehmen kann, da dem Betroffenen vor dem Erlass des Beschlusses kein Anhörungsrecht zusteht (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnrn. 138 bis 140 und die dort angeführte Rechtsprechung).

81      Stehen der Mitteilung bestimmter Umstände also keine zwingenden Gründe der Sicherheit der Gemeinschaft oder ihrer Mitgliedstaaten oder der Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen entgegen (vgl. entsprechend Urteil Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 342), hat der Rat nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 bei Erlass einer Maßnahme des Einfrierens von Geldern wie des angefochtenen Beschlusses der betroffenen Einrichtung die besonderen und konkreten Gründe mitzuteilen. Er hat daher die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme abhängt, sowie die Erwägungen anzuführen, die ihn zu deren Erlass veranlasst haben. Diese Begründung ist so weit wie möglich entweder gleichzeitig mit dem Erlass der betreffenden Maßnahme oder so früh wie möglich im Anschluss daran mitzuteilen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnrn. 143 bis 148 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Die Begründung muss allerdings der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. Urteil OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 141 und die dort angeführte Rechtsprechung).

83      Die Durchführung des Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 423/2007 setzt, wie oben in Randnr. 57 festgestellt, voraus, dass die betroffene Einrichtung an der nuklearen Proliferation beteiligt ist, direkt damit in Verbindung steht oder Unterstützung dafür bereitstellt. Infolgedessen hat der Rat neben der Angabe der Rechtsgrundlage der beschlossenen Maßnahme eben diesen Umstand zu begründen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war der Rat jedoch weder verpflichtet, seine Entscheidung zu begründen, über die mit der Resolution 1803 (2008) beschlossenen Maßnahmen hinauszugehen, da mit dem angefochtenen Beschluss – wie oben in Randnr. 65 festgestellt – diese Resolution nicht umgesetzt wird, noch, eine Begründung für seine Entscheidung zu geben, die Klägerin anders als andere iranische Banken zu behandeln.

84      Im vorliegenden Fall hat der Rat in der Überschrift und im zweiten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass die Maßnahmen auf der Grundlage des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 getroffen worden seien. In Nr. 4 des Abschnitts B des Anhangs des angefochtenen Beschlusses hat er ferner die einzelfallbezogenen und speziellen Gründe angegeben, aus denen er zu der Auffassung gelangt ist, dass die Klägerin eine Unterstützung für die nukleare Proliferation bereitstelle. Der Rat erwähnt in diesem Zusammenhang zunächst die Art der von der Klägerin bereitgestellten Unterstützung, nämlich Finanzdienstleistungen einschließlich der Eröffnung von Akkreditiven und der Verwaltung von Konten. Dann zählt er die mit der nuklearen Proliferation verbundenen Aktivitäten auf, auf die sich diese Dienstleistungen bezögen, und schließlich nennt er die Begünstigten der von der Klägerin gewährten Unterstützung, und zwar die acht namentlich bezeichneten Einrichtungen.

85      Unter diesen Umständen hält das Gericht die Begründung des angefochtenen Beschlusses, soweit er sich auf die Klägerin bezieht, in Anbetracht der oben in den Randnrn. 80 bis 82 angeführten Rechtsprechung und angesichts des Wortlauts des Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 für ausreichend.

86      Dagegen ist das Vorbringen des Rates, unterstützt von den Streithelfern, wonach er dem Erfordernis, der Klägerin die Gründe bekannt zu geben, durch die Veröffentlichung des angefochtenen Beschlusses im Amtsblatt genügt habe, zurückzuweisen. Denn eine Entscheidung wie der angefochtene Beschluss, mit dem eine geänderte Fassung des Anhangs V der Verordnung Nr. 423/2007 erlassen wird, entfaltet ihre Wirkungen erga omnes, da sie sich an eine Vielzahl allgemein und abstrakt bestimmter Adressaten richtet, die Gelder der in der Liste dieses Anhangs angeführten Einrichtungen einzufrieren haben. Gleichwohl hat dieser Beschluss keinen rein normativen Charakter, da sich das Einfrieren von Geldern auf namentlich bezeichnete Einrichtungen bezieht, die unmittelbar und individuell von den ihnen gegenüber verhängten Sanktionen betroffen sind (vgl. in diesem Sinne entsprechend die Urteile Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 241 bis 244, und OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 98). Darüber hinaus hat das Einfrieren der Gelder für die betroffenen Einrichtungen erhebliche Konsequenzen, weil dies zur Beschränkung der Ausübung ihrer Grundrechte führt. Aus alledem folgt, dass der Rat die Maßnahmen des Einfrierens von Geldern angesichts der oben in Randnr. 70 festgestellten Notwendigkeit, die Beachtung dieser zugleich materiellen und prozessualen Rechte sicherzustellen, den betroffenen Organisationen so weit wie möglich mit einer einzelfallbezogenen Mitteilung bekannt zu geben hat.

87      Die Argumente des Rates können dieses Ergebnis nicht in Frage stellen. Selbst wenn eine einzelfallbezogene Mitteilung in einigen Fällen nicht möglich sein sollte, wird dadurch nicht das Interesse der Einrichtungen an einer solchen Mitteilung gemindert, so dass dieser Umstand ohne Bedeutung für die Fälle ist, in denen die Anschrift der betroffenen Einrichtung bekannt ist. Des Weiteren kann der Klägerin auch nicht die Regel entgegengehalten werden, dass Unkenntnis des Gesetzes nicht vor Strafe schützt, denn der angefochtene Beschluss ist ihr gegenüber eine Einzelfallentscheidung. Ferner geht der vom Rat angeführte Unterschied zu den Maßnahmen, die im Kampf gegen den Terrorismus getroffen würden, fehl, da die Frage, ob die festgestellten Gründe rufschädigender Art sind oder nicht, nur für die Frage von Bedeutung sein kann, ob eine Veröffentlichung der Begründung im Amtsblatt angebracht ist. Das Erfordernis einer einzelfallbezogenen Mitteilung der Maßnahmen des Einfrierens von Geldern ergibt sich vielmehr daraus, dass diese Maßnahmen die betroffenen Einrichtungen individuell betreffen und ihre Rechte in erheblicher Weise beeinträchtigen. Da die Auswirkungen der Maßnahmen des Einfrierens von Geldern nach der Verordnung Nr. 423/2007 und die der im Kampf gegen den Terrorismus getroffenen Maßnahmen insoweit vergleichbar sind, sind sie den betroffenen Einrichtungen in beiden Fällen in gleicher Weise bekannt zu geben.

88      Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Rat der Pflicht nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007, wonach er der Klägerin die Gründe des angefochtenen Beschlusses bekannt zu geben hatte, nicht nachgekommen ist, da er keine einzelfallbezogene Mitteilung vorgenommen hat, obwohl er die Anschrift des Sitzes der Klägerin kannte, wie sich aus dem Inhalt des fraglichen Beschlusses ergibt.

89      Aus den Anlagen zum Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, die die Klägerin in der Rechtssache T‑390/08 R eingereicht hat, geht hervor, dass die französische Bankkommission die Zweigstelle der Klägerin in Paris über den Erlass des angefochtenen Beschlusses und dessen Veröffentlichung am selben Tag im Amtsblatt unterrichtet hat. Insoweit wurde die Klägerin rechtzeitig und aus amtlicher Quelle über den Erlass des angefochtenen Beschlusses und darüber informiert, dass sie die Begründung dieses Beschlusses im Amtsblatt konsultieren könne. Darüber hinaus hat sie den Inhalt dieses Beschlusses offenkundig tatsächlich eingesehen, da sie der Klage eine Kopie beigefügt hat.

90      Unter diesen außergewöhnlichen Umständen hat der Umstand, dass der Rat der Klägerin die Gründe des angefochtenen Beschlusses nicht mit einer einzelfallbezogenen Mitteilung bekannt gegeben hat, die Klägerin nicht daran gehindert, von der Begründung des angefochtenen Beschlusses rechtzeitig Kenntnis zu erlangen und die Berechtigung der ihr gegenüber getroffenen Maßnahme des Einfrierens von Geldern zu prüfen. Das Versäumnis des Rates rechtfertigt daher nicht die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses.

91      Als Zweites ist daran zu erinnern, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte und insbesondere des Rechts auf Anhörung nach ständiger Rechtsprechung in allen möglicherweise zu einer beschwerenden Maßnahme führenden Verfahren gegen eine Organisation ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, der auch dann sichergestellt werden muss, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt (vgl. in diesem Sinne Urteil OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

92      Der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte verlangt insbesondere, dass dem Betroffenen die zur Last gelegten Umstände, auf die sich der beschwerende Rechtsakt stützt, so weit wie möglich gleichzeitig mit dem Erlass eines Ausgangsbeschlusses über das Einfrieren von Geldern oder so früh wie möglich im Anschluss daran mitgeteilt werden. Gleichwohl können der Mitteilung bestimmter Umstände an die Beteiligten zwingende Erwägungen der Sicherheit oder der Gestaltung der internationalen Beziehungen der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne entsprechend die Urteile Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 342, und OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 93 und 137).

93      Da ein Ausgangsbeschluss über das Einfrieren der Gelder einer Organisation wie der angefochtene Beschluss zudem einen Überraschungseffekt haben muss, kann nicht verlangt werden, dass der betroffenen Einrichtung vor Erlass des betreffenden Beschlusses die ihr zur Last gelegten Punkte mitgeteilt werden und dass sie angehört wird (vgl. in diesem Sinne entsprechend die Urteile Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 338 bis 341, und OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnrn. 128 und 137).

94      Schon aus diesem Grund ist daher das Vorbringen zurückzuweisen, dass das Argument der Notwendigkeit eines Überraschungseffekts im Hinblick auf die Äußerungen des Premierministers des Vereinigten Königreichs am 16. Mai 2008 fehlgehe. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass es diese Äußerungen tatsächlich gab, und hat überdies auch nicht geltend gemacht, dass sie im Namen des Rates oder der Gemeinschaft abgegeben worden seien.

95      Bei dem Erlass eines Beschlusses nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 423/2007 muss die Mitteilung der zur Last gelegten Punkte die genauen Informationen und die einschlägigen Akten umfassen, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für die Durchführung dieser Bestimmung in Bezug auf die betroffene Einrichtung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnr. 126).

96      Aus den oben in den Randnrn. 84 bis 90 angeführten Erwägungen ist zu schließen, dass dieses Erfordernis im vorliegenden Fall beachtet wurde. Da der angefochtene Beschluss hinreichend begründet war, die Klägerin rechtzeitig durch die französische Bankkommission auf den Erlass des angefochtenen Beschlusses und seine Veröffentlichung einschließlich seiner Begründung im Amtsblatt aufmerksam gemacht wurde und sie diesen Beschluss tatsächlich konsultiert hat, verfügte sie über hinreichend genaue Informationen über die Umstände, die den Rat zu seiner Auffassung brachten, Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 423/2007 sei im vorliegenden Fall anwendbar.

97      Insoweit ist der Vorwurf der Klägerin zurückzuweisen, dass der Rat ihr von Amts wegen Zugang zu seinen Akten hätte gewähren müssen. Wenn hinreichend genaue Informationen mitgeteilt wurden, die es der betroffenen Einrichtung erlauben, zu den ihr vom Rat zur Last gelegten Gesichtspunkten sachdienlich Stellung zu nehmen, verpflichtet der Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte den Rat nicht dazu, von sich aus Zugang zu den in seinen Akten enthaltenen Schriftstücken zu gewähren. Nur auf Antrag des Betroffenen hat er Einsicht in alle nichtvertraulichen Verwaltungspapiere zu gewähren, die die in Rede stehende Maßnahme betreffen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2002, Hyper/Kommission, T‑205/99, Slg. 2002, II‑3141, Randnrn. 63 bis 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Erfordernis einer Spontanmitteilung des Inhalts der Akte ginge zu weit, da zum Zeitpunkt des Erlasses einer Maßnahme des Einfrierens von Geldern nicht sicher ist, dass die betroffene Einrichtung mittels Aktenzugang die tatsächlichen Umstände überprüfen will, auf die der Rat die ihr zur Last gelegten Punkte stützt.

98      Zum Recht auf Anhörung ist festzustellen, dass die von einem Ausgangsbeschluss über das Einfrieren von Geldern betroffene Einrichtung einen Anspruch darauf hat, nach dem Erlass des betreffenden Beschlusses vom Rat angehört zu werden. Nach der Rechtsprechung hat der Rat jedoch nicht von Amts wegen eine Anhörung durchzuführen, weil die betroffenen Einrichtungen auch die Möglichkeit haben, sofort Klage beim Gericht zu erheben (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil OMPI, oben in Randnr. 36 angeführt, Randnrn. 130 und 137). Überdies hat der Rat am Tag der Veröffentlichung des angefochtenen Beschlusses die Mitteilung für die Personen, Organisationen und Einrichtungen, die der Rat in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgenommen hat, die unter Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 fallen (Anhang V), beschlossen und veröffentlicht. Diese Mitteilung sieht vor, dass die betroffenen Einrichtungen eine Überprüfung ihrer Aufnahme in die Liste des Anhangs V dieser Verordnung beantragen können, und erlaubt ihnen dadurch, ihr Recht auf Anhörung wirksam auszuüben.

99      Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass der Ausübung der Rechte auf Aktenzugang und Anhörung ein Antrag der Klägerin beim Rat hätte vorausgehen müssen. Auf eine Frage des Gerichts hat die Klägerin eingeräumt, sie habe versäumt, einen entsprechenden Antrag zu stellen.

100    Die Argumente der Klägerin zur Rechtfertigung dieses Versäumnisses greifen nicht durch. Das Vorbringen, die geltenden Vorschriften sähen kein Verfahren zum Aktenzugang und zur Anhörung vor, geht, wie oben in Randnr. 98 ausgeführt, in Bezug auf das Anhörungsrecht fehl. Darüber hinaus ist festzustellen, dass zwar kein Verfahren vorgesehen wird, das den Zugang zu den Akten ausdrücklich regelt; dies hat jedoch, wie oben in Randnr. 91 festgestellt, keinen Einfluss auf die Pflicht des Rates, die Beachtung der Verteidigungsrechte sicherzustellen. Selbst wenn das Argument der Klägerin als Einrede der Rechtswidrigkeit auszulegen wäre, müsste es zurückgewiesen werden, weil das Fehlen ausdrücklicher Bestimmungen die Pflicht zur Beachtung der Verteidigungsrechte nicht berührt, wozu insbesondere das Recht auf Bekanntgabe der zur Last gelegten Gesichtspunkte gehört, das ebenfalls darauf abzielt, der betroffenen Einrichtung zu ermöglichen, das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz wahrzunehmen (siehe nachstehend, Randnr. 105).

101    Die Schritte, die die Zweigstelle der Klägerin im Vereinigten Königreich unternommen hat, sind ebenfalls ohne Belang, denn diese Zweigstelle hat eine selbständige Rechtspersönlichkeit, was bedeutet, dass sie sich im eigenen Namen und nicht im Namen ihrer Muttergesellschaft an die Institutionen und Mitgliedstaaten wandte. Überdies wurden diese Schritte, wie die Klägerin einräumt, vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses unternommen. Der Klägerin stand jedoch, wie oben in Randnr. 93 ausgeführt, vor Erlass des angefochtenen Beschlusses jedenfalls kein Recht auf Mitteilung der ihr zur Last gelegten Gesichtspunkte und auch kein Anhörungsrecht zu.

102    Was den Umstand betrifft, dass der Rat nicht von sich aus Beweismittel zur Stützung der Begründung des angefochtenen Beschlusses vorgelegt hat, ergibt sich aus den Erwägungen in der vorstehenden Randnr. 97 sowie in der nachstehenden Randnr. 107, dass er dazu weder vor noch nach Erhebung der vorliegenden Klage verpflichtet war.

103    Die Klägerin erläutert auch nicht, in welcher Weise das Erfordernis der Einzelüberprüfung ihrer Beziehungen zu den im angefochtenen Beschluss bezeichneten Einrichtungen sie daran gehindert haben soll, Zugang zu den Akten des Rates oder eine Anhörung zu beantragen. Diese Schritte hätten die durchzuführenden Nachforschungen im Gegenteil durch Konsultation von Unterlagen oder Erlangung näherer Erläuterungen erleichtern können.

104    Daraus folgt, dass der Rat, da die Klägerin keinen entsprechenden Antrag bei ihm gestellt hat, nicht verpflichtet war, ihr Aktenzugang zu gewähren oder eine Anhörung durchzuführen, so dass der Vorwurf der Verletzung der Verteidigungsrechte zurückzuweisen ist.

105    Als Drittes ist daran zu erinnern, dass der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nach ständiger Rechtsprechung ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt und in den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist; er ist ferner in Art. 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) bekräftigt worden. Die Effektivität der gerichtlichen Kontrolle setzt voraus, dass die betreffende Gemeinschaftsbehörde der betroffenen Einrichtung die Begründung für das Einfrieren von Geldern so weit wie möglich zu dem Zeitpunkt, zu dem ihre Aufnahme in die Liste beschlossen wird, oder wenigstens so bald wie möglich danach mitteilt, um den Adressaten die fristgemäße Wahrnehmung ihres Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz zu ermöglichen. Die Erfüllung dieser Verpflichtung zur Mitteilung der Begründung ist nämlich sowohl erforderlich, um es den Adressaten der Sanktionen zu gestatten, ihre Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen zu verteidigen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es für sie von Nutzen ist, den Gemeinschaftsrichter anzurufen, als auch, um den Gemeinschaftsrichter vollständig in die Lage zu versetzen, die ihm nach dem EG‑Vertrag obliegende Kontrolle der Rechtmäßigkeit des fraglichen Gemeinschaftsrechtsakts auszuüben (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Kadi, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 335 bis 227 und die dort angeführte Rechtsprechung).

106    Aus den vorstehenden Randnrn. 84 bis 90 und 96 geht hervor, dass die Klägerin rechtzeitig über hinreichend genaue Informationen in Bezug auf die Begründung des Einfrierens der Gelder verfügte. Da sie beim Rat keinen Aktenzugang beantragt hat, kann sie auch nicht erfolgreich rügen, dieser sei ihr nicht eingeräumt worden. Zudem kann das Gericht seine Kontrollaufgabe vollständig wahrnehmen. Unter diesen Umständen hat der Rat nicht gegen den Anspruch der Klägerin auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verstoßen.

107    Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang noch geltend macht, dass der Rat im Verfahren vor dem Gericht keinen Beweis für die im angefochtenen Beschluss angeführte Begründung vorgelegt habe, ist festzustellen, dass die Vorlage entsprechender Beweise nur erforderlich wäre, wenn die Klägerin einen zulässigen Klagegrund anführte, der die Begründetheit der Feststellung, sie stelle eine Unterstützung für die nukleare Proliferation bereit, in Frage stellt. In einem solchen Fall müsste der Rat, ohne dass die Klägerin einen negativen Beweis zu führen hätte, dem Gemeinschaftsrichter, wie oben in Randnr. 37 dargelegt, tatsächlich die Beweise und Informationen zur Überprüfung vorlegen, auf die er sich bei seiner Beurteilung gestützt hat. Wie oben in Randnr. 30 ausgeführt, wurde im vorliegenden Fall kein entsprechender Klagegrund geltend gemacht. Folglich verstößt der Umstand, dass der Rat keinen Beweis vorgelegt hat, nicht gegen den Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, so dass der damit verbundene Vorwurf zurückzuweisen ist, ohne dass zu prüfen wäre, ob die am 4. Februar 2009 eingereichten Schriftstücke das Vorbringen stützen, die Klägerin müsse im vorliegenden Fall einen negativen Beweis antreten.

108    Aus alledem ergibt sich, dass der vierte Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum fünften Klagegrund: fehlende Zuständigkeit

 Vorbringen der Parteien

109    Die Klägerin macht geltend, dass der Rat nach dem EG‑Vertrag keine Zuständigkeit zur Verhängung „strafrechtlicher Sanktionen“ wie des Einfrierens von Geldern habe. Da der Rat die Gelder der Klägerin auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses und der Verordnung Nr. 423/2007 eingefroren habe, die im Rahmen der vom EG‑Vertrag zugewiesenen Zuständigkeiten ergangen seien, habe er seine Zuständigkeit überschritten, sein Ermessen missbraucht und wesentliche Formvorschriften und Bestimmungen dieses Vertrags verletzt.

110    Der Rat, unterstützt von den Streithelfern, hält den Vorwurf der Klägerin für unbegründet und hebt hervor, dass im Einfrieren von Geldern keine strafrechtliche Sanktion zu sehen sei.

 Würdigung durch das Gericht

111    Hierzu ist festzustellen, dass die in der Verordnung Nr. 423/2007 vorgesehenen restriktiven Maßnahmen keine strafrechtlichen Sanktionen sind, da die Gelder der Einrichtungen, gegen die diese Sanktionen gerichtet sind, nicht als Erträge aus einer Straftat eingezogen, sondern vorsorglich eingefroren werden. Außerdem enthalten sie auch keinen Strafvorwurf dieser Art (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2007, Sison/Rat, T‑47/03, Slg. 2007, II‑73, Randnr. 101).

112    Das Argument der Klägerin, das Einfrieren ihrer Gelder sei eine strafrechtliche Sanktion, ist somit unbegründet. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen, und die Klage ist in ihrer Gesamtheit abzuweisen.

 Kosten

113    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates dessen Kosten einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten aufzuerlegen.

114    Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Französische Republik und die Kommission tragen deshalb ihre eigenen Kosten einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Bank Melli Iran trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates der Europäischen Union einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.

3.      Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Französische Republik und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften tragen ihre eigenen Kosten einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Oktober 2009.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Sachverhalt

Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran

Die Klägerin betreffende Maßnahmen

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Zur Relevanz der von der Klägerin am 4. Februar 2009 eingereichten Schriftstücke

Zur Intensität der gerichtlichen Nachprüfung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften, den EG‑Vertrag, von Rechtsvorschriften zu dessen Anwendung und von Art. 7 Abs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140, Ermessensmissbrauch und Fehlen einer Rechtsgrundlage für den angefochtenen Beschluss

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Eigentumsrechts

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte, des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und der Begründungspflicht nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum fünften Klagegrund: fehlende Zuständigkeit

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Französisch.