Language of document : ECLI:EU:T:2011:246

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

25. Mai 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke, die ein Wappen darstellt – Absolutes Eintragungshindernis – Nachahmung eines staatlichen Hoheitszeichens im heraldischen Sinne – Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft“

In der Rechtssache T‑397/09

Ernst August Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, wohnhaft in Hannover (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Stötzel und J. Hilger,

Kläger,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 23. Juli 2009 (Sache R 1361/2008‑1) über die Anmeldung eines das Wappen des Hauses Hannover darstellenden Bildzeichens als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka (Berichterstatterin) und des Richters D. Gratsias,

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 6. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 5. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der am 22. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 4. Januar 2007 meldete der Kläger, Herr Ernst August Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen in den Klassen 16, 25, 28, 32, 33, 35, 39, 41 und 43 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbindeartikel; Fotografien; Schreibwaren; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist, Folien, Taschen und Beutel aus Kunststoff für Verpackungszwecke“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“;

–        Klasse 28: „Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck; Angelgeräte; Geräte für verschiedene Sportarten und Spiele“;

–        Klasse 32: „Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, entalkoholisierte Getränke“;

–        Klasse 33: „alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“;

–        Klasse 35: „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“;

–        Klasse 39: „Transportwesen; Veranstaltung von Reisen“;

–        Klasse 41: „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen, deren Hauptzweck die Zerstreuung, Belustigung oder Entspannung von Personen ist“;

–        Klasse 43: „Dienstleistung zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Reservierung von Unterkunft für Reisende, Gewährung von Unterkunft oder von Unterkunft und Verpflegung durch Hotels, Pensionen oder andere Unternehmen, die die Beherbergung von Gästen sicherstellen“.

4        Am 22. Juli 2008 wies der Prüfer die Gemeinschaftsmarkenanmeldung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009) mit der Begründung zurück, die Anmeldemarke bestehe in einer „heraldischen Nachahmung“ der Zeichen GB 0564 und GB 0565 (jetzt GB 3 und GB 4) im Sinne von Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 in revidierter und geänderter Fassung (im Folgenden: Pariser Verbandsübereinkunft), und diese beiden Zeichen seien seit dem 1. November 1971 als Hoheitszeichen des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland geschützt.

5        Es handelt sich bei diesen Zeichen ausweislich der Datenbank der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) um folgende Hoheitszeichen:

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6        Am 22. September 2008 legte der Kläger beim HABM nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) gegen die Entscheidung des Prüfers Beschwerde ein.

7        Mit Entscheidung vom 23. Juli 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Auffassung, die Anmeldemarke sei trotz der Unterschiede, die sie zu den Hoheitszeichen des Vereinigten Königreichs aufweise, eine Nachahmung des Hoheitszeichens GB 3 im heraldischen Sinne und enthalte eine Nachahmung des Hoheitszeichens GB 4. Die Beschwerdekammer erkannte die Bedeutung der Geschichte des Hauses Hannover für die Schaffung der Wappen der einander gegenüberstehenden Zeichen an, stellte aber insoweit klar, dass in dieser Tatsache kein besonderer Umstand zu sehen sei, der berücksichtigt werden könne. Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 und Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft stellten nämlich auf die Schutzfähigkeit einer Marke im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. der beanspruchten Priorität ab und nicht auf besondere Umstände.

 Anträge der Parteien

8        Der Kläger beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Anmeldung zur Veröffentlichung im Blatt für Gemeinschaftsmarken zuzulassen;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

9        Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

10      Der Kläger macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

 Vorbringen der Parteien

11      Der Kläger wirft dem HABM generell vor, einen streng formalen Ansatz gewählt zu haben, und macht im Wesentlichen geltend, dass die Anmeldemarke nicht als Nachahmung der nach Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft geschützten Hoheitszeichen des Vereinigten Königreichs im heraldischen Sinne angesehen werden könne. Er stützt sein Vorbringen auf die Geschichte des Hauses Hannover und auf die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen. Auch für den Fall, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 im vorliegenden Fall anwendbar wäre, sei die Anmeldemarke aufgrund der oben erwähnten historischen Gegebenheiten wegen besonderer Umstände eintragungsfähig. Im Übrigen würden die einander gegenüberstehenden Zeichen in unterschiedlichen Bereichen verwendet.

12      Das HABM tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

13      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die mangels Genehmigung durch die zuständigen Stellen gemäß Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft zurückzuweisen sind.

14      Nach Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a der Pariser Verbandsübereinkunft kommen die Länder des Verbands zum Schutz des gewerblichen Eigentums überein, die Eintragung der Wappen, Flaggen und anderen staatlichen Hoheitszeichen der Länder dieses Verbands, der von ihnen eingeführten amtlichen Prüf‑ und Gewährzeichen und ‑stempel sowie jeder Nachahmung im heraldischen Sinne als Fabrik‑ oder Handelsmarken oder als Bestandteile solcher zurückzuweisen oder für ungültig zu erklären sowie den Gebrauch dieser Zeichen durch geeignete Maßnahmen zu verbieten, sofern die zuständigen Stellen den Gebrauch nicht erlaubt haben.

15      In seinem Urteil vom 16. Juli 2009, American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates (C‑202/08 P und C‑208/08 P, Slg. 2009, I‑6933, Randnr. 78), hat der Gerichtshof klargestellt, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 auch Dienstleistungsmarken umfasst, obwohl Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft diese nicht ausdrücklich erwähnt.

16      Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a der Pariser Verbandsübereinkunft soll die Eintragung und die Benutzung von Fabrik‑ oder Handelsmarken verhindern, die mit staatlichen Hoheitszeichen identisch sind oder bestimmte Ähnlichkeiten mit ihnen aufweisen. Die Kennzeichen des Staates sind nicht nur gegen die Eintragung und die Benutzung von Marken geschützt, die mit ihnen identisch sind oder sie enthalten, sondern auch dagegen, dass eine Nachahmung dieser Kennzeichen im heraldischen Sinne in eine Marke aufgenommen wird (Urteil des Gerichts vom 21. April 2004, Concept/HABM [ECA], T‑127/02, Slg. 2004, II‑1113, Randnrn. 39 und 40).

17      Staatliche Hoheitszeichen genießen im Unterschied zu Marken unabhängig davon, wie sie benutzt werden sollen, allgemeinen Schutz. Zudem können Hoheitszeichen im Gegensatz zu Marken nicht für nichtig oder für verfallen erklärt werden. Darüber hinaus ist ihr Schutz zeitlich nicht begrenzt. Viele Aspekte, die für den Schutz von Marken gelten, sind somit nicht auf den Schutz von Hoheitszeichen übertragbar (vgl. in diesem Sinne Urteil American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, Randnr. 43).

18      Dasselbe gilt in Bezug auf die Verwechslungsgefahr, die zwar die spezifische Schutzvoraussetzung für die Marke im Fall der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den Waren oder den Dienstleistungen darstellt, für den Schutz eines Hoheitszeichens aber nicht erforderlich ist, da sie in Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a der Pariser Verbandsübereinkunft nicht erwähnt wird (Urteil American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, Randnr. 44).

19      Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass das Verbot der Nachahmung eines Hoheitszeichens nur Nachahmungen desselben im heraldischen Sinne betrifft, d. h. Nachahmungen, bei denen die heraldischen Konnotationen vorliegen, die das Hoheitszeichen von anderen Zeichen unterscheiden. Somit bezieht sich der Schutz gegen jede Nachahmung im heraldischen Sinne nicht auf das Bild als solches, sondern auf seinen heraldischen Ausdruck. Um zu bestimmen, ob die Marke eine Nachahmung im heraldischen Sinne enthält, ist auch die heraldische Beschreibung des in Rede stehenden Hoheitszeichens zu berücksichtigen (Urteil American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, Randnr. 48).

20      Im Licht aller vorstehenden Erwägungen ist der einzige vom Kläger geltend gemachte Klagegrund zu prüfen.

21      Es ist zunächst hervorzuheben, dass Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a der Pariser Verbandsübereinkunft der Eintragung jedes Zeichens als Marke oder Markenbestandteil entgegensteht, das eine Nachahmung von Wappen und anderen staatlichen Hoheitszeichen im heraldischen Sinne darstellt, und nicht nur der Eintragung von Zeichen, bei deren Schaffung von bestehenden Hoheitszeichen ausgegangen wurde. Ein Zeichen kann daher nach dieser Bestimmung als eine Nachahmung eines staatlichen Hoheitszeichens im heraldischen Sinne angesehen werden, auch wenn sich das Zeichen und das Hoheitszeichen parallel entwickelt haben oder sich das Hoheitszeichen von dem Zeichen herleitet. Folglich ist das Vorbringen des Klägers als unerheblich zurückzuweisen, wonach aus den geltend gemachten historischen Gründen die Anmeldemarke, die sich parallel zu den Hoheitszeichen GB 3 und GB 4 entwickelt habe, nicht als von diesen hergeleitet angesehen werden könne.

22      In den Randnrn. 24 und 27 der angefochtenen Entscheidung stellte die Beschwerdekammer fest, dass die Anmeldemarke eine Nachahmung des Hoheitszeichens GB 3 im heraldischen Sinne sei und eine Nachahmung der Schildhalter von GB 4 enthalte.

23      Wie aus der oben in Randnr. 19 wiedergegebenen Rechtsprechung hervorgeht, ist für die Feststellung, ob eine Marke eine Nachahmung eines nach Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft geschützten Zeichens im heraldischen Sinne ist, die heraldische Beschreibung der in Rede stehenden Zeichen zu berücksichtigen. Die Beschreibung der Zeichen ist nach den Randnrn. 19, 20 und 25 der angefochtenen Entscheidung die folgende:

–        Anmeldemarke: „Geviert, in 1) und 4) drei gezungte schreitend herabsehende goldene Löwen (Leoparden), 2) innerhalb roten Lilienbordes ein roter gezungter springender Löwe auf goldenem Grund, 3) eine goldene Harfe auf blauem Grund. In der Mitte ein weiterer Schild, gedrittelt, in i) zwei gezungte schreitend herabsehende goldene Löwen (Leoparden) wie in 1) und 4) auf rotem Grund, ii) ein gezungter springender blauer Löwe wie in 2) auf goldenem Grund, iii) ein springendes silbernes Pferd auf rotem Grund. In der Schildmitte die deutsche Reichskrone. Auf dem Schild ruht die (hannoversche) Königskrone. Als Schildverzierung dient die Ordenskette des St. Georgsordens und des Guelphenordens. Als Schildhalter dienen rechts ein gekrönter hersehender Löwe und links ein halsgekröntes, gehuftes Einhorn, von einer Kette umschlungen. Die Schildhalter stehen auf dem Spruchband mit der Inschrift ‚SUSCIPERE ET FINIRE‘“;

–        Hoheitszeichen GB 3: „Geviert, in 1) und 4) drei gezungte schreitend herabsehende Löwen (Leoparden), 2) innerhalb doppelten Lilienbordes ein gezungter springender Löwe, 3) eine Harfe. Auf dem Schild ruht ein Königshelm, mit hermelinen Decken und der Helmzier. Auf der britischen Reichskrone steht ein Löwe (Leopard), wie in 1) und 4) mit der britischen Reichskrone gekrönt. Der Schild ist umschlungen vom Knieband des Hosenbandordens; als Schildhalter dienen rechts ein mit der britischen Reichskrone gekrönter gezungter hersehender Löwe und links ein halsgekröntes gezungtes und gehuftes Einhorn, von einer Kette umschlungen. Der Schild steht auf einem Rasenpostament, das mit einer Rose, einer Distel und einem Sauerkleeblatt belegt ist sowie einem Spruchband mit der Inschrift ‚DIEU ET MON DROIT‘. Die Darstellung ist schwarz-weiß“;

–        Hoheitszeichen GB 4 (Schildhalter): „Ein mit der britischen Reichskrone gekrönter gezungter hersehender Löwe und ein halsgekröntes, gezungtes und gehuftes Einhorn, von einer Kette umschlungen“.

24      Es ist festzustellen, dass die Anmeldemarke nahezu identisch die durch das Hoheitszeichen GB 4 geschützten Schildhalter enthält. Der einzige Unterschied besteht, wie auch von der Beschwerdekammer festgestellt wurde, in den in den beiden Zeichen vorhandenen Kronen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nicht jeder von einem Fachmann der heraldischen Kunst festgestellte Unterschied zwischen der angemeldeten Marke und dem staatlichen Hoheitszeichen notwendigerweise vom Durchschnittsverbraucher wahrgenommen wird, der in der Marke trotz Unterschieden auf der Ebene bestimmter heraldischer Details eine Nachahmung des in Rede stehenden Hoheitszeichens sehen kann (Urteil American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, Randnr. 51).

25      Daher stellte die Beschwerdekammer bei Berücksichtigung der oben in Randnr. 16 angeführten Rechtsprechung zu Recht fest, dass die Anmeldemarke eine Nachahmung des nach Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft geschützten Hoheitszeichens GB 4 im heraldischen Sinne enthalte.

26      Für die Anwendung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 genügt es, wenn festgestellt wird, dass die angemeldete Marke mit einem einzigen nach Art. 6ter Abs. 1 der Pariser Verbandsübereinkunft geschützten Zeichen identisch oder sie dessen Nachahmung im heraldischen Sinne ist. Demnach ist im vorliegenden Fall die heraldische Ähnlichkeit, die zwischen der Anmeldemarke und dem Zeichen GB 3 bestehen soll, nicht zu prüfen.

27      Der Kläger bringt jedoch vor, dass besondere Umstände vorlägen, die die Eintragung der Anmeldemarke rechtfertigten. Hierzu macht er geltend, dass das Familienwappen eines Adelsgeschlechts einem „verbildlichten“ Familiennamen gleichzusetzen sei und ebenso wie ein Name als Marke eingetragen und kommerzialisiert werden dürfe. Die von der Beschwerdekammer vertretene Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 führe zu einer Diskriminierung derjenigen Adelsfamilien, die in der jüngeren Geschichte Europas eine besondere Bedeutung hätten und deren Wappen aus diesem Grund als staatliche Hoheitszeichen verwendet würden, da sie ihnen das Recht nehme, ihr Wappen als Gemeinschaftsmarke einzutragen, während diese Möglichkeit Familien, die eine weniger bedeutende historische Rolle gespielt hätten, unbenommen bleibe. Der Kläger habe als Hauschef des Hauses Hannover im Vergleich zu einem Staat ein älteres und damit zumindest gleichrangiges Benutzungsrecht am Wappen dieses Hauses. Der Kläger meint daher, dass die streitige Anmeldung, wie sich auch aus der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 28. Juni 2006 (Sache R 1444/2005‑2) über die Gemeinschaftsmarkenanmeldung eines das „Malteserkreuz“ enthaltenden Bildzeichens ergebe, zur Eintragung hätte zugelassen werden müssen.

28      Insoweit ist zunächst, was die vom Kläger angeführte Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM anbelangt, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die von den Beschwerdekammern des HABM gemäß der Verordnung Nr. 207/2009 zu treffenden Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung und nicht auf der Grundlage einer früheren Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen (Urteil des Gerichtshofs vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg. 2007, I‑3569, Randnr. 65, und Urteil des Gerichts vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg. 2005, II‑4891, Randnr. 71).

29      Des Weiteren können auch die anderen Argumente des Klägers nicht durchgreifen. Zum einen ist, selbst wenn man annähme, dass das Familienwappen eines Adelsgeschlechts einem Namen gleichzusetzen wäre, darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 207/2009 keinen bedingungslosen Anspruch auf die Eintragung eines Namens als Gemeinschaftsmarke vorsieht, sondern in Art. 12 Buchst. a lediglich klarstellt, dass die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber nicht das Recht gewährt, einem Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr seinen Namen zu benutzen. Die bloße Tatsache, dass die streitige Anmeldung zurückgewiesen wurde, bedeutet jedoch keineswegs, dass der Kläger nicht das Recht hätte, sein Familienwappen als solches zu benutzen. Zum anderen steht Art. 7 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 207/2009 der Eintragung des Wappens, das ein staatliches Hoheitszeichen oder eine Nachahmung eines solchen Hoheitszeichens im heraldischen Sinne darstellt, als Gemeinschaftsmarke oder Bestandteil einer Gemeinschaftsmarke unabhängig davon entgegen, wer die Anmeldung eingereicht hat. Es kann folglich nicht die Rede von einer Diskriminierung zum Nachteil des Klägers sein, der wie jeder andere jedes heraldische Zeichen als Gemeinschaftsmarke anmelden kann, das weder ein staatliches Hoheitszeichen noch eine Nachahmung eines solchen im heraldischen Sinne enthält.

30      Demnach ist die Anmeldemarke selbst dann, wenn sich in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer feststellen lässt, dass sich die Hoheitszeichen des Vereinigten Königreichs aus historischen Gründen aus dem Familienwappen des Klägers herleiten, nach den anwendbaren Bestimmungen und der einschlägigen Rechtsprechung nicht eintragungsfähig.

31      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft die Eintragung eines nach diesem Artikel geschützten Hoheitszeichens oder seiner Nachahmung von den zuständigen Stellen erlaubt werden kann. Wie auch das HABM vorgetragen hat, könnten somit die zuständigen Behörden des Vereinigten Königreichs die historischen Argumente des Klägers berücksichtigen und die Eintragung des Wappens des Hauses Hannover genehmigen.

32      Nach alledem ist der einzige Klagegrund des Klägers zurückzuweisen und damit die vorliegende Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

33      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des HABM dessen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Ernst August Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg trägt die Kosten.

Czúcz

Labucka

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Mai 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.