Language of document : ECLI:EU:T:2012:178

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

29. März 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke CALCIMATT – Ältere Gemeinschaftswortmarke CALCILAN – Relative Eintragungshindernisse – Verwechslungsgefahr – Zeichenähnlichkeit – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Ablehnung der Eintragung“

In der Rechtssache T‑547/10

Omya AG mit Sitz in Oftringen (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen F. Kuschmirek und V. Dalichau,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), zunächst vertreten durch D. Botis, dann durch R. Manea und zuletzt vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Alpha Calcit Füllstoffgesellschaft mbH mit Sitz in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt F. Hauck,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 16. September 2010 (Sache R 1370/2009‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Alpha Calcit Füllstoffgesellschaft mbH und der Omya AG

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 29. November 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 16. März 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 9. März 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der Entscheidung vom 8. Februar 2011, mit der der Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens abgelehnt worden ist,

aufgrund der Entscheidung vom 15. April 2011, mit der es abgelehnt worden ist, die Einreichung einer Erwiderung zu gestatten,

auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2011,

aufgrund der Bestellung eines anderen Richters zur Vervollständigung der Kammer nach der Verhinderung eines ihrer Mitglieder,

aufgrund des Beschlusses vom 8. Dezember 2011 über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung,

aufgrund der Schreiben der Klägerin und der Streithelferin vom 19. Dezember 2011, in denen sie ihren Verzicht darauf erklärt haben, erneut gehört zu werden,

aufgrund der Entscheidung des Präsidenten der Sechsten Kammer, die mündliche Verhandlung zu schließen,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 17. Juli 2006 meldete die Klägerin, die Omya AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen CALCIMATT.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 1 und 2 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 1: „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, nämlich Füllstoffe, insbesondere zur Verwendung in der Papier- und Karton- sowie der Farben-, Lack- und Kunststoffindustrie“;

–        Klasse 2: „Pigmente, insbesondere zur Verwendung in der Papier- und Karton- sowie in der Farben-, Lack- und Kunststoffindustrie“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 49/2006 vom 4. Dezember 2006 veröffentlicht.

5        Am 13. Februar 2007 erhob die Streithelferin, die Alpha Calcit Füllstoffgesellschaft mbH, gegen die Anmeldung der Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch und stützte sich dabei auf:

–        zwei Eintragungen der Wortmarke CALCIPLAST: Dieses Zeichen wurde am 11. November 1986 in Deutschland unter der Nr. 1098889 als nationale Marke und am 22. August 1987 unter der Nr. 515430 als internationale Registrierung mit Wirkung in den Benelux-Staaten, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal und Spanien für folgende Waren der Klasse 1 eingetragen: „Calciumcarbonat, insbesondere feinteiliger Calcit als Füllstoff für die Kunststoffindustrie“;

–        die internationale Registrierung Nr. 534585 der Wortmarke CALCILIT vom 26. Januar 1989 mit Wirkung in den Benelux-Staaten, Bulgarien, Estland Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik und Ungarn für Waren der Klasse 1, nämlich „Kristallines Calciumcarbonat als Füllstoff“, und folgende Waren der Klasse 19: „Marmor in Form von Granulaten, Körnern und Mehl“;

–        die Wortmarke Calcilit, die am 29. November 2000 unter der Nr. 1234822 als Gemeinschaftsmarke für Waren der Klasse 1, nämlich „Kristallines Calciumcarbonat als Füllstoff“, und folgende Waren der Klasse 19 eingetragen wurde: „Marmor in Form von Granulaten, Körnern und Mehl“;

–        die Wortmarke CALCILAN, die am 11. April 2005 unter der Nr. 3513488 als Gemeinschaftsmarke für folgende Waren der Klasse 1 eingetragen wurde: „Formulierhilfsmittel für die chemische Industrie und Papierindustrie; Calciumkarbonat, micronisiert, als Rohstoff zur Herstellung von Farben, Kunststoffen, Kautschuk und Bindemitteln“;

–        zwei Eintragungen der Wortmarke CALCICELL; dieses Zeichen wurde am 11. November 1986 unter der Nr. 1098890 als nationale Marke in Deutschland und am 22. August 1987 unter der Nr. 515431 als internationale Registrierung mit Wirkung in den Benelux-Staaten, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal und Spanien für folgende Waren der Klasse 1 eingetragen: „Calciumcarbonat, insbesondere feinteiliger Calcit als Füllstoff für die Papierindustrie“.

6        Der Widerspruch wurde mit den in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 207/2009) aufgeführten Eintragungshindernissen begründet.

7        Auf Antrag der Klägerin ersuchte die Widerspruchsabteilung am 5. Februar 2008 die Streithelferin, den Benutzungsnachweis für die Marken zu erbringen, auf die sich der Widerspruch stützte.

8        Mit Entscheidung vom 15. September 2009 wies die Widerspruchsabteilung des HABM den Widerspruch zurück, wobei sie sich auf die Gemeinschaftsmarkeneintragung Nr. 3513488 der Wortmarke CALCILAN stützte, in Bezug auf die sie den Antrag auf Nachweis der ernsthaften Benutzung für unzulässig hielt. Hinsichtlich der anderen Marken, auf die sich der Widerspruch stützte, kam die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die von der Streithelferin erbrachten Nachweise unzulänglich seien, um eine ernsthafte Benutzung der Marken in den entsprechenden Gebieten während des Zeitraums von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung zu belegen.

9        Am 16. November 2009 legte die Streithelferin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

10      Mit Entscheidung vom 16. September 2010 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Erste Beschwerdekammer des HABM der Beschwerde statt und hob die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf.

11      Sie war der Ansicht, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Marke CALCILAN bestehe. Insoweit führte sie aus, dass das maßgebliche Publikum grundsätzlich aus Einkäufern bestehe, die auf den Bereich der chemischen Produkte für die Industrie spezialisiert seien. Hinsichtlich des Vergleichs der von der erwähnten älteren Marke und der von der angemeldeten Marke erfassten Waren schloss sich die Beschwerdekammer der Folgerung der Widerspruchsabteilung an, wonach die in Rede stehenden Waren identisch oder ähnlich seien. Schließlich hätten die beiden einander gegenüberstehenden Marken Ähnlichkeit in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht, da beide den Bestandteil „Calci“ enthielten, der sich auf Calciumverbindungen, insbesondere Calciumkarbonat, beziehe, die in den genannten Waren enthalten seien.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

12      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem HABM aufzugeben, die angemeldete Marke einzutragen;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

13      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

14      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen;

–        hilfsweise, die Sache an die Beschwerdekammer zur weiteren Prüfung zurückzuverweisen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der Anlagen A.6 bis A.8 der Klageschrift

15      Das HABM macht zunächst geltend, dass die Anlagen A.6 bis A.8 der Klageschrift, d. h. Auszüge aus der Saegis-Datenbank, im Verwaltungsverfahren vor dem HABM nicht vorgelegt worden seien und daher für unzulässig zu erklären seien.

16      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, den Sachverhalt im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen zu überprüfen. Tatsachen, die vor dem Gericht geltend gemacht werden, ohne dass sie vorher den Dienststellen des HABM zur Kenntnis gebracht worden sind, können die Rechtmäßigkeit einer solchen Entscheidung nur berühren, wenn das HABM sie von Amts wegen hätte berücksichtigen müssen (Urteile des Gerichts vom 13. Juli 2004, Samar/HABM – Grotto [GAS STATION], T‑115/03, Slg. 2004, II‑2939, Randnr. 13, und vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg. 2005, II‑4891, Randnr. 19).

17      Im vorliegenden Fall sind die erstmals beim Gericht eingereichten Anlagen daher für unzulässig zu erklären, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil ARTHUR ET FELICIE, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zur Zulässigkeit der Klage

18      Das HABM hält auch die Klage für unzulässig. Hierzu macht es geltend, dass nicht mit Sicherheit bestimmt werden könne, auf wie viele und auf welche Klagegründe die Klageschrift gestützt sei.

19      Nach Art. 44 § 1 Buchst. c und Art. 130 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss hinreichend klar und genau sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sie gestützt wird, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Enso Española/Kommission, T‑348/94, Slg. 1998, II‑1875, Randnr. 143, und vom 28. März 2000, T. Port/Kommission, T‑251/97, Slg. 2000, II‑1775, Randnr. 91). Dabei ist in der Klageschrift im Einzelnen darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Verfahrensordnung nicht entspricht (Urteile des Gerichts T. Port/Kommission, Randnr. 90, und vom 5. Juli 2000, Samper/Parlament, T‑111/99, Slg. ÖD 2000, I‑A-135 und II‑611, Randnr. 27).

20      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin zwar in Bezug auf bestimmte Fragen die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer nicht rügt oder sogar teilt. Jedoch geht aus der Klageschrift eindeutig hervor, dass die Klägerin einen einzigen Klagegrund – Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 – geltend macht und dass dieser Klagegrund hinreichend untermauert ist, um den Anforderungen des Art. 44 der Verfahrensordnung zu genügen.

 Zur Begründetheit

21      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Im Wesentlichen bringt sie vor, dass die einander gegenüberstehenden Marken in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht unähnlich seien und dass daher der von den beiden Zeichen, d. h. CALCILAN und CALCIMATT, hervorgerufene Gesamteindruck ausreichend unterschiedlich sei, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

22      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

23      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt.

24      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist umfassend, gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Im Rahmen der Anwendung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass gleichzeitig eine Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin in ihren Schriftsätzen die Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise nicht rügt und die Identität oder Ähnlichkeit der fraglichen Waren nicht bestreitet. Was insbesondere die Identität der fraglichen Waren betrifft, ist festzustellen, dass die Klägerin, nachdem sie in ihrer Klageschrift eindeutig erklärt hatte, dass die von der angemeldeten Marke und die von der älteren Marke erfassten Waren identisch oder ähnlich seien, in der mündlichen Verhandlung ihren Standpunkt geändert und bestritten hat, dass die von der angemeldeten Marke und die von der älteren Marke erfassten Waren identisch seien. Unabhängig von der Frage, ob ein solches Bestreiten in diesem Stadium des Verfahrens wegen verspäteten Vorbringens als unzulässig angesehen werden muss, ist jedoch festzustellen, dass die Klägerin nicht den Grad der Ähnlichkeit der betreffenden Waren bestreitet. Daher steht allein in Frage, ob die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass sich die einander gegenüberstehenden Zeichen hinreichend ähneln, um von einer Verwechslungsgefahr für die maßgeblichen Verkehrskreise ausgehen zu können.

27      Insoweit ist zu beachten, dass bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der bildlichen, klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit der betreffenden Marken auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke vom Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen wird. Dabei nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Insbesondere sind nach der Rechtsprechung zwei Marken einander ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich des visuellen, des klanglichen oder des begrifflichen Aspekts oder mehrerer dieser Aspekte zumindest teilweise übereinstimmen (vgl. Urteil des Gerichts vom 2. Dezember 2009, Volvo Trademark/HABM – Grebenshikova [SOLVO], T‑434/07, Slg. 2009, II‑4415, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Im vorliegenden Fall stehen die ältere Wortmarke CALCILAN und die angemeldete Wortmarke CALCIMATT einander gegenüber.

30      Was erstens den bildlichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken betrifft, ist festzustellen, dass die ältere Marke CALCILAN mit der angemeldeten Marke CALCIMATT in den ersten fünf von insgesamt acht bzw. neun Buchstaben sowie im siebten Buchstaben übereinstimmt. Die Beschwerdekammer hat somit in Randnr. 27 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die Zeichen aufgrund ihrer Übereinstimmungen und ihrer nur geringfügig abweichenden Länge in schriftbildlicher Hinsicht ähnlich sind.

31      Zweitens ist in klanglicher Hinsicht festzustellen, dass sich die beiden Zeichen aus drei Silben zusammensetzen, nämlich zum einen aus „cal“, „ci“ und „lan“ und zum anderen aus „cal“, „ci“ und „matt“, und dass die ersten beiden Silben der Zeichen klanglich identisch sind. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ändert die Tatsache, dass sich die dritten Silben leicht unterscheiden, nichts am Vorliegen einer klanglichen Ähnlichkeit.

32      Drittens ist, was den begrifflichen Vergleich angeht, festzustellen, dass die beiden einander gegenüberstehenden Marken den Bestandteil „Calci“ enthalten. Mit der Beschwerdekammer ist darauf hinzuweisen, dass sämtliche Waren, die im vorliegenden Fall betroffen sind, Calciumverbindungen, insbesondere Calciumkarbonat, umfassen oder als wesentlichen Bestandteil enthalten, so dass es naheliegt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in der Europäischen Union, bei denen es sich um Fachkreise handelt, diesen Bestandteil als einen Hinweis auf das chemische Element Calcium oder eine seiner Verbindungen auffassen kann. Die übrigen Bestandteile „matt“ und „lan“ weisen keine semantische Ähnlichkeit auf und können somit zur Differenzierung der fraglichen Marken beitragen. Insoweit ist allerdings festzustellen, dass sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass der Bestandteil „lan“ in keiner der Amtssprachen der Union eine Bedeutung hat, und dass andererseits der Bestandteil „matt“ in einer begrenzten Zahl der Sprachen der Union „ohne Glanz“ oder „nicht spiegelnd“ bedeutet, also beschreibend ist; diese Feststellungen werden von der Klägerin nicht bestritten.

33      Aus allen diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass die beiden in Rede stehenden Zeichen im Wesentlichen aufgrund der Tatsache, dass sie den Anfangsbestandteil „Calci“ gemeinsam haben, in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht einander ähnlich seien.

34      Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdekammer auch zu dem Ergebnis gelangt, dass Verwechslungsgefahr bestehe.

35      Dieser Feststellung ist zuzustimmen.

36      Die in Rede stehenden Waren sind nämlich identisch oder zumindest sehr ähnlich. Zudem sind, wie bereits festgestellt wurde, die fraglichen Zeichen in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht ähnlich. Zwar trifft es zu, dass die maßgeblichen Verkehrskreise dem Bestandteil „Calci“ eine schwache Funktion als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der erfassten Waren zuordnen, einfach weil es sich um einen Bestandteil handelt, der vom Publikum als Hinweis darauf verstanden wird, dass diese Waren das chemische Element Calcium oder Calciumverbindungen enthalten. Jedoch ist für eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, dass die ältere Marke CALCILAN und die angemeldete Marke CALCIMATT genau dieselbe Struktur aufweisen, dass ihre beiden ersten Silben identisch sind und dass die jeweils letzte Silbe der Zeichen eine noch geringere Kennzeichnungskraft als der gemeinsame Bestandteil „Calci“ haben, „lan“ aufgrund der Häufigkeit seiner Benutzung und „matt“ aufgrund seines beschreibenden Charakters.

37      Die Beschwerdekammer hat daher bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr keinen Fehler begangen.

38      Da der einzige von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund unbegründet ist, ist die Klage abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit des im zweiten Teil des ersten Klageantrags gestellten Antrags entschieden zu werden braucht, dem HABM die Eintragung der angemeldeten Marke aufzugeben.

 Kosten

39      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Omya AG trägt die Kosten.

Kanninen

Wahl

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. März 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.