Language of document : ECLI:EU:T:2019:794

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

20. November 2019(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke fLORAMED – Ältere Unionswortmarke MEDIFLOR – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑695/18

Stefan Werner mit Wohnsitz in Baldham (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Büttner,

Kläger,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Merck KGaA mit Sitz in Darmstadt (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte U. Pfleghar und M. Best, Rechtsanwältin M. Giannakoulis und Rechtsanwalt S. Schäffner,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 17. September 2018 (Sache R 197/2018‑2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Merck und Herrn Werner

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen, des Richters V. Kreuschitz (Berichterstatter) und der Richterin N. Półtorak,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 26. November 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 28. Januar 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 14. Februar 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 11. April 2016 meldete Herr Manfred Scheffler nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Dabei handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 5, 29 und 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 5: „Erzeugnis für die Gesundheitspflege, diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, Speziallebensmittel für Personen in besonderen physiologischen Umständen, Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische und nicht medizinische Zwecke, pharmazeutische Präparate, Medizinprodukte in Form von Stoffen und Zubereitungen aus Stoffen (aus pflanzlicher oder tierischer Herkunft) zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung und Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen, sofern sie zu Klasse 5 gehören“;

–        Klasse 29: „Diätetische Lebensmittel für nicht medizinische Zwecke“;

–        Klasse 30: „Diätetische Lebensmittel in Form von Getränken für nicht medizinische Zwecke“.

4        Die Anmeldung der Unionsmarke wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 2016/128 vom 12. Juli 2016 veröffentlicht.

5        Am 7. Oktober 2016 erhob die Streithelferin, die Merck KGaA, nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch wurde u. a. auf die am 27. Juli 2009 unter der Nr. 2485530 für folgende Waren der Klasse 5 eingetragene Unionswortmarke MEDIFLOR gestützt: „Pharmazeutische Erzeugnisse; zur medizinischen Verwendung aufbereitete diätetische Substanzen; Präparate auf der Basis medizinischer Kräuter und Pflanzen; Heilkräutertees und medizinische Tees, Pflanzen für Aufgussgetränke für medizinische Zwecke“.

7        Am 6. September 2017 wurde der Rechtsübergang der Anmeldemarke auf den Kläger, Herrn Stefan Werner, im Register der Unionsmarken eingetragen.

8        Mit Entscheidung vom 24. November 2017 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch mit der Begründung statt, zwischen den einander gegenüberstehenden Marken bestehe Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, und lehnte die Eintragung der Anmeldemarke für alle oben in Rn. 3 genannten Waren ab.

9        Am 24. Januar 2018 legte der Kläger gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 Beschwerde beim EUIPO ein.

10      Mit Entscheidung vom 17. September 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück.

11      Im Kern stellte die Beschwerdekammer fest, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus Durchschnittsverbrauchern und Fachleuten zusammensetzten, deren Aufmerksamkeitsgrad erhöht sei (Rn. 15 und 16 der angefochtenen Entscheidung). Die streitigen Waren seien teils identisch und teils ähnlich, u. a. da sie von denselben Pharmaunternehmen produziert würden, über dieselben Distributionswege vertrieben würden, sich an dieselben Verbraucher richteten und demselben Zweck dienten oder in einem Ergänzungsverhältnis stünden (Rn. 18 bis 23 der angefochtenen Entscheidung).

12      Zum bildlichen, klanglichen und begrifflichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen führte die Beschwerdekammer im Wesentlichen aus, dass die Begriffe „med“ und „medi“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf den medizinischen Bereich im weiteren Sinne und daher für alle streitigen Waren als beschreibend verstanden würden, so dass sie beim Zeichenvergleich nur eine untergeordnete Rolle spielten. Ferner werde der Begriff „flora“ von einem Teil des relevanten Publikums als Hinweis auf Pflanzen, die Pflanzenwelt bzw. die Darmflora verstanden. Jedoch verstehe vor allem der Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, in dessen Sprache weder das Wort „flora“ noch damit verwandte Wörter vorkämen, den Bestandteil „flor“ nicht zwingend als Anspielung auf die Flora. Die Bestandteile „flora“ und „flor“ hätten somit zumindest für diesen Teil des relevanten Publikums keine Bedeutung und seien mithin normal kennzeichnungskräftig (Rn. 29 und 30 der angefochtenen Entscheidung). Angesichts des Umstands, dass die typografischen Unterschiede und die umgekehrte Reihenfolge der Bestandteile „flor“ bzw. „flora“ und „med“ bzw. „medi“ nur geringen Einfluss auf den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen hätten, deren Wortbestandteile kennzeichnungskräftiger seien als die Bildbestandteile der Anmeldemarke, seien die Zeichen bildlich und klanglich durchschnittlich ähnlich. Zudem hätten die Zeichen trotz der Verbindung der Begriffe „med“ und „medi“ mit dem Bereich der Medizin wegen des für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise fehlenden Sinngehalts der Elemente „flora“ und „flor“ in den Augen dieser Verkehrskreise keine Bedeutung (Rn. 30 bis 34 der angefochtenen Entscheidung). Im Ergebnis bestehe für alle in Rede stehenden Waren insbesondere deshalb eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen, weil diese aus zwei nahezu identischen Elementen bestünden, und zwar „med“ bzw. „medi“ zum einen und „flora“ bzw. „flor“ zum anderen (Rn. 38 der angefochtenen Entscheidung).

 Anträge der Parteien

13      Der Kläger beantragt, die angefochtene Entscheidung sowie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufzuheben.

14      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Gegenstand der Klage

15      Nach Ansicht des EUIPO geht der Aufhebungsantrag ins Leere, soweit er sich gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung richtet.

16      Wie das EUIPO ausführt, sind nach Art. 72 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 Entscheidungen der Beschwerdekammern, durch die über eine Beschwerde entschieden wird, mit einer Klage beim Gericht anfechtbar. Diese Bestimmung sowie Art. 66 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 159 Buchst. b und Art. 71 Abs. 1 dieser Verordnung, wonach die mit einer Beschwerde gegen eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung befasste Beschwerdekammer im Rahmen der Zuständigkeiten der Widerspruchsabteilung tätig wird, sind Ausdruck der funktionalen Kontinuität zwischen den Dienststellen des EUIPO (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Oktober 2018, Mamas and Papas/EUIPO – Wall-Budden [Nestchen für Kinderbetten], T‑672/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:707, Rn. 39).

17      Im vorliegenden Fall ist zum einen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufgrund der gegen sie eingelegten Beschwerde nicht bestandskräftig geworden; zum anderen ist die Beschwerdekammer im Rahmen der Zuständigkeiten der Widerspruchsabteilung tätig geworden, indem sie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung durch den Erlass der angefochtenen Entscheidung bestätigt hat. Daraus folgt, dass das Gericht im Rahmen der vorliegenden Klage nur mit dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung befasst sein kann und ist und dass bei ihrer Aufhebung zwangsläufig auch die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufgehoben würde.

18      Folglich geht der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung ins Leere und ist als im Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mitenthalten anzusehen.

19      Der Kläger stützt seine Klage der Sache nach auf einen einzigen Klagegrund, und zwar auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, da die Beschwerdekammer zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen festgestellt habe.

20      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen, den einzigen Klagegrund zurückzuweisen und die Klage als Ganzes abzuweisen.

 Einziger Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

 Bisherige Rechtsprechung

21      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Anmeldemarke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

22      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend anhand der Wahrnehmung der fraglichen Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Im Rahmen der Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 setzt Verwechslungsgefahr voraus, dass die einander gegenüberstehenden Marken und die mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind. Dies sind kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen sind nach ständiger Rechtsprechung alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Frage, ob sie miteinander konkurrieren oder sich ergänzen. Auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren können berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

25      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass, wie in den Rn. 15 und 16 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, bei pharmazeutischen Erzeugnissen sowie Spezial- und diätetischen Lebensmitteln die maßgeblichen Verkehrskreise sowohl aus Durchschnittsverbrauchern als auch aus Fachleuten aus der Europäischen Union mit erhöhtem Aufmerksamkeitsgrad bestehen.

26      In Anbetracht der fraglichen Waren (siehe oben, Rn. 3) und der ständigen Rechtsprechung hierzu (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2013, Mundipharma/HABM – AFT Pharmaceuticals [Maxigesic], T‑328/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:537, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung) ist diese Feststellung frei von Beurteilungsfehlern und daher zu bestätigen.

 Zum Vergleich der Waren

27      In Bezug auf den Vergleich der fraglichen Waren stellt der Kläger die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer in Abrede, dass diese Waren aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise identisch oder hochgradig ähnlich seien.

28      Zu den fraglichen Waren in Klasse 5 führt er aus, Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke dürften nicht mit Erzeugnissen für medizinische Zwecke gleichgesetzt werden. Desgleichen seien weder Erzeugnisse für die Gesundheitspflege noch Speziallebensmittel für Personen in besonderen physiologischen Umständen für medizinische Zwecke gedacht, sondern unterlägen völlig anderen Rechtsgrundlagen, nämlich der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. 2002, L 183, S. 51) und der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und zur Aufhebung der Richtlinie 92/52/EWG des Rates, der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG der Kommission, der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 des Rates und der Kommission (ABl. 2013, L 181, S. 35).

29      Beim Vergleich der Waren in Klasse 29 sei die Beschwerdekammer fälschlich davon ausgegangen, dass diätetische Lebensmittel für nicht medizinische Zwecke besonderen Ernährungsanforderungen mit dem Zweck der Prävention einer Krankheit entsprächen. Der Ausdruck „für nicht medizinische Zwecke“ schließe nämlich jede Gleichsetzung mit einem (medizinischen) Zweck der Prävention einer Krankheit aus. Auch Waren, die den besonderen physiologischen Anforderungen bestimmter Verbrauchergruppen wie Schwangere, Senioren, Sportler mit besonderen Muskelanstrengungen sowie gesunde Säuglinge und Kleinkinder entsprächen, dienten keinem solchen medizinischen Zweck. Diese Personen befänden sich in besonderen physiologischen Umständen und könnten deshalb einen besonderen Nutzen aus der Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe ziehen. Wie sich aus Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (ABl. 2009, L 124, S. 21), ergebe, seien diese Erzeugnisse für Personengruppen bestimmt, die sich in besonderen physiologischen Umständen befänden, und nicht für kranke Patienten. Desgleichen dürfe nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. 2011, L 304, S. 18) für Lebensmittel und damit auch für diätetische Lebensmittel nicht krankheitsbezogen oder mit der Prävention von Krankheiten geworben werden. Das Ziel der Erhaltung der Gesundheit, das die Beschwerdekammer diätetischen Lebensmitteln zuschreibe, unterscheide sich vom medizinischen Zweck der Behandlung, Linderung oder Verhinderung von Krankheiten; daher habe der Unionsgesetzgeber zwischen gesundheitsbezogener und krankheitsbezogener Werbung unterschieden. Eine gesundheitsbezogene und eine krankheitsbezogene medizinische Anwendung dürften somit nicht gleichgesetzt werden, so dass die fraglichen Waren weder identisch noch ähnlich seien.

30      Gleiches gelte für den Vergleich der Waren in Klasse 30, da die Beschwerdekammer zu Unrecht Erzeugnisse für nicht medizinische Zwecke in Bezug auf den Erhalt der Gesundheit mit Präparaten für medizinische Zwecke gleichgesetzt habe. Es treffe auch nicht zu, dass pharmazeutische Erzeugnisse und Medizinprodukte zwingend von denselben Pharmaunternehmen hergestellt würden. Zudem könnten Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke nicht mit der Begründung, dass sie dem gleichen Zweck der Gesundheitsförderung dienten, als „zur medizinischen Verwendung aufbereitete diätetische Substanzen; Präparate auf der Basis medizinischer Kräuter und Pflanzen, Heilkräutertees und medizinische Tees, Pflanzen für Aufgussgetränke für medizinische Zwecke“ eingestuft werden. Erzeugnisse zu medizinischen Zwecken dienten eben medizinischen Zwecken und richteten sich somit an einen völlig anderen Adressatenkreis. Auch wenn ein Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke der Gesundheitsförderung diene, sei dies nicht tatsächlich ein medizinischer Zweck. Die Förderung der Gesundheit eines gesunden Verbrauchers sei von einer heilenden, lindernden oder vorbeugenden Wirkung bei einem kranken Patienten zu trennen. So diene ein Heilkräutertee nicht nur der Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens oder dem Ausgleich etwaiger Mangelerscheinungen, sondern stelle ausdrücklich auf eine Heilwirkung ab. Auch Präparate auf der Basis medizinischer Kräuter und Pflanzen dienten entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer unmittelbar einem medizinischen Zweck. Die streitigen Waren seien daher weder identisch noch hochgradig ähnlich.

31      Erstens ist in Bezug auf die fraglichen Waren in Klasse 5 festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht in den Rn. 18 und 19 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass zum einen die von der Anmeldemarke erfassten Waren „Erzeugnis für die Gesundheitspflege, diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, Speziallebensmittel für Personen in besonderen physiologischen Umständen, Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke“ und die von der älteren Marke erfassten Waren „zur medizinischen Verwendung aufbereitete diätetische Substanzen, Präparate auf der Basis medizinischer Kräuter und Pflanzen, Heilkräutertees und medizinische Tees, Pflanzen für Aufgussgetränke für medizinische Zwecke“ identisch sind, weil sie sich überschneiden, und dass zum anderen die „pharmazeutischen Präparate“ und die „pharmazeutischen Erzeugnisse“ identisch sind. Nach gefestigter Rechtsprechung können Waren nämlich als identisch angesehen werden, wenn die von der älteren Marke erfassten Waren in einer allgemeineren Kategorie, auf die sich die Markenanmeldung bezieht, enthalten sind (vgl. Urteil vom 19. Januar 2011, Häfele/HABM – Topcom Europe [Topcom], T‑336/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:10, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies trifft hier offensichtlich auf alle oben angeführten, von der älteren Marke erfassten Waren in Bezug auf die allgemeineren Kategorien der Waren für medizinischen oder pharmazeutischen Gebrauch zu, die von der Anmeldemarke erfasst werden, d. h. „Erzeugnisse für die Gesundheitspflege“, „pharmazeutische Präparate“ und „Medizinprodukte“ in bestimmten Formen. Im Übrigen tritt der Kläger dieser Beurteilung der Beschwerdekammer auch nicht ausdrücklich entgegen. Sein vages Vorbringen, die „Erzeugnisse für die Gesundheitspflege“ seien nicht auf eine medizinische Anwendung bezogen, geht in tatsächlicher Hinsicht fehl, denn er selbst definiert den medizinischen Zweck weit als Behandlung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten (siehe oben, Rn. 29). Sein Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

32      Ebenso wenig hat die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie in den Rn. 21 und 22 der angefochtenen Entscheidung eine Ähnlichkeit zwischen den von der Anmeldemarke erfassten „Nahrungsergänzungsmitteln für nicht medizinische Zwecke“ und den von der älteren Marke erfassten Waren „pharmazeutische Erzeugnisse; zur medizinischen Verwendung aufbereitete diätetische Substanzen; Präparate auf der Basis medizinischer Kräuter und Pflanzen; Heilkräutertees und medizinische Tees, Pflanzen für Aufgussgetränke für medizinische Zwecke“ angenommen hat. Wie die Beschwerdekammer, das EUIPO und die Streithelferin hervorgehoben haben und bereits aus dem Ausdruck „Nahrungsergänzungsmittel für medizinische und nicht medizinische Zwecke“ hervorgeht, sind diese Nahrungsergänzungsmittel als ergänzend einzustufen, weil sie oft zusammen mit medizinischen oder pharmazeutischen Erzeugnissen bzw. mit Erzeugnissen für medizinische oder pharmazeutische Zwecke benutzt, im Allgemeinen von denselben pharmazeutischen Unternehmen hergestellt und über dieselben Distributionswege – insbesondere über Apotheken – vertrieben werden, sich oft an dieselben Verbraucher richten und die Gesundheit erhalten oder verbessern sollen. Dies gilt entsprechend für die von der Anmeldemarke erfassten „Speziallebensmittel für Personen in besonderen physiologischen Umständen“, bei denen der Kläger lediglich bestreitet, dass sie zum medizinischen Gebrauch bestimmt seien (siehe oben, Rn. 28).

33      Dasselbe gilt für die von der Anmeldemarke erfassten „Medizinprodukte in Form von Stoffen und Zubereitungen aus Stoffen (aus pflanzlicher oder tierischer Herkunft) zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung und Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen, sofern sie zu Klasse 5 gehören“, die den von der älteren Marke erfassten „pharmazeutischen Erzeugnissen“ ähneln, da solche „Medizinprodukte“, beispielsweise silberhaltige Wundverbände oder Herzstents, die Medikamente freisetzen, pharmakologische Bestandteile enthalten können (Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung).

34      Diese Gemeinsamkeiten kann der Kläger nicht mit der Begründung in Frage stellen, die Erzeugnisse für medizinische Zwecke unterschieden sich von Erzeugnissen für nicht medizinische Zwecke, weil nur Erstere zur Behandlung oder Heilung einer Krankheit dienten. Eine solche Argumentation geht von einem zu engen Verständnis medizinischer Zwecke aus, zu denen nach der Beschreibung der „Medizinprodukte“ in Klasse 5 die „Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung und Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen“ gehört. Überdies verkennt der Kläger die Gesamtheit der für das Verhältnis zwischen diesen Waren kennzeichnenden relevanten Faktoren, zu denen die oben in Rn. 32 erwähnten und von der oben in Rn. 24 angeführten Rechtsprechung anerkannten gehören. Auch wenn nur pharmazeutische oder medizinische Erzeugnisse im engeren Sinne („für medizinische Zwecke“) in Klasse 5 speziell zur Behandlung, Linderung oder Heilung einer Krankheit dienen, ändert dies zudem nichts daran, dass sie ebenfalls – wie Erzeugnisse für die Gesundheitspflege und Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke – zur Gesundheitsförderung beitragen und kombiniert oder ergänzend zu verschiedenen therapeutischen Zwecken verabreicht oder verwendet werden können (Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung). Wie das EUIPO vorbringt, ist es daher schwierig, eine klare Trennlinie zwischen Erzeugnissen für medizinische Zwecke und solchen für nicht medizinische Zwecke zu ziehen. Der Kläger selbst führt im Übrigen ein Beispiel für Erzeugnisse an, die einem doppelten Zweck dienen können, nämlich Heilkräutertees oder medizinische Tees, die, wie die Beschwerdekammer zu Recht hervorgehoben hat, außer zur Heilung auch zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens oder zum Ausgleich etwaiger Mangelerscheinungen dienen können (Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung). Unter diesen Umständen geht die vom Kläger insbesondere auf der Grundlage der Richtlinie 2002/46 und der Verordnung Nr. 609/2013 getroffene Unterscheidung ins Leere und kann nicht zugrunde gelegt werden.

35      Zweitens genügt in Bezug auf den Vergleich zwischen den von der älteren Marke erfassten Waren „pharmazeutische Erzeugnisse; zur medizinischen Verwendung aufbereitete diätetische Substanzen; Präparate auf der Basis medizinischer Kräuter und Pflanzen; Heilkräutertees und medizinische Tees, Pflanzen für Aufgussgetränke für medizinische Zwecke“ in Klasse 5 und den von der Anmeldemarke erfassten Waren „diätetische Lebensmittel für nicht medizinische Zwecke“ in Klasse 29 sowie „diätetische Lebensmittel in Form von Getränken für nicht medizinische Zwecke“ in Klasse 30 die Feststellung, dass die oben in den Rn. 32 bis 34 angestellten Erwägungen entsprechend gelten und dass die diese Waren betreffende Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung frei von Beurteilungsfehlern ist. Die Rügen, die der Kläger hierzu vorbringt, beruhen auf der zu restriktiven Prämisse, dass sich das Ziel der Gesundheitsförderung und das Ziel der Behandlung und Heilung von Krankheiten gegenseitig ausschlössen; in der Praxis werden diese Ziele jedoch mittels der fraglichen Waren oft parallel verfolgt, und einige der erwähnten Waren in Klasse 5 können ihnen gleichzeitig dienen. Wie das EUIPO ausführt, ist es daher schwierig, eine klare Trennlinie zwischen diesen Zielen und zwischen den zu ihrer Erreichung dienenden Waren zu ziehen. Das Vorbringen des Klägers, die genannten Waren seien nicht ähnlich, ist deshalb unbegründet.

36      Folglich ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die fraglichen Waren entweder identisch oder ähnlich sind. Die vom Kläger insoweit vorgetragenen Rügen sind somit zurückzuweisen.

 Zum Vergleich der Zeichen

37      In Bezug auf den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen unter Berücksichtigung des besonderen Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise rügt der Kläger, dass die von der Beschwerdekammer herausgearbeiteten Unterschiede bei der Groß- und Kleinschreibung nicht relevant seien. Vielmehr seien zum einen die Bestandteile „med“ und „medi“ für alle fraglichen Waren beschreibend und spielten daher beim Vergleich der Zeichen nur eine untergeordnete Rolle, und zum anderen werde der Begriff „flora“ von einem Teil der relevanten Verkehrskreise als Hinweis auf Pflanzen, die Pflanzenwelt oder die Darmflora verstanden und sei mithin ebenfalls rein beschreibend. Falsch sei dagegen, dass dieser Begriff in der Union nicht allgemein verstanden werde; es müsse ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, um die Verkehrsauffassung in Ländern zu ermitteln, deren Sprache das Wort „Flora“ oder damit verwandte Wörter nicht kenne.

38      Sofern die maßgeblichen Verkehrskreise einen Zusammenhang zwischen den Elementen „med“ und „medi“ und der Ernährungsmedizin herstellten, gelte dies auch bei einer unmittelbaren Kombination mit dem Begriff „flora“, so dass diese Kombination auch in den Ländern, in denen das Wort „flora“ bekannt sei, eine beschreibende Funktion habe. Daraus folge, dass ihr keine normale Kennzeichnungskraft zukomme und dass sie auch kein reiner Phantasiebegriff sei.


39      Der Kläger bestreitet, dass für einen erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr dargetan worden sei. Die Beschwerdekammer reduziere den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen zu Unrecht auf den Wortbestandteil „flora“ bzw. „flor“ und gehe unter Außerachtlassung der Relevanz der Verwendung von Groß- bzw. Kleinbuchstaben zu Unrecht davon aus, dass dieser Bestandteil für einige Verbraucher ein reiner Phantasiebegriff sei. Die Anfangsbuchstaben „m“ und „f“ der einander gegenüberstehenden Zeichen unterschieden sich nämlich, und die Bestandteile „medi“ und „flora“ wiesen sowohl bildlich als auch klanglich signifikante Unterschiede auf. Auch das Ende der Zeichen – mit den Buchstaben „r“ bzw. „d“ und den Bestandteilen „flor“ und „med“ – unterscheide sich deutlich. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich die einander gegenüberstehenden Zeichen bildlich stark ähnelten.

40      Die einander gegenüberstehenden Zeichen seien auch nicht in klanglicher Hinsicht durchschnittlich ähnlich. Insbesondere aufgrund der Betonung auf dem Buchstaben „i“ in der Mitte des älteren Zeichens sowie auf den Buchstaben „o“ und „a“ im Wort „flora“ der Anmeldemarke gebe es keinerlei Übereinstimmung in Rhythmus oder Klang. Namentlich spielten die Unterschiede am Anfang und am Ende der einander gegenüberstehenden Zeichen eine besonders wichtige Rolle im Rahmen des von ihnen hervorgerufenen Gesamteindrucks. Bei der Gesamtbetrachtung dieser Zeichen gehe völlig unter, dass sich lediglich der Buchstabe „i“ in „medi“ und der Buchstabe „a“ in „flora“ unterschieden, da die Anordnung zu Beginn und am Ende klar voneinander abweiche. Die maßgeblichen Verkehrskreise lösten den übereinstimmenden Bestandteil „med“ bzw. „medi“ nicht ohne Weiteres aus den einander gegenüberstehenden Gesamtzeichen heraus; sie mäßen ihm vielmehr bei der konkreten Gestaltung einer Werbung keinen konkreten oder nur einen kennzeichnungsschwachen Bedeutungsgrad bei. Im vorliegenden Fall werde der Vergleich in Anbetracht des erhöhten Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise für die fraglichen Waren sowohl bildlich als auch klanglich von der völlig unterschiedlichen Gestaltung der einander gegenüberstehenden Zeichen dominiert.

41      Falsch sei ferner die durch nichts untermauerte Annahme der Widerspruchsabteilung, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, auch wenn sie die einander gegenüberstehenden Zeichen nicht unmittelbar verwechselten, davon ausgingen, dass die fraglichen Waren von demselben oder von miteinander verbundenen Unternehmen stammten. Diese Annahme stehe außerdem im Widerspruch zu dem Grundsatz, wonach gerade dem am Anfang eines Zeichens stehenden Wort größere Aufmerksamkeit gewidmet werde. Da der identische Bestandteil „med“ im bildlichen und klanglichen Gesamteindruck der beiden Zeichen völlig untergehe, komme es vor allem auf diesen Eindruck an und nicht auf einige wenige Buchstaben, die in völlig anderer Reihenfolge angeordnet seien. Die maßgeblichen Verkehrskreise, die bei Gesundheitsprodukten wie den hier in Rede stehenden besonders aufmerksam seien, nähmen zudem Unterschiede in den grafischen Bestandteilen der einander gegenüberstehenden Zeichen wahr. Die bloße Umkehrung der Wortbestandteile genüge somit nicht für die Annahme einer bildlichen oder klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen. Ferner habe die Beschwerdekammer trotz der Präsenz des schwachen und lediglich beschreibenden Elements „medi“ zu Unrecht eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der älteren Marke angenommen. Sie habe daher fälschlich das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen bejaht.

42      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den von ihnen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Bei dieser Beurteilung kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Zum Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen und ihrer Wortbestandteile ist festzustellen, dass der Kläger nicht bestreitet, dass sich die Bestandteile „med“ und „medi“ bildlich und klanglich ähneln und dass sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf den medizinischen Bereich im weiteren Sinne verstanden werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juni 2012, Hartmann/HABM – Mölnlycke Health Care [MESILETTE], T‑342/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:290, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 23. Oktober 2017, Barmenia Krankenversicherung/EUIPO [Mediline], T‑810/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:749, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Er bestreitet auch nicht, dass diese Bestandteile im Zeichenvergleich eine untergeordnete Rolle spielen, da sie für alle fraglichen Waren beschreibend sind (Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung).

44      Überdies stellt der Kläger die bildliche und klangliche Ähnlichkeit der Bestandteile „flor“ und „flora“ der einander gegenüberstehenden Zeichen nicht in Frage; seine Einwände beschränken sich auf ihre mögliche Wahrnehmung durch einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, deren Sprache diese Begriffe nicht kennt, sowie ihre daraus resultierende normale Kennzeichnungskraft (Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung); zugleich beantragt er die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis dieser Wahrnehmung.

45      Insoweit genügt die Feststellung, dass die Beschwerdekammer zu Recht im Wesentlichen ausgeführt hat, dass ein großer Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Union – und zwar zumindest der dem romanischen Sprachenkreis angehörende Teil – den Begriff „flora“ als Hinweis auf Pflanzen, die Pflanzenwelt oder die Darmflora verstehen wird (vgl. Rn. 30 in fine der angefochtenen Entscheidung). Nach ständiger Rechtsprechung reicht es jedoch aus, dass die Verwechslungsgefahr für einen nicht unerheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise besteht (vgl. Urteil vom 20. November 2017, Stada Arzneimittel/EUIPO – Urgo recherche innovation et développement [Immunostad], T‑403/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:824, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung), so dass sowohl dieses Argument als auch der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ins Leere gehen und zurückzuweisen sind.

46      Angesichts der bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit der Bestandteile „med“ und „medi“ sowie „flora“ und „flor“ (siehe oben, Rn. 43 bis 45) ist die Beschwerdekammer ebenfalls zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die bloße Umkehrung dieser Bestandteile in den einander gegenüberstehenden Zeichen nur geringen Einfluss auf den Vergleich zwischen ihnen hat. Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob der Bestandteil „med“ bzw. „medi“ beschreibend ist, sowie davon, ob der Bestandteil „flora“ bzw. „flor“ normal kennzeichnungskräftig ist.

47      Dasselbe gilt, wie die Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt hat, für die bildlichen – nicht hörbaren – Unterschiede zwischen den Zeichen wie dem kleinen Anfangsbuchstaben „f“ der Anmeldemarke, der größer ist als die übrigen Großbuchstaben, dessen grüne Farbe sowie das Zeichen ® am Ende. Diese bildlichen Unterschiede sind nämlich gegenüber den nahezu identischen und kennzeichnungskräftigeren Wortbestandteilen „med“ oder „medi“ bzw. „flora“ oder „flor“ zu vernachlässigen und werden von den maßgeblichen Verkehrskreisen selbst bei erhöhter Aufmerksamkeit als bloße bei der Aussprache nicht wahrnehmbare dekorative Elemente aufgefasst.

48      Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die Wortbestandteile „med“ oder „medi“ bzw. „flora“ oder „flor“ beschreibend und gering kennzeichnend seien, um insbesondere diese bildlichen und klanglichen Gemeinsamkeiten der einander gegenüberstehenden Zeichen in Frage zu stellen, da den maßgeblichen Verkehrskreisen, deren Aufmerksamkeitsgrad erhöht ist, nicht verborgen bleiben kann, dass diese Hauptwortbestandteile, aus denen diese Zeichen, wenn auch in umgekehrter Reihenfolge, bestehen, nahezu identisch sind.

49      Folglich ist die Beschwerdekammer ohne Beurteilungsfehler davon ausgegangen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen bildlich und klanglich durchschnittlich ähnlich sind (Rn. 31 bis 33 und 38 der angefochtenen Entscheidung).

50      Unter diesen Umständen kann der Kläger der Beschwerdekammer nicht zum Vorwurf machen, andere unerhebliche Unterschiede sowohl bildlicher als auch klanglicher Art zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen außer Acht gelassen zu haben, und zwar die Anfangsbuchstaben „m“ und „f“, die Bestandteile „medi“ und „flora“ und die Buchstaben „r“ und „d“ am Ende der Bestandteile „flor“ und „med“. Unbegründet ist auch sein Vorbringen, die einander gegenüberstehenden Zeichen seien in klanglicher Hinsicht aufgrund der Betonung auf dem Buchstaben „i“ in der Mitte des älteren Zeichens und auf den Buchstaben „o“ und „a“ im Wort „flora“ unähnlich. Wie das EUIPO vorträgt, ist dieses Vorbringen weder plausibel noch erwiesen und ist zurückzuweisen. Schließlich kann der allgemeinen und vagen Behauptung des Klägers nicht gefolgt werden, dass die Unterschiede am Anfang und am Ende der einander gegenüberstehenden Zeichen bei dem von ihnen hervorgerufenen Eindruck besonders schwer wögen. Diese Unterschiede treten nämlich klar hinter den durchschnittlichen bildlichen und klanglichen Gemeinsamkeiten der Wortbestandteile „med“ bzw. „medi“ und „flora“ bzw. „flor“ zurück.

 Zur Verwechslungsgefahr

51      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

52      In Anbetracht aller oben in den Rn. 25 bis 51 dargelegten Erwägungen und der Zurückweisung sämtlicher vom Kläger in diesem Kontext geltend gemachter Rügen und Argumente hat die Beschwerdekammer zu Recht eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen für alle fraglichen Waren bejaht, insbesondere deshalb, weil diese Waren identisch oder ähnlich sind und die Zeichen aus zwei nahezu identischen Bestandteilen bestehen, und zwar zum einen „med“ oder „medi“ und zum anderen „flora“ oder „flor“, deren umgekehrte Reihenfolge nicht ausreicht, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen (Rn. 38 der angefochtenen Entscheidung).

53      Folglich ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen, so dass die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist.

 Kosten

54      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.


Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Stefan Werner trägt die Kosten.

Frimodt Nielsen

Kreuschitz

Półtorak

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. November 2019.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Frimodt Nielsen


*      Verfahrenssprache: Deutsch.