Language of document : ECLI:EU:T:2009:486

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

9. Dezember 2009(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Kids Vits – Ältere Gemeinschaftswortmarke VITS4KIDS – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)“

In der Rechtssache T‑484/08

Longevity Health Products, Inc. mit Sitz in Nassau (Bahamas), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Korab,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Merck KGaA mit Sitz in Darmstadt (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 28. August 2008 (Sache R 716/2007‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Merck KGaA und der Longevity Health Products, Inc.

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Papasavvas und A. Dittrich (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 11. November 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 13. März 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Beschlusses vom 20. April 2009, mit dem der Antrag, die Einreichung einer Erwiderung zu gestatten, zurückgewiesen wurde,

aufgrund des auf Bericht des Berichterstatters ergangenen Beschlusses des Gerichts gemäß Art. 135a seiner Verfahrensordnung, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, nachdem keine der Parteien binnen einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 10. August 2004 meldete die Klägerin, die Longevity Health Products, Inc., nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Die angemeldete Marke ist das Wortzeichen Kids Vits.

3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klasse 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Präparate von Spurenelementen für Human- und Tierkonsum, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, mineralische Nahrungsergänzungsmittel, Vitaminpräparate“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 18/2005 vom 2. Mai 2005 veröffentlicht.

5        Am 20. Juli 2005 erhob die Merck KGaA nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke hinsichtlich der oben in Randnr. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch wurde auf die ältere Gemeinschaftswortmarke VITS4KIDS u. a. für „diätetische Präparate für medizinische Zwecke“ in Klasse 5 gestützt.

7        Als Grund für den Widerspruch wurde Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

8        Am 27. April 2007 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 statt.

9        Am 9. Mai 2007 legte die Klägerin nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde gegen den Bescheid der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 28. August 2008 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war im Wesentlichen der Ansicht, dass aufgrund der hochgradigen Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder Ähnlichkeit der betroffenen Waren unter Zugrundelegung des normalen Aufmerksamkeitsgrades, den das relevante allgemeine Publikum beim Kauf der betreffenden Waren walten lassen werde, eine Verwechslungsgefahr im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 auch trotz leicht geschwächter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht ausgeschlossen werden könne.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die Klage für zulässig zu erklären;

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        den Widerspruch der Merck KGaA gegen die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke Kids Vits zurückzuweisen;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Entscheidungsgründe

 Zur Zulässigkeit

13      Ohne eine förmliche Unzulässigkeitseinrede zu erheben, stellt das HABM zunächst die Zulässigkeit der Klage in Frage, da die ordnungsgemäße Ausstellung der Prozessvollmacht durch einen hierzu Berechtigten der Klägerin nach Art. 44 § 5 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichts nicht nachgewiesen sei.

14      Die Klägerin ist der Ansicht, dass der verlangte Nachweis erbracht worden sei.

15      Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Art. 44 § 5 der Verfahrensordnung „[j]uristische Personen des Privatrechts … mit der Klageschrift ferner … b) den Nachweis vorzulegen [haben], dass die Prozessvollmacht ihres Anwalts von einem hierzu Berechtigten ordnungsgemäß ausgestellt ist“.

16      Nach Art. 44 § 6 der Verfahrensordnung obliegt dem Kanzler von Amts wegen die Prüfung, ob die Klageschrift ordnungsgemäß ist, und er hat dem Kläger gegebenenfalls eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels der Klageschrift oder zur Beibringung der vorgeschriebenen Unterlage zu setzen.

17      Im vorliegenden Fall hat die Kanzlei zur Behebung des Mangels der Klageschrift eine von einem hierzu Berechtigten der Klägerin ausgestellte Vollmacht angefordert. Die Klägerin hat innerhalb der gesetzten Frist mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 in Kopie eine vom 19. August 2005 datierende Vollmacht mit der Unterschrift von Rechtsanwalt J. Korab und einer zweiten Person vorgelegt. Wie aus dem genannten Schreiben hervorgeht, hatte die zweite Unterschrift Herr Z. geleistet. Um nachzuweisen, dass Herr Z. berechtigt war, Herrn Rechtsanwalt Korab die Vollmacht zu erteilen, hat die Klägerin eine am 12. Januar 1998 erteilte Generalvollmacht, eine eidliche Versicherung von Frau N. vom gleichen Tag und ein am 30. Juli 2007 von einem Notar erstelltes „certificate of incumbency“ (beglaubigte Liste der leitenden Angestellten mit Angabe ihrer Funktionen) vorgelegt. Aus der Generalvollmacht und der eidlichen Versicherung geht rechtlich hinreichend hervor, dass Herr G. Herrn Z. eine Generalvollmacht erteilt hatte. Denn auch wenn, wie das HABM anmerkt, die Unterschrift unter der Generalvollmacht nicht lesbar ist, geht die Identität des Unterzeichners doch aus der eidlichen Versicherung hervor, in der Frau N. bestätigt hat, dass die Vollmacht für Herrn Z. von Herrn G. erteilt und unterzeichnet worden sei. Aus dem „certificate of incumbency“ ergibt sich, dass Herr G. Direktor und Präsident der Klägerin war und diese Position zu dem Zeitpunkt innehatte, an dem er Herrn Z., den Unterzeichner der Rechtsanwalt Korab erteilten Vollmacht, seinerseits bevollmächtigte. Damit ist urkundlich nachgewiesen, dass Rechtsanwalt Korab berechtigt war, die Klägerin zu vertreten (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 2. Dezember 2008, Longevity Health Products/HABM – Hennig Arzneimittel [Cellutrim], T‑169/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17).

18      Soweit das HABM geltend macht, dass ein „certificate of incumbency“ von einer für die juristische Person zeichnungsberechtigten Person ausgestellt werden müsse und seine Unterzeichnung durch ein „Registered Office“ nicht ausreiche, ist festzustellen, dass es sich zur Stützung dieser Behauptung ohne weitere Erläuterung nur auf seine „Erkenntnisse“ stützt. Ein solches Vorbringen kann die Frage der Ordnungsmäßigkeit des fraglichen Zertifikats, da dieses von einem Anwalt in seiner Eigenschaft als Notar erstellt wurde, nicht in Frage stellen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Cellutrim, oben in Randnr. 17 angeführt, Randnr. 18).

19      Folglich ist die Unzulässigkeitseinrede des HABM zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

20      Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 geltend gemacht wird. Im Wesentlichen trägt sie vor, dass man, da die betroffenen Waren überwiegend im weitesten Sinne mit der menschlichen Gesundheit im Zusammenhang stünden, von den beteiligten Verkehrskreisen erhöhte Aufmerksamkeit erwarten dürfe. Im Hinblick auf die offensichtlichen phonetischen Unterschiede der betroffenen Marken bestehe zwischen ihnen keine Verwechslungsgefahr. Insoweit sei die schriftbildliche Ähnlichkeit der beiden Marken nur zweitrangig. Ferner folgten die beiden Marken in ihrer Gesamtheit zwei unterschiedlichen Systemen der Bildung zusammengesetzter Begriffe, was allein geeignet sei, ihre Unterscheidbarkeit sicherzustellen.

21      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

22      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

23      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Gefahr der Verwechslung gemäß der Wahrnehmung, die die angesprochenen Verkehrskreise von den betreffenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen haben, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, umfassend zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum relevanten Publikum

24      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in den Randnrn. 17 und 18 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sich die in Rede stehenden Waren zumindest auch an das allgemeine Publikum in der gesamten Europäischen Union richteten, das den in Rede stehenden Waren keine höhere Aufmerksamkeit schenke, als es generell dem Thema der gesunden Ernährung widme.

26      Die Klägerin beanstandet nicht die Definition des relevanten Publikums durch die Beschwerdekammer. Sie wendet sich jedoch gegen den von der Beschwerdekammer angenommenen Aufmerksamkeitsgrad und deren Schlussfolgerung daraus, dass eine Verwechslungsgefahr zu bejahen sei.

27      Hierzu ist festzustellen, dass die in Rede stehenden Waren, wie auch die Beschwerdekammer in Randnr. 17 der angefochtenen Entscheidung ausführte, eine ganze Palette von rezeptfreien Arzneimitteln, die in Apotheken erhältlich sind, sowie nicht apothekenpflichtige Mittel, die ohne weiteres in Drogerien erhältlich sind, umfassen. Es handelt sich um Produkte ohne präzise medizinische Indikation, die das allgemeine Wohlbefinden verbessern sollen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin werden diätetische Präparate für medizinische Zwecke keinesfalls als rezeptpflichtige Arzneimittel wahrgenommen, so dass die Aufmerksamkeit des Publikums nicht als höher betrachtet werden kann als die, die es im Fall von Nahrungsmitteln aufbringt.

 Zum Waren‑ und Zeichenvergleich

28      Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die betroffenen Waren identisch oder ähnlich sind.

29      Was den Vergleich der Zeichen anbelangt, ist daran zu erinnern, dass bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der streitigen Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den diese hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wirkt. Dabei nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Die Beschwerdekammer hat angenommen, dass die beiden Marken Kids Vits und VITS4KIDS eine große begriffliche, visuelle und phonetische Ähnlichkeit aufwiesen.

31      Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass die einander gegenüberstehenden Marken offensichtliche phonetische Unterschiede aufwiesen und dass sie in ihrer Gesamtheit zwei unterschiedlichen Systemen der Kombination von Wortbestandteilen folgten.

32      Erstens ist hinsichtlich des visuellen Zeichenvergleichs zu konstatieren, dass zwischen den Marken, wie die Klägerin eingeräumt hat, eine schriftbildliche Ähnlichkeit vorhanden ist, da sie sich aus den gleichen Wörtern zusammensetzen, nämlich den Begriffen „Kids“ und „Vits“. Zu deren Verwendung in einer anderen Reihenfolge ist übereinstimmend mit den Ausführungen der Beschwerdekammer in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung anzumerken, dass die Umkehrung der Reihenfolge nicht entscheidend ist, weil die Bestandteile „Kids“ und „Vits“ einander ähnlich sind, so dass die beiden Vergleichsmarken als eine Kombination dieser beiden Bestandteile wahrgenommen werden. Wie die Beschwerdekammer in derselben Randnummer der angefochtenen Entscheidung feststellte, haben die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der großen Ähnlichkeit der betreffenden Bestandteile Schwierigkeiten, die exakte Reihenfolge zu erinnern. Zur Ergänzung der älteren Marke um die Ziffer 4 stellte die Beschwerdekammer ebenfalls in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung zutreffend fest, dass die Einfügung dieser Ziffer zwischen den beiden fraglichen Bestandteilen deren Wahrnehmung noch verbessere, so dass die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es zwischen den beiden betroffenen Marken bei einer Gesamtbetrachtung eine hochgradige visuelle Ähnlichkeit gebe.

33      Zweitens ist im Rahmen des phonetischen Zeichenvergleichs von der Beschwerdekammer in Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung zu Recht angenommen worden, dass zwischen den beiden Marken bei ihrer Gesamtbetrachtung eine deutliche phonetische Ähnlichkeit bestehe. Denn zum einen werden die Bestandteile „Kids“ und „Vits“ in beiden Marken identisch ausgesprochen. Da zum anderen der Vokal „i“ und der Ausklang von „Kids“ und „Vits“, nämlich die Konsonantengruppe „ds“ und „ts“, phonetisch identisch sind, kann die Umkehrung der Reihenfolge dieser Bestandteile die vom Gesamteindruck der betroffenen Marken hervorgerufene phonetische Ähnlichkeit nicht ausräumen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. Juni 2009, Hedgefund Intelligence/HABM – Hedge Invest [InvestHedge], T‑67/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39).

34      Zu, drittens, dem begrifflichen Zeichenvergleich hebt die Klägerin hervor, dass die beiden Marken in ihrer Gesamtheit zwei unterschiedlichen Methoden der Bildung zusammengesetzter Begriffe folgten, nämlich der eines zusammengesetzten Hauptworts und der eines Präpositionalausdrucks, was die Unterscheidbarkeit der Marken gewährleiste. Dieses Vorbringen kann jedoch nicht die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer entkräften, dass zwischen den genannten Marken eine große begriffliche Ähnlichkeit bestehe. Denn übereinstimmend mit der Beschwerdekammer ist festzustellen, dass beide Marken den Bestandteil „Kids“ (Kinder) enthalten. Die Beschwerdekammer hat – insoweit seitens der Klägerin unwidersprochen – in Randnr. 27 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass der zweite Bestandteil, nämlich „Vits“, als Anspielung auf Vitamine verstanden werden könne. Daraus folgt, dass die beiden Marken bei einer Gesamtbetrachtung einen ähnlichen Bedeutungsgehalt aufweisen. Das gilt sowohl für die Kombination der beiden fraglichen Bestandteile als zusammengesetztes Hauptwort als auch für den Präpositionalausdruck. Jedenfalls hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass sich im vorliegenden Fall der Bedeutungsgehalt je nach der gewählten Methode der Kombination der Bestandteile unterschiede.

35      Was schließlich die Behauptung der Klägerin betrifft, dass bei Wortzeichen die schriftbildliche Ähnlichkeit allgemein am untersten Ende des Vergleichsmaßstabs anzusiedeln sei, vermag sie die Argumentation der Beschwerdekammer nicht zu entkräften, weil, wie in den obigen Randnrn. 32 bis 34 festgestellt, zwischen den betroffenen Marken sowohl schriftbildlich als auch phonetisch und begrifflich eine große Ähnlichkeit besteht.

36      Nach alledem hat die Beschwerdekammer zu Recht entschieden, dass zwischen den betroffenen Marken eine große visuelle, phonetische und begriffliche Ähnlichkeit vorliege.

 Zur Verwechslungsgefahr

37      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 74).

38      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer angesichts der Identität oder Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren und der großen Ähnlichkeit der betroffenen Marken in Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung zu Recht entschieden, dass die Gefahr von Verwechslungen der beiden Marken für die angesprochenen Verkehrskreise nicht ausgeschlossen werden könne.

39      Folglich ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen.

40      Nach alledem ist die Klage abzuweisen, ohne dass es einer Prüfung der Zulässigkeit des Antrags der Klägerin auf Zurückweisung des Widerspruchs bedarf (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 22. Mai 2008, NewSoft Technology/HABM – Soft [Presto! Bizcard Reader], T‑205/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 70).

 Kosten

41      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

42      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Longevity Health Products, Inc. trägt die Kosten.

Martins Ribeiro

Papasavvas

Dittrich

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. Dezember 2009.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.