Language of document : ECLI:EU:C:2021:802

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

6. Oktober 2021(*)

„Rechtsmittel – Nichtigkeitsklage – Durchführungsbeschluss C(2016) 3549 final der Kommission – Zulassung für Verwendungen von Bis(2‑ethylhexyl)phthalat (DEHP) – Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 – Art. 60 und 62 – Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 – Antrag auf interne Überprüfung – Beschluss C(2016) 8454 final der Kommission – Zurückweisung des Antrags“

In der Rechtssache C‑458/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 14. Juni 2019,

ClientEarth mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: A. Jones, Barrister, und J. Stratford, BL,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch G. Gattinara, R. Lindenthal und K. Mifsud-Bonnici als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Europäische Chemikalienagentur (ECHA), vertreten durch M. Heikkilä, W. Broere und F. Becker als Bevollmächtigte,

Streithelferin im ersten Rechtszug,


erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot (Berichterstatter), des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan und N. Jääskinen,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 25. Februar 2021

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt ClientEarth die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 4. April 2019, ClientEarth/Kommission (T‑108/17, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:215), mit dem das Gericht die Klage von ClientEarth auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2016) 8454 final der Kommission vom 7. Dezember 2016 (im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat, mit dem ein von ClientEarth am 2. August 2016 gestellter Antrag auf interne Überprüfung (im Folgenden: Überprüfungsantrag von 2016) des Durchführungsbeschlusses C(2016) 3549 final der Kommission vom 16. Juni 2016 zur Erteilung einer Zulassung für Verwendungen von Bis(2‑ethylhexyl)phthalat (DEHP) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1, berichtigt im ABl. 2007, L 136, S. 3) in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/217 der Kommission vom 16. Februar 2016 (ABl. 2016, L 40, S. 5) (im Folgenden: REACH-Verordnung) zurückgewiesen wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Übereinkommen von Aarhus

2        Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das am 25. Juni 1998 in Aarhus (Dänemark) unterzeichnet und durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde, bestimmt:

„Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.“

 REACH-Verordnung

3        Art. 55 („Zweck der Zulassung und Überlegungen zur Substitution“) der REACH-Verordnung lautet:

„Zweck dieses Titels ist es, sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und gleichzeitig die von besonders besorgniserregenden Stoffen ausgehenden Risiken ausreichend beherrscht werden und dass diese Stoffe schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien ersetzt werden, sofern diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind. Zu diesem Zweck prüfen alle Hersteller, Importeure und nachgeschalteten Anwender, die einen Antrag auf Zulassung stellen, die Verfügbarkeit von Alternativen und deren Risiken sowie die technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit der Substitution.“

4        Art. 56 („Allgemeine Bestimmungen“) der REACH-Verordnung sieht vor:

„(1)      Ein Hersteller, Importeur oder nachgeschalteter Anwender darf einen Stoff, der in Anhang XIV aufgenommen wurde, nicht zur Verwendung in Verkehr bringen und nicht selbst verwenden, es sei denn,

a)      die Verwendung(en) dieses Stoffes als solchem oder in einem Gemisch oder die Aufnahme des Stoffes in ein Erzeugnis, für die der Stoff in Verkehr gebracht wird oder für die er den Stoff selbst verwendet, wurde gemäß den Artikeln 60 bis 64 zugelassen …

…“

5        In Art. 57 („In Anhang XIV aufzunehmende Stoffe“) der REACH-Verordnung heißt es:

„Folgende Stoffe können nach dem Verfahren des Artikels 58 in Anhang XIV aufgenommen werden:

c)      Stoffe, die wegen Beeinträchtigung der Sexualfunktion und Fruchtbarkeit sowie der Entwicklung die Kriterien für die Einstufung in die Gefahrenklasse Reproduktionstoxizität der Kategorie 1A oder 1B gemäß Anhang I Abschnitt 3.7 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. 2008, L 353, S. 1)] erfüllen.

f)      Stoffe – wie etwa solche mit endokrinen Eigenschaften oder solche mit persistenten, bioakkumulierbaren und toxischen Eigenschaften oder sehr persistenten und sehr bioakkumulierbaren Eigenschaften, die die Kriterien der Buchstaben d oder e nicht erfüllen –, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in den Buchstaben a bis e aufgeführter Stoffe, und die im Einzelfall gemäß dem Verfahren des Artikels 59 ermittelt werden.“

6        Art. 58 („Aufnahme von Stoffen in Anhang XIV“) Abs. 1 der REACH-Verordnung sieht vor:

„Entscheidungen über die Aufnahme von Stoffen nach Artikel 57 in Anhang XIV sind nach dem in Artikel 133 Absatz 4 genannten Verfahren zu erlassen. …

…“

7        Art. 59 („Ermittlung von in Artikel 57 genannten Stoffen“) Abs. 1 der REACH-Verordnung bestimmt:

„Das Verfahren der Absätze 2 bis 10 des vorliegenden Artikels gilt für die Ermittlung von Stoffen, die die Kriterien des Artikels 57 erfüllen, und für die Festlegung einer Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV in Frage kommenden Stoffe. Die [Europäische Chemikalienagentur] kennzeichnet in dieser Liste die Stoffe, die auf ihrem Arbeitsprogramm nach Artikel 83 Absatz 3 Buchstabe e stehen.“

8        In Art. 60 („Zulassungserteilung“) der REACH-Verordnung heißt es:

„(1)      Entscheidungen über Zulassungsanträge nach diesem Titel trifft die Kommission.

(2)      Unbeschadet des Absatzes 3 wird eine Zulassung erteilt, wenn das Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, das sich aus der Verwendung des Stoffes aufgrund der in Anhang XIV aufgeführten inhärenten Eigenschaften ergibt, nach Anhang I Abschnitt 6.4 und wie im Stoffsicherheitsbericht des Antragstellers dokumentiert, unter Berücksichtigung der Stellungnahme des in Artikel 64 Absatz 4 Buchstabe a genannten Ausschusses für Risikobeurteilung angemessen beherrscht wird. Bei der Erteilung der Zulassung und bei den jeweiligen dort festgelegten Bedingungen berücksichtigt die Kommission alle zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Einleitungen, Emissionen und Freisetzungen einschließlich der Risiken im Zusammenhang mit einer diffusen oder weit verbreiteten Verwendung.

(3)      Absatz 2 gilt nicht für

a)      Stoffe, die die Kriterien des Artikels 57 Buchstaben a, b, c oder f erfüllen und für die kein Schwellenwert nach Anhang I Abschnitt 6.4 festgelegt werden kann;

b)      Stoffe, die die Kriterien des Artikels 57 Buchstaben d oder e erfüllen;

c)      Stoffe mit persistenten, bioakkumulierbaren und toxischen oder sehr persistenten und sehr bioakkumulierbaren Eigenschaften, die nach Artikel 57 Buchstabe f ermittelt werden.

(4)      In Fällen, in denen die Zulassung nach Absatz 2 nicht erteilt werden kann, oder für die in Absatz 3 aufgeführten Stoffe kann eine Zulassung nur erteilt werden, wenn nachgewiesen wird, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben, und wenn es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt. Diese Entscheidung ist nach Berücksichtigung aller folgenden Aspekte und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der … Ausschüsse für Risikobeurteilung und für sozioökonomische Analyse zu treffen:

a)      Risiko, das aus den Verwendungen des Stoffes entsteht, einschließlich der Angemessenheit und Wirksamkeit der vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen;

b)      sozioökonomischer Nutzen seiner Verwendung und die vom Antragsteller oder anderen interessierten Kreisen dargelegten sozioökonomischen Auswirkungen einer Zulassungsversagung;

c)      Analyse der vom Antragsteller nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe e vorgelegten Alternativen oder eines vom Antragsteller nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe f vorgelegten Substitutionsplans und der von interessierten Kreisen nach Artikel 64 Absatz 2 übermittelten Beiträge;

d)      verfügbare Informationen über die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt von Alternativstoffen oder ‑technologien.

(5)      Bei der Beurteilung, ob geeignete alternative Stoffe oder Technologien verfügbar sind, berücksichtigt die Kommission alle maßgeblichen Aspekte einschließlich der folgenden:

a)      die Frage, ob der Übergang zu Alternativen zu einem geringeren Gesamtrisiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt führen würde, wobei der Angemessenheit und Wirksamkeit von Risikomanagementmaßnahmen Rechnung zu tragen ist;

b)      die technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit der Alternativen für den Antragsteller.

(7)      Eine Zulassung wird nur erteilt, wenn der Antrag den Anforderungen des Artikels 62 genügt.

(10)      Ungeachtet der Auflagen, an die eine Zulassung geknüpft wird, stellt der Zulassungsinhaber sicher, dass die Exposition auf einem so niedrigen Niveau wie technisch und praktisch möglich gehalten wird.“

9        In Art. 62 („Zulassungsanträge“) der REACH-Verordnung heißt es:

„…

(3)      Anträge können für einen oder mehrere Stoffe, die der Definition einer Stoffgruppe in Anhang XI Abschnitt 1.5 entsprechen, und für eine oder mehrere Verwendungen gestellt werden. Anträge können für die eigene(n) Verwendung(en) des Antragstellers und/oder für Verwendungen gestellt werden, für die er den Stoff in Verkehr zu bringen beabsichtigt.

(4)      Ein Antrag auf Zulassung umfasst folgende Informationen:

c)      das Ersuchen um Zulassung mit der Angabe, für welche Verwendung(en) die Zulassung beantragt wird; dazu gehören gegebenenfalls die Verwendung des Stoffes in Gemischen und/oder die Aufnahme des Stoffes in Erzeugnissen;

d)      falls noch nicht als Teil des Registrierungsdossiers vorgelegt, einen Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I, der die Risiken für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt behandelt, die sich aufgrund der in Anhang XIV aufgeführten inhärenten Eigenschaften aus der Verwendung des Stoffes/der Stoffe ergeben;

e)      eine Analyse der Alternativen unter Berücksichtigung ihrer Risiken und der technischen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit der Substitution, gegebenenfalls einschließlich Informationen über einschlägige Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten des Antragstellers;

f)      sofern die unter Buchstabe e genannte Analyse erweist, dass unter Berücksichtigung der in Artikel 60 Absatz 5 genannten Aspekte geeignete Alternativen verfügbar sind, einen Substitutionsplan einschließlich eines Zeitplans für die vom Antragsteller vorgeschlagenen Maßnahmen.

(5)      Der Antrag kann Folgendes enthalten:

a)      eine sozioökonomische Analyse nach Anhang XVI;

…“

 Verordnung (EG) Nr. 1367/2006

10      Art. 10 („Antrag auf interne Überprüfung von Verwaltungsakten“) Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. 2006, L 264, S. 13) sieht vor:

„Jede Nichtregierungsorganisation, die die in Artikel 11 festgelegten Kriterien erfüllt, kann bei dem Organ oder der Einrichtung der Gemeinschaft, die einen Verwaltungsakt nach dem Umweltrecht angenommen hat oder – im Falle einer behaupteten Unterlassung – einen solchen Akt hätte annehmen sollen, eine interne Überprüfung beantragen.

…“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

11      Mit der Verordnung (EU) Nr. 143/2011 der Kommission vom 17. Februar 2011 zur Änderung von Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 (ABl. 2011, L 44, S. 2) wurde DEHP, eine organische Verbindung, die im Wesentlichen zum Weichmachen von Kunststoffen auf der Grundlage von Polyvinylchlorid (PVC) verwendet wird, in diesen Anhang aufgenommen, da der Stoff reproduktionstoxische Eigenschaften im Sinne von Art. 57 Buchst. c der REACH-Verordnung besitzt.

12      Am 13. August 2013 stellten drei Recyclingunternehmen (im Folgenden: Antragsteller) einen gemeinsamen Zulassungsantrag gemäß Art. 62 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 2 der REACH-Verordnung (im Folgenden: Zulassungsantrag) im Hinblick auf das Inverkehrbringen von DEHP für die folgenden „Verwendungen“:

–        „Formulierung von recyceltem Weich-Polyvinylchlorid (PVC), das DEHP in Verbindungen und Trockengemischen enthält,

–        industrielle Verwendung von DEHP-haltigem, recyceltem Weich-PVC bei der Polymerverarbeitung durch Kalandrierung, Extrusion, Kompression und Spritzguss zur Herstellung von PVC‑Erzeugnissen“.

13      In der dem Zulassungsantrag beigefügten Analyse der Alternativen gaben die Antragsteller an:

„DEHP ist ein Weichmacher, der seit mehreren Jahrzehnten zum Weichmachen von PVC verwendet wird, um Weich-PVC herzustellen. …

DEHP wird so PVC hinzugefügt, bevor der Kunststoff zu Kunststoffprodukten verarbeitet wird und bevor die Kunststoffprodukte zu Abfall werden, d. h., es handelt sich um ein Produkt, das von potenziellem Wert für die Antragsteller ist. Streng genommen hat DEHP für die Antragsteller keine besondere funktionelle Bedeutung; es ist lediglich als (größtenteils unerwünschte) Verunreinigung in den gesammelten, sortierten und verarbeiteten Abfällen vorhanden, die später in Form von ‚Rezyklat‘ in den Verkehr gebracht werden. Das begrenzte Vorkommen von DEHP (oder sonstigen Weichmachern) im recycelten Produkt kann für nachgeschaltete Anwender (PVC‑Verarbeiter) allerdings theoretisch in mehrfacher Hinsicht von Vorteil sein:

–        Es kann die Verarbeitung des zu recycelnden Ausgangsstoffs in neue PVC‑Erzeugnisse vereinfachen; und

–        es kann den PVC‑Verarbeitern ermöglichen, die Menge an reinem DEHP (oder ‚Roh-DEHP‘) (oder sonstigen Weichmachern), die ihren Verbindungen beigesetzt wird, um neue Erzeugnisse aus Weich-PVC herzustellen, zu reduzieren“.

14      Am 10. Oktober 2014 nahmen der Ausschuss für Risikobeurteilung und der Ausschuss für sozioökonomische Analyse (im Folgenden: SEAC) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zum Zulassungsantrag Stellung.

15      Der Ausschuss für Risikobeurteilung war der Auffassung, die Antragsteller hätten nicht nachgewiesen, dass die Risiken für die Gesundheit von Arbeitnehmern, die sich aus den zwei beantragten „Verwendungen“ ergäben, im Sinne von Art. 60 Abs. 2 der REACH-Verordnung angemessen beherrscht würden.

16      Der SEAC war der Ansicht, dass trotz einiger Mängel in der von den Antragstellern vorgelegten Analyse zum Nachweis des sozioökonomischen Nutzens der im Zulassungsantrag dargelegten Verwendungen die Zulassung auf der Grundlage einer „qualitativen Analyse“ einschließlich relevanter Unsicherheiten erteilt werden könne.

17      Am 12. Dezember 2014 wurde der bestehende Eintrag für DEHP in der „Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV in Frage kommenden Stoffe“ im Sinne von Art. 59 Abs. 1 der REACH-Verordnung (im Folgenden: Kandidatenliste) durch die ECHA auf den neuesten Stand gebracht sowie ergänzt und der genannte Stoff als Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung eingestuft, der endokrine Eigenschaften und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt hat, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung aufgeführter Stoffe.

18      Am 16. Juni 2016 erließ die Kommission den Durchführungsbeschluss C(2016) 3549 final, mit dem die Zulassung für Verwendungen von DEHP gemäß der REACH-Verordnung erteilt wurde (im Folgenden: Zulassungsbeschluss).

19      In Art. 1 des Zulassungsbeschlusses erteilte die Kommission eine Zulassung für die folgenden „Verwendungen“:

„–      Formulierung von recyceltem Weich-Polyvinylchlorid (PVC), das DEHP in Verbindungen und Trockengemischen enthält,

–      industrielle Verwendung von DEHP-haltigem, recyceltem Weich-PVC bei der Polymerverarbeitung durch Kalandrierung, Extrusion, Kompression und Spritzguss zur Herstellung von PVC‑Erzeugnissen …“

20      Gemäß derselben Bestimmung wurde die Zulassung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erteilt.

21      Mit ihrem Überprüfungsantrag von 2016 ersuchte ClientEarth, eine Einrichtung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die den Umweltschutz zum Ziel hat, die Kommission um eine interne Überprüfung des Zulassungsbeschlusses auf der Grundlage von Art. 10 der Verordnung Nr. 1367/2006.

22      Mit dem streitigen Beschluss wies die Kommission diesen Antrag als unbegründet zurück.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

23      Mit Klageschrift, die am 17. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte ClientEarth die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und des Zulassungsbeschlusses.

24      Mit Beschluss vom 29. Juni 2017 gab der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts dem Antrag der ECHA auf Zulassung als Streithelferin statt.

25      In Rn. 31 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass die Klage offensichtlich unzulässig sei, soweit die Rechtsmittelführerin die Nichtigerklärung des Zulassungsbeschlusses beantragt habe.

26      In Bezug auf den Antrag auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses hat das Gericht in Rn. 92 des angefochtenen Urteils auch den ersten Teil des ersten Klagegrundes, mit dem Rechts- und Beurteilungsfehler bei der Auslegung des Begriffs „Verwendung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a und Art. 62 Abs. 4 Buchst. c der REACH-Verordnung gerügt wurden, als unzulässig und jedenfalls als unbegründet zurückgewiesen.

27      In Rn. 151 des angefochtenen Urteils hat das Gericht den zweiten Teil des ersten Klagegrundes, mit dem Rechts- und Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit Mängeln des Stoffsicherheitsberichts gerügt wurden, als unbegründet zurückgewiesen.

28      In Rn. 167 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass die zur Stützung des dritten Teils des ersten Klagegrundes angeführten Argumente, mit denen Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Beurteilung geeigneter Alternativen gerügt wurden, im Rahmen des dritten Klagegrundes zu prüfen seien.

29      In Rn. 178 des angefochtenen Urteils hat das Gericht den vierten Teil des ersten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 60 Abs. 7 und Art. 64 Abs. 3 der REACH-Verordnung gerügt wurde, als unbegründet zurückgewiesen und den ersten Klagegrund insgesamt zurückgewiesen.

30      In Bezug auf den zweiten Klagegrund, mit dem offensichtliche Beurteilungsfehler bei der sozioökonomischen Beurteilung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung gerügt wurden, hat das Gericht in Rn. 189 des angefochtenen Urteils den ersten Teil dieses Klagegrundes, mit dem Rechts- und offensichtliche Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit dem Bezugsrahmen dieser Analyse gerügt wurden, als unbegründet zurückgewiesen und in Rn. 204 des angefochtenen Urteils den zweiten Teil dieses Klagegrundes, mit dem offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Beurteilung der Ausgewogenheit von Risiken und Nutzen gerügt wurden, als unzulässig und jedenfalls als unbegründet zurückgewiesen.

31      In Rn. 224 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auch den dritten Teil dieses Klagegrundes, mit dem ein offensichtlicher Beurteilungsfehler wegen Nichtberücksichtigung bestimmter Informationen im Rahmen dieser Beurteilung gerügt wurde, als unbegründet zurückgewiesen.

32      Anschließend hat das Gericht den zweiten Klagegrund insgesamt zurückgewiesen.

33      In Rn. 271 des angefochtenen Urteils hat das Gericht den dritten Klagegrund, mit dem Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Analyse der Alternativen gerügt wurden, als unbegründet zurückgewiesen.

34      In Rn. 307 des angefochtenen Urteils hat das Gericht den vierten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den in Art. 191 Abs. 2 AEUV genannten Vorsorgegrundsatz gerügt wurde, zurückgewiesen.

35      Daher hat das Gericht die Klage insgesamt abgewiesen.

 Anträge der Parteien des Rechtsmittelverfahrens

36      Die Rechtsmittelführerin beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        hilfsweise, die Nichtigkeitsklage für zulässig und begründet und infolgedessen den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        die Kommission zur Tragung der Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferinnen im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren zu verurteilen.

37      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen;

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

38      Die ECHA beantragt,

–        das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen;

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

39      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf sieben Gründe.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

40      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe bestimmte Teile ihrer Nichtigkeitsklage zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen.

41      Erstens habe das Gericht in den Rn. 53 und 54 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft befunden, dass Gegenstand der Klage nur die Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses und nicht die Frage sein könne, ob der Zulassungsantrag ausreiche. Dieser Befund stehe weder mit Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus noch mit dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf in Einklang.

42      Ferner habe das Gericht in Rn. 54 des angefochtenen Urteils die Zulässigkeit ihres Vorbringens zum Zulassungsbeschluss zu Unrecht davon abhängig gemacht, dass die behaupteten Fehler in dem Beschluss der Kommission über den Antrag auf interne Überprüfung ausdrücklich erwähnt seien.

43      Zweitens habe das Gericht in den Rn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils fehlerhaft befunden, dass nicht nur die Klagegründe, sondern auch die Argumente, die im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung eines Beschlusses über die Zurückweisung des Überprüfungsantrags von 2016 geltend gemacht würden, nur zulässig seien, soweit sie bereits im Überprüfungsantrag vorgetragen worden seien.

44      In ihrer Erwiderung macht die Rechtsmittelführerin geltend, der Gerichtshof habe im Urteil vom 12. September 2019, TestBioTech u. a./Kommission (C‑82/17 P, EU:C:2019:719), ausgeführt, dass eine Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf interne Überprüfung zurückgewiesen werde, zwar nicht auf neue Gründe oder Beweismittel gestützt werden könne, die im Antrag auf interne Überprüfung nicht geltend gemacht worden seien, dass aber die diese Überprüfung beantragende Person in ihrem Rechtsbehelf vor den Unionsgerichten nicht genau dieselben Argumente wiederholen müsse.

45      Drittens seien jedenfalls bestimmte Argumente, die das Gericht in den Rn. 61, 62, 74, 75, 85 bis 87, 195 bis 200 und 234 bis 236 des angefochtenen Urteils als unzulässig zurückgewiesen habe, in ihrem Überprüfungsantrag von 2016 erwähnt worden oder nur deren Weiterentwicklung gewesen.

46      Nach Ansicht der Kommission kann der erste Rechtsmittelgrund nicht durchgreifen.

47      Die ECHA unterstützt das Vorbringen der Kommission.

 Würdigung durch den Gerichtshof

48      In Bezug auf das Argument der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe die gegen den Zulassungsbeschluss erhobene Klage rechtsfehlerhaft für unzulässig erklärt, ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin – wie die Kommission aufgezeigt hat – nicht Rn. 26 des angefochtenen Urteils beanstandet hat, in der das Gericht festgestellt hat, dass sie nicht die Nichtigerklärung des Zulassungsbeschlusses beantrage, weil sie annehme, dass sie nicht die Voraussetzungen von Art. 263 AEUV erfülle.

49      In Bezug auf das Argument der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Argumente, mit denen etwaige Fehler der Antragsteller hätten dargetan werden sollen, unzulässig seien, ist zum einen festzustellen, dass das Gericht in Rn. 53 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei befunden hat, dass im Rahmen der ihm vorliegenden Klage, deren Gegenstand der Beschluss der Kommission über den Antrag auf interne Überprüfung sei, nur die Klagegründe zulässig seien, mit denen Rechts- oder Beurteilungsfehler, die diesen Beschluss rechtswidrig machten, dargetan werden sollten, nicht aber die Klagegründe, die den Zulassungsantrag beträfen.

50      Zum anderen ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin aus Rn. 54 des angefochtenen Urteils nicht, dass nur die Bestandteile, die in dem Beschluss der Kommission über den Antrag auf interne Überprüfung „ausdrücklich“ übernommen wurden, vor dem Gericht angefochten werden können, sondern, dass nur die in diesem Beschluss enthaltenen Fehler Gegenstand einer solchen Klage sein können, wie sich auch aus den Rn. 234 und 235 des angefochtenen Urteils ergibt.

51      In Bezug auf das Argument, das Gericht habe in den Rn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft befunden, dass die bei ihm im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung eines Beschlusses wie des streitigen vorgetragenen Gründe und Argumente nur insoweit zulässig seien, als sie bereits im Überprüfungsantrag von 2016 vorgebracht worden seien, ist festzustellen, dass es ins Leere geht, da das Gericht jedenfalls hilfsweise auch festgestellt hat, dass die von der Rechtsmittelführerin im ersten Klagegrund vorgebrachten Argumente unbegründet seien, ohne dass diese inhaltliche Würdigung im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels beanstandet worden ist.

52      Das Argument der Rechtsmittelführerin, wonach nur die aktive Einführung oder der aktive Gebrauch eines Stoffes „in einem industriellen Verfahren“ eine „Verwendung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der REACH-Verordnung darstelle, das in Rn. 62 des angefochtenen Urteils als unzulässig zurückgewiesen worden ist, ist in den Rn. 63 bis 68 und 72 des angefochtenen Urteils nämlich hilfsweise als unbegründet zurückgewiesen worden.

53      Dasselbe gilt auch für das Argument der Rechtsmittelführerin, wonach die Kommission in Wirklichkeit ein „Verfahren in seiner Gesamtheit“, nämlich das „Recycling von Materialien, die einen besonders besorgniserregenden Stoff enthalten“, zugelassen und eine Zulassung für eine „Verarbeitung von Kunststoffabfällen“ unter Verstoß gegen die europäische Abfallgesetzgebung erteilt habe, sowie für das Argument, das den Status „Ende der Abfalleigenschaft“ betrifft, die beide vom Gericht in den Rn. 75 und 87 des angefochtenen Urteils als unzulässig und in den Rn. 76, 86, 88 und 89 des angefochtenen Urteils jedenfalls als unbegründet zurückgewiesen worden sind.

54      Desgleichen ist das Argument der Rechtsmittelführerin zur Beurteilung der Abwägung der Risiken und Vorteile, das in Rn. 200 des angefochtenen Urteils als unzulässig zurückgewiesen worden ist, in Rn. 204 des Urteils jedenfalls für unbegründet befunden worden und das in Rn. 234 des angefochtenen Urteils als unzulässig zurückgewiesene Argument zur Analyse der im Zulassungsantrag vorgeschlagenen Alternativen, die angeblich unzureichend sei, weil die Funktion von DEHP nicht näher dargelegt sei, in Rn. 236 des Urteils jedenfalls für unbegründet befunden worden.

55      Da alle zur Stützung des ersten Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Argumente unbegründet sind oder ins Leere gehen, sind sie zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

56      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe Nichtregierungsorganisationen eine zu hohe Beweislast auferlegt. Sie bezieht sich insoweit auf die Rn. 57, 112, 113, 148 bis 150 und 248 bis 251 des angefochtenen Urteils.

57      Sie verweist u. a. auf das Urteil vom 14. November 2013, ICdA u. a./Kommission (T‑456/11, EU:T:2013:594, Rn. 61), in dem das Gericht von anderen Wirtschaftsteilnehmern ein geringeres Beweismaß verlangt habe.

58      Die Kommission macht geltend, dass die Rechtsmittelführerin in Wirklichkeit nur die im ersten Rechtszug vorgebrachten Argumente wiederhole und der zweite Rechtsmittelgrund jedenfalls unbegründet sei.

59      Die ECHA unterstützt das Vorbringen der Kommission.

 Würdigung durch den Gerichtshof

60      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs derjenige, der eine interne Überprüfung eines Verwaltungsakts nach dem Umweltrecht beantragt, alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte anführen muss, die plausible, d. h. erhebliche, Zweifel an der Beurteilung begründen können, die das Organ oder die Einrichtung der Union in dem betreffenden Rechtsakt vorgenommen hat, um die Gründe für die Überprüfung in der erforderlichen Art und Weise anzugeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2019, TestBioTech u. a./Kommission, C‑82/17 P, EU:C:2019:719, Rn. 69).

61      In Bezug auf die von der Rechtsmittelführerin gerügten Lücken bei der von den Antragstellern vorgenommenen Risikobeurteilung ist festzustellen, dass sich das Gericht in den Rn. 112 und 113 des angefochtenen Urteils nicht zu dem von der Rechtsmittelführerin verlangten Beweismaß geäußert, sondern in Rn. 114 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die von der Rechtsmittelführerin hierzu vorgebrachten Argumente ins Leere gingen.

62      Ferner hat das Gericht in den Rn. 148 und 149 des angefochtenen Urteils nur festgestellt, dass die von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Argumente unzulänglich seien, da sie sich nicht isoliert auf die Mängel des Stoffsicherheitsberichts berufen könne, ohne sich substantiiert gegen die Beurteilung des SEAC zu wenden, dass im vorliegenden Fall die Zulassung erteilt werden könne.

63      Mit dieser Würdigung hat das Gericht somit lediglich die Konsequenzen aus dem in Rn. 60 des vorliegenden Urteils angeführten Grundsatz gezogen.

64      In Bezug auf die Analyse der Alternativen ist festzustellen, dass das Gericht in den mit dem Rechtsmittel beanstandeten Rn. 248 bis 250 des angefochtenen Urteils befunden hat, dass die Rechtsmittelführerin keinen Beweis erbracht habe, der die im streitigen Beschluss von der Kommission vorgenommene Sachverhaltswürdigung in Bezug auf die Nichtverfügbarkeit von Alternativen in Frage stelle. Dieser Befund beruhte auf der Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin zum einen nicht dargelegt habe, auf welcher Grundlage die Kommission zu einem anderen Ergebnis als zu demjenigen hätte kommen können, das hierzu in der Stellungnahme des SEAC enthalten sei, und zum anderen in ihrem Überprüfungsantrag von 2016 das Gesamtergebnis der Kommission zur fehlenden Verfügbarkeit von Alternativen jedenfalls nicht spezifisch beanstandet habe.

65      Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin geht aus den genannten Randnummern somit nicht hervor, dass das Gericht von ihr verlangt hätte, anstelle der Antragsteller eine vollständige Analyse der Alternativen vorzulegen, sondern nur, dass es festgestellt hat, dass die Rechtsmittelführerin keine wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte angeführt habe, die plausible Zweifel an der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung begründen könnten.

66      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass aus den mit dem zweiten Rechtsmittelgrund beanstandeten Randnummern des angefochtenen Urteils keineswegs hervorgeht, dass das Gericht der Rechtsmittelführerin eine zu hohe Beweislast auferlegt hat. Daher kann ihr Argument, dass in einer anderen Rechtssache als der vorliegenden von anderen Wirtschaftsteilnehmern ein geringeres Beweismaß verlangt worden sei, jedenfalls nicht durchgreifen.

67      Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund unbegründet und zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

68      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe gegen die REACH-Verordnung und insbesondere gegen deren Art. 55 verstoßen, indem es in den Rn. 71, 72, 79, 91, 162, 238 und 242 bis 244 des angefochtenen Urteils befunden habe, dass die Verringerung der Herstellung von Roh-DEHP, die durch die Verwendung von recyceltem DEHP ermöglicht werde, eine mit der REACH-Verordnung in Einklang stehende Verwendung und die Grundlage einer zutreffenden Analyse der Alternativen darstellen könne.

69      Erstens beruhten die Erwägungen des Gerichts auf einer falschen Prämisse, da die in der REACH-Verordnung vorgesehene Zulassungsregelung nicht die Herstellung dieser Stoffe in der Union betreffe, sondern ihre Verwendung oder ihr Inverkehrbringen zum Zweck einer Verwendung, wie sich aus Art. 56 der Verordnung ergebe. Zudem könnten Erzeugnisse, die DEHP bereits enthielten, rechtmäßig in die Union eingeführt werden.

70      Zweitens habe das Gericht damit in Rn. 91 des angefochtenen Urteils fehlerhaft angenommen, dass andere Gemische ohne DEHP relevante Alternativen sein könnten, ohne die wirkliche Funktion von DEHP zu berücksichtigen, die darin bestehe, Material flexibel zu machen. Desgleichen habe das Gericht in Rn. 247 des angefochtenen Urteils zu Unrecht den bloßen Verweis auf andere Quellen von (Roh)-PVC, die andere Weichmacher enthielten, als ausreichend angesehen, ohne dass diese genannt oder die Flexibilitätseigenschaften des Materials erwähnt würden.

71      Ferner sehe Art. 55 der REACH-Verordnung zwar eine „schrittweise“ Ersetzung der Stoffe vor, doch müsse diese entgegen den Ausführungen in den Rn. 243 und 244 des angefochtenen Urteils erfolgen, sobald Alternativen verfügbar seien. Durch seine Annahme, dass andere Weichmacher oder flexible Materialien für diese Beurteilung irrelevant seien, verhindere das Gericht diese Ersetzung. Zudem sei allgemein bekannt, dass andere, sicherere Weichmacher zur Herstellung flexibler Kunststofferzeugnisse verfügbar seien.

72      In ihrer Erwiderung macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass sie die Begriffe „Verwendung“ und „Funktion“ eines Stoffes nicht verwechselt habe, sondern die Funktion eines Stoffes entgegen dem Vorbringen der Kommission das maßgebliche Kriterium für die Analyse der Alternativen sei. Daher müsse die Analyse der Alternativen in dem Fall, dass ein Stoff in einem Gemisch eine Funktion erfülle, zwangsläufig auf diese Funktion gestützt werden.

73      Des Weiteren nehme die Kommission unzutreffend an, dass die Analyse der Alternativen aus der Sicht der Antragsteller vorzunehmen sei.

74      Nach Ansicht der Kommission kann dieser Rechtsmittelgrund nicht durchgreifen.

75      Die ECHA unterstützt das Vorbringen der Kommission.

 Würdigung durch den Gerichtshof

76      Es ist festzustellen, dass von den verschiedenen der von der Rechtsmittelführerin mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund beanstandeten Randnummern des angefochtenen Urteils nur dessen Rn. 238 und 242 bis 244 zu dessen Begründung gehören, soweit sie den Verstoß gegen Art. 55 und Art. 60 Abs. 4 und 5 der REACH-Verordnung bei der Analyse der Alternativen betrifft.

77      Desgleichen ist festzustellen, dass die vom Gericht vorgenommene Prüfung der Konformität der von der Kommission berücksichtigten Alternativen zwar zur Tatsachenwürdigung gehört, der dritte Rechtsmittelgrund jedoch auch eine Rechtsfrage aufwirft, soweit er die Voraussetzungen betrifft, unter denen die Kommission die Alternativen zu prüfen hat.

78      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Zulassungsregelungen, die in Art. 60 Abs. 2 und 4 der REACH-Verordnung vorgesehen sind, entsprechend ihrem Wortlaut das Inverkehrbringen für eine Verwendung oder die Verwendung des Stoffes betreffen, für den der Zulassungsantrag gestellt wird.

79      Des Weiteren wird in Art. 3 Nr. 24 der REACH-Verordnung der Begriff „Verwendung“ weit definiert, und zwar als „Verarbeiten, Formulieren, Verbrauchen, Lagern, Bereithalten, Behandeln, …, Mischen, Herstellen eines Erzeugnisses oder jeder andere Gebrauch“, und in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung eine Zulassung nicht nur für die Verwendung eines Stoffes als solchem vorgeschrieben, sondern auch dann, wenn dieser Stoff in einem Gemisch enthalten ist.

80      Daher hat das Gericht in Rn. 238 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei befunden, dass die Kommission zu Recht angenommen hat, dass die im vorliegenden Fall erteilte Zulassung die Verwendung von DEHP, wie es „in einem Gemisch“ enthalten ist, betrifft.

81      Daraus folgt auch, dass das Gericht in Rn. 239 des angefochtenen Urteils zu Recht befunden hat, dass die Beurteilung der Alternativen daher anhand dieses „Gemischs“ statt anhand des in dem Gemisch enthaltenen Stoffes vorgenommen werden konnte.

82      Zu der Frage, ob das Gericht in Rn. 238 des angefochtenen Urteils gleichwohl u. a. rechtsfehlerhaft befunden hat, dass die Kommission zu Recht angenommen habe, dass eine der „Funktionen“ von DEHP, die bei der Prüfung der Alternativen berücksichtigt worden seien, darin bestehe, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus Weich-PVC auf der Grundlage von recyceltem Weich-PVC‑Material herzustellen“, ist festzustellen, dass sich aus den von der Rechtsmittelführerin mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund beanstandeten Randnummern des angefochtenen Urteils nicht ergibt, dass das Gericht die Analyse der in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorgesehenen Alternativen hätte für ungültig erklären müssen, weil die Kommission die Flexibilität des Materials weder berücksichtigt noch erwähnt habe, da sowohl aus Rn. 238 des angefochtenen Urteils als auch aus dessen Rn. 242 vielmehr hervorgeht, dass die Kommission auch die DEHP zukommende Funktion eines Weichmachers berücksichtigt hat.

83      Ferner stellt die Rechtsmittelführerin, soweit sie vorträgt, es sei „allgemein bekannt“, dass andere, sicherere Weichmacher zur Herstellung flexibler Kunststofferzeugnisse verfügbar seien, die Tatsachenwürdigung des Gerichts in Frage. Eine solche Würdigung kann im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nicht geprüft werden, sofern keine Verfälschung der Tatsachen vorliegt, was von der Rechtsmittelführerin nicht vorgetragen wird.

84      Zudem geht aus Rn. 244 des angefochtenen Urteils nicht hervor, dass das Gericht befunden hätte, dass Art. 55 der REACH-Verordnung nicht die Verwendung von Alternativen verlange, wenn diese verfügbar seien. Denn in Rn. 244 hat das Gericht nur darauf hingewiesen, dass das verfolgte Ziel – wie sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 55 ergibt – darin besteht, besonders besorgniserregende Stoffe „schrittweise“ durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien zu ersetzen, „sofern diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind“.

85      Da die verschiedenen von der Rechtsmittelführerin zur Stützung ihres dritten Rechtsmittelgrundes angeführten Argumente unbegründet sind, ist dieser Grund folglich zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

86      Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in den Rn. 104 bis 111 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft befunden, dass die in Art. 60 Abs. 7 der REACH-Verordnung vorgesehene Beurteilung der Vereinbarkeit des Zulassungsantrags rein formell sei und von der Kommission nicht die Prüfung verlange, ob die vom Antragsteller vorgelegten Informationen den Anforderungen des Art. 62 und des Anhangs I der Verordnung in der Sache genügten.

87      Die Rechtsmittelführerin macht geltend, sie beanstande nicht die vom Gericht in den Rn. 104 und 106 des angefochtenen Urteils vorgenommene Auslegung von Art. 60 Abs. 7 der REACH-Verordnung, soweit die Kommission nach Ansicht des Gerichts zu prüfen habe, ob ein Antrag den Anforderungen des Art. 62 der Verordnung in „formeller“ Hinsicht genüge, ohne feststellen zu müssen, ob der Stoffsicherheitsbericht „die richtigen Schlussfolgerungen“ u. a. in Bezug auf die Eigenschaften eines chemischen Stoffes ziehe.

88      Das Gericht habe die „formelle“ Prüfung jedoch falsch verstanden, soweit es in Rn. 109 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, dass Anhang I der REACH-Verordnung zwar die Informationen beschreibe, die bestimmte, einem Zulassungsantrag beigefügte Dokumente wie z. B. der Stoffsicherheitsbericht unbedingt enthalten müssten, dieser Anhang die Kommission jedoch nicht dazu verpflichte, diese Informationen im Rahmen der ihr nach Art. 60 Abs. 7 in Verbindung mit Art. 62 der Verordnung obliegenden Prüfung in der Sache zu würdigen.

89      Das angefochtene Urteil sei widersprüchlich, da das Gericht in dessen Rn. 109 ausgeführt habe, dass die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens keine Prüfung in der Sache vorzunehmen habe, in dessen Rn. 112 aber verlangt habe, dass die Kommission prüfe, ob die gelieferten Informationen „verifizierbar“ seien, was eine gewisse Prüfung ihres Inhalts impliziere.

90      Zum einen impliziere eine – auch nur „formelle“ – Vereinbarkeitsprüfung, dass die Kommission die Vereinbarkeit des Stoffsicherheitsberichts mit den genauen Anforderungen des Anhangs I der REACH-Verordnung prüfe, der u. a. „auf geeignete Weise gewonnene, repräsentative“ Expositionsdaten vorsehe. Zum anderen habe das Gericht gegen Art. 62 und Anhang I der Verordnung verstoßen, indem es in Rn. 112 des angefochtenen Urteils befunden habe, dass die Antragsteller diese Anforderungen erfüllt hätten, ohne dass eine solche Prüfung durchgeführt worden sei.

91      Nach Ansicht der Kommission kann der vierte Rechtsmittelgrund nicht durchgreifen.

92      Die ECHA unterstützt das Vorbringen der Kommission.

 Würdigung durch den Gerichtshof

93      Nach Art. 60 Abs. 7 der REACH-Verordnung wird eine Zulassung nur erteilt, wenn „der Antrag den Anforderungen des Artikels 62 genügt“.

94      Diese Vorschrift verlangt daher von der Kommission, dass sie prüft, ob der Zulassungsantrag alle nach Art. 62 der REACH-Verordnung erforderlichen Informationen enthält, und zwar nach Art. 62 Abs. 4 Buchst. d insbesondere einen Stoffsicherheitsbericht „nach Anhang I, der die Risiken für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt behandelt, die sich aufgrund der in Anhang XIV [der REACH-Verordnung] aufgeführten inhärenten Eigenschaften aus der Verwendung des Stoffes/der Stoffe ergeben“.

95      Wie die Rechtsmittelführerin in ihrem Rechtsmittel einräumt, folgt daraus, dass das Gericht in den Rn. 104 und 106 des angefochtenen Urteils zu Recht befunden hat, dass Art. 60 Abs. 7 der REACH-Verordnung impliziert, dass die Kommission prüft, ob ein Zulassungsantrag den Anforderungen des Art. 62 der Verordnung in formeller Hinsicht entspricht, ohne dass sie in diesem Stadium die Stichhaltigkeit der vorgelegten Informationen und insbesondere zu prüfen hat, ob der Stoffsicherheitsbericht „die richtigen Schlussfolgerungen“ in Bezug auf die Eigenschaften des betreffenden Stoffes zieht.

96      Zudem stellt die Prüfung der Frage, ob die so verlangten Informationen verifizierbar sind, eine Kontrolle dar, die von der Prüfung der Stichhaltigkeit der Informationen zu unterscheiden ist, so dass die Rechtsmittelführerin nicht mit Erfolg geltend machen kann, es liege ein Widerspruch vor zwischen Rn. 109 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht ausgeführt habe, dass die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens nicht verpflichtet sei, die gemäß Anhang I der REACH-Verordnung vom Antragsteller vorzulegenden Informationen in der Sache zu würdigen, und Rn. 112 des Urteils, in der klargestellt worden sei, dass die nach Art. 62 Abs. 4 der Verordnung vorzulegenden Dokumente verifizierbar sein müssten.

97      Darüber hinaus ist festzustellen, dass die der Kommission nach Art. 60 Abs. 7 in Verbindung mit Art. 62 der REACH-Verordnung obliegende Kontrolle zwar nicht oberflächlich sein darf und von ihr verlangt, zumindest das Vorliegen der nach der Verordnung erforderlichen Informationen und Dokumente zu prüfen, doch würde eine Prüfung, wie die Rechtsmittelführerin sie für die Erfüllung der Anforderungen des Anhangs I der Verordnung in Betracht zieht, die Kommission auch dazu veranlassen, sich zur Qualität der übermittelten Daten zu äußern und der Prüfung in der Sache vorzugreifen, die später zur Feststellung der Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung vorzunehmen ist.

98      Folglich ist der vierte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

99      Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in den Rn. 131 bis 138 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft befunden, dass Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung es der Kommission ermögliche, sich zur Abwägung der Risiken und Vorteile zu äußern, ohne dass die Informationen über die Risiken den Anforderungen von Anhang I der Verordnung genügten.

100    Entgegen den Ausführungen des Gerichts in den Rn. 135 und 136 des angefochtenen Urteils schreibe die REACH-Verordnung vor, dass die Beurteilung der Risikoexposition speziell die Verwendung des Stoffes, für die eine Zulassung beantragt werde, betreffe und für diese Verwendung repräsentativ sei.

101    Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der REACH-Verordnung verlange einen mit Anhang I der Verordnung in Einklang stehenden Stoffsicherheitsbericht unabhängig davon, welche Rechtsgrundlage für die Erteilung der Zulassung geltend gemacht werde.

102    Die Rechtsmittelführerin verweist auch auf Art. 60 Abs. 10 der REACH-Verordnung, wonach der Zulassungsinhaber sicherstellen müsse, dass die Exposition auf einem so niedrigen Niveau wie technisch und praktisch möglich gehalten werde, unabhängig davon, ob die Zulassung gemäß Art. 60 Abs. 2 oder gemäß Art. 60 Abs. 4 der Verordnung erteilt werde.

103    In ihrer Erwiderung fügt die Rechtsmittelführerin hinzu, dass die Rn. 130 und 131 des angefochtenen Urteils jedenfalls nicht ausdrücklich bestätigten, dass für die Zwecke einer Anwendung von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung der Stoffsicherheitsbericht mindestens ebenso vollständig und genau sein müsse wie für die Anwendung von Art. 60 Abs. 2 der Verordnung, und ersucht den Gerichtshof um Feststellung, dass dies der Fall sein müsse.

104    Desgleichen macht sie geltend, sie habe entgegen dem Vorbringen der Kommission die vom SEAC durchgeführte qualitative Analyse nicht mit der in Anhang I der REACH-Verordnung genannten Risikobeurteilung verwechselt, vertrete aber die Ansicht, dass zwischen der sozioökonomischen Risikoanalyse, die qualitative Daten enthalte, und der zugrunde liegenden, vom Antragsteller gemäß Anhang I vorgenommenen Risikobeurteilung, die nur in einer begrenzten Zahl von Fällen qualitative Daten enthalten könne, ein Zusammenhang bestehe. Die von den Antragstellern vorgelegten Beweisstücke wiesen schwerwiegende Lücken auf, so dass es unmöglich sei, das Risiko an und für sich zutreffend zu bewerten und es im Rahmen der sozioökonomischen Analyse zutreffend gegen andere Faktoren abzuwägen.

105    Nach Ansicht der Kommission kann der fünfte Rechtsmittelgrund nicht durchgreifen.

106    Die ECHA unterstützt das Vorbringen der Kommission.

 Würdigung durch den Gerichtshof

107    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 60 Abs. 7 der REACH-Verordnung eine Zulassung nur erteilt wird, wenn der Antrag den Anforderungen des Art. 62 der Verordnung genügt, der in Abs. 4 Buchst. d einen Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I der Verordnung nennt, der die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt behandelt, die sich aufgrund der in Anhang XIV der Verordnung aufgeführten inhärenten Eigenschaften aus der Verwendung des Stoffes/der Stoffe ergeben.

108    Ferner ist Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung gegenüber Art. 60 Abs. 2 der Verordnung subsidiär anzuwenden, wenn nach Art. 60 Abs. 2 eine Zulassung nicht erteilt werden kann.

109    Aus dem Wortlaut und der Systematik dieser verschiedenen Bestimmungen ergibt sich, dass eine Zulassung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung nur erteilt werden kann, wenn der Antragsteller einen Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I der Verordnung vorgelegt hat.

110    Aus den von der Rechtsmittelführerin mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund beanstandeten Randnummern des angefochtenen Urteils ergibt sich jedoch nicht, dass das Gericht anders entschieden hat.

111    Zudem ergibt sich ebenso wenig aus dem angefochtenen Urteil, dass das Gericht entschieden hat, dass der von den Antragstellern vorgelegte Stoffsicherheitsbericht nicht den Anforderungen des Anhangs I der REACH-Verordnung entspricht.

112    In Rn. 112 des angefochtenen Urteils hat das Gericht im Übrigen zum einen festgestellt, dass zwischen den Parteien nicht streitig gestellt sei, dass der Zulassungsantrag in Bezug auf den Stoffsicherheitsbericht den Anforderungen von Anhang I der REACH-Verordnung genüge, und zum anderen, dass die Rechtsmittelführerin in ihrem Überprüfungsantrag von 2016 auch keine Beweise vorgelegt habe, die eine andere Analyse rechtfertigten.

113    Desgleichen ist festzustellen, dass, auch wenn das Gericht in Rn. 131 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass das Vorliegen von Unsicherheiten oder Mängeln in diesem Bericht die Frage aufwerfen könne, ob die Zulassung basierend auf den der Kommission vorliegenden tatsächlichen Umständen und Beweisen gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erteilt werden könne, es sich jedoch um eine andere Frage handelt als die, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelgrundes ist.

114    Folglich ist der fünfte Rechtsmittelgrund unbegründet und zurückzuweisen.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

115    Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in den Rn. 216 bis 224 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft entschieden, dass nur Daten, die sich auf die in Anhang XIV der REACH-Verordnung enthaltenen inhärenten Eigenschaften eines Stoffes bezögen, für die Beurteilung der Risiken nach Art. 60 Abs. 4 der Verordnung maßgeblich seien, nicht aber Informationen zu inhärenten Eigenschaften, die in die Kandidatenliste gemäß Art. 59 Abs. 1 der Verordnung aufgenommen worden seien, in Anhang XIV aber nicht genannt würden.

116    Daher hätte die Kommission nach Ansicht der Rechtsmittelführerin die Informationen zu den Eigenschaften von DEHP als endokriner Disruptor berücksichtigen müssen, aufgrund deren die ECHA im Dezember 2014 DEHP als besonders besorgniserregenden Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. f der REACH-Verordnung eingestuft habe.

117    Das Gericht habe sich zu Unrecht nur auf eine wörtliche Auslegung von Art. 60 Abs. 2 und Art. 62 Abs. 4 der REACH-Verordnung gestützt, ohne den Kontext oder den vom Unionsgesetzgeber verfolgten Zweck zu berücksichtigen.

118    Zudem habe das Gericht zum einen in Rn. 216 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Kommission verpflichtet sei, alle maßgeblichen Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses ihres Beschlusses zur Verfügung stünden, von Amts wegen zu prüfen, ohne dass sich die Beurteilung der Risiken auf die Prüfung der Informationen beschränke, die im Zulassungsantrag enthalten seien, und zum anderen in Rn. 217 des Urteils, dass aus dem Wortlaut von Art. 60 Abs. 4 Satz 1 der REACH-Verordnung nicht unmittelbar hervorgehe, dass sich die Beurteilung nur auf Informationen stützen dürfe, die inhärente Eigenschaften des zu prüfenden Stoffes beträfen, wie sie in Anhang XIV der Verordnung erwähnt seien.

119    Anhang XVI der REACH-Verordnung beschränke nicht den Umfang des für die Durchführung einer sozioökonomischen Analyse relevanten „Nutzens für die menschliche Gesundheit und die Umwelt“.

120    Ferner erläutere das Gericht nicht, warum sich Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung im Unterschied zum Wortlaut von Art. 60 Abs. 2 und Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung nicht nur auf die in Anhang XIV der Verordnung aufgeführten Eigenschaften beziehe.

121    In ihrer Erwiderung macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass der Gerichtshof in dem von der Kommission in ihrer Rechtsmittelbeantwortung angeführten Urteil vom 23. Januar 2019, Deza/ECHA (C‑419/17 P, EU:C:2019:52), nicht über die Pflichten der Kommission bei der Prüfung eines Zulassungsantrags entschieden habe.

122    Nach Ansicht der Kommission kann der sechste Rechtsmittelgrund nicht durchgreifen.

123    Die ECHA unterstützt das Vorbringen der Kommission.

 Würdigung durch den Gerichtshof

124    Es ist festzustellen, dass die von der Rechtsmittelführerin mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund beanstandeten Rn. 216 bis 223 des angefochtenen Urteils vom Gericht in Rn. 216 des Urteils zwar als „ergänzend“ geprüft dargestellt worden sind, doch geht der sechste Rechtsmittelgrund nicht ins Leere, da diese Randnummern in Wirklichkeit eine Prüfung enthalten, die zu der in den Rn. 211 bis 215 des Urteils dargelegten hinzukommt und keine ihr gegenüber hilfsweise vorgenommene Prüfung ist.

125    Zudem ist entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht ersichtlich, dass sich der Gerichtshof im Urteil vom 23. Januar 2019, Deza/ECHA (C‑419/17 P, EU:C:2019:52), zu der Frage geäußert hat, die sich im Rahmen des sechsten Rechtsmittelgrundes stellt.

126    Dessen ungeachtet hat das Gericht in den Rn. 217 bis 220 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei befunden, dass aus dem Wortlaut von Art. 60 Abs. 4 Satz 1 der REACH-Verordnung zwar nicht unmittelbar hervorgeht, dass sich die von der Kommission auf dieser Grundlage vorzunehmende Beurteilung der Risiken nur auf Informationen stützen darf, die inhärente Eigenschaften des zu prüfenden Stoffes betreffen, wie sie in Anhang XIV der Verordnung genannt sind, der Wortlaut von Art. 60 Abs. 2 und Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung, der sich ausdrücklich auf die in Anhang XIV der Verordnung aufgeführten inhärenten Eigenschaften bezieht, aber den Schluss zulässt, dass dies der Fall sein muss.

127    Daher hat das Gericht in den Rn. 221 bis 223 des angefochtenen Urteils zutreffend befunden, dass etwaige Informationen zu inhärenten Eigenschaften eines Stoffes, die in die Kandidatenliste gemäß Art. 59 Abs. 1 der REACH-Verordnung, nicht aber in Anhang XIV der Verordnung aufgenommen wurden, bei dieser Beurteilung nicht zu berücksichtigen sind, weil es sich zum einen nicht nur um zwei verschiedene Phasen des Zulassungsverfahrens nach der Verordnung handelt und zum anderen die bloße Aufnahme bestimmter inhärenter Eigenschaften eines Stoffes in die Kandidatenliste nicht zwangsläufig oder automatisch zu einer Aufnahme dieser Eigenschaften in Anhang XIV der Verordnung führt.

128    Zudem ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik von Anhang XVI der REACH-Verordnung, der die Elemente betrifft, die eine sozioökonomische Analyse beinhalten kann, dass eine andere Auslegung zugrunde zu legen wäre.

129    Folglich ist der sechste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum siebten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

130    Mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in den Rn. 284 bis 295 des angefochtenen Urteils gegen den Vorsorgegrundsatz verstoßen.

131    Sie macht geltend, dass das Gericht ihren Klagegrund falsch ausgelegt und sie nicht vorgetragen habe, dass der Vorsorgegrundsatz die Kommission verpflichte, die Zulassung abzulehnen, wenn die Voraussetzungen von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erfüllt seien, sondern vorgetragen habe, dass dieser Grundsatz die Beurteilung der Kommission bei der Anwendung dieser Bestimmung leiten müsse.

132    In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem Unsicherheiten eine hinreichende Risikobeurteilung verhindert hätten, hätte die Kommission nach Ansicht der Rechtsmittelführerin annehmen müssen, dass der Antragsteller nicht gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung den ihm obliegenden Nachweis erbracht habe, dass die für die Erteilung der Zulassung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien.

133    Entgegen den Feststellungen des Gerichts beschränke sich der Vorsorgegrundsatz auch nicht darauf, Behörden die Befugnis zum Erlass einer bestimmten Maßnahme zu verleihen, sondern sei für ihr Tätigwerden verbindlich, wie sich insbesondere aus den Urteilen vom 9. September 2011, Dow AgroSciences u. a./Kommission (T‑475/07, EU:T:2011:445, Rn. 144), und vom 25. Juli 2018, Confédération paysanne u. a. (C‑528/16, EU:C:2018:583, Rn. 50), ergebe.

134    Das Gericht habe daher rechtsfehlerhaft befunden, dass die in Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung vorgesehene sozioökonomische Beurteilung die Kommission von ihrer Pflicht zur Anwendung des Vorsorgegrundsatzes bei der Durchführung dieser Bestimmung „entbunden“ habe.

135    Die Kommission hält den siebten Rechtsmittelgrund für unbegründet.

136    Die ECHA unterstützt das Vorbringen der Kommission.

 Würdigung durch den Gerichtshof

137    Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin geht aus den mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund beanstandeten Randnummern des angefochtenen Urteils nicht hervor, dass die Kommission bei der Prüfung eines Zulassungsantrags nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung nicht verpflichtet wäre, den Vorsorgegrundsatz anzuwenden.

138    Das Gericht hat in Rn. 292 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen nämlich darauf hingewiesen, dass Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung Ausdruck der notwendigen Berücksichtigung dieses Grundsatzes und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für den Fall sei, dass eine der in Art. 60 Abs. 2 der Verordnung genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sei, wie hier der Nachweis, dass das Risiko beherrscht werde, das die Verwendung des in Rede stehenden Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstelle.

139    Zudem kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass der Vorsorgegrundsatz der Erteilung einer Zulassung nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung schon deswegen entgegenstehe, weil der Nachweis der Beherrschung des Risikos nicht erbracht worden sei, da andernfalls die Gültigkeit dieser Bestimmung in Frage gestellt würde, die in einem solchen Fall die Erteilung einer Zulassung erlaubt.

140    Die Rechtsmittelführerin beanstandet jedoch nicht die Gültigkeit dieser Bestimmung, sondern die Art und Weise, in der sie anzuwenden ist.

141    Nach alledem kann der siebte Rechtsmittelgrund daher nicht durchgreifen.

142    Da alle Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

 Kosten

143    Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

144    Nach Art. 138 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

145    Da die Kommission beantragt hat, der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen, und die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

146    Art. 184 Abs. 4 der Verfahrensordnung sieht vor, dass einer erstinstanzlichen Streithilfepartei, wenn sie das Rechtsmittel nicht selbst eingelegt hat, im Rechtsmittelverfahren Kosten nur dann auferlegt werden können, wenn sie am schriftlichen oder mündlichen Verfahren vor dem Gerichtshof teilgenommen hat. Nimmt eine solche Partei am Verfahren teil, so kann der Gerichtshof ihr ihre eigenen Kosten auferlegen.

147    Nach diesen Bestimmungen sind der ECHA als erstinstanzliche Streithilfepartei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      ClientEarth trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) trägt ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.