Language of document : ECLI:EU:T:2015:957

BESCHLUSS DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

26. November 2015(*)

„Verfahren – Kostenfestsetzung“

In der Rechtssache T‑509/13 DEP

Ratioparts-Ersatzteile-Vertriebs GmbH mit Sitz in Euskirchen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Koch und D. Hötte,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

IIC – Intersport International Corp. GmbH mit Sitz in Bern (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Schmidt und P. Baronikians,

wegen Festsetzung der der Streithelferin von der Klägerin im Anschluss an den Beschluss vom 1. Oktober 2014, Ratioparts-Ersatzteile/HABM – IIC (NORTHWOOD) (T‑509/13, EU:T:2014:870), zu erstattenden Kosten

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Dittrich, des Richters J. Schwarcz (Berichterstatter) und der Richterin V. Tomljenović,


Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Beteiligten

1        Mit Klageschrift, die am 19. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin, die Ratioparts-Ersatzteile-Vertriebs GmbH, Klage auf Abänderung der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 4. Juli 2013 (Sache R 2211/2012‑2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der IIC – Intersport International Corp. GmbH und der Ratioparts-Ersatzteile-Vertriebs GmbH.

2        Die Streithelferin, die IIC – Intersport International Corp. GmbH, beantragte, die Klage abzuweisen und der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

3        Mit Beschluss vom 1. Oktober 2014 (Ratioparts-Ersatzteile/HABM – IIC [NORTHWOOD], T‑509/13, EU:T:2014:870) strich das Gericht im Anschluss an die Rücknahme der Klage durch die Klägerin die Rechtssache in seinem Register und verurteilte die Klägerin zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Kosten des HABM und der Streithelferin.

4        Mit Schreiben vom 14. Oktober 2014 forderte die Streithelferin die Klägerin auf, ihr die durch das Verfahren vor dem Gericht entstandenen erstattungsfähigen Kosten, nämlich 3 155 Euro, bis spätestens 28. Oktober 2014 zu zahlen.

5        Mit Antragsschrift, die am 11. November 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Streithelferin mangels Begleichung der in der vorstehenden Randnummer angeführten Kosten gemäß Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 beantragt, die durch das Verfahren vor dem Gericht entstandenen, von der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 3 155 Euro festzusetzen.

6        Mit Schriftsatz, der am 28. November 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, ist die Klägerin diesem Antrag entgegengetreten und hat vorgetragen, die von der Streithelferin geforderten Kosten seien jedenfalls der Höhe nach weder notwendig noch gerechtfertigt und somit nicht erstattungsfähig. Die Streithelferin habe außerdem den in Rede stehenden Betrag nicht aufgeschlüsselt. Folglich könne nicht ausgeschlossen werden, dass in diesem Betrag auch die Kosten des Verwaltungsverfahrens enthalten seien, die jedoch nicht anzusetzen seien. Im Übrigen sei die Höhe der geltend gemachten Kosten unangemessen, insbesondere da der Rechtsstreit in Bezug auf seinen Gegenstand und seine Art keine besondere Komplexität aufweise. Die Streithelferin habe auch nicht nachgewiesen, dass gesteigerte wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel stünden. Daher sei der Antrag, die erstattungsfähigen Kosten auf 3 155,00 Euro festzusetzen, jedenfalls in der geltend gemachten Höhe zurückzuweisen.

7        Mit Schreiben vom 7. Januar 2015 hat die Streithelferin die Aufschlüsselung des Betrags vorgelegt, dessen Erstattung beantragt wird, und dem Gericht in diesem Zusammenhang sechs Rechnungen übermittelt.

 Rechtliche Würdigung

8        Nach Art. 140 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichts, der Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 entspricht, gelten als erstattungsfähige Kosten „Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte“. Erstattungsfähige Kosten sind somit nur die Aufwendungen, die durch das Verfahren vor dem Gericht entstanden sind und dafür notwendig waren (Beschlüsse vom 28. Juni 2004, Airtours/Kommission, T‑342/99 DEP, Slg, EU:T:2004:192, Rn. 13, und vom 14. Juli 2015, Ntouvas/ECDC, T‑223/12 DEP, EU:T:2015:570, Rn. 10).

9        Nach der Rechtsprechung muss der Antragsteller Nachweise für die Kosten vorlegen, deren Erstattung er beantragt (vgl. u. a. Beschluss vom 8. Juli 2004, De Nicola/EIB, T‑7/98 DEP, T‑208/98 DEP und T‑109/99 DEP, EU:T:2004:217, Randnr. 42). Zwar ist das Gericht bei Fehlen solcher Informationen nicht daran gehindert, die Höhe der erstattungsfähigen Kosten nach billigem Ermessen festzusetzen, doch muss es in einem solchen Fall die Forderungen des Antragstellers zwangsläufig streng beurteilen (Beschluss vom 28. Mai 2013, Marcuccio/Kommission, T‑278/07 P‑DEP, Slg, EU:T:2013:269, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

10      Ferner kann der Unionsrichter nach ständiger Rechtsprechung nicht die Vergütungen festsetzen, die die Parteien ihren eigenen Anwälten schulden, sondern hat den Betrag zu bestimmen, bis zu dem die Erstattung dieser Vergütungen von der kostenpflichtigen Partei verlangt werden kann. Das Gericht braucht bei der Entscheidung über einen Antrag auf Kostenfestsetzung weder eine nationale Gebührenordnung für Anwälte noch eine etwaige Gebührenvereinbarung zwischen der betreffenden Partei und ihren Bevollmächtigten oder Beiständen zu berücksichtigen (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt, EU:T:2004:192, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

11      Da das Unionsrecht keine Gebührenordnung kennt, hat das Gericht die Gegebenheiten des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten am Ausgang des Rechtsstreits, Gegenstand und Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht sowie seinen Schwierigkeitsgrad und den Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren zu berücksichtigen (vgl. u. a. Beschlüsse vom 29. Oktober 2010, Celia/Leche Celta, C‑300/08 P‑DEP, EU:C:2010:655, Rn. 14, und vom 10. Januar 2002, Starway/Rat, T‑80/97 DEP, Slg, EU:T:2002:1, Rn. 27).

12      Schließlich berücksichtigt das Gericht bei der Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten alle Umstände der Rechtssache bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht; dazu gehören auch die notwendigen Aufwendungen für das Kostenfestsetzungsverfahren (Beschlüsse Marcuccio/Kommission, oben in Rn. 9 angeführt, EU:T:2013:269, Rn. 13, und vom 23. März 2012, Kerstens/Kommission, T‑498/09 P‑DEP, EU:T:2012:147, Rn. 15).

13      Anhand dieser Kriterien ist die Höhe der im vorliegenden Fall erstattungsfähigen Kosten zu beurteilen.

14      Erstens ist in Bezug auf den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits sowie seine Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht festzustellen, dass er ein Widerspruchsverfahren zwischen der IIC – Intersport International Corp. GmbH und der Ratioparts-Ersatzteile-Vertriebs GmbH betraf. Der Widerspruch wurde allein auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) gestützt. Wie aus den Schriftsätzen hervorgeht, ging es in dem Rechtsstreit um bestimmte in diesem Zusammenhang gängige Fragen, u. a. um die Gesamtbeurteilung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr zwischen dem als Gemeinschaftsmarke angemeldeten Zeichen und der älteren Gemeinschaftsmarke, auf die der Widerspruch gestützt wurde. In diesem Rahmen befassten sich die Parteien des Rechtsstreits außerdem mit der Frage, ob das angemeldete Zeichen und die ältere Marke einerseits und die in Rede stehenden Waren andererseits Ähnlichkeiten aufwiesen. Analysiert wurde auch der Grad der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Der Rechtsstreit wies daher keine besondere Komplexität auf und gehörte zu den üblichen markenrechtlichen Streitigkeiten. Es ging im Wesentlichen darum, eine gefestigte Rechtsprechung auf die besonderen Umstände des Einzelfalls anzuwenden. Die Rechtssache betraf weder eine neue Rechtsfrage noch eine komplexe Tatsachenfrage und konnte daher nicht als besonders schwierig oder bedeutsam angesehen werden.

15      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass der Streitgegenstand für die Streithelferin zwar naturgemäß von gewissem wirtschaftlichem Interesse war, doch kann dieses wirtschaftliche Interesse mangels hierzu von ihr vorgetragener konkreter Anhaltspunkte nicht als ungewöhnlich oder als deutlich von dem jedem Widerspruchsverfahren gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung zugrunde liegenden wirtschaftlichen Interesse verschieden angesehen werden.

16      Drittens schließlich ist zur Beurteilung der Schwierigkeiten der Angelegenheit und des Arbeitsaufwands der Anwälte der Streithelferin im Hauptsacheverfahren darauf hinzuweisen, dass für den Unionsrichter grundsätzlich die Gesamtzahl der Arbeitsstunden entscheidend ist, die für das Verfahren vor dem Gericht objektiv erforderlich waren. Der Unionsrichter kann insoweit den Wert der geleisteten Arbeit nur nach Maßgabe der Genauigkeit der gelieferten Informationen beurteilen (vgl. Beschluss Airtours/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt, EU:T:2004:192, Rn. 30).

17      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das schriftliche Verfahren nur aus einem Schriftsatzwechsel bestand und keine mündliche Verhandlung stattfand. Die Beteiligung der Anwälte der Streithelferin am Verfahren vor dem Gericht beschränkte sich daher auf die Abfassung eines Streithilfeschriftsatzes (neun Seiten nebst sieben Seiten Anlagen) sowie auf drei Schreiben, von denen zwei die Wahl der Verfahrenssprache (zwei Seiten) und das dritte ihre Stellungnahme zur Klagerücknahme (zwei Seiten) betrafen.

18      In der Honorarabrechnung der Anwälte der Streithelferin, die dem Gericht von ihnen vorgelegt wurde, sind die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und die erbrachten Leistungen aufgeführt. Aus ihr geht hervor, dass die Anwälte 11,9 Stunden für die Bearbeitung der Hauptsache in Form juristischer und damit im Zusammenhang stehender Leistungen aufwandten. Sie wurden mit einem Stundensatz von 250 Euro in Rechnung gestellt, also insgesamt 2 975 Euro. Zudem wurden nach der Abrechnung sechs Stunden für administrative Tätigkeiten („clerical work“) mit einem Stundensatz von 30 Euro aufgewandt, also insgesamt 180 Euro. Ferner ist hervorzuheben, dass die in Rede stehenden Kosten entgegen dem ursprünglichen Vorbringen der Klägerin nicht das Verwaltungsverfahren vor dem HABM betreffen.

19      Dem Gericht erscheint der von den Anwälten angesetzte durchschnittliche Stundensatz hoch, aber nicht unangemessen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 15. Juni 2015, Indesit Company/HABM, T‑214/12 DEP, EU:T:2015:422, Rn. 21).

20      Die für die Bearbeitung der Hauptsache aufgewandte Stundenzahl ist hingegen als überhöht anzusehen. Nach der Rechtsprechung (siehe oben, Rn. 8 bis 12) sind bei der Beurteilung des Arbeitsaufwands durch den Unionsrichter nämlich die für das Verfahren vor dem Gericht objektiv erforderlichen Arbeitsstunden maßgebend. Im vorliegenden Fall sind in Anbetracht zum einen von Art und Umfang der von der Streithelferin vorgelegten Schriftsätze und Verfahrensunterlagen und zum anderen des Umstands, dass nach der Rechtsprechung die Berücksichtigung eines hohen Stundensatzes durch eine strenge Bewertung der Gesamtzahl der von den Anwälten bei der Bearbeitung der Rechtssache aufgewandten Arbeitszeit auszugleichen ist (vgl. Beschluss Indesit Company/HABM, T‑214/12 DEP, oben in Rn. 19 angeführt, EU:T:2015:422, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung), insgesamt zehn Anwaltsarbeitsstunden als für das Verfahren vor dem Gericht notwendig anzuerkennen.

21      Im Einzelnen ist nämlich festzustellen, dass der von der Streithelferin für die Erstellung ihres Streithilfeschriftsatzes geltend gemachte Arbeitsaufwand in praktischer Hinsicht insbesondere angesichts der Länge dieses Schriftsatzes übertrieben erscheint, denn er umfasst nicht mehr als neun Seiten, von denen die letzte nur aus einer Bezugnahme auf die Anlagen besteht, und ist zum Teil einer Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung der Beschwerdekammer mit einigen Anmerkungen der Streithelferin gewidmet. Auch wenn berücksichtigt wird, dass diese Entscheidung 21 Seiten lang war und dass die Klageschrift und die Klagebeantwortung des HABM, die die Streithelferin ebenfalls zur Kenntnis nehmen musste, 10 bzw. 13 Seiten umfassten, kann nicht die gesamte für die Erstellung ihres eigenen Schriftsatzes angesetzte Zeit von 8,8 Stunden als notwendig angesehen werden, insbesondere vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen in Rn. 15 zum Gegenstand und zur Art des Rechtsstreits sowie zu seiner Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht.

22      Zudem ist in Bezug auf die sechs Posten „clerical work (administrative Tätigkeiten)“, deren Dauer mit je einer Stunde angegeben ist, festzustellen, dass die dem Gericht von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen keine zusätzlichen Angaben enthalten, anhand deren sich beurteilen ließe, worin die geleistete Arbeit bestand, in welchem Zusammenhang sie mit dem Rechtsstreit stand und ob sie letztlich überhaupt notwendig war. Außerdem scheint es eine Inkohärenz zwischen der Angabe „Honorar/Att.Fee“ (Anwaltshonorare), die in den Rechnungen auch im Zusammenhang mit dieser administrativen Tätigkeit angeführt ist, und dem Umstand zu geben, dass die für Letztere in Rechnung gestellten Stundensätze 30 Euro betragen. Unter diesen Umständen sind mangels genauerer Angaben und in Anbetracht dessen, dass die Kosten für Tätigkeiten wie das Verfassen von E-Mails durch die Anwälte der Streithelferin bereits als sonstige Anwaltshonorare in Rechnung gestellt wurden, alle unter „clerical work (administrative Tätigkeiten)“ angeführten Kosten von den im vorliegenden Fall erstattungsfähigen Kosten auszuschließen.

23      Nach alledem erscheint es angemessen, das Honorar, das die Streithelferin ersetzt verlangen kann, auf 2 500 Euro festzusetzen, wobei dieser Betrag allen Umständen der Rechtssache bis zu dem Zeitpunkt Rechnung trägt, zu dem der vorliegende Beschluss ergeht.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

beschlossen:



Der Gesamtbetrag der Kosten, die die Ratioparts-Ersatzteile-Vertriebs GmbH der IIC – Intersport International Corp. GmbH zu erstatten hat, wird auf 2 500 Euro festgesetzt.

Luxemburg, den 26. November 2015

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      A. Dittrich


* Verfahrenssprache: Deutsch.